Sanierung mit Aussicht
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Sanierung mit Aussicht
1 I Sanierung mit Aussicht 17 km Fußbodenheizungsrohr in Wohnanlage ertüchtigt Als Mitarbeiter der TGA Rohrinnensanierung AG Ende Februar 2016 bei massivem Schneefall und -2 °C von Deutschland aus in das 600 km entfernte Ascona starteten, staunten diese nicht schlecht, als sie vor Ort von knapp 20 °C, Sonnenschein und italienischem Flair empfangen wurden. Doch das Anforderungsprofil des Auftraggebers war enorm: Knapp 270 Fuß bodenheizkreise mit insgesamt 17.000 m Rohr mussten in zwei Monaten mit der „oxy-proof-system“-Sanierungstechnik komplett saniert werden, um pünktlich zum Start der Hauptsaison am Lago Maggiore fertig zu sein. Die Wohnanlage „Ascomonte“ liegt etwas oberhalb der Stadt Ascona im schweizerischen Tessin. Etwa 5.500 Einwohner tummeln sich auf knapp 5 km² an diesem malerisch gelegenen Ort am Nordufer des Lago Maggiore. Im Sommer ist es bei durchschnittlich über 20 °C warm genug, um Palmen gedeihen zu lassen. Eigentlich erstaunlich, bedenkt man, dass Ascona am 46. Breitengrad liegt – genauso wie die kanadische Metropole Vancouver. Die Anfang der 1980er-Jahre erbaute Wohnanlage besticht durch ihr äußeres Erscheinungsbild: Terrassenförmig angelegte Wohnungen, gepflegtes Aussehen, im Hintergrund die Gipfel der Berge und in der Anlage Palmen und Grün wohin das Auge schaut. Von nahezu allen Wohnungen aus ist das herrliche Panorama mit Blick auf den Lago Maggiore freigegeben – ein Urlaubsparadies. Problem 1: Kunststoffrohre der ersten Generation Doch gab es in dieser Wohnanlage ein technisches Problem, das einem nicht so84 fort bewusst wird, da es „unsichtbar“ im Fußbodenaufbau liegt: die diffusions offenen Kunststoffrohre der Fußbodenheizung, Baujahr 1981. Die Polymer-Materialbasis dieser einschichtigen Rohre, bestehend aus Polypropylen Homopolymer, besser bekannt als PP-H, zeigte bereits Alterungsmerkmale in Form einer Gelbfärbung/Vergilbung auf der Innenseite und einer thermooxidativen Alterung auf beiden Oberflächen. Die Ergebnisse der durchgeführten Analysen ergaben somit den dringenden Handlungsbedarf für die Eigentümergemeinschaft. Vor drei Jahren wurde bereits in den Werterhalt der eigentlichen Heizungsanlage investiert, die Wärmeerzeugung wurde komplett modernisiert. Zwei Viessmann-Brennwertkessel mit je 194 kW Nennwärmeleistung versorgen die insgesamt drei Bauteile der Wohnanlage. Primär- und sekundärseitig eingesetzte Hocheffizienzpumpen sowie eine Kompressor-gesteuerte Druckhaltung runden das Bild der neuen Heizungsanlage ab. Die alte Kunststoffrohr-Fußbodenheizung wurde je Bauteil mit einer Systemtrennung vom restlichen An- Heizungsjournal 7-8.2016 I 1 Die Wohnanlage „Ascomonte“ liegt etwas oberhalb der Stadt Ascona im schweizerischen Tessin am Nordufer des Lago Maggiore. 270 Fußbodenheizkreise mit insgesamt 17.000 m Rohr wurden hier innerhalb von zwei Monaten mit der „oxy-proof-system“-Sanierungstechnik ertüchtigt. (Fotos: TGA Rohrinnensanierung AG) I 2 I lagenteil getrennt. Somit wurden die primärseitig montierten Komponenten, insbesondere die neuen Brennwertkessel, vor Sauerstoffkorrosion geschützt. Weiterhin wurden sekundärseitig alle Heizkreisverteiler in den Wohnungen gegen neue, mit Durchflussanzeigen ausgestattete Verteiler getauscht. Bis auf abschnittsweises Spülen der Fußbodenheizkreise in den Wohnungen blieben jedoch bei allen eingeleiteten Maßnahmen die nicht nach DIN 4726 sauerstoffdichten Kunststoffrohre im Estrich unberücksichtigt. Erste negative „Signale“ innerhalb der Wohnanlage waren diesbezüglich schon aufgetreten: Korrosionen, verschlammte Fußbodenheizkreise, hohe Verbrauchskosten stehen dabei aber meist nur am Anfang einer Kette von Problemen, die mit undichten Kunststoffrohren enden kann. Kunststoffrohre der ersten Generation sind wegen ihres molekularen Aufbaus