Bandverletzungen am Kniegelenk

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Bandverletzungen am Kniegelenk
Bandverletzungen am Kniegelenk
Bandverletzungen am Kniegelenk
Teil II
M. G. Ulmer, T. Rose, A. B. Imhoff
Abteilung und Poliklinik für Sportorthopädie, Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München
Bandverletzungen am Kniegelenk können unterschied−
lichster Genese sein, wobei typische Verletzungsme−
chanismen und die Kenntnis über den Unfallhergang
bereits erste und wichtige Hinweise auf die verletzten
Bandstrukturen geben. Eine exakte anatomische
Kenntnis der komplexen Bandstrukturen und Ihrer
Funktionalität sind hierbei elementar. Die Diagnostik
dient dem Erkennen und Unterscheiden der einfachen
von der kombinierten Bandverletzung. Weiterhin un−
terscheiden wir in Diagnostik und Therapie zwischen
akuten und chronischen Knieinstabilitäten. Lag früher
das Augenmerk in erster Linie auf der Behandlung der
medialen und lateralen Kollateralbänder und des vor−
deren Kreuzbandes (VKB), so gewinnt die Versorgung
des hinteren Kreuzbandes (HKB) sowie komplexer Ro−
tationsinstabilitäten zunehmend an Bedeutung. Be−
gleitverletzungen wie z. B. Meniskus− und Knorpellä−
sionen, aber auch bestehende Begleitpathologien wie
z. B. Achsfehlstellungen gilt es zu erkennen, da diese
das Therapiekonzept erheblich mitbeeinflussen. So
Hinteres Kreuzband
kann u. U. die Korrektur einer Beindeformität der
Bandrekonstruktion vorausgehen bzw. diese auch
komplett ersetzen. Dies gilt insbesondere für den Va−
rusmorphotyp. Ziel dieser Arbeit ist es, dem Leser eine
Übersicht über die Vielseitigkeit der Kniebandverlet−
zungen zu geben und anhand der diagnostischen
Schritte und Klassifikationen der Bandverletzungen ein
adäquates und verständliches Therapiekonzept zu ver−
mitteln. Aufgrund der genannten Komplexität der
Kniebandverletzungen und ihrer Behandlungsmöglich−
keiten haben wir uns entschlossen, das Kapitel in 2 auf−
einander folgende Teile zu trennen. Teil I (Orthopädie
und Unfallchirurgie up2date. 2006; 1 (4): 303 ± 328)
widmete sich den akuten und chronischen einfachen
Bandverletzungen des medialen und lateralen Kollate−
ralbandes sowie des vorderen Kreuzbandes. Dieser Teil
II beginnt nun mit der Diagnostik und Therapie des
verletzten hinteren Kreuzbandes und schließt mit
kombinierten Bandverletzungen einschließlich der
Kniegelenkluxation ab.
Hintergrund
Epidemiologie und Ätiologie
Anatomie
Das Erkennen und Therapieren von Verletzungen des
hinteren Kreuzbandes (HKB) stößt seit einigen Jahren
auf ein zunehmendes Interesse an der früher oftmals
nicht erkannten und fehlinterpretierten Bandverlet−
zung. Hochenergetische Traumata durch einen Ver−
kehrsunfall (v. a. Motorradsturz) und Sportverletzungen
(v. a. Fußball) sind in über 80 % verantwortlich für diese
schwere Bandverletzung. Betroffen sind überwiegend
Männer um das 30. Lebensjahr. Die Geschlechtervertei−
lung männlich/weiblich beträgt ca. 4 : 1 (Schulz et al.
2003). Etwa die Hälfte aller HKB−Verletzungen tritt bei
den sog. Kontaktsportarten auf, wobei in Europa das
Fußballspiel und in Nordamerika American Football
bzw. in Australien Rugby die verletzungsträchtigsten
Sportarten darstellen.
Das hintere Kreuzband ist das kräftigste Band des Kniegelen−
kes. Es entspringt sehr breit und fächerförmig an den vorderen
Anteilen der Innenseite des medialen Femurkondylus und zieht
schräg nach distal und dorsal zum hinteren Anteil der Area in−
tercondylaris an der Rückseite des Tibiaplateaus bis ca.
10 ± 15 mm unterhalb des Gelenkniveaus. Die A. poplitea liegt
hierbei topographisch sehr nahe. Es lassen sich auch beim hin−
teren Kreuzband 2 Faserbündel voneinander trennen. Das
kräftige anterolaterale Bündel, welches im vorderen Anteil der
femoralen Insertionszone entspringt, spannt sich bei Flexion
an. Das posteromediale Bündel mit einer mehr dorsalen femo−
ralen Insertionszone spannt sich bei Extension an (Abb. 1± 3).
Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 1
ê 2006 ê 391 ± 414 ê DOI 10.1055/s−2006−944810
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Beckengürtel und untere Extremität
Tabelle 1
Verletzungsmechanismus nach Häufigkeit in Prozent
(Schulz et al. 2003)
Verletzungsmechanismus
Häufigkeit (%)
Anpralltrauma (¹dash−board−injury“)
38,5
Sturz auf gebeugtes Kniegelenk
24,6
Valgusstress
12,7
Hyperextension
11,9
Varusstress
8,6
Hyperflexion
3,7
Abb. 1 n Rechtes Kniegelenk von ventral. Beide Hauptbündel des hinteren Kreuzbandes
sind hier gut zu erkennen (Quelle: Wirth/Zichner, Kohn, Thieme 2005).
Verletzungsmechanismus
Akut. Der typische Verletzungsmechanismus (Tab. 1 ) ist
das direkte prätibiale Anpralltrauma des gebeugten
Kniegelenkes (¹dash−board−injury“) beim Verkehrsun−
fall. Die dabei nach posterior auf den proximalen Unter−
schenkel gerichtete Energie wird vom HKB aufgenom−
Abb. 2 n
Rechtes Knie−
gelenk von dor−
sal.
Dargestellt sind
Anteile des pos−
tero−lateralen
Bandkomplexes
(M. popliteus,
Lig. arcuatum
und Außenband,
Quelle: Wirth/
Zichner, Kohn,
Thieme 2005).
392
Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 1
ê 2006 ê 391 ± 414
men, da die sekundären Stabilisatoren in dieser Gelenk−
position weitgehend entspannt sind. Die bei diesen
Hochrasanztraumata erlittenen Begleitverletzungen,
wie z. B. Frakturen des hinteren Azetabulumpfeilers,
distale Femurfrakturen und Tibiakopfluxationsfraktu−
ren, führten oftmals dazu, dass durch die primäre Ver−
sorgung und Stabilisierung der z. T. polytraumatisierten
Patienten (Motorradfahrer) die Versorgung des HKBs
Bandverletzungen am Kniegelenk
Abb. 3 n a Blick auf die Ursprünge beider Kreuzbänder von hin−
ten. 1 vorderes Kreuzband; 2 hinteres Kreuzband; 3 Condylus lateralis
femoris; 4 Condylus medialis femoris
b Ansatz des hinteren Kreuzbandes am Tibiakopf (Ansicht von
hinten, Quelle: Blauth et al., Thieme 1986).
oftmals in den Hintergrund gedrängt wurde und hier−
mit die weitere Diagnostik und Therapie nicht adäquat
durchgeführt wurde. Es bleibt anzumerken, dass auch
Bagatelltraumata, wie z. B. der Tritt in ein Schlagloch,
durch Hyperextension des Kniegelenkes zur Ruptur des
hinteren Kreuzbandes führen können.
Klassifikation
Chronisch. Das hintere Kreuzband (HKB) wirkt der pos−
terioren tibialen Translation sowie der Varus− bzw. Val−
gusverbiegung entgegen. Nach Ruptur kommt es bei
aktiver Beugung infolge des Zuges der ischiokruralen
Muskulatur zu einer hinteren Subluxation des Tibiapla−
teaus. Dies wiederum bedeutet einen größeren Hebel−
arm für die Streckmuskulatur mit der Folge einer chro−
nischen Überbeanspruchung im Femoropatellargelenk
und erhöhter Inzidenz von Knorpelschäden retropatel−
lar. Die permanente Subluxation der Tibia nach dorsal
ist für die Entstehung der Femoropatellararthrose ver−
antwortlich. Die mediale Gonarthrose ist bedingt durch
die bei chronischer dorsaler Instabilität geänderten in−
traartikulären Druckverhältnisse. Man spricht hierbei
von der Instabilitätsarthrose, auch wenn der Patient
hierbei oftmals über einen langen Zeitraum kein sub−
jektives Instabilitätsgefühl empfindet. Bei der chroni−
schen Instabilität werden die Schmerzen eher im Fe−
moropatellargelenk bzw. im medialen Kompartiment
angegeben, im Vergleich zur poplitealen Schmerz−
symptomatik bei der frischen Verletzung des HKB.
Klassifikationen haben große Bedeutung, wenn sie der
Therapieentscheidung dienen. Sie sollten deshalb prak−
tisch und klinisch orientiert sein. Cooper u. Mitarb.
