ATDA - Reduzierte Gratis Ausgabe

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ATDA - Reduzierte Gratis Ausgabe
Seit 1889
Sonnabend, 22. Februar 2014
124. Jahrgang Nr. 31.968
„Zentrale Stütze der Gemeinschaft“
Georg Porak erhält „Großes Ehrenzeichen für Verdienste um Österreich“
Von Marcus Christoph
Buenos Aires (AT) – „Er
reichischen Vereinigung und
ist eine zentrale Stütze und
stand dieser 18 Jahre lang
Persönlichkeit der österreials Vorsitzender vor. Auch
chischen Gemeinschaft.“
bei weiteren Institutionen
Mit diesen Worten würdigte
und Vereinigungen wie dem
Österreichs Botschafterin Dr.
Mozarteum in Argentinien,
Karin Proidl den Einsatz
dem Europäischen Club, der
von Georg Porak zugunsten
argentinisch-österreichider österreichischen Kultur
schen Handelskammer oder
in Argentinien. Am Monim Vorstand des Deutschen
tagabend überreichte die
Hospitals wirkte Porak in
Diplomatin dem 87-Jährigen
verantwortungsvollen Positimc
das „Große Ehrenzeichen für
onen mit. Dem Vorstand des
Verdienste um die Republik
Mozarteums gehört er seit
Georg Porak an der Seite seiner Ehefrau Elisabeth (l.)
und
Botschafterin
Karin
Proidl.
Österreich“. Porak habe nicht
nunmehr 53 Jahren an.
nur für einen Brückenschlag zwischen Kontinenten,
Besonders die Heranführung jüngerer Generationen
sondern auch zwischen Generationen gesorgt, hob Pro- an die österreichische Kultur sei Porak wichtig gewesen,
idl während der Festveranstaltung in ihrer Residenz im unterstrich Proidl. Dies ist nicht zuletzt auch in Poraks
Stadtteil Belgrano hervor. Für den musikalischen Rahmen eigener Familie gelungen: So hat vor Kurzem sein Sohn
des Abends sorgte der Wiener Pianist Paul Gulda.
Ferdinand den Vorsitz bei der argentinisch-österreichiIn ihrer Laudatio ging die Botschafterin auf Poraks schen Vereinigung übernommen.
langjähriges ehrenamtliches Engagement ein. So gehörte
er vor 30 Jahren zu den Gründern der argentinisch-österMehr
Inhalt
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Argentinien
Wirtschaft
Neue Spur im Fall Colli..............................................................3
Die Woche in Argentinien........................................................4
Argentinien...................................................................................8
Lateinamerika............................................................................13
Geschäftsnachrichten..............................................................14
Meinung
Fußball für Alle.............................................................................5
Bauernopfer..................................................................................6
Randglossen.................................................................................7
Wirtschaftsübersicht
Die kurzfristige Wirtschaftspolitik
geht an den Grundproblemen vorbei...............................16
Titelseite
In seiner Ansprache begründete Porak sein Engagement vor allem mit Dankbarkeit Österreich gegenüber.
So erinnerte er an die Wirren der Nachkriegszeit, als
seine aus Südböhmen stammende Familie plötzlich
als Staatenlose da stand. Das Gebiet fiel wieder an die
Tschechoslowakei und alle deutschsprachigen Bewohner wurden abgeschoben. „In diesem Moment gab uns
Österreich die Staatsangehörigkeit“, so der Geehrte.
Dies sei aus Staatsinteresse erfolgt, da sein Vater
Leiter und Eigentümer einer bekannten Papierfabrik
gewesen war, wie Porak gegenüber dem Tageblatt ergänzte. Der Vater sollte die Leitung einer Papierfabrik
in der Steiermark übernehmen, wohin die Familie dann
übersiedelte. Porak selbst ging nach Wien zum Studium
an der Hochschule für Welthandel.
1952 zog es Porak in die Ferne nach Argentinien.
Hier arbeitete er zunächst bei verschiedenen europäischen und US-amerikanischen Firmen. Ab 1956 fand
er Anstellung bei einer deutschen, international tätigen
Vermögensverwaltung in Buenos Aires, wo er später
auch die Geschäftsführung übernahm.
Seit seiner Pensionierung 1991 widmete sich Porak
größtenteils ehrenamtlichen Aufgaben. Für sein Engagement hatte er bereits das Silberne Ehrenzeichen für
Verdienste um Österreich (1986) sowie das Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst (1999)
erhalten.
Porak hob den Stellenwert hervor, den klassische
Musik für ihn besitze. Einer seiner Idole aus Wiener
mc
Pianist Paul Gulda sorgte für
den musikalischen Rahmen des Abends.
Studienzeiten sei dabei der österreichische Pianist und
Komponist Friedrich Gulda (1930–2000) gewesen. Von
daher war bei Porak die Freude groß, dass die österreichische Botschaft zu seiner Ehrung Paul Gulda, den
Sohn des erwähnten Musikers, eingeladen hatte. Wie
dessen Vater ist auch dieser ein Virtuose am Klavier
und seit 1982 als Konzertpianist tätig.
In der österreichischen Residenz brachte Gulda junior
auf meisterhafte Weise Interpretationen von Werken seines Vaters sowie von Johann Sebastian Bach, Wolfgang
Amadeus Mozart, Ludwig van Beethoven und Frédéric
Chopin zu Gehör.
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Sonnabend, 22. Februar 2014 - Seite 2 -
Argentinien
Neue Spur im Fall Colli
Pass des vor elf Jahren verschwundenen Bergsteigers gefunden
Buenos Aires (AT/mc) – In den Fall des Ende 2002
unter mysteriösen Umständen in den Anden verschollenen deutschen Bergsteigers Andreas Colli ist
wieder Bewegung gekommen. Nachdem vor wenigen
Tagen zwei österreichische Alpinisten einen Brustbeutel mit persönlichen Dokumenten des Deutschen
fanden, hat Ermittlungsrichter Alberto Benito Ortíz
eine Suchaktion auf dem Caballito-Gletscher am Berg
Mercedario angeordnet. Dort hatten die Österreicher
Anfang dieses Monats in einer Höhe von 5560 Metern
den Reisepass, Impfbescheinigungen sowie andere
persönliche Papiere des aus Ulm stammenden Bergsteigers entdeckt, der zum Zeit seines Verschwindens
37 Jahre alt war.
Kurios ist dabei vor allem der Umstand, dass die erwähnten Gegenstände in drei Kilometern Entfernung
vom 1400 Meter tiefer liegenden Fuß des Gletschers
auftauchten, wo 2007 der Rucksack Collis entdeckt
wurde. Eine damalige Suchaktion blieb ergebnislos.
Bergführer Pablo Schlögl, der die beiden Österreicher
vom Berg abholte, brachte gegenüber der Zeitung „Diario
de Cuyo“ seine Verwunderung über die unterschiedlichen
Fundorte zum Ausdruck: „Als man damals den Rucksack fand, konnte man noch glauben, der Bergsteiger sei
abgestürzt. Aber den neuen Fund können wir uns nicht
erklären: Es ist kaum glaubhaft, dass jemand in solche
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Höhe steigt und dort seine persönlichen Dokumente
wegschmeißt.“
Der neue Fund am Mercedario, dem mit 6770 Metern
vierthöchsten Berg Südamerikas, nährt den Verdacht,
dass Colli möglicherweise einem Verbrechen zum Opfer
gefallen sein könnte. Die Familie des Bergsteigers hatte
stets angenommen, dass ein Verbrechen hinter dem Verschwinden stehe.
Horst Kelb, der Onkel Collis, versucht seit Jahren zu
erforschen, was mit seinem Neffen passiert ist. Als Hauptverdächtige hat er mehrere Grenzpolizisten im Visier, die
– so der Verdacht - den deutschen Bergsteiger ausraubten
und ihn dann beseitigten. Dabei hätten sie mit einem
Hotel-Manager zusammengearbeitet, der gewusst habe,
dass Colli größere Mengen Bargeld bei sich führte.
Kelb hält den aktuellen Fund für ein Vertuschungsmanöver, wie er gegenüber dem Argentinischen Tageblatt
ausführte. Seiner Meinung nach sei sein Neffe nie am
Caballito-Gletscher gewesen, sondern nur bis zur Laguna
Blanca in einer Höhe von 3200 Metern gekommen. Dies
sei klar bewiesen. Nun werde versucht, erneut falsche
Spuren zu legen: „Ein grausamer Mord soll mit vielen untauglichen Mitteln, falschen Zeugen und Spuren vertuscht
werden“, ist sich Kelb sicher.
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Sonnabend, 22. Februar 2014 - Seite 3 -
Argentinien
Die Woche in Argentinien
Urribari will kandidieren
Noch sind es gut anderthalb Jahre bis zu den nächsten
Präsidentschaftswahlen. Doch es haben bereits mehrere
Politiker angekündigt, ins Rennen gehen zu wollen. Vor
wenigen Tagen reihte sich Sergio Urribari, der Gouverneur der Provinz Entre Ríos, in die Schar der Ambitionierten ein. Gegenüber der Zeitung „Página/12“ erklärte
der 55-jährige Parteigänger von Präsidentin Cristina
Fernández de Kirchner: „Ja, ich werde Kandidat sein. Das
politische Projekt, das Néstor und Cristina Kirchner auf
den Weg gebracht haben, ist noch lange nicht beendet.“
Urribari kündigte an, 2015 bei den Vorwahlen, bei denen
die Parteien und Bündnisse ihre Präsidentschaftskandidaten ermitteln, gegen jeden Mitbewerber anzutreten. Im
Lager der regierenden Peronisten haben bereits mehrere
politische Schwergewichte ihre Ansprüche angemeldet,
Cristina im Amt beerben zu wollen: Urribaris Gouverneurskollegen Daniel Scioli (Provinz Buenos Aires)
und Juan Manuel Urtubey (Salta) sowie Innenminister
Florencio Randazzo und Senator Aníbal Fernández.
Kirchner kann 2015 nicht antreten, da die Verfassung
eine zweite Wiederwahl in Folge für das Staatsoberhaupt
nicht vorsieht. Aus den Reihen der Opposition werden
bislang der peronistische Abtrünnige Sergio Massa,
der rechtskonservative Buenos-Aires-Bürgermeister
Mauricio Macri, der Sozialist Hermes Binner sowie der
Radikale Ernesto Sanz als Kandidaten gehandelt.
Echegaray angezeigt
Ricardo Echegaray, dem Chef der Steuerbehörde AFIP,
steht juristischer Ärger ins Haus. So beantragte Staatsanwalt Jorge Di Lello am Montag die Aufnahme von
Ermittlungen gegen Echegaray wegen Verletzung des
Steuergeheimnisses. Zudem forderte er Vorermittlungen,
ob der Steuerchef sich der unzulässigen Bereicherung im
Amt schuldig gemacht habe. Die Anzeige wegen Verletzung des Steuergeheimnisses wurde von dem Abgeordneten Manuel Garrido (UCR) erstattet. Er bezog sich
dabei auf Äußerungen Echegarays, der Steuerdaten von
Oppositionspolitikern unzulässigerweise ausgeplaudert
haben soll. Beispielsweise sagte Echegaray bei einer Pressekonferenz bezüglich der Abgeordneten Elisa Carrió:
„Diese Dame, die mir vorwirft, Dollars zu kaufen, zahlt
selber keinen Peso an Einkommenssteuer.“ Keiner der
möglichen Präsidentschaftskandidaten der Opposition
zahle auch nur die Hälfte dessen, was er selbst an Steuern
zahle, so Echegaray. Wegen des Verdachts auf Bereicherung im Amt wurde der Steuerchef vom Rechtsanwalt
Alejandro Sánchez Kalbermatten angezeigt. Dieser behauptete, Echegaray habe seit seinem Amtsantritt sein
Vermögen um 2055 Prozent vermehrt.
