Begründung
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Begründung
Günter Hiller Arbeitslosengeld II Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 29.09.2011 abschließend beraten und beschlossen: Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen teilweise entsprochen worden ist. Begründung Der Petent fordert, dass bei den Richtlinien für Arbeitslosengeld II das aktuelle Schonvermögen zur Alterssicherung für nach dem 1. Januar 1948 Geborene angemessen erhöht wird. Außerdem fordert er, dass die vor der Verwertung durch Hartz IV geschützten Produktgruppen (Riester etc.) auf andere Produkte erweitert werden. Zur Begründung führt der Petent im Wesentlichen an, dass Personen, die heute um die 50 Jahre alt seien, sich eine Altersvorsorge mit einem damals üblichen Produkt, wie einer Kapitallebensversicherung oder einem Sparplan, aufgebaut hätten. Dadurch, dass diese Art der Altersvorsorge durch Hartz IV auf einen Sockelbetrag von maximal 13.000 Euro pro Person gekappt werde, sei Altersarmut bei den sinkenden Renten vorprogrammiert. Die Eingabe wurde als öffentliche Petition auf der Internetseite des Petitionsausschusses eingestellt. Sie wurde von 364 Mitzeichnern unterstützt. Außerdem gingen 17 Diskussionsbeiträge ein. Der Petitionsausschuss hat zu der Eingabe mehrere Stellungnahmen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) eingeholt. Darin erläutert das BMAS im Wesentlichen die geltende Rechtslage. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die vom Petenten eingereichten Unterlagen Bezug genommen. In seiner parlamentarischen Prüfung kommt der Petitionsausschuss zu folgendem Ergebnis: Das Arbeitslosengeld II (ALG II) ist eine staatliche Fürsorgeleistung. Sie wird nicht aus Beitragsmitteln zur Arbeitslosenversicherung, sondern aus Steuermitteln des Bundes finanziert und nur erbracht, wenn Hilfebedürftigkeit besteht. Hilfebedürftig ist derjenige, der seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit oder aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann. Bei der Prüfung der Hilfebedürftigkeit in Bezug auf das zu berücksichtigende Vermögen sind alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen. Vermögen ist verwertbar, wenn es für den Lebensunterhalt verwendet bzw. sein Geldwert für den Lebensunterhalt durch Verbrauch, Übertragung, Beleihung, Vermietung oder Verpachtung nutzbar gemacht werden kann. Hierzu gehören grundsätzlich auch alle der Altersvorsorge dienende Verträge, Sachen und Rechte. Lediglich Ansprüche aus einer betrieblichen Altersversorgung sowie Ansprüche auf eine persönliche Leibrente sind grundsätzlich nicht verwertbar. Sofern das vorhandene Vermögen verwertbar ist, werden nach § 12 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) verschiedene Freibeträge eingeräumt. Unter anderem gibt es nach § 12 Absatz 2 Nummer 3 SGB II einen Freibetrag für die Altersvorsorge. Voraussetzung für die Inanspruchnahme dieses Freibetrages ist jedoch ein vertraglicher Ausschluss der Widerrufbarkeit vor dem Eintritt in den Ruhestand (ab dem 60. Lebensjahr). Ebenso dürfen weder Rückkauf, Kündigung noch Beleihung möglich sein. Die Forderung des Petenten resultiert aus der Sonderregelung des § 65 Absatz 5 SGB II. Danach gilt für Personen, die vor dem 1. Januar 1948 geboren sind, ein erhöhter Grundfreibetrag nach § 12 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 SGB II, der auch für die zusätzliche Freistellung von Altersvorsorgeprodukten herangezogen werden kann. Ein erhöhter Altersvorsorge-Freibetrag gilt für die genannte Personengruppe hingegen nicht. Mit dem Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende, in Kraft getreten zum 1. August 2006, wurde eine Anhebung der Höhe der geltenden Freibeträge von seinerzeit 200 Euro je vollendetem Lebensjahr des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und seines Partners auf 250 Euro je vollendetem Lebensjahr des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und seines Partners durchgeführt. Zugleich wurde die Höchstgrenze des Freibetrags von jeweils 13.000 Euro auf 16.250 Euro angehoben. Eine weitere Erhöhung des Schonvermögens für die Altersvorsorge erfolgte durch das Gesetz zur Stabilisierung der Finanzlage der Sozialversicherungssysteme