(2005) unterteilen nach Komplexität (Grad I ± IV, Tab. 2 )
der HKB−Verletzung. Die Kombination aus klinischer
und radiologischer Einteilung nach Harner gibt zudem
eine stadienabhängige Therapieempfehlung (Tab. 3).
" Nur die gehaltene Röntgenaufnahme ermöglicht
letztlich eine objektive Quantifizierung der Instabili−
tät und gibt somit die Therapierichtlinie vor.
Tabelle 2
Klassifikation der HKB−Verletzung nach Cooper (2005)
Grad I
isolierte Verletzung des HKB oder der postero−
lateralen Ecke
hintere Schublade < 10 mm
Grad II
kombinierte Verletzung mit med./lat. Aufklapp−
barkeit in 30 8 Kniebeugung
Grad III
kombinierte Verletzung mit med./lat. Aufklapp−
barkeit in 0 8 Kniebeugung
Grad IV
komplette Luxation
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Beckengürtel und untere Extremität
Tabelle 3
Klassifikation der HKB−Insuffizienz nach Harner
A
B
C
D
Hintere
Schublade
(HSL)
< 5 mm
5 ± 10 mm
11 ± 15 mm
> 15 mm
HSL in Innen−
rotation
abnehmend
gleich bleibend
gleich bleibend
zunehmend
Varusin−
stabilität
±
±
+/±
+
Diagnose
¹isoliert“
¹isoliert“
¹kombiniert“
¹kombiniert“
Therapie−
empfehlung
Physiotherapie
OP, falls
symptomatisch
OP
OP
" Besteht der Verdacht auf eine frische HKB−Ruptur,
Diagnostik
n
Klinik
Akut. Bei akuter HKB−Verletzung besteht eine Häma−
tombildung und ein Druckschmerz v. a. im Bereich der
Fossa poplitea. Die Knieflexion ist häufig schmerzbe−
dingt eingeschränkt, wobei es den Patienten jedoch oft−
mals noch möglich ist, das verletzte Kniegelenk zu be−
Zielgerichtete Diagnostik
Klinische Tests bei posteriorer Instabilität
Spontane hintere Schublade.
höchste Schublade in Innen−
Rückenlage. Beine auf den Tisch.
rotation: kombinierte Instabilität
90 8 Knieflexion (Abb. 4).
(HKB + posteromedial)
Godfrey−Test. Beine werden ge−
höchste Schublade in Neutralstel−
halten. 90 8 Hüft− und Knieflexion
lung: isolierte HKB−Insuffizienz
(Abb. 5) fi Zurückfallen des Tibia−
Reversed Pivot−Shift−Test.
kopfes.
Rückenlage. 90 8 Knieflexion.
Tibial−Step−off−Zeichen. Beurtei−
Langsame Streckung mit gleich−
lung der Stufe zwischen Femur−
zeitiger Außenrotation und Val−
kondylus und medialem Tibiapla−
gusstress. Bei ca. 20 8 springt die
teau (normal ca. + 10 mm)
Tibia typischerweise aus der hin−
(Abb. 6).
teren Subluxation hervor (Abb. 8).
Hinterer Schubladentest.
Außenrotations−Asymmetrie−
Rückenlage. Beine auf den Tisch.
Test. Bauchlage. Prüfung in 30 8
908 Knieflexion (Abb. 7).
(posterolateral) und 90 8 Knie−
höchste Schublade in Außen−
flexion (zusätzlich HKB).
rotation: kombinierte Instabilität
Außenrotations−Überstrecktest.
(HKB + posterolateral)
Siehe Bandverletzungen am Knie−
gelenk Teil I.
394
lasten. Prätibiale Kontusionsherde und Abschürfungen
können einen ersten Hinweis auf ein ventrales Anprall−
trauma geben. Das typische ¹Krachen“ wie bei der Ver−
letzung des VKBs bzw. ein typisches Instabilitätsgefühl
werden eher selten angegeben. Allerdings berichten
Patienten mit kombinierter Verletzung v. a. der poste−
rolateralen Gelenkecke verstärkt über ein Instabilitäts−
gefühl und darüber, ¹dass mit dem Kniegelenk irgend−
etwas nicht stimme“.
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sollte vor weiterer klinischer Diagnostik mit spezifi−
schen dynamischen Tests knöcherne Begleitverlet−
zungen mittels konventioneller Röntgendiagnostik
ausgeschlossen werden.
Chronisch. Patienten mit einer isolierten HKB−Insuffi−
zienz klagen deutlich weniger über ein Instabilitätsge−
fühl als Patienten mit einer VKB−Insuffizienz. Grund
hierfür ist, dass bei einer isolierten HKB−Insuffizienz die
Hauptinstabilität erst bei höheren Flexionsgraden zu
finden ist. Bei zusätzlicher Insuffizienz der medialen
bzw. lateralen (v. a. posterolateral) Stabilisatoren
kommt es auch zu einer zunehmenden Instabilität in
extensionsnaher Stellung. Es ist unbedingt erforderlich,
kombinierte Instabilitäten zu erkennen und zu diffe−
renzieren.
" Cave. Die klinische Diagnostik der chronischen In−
stabilität zur Abgrenzung einer isolierten von einer
kombinierten Instabilität kann durch knöchern fehl−
verheilte Femur− bzw. Tibiafrakturen deutlich er−
schwert sein. Ebenfalls ist beim hinteren Schubladen−
test in 90 8 ein fester Anschlag meistens auch bei einer
HKB−Insuffizienz zu finden, da nahezu alle HKB−Rup−
turen unter Elongation ausheilen. Es kann natürlich
bei der klinischen Diagnostik in manchen Fällen sehr
schwer fallen, die angegebenen Tests zu objektivie−
ren. Es ist daher nicht so sehr ein einzelner Faktor, der
zur endgültigen Diagnose führt, sondern es ist viel−
mehr die Summe der einzelnen klinischen und radio−
logischen Befunde.
n
Bildgebende Verfahren
Besteht der Verdacht auf eine frische Verletzung des
HKBs, sollte vor weiterer dynamischer und klinischer
Untersuchung zuerst ein konventionelles Röntgen zum
Ausschluss einer knöchernen Begleitverletzung (Tibia−
kopffraktur, knöcherner HKB−Ausriss, Ausriss an der
Fibulaspitze durch den Außenband− bzw. M.−biceps−
femoris−Ansatz usw.) durchgeführt werden. Wie bereits
im Teil I der Bandverletzungen hingewiesen, dienen
die CT und MRT dem Erkennen weiterer Begleitverlet−
zungen.
Bandverletzungen am Kniegelenk
Abb. 4
n
Spontane hintere Schublade.
Gehaltene Röntgenaufnahmen im Halteapparat nach
Scheuba (Abb. 9 a) werden bei akuter HKB−Ruptur und
bei chronischer HKB−Insuffizienz als Diagnostikum der
Wahl angefertigt. Sie haben als funktionelle Untersu−
chung entscheidende Vorteile gegenüber der MRT und
führen zu einer im Vergleich zur klinischen Untersu−
chung exakteren Quantifizierung der posterioren Tibia−
verschiebung. Liegt das Trauma allerdings > 14 Tage zu−
rück und wurde eine adäquate konservative Therapie
mit einer PTS−Schiene bereits eingeleitet, dann sollte
auf gehaltene Aufnahmen (Verletzung der heilenden
Bandstrukturen) verzichtet werden. Eine exakte Be−
stimmung des Neutral−Null−Punktes (vgl. mit der Ge−
genseite) ist unbedingt erforderlich, um eine korrekte
Quantifizierung der a.−p. Translation zu erhalten. Die
Auswertung der posterioren Tibiaverschiebung erfolgt
in der bekannten Technik nach Jacobsen (Abb. 9 b ).
n
Akut: Bei frischer HKB−Verletzung erfolgt die Auf−
nahme in 90 8 Beugung bzw. in der maximal vom Pa−
tienten zu erreichenden Position. Der prätibiale
Stempeldruck sollte hierbei nur 5 Kp betragen (Ver−
letzung der verbliebenen Bandstrukturen). Findet
sich eine Seit−zu−Seit−Differenz von mehr als 5 mm,
ist der Verdacht auf eine hintere Kreuzbandläsion
gegeben. Die MRT hilft v. a. bei der frischen HKB−
Verletzung, die Rupturlokalisation und das Ausmaß
der Bandverletzung zu beurteilen, wohingegen sie
bei der chronischen HKB−Insuffizienz eine deutlich
geringere Aussagekraft besitzt und nicht selten
falsch negativ ist.
n
Chronisch: Bei der chronischen HKB−Insuffizienz er−
folgen 4 seitliche Röntgenaufnahmen. Zum einen
wird das kontralaterale Kniegelenk in 908 Flexion
zum Vergleich mitgeröntgt. Anschließend erfolgen
Abb. 5
n
Godfrey−Test.
Abb. 6
n
Tibial−Step−off−Zeichen.
