Was war die Todesursache Jesu?

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Was war die Todesursache Jesu?
Von Dr. med.
Wolfgang Schuler
Was war die Todesursache Jesu?
Über die Todesursache Jesu am
Kreuz kursieren unterschiedliche
Theorien. So schrieb Arnold Fruchtenbaum, ein in einem sibirischen
Internierungslager auf der Flucht
vor den deutschen Nazis geborener
polnischer Jude und jetzt seit Jahrzehnten Leiter des weltweiten Bibellehrdienstes Ariel Ministries (San Antonio, Texas): „Bei einer Kreuzigung
starb jemand nicht auf Grund von
Blutverlust“ (in „Tod am Kreuz“, factum 2/12, S. 43). Das mag teilweise
für die beiden mit Jesus hingerichteten Verurteilten und eine Vielzahl
der von den Römern Gekreuzigten
zutreffen, doch Jesus war ein Sonderfall.
Neueste Forschungen bestätigen den biblischen Bericht
Im Gegensatz zu den beiden Mitgekreuzigten wurde Jesus vor der
Kreuzigung gegeißelt, eine brutale
Foltermethode der Römer. Das dabei verwendete Geißelungswerkzeug, das Flagrum, besaß meist drei
Lederriemen, an deren Enden häufig
Bleistücke befestigt waren, die oft
angeschliffen wurden, so dass spitze
Zacken entstanden. Damit schlugen
die Soldaten mit roher Kraft zu, was
bei den Opfern zu schweren Platzund Risswunden in der Haut führte
und die so Gefolterten bereits nach
wenigen Schlägen blutüberströmt
waren. Gegeißelt wurde meist, bis
sich das Opfer nicht mehr rührte.
Viele überlebten die Geißelung
nicht und starben noch unter dieser
Folter. Bei Jesus wollte Pilatus mit
der Geißelung zunächst nur den von
den Hohenpriestern und Saduzäern
aufgewiegelten Mob beruhigen und
Jesus vor der noch grausameren
Kreuzigung bewahren. Schließlich
gab er dem Drängen der Volksmenge nach und gab Jesus unter Missachtung der römischen Gerichtsvorschriften frei zur Kreuzigung. Dass
die Soldaten auf dem Weg zur Hinrichtungsstätte den vorbeikommenden Simon von Cyrene zwangen,
das Kreuz Jesu bzw. dessen Querbalken zu tragen, war keine humanitäre
Geste. Die Soldaten befürchteten
eher, der extrem geschwächte und
bereits vor Entkräftung hingestürzte
hat der Kreislauf dann die Chance,
sich wieder etwas zu erholen. Durch
die erzwungene aufrechte Haltung
am Kreuz wurde allerdings eine solche Kreislaufselbstregulation durch
Flachlage absolut verhindert, so
dass es schließlich nach Stunden
der Qual zu einem endgültigen
Kreislaufversagen durch hypovolämischen Blutungsschock kam, d. h.
durch Kreislaufversagen wegen zu
hohem Blutverlust.
Jesus könnte es nicht mehr bis zur
Hinrichtungsstätte schaffen.
Hoher Blutverlust
Dass Jesus bereits zu diesem
Zeitpunkt viel Blut verloren hatte
und ein- oder mehrmals unter dem
Kreuzbalken zusammengebrochen
war, bezeugt übrigens auch der ausführliche forensische Befund des Turiner Grabtuchs, das heute trotz aller
Kritik von den meisten Wissenschaftlern für echt gehalten wird (Prof. Zugibe; www.shroud.com).
Er bezeugt auch, dass der auf dem
Turiner Grabtuch abgebildete Gekreuzigte, wahrscheinlich niemand
anderes als Jesus von Nazareth, mit
40 weniger 1 Schlägen durch typische römische Geißeln brutal geschlagen wurde, mit blutigen Striemen am ganzen Körper, an deren
Enden sich sogar die angeschliffenen
Bleistücke exakt als tiefe Fleischwunden abgebildet hatten (u. a. Barbara
Faccini, 2008). Die Begrenzung auf 40
weniger 1 Schläge war für römische
Geißelungsopfer nicht üblich. Dies
war ein spezielles Zugeständnis von
Pilatus an die Juden, da in der Thora
die Zahl der Schläge auf 40 begrenzt
wurde (5. Mose 25, 3) und Juden üblicherweise aus Angst vor einer Überschreitung dieser Zahl die Schläge
auf „40 weniger 1“ begrenzten (2. Korinther 11, 24).
