Liebe Patientin, lieber Patient,
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Liebe Patientin, lieber Patient,
Akupunktur 3-8/2008 www.akupunktur-online.info Bildquelle: Digital Vision Liebe Patientin, lieber Patient, warum interessieren Sie sich für Akupunktur? Weil Sie von Erfolgen gehört haben – im nahen Familienkreis, von Bekannten oder aus der Presse? Vielleicht haben Sie auch selbst schon mit dieser Therapieform Bekanntschaft gemacht und sich von der Wirkung überzeugen können. Schön, dass die Wissenschaft immer mehr Beiträge und Nachweise für die Wirksamkeit der Methode liefert – sie erhält damit immer mehr ihren ganz offiziellen Stellenwert in der so genannten Schulmedizin. Vielleicht wird es bald so sein, dass jeder Schulmediziner genau einschätzen kann, ob und wann eine Akupunkturbehandlung in Ihrem speziellen Fall sinnvoll sein könnte. Im Idealfall wird er Sie dann an einen Akupunkturspezialisten weiterverweisen. Mit freundlicher Empfehlung überreicht Akupunktur – ein nichtmedikamentöses Antidepressivum? S. 3 Wie Akupunktur bei Fibromyalgie-Schmerz hilft S. 4 Mediziner prüfen Nadeltherapie bei Arthritisschmerzen S. 6 OP-Schmerzen effektiv mindern S. 8 Erfolge in der Schmerztherapie S. 9 Akupunktur, mit Laser genadelt S. 10 Expertenrat – Patienten fragen/Ärzte antworten S. 12 Akupunktur 3-4/2008 | www.akupunktur-online.info Bildquelle: creativ collection Im Fernen Osten beobachteten traditionell-chinesische Mediziner die Auswirkungen einer Akupunkturbehandlung auf die Depression und konnten den Effekt durch die so genannte Positronenemissionstomographie (PET) nachweisen (siehe Artikel in diesem Heft). Akupunktur hilft – eine tröstliche Nachricht. Wer gegen die Winterdepression (oder Depression überhaupt) akupunktiert wird, dessen Abwehrenergie, das so genannte Wei-Qi, wird gleichzeitig gestärkt. Das bewirkt eine positive „Nebenwirkung“ der Akupunktur: wenn andere husten und schniefen, bleibt man selbst geschützt! Kommen Sie gut durch den Winter! Wenn die Tage kürzer werden ... it der dunklen Jahreszeit sackt bei vielen auch das Stimmungsbarometer auf den Nullpunkt, es ist ein Anstieg depressiver Störungen um etwa 10% zu verzeichnen. Deutlich häufiger als Männer sind Frauen betroffen – meist in den mittleren Lebensjahren. Während dafür keine stichhaltigen Erklärungen existieren, ist klar: Die saisonale Depression gibt es in allen Ländern der Welt. Ihre M In der nördlichen Hemisphäre beginnen die saisonalen Depressionen im allgemeinen im Oktober/November und enden im März/April. Die meisten Patienten entwickeln atypische depressive Symptome wie gesteigerten Appetit auf Süßes sowie Gewichtszunahme. Andere Symptome sind anhaltende Müdigkeit, Isolationsneigung, Interesselosigkeit, Reizbarkeit. Die Patientenzeitschrift Akupunktur wird herausgegeben und verlegt von der Deutschen Akademie für Akupunktur und Aurikulomedizin (DAAAM) e.V., München. Koordination und Objektleitung: Dr. med. Beate Strittmatter (v.i.S.d.P.), Dr. Trittelvitzstr.4, 66583 Elversberg, [email protected] Dr. med. Beate Strittmatter, Ausbildungsleiterin Deutsche Akademie für Akupunktur und Aurikulomedizin (DAAAM), München. E-Mail: [email protected] Deutsche Akademie für Akupunktur und Aurikulomedizin (DAAAM) e.V. Ambazac-Straße 4, 90542 Eckenthal T.: 09126/295210 Fax: 09126/2952 159 E-Mail:[email protected] Internet:www.akupunktur-information.de www.stoerherd.de www.presse-akupunktur.de Akademie für Akupunktur und Aurikulomedizin (DAAAM) e.V. unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Wichtiger Hinweis: Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann von der Deutschen Akademie für Akupunktur und Aurikulomedizin (DAAAM) e.V. keine Gewähr übernommen werden. Jeder Benutzer ist angehalten, durch sorgfältige Prüfung der Beipackzettel der verwendeten Präparate und gegebenenfalls nach