Abb. 7
2005).
n
Hinterer Schubladentest in 90 8 Knieflexion (aus Wirth/Zichner, Kohn, Thieme
Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 1
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Beckengürtel und untere Extremität
liegt eine fixierte hintere Schublade vor, welche un−
bedingt erkannt und in die Therapieplanung mitein−
bezogen werden muss. Die gehaltene Röntgenauf−
nahme für die vordere Schublade ist daher zum
Ausschluss einer fixierten hinteren Schublade sehr
wichtig und notwendig. Eine fixierte hintere Schub−
lade liegt dann vor, wenn der Tibiakopf trotz eines
nach ventral gerichteten Schubladenstresses in einer
dorsalen Subluxation von mehr als 3 mm gegenüber
der Neutralstellung verbleibt. Dieser Zustand ist un−
bedingt präoperativ zu erkennen, da eine alleinige
HKB−Rekonstruktion diesen Zustand nicht ausglei−
chen kann und somit zum Scheitern verurteilt wäre.
Abb. 8
n
Reversed−Pivot−Shift−Test (Quelle: Wirth/Zichner, Kohn, Thieme 2005).
Hintergrund
Ursachen einer fixierten hinteren Schublade
die gehaltenen Aufnahmen des verletzten Kniege−
lenkes jeweils in 90 8 Flexion (Neutralposition vgl.
mit der gesunden Gegenseite) sowohl in der vorde−
ren als auch in der hinteren Schublade (Abb. 10) mit
einer Stressapplikation von 15 Kp. Erreicht der Un−
terschenkel durch einen Stress im Sinne der vorderen
Schublade nicht die Neutralposition, sei es bei der
gehaltenen oder bei der klinischen Untersuchung,
Abb. 9 n Gehaltene Röntgenaufnahmen für die hintere Schublade
in 90 8 Flexion mit dem Scheuba−Apparat. (a) Die Ausmessung er−
folgt in einer modifizierten Technik nach Jacobsen. Eine Tibiaplateau−
linie wird tangential zum medialen Tibiaplateau angelegt. Senkrecht
zu dieser Linie werden Tangenten zur posterioren medialen und late−
ralen Femurkondylenbegrenzung als femorale Bezugspunkte gelegt.
Die Mitte zwischen diesen Tangenten entspricht der femoralen Refe−
renzlinie. In entsprechender Weise wird tibial vorgegangen. Hier wer−
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n
fibrosierte und vernarbte dorsale Kapsel nach alter HKB−
Ruptur
n
insuffiziente Nachbehandlung einer früheren HKB−Rekons−
truktion
n
reflektorische Zunahme des Beugetonus (ischiokrurale
Muskulatur) nach Verletzung
den ebenfalls Tangenten senkrecht zur Tibiaplateaulinie an die pos−
teriore Begrenzung der Tibiakondylen angelegt. Die Mitte zwischen
den beiden tibialen Linien ergibt die tibiale Referenzlinie. Der Abstand
zwischen tibialer und femoraler Referenzlinie entspricht der Tibia−
position. Eine posteriore Tibiaverschiebung wird mit einem negativen
Milimeterwert, in diesem Fall ± 5 mm, angegeben (b).
(Quelle: Wirth/Zichner, Kohn, Thieme 2005).
Bandverletzungen am Kniegelenk
Therapie
n
Abb. 10 n Gehaltene Röntgenaufnahme in hinterer Schublade bei
90 8 Knieflexion.
Konservative Therapie
Ein subjektives Instabilitätsgefühl entwickelt sich nach
isolierter HKB−Ruptur deutlich seltener als bei der VKB−
Ruptur. Einer der Gründe hierfür liegt in der besseren
arteriellen Versorgung des HKBs und der damit ver−
bundenen besseren Selbstheilungspotenz. Weiterhin
lässt die synoviale Umspülung des vorderen Kreuzban−
des im Vergleich zum HKB (lokalisierte Hämatombil−
dung) eine Heilung im Sinne der Narbenbildung nicht
zu. In den meisten Fällen kann daher bei der isolierten
HKB−Ruptur (hintere Schublade < 10 mm) primär kon−
servativ behandelt werden. Eine engmaschig durchge−
führte Therapiekontrolle ist jedoch für das Erkennen
einer zunehmenden Instabilität bzw. einer femoro−
patellaren Schmerzsymptomatik mit der Entwicklung
einer Instabilitäts− bzw. −Femoropatellararthrose es−
senziell. Eine HKB−Rekonstruktion kann in diesen Fällen
dann sekundär erforderlich werden.
" Cave. Die posteriore Pelotte der geraden PTS−
Checkliste
Diagnostik
Folgende Faktoren müssen bei der Diagnostik er−
kannt und differenziert werden:
Symptomatik des Patienten
Arthrosezeichen v. a. femoropatellar und
medial
isolierte/kombinierte Instabilität
(VKB, Kollateralbänder, posteromedial,
posterolateral)
fixierte hintere Schublade (gehaltene Auf−
nahme!)
Alter und Aktivitätsniveau (Beruf/Sport)
des Patienten
Transplantatverfügbarkeit (Z.n.
vorausgegangener VKB−/HKB−Rekonstruk−
tion)
Begleitpathologien (Frakturen, Knorpel−
Meniskus−Läsionen, Beindeformitäten)
" Cave. Gehaltene Röntgenaufnahmen sind das Diag−
nostikum der Wahl sowohl bei akuter HKB−Ruptur
(< 14 Tage) als auch bei chronischer HKB−Insuffizienz.
Schiene (Abb. 12 u. 13) und die Bauchlage bei der
Krankengymnastik (Abb. 11) verhindern ein Zurück−
fallen des Tibiakopfes nach dorsal. Die Tibia wird in
ventraler Position gehalten und bewirkt somit die
Entspannung des HKB bzw. die Annäherung der rup−
turierten Bandanteile. Weiterhin kann bei fixierter
hinterer Schublade die PTS−Schiene ein langsames
Aufdehnen der posterioren Strukturen bewirken und
eine spätere HKB−Rekonstruktion somit erst ermög−
lichen.
Hintergrund
Konservative Therapie
Indikation:
n
Grad I und II n. Cooper, Typ A und B
nach Harner
n
Isolierte HKB−Rupturen mit hinterer
Schublade < 10 mm (asymptoma−
tisch)
Therapie:
n
Woche 1 ± 6 : 20 kg Teilbelastung,
keine aktive Flexion, PTS−Schiene
Tag und Nacht (24 h!)
n
Woche 7 ± 12: Vollbelastung, tags
Medi−PCL−Schiene 0 ± 0 ± 90 8, nachts
PTS−Schiene
n
Woche 13 ± 24: Vollbelastung, Medi−
PCL−Schiene, Muskelaufbautraining
n
Anschließend: Kontrolle der dorsa−
len Schublade!
In Bauchlage sind passive Bewegungs−
übungen bis 90 8 Knieflexion erlaubt
(Abb. 11). Aufdehnung der dorsalen
Kapsel, Quadrizepstraining (HKB−Ago−
nist), Ischiokruralmuskulatur dehnen
(siehe postoperatives Nachbehand−
lungsschema).
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Beckengürtel und untere Extremität
n
Operative Therapie
Die Indikation zum operativen Vorgehen sehen wir bei
einer hinteren Schublade > 10 mm und/oder bei kombi−
nierter posterolateraler Instabilität bzw. begleitender
VKB−Ruptur. Gerade die kombinierte Instabilität stellt
einen sehr hohen Anspruch an das behandelnde Ärzte−
team. Die präoperative Diagnostik muss alle Eventuali−
täten klären (Transplantatwahl bzw. Verfügbarkeit, ein−
bzw. zweizeitiges Vorgehen, Begleitverletzungen, Vor−
operationen, liegende Implantate, Beindeformitäten
usw.). In Einzelfällen kann bei ausgeprägter Kapsel−
Band−Zerreißung oder beim Revisionseingriff eine Sta−
ging−Arthroskopie erforderlich sein. Begleitverletzun−
gen können hierbei verifiziert und liegende Implantate
ggf. in gleicher Sitzung entfernt werden.
Abb. 11 n Aus der Bauchlage heraus erfolgt die Physiotherapie. Der Therapeut fixiert
mit linkem Daumen und Zeigefinger den Tibiakopf, um die dorsale Tibiatranslation zu ver−
meiden.
Operationszeitpunkt. Ausgedehnte Kapsel−Band−Zer−
reißungen führen zu einer starken Einblutung ins um−
liegende Weichteilgewebe. Gerade bei kombinierter
ausgeprägter posterolateraler Kapsel−Band−Zerreißung
raten wir von einer sofortigen Operation aufgrund der
sehr schlechten arthroskopischen Sichtverhältnisse
durch Austritt der Spülflüssigkeit ab. Der günstigste
Zeitpunkt wäre hier nach abklingender Schwellung ca.
10 ± 14 Tage nach Trauma. Alternativ hierzu kann auch
erst die primäre Naht der posterolateralen Strukturen
(Tractus iliotibialis, laterales Seitenband, M. popliteus)
und ein konservativer Behandlungsversuch für das HKB
erfolgen. Auch hier wäre der ideale Operationszeitpunkt
wegen der besseren operativen Sichtverhältnisse zwi−
schen dem 10. und 14. Tag nach Trauma. Falls später
noch erforderlich, kann dann die arthroskopische HKB−
Ersatzplastik durchgeführt werden.