Streit um Drogenpolitik
Zur Drogenproblematik spricht die Nationalregierung
derzeit nicht mit einer Stimme. Während Verteidigungsminister Agustín Rossi jüngst erklärte, in Argentinien
würde mittlerweile Kokain in größerem Umfang hergestellt, hat Sicherheitsstaatssekretär Sergio Berni eine
andere Sichtweise der Dinge. Am Montag widersprach
er Rossi in deutlicher Form: „Diejenigen, die tagtäglich gegen den Drogenhandel kämpfen, wissen, dass
hierzulande kein Kokain produziert wird.“ Dazu hätte
Argentinien schon gar nicht die geographischen und
klimatischen Voraussetzungen, so Berni. Rossi hatte
seine Behauptung auf Labors und „Küchen“ gestützt, die
in jüngster Zeit entdeckt wurden. Argentinien sei nicht
länger nur Transit- und Konsumland für Drogen, so der
Verteidigungsminister. Er leitete daraus die Folgerung
ab, die Ermittlungsarbeit darauf zu fokussieren.
Starkregen in San Juan
Vier Tage Dauerregen und damit einhergehende Überschwemmungen haben den Süden der Provinz San Juan
bis Sonntag in Ausnahmezustand versetzt. 2800 Menschen mussten evakuiert werden. In einigen Gegenden
brach die Stromversorgung zusammen. Die Fernstraße
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141 wurde gesperrt, da sich ein sechs Meter tiefes Schlagloch gebildet hatte. Betroffen war vor allem die Gegend
Valle Fértil. Die in dem Tal fließenden Flüsse stiegen
aufgrund der Regenmassen über die Ufer und zogen
nahe liegende Ortschaften in Mitleidenschaft. Schließlich erreichte das Wasser auch die Provinzhauptstadt
San Juan, wo 70 Personen ihre Häuser räumen mussten.
Quebracho gegen Shell
Furcht einflößende Demonstration vor der „Shell“Tankstelle an der 9 de Julio in Buenos Aires. Vermummt
und mit Schlagstöcken bewaffnet versammelten sich
rund 100 Aktivisten der „Quebracho“-Bewegung und
anderer linksgerichteter Gruppierungen vor den Zapfsäulen des britisch-holländischen Ölkonzerns. Sie beschimpften das Unternehmen, „spekulative Manöver“
gegen die argentinische Wirtschaft betrieben zu haben.
Am Mittwoch organisierte „Quebracho“ dann eine Demonstration vor dem Supermarkt „Coto“ gegenüber dem
Einkaufszentrum „Abasto“, um gegen Preiserhöhungen
zu protestieren.
Saftige Strafen
Mit saftigen Geldstrafen geht die Nationalregierung
derzeit gegen Supermarktketten vor, die sich nicht an
die Preisvereinbarungen mit der Regierung halten. Wir
Wirtschaftsminister Axel Kicillof vor wenigen Tagen
mitteilte, habe es zuletzt 141 Verstöße gegen das Abkommen gegeben, das stabile Preise für 194 Produkte der
Grundversorgung vorschreibt. Insgesamt verhängte die
Regierung gegen sechs landesweit vertretene Geschäftsketten Bußgelder in Höhe von 3,5 Millionen Pesos.
Besonders teuer wird es für „Carrefour“, das alleine 1,3
Millionen Pesos zahlen soll. Aber auch die Unternehmen „Día“, „Wallmart“ (beide je 600.000 Pesos), „Vea“
(419.000 Pesos), „Chango Más“ (323.000 Pesos) und
„Coto“ (240.000 Pesos) werden zur Kasse gebeten. Allerdings haben die Supermarktketten die Möglichkeit,
bei der Justiz eine einstweilige Verfügung zu beantragen.
So könnte die Zahlung der Strafe ausgesetzt werden, bis
eine rechtskräftige Sachentscheidung vorliegt.
Geisterfahrer betrunken
Der Geisterfahrer, dessen Falschfahrt Anfang dieses
Monats zwei deutsche Touristinnen und 15 weitere Menschen in den Tod riss, saß stark betrunken am Steuer
seines Lastwagens. Er war mit einem entgegenkommenden Reisebus frontal kollidiert. Der Fahrer hatte 2,32
Promille Alkohol im Blut, wie die Zeitung „Clarín“ am
Montag unter Berufung auf Gerichtsmediziner berichtete. Bei dem Unfall in der Provinz Mendoza wurden
17 Menschen getötet, unter ihnen zwei Augsburgerinnen. Ein 52-Jähriger, Ehemann der einen und Vater der
anderen Deutschen, ist unter den 14 Verletzten. Der
Lastwagen fuhr mit über 100 Kilometern pro Stunde
auf der falschen Spur einer Autobahn. Auch der Fahrer
starb. In Argentinien gilt absolutes Alkoholverbot für
Lastwagenfahrer.
Vorsitz im Richterrat
Damit dürfte das Regierungslager nicht wirklich zufrieden sein: Der Richterrat wird in diesem Jahr von
zwei Richtern geführt, die der Regierung eher kritisch
gegenüber stehen. Neuer Vorsitzender wird Alejandro
Sánchez Freytes, ein Bundesrichter aus Córdoba. Dessen
Stellvertreter wird Ricardo Recondo, ein Kammerrichter
für Zivilsachen. Das Regierungslager sah sich zu diesen
Zugeständnissen veranlasst, da es keine eigene Mehrheit
in dem Gremium hat. Immerhin erreichten die Kirchner-Gefolgsleute nach stundenlangen Verhandlungen,
dass ihnen der Vorsitz in zwei wichtigen Kommissionen
erhalten bleibt: im Ausschuss für die Auswahl der Richter sowie im Ausschuss für Beschwerden gegen Richter.
(AT/mc/dpa)
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Sonnabend, 22. Februar 2014 - Seite 4 -
Meinung
Fußball für Alle
F
ussball ist bekanntlich der
populärste Sport in der Welt, auch wenn
in den USA Sportarten wie Basketball
und ihr eigener Rugby-ähnlicher Football dominieren. In Argentinien hat
sich der Fußball in 100 Jahren als der
nationale Lieblingssport entwickelt.
Fußballthemen beherrschen die Diskussionen der Fangemeinde, wobei der Sport meistens Männersache ist. Auch
auf den Tribünen dominieren die Männer, darunter viele
mit Gewaltneigung.
Die Kirchnerregierungen haben dem Fußball bescheinigt, dass sie ihn als Vermittlung für ihre politische
Ideologie betrachten und ausnützen. Das bekannte Fernsehprogramm „Fußball für Alle“ („Fútbol para todos“)
wird von der Regierung finanziert, was bereits weit über
eine Milliarde Pesos im Jahr kostet und indirekt durch
die Zentralbank mit reiner Geldschöpfung finanziert
wird, was die Inflation fördert. Anfangs sollte laut dem
damaligen Kabinettschef und heutigem Senator Aníbal
Fernández private Propaganda für die Kosten aufkommen, aber Präsident Néstor Kirchner entschied anders.
Er erkannte die Möglichkeit, das Regierungsprogramm
über den Fußball bekannt zu machen, indem während
der Übertragung der Spiele Regierungsspots geschaltet
werden. Fußballübertragungen im Fernsehen genießen
hohes Rating. Das ging soweit, dass im Vorjahr die beiden
bekanntesten Fußballklubs Boca Juniors und River Plate
Sonntagabend spielen mussten, um den bekannten Oppositionsjournalisten Jorge Lanata im Rating ab 22 Uhr zu
dezimieren, was freilich nicht gelang. Lanata hat mit seiner
Kritik maßgebend zur Wahlniederlage der kirchnerhörigen Politiker beigetragen. „Fußball für Alle“ erwies sich
als nutzlos für politische Zwecke der Regierung.
Unlängst wollten Kabinettschef Jorge Milton Capitanich
und Präsidialsekretär Carlos Zannini eine Teilprivatisierung des Fußballgeschäfts durchsetzen, indem sie den
besonders populären Fernsehmoderator Marcelo Tinelli
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einschalteten. Als Präsidentin Cristina unterrichtet wurde und ihr Sohn Máximo Kirchner dagegen protestierte,
setzte sie mit einem Wutausbruch dem Versuch ein Ende.
Máximo hatte sie offensichtlich an die Devise ihres Gatten
erinnert, dass das Programm „Fußball für Alle“ nicht für
Geld geschaffen wurde, sondern um Regierungspropaganda zu betreiben, wie es auch geschehen war. Die regierungshörige Hebe de Bonafini, Vorsitzende der „Mütter
der Plaza de Mayo“, sagte auch klipp und klar, dass das
Programm für die Regierungspolitik geschaffen wurde,
nicht um Geld zu machen. Während der Spiele zeigt die
Regierung ihre Errungenschaften an neuen Staatsinvestitionen und Sozialprogrammen. Die vorjährigen Parlamentswahlen bewiesen deutlich, dass diese Propaganda
wirkungslos blieb. Tinelli, selber Vizepräsident des letzten
Champions San Lorenzo, wurde ausgeschaltet, so dass
alles beim Alten bleibt. „Fußball für Alle“ wird weiter
als Propagandamittel der Regierung fungieren, obwohl
Präsidentin Cristina Kirchner nächstes Jahr nicht mehr
kandidieren darf. Ob sie einen eigenen Kandidaten für
ihre Nachfolge aufstellen wird, ist unbekannt. Zudem
wird die Justizialistische Partei ihren Kandidaten in den
nächstjährigen Vorwahlen, im spanischen Kürzel als
PASO bekannt, küren, für die sich bereits mehrere Anwärter der Öffentlichkeit vorstellen.
Nutznießer der Staatsgelder für dieses Programm sind
die Fußballklubs, von denen mehrere finanziell marode
sind. Der Klub Colón in Santa Fe musste einen Spielstreik
hinnehmen, weil die Gehälter nicht bezahlt worden waren.
Julio Grondona, langjähriger Präsident des Spitzenverbands AFA, verwaltet die Regierungsgelder und hat bisher
die formelle Pleite einiger Klubs verhindert. Andere Klubs
wie Lanús und Boca Juniors erwirtschaften Überschüsse.
Viele Klubs finanzieren sich mit den Verkäufen ihrer besten Spieler meistens nach Europa. Reicht das nicht, springt
die Regierung mit dem Programm „Fußball für Alle“ ein.
