Glaschemie

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Glaschemie
Bredol / Boldhaus: Praktikum Grundlagen der Materialwissenschaft
Versuch 1: Herstellung von gefärbten Silikatgläsern
Glas läßt sich sowohl für den Alltagsgebrauch als auch für technische Anwendungen in viel­
fältiger Weise einfärben. In den meisten Fällen geschieht das durch die Einführung von Über­
gangsmetallionen in die Glasschmelze. Daneben können auch Einfärbungen durch bestimm­
te Metall- oder Halbleiterkolloide realisiert werden (vor allem auf der Basis von Au- oder Cad­
miumchalkogeniden).
Soll hoch transparentes Glas hergestellt werden, z.B. für optische Anwendungen, sind ande­
rerseits Übergangsmetallspuren sorgfältig zu vermeiden. In der Praxis ist das jedoch nicht
immer ohne großen Aufwand möglich. Insbesondere Spuren von Eisen sind nur schwer hin­
reichend zu entfernen. Man kann sich teilweise dadurch helfen, dass man versucht, die un­
vermeidlichen Übergangsmetallanteile in einen Oxidationszustand zu bringen, in dem die Ab­
sorption im genutzten Spektralbereich möglichst klein ist. Beim Eisen ist dies der dreiwertige
Zustand, so dass man stets versucht sein wird, transparentes Glas unter oxidierenden Be­
dingungen zu erschmelzen.
Diese Bedingungen werden entweder durch oxidierende Zuschläge in der Glasschmelze ein­
gestellt (z.B. MnO2 oder As2O5) oder durch Kontrolle der Atmosphäre über der Schmelze, die
sich zumindest nach entsprechender Wartezeit mit der Schmelze ins Gleichgewicht setzt.
Im Praktikum wird an einem einfachen Natriumsilikatglas, dem Eisenoxid zugefügt wird, de­
monstriert, wie mit unterschiedlichen Atmosphären der Oxidationsgrad der Eisendotierung
verändert und damit die Farbe des resultierenden Glases eingestellt werden kann. Eisen
baut in solchen Gläsern je nach Sauerstoffpartialdruck als metallisches Eisen (kolloidal) , als
Fe2+ in oktaedrischer Umgebung und als Fe3+ in oktaedrischer oder tetraedrischer Umgebung
ein. Das Fe3+-Ion besitzt eine intensive (charge-transfer) Absorptionsbande im Ultraviolettbe­
reich mit dem Maximum bei 230 nm. Der Ausläufer dieser Bande im Sichtbaren führt zu einer
bräunlichen Gelbfärbung des Glases. Das Fe2+-Ion hingegen weist eine (d-d) Bande im Infra­
rotbereich auf (Maximum bei etwa 1000 nm), deren Ausläufer in das Sichtbare für eine Blau­
färbung des Glases sorgt. Liegen beide Oxidationsstufen nebeneinander vor, erscheint das
Glas grünlich.
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Die Kontrolle der Ofenatmosphäre kann mit sehr einfachen Mitteln erfolgen. Stark oxidieren­
de Bedingungen erhält man, wenn an offener Atmosphäre in Tiegeln ohne Deckel erhitzt
wird. Reduzierende Bedingungen lassen sich einstellen, wenn der Tiegel mit der Glas­
schmelze in einem äußeren Tiegel, der mit Kohle gefüllt ist, erhitzt wird. Je nach Detail der
Anordnung (mit oder ohne Abdeckung, Abmessungen, Füllhöhe, Porösität des Tiegelmateri­
als usw.) lassen sich so reduzierende Bedingungen einstellen, bei denen im Extremfall das
Eisen auch bis zum Metall reduziert werden kann. Die effektive Reaktion kann vereinfacht so
dargestellt werden:
2 O2- + 4 Fe3+ ---> 4 Fe2+ + O2
Die Formulierung des Massenwirkungsgesetzes für diese Reaktion ergibt dann, dass der
Logarithmus des Verhältnisses der Aktivitäten (Konzentrationen) von Fe 2+ und Fe3+ linear
vom Logarithmus des Sauerstoffpartialdruckes abhängen muss (die Aktivität der regulären
Bausteine O2- ist eins, da sie im Standardzustand vorliegen):
4
K=
a FeII ∗PO2 / P
a
4
FeIII
0
⇒
4∗ln
a FeII
a FeIII
=ln K −ln
P O2
P
0
Für Na2O*2SiO2 - Gläser ist dieser Zusammenhang experimentell bestätigt worden. Eine
entsprechende Auftragung findet sich im Vorlesungsmanuskript.
Glasschmelzen sind sehr viskos, die Gleichgewichtseinstelluung kann daher geraume Zeit
in Anspruch nehmen. Um eine gute Durchmischung der Probe zu erzielen, wird daher was­
serfreies Natriumcarbonat als Na2O-Quelle eingesetzt; das entweichende CO 2 sorgt für eine
gute Durchmischung der Schmelze. Als SiO 2-Quelle muss aus dem gleichen Grund mög­
lichst feinteiliges Material eingesetzt werden. Beide Materialien sollten zudem vor dem
Schmelzen gründlich vermischt (Mörser) werden.
Die Produkte sollen visuell beurteilt werden; wenn möglich (bei hinreichend intensiver Fär­
bung), können an größeren Glasstücken oder gepulverten Glasproben Reflektionsspektren
aufgenommen werden. Als Ergebnis ist anzugeben, in wieweit die Ofenatmosphäre Einfluss
auf die Färbung nimmt; im Fall der Fe-haltigen Proben ist an Hand der im Vorlesungsmanu­
skript angegebenen Graphik grob abzuschätzen, welcher Sauerstoffpartialdruck während
des Erschmelzens geherrscht hat.