Hintergrund
Abb. 12
Abb. 13
398
n
n
PTS−Schiene offen. Man beachte die dorsal gelegene Pelotte.
n
Grad III und IV nach Cooper, Typ C und D nach Harner
n
isolierte HKB−Rupturen mit hinterer Schublade > 10 mm
n
posterolaterale Instabilität (laterale Aufklappbarkeit in
Streckstellung)
n
dislozierter knöcherner HKB−Ausriss
n
frische HKB− mit VKB−Ruptur, (Kniegelenkluxation)
Transplantatwahl. Generell sollte auf das Patellarseh−
nentransplantat aufgrund der iatrogenen Schwächung
des Streckapparates (wichtiger HKB−Agonist) und der
höheren Entnahmemorbidität verzichtet werden, so−
fern dies möglich ist. Wir bevorzugen als Transplantat
die Semitendinosus− und Gracilissehne. Die Hamstring−
sehnen haben durch Doppelung eine sehr hohe Reiß−
PTS−Schiene geschlossen.
Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 1
Indikationen zur operativen Therapie
ê 2006 ê 391 ± 414
Bandverletzungen am Kniegelenk
Abb. 14
n
HKB−Rekonstruktion mit BPTB−Technik in der transtibialen Tunneltechnik (a) und der Tibial−Inlay−Technik (b).
festigkeit und erlauben eine anatomische Rekonstruk−
tion des posteromedialen und anterolateralen Bündels
des HKBs. Auf das Patellarsehnentransplantat (Bone−
Patella−Tendon−Bone/BPTB) greifen wir zurück entwe−
der bei Revisionseingriffen oder bei gleichzeitiger
Rekonstruktion des vorderen Kreuzbandes. Bei gleich−
zeitig erforderlicher peripherer Stabilisierung kann z. B.
auf die Sehne des M. semitendinosus der gesunden Ge−
genseite zurückgegriffen werden. Alternativ stehen die
Quadrizepssehne (allerdings auch hier Schwächung des
Streckapparates) und verschiedene Allotransplantate
wie z. B. die Achillessehne oder die Sehne des M. tibialis
anterior usw. zur Verfügung.
Operative Technik
Allgemein. Prinzipiell zu unterscheiden ist die transti−
biale Tunneltechnik (Abb. 14 a) von der sog. Tibial−In−
lay−Technik (Abb. 14 b). Bei der Tibial−Inlay−Technik
werden ausschließlich Knochenblocktransplantate ver−
wendet (BPTB−Transplantat, Quadrizepssehne). Die
Transplantatfixation kann von dorsal her gelenknah di−
rekt mit Schrauben erfolgen. Die erhöhte Entnahme−
morbidität durch die Transplantate wird bei dieser
Technik durch den zusätzlich erforderlichen dorsalen
Zugangsweg noch erhöht. Die intraoperative Umlage−
rung des Patienten in die Bauchlage ist für die tibiale
Transplantatfixation hierbei ebenfalls erforderlich. Vor−
teil ist jedoch die Reduktion der sog. ¹Killer Curve“ bei
der dorsalen Umleitung des Transplantates. Die isolierte
HKB−Rekonstruktion wird bei uns arthroskopisch ge−
stützt in der transtibialen Doppelbündel−Technik unter
Verwendung der Hamstringsehnen (Abb. 15 a u. b )
Abb. 15 n Transtibiale HKB−Rekonstruktion in Doppelbündel−Technik von ventral (a)
und lateral (b).
durchgeführt. Diese Technik ermöglicht uns eine anato−
mische Rekonstruktion der breitflächigen femoralen
HKB−Insertion. Auch hier erfolgt wie bei der Ersatzplas−
tik des vorderen Kreuzbandes die gelenknahe Trans−
plantatfixation mit bioresorbierbaren Schrauben. Der
dorsomediale Arthroskopiezugang ist hierbei obligat
und ermöglicht die freie Sicht auf das dorsale HKB−In−
sertionsareal.
Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 1
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399
Beckengürtel und untere Extremität
" Cave. Zu beachten ist, dass nicht alle HKB−Anteile
arthroskopisch ohne weitere Manipulation zu inspi−
zieren sind und dass ein pseudoelongiertes VKB (Flop−
py−ACL−Sign) zur fälschlichen Diagnose einer VKB−In−
suffizienz führen kann und zur versehentlichen
VKB−Ersatzplastik bei HKB−Ruptur führt. Oftmals be−
stehen auch Verwachsungen zwischen beiden Kreuz−
bändern, die es zu lösen gilt. Auch die Entfernung des
proximal aufsitzenden Fettkörpers ist nötig, um das
femorale HKB−Insertionsareal zu inspizieren. Zeigt
sich in der Vierer−Position eine Erweiterung des late−
ralen Gelenkspaltes mit komplett freier Aufsicht auf
den Außenmeniskus und fehlender oder insuffizienter
Popliteussehne, dann liegt eine begleitende postero−
laterale Instabilität vor, die es unbedingt zu rekons−
truieren gilt.
Abb. 16
Transtibiale Tunneltechnik
Arthroskopiezugänge (Abb. 16). Wie bereits erwähnt,
erfolgt die isolierte anatomische Rekonstruktion des
hinteren Kreuzbandes arthroskopisch gestützt. Der
Vorteil liegt hier in der besseren Darstellbarkeit in−
traartikulärer Pathologien und der wesentlich geringe−
ren Morbidität des Eingriffes. Die Darstellung der weit
dorsal gelegenen tibialen HKB−Insertion am Tibiapla−
teau und deren Rückfläche kann über den dorsomedia−
len Zugang erreicht werden. Ein offener dorsaler Zugang
ist hier nicht zusätzlich erforderlich.
Die Transplantatentnahme für die Sehne des M. se−
mitendinosus und M. gracilis erfolgt analog wie bereits
im Teil I der Bandverletzungen bei der vorderen Kreuz−
bandersatzplastik beschrieben über einen schräg auf−
steigenden Hautschnitt im Bereich des Pes anserinus.
Die weitere Präparation des Transplantates erfolgt
ebenfalls parallel durch den Assistenten an der Arbeits−
bank, wo die Sehnentransplantate von Muskelfaserge−
webe befreit und mit Fiber−Wire− und Tiger−Wire−Fäden
armiert werden. Es empfiehlt sich auch hier wie bei der
VKB−Ersatzplastik, die Transplantatenden mit nichtre−
sorbierbaren reißfesten Fäden (Fiber bzw. Tiger Wire)
zu armieren, wobei eine farbliche Trennung der Fäden
für deren Differenzierung hilfreich ist. Die Transplan−
tatlänge sollte mind. 10 cm betragen.
Hintergrund
Arthroskopiezugänge
400
n
hoch anterolateral
n
tief anterolateral
n
anteromedial
n
posteromedial
Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 1
ê 2006 ê 391 ± 414
n
Arthroskopiezugänge.
Abb. 17 n Das breite femorale Insertionsareal des HKBs liegt zwi−
schen 12 und 5 Uhr (Quelle: Wirth/Zichner, Kohn, Thieme 2005).
Femorale Tunnelpositionierung. Die korrekt positio−
nierte Anlage der Bohrkanäle ist auch bei der Rekons−
truktion des hinteren Kreuzbandes von entscheidender
Bedeutung. Dies gilt insbesondere für das breit gefä−
cherte Insertionsareal femoralseitig. Wird die Fossa in−
tercondylaris in Uhrzeiten eingeteilt, dann sehen wir
zwischen 12 Uhr und 5 Uhr (für ein rechtes Kniegelenk)
dieses breite Insertionsareal (Abb. 17 ). Mit der Doppel−
bündel−Rekonstruktion mit Ersatz des anterolateralen
und des posteromedialen Bündels haben wir die beste
Möglichkeit, dieses breite femorale Insertionsareal ana−
tomisch zu rekonstruieren und die komplexe Kinematik
des hinteren Kreuzbandes zu simulieren. Biomechani−
sche Untersuchungen bestätigen diesen Vorteil gegen−
über der Einbündel−Rekonstruktion (Harner et al.
2000). Nachteilig ist allerdings, dass für die anatomi−
sche Rekonstruktion in Doppelbündel−Technik 2 wert−
volle Transplantate verwendet werden. Dies ist sicher−
lich einer der Gründe, warum manche Autoren die
Bandverletzungen am Kniegelenk
Abb. 19 n
a Der durchges−
huttelte Fiber−
Wire−Faden
(blau) liegt im
AL−Kanal bei
1 Uhr.
b Bohren des
PM−Kanales bei
4 Uhr. Deutlich
zu erkennen ist
die gewünschte
Divergenz zwi−
schen beiden
femoralen Bohr−
kanälen.
Abb. 18 n Überbohren des K−Drahtes für die Anlage eines AL−Ka−
nales erfolgt über den tief anterolateralen Zugang (Pfeil).