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Sonnabend, 22. Februar 2014 - Seite 5 -
Meinung
Bauernopfer
Von Stefan Kuhn
D
er CSU-Innenpolitikexperte
Hans-Peter Uhl brachte es auf den
Punkt: „Es kann ja wohl nicht wahr
sein, dass ein SPD-Abgeordneter
mutmaßlich kinderpornografische
Schriften kauft und die einzige Konsequenz darin besteht, dass ein CSUMinister zurücktritt“, sagte der Bundestagsabgeordnete
in einem Interview. Mit diesem Satz beschreibt er wohl
treffend, was viele in Deutschland und vor allem im Ausland über die „Edathy-Affäre“ denken. Recht hat er damit
allerdings nicht. Der SPD-Abgeordnete Sebastian Edathy
hat sein Bundestagsmandat niedergelegt. Uhls Parteikollege Hans-Peter Friedrich hat einen Fehler gemacht, der
auch strafrechtliche Konsequenzen haben könnte. Er hat
als Innenminister Ende Oktober 2013 Amtsgeheimnisse
weitergegeben. Dies hätte ihn auch in seinem neuen Amt
als Landwirtschaftsminister beschädigt. Sein Rücktritt
war deshalb folgerichtig, wenn auch nicht unvermeidlich.
Weder Bundeskanzlerin Angela Merkel noch Friedrichs
Parteichef Horst Seehofer gaben ihm den nötigen Rückhalt.
Vermutlich weil der Rückzug politisch klug war. Jetzt
richtet sich der Fokus der Öffentlichkeit nämlich mehr auf
die Adressaten von Friedrichs gut gemeinter Plauderei:
SPD-Chef Sigmar Gabriel, den damaligen Fraktionschef
Frank-Walter Steinmeier und dessen Nachfolger Thomas Oppermann, der damals noch Parlamentarischer
Geschäftsführer der Partei war. Gabriel, dem heutigen
Wirtschaftsminister, kann man nun strafrechtlich nicht
vorwerfen, dass er ein Amtsgeheimnis, das keines mehr
war, an andere in der Parteispitze weitergeleitet hat. Das
war ja schließlich der Sinn von Friedrichs Indiskretion.
Er wollte, dass die SPD bei den Koalitionsverhandlungen
mit den Unionsparteien ihren aufstrebenden Abgeordneten Edathy nicht für ein höheres Amt in Betracht zieht.
Man kann es Friedrich durchaus abnehmen, dass er dies
im Interesse Deutschlands getan hat. Ein Staatssekretär
oder gar Minister, der mit Kinderpornografie in Verbindung gebracht wird, wäre kein guter Start für die große
Koalition gewesen.
Strafrechtlich relevant würde es für die Sozialdemokraten allerdings, wenn einer der drei Spitzenfunktionäre
Edathy gewarnt hätte. Brisant wäre wohl auch, wenn die
drei eine große Zahl von Parteimitgliedern darüber informiert hätten. Danach sieht es derzeit nicht aus, eher im
Gegenteil, denn Edathy nahm in einem Unterausschuss an
den Koalitionsverhandlungen teil. Das lässt den Schluss
zu, dass in der SPD eher zu wenig als zu viel geredet wurde. Zudem strebt Gabriel ein Parteiausschlussverfahren
gegen den ehemaligen Abgeordneten an - eine riskante
Sache, wenn Edathy wirklich jemanden aus der Führung
belasten könnte.
Für Hans-Peter Uhl und die CSU wäre es natürlich eine
Genugtuung, wenn auch in der SPD Köpfe rollen würden.
Am ehesten käme dafür Thomas Oppermann in Frage.
Der Fraktionschef hat bisher mehr als unglücklich agiert.
So hat Oppermann schon Mitte November seinen
Parteigenossen Jörg Ziercke angerufen, den Chef des Bundeskriminalamts. Er wollte wissen, was an den Anschul-
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digungen dran ist. Laut Oppermanns erster Version hat
Ziercke den Verdacht bestätigt. Der BKA-Chef bestreitet
das mit gutem Grund. Er hätte sich in diesem Fall selbst
des Geheimnisverrats schuldig gemacht. Oppermann bestätigt inzwischen Zierckes Version. Warum er dies nicht
von Anfang an getan hat, ist nicht so recht nachvollziehbar. Für den Fall ist es bedeutungslos, was Ziercke gesagt
hat, und für Oppermann ebenfalls. Er hat in jedem Fall
seine Kompetenzen überschritten.
Vermutlich wird die politische Komponente des Falles
nie aufgeklärt werden. Es gibt zwar noch eine Reihe von
Merkwürdigkeiten, aber es wussten einfach zu viele Bescheid. SPD-Leute, das Bundestagspräsidium, Friedrichs
Staatssekretär und vermutlich noch mehr im Innenministerium, das Bundeskriminalamt und 16 Landeskriminalämter. Dazu kommt das SPD-geführte niedersächsische Innenministerium (in Niedersachsen liegt Edathys
Wahlkreis) sowie die für Edathys Wohnort zuständige
Polizeidienststelle und Staatsanwaltschaft. Wenn dieser
vorgewarnt worden wäre, kämen viele in Betracht.
Sehr wahrscheinlich ist auch, dass Edathy von selbst
auf das drohende Ermittlungsverfahren aufmerksam
geworden ist. Er war Kunde eines kanadischen Anbieters
von kinderpornografischem Material, der von der kanadischen Polizei bereits 2011 hochgenommen wurde. Mitte
November 2013 wurde der Fall öffentlich. Spätestens zu
diesem Zeitpunkt dürfte bei Edathy der kalte Schweiß ausgebrochen sein. Kurz darauf nahm er sich einen Anwalt,
und Anfang Januar lässt er sich krank schreiben, einen
Monat später tritt er zurück.
Seine politische Karriere ist beendet, auch wenn das
Ermittlungsverfahren gegen ihn mit großer Wahrscheinlichkeit eingestellt wird. Bisher hat die zuständige
Staatsanwaltschaft kein „strafrechtlich relevantes“ Material gefunden. Die sichergestellten Fotos befinden sich
demnach „im Grenzbereich“ zur Kinderpornografie.
Das war wohl schon zu Beginn der Affäre Ende Oktober
klar. Allerdings liegt hier ein Anfangsverdacht vor. Das
heißt, wer Fotos und Filme von nackten Jungen kauft, hat
pädophile Neigungen und könnte die Grenze auch schon
überschritten haben. Das Ermittlungsverfahren ist folglich
keine Hexenjagd, sondern strafrechtlich gerechtfertigt.
Vermutlich wird Friedrich das einzige Bauernopfer in
dieser politischen Farce bleiben. Das ist tragisch, denn
der damalige Innenminister mag sich wirklich in einem
Interessenskonflikt befunden haben. Aber die wütenden
Angriffe aus München, die Krokodilstränen Seehofers und
Hans-Peter Uhls sind fehl am Platz. Die CSU hat größeren
Anteil an Friedrichs Rücktritt als der sozialdemokratische
Koalitionspartner. Folgt man der Argumentation Uhls,
müsste sich die SPD dafür verantworten, was einer ihrer
Abgeordneten in seiner Freizeit tut.
Friedrich selbst hegt nach eigenen Aussagen keinen
„Groll“ gegenüber Gabriel und Co. Er hat einen Fehler
begangen, der menschlich und politisch keiner war. Dass
ihn seine eigene Partei und die Kanzlerin fallen gelassen
haben, dürfte er nicht so schnell vergessen.
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Sonnabend, 22. Februar 2014 - Seite 6 -
Meinung
Randglossen
I
n der argentinischen Drogenpolitik ist ein Streit
entstanden. Verteidigungsminister Agustín Rossi
behauptete dieser Tage, dass Argentinien nicht mehr
wie früher nur Transit- und Konsumland sei, sondern
neuerdings auch Produktionsland. Sicherheitssekretär
Sergio Berni, von Beruf Arzt, konterte, dass Argentinien Transit- und Konsumland sei, aber keine Drogen
produziere. Das stimmt, sofern es sich auf den Anbau
von Kokapflanzen bezieht, die in Bolivien, Peru und
Kolumbien gezüchtet werden. In Argentinien gibt es
weder Boden noch Klima für diese Zucht. Allerdings
werden Drogen neuerdings auch in Argentinien zu
besonders giftigen Produkten verarbeitet, die ihre
Konsumenten vielfach in den frühen Tod reißen. Im
Transit verschiffen Drogenhändler ihre Waren meistens nach Europa, soweit sie an den Flughäfen nicht von
dressierten Schnüffelhunden erkannt werden.
A
rgentinische Parteipolitiker sind längst gefordert,
ihre Strategien für die nächstjährigen Exekutivwahlen vorzubereiten. Gewählt werden außer Parlamentariern wie bei den letztjährigen Zwischenwahlen,
Präsident, Gouverneure und Bürgermeister sowie deren
Stellvertreter, insgesamt mehrere Tausend an der Zahl.
Präsidentin Cristina Kirchner darf sich nicht stellen, weil
die Verfassung ihr das verbietet, ebenso wie die meisten
Gouverneure nach zwei Amtsperioden in Folge, wogegen
Bürgermeister überall mehr als zwei Perioden von je vier
Jahren amtieren dürfen. Hierüber wird bereits die These
vertreten, dass auch die Bürgermeister nur zwei Perioden
in Folge tätig sein dürfen. Bisher haben entsprechende
Vorschläge geringe Unterstützung gefunden, insbesondere unter erfolgreichen Bürgermeistern, die in ihren
Städten und Dörfern allgemein beliebt sind.
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D
ie Schweiz braucht Einwanderer. Ein kleiner
peinlicher Zwischenfall müsste auch die nationalkonservativ-populistische SVP davon überzeugen. Bei
der Entführung einer äthiopischen Passagiermaschine
begleiteten französische Kampfjets das Flugzeug. Das
war kein großes Problem, denn die Maschine landete in
Genf. Peinlich dabei war, dass die Schweizer Luftwaffe
das Flugzeug gar nicht hätte eskortieren können, weil
die Landung vor ihrem Dienstantritt um 8 Uhr geschah. Das soll sich jetzt ändern, die Schweiz soll jetzt
auch nachts verteidigungsbereit sein, aber dafür sind
rund 100 zusätzliche Piloten erforderlich. Die könnte
man in der Schweiz schon finden, aber dann fehlen sie
in zivilen Luftfahrtunternehmen.
V
ielleicht kommt ja Hilfe aus Sardinien. Dort gibt
es eine bisher noch recht spaßige Initiative, die die
italienische Insel zum Schweizer Kanton machen will.
Die Argumentation ist einleuchtend. Rom, vor allem
Berlusconi, hat die Insel heruntergewirtschaftet, ein
Anschluss an die Schweiz verspricht wirtschaftliche und
soziale Sicherheit. Italienisch ist in der Schweiz eine der
offiziellen Sprachen, und die Eidgenossenschaft hätte
ein neues Ferienparadies und Zugang zum Mittelmeer.
Unter den 1,6 Millionen Bewohnern dürften sich auch
einige Piloten finden. Allerdings sind mehr als anderthalb Millionen Zuwanderer sicher ein Problem für die
SVP. Dass die Schweiz durch den Kanton Sardinien um
gut 50 Prozent größer wäre, ist dabei unerheblich. 1,6
Millionen Italiener bedeuten unzumutbare „Überfremdung“. Was für ein Glück, dass bisher nur 0,1 Prozent
der Sardinier die Initiative unterstützen.