Konsultation eines Spezialisten festzustellen, ob die dort gegebene Empfehlung für Dosierungen oder die Beachtung von Kontraindikationen gegenüber der Angabe in dieser Zeitschrift abweicht. Eine solche Prüfung ist besonders wichtig bei selten verwendeten Präparaten oder solchen, die neu auf den Markt gebracht worden sind. Jede Dosierung oder Applikation erfolgt auf eigene Gefahr des Benutzers. Autoren und Herausgeberin appellieren an jeden Benutzer, ihm etwa auffallende Ungenauigkeiten der Herausgeberin mitzuteilen. Impressum Redaktion, Bild und Text: Robert Niedworok, freier Journalist, Stuttgart, Julia Reichmann, MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH&Co.KG, [email protected] Produktion: Beate Schalk, Marco Lorenzen, DAAAM, München Erscheinungsweise: Halbjährlich als Doppelheft Copyright: Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind für die Dauer des Urheberrechts geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung der Deutschen 2 | Editorial Akupunktur 3-4/2008 | www.akupunktur-online.info Chinesische Heilmethode gegen Depression Akupunktur – ein nichtmedikamentöses Antidepressivum? Traditionell-chinesische Forscher in China stellten vor kurzem einen veränderbaren Zuckerstoffwechsel bei depressiven Patienten fest, die sie am Kopf akupunktiert hatten. Werden Akupunkturnadeln zukünftig in der Lage sein, als nichtmedikamentöses Antidepressivum sicher zu wirken? m Fernen Osten beobachteten traditionellchinesische Mediziner die Auswirkungen einer Behandlung durch Schädelakupunktur auf den Stoffwechsel des Blutzuckers Glukose. Verschiedene Hirngebiete depressiver Patienten untersuchten sie mit der Positronenemissionstomographie (PET). I Die Wissenschaftler akupunktierten 12 freiwillige depressive Patienten an vier Akupunkturpunkten des Kopfes: am Scheitel, in Stirnmitte und beidseitig an der seitlichen Stirn. Die gesamte Behandlung bestand aus einer Sitzung pro Tag, die an sechs aufeinander folgenden Tagen wiederholt wurde. Veränderungen im Gehirn – ein Ansatz für Akupunktur Mit der PET untersuchten die Forscher sowohl vor Beginn der Behandlung als auch sechs Wochen nach der letzten Sitzung, wie sich der Stoffwechsel radioaktiv markierter Glukose änderte. Dabei zeigte sich der Durchschnittsumsatz in einigen Hirngebieten erhöht, darunter in der Rinde beider Frontal- und Scheitellappen, und in tiefer liegenden Kerngebieten, von denen einige zum Limbischen System gehören. In anderen Strukturen war der Umsatz deutlich vermindert, so im rechten Schläfenlappen und besonders in beiden Thalami, den Sehhügeln. Viele dieser Hirnregionen, sind in die Verschaltung zwischen Hirnrinde und dem Limbischem System involviert. Letzteres ist entscheidend für die Steuerung emotionaler Reaktionen verantwortlich. Daher ist die Vermutung begründet, so die Autoren, dass die Schädelakupunktur über einen veränderbaren Glukosestoffwechsel – zumindest teilweise – in die bei Depressiven vermutete Fehlsteuerung zwischen Hirnrinde und Limbischem System eingreifen und damit die depressiven Symptome beeinflussen könnte. Quelle: Huang Y et al: Effect of scalp acupuncture on glucose metabolism in brain of patients with depression. Zhongguo Zhong Xi Yi Jie He Za Zhi. 2005 Febr;25(2):119-22. Bildquelle: imagesource Akupunktur bei Depressionen – Einfluss auf die Fehlsteuerung des Gehirns? 