und ihrer niedrigeren Dichte für Gase durchlässig. Geeignete Alterungsschutzmittel (Stabilisatoren) sollen diese gegen die Zerstörung durch Luftsauerstoff, Wärme, Sonnenlicht, Scherung und Me- 2 In „Rekordzeit“ wurde ohne jegliche Einschränkung für die Bewohner die Rohrinnensanierung zeitgleich mit zwei, zeitweise sogar drei, Sanierungsanlagen durch geführt. „Die Bedenken der Eigentümer, dass es zu Lärmund Staubemissionen während der Sanierung kommt, haben sich in Luft aufgelöst“, betont der haustechnische Leiter Manuel Perez (im Bild vorne rechts). tallionen schützen. Sie greifen hemmend in den Alterungsprozess ein. Die Gebrauchstüchtigkeit des Werkstoffes wird dadurch wesentlich verlängert. Antioxidantien und Stabilisatoren können jedoch schon nach kurzer Zeit durch das Heizungswasser ausgelaugt werden. Denn durch das Wasser wird eine Konzentrationsdifferenz im diffusionsoffenen Kunststoffrohr erzeugt. Das führt zu einer ständigen Migration dieser Verbindungen in Richtung PE-Wasser-Grenz fläche. Bei der Sauerstoffdiffusion durch die Kunststoffrohre wird deren Form durch die Oxidation von Ketten oder Strukturelementen verändert, was in der Regel mit einer deutlichen Verschlechterung der technischen Eigenschaften verbunden ist. Am Ende dieses Prozesses können dann Undichtigkeiten stehen. Problem 2: Logistik und Termindruck Nachdem alle für die Auftragsabwicklung notwendigen Schweizer Anmel deverfahren, Auflagen und die zolltechnisch re levanten Angelegenheiten (Einund Ausfuhrbescheinigungen) durch die TGA Rohrinnensanierung AG, dem An- Heizungsjournal 7-8.2016 85 Objekt-Report bieter der „oxy-proof-system“-Sanierungstechnik, geklärt waren, ging es Anfang März 2016 mit der Umsetzung der Sanierung in der Wohnanlage „Ascomonte“ in Ascona los. Das größte Problem bei der Sanierung bestand allerdings in der terminlichen Vorgabe des Auftraggebers: Die Rohrinnensanierung der Fußbodenheizung musste bis Ende April, also innerhalb von acht Wochen, abgeschlossen sein, da die Wohnanlage am Lago Maggiore sowohl von Eigentümern als auch von Feriengästen in der Hauptsaison stark frequentiert ist. 270 Fußbodenheizkreise in nur acht Wochen zu sanieren, ist aber selbst für einen Spezialisten, der über ausreichend Anlagentechnik und „Manpower“ verfügt, eine logistische Herausforderung. Hinzu kam, dass sich mit Beginn der Maßnahme eine extreme Verschlammung in Form von Magnetit (Fe3O4) in den Fußbodenheizkreisen darstellte. Diese wurde zwar im Vorfeld im Rahmen der durchgeführten Wasser- und Zustandsanalyse im Kern über den Anteil gelösten Eisens näherungsweise ermittelt, jedoch können die effektiv für die Sanierung bzw. den Sandstrahlprozess zur Verfügung stehenden Rohrinnenquerschnitte erst beim Sanierungsprozess exakt ermittelt werden. Hierbei wurden Querschnittsverjüngungen von bis zu 60 Prozent des freien Rohrinnenquerschnitts durch Verschlam- I 3 Alle notwendigen Laufbereiche innerhalb des Gebäudes und die Wandbereiche bei den Heizkreisverteilern wurden mit einem Schutzvlies sauber abgeklebt und geschützt. 3 I mungen festgestellt. Dies wiederum zieht im Sanierungsablauf längere Trocknungszeiten nach sich und auch die Mehraufwendungen beim Sandstrahlprozess erhöhen insgesamt den Zeitbedarf für die Rohrinnensanierung. Lösung: Systematisierte Sanierungsabläufe Zunächst aber standen die Objekteinrichtung und der Sanierungsbeginn im Fokus. Für die Gerätschaften und Materialien wird ausreichend Platz benötigt, was bereits im Vorfeld mit dem haustechnischen Leiter der Anlage, Manuel Perez, abgeklärt war. Alle notwendigen Laufbereiche innerhalb des Gebäudes und die Wandbereiche bei den Heizkreisverteilern wurden mit einem Schutzvlies sauber abgeklebt und geschützt. Die Sanierung der Fußbodenheizung je Wohnung erfolgte immer nach dem gleichen Schema: In einem ersten Schritt werden die bestehenden Heizkreisverteiler