Günter Sagan: Tondokumente zu „Fulda im Zweiten Weltkrieg
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Günter Sagan: Tondokumente zu „Fulda im Zweiten Weltkrieg
Günter Sagan: Tondokumente zu „Fulda im Zweiten Weltkrieg“ Didaktisch-methodische Vorbemerkungen Die DVD Die vorliegende DVD bietet neben den Befragungen von drei Zeitzeugen kurze einführende Texte, Bilder und Dokumente, welche das auditive Quellenmaterial erläutern und in den geschichtlichen Zusammenhang stellen. Dazu treten Aufgabenvorschläge sowie eine Transkription. Die DVD wendet sich in erster Linie an Lernende in allen Schulformen, lädt aber auch andere Interessierte ein. * Alle Befragungen wurden vom Autor meist in den 1980er Jahren vorgenommen und für den Einsatz als Unterrichtsmedium wissenschaftlich und didaktisch aufbereitet. Die hier vorliegende Form des digitalisierten Zeitzeugen-Interviews und die Transkription erfolgte mit technischer Unterstützung und in enger Zusammenarbeit mit dem Medienzentrum Kreis- und Stadtbildstelle Fulda. Das Thema im Schulunterricht Der Zweite Weltkrieg gehört zu den Standardthemen des Geschichtsunterrichts in allen Schulformen, und eine Reihe von Unterrichtsgegenständen ist in den Lehrplänen als verbindlich ausgewiesen. Die hier präsentierten digitalisierten Zeitzeugen-Befragungen lassen sich besonders gut bei den Aufgabenfeldern Verfolgung und Ermordung von Minderheiten, Menschen im Widerstand sowie Leiden der Zivilbevölkerung einsetzen. Didaktisch-methodische Überlegungen Das behandelte Thema stößt gewöhnlich bei Schülern/Schülerinnen auf großes Interesse. Steigern lässt sich diese Motivationsbasis durch den hier gebotenen lokal/regionalgeschichtlichen Ansatz. Auf dieser Ebene verliert die Historie ihre Abstraktheit. Die Zusammenhänge werden transparent und anschaulich durch das Einbeziehen der Lebensgeschichte wirklicher Menschen sowie durch das Einbetten der Vorgänge/Ereignisse in einen geographischen Rahmen, der den Schülern vertraut ist. Die Arbeit mit Quellen gilt heute als das zentrale Verfahren eines modernen Geschichtsunterrichts, auch in der Sekundarstufe I. Der Praktiker weiß jedoch, dass bei längeren Textquellen die sprachliche Entschlüsselungsarbeit die inhaltliche Auseinandersetzung überlagern kann. Die hier angebotenen Audioquellen sorgen nicht nur für eine Abwechslung im Quellenangebot, sondern räumen durch ihren erzählenden Inhalt mögliche Vorbehalte gegen diese Arbeitsform aus. Sie werden den Unterricht durch die Kraft des gesprochenen Wortes bereichern und den Schüler durch ihre Affektaufladung sowie die geschilderten extremen Situationen ansprechen. Dies ermöglicht emotionale Vorstellungsverknüpfungen und Empathiefähigkeit, die durch produktionsorientierte Arbeitsanregungen weiter gefördert werden sollen. Die Arbeit mit dem gesprochenen Wort sollte deshalb im Vordergrund stehen. Die unterrichtlichen Einsatzmöglichkeiten dieses Ton-Mediums sind vielfältig. Sie können in die verschiedenen Unterrichtsphasen als Ganzes oder in Ausschnitten eingesetzt werden. Sie eignen sich besonders gut für Projekttage, -wochen, Referate sowie Abschlussprüfungen. *Das auditive Quellenmaterial steht ebenfalls im Internet zur Verfügung unter: iTunes University – Medienzentrum Fulda Günter Sagan Drei Tondokumente zu „Fulda im 2. Weltkrieg“ Lehrerinformationen zu Tondokument 1 - Pfarrer Josef