3 | Akupunktur - ein nichtmedikamentöses Antidepressivum? Akupunktur 3-4/2008 | www.akupunktur-online.info Fibromyalgieschmerzen bislang invasiv gemessenen Blutfluss optisch zu bestimmen. Mit der neuen Technik, der Photoplethysmographie (PPG), haben Mediziner in Schweden den Einfluss der Nadeln auf die Durchblutung des chronisch schmerzhaften Trapezmuskels erforscht. Solch ein chronischer Muskelschmerz ist das Hauptsymptom der Fibromyalgie. Wie Akupunktur bei Fibromyalgie-Schmerz hilft Schwedische Ärzte steigern mittels Akupunktur bei Fibromyalgie-Patienten den Blutfluss im großen Rückenmuskel. Damit senken sie deutlich den Spontanschmerz und erhöhen im Gegenzug die Beweglichkeit. Der Messung des Blutflusses dient ein neues optisches Verfahren: die Photoplethysmographie. nzwischen weiß es wohl nahezu jeder: Die traditionelle Akupunktur hat deutlich mehr zu bieten als bloße Schmerzlinderung. So ist heute sicher, dass Akupunkturnadeln bestimmte Nervenfasern anregen, gefäßerweiternde Substanzen freizusetzen. Dies wiederum lässt den Blutfluss steigen. Seit kurzem ist es nun möglich, den I Bildquelle: MEV Verlag Augsburg Ausgedehnte Schmerzen im Bereich Hals und Schulter – Frauen sind öfter betroffen. Neue Technik misst Haut- und Muskelblutfluss Bei dieser Erkrankung, die Frauen deutlich häufiger betrifft, bestehen meist ausgedehnte Schmerzen am Hals und in der Schulter, die wiederum andere Fehlfunktionen wie Schlafstörungen und psychische Erschöpfung nach sich ziehen. Die Stelle, an der der Schmerz am stärksten ist, das Punctum maximum, wechselt häufig Ort und Stärke. Ähnlich arbeitsbedingten Muskelverspannungen besteht neben dem eigentlichen Schmerz eine gestörte Schmerzwahrnehmung, die sich in Form von Fehl- und Überempfindlichkeit zeigt. Ärzte der Universitätsklinik Linköping, Schweden, testeten an 27 Patienten und 19 gesunden Probanden zwei Reizarten: die tiefe Muskel- und die oberflächliche Hautnadelung. Gleichzeitig registrierten sie per PPG den aktuellen Blutfluss in Muskel und Haut. Bessere Durchblutung, weniger Schmerzen Die PPG verwendet grüne und rote Lichtdioden und entsprechende Detektoren. Die jeweils eine Minute dauernden Messungen erfolgten zehn, fünf und eine Minute vor, sowie im 5-Minuten-Takt während und nach der Akupunktur. Der Messung der jeweiligen Schmerzschwelle diente ein elektronischer Schmerzmesser mit Drucksteigerungen à 30 kPa/s. Die Halsbeweglichkeit (Beugung, Streckung, Neigung, Drehung) wurde mit zwei speziellen, mit Nase und Ohren verbundenen Winkelmessern bestimmt. Anhand einer Schätzskala bestimmten die Forscher zudem das Angstgefühl unmittelbar vor sowie die Schmerzen während der Behandlung. Die Hauptergebnisse der Forscher: Bereits eine Akupunktursitzung besserte die Durchblutung in Trapezmuskel (großer Rückenmuskel) und Rükkenhaut. Dem gesteigerten Blutfluss im Muskel folgte eine deutliche größere Schmerzunempfindlichkeit (Anstieg von Schmerzschwelle) und eine bessere Halsbeweglichkeit. Gleichzeitig nahmen Spontanschmerz und Schmerzdauer ab. 4 | Wie Akupunktur bei Fibromyalgie-Schmerz hilft Akupunktur 3-4/2008 | www.akupunktur-online.info Bildquelle: PhotoDisc Bildquelle: PhotoDisc Schon eine Akupunkturanwendung verbessert die Durchblutung im Rückenbereich. Nadelwirkung auch in der Tiefe Die Autoren beschreiben ausführlich die Methodik ihrer Arbeit, wobei sie detailliert auf die Ergebnisse von Vorarbeiten eingehen, die von Kollegen bei Messungen am Schienbeinmuskel erhoben wurden. Den Forschern der vorliegenden Arbeit gelang es mit der PPG, noch in einer Gewebestiefe von mehr als 13 mm eine Steigerung der Muskeldurchblutung nachzuweisen. Im Anschluss schildern die Autoren die zugrunde liegenden Schmerzmechanismen – soweit derzeit bekannt – nebst gängigen Vermutungen zur Akupunkturwirkung. Demzufolge sind mit großer Wahrscheinlichkeit neben reizleitenden Nervenfasern (A-delta- und C-Fasern) auch Teile des willkürlich nicht beeinflussbaren sympathischen Nervensystems involviert, darunter das Nebennierenmark. So dient der sympathische Überträgerstoff Noradrenalin offenbar kurzfristigen Änderungen der Gefäßweite, während ein anderer Stoff, das Neuropeptid Y, eher langsam und anhaltend wirkt. PPG: effektiv, sicher, einfach und preiswert Komplikationen oder Nebenwirkungen der Behandlungen gab es keine. Autoren ein, die PPG – das neue Verfahren zur nicht-invasiven