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Sonnabend, 22. Februar 2014 - Seite 7 -
Wirtschaft
Argentinien
Der Dollarkurs schloss am Donnerstag zu $ 7,825,
um 0,32% über der Vorwoche und um 19,92 % über
Ende Dezember 2013. Die ZB-Reserven betrugen zum
Donnerstag u$s 27,67 Mrd., knapp unter der Vorwoche,
aber weit unter den u$s 30,72 von Ende 2013. Der Rhythmus des Reservenverlusts hat in den letzten Wochen stark
abgenommen. Der Rofex Terminkurs lag zum 31.03.14
bei $ 7,92, zum 30.06.14 bei $ 8,45, zum 30.9.14 bei $
9,21 und zum 30.12.14 bei $ 10,25. Der Terminkurs zum
Dezember 2014 enthält einen Jahreszinssatz von 37,90%,
der die Abwertungserwartung wiedergibt. Der Schwarzkurs erreichte bei Dollarnoten in der Spitze $ 11,83. Bei
Überweisungen mit Bonex X und Boden 15 ergab sich ein
Kurs von $ 10,58.
***
Der Merval Aktienindex der Börse von Buenos Aires
verzeichnet in einer Woche zum Donnerstag ein Plus
von 0,65 % und lag 10,85 % über Ende 2013.
***
Par-Bonds in Pesos gewannen zur Vorwoche 15,38%
und notierten mit 20,00% im Plus gegenüber Ende
2013. Discount-Bonds in Pesos stiegen in einer Woche
um 19,59%, lagen jedoch mit 24,26% gegenüber Ende 2013
im Minus. Da diese Bonds mit dem CER-Index berichtigt werden, hat der neue Index der Konsumentenpreise
die Erwartung einer korrekten Berichtigung der Bonds
geweckt, was eine höhere Notierung rechtfertigt. Boden
2015 nahmen gegenüber der Vorwoche um 2,70% zu, lagen
jedoch gegen Ende 2013 mit 4,99% im Minus. Boden 2014
gewannen zur Vorwoche 7,96% und in diesem Jahr 10,41%
zu, und Global 2017 Arg. stiegen um 0,19%, bzw. 0,18%.
***
Gold wurde am Donnerstag in Buenos Aires (Banco
Ciudad) bei 18 Karat zu $ 216,98 (Vorwoche $ 214,00)
je Gramm gehandelt, und bei 24 Karat zu $ 309,97
(Vorwoche $ 305,85).
***
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Am Samstag der Vorwoche weihte Präsidentin Cristina Kirchner die Verbindung des Stromnetzes von Santa
Cruz mit dem nationalen Verbundnetz ein. Sie wies
darauf hin, dass sich die Kirchner-Regierungen besonders
um dieses Thema bemüht hätten. 2003 umfasste das Verbundnetz 9000 Km und jetzt sind es 14.500 Km, mit einer
Zunahme von 61% der Hochspannungsleitungen. Die
Kapazität der Kraftwerke sei in dieser Periode von 17.900
MW um 49% auf 26.600 MW erhöht worden. Die effektive Stromerzeugung stieg noch mehr, weil ungenutzte
Kapazitäten ausgeschöpft wurden, die unter der MenemRegierung geschaffen wurden. Bei Gas sei die Kapazität
der Ferngasleitungen um 23% erhöht worden. Was das
Verbundnetz betrifft, so sind die Leitungen, die in Santa
Cruz errichtet worden sind, im Prinzip unwirtschaftlich,
weil es um lange Strecken und einen geringen Konsum
geht. In diesem Fall ist es vernünftiger, den Konsum mit
lokalen Kraftwerken zu decken, wobei in Santa Cruz
Windkraftwerke relativ wirtschaftlich sind, weil meistens
ein starker Wind bläst. Die Leitung, die jetzt bis Calafate
geht (wo CFK ihre Ferienresidenz hat und Hotels besitzt),
dürfte gelegentlich mit dem Kohlenbergwerk Rio Turbio
verbunden werden, wo in absehbarer Zeit das neu gebaute
Wärmekraftwerk in Betrieb genommen werden soll.
***
Der Ökonom Dante Sica, der die Consulting-Firma
abeceb leitet, weist darauf hin, dass das Außenhandelsdefizit (Importe minus Exporte) bei einzelnen Sparten
zwischen 2007 und 2012 stark gestiegen sei. Bei Energie (Erdöl, Erdölprodukte, Gas und elektrischem Strom)
stieg es von u$s 3,76 auf u$s 6,16 Mrd., bei Kfz und ihren
Zubehörteilen von u$s 3,74 auf u$s 9,16 Mrd. und bei
elektronischen Produkten (Mobiltelefone, Computer,
Mikrowellenherde u.a.) von u$s 2,76 auf u$s 4,03 Mrd.
***
Die Consulting-Firma „Economía & Regiones“,
geleitet von Rogelio Frigerio (bis zum 10. Dezember
Sonnabend, 22. Februar 2014 - Seite 8
Wirtschaft
Präsident der Banco Ciudad und jetzt Nationaldeputierter) schätzt die Zunahme der Konsumentenpreise
für Februar auf 5%. Das sei eine Folge der Abwertung von
18%, die im Januar stattgefunden hat. Für das 1. Bimester
rechnet diese Firma mit einer Preiszunahme von 9%.
***
Die Bauwirtschaft verzeichnet 2013 eine Zunahme
gegenüber 2012 von 4,6%, ergibt der Index des INDEC.
Im Dezember erreichte die interannuelle Zunahme sogar
5,2%. Die Bauwirtschaft ist stark durch das Programm
Pro.Cre.Ar. beeinflusst, das sich auf Wohnungen bezieht,
die mit weichen Kredite (der ANSeS) finanziert werden.
***
Die Leasing-Kredite nahmen 2013 um ca. 50% auf
$ 7,14 Mrd. zu, berichtet der argentinische LeasingVerband (ALA, Asociación de Leasing Argentina). Im
Dezember erreichten die bestehenden Leasing-Kredite
insgesamt $ 19,49 Mrd., 34% über dem gleichen Vorjahresmonat. 66% der Kredite gingen letztes Jahr an kleine und
mittlere Unternehmen. Von den Krediten entfiel 56.7%
auf Transportmittel, besonders Kfz, 15,2% auf Maschinen
und Anlagen für die Industrie, 9,9% auf Baumaschinen.
9,8% auf Landmaschinen, 4,8% auf Technologie und
Telefonie und 1,6% auf Immobilien. Beim Leasing bleibt
der Gläubiger im Besitz des finanzierten Gutes, das erst
mit der Zahlung der letzten Quote auf den Käufer übergeht. Das bedeutet auch, dass die MwSt. erst am Schluss
gezahlt wird, statt am Anfang, wie es bei einem normalen
finanzierten Kauf der Fall ist.
***
Die Industrieproduktion lag im Januar 2014 um 1,5%
unter dem gleichen Vorjahresmonat, hat die ConsultingFirma Orlando Ferreres & Partner ermittelt. Im Januar
geht die Produktion normalerweise wegen Ferien und
Stilllegung für Instandhaltung zurück. Dieses Jahr ist
die Wirkung der Stromkrise hinzugekommen, die viele
Industriebetriebe in den Tagen mit extremer Hitze gezwungen hat, den Betrieb stillzulegen. Außerdem sank
die Automobilproduktion wegen der neuen Steuer.
***
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Die AFIP hat durch Beschluss 3589 (Amtsblatt von
17.2.14) die Strafen für Unternehmen verschärft, die
Schwarzarbeiter beschäftigen. Bisher war es so, dass die
Schließung eines Unternehmens während 5 Tagen nur
verfügt werden konnte, wenn die gesamte Belegschaft
schwarz arbeitete. Jetzt ist das schon bei zwei Schwarzarbeitern der Fall und auch bei unvollständigen Eintragungen von Arbeitnehmern. Die Schließung erfolgt jedoch
nicht sofort; zunächst wird dem Unternehmen die Möglichkeit geboten, Berufung gegen die Maßnahmen einzubringen. In der Praxis wird jetzt die AFIP, wie auch bisher
das Arbeitsministerium, zweifeln, eine Schließung zu
verfügen, die ein noch größeres soziales Problem schafft,
als es bei der Schwarzarbeit besteht.Die Regierung hat
sich das Ziel gestellt, die Schwarzarbeit von gegenwärtig
34,6% der Beschäftigten zunächst auf 30% zu verringern.
Das grundsätzliche Problem besteht jedoch nicht in der
Aufdeckung der Schwarzarbeit, die in vielen Fällen der
Regierung bekannt ist, sondern im Übergang von schwarz
auf weiß, der für Kleinunternehmen unbezahlbar ist.
***
Die Gewerkschaft der Sportanstalten UTEDyC hat
mit ihren Arbeitgebern eine Lohnerhöhung von 30% ab
1. Januar vereinbart, zahlbar in zwei Stufen: 15% sofort
und 15% ab 1. Juli. Das Abkommen enthält auch eine
Klausel, gemäß der im September eine Revision stattfindet,
falls die Inflation höher als erwartet ausfällt.
***
Zwei Provinzen haben schon Gehaltserhöhungen für
ihre Beamten verfügt. In Santiago del Estero wurden
die Gehälter für dieses Jahr um 25% erhöht, was auch die
Polizei und die Lehrer einschließt. In San Luis wurden die
Gehälter um 30% erhöht, aber stufenweise, mit 15% ab 1.
März, 10% ab 1. Juli und 5% ab 1. Oktober.
***
Die Zahl der Passagiere, die bei den argentinischen
Flughäfen (die von Aeropuertos Argentina 2000 betrieben werden) im Januar ankam, lag mit 3,36 Mio.
Personen um 2,8% über dem gleichen Vorjahresmonat.
Die Zahl der lokalen Passagiere nahm um 7,7% auf 1,29
Sonnabend, 22. Februar 2014 - Seite 9
Wirtschaft
Mio. zu, die der internationalen ging um 2,1% auf 1,06
Mio. zurück.
***
Die argentinische Regierung hat beim Obersten
Gerichtshof der USA beantragt, dass dieser im Streit
mit den Geierfonds eine Entscheidung treffe, die einen
neuen Default verhindere. Die Eingabe stellt die Zuständigkeit der US-Justiz in Frage, wenn es um souveräne
Entscheidungen des Staates ginge. Wenn die Urteile erster
und zweiter Instanz nicht revidiert würden, die Argentinien zur vollen Zahlung der Forderung dieser Gläubiger
verurteile, dann würde Argentinien faktisch vor die
Unmöglichkeit gestellt, die verpflichteten Zahlungen zu
erfüllen, was einem neuen Default das Tor öffne. Argentinien könnte dann auch den Inhabern der Staatsbonds
nicht zahlen, die aus der Umschuldung von 2005 und 2010
hervorgegangen seien, die 92% des Gesamtbetrages der
Staatsschuld darstellten, die 2001 in Defaultzustand geriet.
***
Der landesweite Stromkonsum lag im Januar um 7,8%
über dem gleichen Vorjahresmonat, jedoch um 2,2% unter Dezember 2013, berichtet die Stiftung Fundelec. Der
hohe Stromkonsum vom Januar wurde durch die hohen
Temperaturen verursacht, die zu einem vollen Einsatz der
stark gestiegenen Zahl von Klimaanlagen führen. Am 20.