und zur Einführung eines Sonderprogramms mit Maßnahmen für Milchviehhalter sowie zur Änderung anderer Gesetze, welches am 17. April 2010 in Kraft trat. In diesem Gesetz ist geregelt, dass geldwerte Ansprüche, die der Altersvorsorge dienen, nunmehr bis zu 750 Euro (bislang: 250 Euro) je Lebensjahr des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und seines Partners vom Vermögen abzusetzen sind, soweit der Inhaber sie vor dem Eintritt in den Ruhestand auf Grund einer unwiderruflichen vertraglichen Vereinbarung nicht verwerten kann (§ 12 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 SGB II). Die generelle Begrenzung der Berücksichtigung des Vermögens zur Altersvorsorge findet ihre Rechtfertigung in der zu erwartenden Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Es handelt sich bei der berücksichtigten Vorsorge um eine zusätzliche, die Altersrente ergänzende. Mit der Erhöhung der Vermögensfreibeträge für die Altersvorsorge wurde bereits für Bezieher von ALG II die Möglichkeit, sich eine zusätzliche private Absicherung für das Alter zu schaffen, verbessert. Vermögen kann somit verstärkt und zielgerichtet für die Altersvorsorge eingesetzt werden. Die Möglichkeit, eigene Maßnahmen zur Sicherung des Lebensunterhalts im Alter zu treffen, wird gefördert. Bei der Freistellung von Altersvorsorgevermögen hat der Gesetzgeber bewusst zwischen den beiden verschiedenen Formen der Altersvorsorge („Riester“Altersvorsorge, sonstige private Altersvorsorge) unterschieden. Der Freibetrag nach § 12 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 SGB II für die nach Bundesrecht ausdrücklich geförderte Altersvorsorge gilt demnach nur für Altersvorsorgeverträge, die nach § 5 Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz zertifiziert sind. Dadurch wird sichergestellt, dass die Zweckbestimmung der Verträge zur Altersvorsorge öffentlich überwacht wird. Mit der Einführung der Riester-Rente sollte die gleichzeitig vorgenommene Absenkung des Rentenniveaus in der gesetzlichen Rentenversicherung abgefedert und gleichzeitig der Fokus vermehr auf eine zusätzliche private Altersvorsorge gelegt werden. Dem entsprechend ist es folgerichtig, dass die Höhe des Freibetrages nach § 12 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 SGB II nicht an das Lebensalter gekoppelt ist, sondern das gesamte, nach Bundesrecht ausdrücklich geförderte Vermögen einschließlich seiner Erträge privilegiert wird. Damit wird derjenige begünstigt, der der Intention der gesetzlichen Förderungsbestimmungen folgt und entsprechend der Absenkung des Rentenniveaus – gefördert durch den Bund – in eine zusätzliche private Altersvorsorge investiert. Anderenfalls wären Leistungsberechtigte gezwungen, dieses Vermögen – mit unzumutbaren Verlusten, insbesondere dem nachträglichen Verlust der staatlichen Zulage – zu verwerten. Der Freibetrag nach § 12 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 SGB II trägt demgegenüber der Tatsache Rechnung, dass Leistungsberechtigte vielfach auch über andere Vermögensgegenstände verfügen. Diese Vermögensgegenstände werden dann privilegiert, wenn der Inhaber sie vor dem Eintritt in den Ruhestand auf Grund einer vertraglichen Vereinbarung (künftig unwiderruflich) nicht verwerten kann. Dabei handelt es sich zumeist um kapitalbildende Lebens- oder Rentenversicherungen. Für diese Form entscheiden, der ob Altersvorsorge sie – können entsprechend Leistungsberechtigte den Grenzen des demnach § 168 frei Absatz 3 Versicherungsvertragsgesetz in Verbindung mit § 12 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 SGB II – die Verwertung bis zum Eintritt in den Ruhestand ausschließen möchten oder nicht. Der Ausschuss hält die geltende Rechtslage hinsichtlich der Unterscheidung der Anlageformen und der Freibeträge für sachgerecht und geboten. Einer Forderung nach einer Gesetzesänderung im Sinne des Petenten hin zu einer noch weitergehenden Erhöhung der Freibeträge kann sich der Ausschuss nicht anschließen. Er empfiehlt, das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen teilweise entsprochen worden ist. Der von der Fraktion DIE LINKE. gestellte Antrag, die Petition der Bundesregierung dem BMAS - zur Erwägung zu überweisen, ist mehrheitlich abgelehnt worden.