Blutflussmessung – sei wirksam, sicher, einfach und preiswert. In folgenden Untersuchungen müsse die Methodik jedoch weiter verfeinert werden. „Der Weg der modernen Medizin liegt vor uns: weg von Medikamenten und Operationen, hin zu weniger invasiven Therapien und Ganzheitlichkeit“, meint dazu Dr. Bernd Ramme, Pressesprecher der Deutschen Akademie für Akupunktur und Aurikulomedizin (DAAAM). „Akupunktur ist da eine sehr effektive, gut verträgliche und preiswerte Option, wie es die vorliegende Arbeit ja auch zeigt. Ob es nun um die Fibromyalgie oder um andere Schmerzerkrankungen geht – unsere Nadeln sind sicher kein Fehler!“ Quelle: Sandberg M et al: Different patterns of blood flow response in the trapezius muscle following needle stimulation (acupuncture) between healthy subjects and patients with fibromyalgia and work-related trapezius myalgia. Eur J Pain 2005;9:497-510 Abschließend weisen die Autoren darauf hin, das Antwortverhalten des Körpers auf wiederholte Nadelreize sei noch nicht ausreichend erforscht. Besondere Beachtung verdient, dass im Zuge der Untersuchung weder Komplikationen noch Nebenwirkungen beobachtet wurden. Daher schätzen die 5 | Wie Akupunktur bei Fibromyalgie-Schmerz hilft Akupunktur 3-4/2008 | www.akupunktur-online.info Bildquelle: PhotoDisc Bildquelle: Thomas Möller Akupunktur bei chronischen Gelenkstörungen Die Wirkung der Akupunktur bei Arthritispatienten wurde wissenschaftlich untersucht. Mediziner prüfen Nadeltherapie bei Arthritisschmerzen Viele Patienten lassen sich bei Gelenkproblemen durch Akupunktur helfen. Die Akupunktur ist eine weit verbreitete Heilmethode. Studien zu den verschiedensten Schmerzstörungen haben einen wesentlichen Anteil daran, dass die traditionell-chinesische Nadelkunst für Millionen Patienten kein Buch mit sieben Siegeln mehr ist. Besonders Patienten mit chronischen Gelenkstörungen verstehen die Akupunktur als Erweiterung der bisherigen Behandlung und sind entsprechend aufgeschlossen. bwohl zahlreiche Forschungen der Akupunktur eine deutliche Wirksamkeit bescheinigt haben, besteht gegenüber der seit Jahrzehnten untersuchten Schulmedizin noch ein enormer Nachholbedarf. Das im Westen rasant gestiegene Interesse an traditionellen Therapien stellt die Sozialsysteme vor entscheidende Fragen: Sollen die Kassen O solche Leistungen erstatten? Können sie es überhaupt? Unüberschaubare Kosten befürchtend entschieden die deutschen Kassen im Jahr 2000, die Wirksamkeit der Komplementärmedizin sei für die generelle Kostenübernahme noch unzureichend untersucht. Daher rief man unter anderem ein „Programm zur Evaluation der Patientenversorgung mit Akupunktur (PEP-Ac)“ ins Leben, wobei Therapien bei ausgewählten chronischen Schmerzen genau beobachtet wurden. Ausgehend von Daten dieses Programms haben Forscher aus Deutschland und der Schweiz vor kurzem über die Akupunkturfortschritte bei Arthritis-Patienten berichtet. In ihre Auswertung schlossen sie neben den direkt messbaren Änderungen (z.B. Schmerzen, Funktionsausfall) auch Patientencharakteristika, Änderungen der Lebensqualität und Unterschiede zwischen den untersuchten Arthritisarten. Osteoarthritis: Ausgangspunkt für Akupunkturtest Nach einem definierten Zufallsschema waren die Patienten in die Untersuchung aufgenommen worden. Die Diagnosen umfassten verschiedene Gelenkerkrankungen und ihre unzähligen Ursachen. Die Diagnose selbst musste per Röntgenbild gesichert sein, die Schmerzsymptomatik seit mindestens einem halben Jahr bestehen. Patienten mit Gelenkinfektionen wurden jedoch ausgeschlossen. Die Fortschritte der Teilnehmer hatten die Forscher mit verschieden international üblichen Schätzskalen und detaillierten Standardfragebögen erhoben. Die Untersuchungen und Interviews hat- 6 | Mediziner prüfen Nadeltherapie bei Arthritisschmerzen Akupunktur 3-4/2008 | www.akupunktur-online.info