Januar wurde mit 24.034 MW ein neuer Rekord bei der
Beanspruchung der Leistung der Kraftwerke erreicht, nach
einer vorangehenden Spitze am 17. Januar von 23.989 MW.
***
Der Index über die wirtschaftliche Tätigkeit (was
etwa dem BIP entspricht), den die Consulting-Firma
Orlando Ferreres & Partner berechnet, ergab für Januar 2014 eine interannuelle Zunahme von 1,3%, aber
eine Abnahme von 0,2% gegenüber Dezember 2013,
bei Berücksichtigung der saisonalen Umstände. Ohne
dies wäre die Abnahme gegenüber Dezember viel höher.
Die Entwicklung war jedoch in 12 Monaten zum Januar
sehr unterschiedlich: Die Industrie verzeichnet einen
Rückgang von 1,5%, der Handel einen von 0,5, während
Finanzdienste um 13,5% und Strom, Gas und Wasser um
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6,9% stiegen.
***
Die ZB hat bei der Wechselausschreibung vom Dienstag $ 9,07 Mrd. zugeteilt, wobei in der Woche bestehende
Wechsel (Lebac und Nobac) für $ 3,25 Mrd. amortisiert
wurden. Somit wurden netto $ 5,2 Mrd. aufgenommen,
womit in diesem Jahr schon $ 34,7 Mrd. aufgesogen wurden, davon $ 16,5 Mrd. im Februar. Die Zinsen blieben
unverändert hoch.
***
Die Metallarbeitergewerkschaft (UOM, Unión Obrera Metalúrgica), geleitet von Antonio Caló (der der
Regierung nahe steht), hat einen Vorschuss von $ 700
im Februar und ein weiteren von ebenfalls $ 700 im
März gefordert. Der bestehende Tarifvertrag läuft am
31. März ab, so dass die Verhandlungen nach diesem
Datum beginnen. Zunächst war die Möglichkeit erwogen
worden, die Verhandlungen vorzuverlegen, so dass der
neue Arbeitsvertrag gleich am 1. April 2014 in Kraft tritt.
Das wurde jedoch bei Seite gelassen, weil die Inflation im
Januar und Februar einen hohen Stand erreicht hat, was
die Verhandlungen erschwert. Die Regierung hofft, mit
ihrer Preispolitik („gepflegte Preise“) und keiner weiteren
Abwertung, plus der restriktiven Geldpolitik, dass die
Preiserhöhungen ab März niedriger ausfallen und die
Lohnverhandlungen nicht stören.
***
Die Rohstahlproduktion lag im Januar mit 397.100 t
um 24,1% über dem gleichen Vorjahresmonat, aber um
8,4% unter Dezember 2013, und die von Eisen sogar um
45,7%, teilt der Verband der Branche mit. Warmgewalzte
Stahlprodukte stiegen im interannuellen Vergleich im
Januar um 1,6% und kaltgewalzte um 7,6%.
***
Die Arbeitslosigkeit lag im 4. Quartal 2013 bei 6,4%
der aktiven Bevölkerung, teilt das Statistische Amt
(INDEC) mit. Das ist ein halber Prozentpunkt weniger
als vor einem Jahr. Doch im gleichen Zeitraum ging der
Anteil der aktiven Bevölkerung (diejenigen, die arbeiten,
plus diejenigen, die arbeiten wollen) von 46,3% auf 45,6%
Sonnabend, 22. Februar 2014 - Seite 10
Wirtschaft
der Gesamtbevölkerung zurück, und die Zahl der effektiv
Beschäftigten von 43,1% auf 42,7%. Das ist eine anormale
Entwicklung, die darauf hinweist, dass viele Menschen, die
keine Arbeit haben, die Bemühungen aufgegeben haben,
eine zu erhalten, womit sie von der offiziellen Statistik
nicht als Arbeitslose eingestuft werden. Viele Arbeitslose
werden bei offenen Stellen von vorne herein nicht berücksichtigt, weil sie nicht oder weniger als andere qualifiziert
sind. Und das wissen sie. Auch die Unterbeschäftigung
(diejenigen, die weniger als 35 Wochenstunden arbeiten,
aber länger arbeiten wollen) sank von 9% auf 7,8%, von
denen 5,1% sich um mehr Arbeit bemühen und 2,1%
nicht. Auch die Statistik über Arbeitslosigkeit des INDEC
ist verdächtig; denn es ist unglaubhaft, dass die Vollarbeitslosigkeit in Resistencia (Provinz Chaco) nur 0,6%, in
Posadas (Misiones) 1,2% und in Santa Rosa (La Pampa)
1,1% beträgt.
***
Landwirtschaftsexperten weisen darauf hin, dass die
Rindfleischknappheit erst im Juni überwunden werden
könne. Gegenwärtig hat sich der Zustand der Weiden
dank weitverbreiteten Regenfällen dieses Sommers sehr
verbessert, so dass die Landwirte dies für eine Gewichtszunahme der Rinder einsetzen, so dass schließlich mehr
Fleisch produziert und angeboten wird. Im Winter werden
dann die Bestände abgebaut, weil Gras fehlt und Platz für
die Neugeburten vom Frühling gemacht werden muss.
Der Export verbleibt sehr beschränkt, nachdem 2013
nur 132.000 t Rindfleisch exportiert wurden, gegen ca.
500.000 t im Jahr 2007, bevor Guillermo Moreno den
Export beschränkte.
***
Die Schulen hängen von den Provinzen und nicht vom
Nationalstaat ab, so dass die Gouverneure über Gehaltserhöhungen der Lehrer entscheiden. Der Gouverneur
von Córdoba, José Manuel de la Sota, hat den Lehrern
eine Erhöhung von 31,6% geboten, in zwei Stufen, womit
das Anfangsgehalt ab August auf $ 6.011 steigt, weit über
dem nationalen Minimum von $ 3.416, das gegenwärtig
gilt. Die Gouverneurin von Catamarca, Lucía Corpacci,
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hat den Lehrern 28% angeboten (auch in zwei Stufen),
der Gouverneur von Santiago del Estero hat 25% geboten. Die Regierung von San Luis hat schon per Dekret
eine Erhöhung von 30% verfügt, obwohl sie sich bei der
Zusammenkunft von Vertretern von 14 Provinzen zu 25%
verpflichtet hatte. Die nationale Richtlinie von 23% bis
25% wird allgemein übertreten. Die Provinzen verfügen
jedoch nicht über die Mittel für die Gehaltserhöhungen,
und wenn der Nationalstaat sie ihnen nicht gibt, können
sie die Erhöhungen nicht zahlen.
***
Durch Dekret 31/2014 wurden zwei Zollfreigebiete
(„zonas francas“) in Santa Cruz genehmigt, eines in Rio
Gallegos und das andere in Caleta Olivia. Es handelt sich
im Wesen um Lagerhäuser für importierte Ware, wobei
die Zollabfertigung (mit Zahlung von Zöllen, Steuern und
Gebühren) erst erfolgt, wenn die Ware die Zollfreizone
verlässt. In Santa Cruz hat dies ein geringe Bedeutung. Der
einzige Fall, in dem dies eine effektive Wirkung hat, ist der
von La Plata, im Hafengebiet, weil hier viele Importeure
(auch lokale Industrieunternehmen) Ware lagern, die sie
erst verzollen, wenn sie sie brauchen.
***
Die Börse von Buenos Aires hat jetzt auch den Handel
von sogenannten „Börsenwechseln“ aufgenommen, die
zu den vordatierten Schecks hinzukommen. Der erste
Fall war der eines landwirtschaftlichen Unternehmens,
das die Garantie der Kreditrisikoversicherungsgesellschaft
(SGR) Aval Federal erhielt und einen Wechsel auf 400
Tage unterbrachte. Beim Handel von Wertpapieren über
die Börse bestehen Gebühren, die weit unter der Marge
liegen, die bei Banken zwischen aktiven und passiven
Zinsen besteht. Das bedeutet, dass Sparer mehr erhalten
und Kreditnehmer weniger zahlen. Dennoch weiten sich
diese Geschäfte nur langsam aus.
***
Der gut informierte Journalist Marcelo Bonelli
berichtet in der Zeitung „Clarín“ (21.2.14), dass der
Vorschlag der US-Finanzgesellschaft Gramercy zur
Lösung des Problems mit den Holdouts gescheitert sei,
Sonnabend, 22. Februar 2014 - Seite 11
Wirtschaft
nachdem der Fonds „Black Rock“, Hauptinhaber argentinischer (umgeschuldeter) Staatsbonds, mitteilte, dass
er nicht mitmache. Der Vorschlag bestand darin, dass
die Inhaber von Bonds, die aus den Umschuldungen von
2005 und 2010 stammen, sich verpflichten, einen Teil der
Beträge, die sie als Zinsen und Amortisation erhalten, in
einen Fonds einzuzahlen, mit dem den Holdouts dann
ein Zusatzbetrag gezahlt werden sollte, der zur Zahlung
hinzukäme, die sie in analoger Höhe wie diejenigen erhalten, die die Umschuldung angenommen haben, was
um die 30% des Nennwertes ausmacht. Da über 92%
der ursprünglichen Schuld umgeschuldet wurden, wäre
die Last für die Inhaber der neuen Bonds tragbar. Wie
weit die Differenz zum vollen Nennwert gezahlt wird,
den die Holdouts gerichtlich fordern, bildet Thema einer
schwierigen Verhandlung. Für die Inhaber argentinischer
Staatsbonds ergäbe sich dabei der Vorteil, dass der Defaultzustand aufgehoben würde und die argentinischen
Bonds an der Börse höher notieren würden
***
Das Landwirtschaftsministerium schätzt die Sonnenblumenernte 2013/14 auf ca. 2 Mio. Tonnen, 35,5%
unter dem Vorjahr. Bisher hatten die Getreidebörse von
Buenos Aires und das US-Landwirtschaftsdepartement
(USDA) auf 2,3 Mio. t getippt. Gegenüber dem Rekord von
7,12 Mio. t, der 1998 erreicht wurde, stellt der Rückgang
72% dar. Auch Sonnenblume wurde weitgehend durch
Sojabohne verdrängt, deren Anbau rentabler ist.
***
Der einflussreiche Deputierte der Regierungspartei,
Héctor Recalde, der auch Berater der Gewerkschaftszentrale CGT ist, hat ein Gesetzesprojekt eingebracht, das
von 14 Deputierten unterzeichnet wurde, das u.a. die
Enteignung von Gütern vorsieht, die für die Befriedigung des Bedarfs der Bevölkerung notwendig sind. Das
Projekt ändert das Versorgungsgesetz (20.680), das Gesetz
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über Handelsloyalität (24.240) und auch das Gesetz über
Konkurrenzschutz (von 1980, mit einem Zusatz im Jahr
1998). Im Wesen wird dabei das Eigentumsrecht stark
beschränkt, wobei Willkür und Politik bei der konkreten Anwendung großen Schaden anrichten können. Im
ursprünglichen Versorgungsgesetz von 1974 war vorgesehen, dass der Staat Privatunternehmen intervenieren und
verwalten könne. Das wurde in einigen Fällen effektiv
vollzogen und hat großen Schaden angerichtet, dessen
Behebung unter der Militärregierung sehr konfliktiv war
und die Staatsfinanzen belastet hat. Der Vorschlag von
Recalde könnte ebenfalls großen Schaden anrichten. Es
ist anzunehmen, dass er nicht genehmigt wird, weil er im
Wesen verfassungswidrig ist.