Geräte:
Wägeschalen
Mörser
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kleine Tiegel (Anzahl abhängig von der Anzahl der herzustellenden Proben)
große Tiegel mit Deckel (Anzahl abhängig von der Anzahl der herzustellenden Proben)
Chemikalien:
SiO2
Na2CO3 wasserfrei
Fe(III)-Nitrat
Co(II)-Nitrat
Aktivkohle (fein)
Sand
Praktikumsaufgaben:
Es sollen zwei unterschiedliche Mischungen für gefärbtes Glas hergestellt werden. Die Mi­
schungen sollen dann jeweils unter oxidierender Atmosphäre (Luft) und unter reduzierender
Atmosphäre (Kohlenstoff bzw. Kohlenmonoxid) erschmolzen werden und die resultierenden
Einfärbungen verglichen werden.
Die folgenden Massenangaben beziehen sich auf den Inhalt eines Tiegels. Sollen mehre­
re Tiegel befüllt werden, muss entsprechend mehr von der Mischung angesetzt werden oder
die Mischung wird mehrmals hintereinander angesetzt.
Eisen-dotiertes Glas: es werden zuerst 4g SiO2 und 3,5g Na2CO3 nacheinander abgewo­
gen. Diese Substanzen werden mit Hilfe eines Mörsers gut vermischt. Diese Mischung soll
nun mit 1,5-3 Massen-% Fe(III)-Nitrat (bezogen auf den Si-Gehalt) versetzt werden. Die Ge­
samtmasse der Mischung im Mörser beträgt zu diesem Zeitpunkt 7,5g. 1-2 Massenprozent
der Mischung entsprechen demnach einer Masse von 0,265g – 0,530g Fe(III)-Nitrat. Das
Fe(III)-Nitrat wird nun ebenfalls abgewogen, zu der Mischung aus SiO2 und Na2CO3 gegeben
und im Mörser gut vermischt.
Nach einer sehr guten Durchmischung der 3 Substanzen wird die Mischung nun in einen
kleinen Porzellantiegel gefüllt. Der Tiegel lässt sich ca. zur Hälfte bzw. zu ¾ befüllen. Dann
wird der größere Tiegel zu 1-2 cm mit Aktivkohle aufgefüllt. Der kleine Tiegel wird hineinge­
stellt und der große Tiegel mit einem Deckel verschlossen. Beim Erhitzen entsteht im Innen­
tiegel durch diese Anordnung CO und sorgt für die gewünschte reduzierende Atmosphäre.
Soll unter Luft (oxidierend) geglüht werden, wird der Außentiegel statt mit Kohle mit 1-2 cm
Sand gefüllt (zur Verbesserung der Standsicherheit und zur Sicherung bei Bruch des Innen­
tiegels).
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Kobalt-dotiertes Glas: Es werden zuerst 4g SiO 2 und 3,5g Na2CO3 nacheinander abge­
wogen. Diese Substanzen werden mit Hilfe eines Mörsers gut vermischt. Diese Mischung
soll nun mit 0,5-1,5 Massen-% an Co(II)-Nitrat versetzt werden. Die Gesamtmasse der Mi­
schung im Mörser beträgt zu diesem Zeitpunkt 7,5g. 1-2 Massenprozent der Mischung ent­
sprechen demnach einer Masse von 0,075g – 0,15g Co(II)-Nitrat. Das Co(II)-Nitrat wird nun
auch abgewogen, zu der Mischung aus SiO2 und Na2CO3 gegeben und mit dem Mörser gut
vermischt.
Nach einer sehr guten Durchmischung der 3 Substanzen wird die Mischung nun in einen
kleinen Porzellantiegel gefüllt. Der Tiegel lässt sich ca. zur Hälfte bzw. zu ¾ befüllen. Dann
wird der größere Tiegel zu 1-2 cm mit Aktivkohle aufgefüllt. Der kleine Tiegel wird hineinge­
stellt und der große Tiegel mit einem Deckel verschlossen. Soll unter Luft geglüht werden,
wird der Außentiegel statt mit Kohle mit 1-2 cm Sand gefüllt.
Nachdem alle Tiegel befüllt sind, werden diese in einen Ofen gestellt und bei 1000°C vier
Stunden behandelt. Nach 4 Stunden wird der Ofen ausgestellt, aber nicht geöffnet. Der Ofen
wird nun bis zum nächsten Tag auskühlen lassen. Am nächsten Tag können die Tiegel aus
dem Ofen genommen werden.
Typische Beobachtungen:
Die Glasproben mit dem Fe(III)-Nitrat zeigen eine helle, blaugrüne Farbe, wenn sie reduzie­
rend geglüht wurden:
Die Reflexion sinkt ab ca. 450nm und steigt erst bei ca. 650nm wieder an. Es wird also über­
wiegend der Bereich zwischen 500nm und 650nm absorbiert (helle blaugrüne Farbe).
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Die Glasproben mit dem Co(II)-Nitrat zeigen eine intensive dunkelblaue Farbe. Ab einer
Wellenlänge von ca. 500nm wird die Reflexion geringer, das bedeutet also, dass die Absorp­
tion in diesem Bereich zunimmt. Eine Absorption ab einer Wellenlänge von ca. 500 nm be­
deutet, dass alle Rot- und einige Gelbtöne absorbiert werden. Somit bleibt für dieses Glas
eine blaue Farbe sichtbar.
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