Bildquelle: PhotoDisc ten die Wissenschaftler an drei Zeitpunkten durchgeführt: vor, am Ende und sechs Monate nach Beginn der Akupunktur. Die verabreichte Nadeltherapie beschränkte sich auf klassisch-chinesische Nadelpunkte, die in maximal 15 Sitzungen gestochen werden konnten. Ab der siebten und elften Sitzung mussten die Ärzte die Weiterbehandlung gegenüber den Ersatzkassen begründen. Die Mindestdauer einer jeden Nadelung war auf 30 Minuten festgesetzt. Akupunktur senkt Zahl der AkutSchmerz-Tage Die von den Autoren veröffentlichten Ergebnisse stützen sich auf die Daten von insgesamt 736 Teilnehmern. Dabei verzeichneten diese in allen Untergruppen statistisch auffällige und klinisch bedeutsame Besserungen. So hatte sich zum Beispiel für die Patienten mit Hüftarthritis oder Kniearthritis eine deutliche Besserung gezeigt. Interessant ist die Zahl der Akut-Schmerz-Tage, an denen Schmerzmedikamente notwendig waren: Die Akupunktur reduzierte diese Zahl von durchschnittlich 11 Tagen während der ersten Therapiehälfte auf 7 Tage während der zweiten. Bei nur einem Drittel der Teilnehmer hatten die behandelnden Ärzte weitere Maßnahmen wie Physiotherapie und Schmerzmedikamente verordnet. Gute Noten für Akupunktur, kaum Nebenwirkungen Zum Therapieende und nach sechs Monaten hatten die Patienten aller Untergruppen berichtet, Schmerzen, Medikation und Einschränkungen im Alltag hätten deutlich abgenommen. Am Ende der Nachbeobachtung hatten 18% der Teilnehmer eingeschätzt, die Wirksamkeit ihrer Nadelungen sei sehr gut, 27% bewerteten „gut“, 31% „mäßig“. Die von nur 51 Personen genannten Nebenwirkungen hatten sich bei genauer Prüfung fast ausnahmslos als vorübergehende akupunktur-typische Begleiterscheinungen erwiesen, darunter vor allem Müdigkeit sowie leichte Schmerzen und Punktblutungen am Nadelort. „Die vorliegende Arbeit bestätigt, was die deutschen Akupunkturärzte und die DAAAM als zertifiziertes Aus- und Weiterbildungsinstitut schon Jahre vor den inzwischen abgeschlossenen Gerac-Studien wiederholt erklärt haben“, meint dazu Dr. Bernd Ramme, Pressesprecher der Deutschen Akademie für Akupunktur und Aurikulomedizin (DAAAM). „Verglichen mit dem heutigen Ziel der Behandlung: Weniger Schmerzen und Einschränkungen im Alltag. Zustand, war es vor 10 Jahren problematisch, mit Informationen über Akupunktur in die Offensive zu gehen. Sofort schossen die Neider aus allen Rohren“, so Ramme weiter. Jetzt sei es zum Glück anders, denn „immer mehr Patienten und Ärzte sehen neue Therapien als Bereicherung – nicht als Konfliktpotential. Quelle: Linde et al: Acupuncture for osteoarthritic pain: an observational study in routine care. Rheumatology 2005, in press 7 | Mediziner prüfen Nadeltherapie bei Arthritisschmerzen Akupunktur 3-4/2008 | www.akupunktur-online.info Ohrakupunktur nach ambulanter Knie-Spiegelung OP-Schmerzen effektiv mindern ass sich die Akupunktur bei den verschiedensten Schmerzen wirksam einsetzen lässt, ist bereits bekannt. Die Ohrakupunktur ist aber offenbar auch eine viel versprechende Methode, um Schmerzen nach Operationen zu lindern, so das Ergebnis von Forschern der Ernst-Moritz-Arndt-Universität in Greifswald. Bislang gab es noch keine Beweise für eine schmerzlindernde Wirksamkeit nach ambulanten Operationen. D Bildquelle: PhotoDisc Die Wissenschaftler untersuchten in einer randomisierten und Doppelblind-Studie, ob die Ohrakupunktur den Schmerzmittelbedarf nach ambulant durchgeführten Kniespiegelungen reduzieren kann. Insgesamt 120 Patienten hatten sich nach einer standardisierten Vollnarkose einer ambulanten Kniespiegelung unterzogen. Sie wurden nach dem Zufallsprinzip entweder einer Gruppe zugeteilt, die eine echte Ohrakupunktur erhielt oder einer zweiten Gruppe mit Scheinakupunktur (Kontrollgruppe). Patienten beider Gruppen erhielten vor der Operation permanente Nadeln an drei Ohrpunkten, die