***
Letzte Woche hat die Regierung sämtliche Importanträge freigegeben, die Großunternehmen eingereicht
hatten, die nachgewiesen hatten, dass der Import mit
einer Auslandsfinanzierung begleitet wurde. Bisherige
Forderungen, wie ein entsprechender Export oder der
Nachweis, dass es keine Möglichkeit gab, das Produkt im
Inland zu beziehen, wurden beiseite gelassen.
***
Wie aus guter Quelle verlautet, arbeiten das Wirtschaftsministerium und das Planungsministerium an
einer Vereinheitlichung der Stromtarife im ganzen
Land. Dabei sollen Höchstwerte festgesetzt werden, mit
einer gewissen (geringen) Differenzierung einzelner Gegenden. Im Wesen bedeutet dies, dass die Tarife in der
Bundeshauptstadt und Umgebung, die sehr niedrig sind,
denen der Provinzen angeglichen und stark angehoben
werden. Mit dem neuen landesweiten Preisindex käme
diese Zunahme statistisch nur beschränkt zum Ausdruck.
***
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Sonnabend, 22. Februar 2014 - Seite 12
Wirtschaft
Lateinamerika
Die brasilianische Regierung hat am Donnerstag
ein Programm der Verringerung der öffentlichen Ausgaben angekündigt, das gesamthaft einen Schnitt von
u$s 185 Mrd. bedeutet. Die Staatsausgaben werden auf
breiter Ebene gekürzt, auch im militärischen Bereich, bei
Agrarprogrammen und sozialen Subventionen. Dabei soll
2014 ein primärer Überschuss (also ohne Zinsen auf die
Staatsschuld) von 1,9% des BIP erreicht werden. Die Regierung rechnet jetzt für dieses Jahr mit einer BIP-Zunahme
von 2,5%, statt bisher 3,8%. Private Schätzungen liegen
indessen unter 2%.
***
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Sonnabend, 22. Februar 2014 - Seite 13
Wirtschaft
Geschäftsnachrichten
Banco Ciudad
Diese Bank, die dem Staat der Stadt Buenos Aires gehört,
hat bekanntgegeben, dass sie die bestehenden Förderungsmaßnahmen beim Einsatz von Kredit- und Zahlkarten
(die über die Bank ausgestellt wurden) trotz hoher Inflation beibehält. Bei Zahlung mit Kreditkarten werden weiter
24 Monatsraten ohne Zinsen gewährt, und bei Zahlkarten
ein Rabatt von 10% und Zahlung in 12 Raten. Dies gilt bei
Käufen in den Geschäften von Frávega, Garbarino, Rodó
und Compumundo. Marketing-Direktor Maximiliano
Coll erklärte, dass dies für die Bank zwar eine große
Anstrengung bedeute, dadurch jedoch angestrebt werde,
die Treue der Kunden zu stärken.
Cerámica del Norte
Der Vorstandsvorsitzende dieses Unternehmens der Provinz Salta, Juan José Soler, gab bekannt, dass schon $ 15
Mio. in den Bau der vierten Fabrikationsanlage investiert
worden seien, die insgesamt ca. $ 100 Mio. kosten und 40
neue Arbeitsplätze schaffen werde. Die neue Fabrikhalle
von 12.000 qm wird erlauben, 2000 t Keramikprodukte
täglich zu erzeugen, insgesamt 80 Mio. Einzelprodukte
pro Jahr. Die neuen Anlagen sind mit der modernsten
Technologie ausgestattet.
Casino Club
Dieses Unternehmen von Cristóbal López, der den Kirchners nahe steht und in Argentinien schon 31 Lokale mit
17.500 Spielmaschinen („tragamonedas“) und 395 Tischen für Kartenspiele betreibt, hat jetzt seine Tätigkeit
auf die USA ausgedehnt, mit einer Investorengruppe
jenes Landes, die jedoch angeblich nur mit einem Viertel
am Objekt beteiligt ist. Mit einer Investition von u$s 45
Mio. übernimmt er den Spielkomplex Dania Jai-Alai,
der mit Pokersälen, 2000 Spielmaschinen u.a. Anlagen
ausgestattet ist. Der Bürgermeister von Dania Beach im
Staat Florida, Walter Duke, hat die Spielanlage am Mitt-
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woch eingeweiht. C. López hat in Argentinien auch den
Rundfunksender Radio 10 und den Fernsehkanal C5N
übernommen. Ebenfalls ist er mit der Firma Oil in das
Erdölgeschäft eingestiegen. Es ist nicht bekannt, wie er
so hohe Mittel für diese unternehmerische Expansion
aufbringen konnte, nachdem er vor den Kirchners kaum
bekannt war.
La Nación
Der Verlag dieser bedeutenden Zeitung, die unlängst in
ein neues Gebäude an der Avenida Libertador und General
Paz, im Vorort Vicente López, umgezogen ist, hat zwei
wichtige Ernennungen vorgenommen. Carlos Guyot (44)
übernimmt jetzt die Redaktionsleitung (als Redaktionssekretär) an Stelle von Héctor D’Amico, der die Redaktion
während 13 Jahren geleitet hat und jetzt zum Direktor für
Institutionelle Beziehungen ernannt wurde. Guyot war
bisher zweiter Mann bei der Redaktionsleitung. An seine
Stelle treten jetzt Carlos Reymundo Roberts (der schon auf
diesem Gebiet tätig war) und Claudio A. Jaquelin (51), der
in der Redaktion eine leitende Stellung hatte. Guillermo
Rivaben (47) wurde zum Generaldirektor ernannt, an
Stelle von Luis Saguier (der zur Familie gehört, die das
Kontrollpaket des Verlages besitzt). Rivaben ist von Beruf
Elektronikingenieur und war die letzten vier Jahre Generaldirektor des Mobiltelefonunternehmens Personal, das
zum Telefónica-Konzern gehört. Jetzt wird er sich um die
Verwaltung des Verlages der Zeitung kümmern.
YPF
Dieses staatlich kontrollierte Erdölunternehmen hat ein
Absichtsabkommen mit der malaysischen Petronas abgeschlossen, das sich auf die gemeinsame Ausbeutung
eines Gebietes von 187 qKm in „Vaca Muerta“ bezieht.
Einzelheiten wurden nicht bekanntgegeben. Bisher hat
YPF schon drei Abkommen mit privaten Unternehmen
abgeschlossen, um dieses Schiefergasgebiet zu erforschen
Sonnabend, 22. Februar 2014 - Seite 14
Wirtschaft
und auszubeuten. Das erste wurde mit Chevron unterzeichnet, das zweite im September mit der US-Firma Dow
(Inhaberin des petrochemischen Werkes PBB in Bahía
Blanca), und das dritte im November mit Pampa Energía.
Hingegen ist das Absichtsabkommen mit Bridas (die von
den Brüdern Bulgheroni kontrolliert wird) gescheitert.
Newsan
Dieses Unternehmen, das in Tierra del Fuego allerlei Haushaltsgeräte, Computer u.dgl. montiert, hat dem Wunsch
der Regierung stattgegeben, auch Exporte zu schaffen, um
seine hohen Importe auszugleichen. In diesem Sinn ist das
Unternehmen schon mit acht Fischereiunternehmen von
Santa Cruz, Chubut und Mar del Plata tätig, das sie zum
Teil bei ihren Exportgeschäften finanziert. Miguel Glikman, der bei Newsan für diese Geschäfte verantwortlich
ist, gab bekannt, dass die Firma jetzt 25% eines Schiffes
finanziert habe, das u$s 2 Mio. gekostet hat und von der
Werft Contessi gebaut worden sei. Dieses Schiff, das besonders für den Fang von Garnelen („langostinos“) eingesetzt
wird, soll jährlich Exporte von u$s 7 Mio. schaffen.
Secontur Lufthansa City Center
Nach neunmonatigen Bemühungen hat Secontur LCC
die Zertifizierung ISO09001:2008 erhalten, die das traditionelle hervorragende Verhalten des Unternehmens
bestätigt, das 1986 gegründet wurde, um die besten Tourismusdienste und Flugreisen zu bieten. Die Firma verfügt
über hochqualifiziertes Personal, das über Geschäftsreisen,
Messen, Kongresse und Vergnügungsreisen, einschließlich
Abenteuertourismus, Golfmöglichkeiten, Gruppenreisen
und Tourismus im allgemeinen berät.
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Sonnabend, 22. Februar 2014 - Seite 15
Wirtschaftsübersicht
Die kurzfristige Wirtschaftspolitik
geht an den Grundproblemen vorbei
D
ie Regierung ist sich bewusst, dass sie
zwei große wirtschaftliche Probleme hat, die
eng miteinander verbunden sind: die Zahlungsbilanzkrise und die gestiegene Inflation. In beiden Fällen
begegnet sie dem Problem mit kurzfristigen Maßnahmen,
die es zunächst vertuschen und hinausschieben, aber in
keiner Weise lösen. Im Gegenteil: Je länger es dauert,
bis die bestehenden strukturellen Probleme ernsthaft
in Angriff genommen werden, umso schwieriger wird
deren Überwindung. Viele Maßnahmen, die in letzter
Zeit getroffen wurden, sind als solche in Ordnung, sofern
inzwischen an den grundsätzlichen Lösungen gearbeitet
wird, was jedoch nicht getan wird. Dies entspricht dem
Verhalten, das die Kirchners von Anfang an gezeigt haben:
stets Lösungen für die unmittelbar auftretenden Probleme
zu suchen, aber die Grundprobleme unter den Teppich
zu kehren.
Die langfristige Entwicklung kann nicht als Summe der
jeweils kurzfristigen konjunkturellen Lagen verstanden
werden. Es muss umgekehrt sein: Was unmittelbar auf
wirtschaftspolitischem Gebiet getan wird, muss in eine
langfristige Sicht eingebettet werden. Doch das bedeutet
kurzfristig, dass das Bruttoinlandsprodukt weniger wächst
und der Spielraum für Demagogie eingeengt wird. Diese
politischen Kosten wollten weder Néstor noch Cristina
Kirchner tragen. Sie haben im Grunde nach dem Prinzip
gehandelt, “nach mir die Sintflut”. Doch diese hat jetzt
schon begonnen, und das stellt CFK und ihre Mannschaft
vor völlig neue Probleme, denen sie offensichtlich nicht
gewachsen sind. Sie verneinen sie, und dabei wird die
sogenannte Erzählung (“el relato”) über Lage und Entwicklung von Wirtschaft und Gesellschaft zunehmend
zu einem Kindermärchen.
Die kritische Zahlungsbilanz
Bei der Zahlungsbilanz handelt es sich um den Reser-
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venverlust, bei dem ein Ende der ZB-Reserven vorauszusehen ist. Es werden zwar Reserven von fast u$s 28 Mrd.
ausgewiesen, doch verfügbar sind nur um die u$s 8 Mrd.
Denn man muss die Reserven auf Dollardepositen bei
Banken abziehen, die bei der ZB deponiert werden, und
auch Kredite, die die ZB aufgenommen hat, ebenfalls
die für Terminverkäufe der ZB verpflichteten Reserven.
