Die mobile Turnstation: Das Stelzenreck
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Die mobile Turnstation: Das Stelzenreck
Holz-Hoerz GmbH Die mobile Turnstation: Das Stelzenreck Übungen mit und an einem interessanten Gerät ...die Pedalo®-Macher Lichtensteinstraße 50 D-72525 Münsingen Tel.: Fax (++49) 07381 / 9357-0 (++49) 07381 / 9357-40 eMail: [email protected] http://www.pedalo.de (Erschienen in Turnen und Sport 11-2003, Autor Alexander Butte) Vorab ..... In diesem Artikel werden Formen kooperativen Handelns (vgl. Anmerkung) im Zusammenhang mit turnerischen Bewegungsformen vorgestellt. Es werden wichtige Übungen zur Bewegungs- und Körpererfahrung an einer mobilen Turnstation beschrieben, keine riskanten Kunststücke, sondern Übungen, die bereits aus dem Reck- und Trapezturnen bekannt sind und hier unter einem völlig neuen Aspekt zusammengestellt werden. Es sind Übungen, die nur gelingen können, sobald alle miteinander anpacken. Diese Übungen sind in der Praxis erprobt. Die Begeisterung bei den Kindern ist groß, die Lernfortschritte im turnerischen und sozialen Bereich sind enorm. Viele, die vorher Probleme in der Zusammenarbeit mit anderen zeigten, werden hierbei plötzlich aktiv und helfen – denn ihnen wird ja auch geholfen. Ein etwas anderes Reck ...... Ist es nicht immer dasselbe Problem mit dem Einsatz von Recks in unseren Turnhallen: Man benötigt sehr viel Zeit, die Reckanlage aufzubauen, oftmals sind die Stangen sogar verrostet, weil sie lange Zeit nicht benutzt worden sind. Mit dem Aufbau des Recks geht zumeist sehr viel Zeit verloren. Das Stelzenreck stellt eine wertvolle Ergänzung zu den herkömmlichen Reckanlagen dar. Es besteht aus zwei Stelzenstangen mit je einer Haltevorrichtung zum Anbringen eines Holzrundstabes, eben einer Reckstange. Diese Reckstange ist an den Seiten gesichert, sie dreht sich, was aber die Bewegungsausführungen nicht behindert. Im Gegenteil: Besonders unsichere Kinder können diese Reckstange während des Turnens stets fest umgreifen, ohne die Hände kurzzeitig lösen zu müssen, das vermittelt Sicherheit. Kinder fallen nicht unkontrolliert herunter. Stand 12.03.2008 Einfache Bewegungsformen üben Es sollte keine Gelegenheit versäumt werden, die mit diesem Gerät verbundenen fundamentale Bewegungsformen des Stützens und Drehens den Kindern immer wieder anzubieten, sind doch die Kraftentwicklung und das Koordinationsvermögen vieler Kinder gerade in der heutigen Zeit vielfach unterentwickelt. Insoweit ist diese mobile Turnstation ein wichtiger Bestandteil der Bewegungsförderung im Interesse einer gesunden Entwicklung der Kinder im Vor- und Grundschulbereich. Man wirkt dieser negativen Entwicklung entgegen, indem man dieses mobile Gerät zu jeder sich bietenden Gelegenheit im Sportunterricht, in der Täglichen Bewegungszeit, in der Freizeit und auch zu Hause bereithält und entsprechend anbietet. Nimmt man die Reckstange weg und bestückt beide Stangen mit Trittvorrichtungen, so eröffnen sich mit diesem Paar Stelzen weitere Bewegungsmöglichkeiten – daher auch der Name Stelzenreck. Seitdem ich das Stelzenreck besitze, biete ich die unten beschriebenen Bewegungsformen des Turnens sehr viel häufiger im Sportunterricht und auch bei anderen sportlichen Anlässen wie bei einer Zirkusaufführung oder in der Freizeit an. Die Kinder fordern es geradezu immer wieder; sie können es ohne Probleme selbst zusammenbauen und auch sicher halten. Mit Mobilität mehr Bewegungsfreude Das Stelzenreck ist im Gegensatz zu einer Reckanlage in der Halle nicht fest montiert, diese Mobilität hat große Vorteile. Schnell und problemlos ist das Reck in seiner Höhe individuell und dem Könnensstand und den Bedürfnissen entsprechend zu verstellen. Anfangs sollte das Stelzenreck mit