FARBEN AUS DER NATUR - FARBEN SELBER HERSTELLEN

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FARBEN AUS DER NATUR - FARBEN SELBER HERSTELLEN
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FARBEN AUS DER NATUR - FARBEN SELBER HERSTELLEN
Australien, bemalte Baumrinde, Arnhemland, Genf, Ethnografisches Museum
Hinweise zu Verfahren
Pigmente
Selber hergestellte Malfarben werden wie alle Farben aus drei Bestandteilen gemischt:
Pigment+ Bindemittel + Lösemittel
Pigmente sind unlösliche, sehr fein zerriebene Pulver aus anorganischen Stoffen (z.B. Erden),
vereinzelt auch organischen Ursprungs (z.B. Kohle).
Im Rahmen des Unterrichtes eignen sich für die Farbenherstellung besonders
verschiedenfarbige Erden, Mergel (Sedimentgestein der Mischungsreihe Ton-Kalk) und weiche
Gesteine, die in Wegeinschnitten, Bachtobel oder Runsen an die Erdoberfläche treten. Ferner:
Kohle, Asche, Russ, Ziegelsteine, Kreide, Gipsbrocken.
Die Farbtonskala der natürlichen Pigmente ist beschränkt, reine Farben fehlen. Pigmente, allerdings meist synthetisch hergestellte, sind auch im Handel erhältlich. Dieses Sortiment umfasst
mehr Farbtöne.
Achtung: Farben aus zerriebenen Pflanzenteilen, Gewürzen oder aus Pflanzensud sind
schlecht haltbar und werden in diesem Zusammenhang nicht empfohlen.
Bindemittel
Das Bindemittel bindet die Pigmentteilchen aneinander und an den Malgrund. Als Bindemittel
für Pigmentfarben stehen verschiedene Substanzen zur Verfügung: Acrylbinder, Gummi arabicum, Zuckerwasser, Kleister, Lein- oder Speiseöl, Milch oder Quark (Kasein), Eiweiss (geschlagen) oder Eigelb, Bienen- oder Kerzenwachs.
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Als Bindemittel eignen sich unter anderem folgende Stoffe:
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Mehlkleister: Mehl mit Wasser vermischen bis ein flüssiger Brei entsteht.
•
Zell- oder Tapetenkleister (nach Gebrauchsanweisung)
•
Acrylbinder (z.B. Caparol)
•
Weissleim: 1 Teil Leim und 5 Teile Wasser
•
Gelatine (nach Gebrauchsanweisung)
•
Zucker: 1 Teil Zucker und 3 Teile Wasser
•
Milch: direkt verwendbar, Bindemittel ist das Kasein.
•
Kerzenwachs (ungefärbt): im Wasserbad flüssig machen und mit wenig Terpentin mischen.
Muss von Zeit zu Zeit wieder erwärmt werden.
•
Hühnerei (Eitempera): Ein Ei (1 Teil) in einem Glasgefäss kräftig schütteln, 1/2 Teil Leinöl
und 1/2 Teil Dammarfirnis (Dammar = Harz südostasiat. Bäume) zufügen und wiederum gut
schütteln, 2- 3 Teile Wasser beifügen, schütteln. Reihenfolge der Zutaten einhalten. Im
Kühlschrank haltbar.
Bindemittel, die aus mehreren Komponenten zusammengesetzt sind, werden als Emulsionen
bezeichnet. Die Benennung einer Malfarbe weist meist auf das Bindemittel hin: Oelfarbe, Leimfarbe, Acrylfarbe, Eitempera.
Als Lösemittel brauchen wir meistens Wasser. Lösemittel haben die Eigenschaft, dass sie im
Laufe des Trocknungsprozesses verdunsten. Für unsere Versuche werden die Lösemittel meist
schon den Bindemitteln beigemischt.
Hinweise zu Unterrichtsverlauf und Arbeitsprozess
Der Verlauf des Arbeitsprozesses ergibt sich aus der Sache:
•
Materialien suchen, die als Farbmittel in Frage kommen
•
Pigmente vorbereiten
•
Malfarben herstellen und verschiedene Bindemittel erproben
•
Packpapier oder Karton grundieren
•
Farbproben und Mischversuche machen sowie Farbauftragsmuster ausführen
•
Entwürfe zu einem ausgewählten Motiv
•
Ausführen der gestalterischen Arbeit
•
Werkbetrachtung im Anschluss oder vorausgehend
Die Materialsuche
Die Suche nach Erden und Gesteinen in der weiteren Umgebung ist spannend, die direkte,
sinnliche Wahrnehmung von Material und Landschaft ist bereichernd. Geologische Grundbegriffe können einbezogen werden (in Zusammenarbeit mit M+U bzw. Naturlehre).
Einfacher wird es, wenn Materialien aus der Umgebung des Schulhauses mitgebracht werden.
Beim Zusammentragen verschiedener Materialien bleibt es vorerst offen, ob sie sich für eine
Malfarbe eigenen, darum sind Versuche notwendig.