entfernt. An den jeweiligen Enden der Fußbodenheizung werden die Systemschläuche montiert. Damit wird das System mit der eigentlichen Sanierungsanlage, die im Außenbereich aufgestellt ist, verbunden. Die einzelnen Kreisläufe der Fußbodenheizung werden mit aufbereiteter, technisch trockener und ölfreier Druckluft getrocknet, die wiederum mit mobilen dieselbetriebenen Druckluft-Kompressoren erzeugt wird. An den Trocknungs- schließt sich nahtlos der Reinigungsprozess an. Ein Sandstrahlgranulat in Form von Korund wird über ein Druckstrahlgerät in den jeweiligen Heizkreislauf eingeblasen. Das Druckstrahlgerät wird mit einem angeschlossenen Staubabscheider betrieben, der den in der Rohrleitung entstehenden Staub ansaugt und in zwei Stufen wieder filtert. Im Inneren des jeweiligen Heizkreislaufs werden bei der Reinigung durch eine turbulente Strömung des Strahlguts alle Ablagerungen rückstandslos abgetragen. Die Qualität der Reinigung wird vor dem Beschichten überprüft. Mittels nachfolgenden Kalibrierprozessen können etwaige Montagefehler oder Knicke im Bestand detektiert werden. Die vollautomatische Misch- und Dosieranlage erzeugt genau die Menge an Beschichtungsmaterial, die für den gerade zu bearbeitenden Heizkreislauf erforderlich ist. Das speziell entwickelte Beschichtungsmaterial wird in einer Kartusche abgefüllt und im Luftstrom eingebracht. Mittels eines Spezialwerkzeuges, ähnlich eines „Molch“-Prinzips, wird dann das Beschichtungsmaterial gleichmäßig und exakt verteilt. Durch diese Beschichtung wird das Fußbodenheizungsrohr wieder sauerstoffdicht nach DIN 4726. Danach erfolgt die Wiedermontage der (neuwertigen) Heizkreisverteiler. 24 Stunden nach der Beschichtung konnten die Kreisläufe hier wieder mit Wasser befüllt und in Betrieb genommen werden. Mittels der integrierten Durchflussanzeigen wurde, entsprechend der Berechnungen, der hydraulische Abgleich durchgeführt. Alle objektspezifischen Kenndaten der Fußbodenheizung und die Einstellwerte an den Heizkreisverteilern wurden am Ende der Maßnahme als Abschlussdokumentation übergeben. Info Im HeizungsJournal sind weitere Artikel zu dieser Thematik erschienen: • Ausgabe 9/2015, S. 76 ff., „Rohrinnensanierung hat Grenzen“, • Sonderheft Installationstechnik, Juni 2015, S. 72 ff., „Auf die Beschichtung kommt es an“, • Ausgabe 3/2015, S. 82 ff., „Keine Sanierung ohne Analyse“, • Ausgabe 9/2014, S. 55 ff., „Agieren statt reagieren“. Ergebnis: Neuwertzustand nach Sanierung In einer „Rekordzeit“ von acht Wochen wurde ohne jegliche Einschränkung für die Bewohner die Rohrinnensanierung zeitgleich mit zwei, zeitweise sogar drei, Sanierungsanlagen komplett durchgeführt. „Die Bedenken der Eigentümer, dass es zu Lärmund Staubemissionen während der Sanierung kommt, haben sich in Luft aufgelöst“, betont der haustechnische Leiter Manuel Perez. „Die permanenten Reklamationen über unzureichende Heizleistung oder nicht warm genug werdende Wohnungen werden jetzt hoffentlich aufhören“, so Perez weiter. „Durch die komplette Beseitigung der Verschlammung und gleichzeitige Verhinderung neuer Verschlammungen, Thema: Diffusionsdichtigkeit, gelangt die Wärme viel schneller an die Oberfläche“, erklärt Marco Fröhlich, Prokurist der TGA Rohrinnensanierung AG. „Somit ist die sanierte Fußbodenheizung weniger träge als vor der Maßnahme und reagiert entsprechend schneller auf einen veränderten Heizbedarf“. Für die Wohnungseigentümergemeinschaft schließt sich nunmehr der Kreis: Eine neue Brennwert-Heizungsanlage, kombiniert mit der sanierten und damit neuwertigen Fußbodenheizung, wird über Jahre für einen wirtschaftlichen Betrieb sorgen. ❚ Kontakt TGA Rohrinnensanierung AG Flugplatzstraße 104 D-90768 Fürth Fon (09 11) 3 22 5 55-0 Fax (09 11) 3 22 5 55-55 [email protected] © Heizungs-Journal Verlags-GmbH • Postfach 370 • D-71351 Winnenden • Tel. (0 71 95) 92 84-01 • www.heizungsjournal.de