Einkanaltechnik bei der chronischen HKB−Insuffizienz
bevorzugen mit Ersatz lediglich des funktionell wert−
volleren anterolateralen Bündels (AL−Bündel). Das pos−
teromediale Bündel (PM−Bündel) und das anteriore
meniskofemorale Ligament (Humphrey−Band) können
hierbei erhalten werden.
Der femorale Tunnel beider Bündel kann unter di−
rekter arthroskopischer Sicht in der Inside−out−Technik
exakt angelegt werden. Das Arthroskop ist hierbei me−
dial. Die Verwendung eines zusätzlichen femoralen
medialen Hautschnittes wie bei der Outside−in−Technik
ist hier nicht erforderlich. Wir empfehlen die weit ante−
riore Platzierung beider Tunnels nahe an der Knorpel−
Knochen−Grenze. Es erfolgt für beide Bündel das Vor−
bohren eines Zieldrahtes und nach Positionskontrolle
die Überbohrung. Der femorale Kanal für das postero−
mediale Bündel (PM−Kanal 4 Uhr, rechtes Knie, wird
über den hoch anterolateralen Zugang und der AL−Ka−
nal, 1 Uhr, über den tief anterolateralen Zugang gebohrt
(Abb. 18 ). Hierdurch wird die gewünschte Divergenz
der femoralen Bohrkanäle erzielt (Abb. 19 a u. b). Durch
die beiden Kanäle wird anschließend transfemoral je
ein reißfester Faden durchgeshuttelt. Beide Fäden kom−
men dann im lateralen Portal zu liegen.
" Cave. Die Gefahr des Durchbruchs durch die Femur−
kortikalis ist medialseitig (HKB−Kanal) größer als late−
ralseitig (VKB−Kanal).
Abb. 20 n Anla−
ge des tibialen
Bohrkanales mit
dem Zielgerät.
Tibiale Tunnelpositionierung. Über den dorsomedialen
Zugang erfolgt die Freilegung und Darstellung der
hinteren Tibiakante und Präparation des tibialen Inser−
tionsareal mit dem Shaver. Anschließend Wechsel des
Arthroskops nach posteromedial und Einführen des
tibialen Zielgerätes von ventral in das mediale Portal
(Abb. 20 ) und Positionierung im HKB−Insertionsareal an
der Tibiarückseite. Anschließend erfolgt von ventral das
Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 1
ê 2006 ê 391 ± 414
401
Beckengürtel und untere Extremität
Platzieren des tibialen Zieldrahtes mit voreingestellter
Länge bis ca. 15 mm unterhalb des Tibiaplateaus. Das
Überbohren durch die dorsale Tibiakortikalis und die
korrekte Lage an der Tibiarückseite kann über den pos−
teromedialen Zugang sehr gut arthroskopisch kontrol−
liert werden. Zusätzliche Durchleuchtungskontrollen
sind hierbei meistens nicht erforderlich, sollten aber bei
schlechter arthroskopischer Sicht unbedingt erfolgen.
" Cave. Zieldraht und Bohrer keinesfalls unkontrol−
liert durch die dorsale Tibiakortikalis bohren (A. und
V. poplitea, N. tibialis).
Über den tibialen Bohrkanal wird nun ein sog. Goretex−
Smoother eingezogen (Abb. 21 ). Dieser wird einmal
dazu benutzt, um tibial die Kortikalis aufzurauen (bes−
sere Durchblutung) und um die sog. ¹Killer Curve“ zu
brechen. Mithilfe dieses Smoothers wird dann ein Faden
durch den tibialen Bohrkanal eingefädelt und die
2 Shuttlefäden aus dem PM− und AL−Kanal angeschlun−
gen und tibial ausgeleitet. Da das HKB kaum eine ex−
Abb. 22
n
Fixation beider Bündel tibial in Streckung.
tensionsnahe Stabilisierung in der Rotationsebene be−
sitzt, ist das ¹Überkreuzen“ beider Bündel (wie beim
VKB) nicht notwendig. Die Anlage eines tibialen Kanals
ist aus diesem Grund ausreichend.
Transplantateinzug und Transplantatfixation. Es er−
folgt der Einzug beider Transplantate, wobei das ge−
doppelte Gracilistransplantat als posteromediales Bün−
del und das kräftigere Semitendinosustransplantat als
das anterolaterale Bündel verwendet wird. Beide Bün−
del lassen sich mithilfe des Tasthakens und femoralem
Zug in die entsprechenden Kanäle einziehen. Nach Not−
chen beider femoralen Bohrkanäle erfolgt zuerst die fe−
morale Fixation des posteromedialen Bündels mit einer
bioresorbierbaren Schraube. Das Kniegelenk wird nun
gestreckt und beide Transplantate tibialseitig ebenfalls
mit einer bioresorbierbaren Interferenz−Schraube fi−
xiert (Abb. 22 ). Zuletzt erfolgt unter 808 Flexion die Fi−
xation des anterolateralen Bündels femoralseitig.
" Cave. Die Transplantatfixation erfolgt allseits bei
vorderer Schublade, um eine posteriore Translation
und damit eine Fixation der Transplantate in hinterer
Schublade zu verhindern, und mit einer Transplantat−
vorspannung von 80 N.
Abb. 21
kante.
402
n
a u. b Goretex−Smoother zur Brechung und Abrundung der dorsalen Tibia−
Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 1
ê 2006 ê 391 ± 414
Knöcherner HKB−Ausriss. Der dislozierte, isolierte hin−
tere knöcherne Kreuzbandausriss kommt häufig im
adoleszenten Alter vor und wird je nach Fragmentgröße
mittels Kleinfragmentschrauben bzw. transossärer
Nahttechnik refixiert. Ein dorsaler kleiner Zugang durch
den M. gastrocnemius ist hierbei für eine gute Übersicht
meist ausreichend. Bei stabiler osteosynthetischer
Fragmentrefixation wäre generell eine frühfunktionelle
Nachbehandlung erlaubt. Allerdings kommt es häufig
Bandverletzungen am Kniegelenk
im Rahmen des Traumas kurz vor dem knöchernem
Ausriss zu intraligamentären Schädigungen (Mikrorup−
turen), sodass wir auch hier die Anlage einer PTS−Schie−
ne postoperativ über 6 Wochen empfehlen.
Komplikationen
Neben den bereits in Teil I besprochenen Komplikatio−
nen bestehen neben den allgemeinen chirurgischen
Komplikationen die im Folgenden aufgeführten spe−
ziellen Komplikationsmöglichkeiten.
Kompartmentsyndrom. Massive Weichteilschwellung
durch Austritt der Arthroskopieflüssigkeit bei komple−
xer Kapsel−Band−Zerreißung (Operationszeitpunkt > 10
Tage nach Trauma beachten!).
Gefäß−Nerven−Verletzung.
Blutung, Aneurysma bzw. Ischämie (A.poplitea/
Seitenäste) bei tibialer Bohrkanalanlage,
n
N. tibialis (sehr selten),
n
N. peroneus (posterolaterale Stabilisierung),
n
N. saphenus/R. infrapatellaris (Transplantatent−
nahme).
n
Transplantatlockerung.
Zu starke dorsale tibiale Transplantatumleitung,
sog. ¹Killer Curve“,
n
zu aggressive bzw. insuffiziente krankengymnasti−
sche Nachbehandlung,
n
Transplantatverletzung durch femorale Biointer−
ferenzschraube (Notchen),
n
tibialer Bohrkanal dorsalseitig zu hoch angelegt
(Durchleuchtungskontrolle).
n
Osteonekrose des medialen Femurkondylus. Subchon−
dral tangential verlaufender femoraler Bohrkanal.
Hintergrund
Fallstricke
n
Pseudoelongation des VKB (¹Floppy ACL“) bei HKB−Insuffi−
zienz
n
nichterkannte Begleitpathologien:
± fixierte hintere Schublade (gehaltene Aufnahme auch in
vorderer Schubladenposition!)
± Varusdeformität (siehe komplexe Instabilität)
± posterolaterale Begleitinstabilität
Nachbehandlung
1. ± 6. postoperative Woche. Der Erfolg der Nachbe−
handlung nach Ersatz des hinteren Kreuzbandes ist ne−
ben einer guten Operationstechnik auch abhängig von
einer adäquaten Physiotherapie. Diese beginnt bereits
am Operationstag. Postoperativ erfolgt bereits auf dem
Operationstisch die sofortige Anlage einer PTS (Poste−
rior Tibia Support)−Schiene, das Knie wird gekühlt und
hochgelagert. Der Patient erlernt die statische/isome−
trische Anspannung des M. quadriceps femoris zur Ver−
meidung von Atrophien. In der Technik ¹Spannen im
Sekundenrhythmus“ dient sie als abschwellende Maß−
nahme. Die manuelle Patellamobilisation hilft bei der
Vermeidung von Adhäsionen im Bereich des femoropa−
tellaren Gelenkes.