Die ZB informiert über dies nicht, um Panik auf dem
Finanzmarkt zu vermeiden. Dennoch ist der Fall allgemein bekannt, auch wenn sich die Wirtschaftler über die
Größenordnung der effektiv verfügbaren ZB-Reserven
streiten. Es fällt auf, dass die parlamentarische Opposition
auch keine Auskunft fordert.
Das Grundproblem besteht hier darin, dass Auslandsschulden (in Dollar) bei Verfall mit ZB-Reserven gezahlt
werden, aber kaum neue Auslandskredite gewährt werden,
um dies auszugleichen. Auch die USA und die meisten
Staaten wären sofort am Ende, wenn sie ihre Staatsschulden bei Verfall nicht durch Neuverschuldung ausgleichen
würden. Selbst im privaten Bereich ist es für Unternehmen meistens kaum möglich, Schulden zu zahlen, ohne
gleichzeitig neue aufzunehmen, die mit neuen Geschäften
verbunden sind.
Die Kapitalbilanz ist stark negativ, einmal, weil die
Banken im Ausland nur sehr beschränkt Kredite an Argentinien gewähren, dann weil die Weltbank keine neuen
Kredite vergibt und die Interamerikanische Entwicklungsbank weniger als es sein könnten, dann weil kaum
echte Auslandsinvestitionen nach Argentinien kommen
(also nicht die, die mit finanziellen Überschüssen lokaler
Auslandsunternehmen finanziert werden), und schließlich, weil die Kapitalflucht der lokalen Sparer andauert.
Gleichzeitig nimmt der Überschuss der Handelsbilanz
ab, besonders wegen des zunehmenden Defizits der
Mehr
Sonnabend, 22. Februar 2014 - Seite 16 -
Wirtschaftsübersicht
Energiebilanz, so dass der Überschuss das Defizit bei der
Kapitalbilanz und auch bei der Dienstleistungsbilanz nicht
entfernt ausgleicht.
Die Regierung begegnet dem Problem mit einer strengen Devisenbewirtschaftung: Beschränkung der Importe,
keine Genehmigung für Überweisung von Gewinnen und
Dividenden u.a. Zahlungen, Behinderung der Zahlungen,
die im Ausland über Kreditkarten getätigt werden, und
weitgehendem Verbot von Devisenkäufen für Sparzwecke
oder um Dollarschulden zu zahlen oder Käufe zu tätigen,
bei denen der Verkäufer nur Dollar annimmt. Zusätzlich
wurde den Banken vorgeschrieben, die Anlage ihrer
Reserven in Dollar stark zu verringern, so dass sie auch
Devisen verkaufen mussten. Auch wurde den Banken
verboten, den Getreideexporteuren Kredite zur Finanzierung ihrer Exporte (und der vorangehenden lokalen
Käufe von Getreide und Ölsaaten) zu gewähren, so dass
sie Finanzierung aus dem Ausland erhalten müssen. Auch
bei Importeuren wurden die Banken angewiesen, keine
Kredite für importierte Ware zu erteilen, so dass sie auf
eigene Mittel oder Auslandskredite angewiesen sind.
Kurzfristig wurde mit all diesen Maßnahmen, plus
einem höheren Export von Sojabohne (der durch den
Abwertungssprung angeregt wurde), erreicht, dass die
ZB-Reserven nicht mehr abnahmen. Eine gewisse Zeit
wirkt dies weiter; doch dann taucht das strukturelle Ungleichgewicht wieder auf, und die Regierung hat keine rationelle Möglichkeit, die Wirkung zu verhindern, nämlich
den totalen Verlust der ZB-Reserven, was dann bedeutet,
dass der Kurs in die Höhe springt und die Konjunktur in
eine tiefe Rezessionsphase eintritt, die als Krise bezeichnet
wird. Auch kann man dabei einen neuen Default erwarten,
einfach weil die Amortisationen von Staatspapieren in
Dollar nicht gezahlt werden können. Diese Möglichkeit
überschattet die Gegenwart und führt zu anormal hohen
Renditen bei Staatspapieren in Dollar: 12,5% beim Boden
2015 und 14,5% beim Bonar 2017.
Der Fall hat indessen eine einfache Lösung, die jedoch
nur möglich ist, wenn die zivilisierten Beziehungen zum
Internationalen Währungsfonds wieder aufgenommen
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werden, was konkret bedeutet, dass wieder zugelassen
wird, dass der Fonds die öffentlichen Finanzen Argentiniens prüft. Laut Artikel 4 der Fondsstatuten, ist das für
alle Mitglieder obligatorisch. Das hat für das Land weiter
keine unmittelbare Bedeutung, kann jedoch von einem
geschickten Wirtschaftsminister als Argument verwendet
werden, um harte Maßnahmen zu treffen, bei denen er
selber sonst als der böse Buhmann erscheint. Ob es dann
zum einem Standby-Abkommen kommt, bei dem der IWF
einen Kredit bereitstellt und sich die Regierung zur Einhaltung bestimmter Ziele und zu konkreten Maßnahmen
verpflichtet, ist eine andere Frage, die auf alle Fälle jetzt
nicht zur Diskussion steht. Wenn sich die Krise zuspitzt,
dürfte auch dies notwendig sein.
Die Rückkehr zum IWF führt sofort zur Lösung des
Problems mit dem Pariser Klub, der bereit ist, dass die
ausstehende argentinische Schuld in Raten auf mehrere
Jahre gezahlt wird, die aus nicht bezahlten Krediten für
Kapitalgüterlieferungen stammt, die vor 2001 vergeben
wurden. Das stellt dann sofort neue weiche Kredite für
Lieferung von Kapitalgütern in Aussicht, die die lokale Industrie dringend benötigt, aber auch dem Staat und seinen
Unternehmen gewährt werden. Damit wird das Defizit
der Staatsfinanzen zum Teil finanziert. An erster Stelle
können Kraftwerke auf diese Weise finanziert werden.
Danach müssen sofort zwei Probleme gelöst werden,
nämlich die Zahlung an die Holdouts und an die Gläubiger, die beim Weltbankschiedsgericht ICSID gegen Argentinien prozessieren. Was die Holdouts betrifft, darunter
besonders die sogenannten Geierfonds (die sehr hart und
aggressiv vorgehen) muss auf eine Kompromisslösung
hingesteuert werden, die in der Anerkennung der Zahlung
eines Teils der Differenz zwischen dem Nennwert und
dem Betrag besteht, den Argentinien allgemein gezahlt hat
(etwas über 30% des Nennwertes der Schuld). Die meisten
Holdouts würden eine Sofortlösung dieser Art der Fortsetzung der Prozess vorziehen. Und wenn der IWF hier
mithilft, und eventuell dann auch die US-Regierung, die
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Sonnabend, 22. Februar 2014 - Seite 17 -
Wirtschaftsübersicht
mit einem “amicus curiae” (einer politischen Empfehlung
an die Richter) auf die Prozesse einwirken kann, dann
sollte der Fall realistisch gelöst werden können. Solange
Argentinien den Gläubigern, die das Umschuldungsangebot von 2005 und 2010 nicht angenommen haben, nicht
zahlt, bleibt der Defaultzustand bestehen, und das belastet
die ganzen finanziellen Beziehungen mit der Welt. Dies
verscheucht auch Auslandsinvestitionen.
Was die zahlreichen Konflikte beim Weltbankschiedsgericht ICSID betrifft, so müssen Kompromisslösungen
gesucht werden, statt die Prozesse mit Schikanen in die
Länge zu schieben. Das gegenwärtige Verhalten überschattet Auslandsinvestitionen und auch Auslandskredite für
Argentinien, denn es bedeutet, dass der Staat als Regel versucht, seine Verpflichtungen nicht zu erfüllen. Das schafft
ein zusätzliches Risiko. Auch bei diesen Verhandlungen
könnte der IWF eventuell behilflich sein.
Wenn diese Probleme, und auch das der Zahlung an
Repsol (über das die prinzipielle Entscheidung schon
getroffen wurde), gelöst werden, dann steht Argentinien
vor der Welt anders da. Einmal würden dann die von der
Weltbank in Aussicht gestellten Kredite für u$s 3 Mrd.
binnen drei Jahren effektiv gewährt werden. Allerdings
müssten sich das Wirtschaftsministerium und das Planungsministerium dann bemühen, sinnvolle und gut
studierte Projekte vorzulegen, was bei dieser Regierung
nicht der Fall ist. Auch von der Interamerikanischen
Entwicklungsbank u.a. Banken können dann höhere
Kreditbeträge erhalten werden.
Eine sofortige und intensive Bemühung im Sinn der
Lösung der genannten Probleme würde sehr wahrscheinlich kurzfristig zu größeren Auslandsinvestitionen führen.
Die internationale Finanzwelt ist sehr flüssig, die Zinsen
sind weltweit niedrig und es besteht viel Risikokapital,
das Anlagemöglichkeiten sucht. Argentinien könnte ab
sofort höhere Beträge, eventuell über u$s 10 Mrd., für die
Ausbeutung des Schiefergaslagers Vaca Muerta erhalten.
Das erfordert ein neues Erdölgesetz, um die notwendige
Rechtssicherheit zu schaffen. Auch dies gehört in das Gesamtkonzept und sollte der einfachste Punkt der Lösung
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sein.
Intern kann auch mehr getan werden, um der Zahlungsbilanzkrise zu begegnen. Es sollte erreicht werden, dass
die lokalen Sparer ihre Dollar nicht in Banknoten horten,
sondern bei Banken deponieren. Denn dann werden diese Dollar schließlich von denjenigen, die Dollarkredite
aufnehmen, verkauft, um allerlei interne Pesozahlungen
vorzunehmen. Bei Dollardepositen und -krediten handelt
es sich im Grunde nur darum, dass das Kursrisiko vom
Sparer auf den Kreditnehmer übertragen wird. Zunächst
müsste auf diesem Gebiet der Spielraum für lokale Dollarkredite stark erweitert werden, also auch für langfristige
Hypothekarkredite und Kredite für Geschäfte, die indirekt mit dem Wechselkurs verbunden sind (wie Erzeugung
von Exportprodukten) zugelassen werden, Das würde den
Banken erlauben, höhere Zinsen an die Sparer zu zahlen,
und diese Depositen somit anziehender gestalten.
Unter diesen Umständen könne auch eine Weißwaschung schwarzer Dollarguthaben erfolgreich sein. Die
letzte ließ einmal zu viele Fragen offen, wie besonders das
Problem einer Klage wegen Geldwäsche durch das dafür
zuständige Amt, aber grundsätzlich bestand eben ein tiefes
Misstrauen. Wenn im oben genannten Sinn vorgegangen
würde, dann würde eine andere Konstellation geschaffen,
bei der viele Sparer Interesse hätten, ihr schwarzes Vermögen zu legalisieren.
Wenn all die genannten Teilaspekte der Zahlungsbilanzproblematik gleichzeitig in Angriff genommen werden, dann sollte kurzfristig so viel Geld ins Land fließen,
dass die ZB vor das umgekehrte Problem gestellt würde:
nämlich ein Überschuss, der sich monetär expansiv auswirkt. Doch dieses Problem lässt sich relativ leicht lösen.