bis zum folgenden Morgen belassen wurden. Patienten der Kontrollgruppe benötigten nach dem Eingriff im Mittel 600 mg Ibuprofen zur Schmerzstillung. Akupunktierte Patienten dagegen kamen mit nur 200 mg des Schmerzmittels aus. Die Schmerzintensität war in beiden Gruppen zu allen untersuchten Zeitpunkten ähnlich. Die meisten Patienten beider Gruppen glaubten, eine echte Akupunktur erhalten zu haben und gaben an, dies zukünftig wiederholen zu wollen. Die Autoren schließen aus den Ergebnissen, dass die Ohrakupunktur den Schmerzmittelbedarf nach Kniespiegelungen senken kann. Auch hier habe die Akupunktur ihre Wirkung unter Beweis gestellt. Quelle: Nach Informationen des Canadian Medical Association journal Autor: BSMO Redaktion Stand: 01-10-2007 Ohrakupunktur: Nach der OP weniger Schmerzmittel nötig. 8 | OP-Schmerzen effektiv mindern Akupunktur 3-4/2008 | www.akupunktur-online.info Erfolge in der Schmerztherapie Bildquelle: imagesource ISO 57 Nadeln aktivieren Schmerzschalter im Gehirn. Die Akupunktur erzielt beachtliche Erfolge in der Schmerztherapie. Eine wiederholte oder anhaltende Reizung an Akupunkturpunkten kann erheblich die Schwelle heben, ab welcher der Körper Schmerzen anzeigt. iele Untersuchungen belegen eine Aktivität in Schmerzzentren wie in den Gehirnteilen „Mandelkern“ und „Insel“, die durch Akupunktur verursacht wird. US-Forscher entdeckten, dass dies auch auf das „Periaquäduktale Grau“ (PAG) zutrifft – ein weiterer Schmerzschalter im Gehirn, der auch als zentrales Höhlengrau bezeichnet wird. V Akupunkturpunkt kontra Nicht-Akupunkturpunkt Bei allen sieben Teilnehmern gelang es den Forschern, in eindrucksvollen Bildern die Aktivitätsänderung im zentralen Höhlengrau des Gehirns (PAG) darzustellen, während akupunktiert wurde. Sie verwendeten dazu ein relativ neues Verfahren, das auf der Kopplung von MRT (Magnetresonanztomographie) und Messung des Sauerstoffgehaltes im dargestellten Gebiet beruht. Die gemessene Aktivität stimmte mit der Dauer der Reizung gut überein. Außerdem beobachteten die Forscher, dass auch Felder der Hirnrinde auf die Reizungen reagierten. Eine deutlich abgeschwächte Aktivität zeigte sich dann bei der Reizung am Nicht-Akupunkturpunkt. Autoren früherer Studien akupunktierten weniger intensiv und stellten keine PAG-Aktivität fest. In der vorliegenden Untersuchung gelang es den Wissenschaftlern, mittels Akupunktur dieses wichtige Schmerzzentrum, sowie Abschnitte der Schmerzrinde deutlich messbar zu beeinflussen und dies auch in MRT-Bildern sichtbar zu machen. Die Wissenschaftler betonen jedoch, dass die Deutung verschiedener Einzelheiten noch Schwierigkeiten bereitet und zu fachlichen Kontroversen führt. Trotzdem scheint fest zu stehen, dass sowohl der Schmerzschalter PAG als auch die zugehörige Schmerzrinde durch Akupunkturreize deutlich sichtbar beeinflusst werden können. Quelle: Liu WC et al: fMRI study of acupunctureinduced periaqueductal gray activity in humans. Neuroreport 2004; 15:1937-40. Bildquelle: pixland Ein erfahrener Akupunkteur behandelte sieben gesunde Studienteilnehmer an jeweils zwei Hautstellen über 30 Minuten mit Nadeln. Einer der zwei Bereiche war ein Akupunkturpunkt am Handrücken, der andere ein Nicht-Akupunkturpunkt am rechten Bein. In den Akupunktur-Phasen (jeweils 30 Sekunden) erfolgte die Reizung durch Vorschieben, Ziehen und Drehen der Nadeln. Jeder Akupunktur-Phase folgte eine gleichlange Ruhezeit. Die Reizungen am Nicht-Akupunkturpunkt gestalteten sich in derselben Weise. Vier Teilnehmer gaben an, gleich nach der Behandlung am Akupunkturpunkt das charakteristische De-QiGefühl empfunden zu haben, eine Mischung aus Taubheit und Schmerz, die eine erfolgreiche Therapie in der Regel begleitet. Sichtbar gemacht Neue Erkenntnisse ermöglichen es, die Schmerzschwelle mit Akupunktur anzuheben. 