Um die Beweglichkeit zu verbessern und mögliche
Verklebungen im femorotibialen Gelenk zu vermeiden,
wird das Kniegelenk ab dem 1. postoperativen Tag pas−
siv aus der Bauchlage heraus durch den Therapeuten
schmerzabhängig bis maximal 908 bewegt. Dieser Be−
wegungsumfang sollte bis zur 6. postoperativen Woche
erreicht bzw. gehalten werden. Für die Selbständigkeit
im Alltag erlernen die Patienten den Transfer von der
Rückenlage im Bett bis zur Fortbewegung unter Teilbe−
lastung von ca. 20 kg an 2 Unterarmgehstützen und zu−
rück. Teilbelastung von ca. 20 kg ist in den ersten 6 Wo−
chen erlaubt.
In diesem 6−Wochen−Zeitraum ist eine aktive Kon−
traktion der ischiokruralen Muskulatur verboten, um
eine hintere Schublade zu verhindern. Im weiteren Ver−
lauf der ersten postoperativen Wochen werden in der
Therapie u. a. Techniken aus dem Bereich des Behand−
lungskonzepts PNF angewandt (kontralaterale oder
Armpattern, später auch am betroffenen Bein). Mus−
kelstimulation mittels Elektrotherapie zur ergänzenden
Atrophieprophylaxe wird ebenso eingesetzt wie das ex−
zentrische Quadrizepstraining aus sitzender Position,
beginnend am 7. postoperativen Tag (Semi−T−Ersatz)
bzw. am 14. postoperativen Tag (Patellarsehnenersatz).
Der Patient nimmt während des stationären Aufenthal−
tes regelmäßig an einer Kniegruppe teil, in der er unter
Belassung der PTS−Schiene Übungen zur allgemeinen
Beinkräftigung erlernt, welche er selbständig als wei−
terführendes Training zu Hause durchführen kann. Zu−
sätzlich beginnt schon während dieses Aufenthaltes ein
dosiertes Propriozeptions− und Koordinationstraining.
Ab der 6. postoperativen Woche. Nach der Entlassung
aus dem Akuthaus wird die Therapie wie oben ange−
führt ambulant fortgesetzt. Ab der 6. postoperativen
Woche wird eine Verbesserung der Knieflexion über
90 8 bis hin zum individuell physiologischen Maß ange−
strebt. Die aktive Spannung der ischiokruralen Musku−
latur im geschlossenen System wird zu diesem Zeit−
Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 1
ê 2006 ê 391 ± 414
403
Beckengürtel und untere Extremität
punkt unter therapeutischer Anleitung begonnen. Der
Übergang von der Teil− zur Vollbelastung ist schmerz−
und schwellungsabhängig. Gleichfalls ist der Wechsel
von der PTS−Schiene auf die PCL−Schiene (bis zur
24. Woche postop.) abhängig vom ärztlichen Befund bei
der obligatorischen Kontrolluntersuchung zu diesem
Termin. Sportartspezifisches Training wird nach Ab−
sprache mit dem Operateur unter therapeutischer An−
leitung in der Regel ab der 12. postoperativen Woche
erlaubt. Der permanente Dialog zwischen Arzt und
Therapeut ist Grundvoraussetzung für eine für den Pa−
tienten optimale Nachbehandlung.
" Zu beachten ist, dass spezifische patientenbezoge−
ne Befunde hierbei immer über einem schematisierten
Nachbehandlungszeitrahmen stehen.
Abb. 23 n Posterolaterale Instabilität. Deutlich vermehrte laterale
Aufklappbarkeit.
Komplexe Instabilität
Komplexe Instabilitäten entstehen nicht selten aus ei−
ner ursprünglich nichterkannten bzw. unterschätzten
und daher falsch behandelten kombinierten Kapsel−
Band−Verletzung. So weiß man heute zum Beispiel, dass
eine nichtversorgte posterolaterale Begleitinstabilität
nach isolierter operativer Rekonstruktion des vorderen
bzw. hinteren Kreuzbandes einer der häufigsten Gründe
für die später auftretende Insuffizienz dieser zentralen
Bänder darstellt.
Vorgehen bei kombinierter Instabilität
Anteromediale Instabilität (VKB + medialer Seiten−
bandkomplex). Die Kombination aus VKB−Insuffizienz
und medialer Instabilität ist häufig und im chronischem
Stadium, je nach Instabilitätsgrad, schwierig zu behan−
deln. Wir empfehlen bei:
n
Grad I: alleinige VKB−Ersatzplastik,
n
Grad II: VKB−Ersatzplasik + ggf. Innenbandstichelung
zur Narbeninduktion,
n
Grad III: VKB−Ersatzplastik + mediale Rekonstruktion
(akut: Naht ± chronisch: ggf. Raffung oder Ersatz).
Anterolaterale Instabilität (VKB + lateraler Seitband−
komplex, selten!). Die Stabilisierung der posterolatera−
len Gelenkecke (Naht oder modifizierte Larson−Plastik )
sollte bei Instabilität zusätzlich und einzeitig zum Er−
satz des vorderen Kreuzbandes erfolgen.
Posteromediale Instabilität (medialer Seitenbandkom−
plex + HKB). Im chronischen Stadium erfolgt die zu−
sätzliche posteromediale Stabilisierung mittels Band−
plastik nur bei höhergradiger Instabilität (siehe antero−
mediale Instabilität ). Im akuten Stadium erfolgt zum
HKB−Ersatz die Naht der posteromedialen Gelenkecke.
404
Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 1
ê 2006 ê 391 ± 414
Posterolaterale Instabilität (lateraler Seitenband−
komplex + HKB, häufig!). Die posterolaterale Gelenk−
ecke (Arkuatumkomplex, laterales Seitenband, M. po−
pliteus) ist die häufigste Begleitläsion bei HKB−
Insuffizienz und der wichtigste sekundäre Stabilisator
gegen die dorsale Tibiatranslation (Harner et al. 2000).
Klinisch zeigt sich eine vermehrte Außenrotation in 30 8
Beugung. Bei vermehrter Außenrotation auch in 90 8
Beugung muss an eine begleitende HKB−Insuffizienz
gedacht werden. Wichtig hierbei ist, eine begleitende
Varusdeformität zu erkennen. Arthroskopisch zeigt sich
in der Viererposition eine vermehrte Aufklappbarkeit
des lateralen Gelenkspaltes mit kompletter Übersicht
auf den Außenmeniskus (Abb. 23 ).
Wir empfehlen bei Kombinationsverletzung als
Transplantat die ipsilaterale Semitendinosus−Gracilis−
Sehne für den erforderlichen HKB−Ersatz und bei ge−
planter Sehnenaugmentation für die posterolaterale
Gelenkstabilisierung die Verwendung der kontralate−
ralen Semitendinosussehne:
n
Akut: einzeitig: HKB−Ersatz + posterolaterale
Rekonstruktion (Naht),
n
Chronisch: einzeitig: HKB−Ersatz + posterolaterale
Stabiliserung (Larson−Plastik, Abb. 24 u. 25 )
VKB− und HKB−Insuffizienz. Siehe Kniegelenkluxation.
Begleitende Varus−Valgus−Deformität
Bei allen Instabilitäten sollte bei klinischem Verdacht
auf eine Beindeformität im Sinne eines Genu valgum
bzw. Genu varum eine Ganzbeinaufnahme im Zwei−
beinstand erfolgen und ggf. die erforderliche Achskor−
rektur der Bandrekonstruktion vorausgehen oder ein−
zeitig zur Bandrekonstruktion erfolgen. So kommt es
Bandverletzungen am Kniegelenk
Tibiaaußenrotation und Extension (Genu recurvatum,
Imhoff et al. 2004).
n
Abb. 24
n
Modifizierte Larson−Plastik.
z. B. bei der posterolateralen Rotationsinstabilität zu ei−
nem Wandern des Rotationszentrums in das postero−
mediale Kompartiment mit erheblicher medialer
Druck− und Scherbelastung. Verstärkt wird dieses Phä−
nomen durch eine zunehmende Varusdeformität. In
Abhängigkeit vom Grad der Varusdeformität kommt es
hierbei zum rasanten Verschleiß der medialen Gelenk−
fläche. Die länger bestehende Varusinstabilität mit zu−
nehmender medialer Überlastung, Dehnung des latera−
len Bandapparates und Schädigung der posterolateralen
Gelenkecke (M. politeus, Lig. popliteum arcuatum,
posterolaterale Kapsel) führt zum Durchschlagen des
Kniegelenkes in die Überstreckung und letztendlich
zum sog. ¹Varus Thrust“ bzw. dem sog. ¹Triple−Varus−
Knie“ mit posterolateraler Instabilität, verstärkter
Therapie
Die alleinige Ersatzplastik des HKBs mit einer kombi−
nierten posterolateraler Rekonstruktion würde in die−
sen Fällen fehlschlagen und der bestehenden komple−
xen Instabilität und medialen Überlastung nicht gerecht
werden. Die valgisierende hohe tibiale Umstellungsos−
teotomie, ggf. mit Erhöhung der Reklination der tibialen
Gelenkfläche (¹tibial slope“) sowie die posterolaterale
Rekonstruktion ist in diesen Fällen indiziert und sollte
kombiniert zur Rekonstruktion des HKBs angewandt
werden. In Einzelfällen kann bei älteren Patienten durch
eine fortgeschrittene Arthrose bzw. niedrigem Aktivi−
tätsanspruch die alleinige Achskorrektur ausreichend
und indiziert sein.