aufrecht gestellten Stangen unbedingt in Hüfthöhe eingestellt werden. Bei waagerecht gehaltenem Stelzenreck kann es zum Hochreck werden, sobald zwei Erwachsene die Anlage entsprechend hochheben. Die Reckanlage wird senkrecht gehalten: Zwei Helfer oder auch bei Kindern Helfergruppen genügen, um das Reck mit den senkrecht gehaltenen Stelzenstangen zu sichern. Matten müssen immer ausgelegt werden, im Freien kann sehr gut auf einer Wiese geübt werden. Die Lehrkraft entscheidet, welche Kinder in der Lage ist, mit eigen Kräften und mit anderen die Reckanlage sicher festzuhalten. Die Lehrerin/der Lehrer sollte anfangs immer neben der Stange stehen, selbst direkt aktiv eingreifen oder bei Bedarf Hilfe leisten. In einer Grundschulklasse halten an jeder Seite zwei Kinder die beiden Stelzenstangen. Stand 12.03.2008 Die Reckanlage wird waagerecht gehalten: Werden die beiden Stelzenstangen waagerecht gehalten, turnt ein Kind an der in der Mitte postierten Reckstange, zwei Erwachsene oder bis zu acht weitere Kinder halten an den vier Enden; die Kinder lernen im wahrsten Sinne des Wortes das Tragen von Verantwortung, jeder hilft jedem, jeder kann in der Gruppe turnen. Ich helfe den anderen, also helfen sie auch mir; dieser kooperative Gedanke steht besonders hier im Mittelpunkt. Die Helfer variieren durch eigenes gut koordiniertes Heben oder Senken der Haltestangen die Höhe der Reckstange. Eltern können ihren Kindern das haltungsfördernde Turnen jetzt auch im Zimmer, im Garten, auf dem Hof ermöglichen. Übungsbeispiele und Übungsverbindungen Die folgenden Übungsbeispiele können in der Vielzahl mit der senkrecht oder waagerecht gehaltenen Reckanlage durchgeführt werden. Übungsbeispiele – Stelzenreck hüfthoch: Hüftabschwung Komme mit einem leichten Absprung vom Boden in den Stütz. Turne den Hüftabschwung in den Stand. Übungsbeispiele – Stelzenreck brusthoch Hüftaufschwung Stelle dich ganz nahe an die brusthohe Reckstange und greife sie mit gebeugten Armen im Ristgriff. Schwinge das Schwungbein über die Stangenhöhe und springe mit dem Druckbein hinterher. Bringe die Hüfte bei ständig gebeugten Armen schnell an die Reckstange, drehe rückwärts und richte dich in den Armstütz auf. Zwei Bemerkungen hierzu: 1. Die sich drehende Reckstange unterstützt die Rollbewegung. 2. Stellt man die Reckanlage in genügendem Abstand von einer Wand, können die Kinder an der Wand hochlaufen und dann die rückwärtige Drehung einleiten. Mit steigendem Erfolg wird die Reckanlage immer weiter von der Wand entfernt postiert. Diese Übung gelingt auch mit Hilfe. Vom Hüftaufschwung in die Bauchbalance Aus dem Stütz nach dem Hüftaufschwung heraus mit bewusst gespanntem Körper vorsichtig nach vorn kippen und den Körper ausbalancieren, die Hände von der Reckstange lösen. Stand 12.03.2008 Kniehang Aus dem Hang am brusthohen Reck die geschlossenen Beine in einer Rückwärtsbewegung zwischen den Armen unter der Reckstange hindurch führen und beide Beine in der Kniekehle ‚einhängen’. Hände lösen. Über einen flüchtigen Handstand (kurzes Stützen auf der Matte und Lösen des anderen Beines von der Reckstange) und über einen Hockliegestütz in den Stand kommen. Split (Schere) Aus dem Kniehang am reichhohen Reck mit beiden Händen an die Reckstange greifen, ein Bein von der Stange lösen und unter der Stange nach hinten leicht hochstrecken. Dann das andere Bein nach vorn oben strecken. Die Beine sind gespreizt, so dass sich die Stange zwischen beiden Beinen befindet. Mühlaufschwung Aus dem Split ein Bein zurück auf die Reckstange legen, das andere Bein gestreckt an die Stange bringen, mit ihm Schwung holen und in den Sitz kommen. Zurück geht es wieder über den Split zum Kniehang. Kniehang -> Sitz -> Stand 1. Handstand Kniehang Aus dem Hang am brusthohen Reck die geschlossenen Beine in einer Rückwärtsbewegung zwischen den Armen unter der Reckstange hindurch führen und beide Beine in der Kniekehle ‚einhängen’. Hände lösen. 