Kein Erstickungstod
Noch immer kann man bei verschiedenen Bibellehrern lesen, der
Tod Jesu sei ein Erstickungstod gewesen. Das wäre allerdings schon
allein aus Sicht der Thora äußerst
fragwürdig, da für Juden Ersticktes
als ein Gott wohlgefälliges Opfer
generell nicht infrage kam. Tatsächlich widerspricht es auch den
heute bekannten Fakten über den
Kreuzestod Jesu. Dieser verbreitete Irrtum geht auf ein oft zitiertes
Buch von Pierre Barbet zurück: „Die
Passion Jesu Christi in der Sicht des
Chrirurgen“ (Badenia-Verlag Karls-
Verblutungstod
Teil des Turiner Grabtuches
ruhe, 1953). Barbet war Kriegschirurg, aber keineswegs gerichtsmedizinisch geschult. Seine Thesen
wurden seither von vielen Autoren
übernommen, obwohl sie aus gerichtsmedizinischer Sicht längst
widerlegt sind. Die umfassendste
Studie hierzu legte der Gerichtsmediziner Prof. Frederick T. Zugibe vor,
in seinem Buch „The Crucifixion of
Jesus – A Forensic Inquiry (Die Kreuzigung Jesu – Eine gerichtsmedizinische Studie)“. Danach war die Hauptursache für den Kreuzestod Jesu in
erster Linie der hohe Blutverlust, der
mit der brutalen Geißelung seinen
Anfang nahm. Hinzu kam ein zunehmender Flüssigkeitsverlust durch
heftiges Schwitzen, bedingt durch
extreme Schmerzen, fortschreitende Kreislaufschwäche am Rande des
Kreislaufkollaps und zunehmende
Tageshitze in Jerusalem. Jesus erhielt die ganze Zeit über nichts zu
trinken, außer ganz zuletzt etwas
essigsauren, kaum genießbaren
Wein. Wenn der kritische Kreislaufpunkt erreicht ist, kommt es unter
diesen Bedingungen schließlich zu
einem völligen Kreislaufversagen.
Der Betroffene wird ohnmächtig
und fällt hin, und in der Flachlage
Erstaunlich ist, dass Jesus noch
so lange am Kreuz durchgehalten
hat und uns für diese Zeit noch die
bewegenden letzten sieben Worte Jesu am Kreuz bezeugt sind. Zu
dem fortgesetzten Blutverlust aus
den vielen Geißelungswunden (40
mal 3 weniger 1 mal 3, also 127) und
den Nagelungswunden an Händen
und Füßen kam schließlich noch
eine völlige Erschöpfung der Gerinnungsfaktoren des Blutes, eine
Verbrauchskoagulopathie, so dass
das Blut immer dünnflüssiger wurde
und schließlich wie Wasser aus allen
Wunden ungehindert herausfloss.
So hat Jesus buchstäblich auch
noch den letzten Blutstropfen für
uns vergossen, abgesehen von jenem Blut, das zuletzt noch in dem
stillstehenden Herzen und der großen Hohlvene stand. Dieses floss
dann auch noch heraus, als ihm der
Soldat mit der Lanze in die Seite
stach. Die erstaunte Beobachtung
des Johannes nach diesem Lanzenstich, der den Tod Jesu bestätigen
sollte, ist trotz der großen historischen Distanz auch heute noch ein
unbestechlicher Todesnachweis: „ …
und sogleich floss Blut und Wasser
heraus“ (Johannes 19, 34), nämlich
das entmischte Blut nach eingetretenem Kreislaufstillstand mit einem
Anteil dicken Blutes, bestehend
aus den abgesunkenen roten Blutkörperchen (wie bei einer „Blutsenkung“) und einem Anteil wässrigen
Blutserums ohne rote Blutkörper-
chen. Übrigens, bei einem noch Lebenden hätte sich die Stichwunde
des Soldaten durch Adhäsion der
Wundränder sofort wieder verschlossen und es wäre weder Blut
noch Serum herausgeflossen, abgesehen von wenigen Tropfen Blutes.
Schriftzeugnis bestätigt
Wenn Arnold Fruchtenbaum in
dem genannten Faktum-Artikel
schrieb, der Tod Jesu sei ein Erstickungstod gewesen, so entspricht
dies weder dem Befund der Heiligen
Schrift noch den Erkenntnissen der
modernen Gerichtsmedizin. Jesus
starb nicht durch Ersticken, sondern
einen Verblutungstod gemäß der
Schrift, nach den Vorschriften der
Thora für den Opfertod des vollkommenen Opferlammes. Die fixierte Haltung am Kreuz führte nicht
zum Ersticken, sondern zu einer
beschleunigten, flachen Atmung,
zur Hyperventilation. Dabei kommt
es zu einem Anstieg des Sauerstoffgehaltes im Blut. Dies konnte
Prof. Zugibe in wiederholten Experimenten an freiwilligen Studenten
(natürlich ohne Annagelung!) einwandfrei nachweisen. Beim echten
Erstickungstod hingegen nimmt
der Sauerstoffgehalt im Blut abrupt
ab. Das Zeugnis der Heiligen Schrift
über dieses zentrale Ereignis unserer Erlösung ist außerordentlich klar
dokumentiert und wird duch die
neueste forensische Forschung uneingeschränkt unterstützt.
Quellen:
Arnold G. Fruchtenbaum „Das Leben
des Messias – Zentrale Ereignisse aus
jüdischer Perspektive“, Christlicher
Mediendienst 2008.
Barbara Faccini,„Scourge Bloodstains
on the Turin Shroud“ (Die blutigen
Geißelungsspuren auf dem Turiner
Grabtuch), Vortrag auf der Shroud
Science Group International Conference 2008 an der Ohio State University, Columbus, Ohio, USA, in www.
ohioshroudconference.com.
Frederick T. Zugibe, „The Crucifixion
of Jesus – A Forensic Inquiry“ (Die
Kreuzigung Jesu – Eine gerichtsmedizinische Studie), Evans and Company, New York, 2005. www.shroud.
com, Barry Schwortz (Editor).