Für die Korrektur von Achsfehlstellungen am Kniege−
lenk stehen verschiedene Techniken zur Verfügung. Wir
empfehlen bei begleitender und geplanter posterolate−
raler bzw. lateraler Seitenbandrekonstruktion, die Ope−
ning−Wedge−Osteotomie durchzuführen, um die Osteo−
tomie des Fibulaköpfchens (Closed−Wedge−Osteotomie)
zu vermeiden, wo die Verankerung bzw. Umleitung der
lateralen Rekonstruktion erfolgt.
Bei Varusdeformität > 5 8 sollte zur geplanten VKB− bzw.
HKB−Ersatzplastik die valgisierende hohe tibiale Um−
stellungsosteotomie mit zusätzlicher Korrektur der
posterioren Neigung des Tibiaplateaus im Sinne der
Slope−Korrektur erfolgen. Hierdurch kann z. B. bei HKB−
Insuffizienz durch Erhöhung des tibialen Slopes die
pathologische Hyperextension des Kniegelenkes ver−
ringert und die hintere Schublade unter Belastung
ebenfalls vermindert werden.
Abb. 25 n Posterolaterale Stabilisierung mit freiem Semitendinosustransplantat. a Durchzug der Sehne durch das Fibulaköpfchen und Umleitung nach proxi−
mal. b Beide Sehnenenden liegen nun proximal auf Höhe des lateralen Femurcondylus. c Fixation der Sehne am isometrischen Punkt mit Biotenodeseschraube.
Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 1
ê 2006 ê 391 ± 414
405
Beckengürtel und untere Extremität
Kniegelenkluxation
Abb. 26 n Zusammenhang zwischen tibialem Slope und femorotibialem Gleiten.
a Slope−Erniedrigung. Zunahme der dorsalen Tibiatranslation. VKB−Entlastung.
b Neutralposition.
c Slope−Erhöhung: Abnahme der dorsalen Tibiatranslation. HKB−Entlastung.
Bei der Kniegelenkluxation handelt es sich um die
schwerste und seltenste Bandverletzung des Kniege−
lenkes, bei der es in aller Regel zur Ruptur beider
Kreuzbänder und weiteren Kapsel−Band−Verletzungen
sowie Knorpel− und Meniskus−Schäden kommt. Bei
diesen meist hochenergetischen Traumata kommt es
häufig zur Verletzung neurovaskulärer Strukturen. Die
unmittelbare Behandlung kann bei entsprechender Ge−
fäß−Nerven−Beteiligung eine sofortige Reposition am
Unfallort notwendig machen. Ansonsten sollte zuerst
die Röntgendiagnostik zum Ausschluss begleitender
knöcherner Verletzungen und zum Erkennen der Luxa−
tionsrichtung erfolgen. Die Erhebung des neurovasku−
lären Status vor und nach Reposition im Seitenvergleich
ist obligat und bestimmt die weiteren therapeutischen
Schritte.
Epidemiologie und Ätiologie
Aufgrund der Möglichkeit der spontanen Reposition ist
die wirkliche Anzahl der Kniegelenkluxationen nicht
bekannt. Häufigste Ursache der Kniegelenkluxation
beim Hochrasanztrauma ist der Anprall des Kniegelen−
kes an das Armaturenbrett bei Autounfällen (dash−
board−injury). Es kommt hierbei zur dorsalen Kniege−
lenkluxation. Die häufigste Ursache einer ventralen
Kniegelenkluxation (Abb. 27) ist das Hyperextensions−
trauma, welches sowohl beim Motorradsturz, aber auch
bei Kontaktsportarten wie z. B. American Football, Rug−
by oder Fußball gehäuft vorkommt. Aber auch der ein−
fache Tritt in ein Loch kann hierbei ursächlich sein. Bei
der ventralen Luxation finden sich am häufigsten Ver−
letzungen der Gefäße. Eine Begleitläsion der A. poplitea
findet sich in 20 ± 40 % aller Kniegelenkluxationen,
wohingegen v. a. bei der dorsolateralen Luxation eine
Läsion des N. peroneus in bis zu 33 % vorliegen kann
(Merrill 1994).
Hintergrund
Klassifikation
Abb. 27
n
Röntgenbild Kniegelenkluxation. a A.±p. b Seitlich.
Nach Stellung der Tibia gegenüber dem Femur werden 5 Typen
der Kniegelenkluxation beschrieben:
Indikation.
n
Slope−Erniedrigung bei VKB−Insuffizienz: Femur
gleitet nach ventral und Tibia nach dorsal.
n
Slope−Erhöhung bei HKB−Insuffizienz: Femur gleitet
nach dorsal und Tibia nach ventral (Imhoff et al.
2004, Abb. 26 ).
406
Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 1
ê 2006 ê 391 ± 414
n
ventral,
n
dorsal,
n
medial,
n
lateral
n
Rotations− bzw. Kombinationsluxationen.
Bandverletzungen am Kniegelenk
Diagnostik
n
Klinik
Das Knie ist im luxierten Zustand stark deformiert und
nicht belastbar. Massive Ergüsse bzw. ein Hämarthros
können durch die ausgeprägten Kapsel−Band−Zerrei−
ßungen fehlen und sollten nicht dazu verleiten, die Ver−
letzung zu bagatellisieren. Das Kniegelenk wird meist in
208 Beugeschonhaltung gehalten. Die Überprüfung der
Bandstabilität sollte sorgsam und erst nach Ausschluss
einer Fraktur bzw. von Gefäß−Nerven−Verletzungen er−
folgen. Die sorgfältige Überprüfung der Durchblutung,
Motorik und Sensibilität hat oberste Priorität. Zu be−
achten ist, dass trotz einer Verletzung der A. poplitea
die Füße warm sein können und die peripheren arte−
riellen Fußpulse noch erhalten sein können. Eine si−
ckernde Blutung oder ein sich entwickelndes Kompart−
mentsyndrom darf keinesfalls übersehen werden.
n
Bildgebende Verfahren
Bei klinischem Verdacht auf eine Verletzung der
A. poplitea erfolgt die doppler−sonographische Unter−
suchung, ggf. eine Arteriographie bzw. eine CT− oder
MRT−Angiographie. Röntgenologisch werden knöcherne
Verletzungen ausgeschlossen.
Therapie
n
Konservative Therapie
Die konservative Therapie bleibt den sehr seltenen Ein−
zelfällen vorbehalten, bei denen es lediglich nur zur
Ruptur eines der beiden Kreuzbänder kommt und vas−
kuläre Begleitverletzungen ausgeschlossen sind. In die−
sen Fällen ist aber beim jungen aktiven Patient der Er−
satz des vorderen bzw. hinteren Kreuzbandes trotzdem
zu empfehlen, sodass die konservative Therapie nur als
vorübergehende Maßnahme angesehen werden kann.
Die alleinige konservative Therapie bleibt somit den
absoluten Ausnahmefällen vorbehalten:
n
älterer inaktiver Patient,
n
keine Begleitverletzung,
n
geringer Leidensdruck,
n
fortgeschrittene Arthrose.
n
Operative Therapie
Die Erstbehandlung einer Kniegelenkluxation liegt in
der sofortigen geschlossenen Reposition und Schienung
des Gelenkes unter Kontrolle des Gefäß−Nerven−Status.
Eine geschlossene Reposition kann bei v. a. bei der dor−
solateralen Luxation erschwert bzw. verhindert sein.
Eine sofortige offene Reposition ist unabdingbar. Auch
nach Reposition kann eine hoch instabile Situation ver−
bleiben mit der Gefahr der Reluxation. Neben der Ru−
higstellung in einer Orthese kommt auch eine tempo−
räre Transfixation des Kniegelenkes mittels Fixateur
externe, insbesondere bei polytraumatisierten Patien−
ten zur Anwendung.
" Eine > 8 Stunden bestehende Gefäßverletzung geht
mit einem Amputationsrisiko von ca. 86 % einher
(Green 1977).
Natürlich hat die Stabilisierung des Herz−Kreislauf−Sys−
tems und die Versorgung instabiler Frakturen der oft−
mals polytraumatisierten Patienten absolute Priorität.
Bei Notwendigkeit gefäßrekonstruktiver Verfahren und
bei offenen Frakturen erfolgt die temporäre Fixation der
Fraktur mittels Fixateur externe. Eine ausgedehnte Fas−
ziotomie kann bei drohendem Kompartmentsyndrom
ebenfalls erforderlich sein. Von Vorteil ist es, wenn be−
reits in dieser Phase die Ausdehnung der Kapsel−Band−
Verletzung erkannt und differenziert werden kann, um
die später notwendigen therapeutischen Schritte pla−
nen zu können. Eine frühzeitige interdisziplinäre Ab−
sprache ist wünschenswert, um einer verspäteten Di−
agnostik entgegenzuwirken.