2.Kniehang -> Sitz Bringe aus dem Kniehang die Arme nach oben zu den beiden Stangen, um dich in den Sitz auf der Reckstange zu ziehen. Probiere unterschiedliche Sitzpositionen aus. Kannst du auch die Hände lösen und im Gleichgewicht bleiben ? 3. Sitz -> Stand Bringe aus dem Sitz die Hände möglichst hoch an die Stangen strecke ein Bein aus und stelle das andere auf die Reckstange, komme in den Stand. Probiere unterschiedliche Standpositionen aus, stehe auf einem Bein, lehne dich nach vorn und hinten, ohne die Hände zu lösen. Achte dabei auf eine angemessene Körperspannung. Stand 12.03.2008 Kniehang -> Split -> Mühlaufschwung -> Sitz -> Stand 1. Kniehang -> Split Aus dem Kniehang an der brusthohen Reckstange mit beiden Händen an die Reckstange greifen, ein Bein von der Stange lösen und unter der Stange nach hinten leicht hochstrecken. Dann das andere Bein nach vorn oben strecken. Die Beine sind gespreizt, so dass sich die Stange zwischen beiden Beinen befindet. 2. Split -> Mühlaufschwung -> Sitz Aus dem Split ein Bein zurück auf die Reckstange legen, das andere Bein gestreckt an die Stange bringen, mit ihm Schwung holen und in den Sitz kommen, dabei sofort Halt an den beiden Haltestangen suchen. 3. Sitz -> Stand Mit beiden Händen nach oben an die beiden Stangen greifen, einen Fuß auf die Reckstange setzen und in den Stand ziehen bzw. drücken. Übungsbeispiele – Stelzenreck reichhoch Komme in den Langhang: Kann man eine Hand lösen? Kann man durch Umgreifen eine halbe Drehung ausführen? Hier können einige der oben genannten Übungsbeispiele und Übungsverbindungen aus den Bereichen ‚hüfthoch’ und ‚brusthoch’ auf die neue Höhe übertragen werden. Weiterführende Ideen Ein Kind kann zu Beginn einer Zirkusvorstellung aus einer Lauftrommel zur Überraschung aller aus der Trommel gehoben werden. Nun kann es mit der Vorstellung beginnen. Ein Kind steigt von der Reckstange auf die Schultern eines stärkeren Partners. Die Stelzenstangen bieten eine große Sicherheit. Das Stelzenreck wird in eine Bewegungsbahn eingebaut. So turnt man aus der Bewegung am Boden eine Übung am Stelzenreck... Kinder halten die Stangen waagerecht, während ein Kind auf einem Einzel-Pedalo fährt. Dieselbe Form bietet sich auch beim Erlernen des Einradfahrens an. Besondere Sicherheit verlangt das Turnen an der Reckanlage, die von zwei kräftigen Partners gehalten wird, die ihrerseits auf je einer Lauftrommel balancieren. ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Stand 12.03.2008 Anmerkung: Kooperatives Handeln bedeutet Umorientierung von der Dominanz individueller Leistungsdarstellung zur Bereitschaft, mit dem Partner so in Beziehung zu treten, dass ein gegenseitiger Austausch von Absichten und Wünschen, Einstellungen und Erwartungen möglich ist, ohne Machtpositionen auszunutzen oder sich Zwangsund Unterdrückungsmaßnahmen zu bedienen. Erfolg und Misserfolg müssen als Ergebnis gemeinsamen Handelns begriffen und gewertet werden können. Hilfen sollen da gegeben und angenommen werden, wo sie dem gemeinsamen Handlungsziel dienen. Beim kooperativen Handeln sollte es keine Furcht vor Blamage und Diskriminierung geben, hier darf niemand ausgeschlossen oder abgedrängt werden, hier muss vielmehr jeder in seiner Verantwortung für das gemeinsame Ziel seinen stabilen Standort haben. Das kooperative Miteinander sollte alle Formen und Möglichkeiten der Kommunikation umfassen und somit problemlos auch Körperkontakte einschließen ( Blumenthal, E.: Kooperative Bewegungsspiele, Schorndorf 1993, S. 22 ). Text und Fotos: Alexander Butte Stand 12.03.2008