9 | Erfolge in der Schmerztherapie Akupunktur 3-4/2008 | www.akupunktur-online.info Die Nachfrage steigt: 80 Prozent der Österreicher vertrauen der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) oder haben sich schon einmal nach einer ihrer Methoden behandeln lassen. Aber: Kann diese mehr als 4000 Jahre alte Medizinlehre modernen wissenschaftlichen Anforderungen überhaupt gerecht werden? Bildquelle: Gerhard Litscher Akupunktur, mit Laser genadelt Neue High-Tech-Methoden unterstützen die Wirkung der Akupunktur. ies zu beantworten ist eine der Aufgabenstellungen des blutjungen interuniversitären „Forschungszentrums für Traditionelle Chinesische Medizin“, das in Graz beheimatet ist und von der Karl-Franzens-Universität und der Medizinischen Universität koordiniert wird. „In weiterer Folge soll in Graz ein Kompetenzzentrum entstehen, das die zahlreichen nationalen Aktivitäten in Forschung und Lehre bündelt“, sagt Univ.-Prof. Dr. Gerhard Litscher, Leiter der Forschungseinheit für biomedizinische Technik in Anästhesie und Intensivmedizin an der Medizin-Universität Graz. rungen führt und die Blutflussgeschwindigkeit in verschiedenen Hirnarterien spezifisch verändert. Andere High-Tech-Methoden unterstützten die Erhebung dieser Daten – so zum Beispiel die Nahinfrarot-Spektroskopie, die Änderungen des Sauerstoff-Stoffwechsels erfasst oder das sehr sensible Ultraschall-Verfahren der multidirektionalen transkraniellen Ultraschall-Doppelsonografie, das die Blutflussgeschwindigkeit in unterschiedlichen Hirnarterien gleichzeitig messen kann. Seit 10 Jahren widmet sich der Biomediziner der Erforschung von Akupunktur: Mittels Neuromonitoring, also der Überwachung der Gehirnfunktion, konnte er unter anderem nachweisen, dass Akupunktur im Gehirn zu reproduzierbaren Verände- Der häufigen Kritik, Akupunktur-Wirkungen rührten vom Placebo-Effekt her, begegnete der Forscher mit einem speziellen Design der Studien und der schmerzfreien Akupunktur mit Lasernadeln, die auf die Haut geklebt wurden. Dabei gab es keine Einstiche, keine Manipulation mit den Händen seitens des Behandelnden. Die Probanden wussten deshalb nie, ob der Laser aktiviert war oder nicht. D Bildquelle: PhotoDisc Alles nur Placebo-Effekt? „Unsere neuesten Forschungen weisen darauf hin, dass Akupunktur den Schmerzmittelverbrauch auch in der postoperativen Phase senken könnte, erste klinische Studien dazu sind am Laufen“, erwähnt Litscher, der mit seinem Team bereits 150 wissenschaftliche Arbeiten zur High-Tech-Akupunktur publiziert hat. Momentan legt Prof. Litscher auch viel Engagement in die Errichtung eines Forschungs-Clusters zur TCM: „In Österreich haben bereits 19 Forschungsgruppen auf universitärer Ebene konkrete Projektvorschläge eingebracht“. Die Ohrakupunkur wird für Patienten empfohlen, die spezielle Medikamente wegen der Nebenwirkungen ablehnen. „Wir wollen natürlich auch mit dem Ausland und vor allem mit China zusammenarbeiten“, betont Rudolf Bauer, Vorstand des Instituts für Pharmazeutische Wissenschaften an der Karl-FranzensUniversität. Er ist überzeugt: „TCM ist eine wissenschaftlich evaluierbare Form der Medizin.“ 10 | Akupunktur, mit Laser genadelt Akupunktur 3-4/2008 | www.akupunktur-online.info Bildquelle: Gerhard Litscher Ein Zukunftsfond von 300.000 Euro ebnet den Weg für die erste Projektphase. Dass da Scharlatanerie und Schlendrian im Spiel sind, weiß Bauer, der seit 15 Jahren intensiv Wirkstoffe und Qualität chinesischer Heilpflanzen erforscht, nur zu gut. „Vor allem die Bestellung chinesischer Pflanzen aus dem Internet ist ein Lotteriespiel, das für den Kunden immer wieder im Krankenhaus endet.“ Denn nicht immer hätten die Pflanzen ausreichende Qualität. „Wir entwikkeln oder verfeinern Methoden, mit denen wir die getrockneten Pflanzenteile untersuchen und identifizieren sowie deren Qualität und Inhaltsstoffe prüfen können.