Ruptur des vorderen und hinteren Kreuzbandes. Eine
Luxation des Kniegelenkes durch ein schweres Hyper−
extensionstrauma geht meist mit einer kombinierten
Verletzung beider Kreuzbänder einher. Man sollte
grundsätzlich beide Bänder mit einer rekonstruktiven
Bandplastik in einem Operationsschritt ersetzen. Das
HKB−Transplantat wir hierbei in vorderer Schubladen−
position und 90 8 Kniebeugung fixiert, erst danach er−
folgt die Fixation des VKB−Transplantat in strecknaher
Position. Eine Fixation in der hinteren Schublade muss
dabei unbedingt vermieden werden; aus diesem Grun−
de sollte keinesfalls ein alleiniger Ersatz des vorderen
Kreuzbandes erfolgen. Ein hierbei möglich fixiertes vor−
deres Kreuzband in dorsaler Subluxationsstellung hätte
ein in seiner Biomechanik stark gestörtes Gelenk zur
Folge. Auch der isolierte HKB−Ersatz ist nicht zu emp−
fehlen, da zu hohe Scherkräfte auf dem medialen Kom−
partiment mit frühem Verschleiß des Gelenkknorpels
resultieren würde (Strobel et al. 2001, Fanelli et al.
1996). Bei kombinierter vorderer und hinterer Instabili−
tät sollte in einem Schritt der Ersatz des vorderen und
hinteren Kreuzbandes erfolgen (Abb. 28 ).
Ruptur des vorderen u. hinteren Kreuzbandes sowie
lateraler und lateraler−/posterolateraler Strukturen.
Bei einer komplexen Kapsel−Band−Zerreißung mit kom−
binierter Verletzung des VKBs und HKBs sowie der la−
teralen und posterolateralen Gelenkecke empfehlen wir
den arthroskopischen Ersatz beider Kreuzbänder und
Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 1
ê 2006 ê 391 ± 414
407
Beckengürtel und untere Extremität
Nachbehandlung richtet sich nach den rekonstruierten
Strukturen; in diesen Fällen also nach dem HKB−Nach−
behandlungsschema.
Prognose
Abb. 28
n
Ersatzplastik VKB und HKB in Doppelbündel−Technik.
Rekonstruktion der posterolateralen Kapsel−Band−
Strukturen. Aufgrund der Komplexität des operativen
Eingriffes ist ein zweizeitiges Vorgehen gerechtfertigt.
Hierbei sollte im ersten Schritt die Rekonstruktion des
HKBs und der posterolateralen Ecke erfolgen und im
zweiten Schritt die Rekonstruktion des VKBs. Prinizi−
piell ist auch das einzeitige Vorgehen möglich.
Im Zweifel kann eine Staging−Arthroskopie weiter
Aufschluss über das wahre Ausmaß der Verletzungen
geben und ein zweizeitiges Vorgehen bedingen. Die
Tabelle 4
Bewertung der Kniegelenkbeeinträchtigung bei GUV (MdE) und PUV
Die Prognose der verschiedenen Kapsel−Band−Verlet−
zungen und ihrer Rekonstruktionen ist entscheidend
davon abhängig, ob es sich um isolierte oder kombi−
nierte bzw. akute oder chronische Instabilitäten han−
delt. Ein weiterer wesentlicher Faktor sind die Menis−
kus− und Knorpelbegleitverletzungen sowie die korrekt
durchgeführte Nachbehandlung.
Die Ergebnisse in der vergleichenden internatio−
nalen Literatur hinsichtlich der Kapsel−Band−Rekons−
truktionen unterscheiden sich erheblich in der
Zusammensetzung der verwendeten Transplantate, der
Fixationstechniken, des Patientenkollektivs, der Nach−
behandlung, aber auch des Nachuntersuchungszeit−
raums. Noch schwieriger wird der Vergleich bei kombi−
nierten Kapsel−Band−Rekonstruktionsverfahren, wie
z. B. der arthroskopisch assistierten vorderen und hin−
teren Kreuzbandrekonstruktion, aufgrund der sehr
kleinen Fallzahlen und der fehlenden Ergebnisse im
Langzeitverlauf (Imhoff et al. 1998). Bei der Kniegelenk−
luxation mit kombinierter Ruptur beider Kreuzbänder
sowie der posteromedialen bzw. lateralen Strukturen
wird das präoperative Aktivitätsniveau meistens nicht
mehr erreicht. Wichtig ist es hierbei, die Anspruchs−
und Erwartungshaltung des Patienten auf ein realisti−
sches Maß zu reduzieren. Die Mitversorgung der ver−
letzten posteromedialen bzw. lateralen Strukturen ist
entscheidend. Weiterhin entscheiden begleitende Ge−
fäß−Nerven−Verletzungen ganz erheblich über die wei−
tere Prognose.
MdE (in %)
Beinwert (B)
muskulär kompensierbar
10
1/10
Begutachtung
komplex, unvollständig kompensierbar
20
1/5
E/F: 0 ± 0 ± 90 8
10
1/10
E/F: 0 ± 30 ± 90 8
30
1/3
E/F: 0 ± 20 ± 20 8
40
1/2
Genu varum/valgum
10 ± 40
1/10 ± 1/2
Ausfall N. peroneus communis
30
4/10
In der gesetzlichen Unfallversicherung (GUV) wird die
Erwerbsfähigkeit vor dem Unfall mit 100 % angenom−
men und anschließend beurteilt, um wie viel Prozent
die Erwerbsfähigkeit durch die Unfallfolgen gesunken
ist. Das Leistungsdefizit wird dabei gebräuchlich mit
dem Begriff der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE)
in Prozent bewertet. Entscheidend sind exakte Zahlen−
angaben (z. B. 10 % oder 80 %) und die individuelle Beur−
teilung.
Analog zur GUV wird bei der privaten Unfallversi−
cherung (PUV) die durch den Unfall verursachte Funk−
tionseinschränkung der einzelnen Extremitäten nach
der sog. Gliedertaxe in Bruchteilen des betroffenen
Gliedmaßenabschnittes (Beinwert) beurteilt (Tab. 4).
Instabilität
Bewegungsdefizit
Achsfehler
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Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 1
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Bandverletzungen am Kniegelenk
Hilfreiche Algorithmen
VKB akut
VKB chronisch
Arthrose
Varus < 5°
Varus > 5°
konservativ
VKB-EPL
VKB-EPL + HTO
Arthrose
konservativ/
bikondylärer
Ersatz
HKB akut
Varus < 5°
Varus > 5°
unikondylärer
Ersatz +
VKB-EPL
HTO +
Slope
Erniedrigung
ohne
Achsfehler
HTO + Slope
Erniedrigung +
VKB-EPL
VKB-EPL
Komplexe Instabilität/Knieluxation
HSL < 10 mm
konservativ
unikompartimentell
Pangonarthrose
mit
Achsfehler
keine RotationsInstabilität
Rotations-Instabilität
(PL)
HKB-EPL
HKB-EPL +
PL-Rekonstruktion
(Naht)
1. akut
2. nach 2 Wochen
3. chronisch
Abklärung
Vitalfunktion
Gefäß-Nerven-Ruptur
(Doppler-DopplerSonografie, Angiografie)
Rekonstruktion/Refixation
PL-Ecke, Innen-Außenband
knöcherne Ausrisse VKB+HKB
Meniskus, Knorpel-KnochenFragmente
individuelle
Therapieentscheidung
siehe Schema
VKB/HKB/Insuffizienz
1.
2.
3.
4.
Notfall-Therapie
Reposition
Stabilisierung (Fix. ext.)
Rekonstruktion GefäßNerven
Bandplastik
zentrale Stabilisatoren
VKB-HKB
HBK chronisch
fixierte HSL
PTS-Schiene
nicht
reponiert
reponiert
konservativ
HKB-EPL
reponiert
keine Rotationsinstabilität
reponiert
Rotationsinstabilität PL
reponiert
Arthrose
gerade Achse
Varus > 5°
gerade Achse
Varus > 5°
mediale Arthrose
Varus > 5°
Pangonarthrose
mediale Arthrose +
gerade Achse
HKB-EPL
1. HTO +
Slope-Erhöhung
HKB-EPL +
PL-Plastik
1. HTO +
Slope-Erhöhung
HTO +
Slope-Erhöhung
konservativ /
Prothese
bleibende
Instabilität
bleibende
Instabilität
2. HKB-EPL
2. HKB-EPL +
PL-Plastik
ggfs. einzeitig
zu 1. HTO
Legende: EPL = Ersatzplastik; HSL = Hintere Schublade; HTO = Hohe tibiale Umstellungsosteotomie; PL = Posterolaterale Instabilität
Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 1
ê 2006 ê 391 ± 414
409
Beckengürtel und untere Extremität
Abbildungsnachweis
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Korrespondenzadresse
Dr. med. Michael G. Ulmer
Abteilung und Poliklinik für Sportorthopädie
Technische Universität München
Connollystr. 32
80809 München
Telefon: 089/289−24462
Literatur
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Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 1
ê 2006 ê 391 ± 414
Telefax: 089/289−24474
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