Die Vorbereitung der Pigmente
Für die Pigmente müssen Erden und Mergel zuerst getrocknet werden. Anschliessend werden
sie mit dem Hammer auf einer Unterlage (z.B. altes Kuchenblech) möglichst fein zerstampft.
Harte Gesteine werden in dieser Phase ausgeschieden. Die zerstampften Pulver werden nun
gesiebt und anschliessend in einem Mörser noch feiner gemahlen, je länger, desto feiner. Mit
dem Pistill nur mahlen, nicht hämmern (Bruchgefahr)! Das fertige Pigmentpulver wird trocken in
einer Dose aufbewahrt.
Werkzeuge: Fausthammer, altes Kuchenblech, Mörser aus Metall oder Porzellan, Kaffeesieb,
Gefässe für die fertigen Farben.
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Die Malfarben herstellen
Beim ersten Versuch, Pigment mit Wasser auf das Papier zu malen, zeigt es sich, dass der
Farbe noch ein „Klebstoff“ fehlt: das Bindemittel. Die gewählten Bindemittel müssen also
vorbereitet werden. Anschliessend wird das Pigmentpulver zunächst mit Wasser befeuchtet und
das Bindemittel in kleinen Mengen beigefügt, bis eine gut streichfähige, pastose oder dünne
Malfarbe entsteht. Einzelne Bindemittel sind nur beschränkt haltbar, Farben deshalb nur in
kleinen Mengen ansetzen.
Werkzeuge: Als Mischpaletten eignen sich Plastikverpackungen oder alte Teller aus weissem
Porzellan, Borstenpinsel. Die Reinigung der Werkzeuge erfolgt mit warmem Wasser und Seife.
Materialerfahrung
Dieser Schritt kann als Werkstatt mit verschiedenen „Forschungsplätzen“ konzipiert werden. Die
Ergebnisse werden allen zugänglich gemacht.
Probestreifen können noch folgenden Gesichtspunkten hergestellt werden:
•
Wie wirken Aufstriche, wenn das gleiche Pigment mit verschiedenen Bindemitteln verwendet wird? (Oberflächenwirkung, Hafteigenschaften der Bindemittel, Dicke der Farbschicht)
•
Welche Wirkung entsteht, wenn die Menge des Bindemittels/Lösemittels verändert wird?
(Oberflächenwirkung glänzend, matt, Dichte der Farbe, pastos-deckender oder wässerigtransparenter, lasierender Farbauftrag).
•
Welche Wirkung ergibt ein mehrmaliges Übermalen mit dünner Farbe? (Farbschichten
zuerst trocknen lassen, erst dann wieder übermalen).
•
Welche Oberflächenwirkung haben sehr fein oder sehr grob gemahlene Pigmente?
(Materialwirkung der Farbe)
•
Wie können die gemalten Flächen mit dem Pinsel strukturiert werden? (Pinselstruktur)
•
Mit welchen Werkzeugen kann die Farbe ebenfalls aufgetragen werden? (Holzstab,
Spachtel, Schwamm, Hände, aufstreuen ohne Werkzeug)
Für die Probestreifen und die nachfolgenden Arbeiten sind herkömmliche Zeichenpapiere
häufig zu dünn. Wir arbeiten deshalb mit grundiertem, festem Packpapier oder Karton. Packpapier einseitig, Karton beidseitig am besten mit verdünnter, weisser Acrylfarbe grundieren und
gut trocknen lassen (möglichst am Vortag vorbereiten).
Anmerkung zu Fachinhalt resp. thematischem Ansatz
Wie bereits festgestellt werden
konnte, ist die Farbtonskala der
selbst hergestellten Farben auf
den Braun-Rot-Ocker-Grau-Bereich beschränkt. Das Gestalten
mit diesen Farben (vor allem Tertiärfarben) steht im Vordergrund.
Eine Einschränkung auf eine
Farbe (monochrome Malerei)
oder
eine
Farbenfamilie
(Brauntöne) ist möglich.
Ein weiterer, sehr wichtiger Ansatz ist die Materialwirkung der
verschiedenen Farbmaterialien
und deren Beeinflussung mit den
Malwerkzeugen.
Niaux, Ariège (Frankreich), verwundeter Bison, mittleres Magdalénien
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Die Farboberfläche erhält damit einen Materialcharakter, der zum Berühren verleitet. Bei der
Motivwahl ist auf die eingeschränkte Farbtonskala zu achten.
Neben diesen bildnerischen Ausgangspunkten kann auch eine Werkbetrachtung oder die Beschäftigung mit einem anderen Kulturkreis Anknüpfungspunkt sein: Sowohl die Steinzeitmenschen (Höhlenmalerei, vgl. Abb. oben) als auch die Indianer Nordamerikas oder die Eingeborenen Australiens (vgl. Abb.oben) malten mit natürlichen Pigmenten.
zb 2004