Die monetäre Expansion
Das zweite große Problem, das gegenwärtig besteht,
liegt in der Gefahr einer starken monetären Expansion,
die inflationär wirkt. Wenn die Geldpolitik nicht mit der
Preis- und Lohnpolitik in Einklang gebracht wird, dann
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Sonnabend, 22. Februar 2014 - Seite 18 -
Wirtschaftsübersicht
ist es nicht möglich, die Inflation zu bekämpfen. Ebenfalls
wirkt die überhöhte monetäre Expansion auch negativ auf
die Zahlungsbilanz, da dabei auch die Nachfrage nach
Devisen steigt, sowohl von Sparern, wie auch von Unternehmen, die sich gegen die Inflation mit hohen Beständen
an importierten Produkten (Rohstoffe, Halbfabrikate und
Endprodukte) schützen wollen.
Die ZB betreibt unter ihrem Präsidenten Juan Carlos
Fábrega in letzter Zeit eine sehr restriktive Politik, indem
sie die Zinsen stark erhöht hat und viel höhere Beträge an
Wechseln (Lebac und Nobac) aufnimmt als vorher. Im
Laufe dieses Jahres wurden schon $ 34,7 Mrd. mit diesen
Wertpapieren aufgesogen, was immerhin fast 5% der
gesamten Bankdepositen und 10% der monetären Basis
darstellt. Dabei wurde schon erreicht, dass die Rate der
monetäre Expansion (gemessen an der monetären Basis
oder am Aggregat M2) stark zurückging. Doch damit
diese Politik weitergeführt werden kann, muss der Staat
die ZB in geringerem Umfang in Anspruch nehmen, was
bedeutet, dass die Staatsausgaben gesenkt werden müssen.
Sonst platzt das Schema, und die monetäre Expansion
nimmt sofort wieder stark zu. Fábrega hat unlängst gegenüber einer Gruppe von führenden Oppositionspolitikern
(die er empfing) erklärt, dass diese Politik nicht lange
beibehalten werden könne, weil sie dann sehr stark rezessiv wirke. Er ist sich bewusst, dass die Verringerung der
monetären Expansion konkreter Maßnahmen in bezug
auf Staatsausgaben bedarf.
Doch Wirtschaftsminister Axel Kicillof vertritt die
Meinung, dass die Staatsausgaben nicht verringert werden
können, und das ist bedenklich. Wenn der Minister, der
einen großen Teil der Verantwortung für den Fall trägt,
das Bestehen des Problems verneint, kann man gewiss
nicht erwarten, dass er auf diesem Gebiet etwas tut. Er
sagte vor Kurzem: “Die Kritiker sollen seriös sein, und
sagen, was sie bei einer Senkung der Staatsausgaben wollen. Denn, als eine minimale Zunahme des Omnibustarifs
verfügt wurde, sagten sie, dies sei inflationär und rezessiv.
Wollen sie, dass die öffentlichen Arbeiten in den Dörfern
stillgelegt werden, dass der Bau von Kraftwerken einge-
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stellt wird, dass der Bau von Sozialwohnungen aufhört,
dass das Programm “Progresar” (Subvention an junge
Menschen, damit sie ihr unterbrochenes Studium wieder
aufnehmen oder sich sonst ausbilden) aufgehoben wird,
oder gar die universelle Subvention für Kinder?”
All das ist üble Demagogie. Es bestehen viele Sparmöglichkeiten, die rationellen Charakter haben und kaum mit
sozialen Kosten verbunden sind. Auf alle Fälle wären diese
unverhältnismäßig geringer, als wenn nichts getan wird
und die Inflation explodiert. Halten wir fest:
u Die Subventionen für Strom, Gas, Wasser und Personentransport im Raum von Groß-Buenos Aires müssten
sofort stark gesenkt werden. Damit könnten dieses Jahr
ohne weiteres über $ 50 Mrd. gespart werden. Dabei können die Tarife für Haushalte mit geringem Konsum, die
auf ärmere Familien entfallen, weiter stark subventioniert
werden. Was den Personentransport betrifft, so hat Macri
bei der U-Bahn ein System vorgeschlagen, das unmittelbar
eingeführt werden soll, das denjenigen, die den Dienst
ständig verwenden, einen starken Rabatt gewährt. Das
geschieht über die Verwendung der SUBE-Karte. Das
gleiche System könnte bei den Vororteisenbahnen und
den städtischen Omnibussen eingeführt werden.
u Eine Einfrierung der offen Stellen (die bei der Staatsverwaltung durch Pensionierung, Tod, Entlassung oder
Rücktritt ständig entstehen, was etwa 2% bis 3% der Beamtenschaft pro Jahr ausmacht), wie es sie schon mehrmals
gegeben hat, wäre das erste, was man tun müsste.
u Bei vertraglich verpflichteten Beamten müssten die
Verträge so weit wie möglich nicht erneuert werden. Und
bei den vielen unnötig in den letzten 10 Jahren ernannten
Beamten, müsste versucht werden, viele wieder zu entlassen, oder sie zumindest dort einsetzen, wo sie eventuell
notwendig sind. Z.B. fehlen Polizisten auf der Straßen und
Krankenschwestern in den Hospitälern.
u Bei den Staatsunternehmen muss eine gründliche Rationalisierung eingeleitet werden. An erster Stelle steht
der Skandalfall von Aerolíneas Argentinas, mit einem
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Sonnabend, 22. Februar 2014 - Seite 19 -
Wirtschaftsübersicht
Defizit von ca. u$s 2 Mio. pro Tag. Minister De Vido gab
vor längerer Zeit schon ein Programm bekannt, um das
Defizit zu verringern, u.a durch Abschaffung von hoch
defizitären Flügen nach dem fernen Orient. Daraus wurde
jedoch nichts. Aber auch das Energieunternehmen Enarsa,
bei dem man nicht weiß, wozu es eigentlich da ist, muss
zumindest stark verkleinert werden. Ebenfalls kann bei
den anderen Staatsunternehmen gewiss viel gespart werden. Man muss sich an erster Stelle darum kümmern.
Doch die Regierung ist sich nicht einmal bewusst, dass
hier Probleme und viele Sparmöglichkeiten bestehen.
u Das Programm “Fußball für alle” kann ohne Schwierigkeiten um etwa eine Milliarde Pesos jährlich verringert
werden. Es genügt, wenn die Spiele in nur einem offenen
Kanal gesendet werden, und dabei an den vergeben werden, der am meisten dafür zahlt, was er mit Werbung
deckt.
u Die staatliche Werbung ist explosiv gestiegen und müsste
verringert werden. Von den vielen Medien, die die Regierung großzügig subventioniert, müssten die meisten
aufgegeben werden. Ohnehin ist es rechtlich fragwürdig,
dass ausgerechnet Zeitungen und Zeitschriften mit geringer Auflage oder Gratisverteilung, und Fernseh- und
Rundfunkprogramme, mit minimaler Zuhörerschaft, den
Staat Unsummen kosten, aber die unabhängigen Medien,
die viele Leser, Zuschauer oder Zuhörer haben, kaum
Regierungswerbung erhalten.
u Staatsinvestitionen müssen streng kontrolliert werden.
Es müssen Prioritäten festgesetzt werden, die Projekte
müssen eingehend studiert werden, und es muss vor
Beginn der Arbeiten eine Finanzierung verpflichtet werden. In vielen konkreten Fällen kann das Problem durch
Übertragung des Objektes an ein Privatunternehmen (mit
Konzession oder sonstwie, je nachdem um was es sich
handelt) gelöst werden. Absurde Investitionen wie Tecnópolis oder das Kraftwerk in Rio Turbio müssen vermieden
werden. Bei den vielen Fehlinvestitionen und mangelhaft
studierten Projekten der Kirchner-Regierung wurden viele
Milliarden Dollar vergeudet. Das sollte sofort aufhören
u Die Staatsstruktur, die unter den Kirchners stark erwei-
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tert wurde, mit einer Unmenge neuer und überflüssiger
Ämter, muss verkleinert werden.
u Allgemein muss die Einführung von Informatikprogrammen gefördert werden, die im Endeffekt Kosten
sparen, besonders weil sie menschliche Arbeit ersetzen.
Bei der Justiz kann dabei enorm viel erreicht werden. U.a.
spielt es dann keine Rolle mehr, wo sich die einzelnen
Gerichte befinden, da die Anwälte einen großen Teil ihrer Arbeit über Internet erledigen, und dabei auch Arbeit
sparen.
u Die Einführung der neuen Beleuchtungssysteme, mit
LED-Lampen, in staatlichen Stellen (Verwaltungsgebäuden u.a.) spart viel Geld. Stadtchef Macri hat unlängst
bekanntgegeben, dass er bei der öffentlichen Beleuchtung
und seinen Verwaltungsgebäuden voll auf dieses System
übergehen werde, was die Stromrechnung halbieren
werde.
u Schließlich müssen auch die Sozialpläne revidiert
werden. Es wird dabei viel Geld verschenkt oder falsch
verwendet, oder schlicht für Stimmenkauf eingesetzt.
Die jüngste Subvention für junge Menschen, damit sie
wieder studieren, hat wenig Sinn. Das Problem muss
anders angegangen werden, nämlich durch Erleichterung der Einstellung von Lehrlingen, etwa wie beim
deutschen Dualsystem. Es ist auf alle Fälle viel vernünftiger, Subventionen zu zahlen, oder auf Sozialabgaben
zu verzichten, um Arbeitsplätze zu schaffen, und junge
Menschen auf diese Weise in den Wirtschaftsprozess
einzugliedern, als einfach Geld zu verschenken.
Minister Kicillof kann uns gewiss nicht sagen, dass
wir ihm nicht ziemlich genau erklären, was getan werden kann, um die Staatsausgaben einzudämmen. Wir
sind sehr in Einzelheiten eingegangen, weil es sich um
“das Problem” handelt und wir zeigen wollten, dass es
konkrete Lösungsmöglichkeiten hat. Viele Wirtschaftsexperten könnten dem Minister gewiss auch guten
Rat erteilen. Aber die Regierung muss sich zunächst
bewusst sein, dass die Staatsausgaben auf alle Fälle
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Sonnabend, 22. Februar 2014 - Seite 20 -
Wirtschaftsübersicht
stark verringert werden müssen. Die Frage ist eigentlich nur, ob dies geordnet und rationell geschieht, oder
anarchisch und eventuell mit Hochinflation, einfach
weil sich diese überhöhten Ausgaben nicht finanzieren
lassen.
Die Probleme, vor denen die argentinische Wirtschaft steht, haben gewiss eine Lösung. Der anerkannte
Wirtschaftler Miguel Angel Broda sagte unlängst, von
den über zehn Krisen, die Argentinien in der Nachkriegszeit durchgemacht habe, sei diese die unnötigste.
In der Tat wurde diese absurde Krise künstlich von
den Kirchners geschaffen, und von Anfang an haben
sie dabei die Warnungen von seriösen Ökonomen
überhört oder sie als Ausdruck obskurer Interessen
abgetan. Doch jetzt ist die Stunde der Wahrheit gekommen. Entweder auch sie erkennen dies und handeln
entsprechend, oder es wird ihnen und uns allen sehr
schlecht gehen.
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Sonnabend, 22. Februar 2014 - Seite 21 -

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