“ Eine dieser Methoden ist die Dünnschicht-Chromatografie, mit deren Hilfe man Inhaltsstoffmuster der einzelnen Pflanzen analysieren kann. Für die erste Projektphase des interuniversitären Forschungszentrums für Traditionelle Chinesische Medizin hat der Zukunftsfonds des Landes Steiermark 300.000 Euro zur Verfügung gestellt. „Wir hoffen sehr auf weitere finanzielle Unterstützung der Ministerien“, wirft Litscher ein, „und ich glaube, die Chancen stehen nicht schlecht, weil TCM im aktuellen Regierungsprogramm ja explizit erwähnt ist.“ Weitere Informationen Univ.-Prof. DI DDr. Gerhard Litscher Forschungseinheit für biomedizinische Technik in Anästhesie und Intensivmedizin und TCM Forschungszentrum Graz Medizinische Universität Graz Auenbruggerplatz 29, 8036 Graz Tel: +43 316 385-3907 oder -83907 Fax: +43 316 385-3908 E-Mail: [email protected] Internet: www.litscher.info (High-Tech Akupunktur) www.tcm-graz.at (Forschungszentrum für Traditionelle Chinesische Medizin) In Deutschland: Deutsche Akademie für Akupunktur und Aurikulomedizin e.V., Ambazac-Straße 4, 90542 Eckenthal Tel.: 09126/295210, Fax: 09126/2952159 [email protected] www.akupunktur.de, www.akupunktur-online.info, www.akupunktur-information.de, www.stoerherd.de In Österreich: Österreichische Gesellschaft für Kontrollierte Akupunktur (OGKA), Kreuzgasse 21, 8010 Graz Tel.: 0316/37 40-50, Fax: -51, [email protected]; www.ogka.at In der Schweiz: Schweizerische Ärztinnen und Ärztegesellschaft für Akupunktur – Chinesische Medizin – Aurikulomedizin, sacam c/o gkaufmann Verbandsmanagement, Wattenwylweg 21, CH-3006 Bern, Tel.: +41/31/332 41 10, Fax: +41/31/332 41 12 [email protected], www.sacam.ch 11 | Akupunktur, mit Laser genadelt Bildquelle: Digital Vision Medical Icons Weitere Patienteninformationen Akupunktur 3-4/2008 | www.akupunktur-online.info Expertenrat Wissen aus der Praxis: An dieser Stelle möchte wir Fragen beantworten, die von Patienten an uns herangetragen werden. Patienten fragen – Ärzte antworten Frage ?? krankung und das Erkennen von Störherden wie z.B. Narben sind für den Erfolg entscheidend. Stefan: Kann die Akupunktur auch bei einer Entzündung der Achillessehne (mit Knotenbildung) eingesetzt werden? Und wenn ja, ist dies lediglich eine Behandlung des Schmerzes oder auch eine Behandlung der Entzündung selber? Antwort !! Die Achillodynie ist eine schmerzhafte Erkrankung der Achillessehne, die selten nur isoliert diese Sehne betrifft, sondern meist auch mit Bewegungseinschränkungen des Kreuzdarmbeingelenks (Gelenk zwischen Becken und Wirbelsäule) und Blockierungen von Wirbelsäulensegmenten einhergeht. Akupunkturärzte, die beide Aspekte der Diagnostik und Therapie beherrschen, finden Sie unter www.akupunktur.de. Autorin: Rita Klowersa, Fachärztin für Allgemeinmedizin, Naturheilverfahren, Berlin Referentin der Deutschen Akademie für Akupunktur und Aurikulomedizin, München E-mail: [email protected] Die Knotenbildung bedeutet im Sinne der chinesischen Medizin, dass der Qi-Fluss, also der Energiefluss, gestört ist und sich an diesen Stellen gestaut hat. Wo Stau ist, kann sich auch eine Überwärmung oder Hitze, also eine Entzündung entwickeln. Mit den Akupunkturnadeln – an der richtigen Stelle gestochen – kann der Qi-Fluss wieder in Gang gebracht werden. Bei bereits sichtbaren Stauungen oder Knötchen kann das natürlich einige Wochen dauern. Zusätzlich kann auch eine Laserbehandlung von Akupunkturpunkten durchgeführt werden. Ist der Energiefluss normalisiert, bildet sich auch die begleitende Entzündung zurück. Wichtig ist außerdem zu erkennen, wo die Faktoren sind, die zu einem solchen Stau beigetragen haben: Narben von Operationen oder alten Verletzungen können die Ursache sein. Sie können wie ein Knoten im Schlauch wirken und den Energiefluss hemmen. Die sichere Beurteilung der energetischen Qualität der Er- 12 | Expertenrat Bildqu elle: P ixland