Albinger im KZ Dachau 1 Josef Albinger wurde am 20. Dezember 1911 in Ellers (Neuhof) geboren. Nach dem Abschluss seiner Studien am Priesterseminar Fulda und seiner Priesterweihe wirkte er ab 1937 als Kaplan in Poppenhausen, ab dem 19. März 1940 in Hanau. Nach Kriegsende war er u.a. Domkaplan in Fulda und ab 1950 bis 1982 Pfarrer in Poppenhausen. Nach einer Hausdurchsuchung durch die Geheime Staatspolizei (Gestapo) bei Kaplan Albinger erfolgte am 8. November 1941 seine Verhaftung. Der Geistliche hatte die regimekritischen Predigten des Bischofs von Münster, Clemens August von Galen, gesammelt und einem Schüler geliehen, der sie in Frankfurt anderen zeigte. Ein Lehrer erstattete daraufhin Anzeige. Auf Grund eines Schutzhaftbefehls, den die Gestapo eigenständig gegen politisch Missliebige erlassen konnte, hielt man den Kaplan bis Anfang Februar 1942 im Frankfurter GestapoGefängnis fest. Am 5. Februar erfolgte sein Transport ins KZ Dachau. Der Schutzhaftbefehl lautete: „Albinger hat durch Verbreitung von Schriften staatsfeindlichen Inhalts den Zusammenhalt der Heimat zu untergraben versucht. Bei Freilassung ist zu befürchten, dass er sein volksschädigendes Verhalten fortsetzen werde, um dadurch den Wehrwillen des deutschen Volkes zu beeinträchtigen. gez. Heydrich, Berlin und Thorn, Frankfurt.“ Zur weiteren Information: Sagan, Günter: Pfarrer Josef Albinger im KZ Dachau. BBll (heimatgeschichtliche Beilage der Fuldaer Zeitung) 85 (2012), S. 1 ff., S. 7, S.9 ff. Opfermann, Bernhard: Das Bistum Fulda in Dritten Reich. Fulda 1987, S. 36 f. Schick, Elmar: Stationen der Machtübernahme. Die NSDAP im Fuldaer Land. Fulda 2002, S. 596 f. Übersicht Tonaufnahmen und Gliederung Dauer (Minuten) Komplette Audioversion Pfarrer Josef Albinger im KZ Dachau Einzelaufnahmen 1.0 Geschichte des Lagers Dachau 2.0 Ankunft im Lager 3.0 Die Aufnahme 4.0 Erster Gang durch das Lager 5.0 Block 26 - Der Pfarrerblock 6.0 Lagerleben 7.0 Besondere Erlebnisse 7.1 Besondere Erlebnisse I - Krankheit und Hinrichtung 7.2 Besondere Erlebnisse II - Vergasungen in Hartheim 57:12 02:16 02:26 03:18 02:54 01:36 05:21 02:03 02:15 Günter Sagan Drei Tondokumente zu „Fulda im 2. Weltkrieg“ Lehrerinformationen zu Tondokument 1 - Pfarrer Josef Albinger im KZ Dachau 7.3 7.4 7.5 8.0 9.0 9.1 9.2 9.3 10. 11. 11.1 11.2 11.3 12. 12.1 12.2 12.3 Alpträume Besondere Erlebnisse III - Phlegmoneversuche Besondere Erlebnisse IV - Der Tod Pater Guardians Feuchte Rippenfellentzündung Besoldungsstelle der Waffen-SS Die Arbeit Brief/Geldanweisung nach Poppenhausen Brief nach Münster Besuch des Bruders Geheime Nachrichten Verschlüsselte Briefe Ein Geheimbrief Ein Sterbebild - entworfen in Dachau Kommando Messerschmitt Messerschmitt in Dachau Das Einstellungsgespräch Arbeit als Kontrollstellenleiter 2 00:47 03:09 00:59 06:12 01:53 04:03 01:42 02:47 02:39 03:58 01:33 02:24 03:55 03:46 Arbeitsaufträge Äußere Dich zur besonderen Bedeutung des KZ Dachau in der Lagerwelt des Dritten Reiches. Nenne den Grund, warum Kaplan Albinger nach Dachau verbracht wurde. Nenne Arbeiten, die Albinger in Dachau verrichten musste. Trage in die Abbildung Nr. 13 den Weg ein, den der Pfarrer von seiner Baracke zur Besoldungsstelle nehmen musste. Äußere Dich zu den Stichworten Hartheim, Phlegmoneversuche. Wie gelang es, trotz strengster Überwachung geheime Nachrichten aus dem Lager zu schmuggeln? Welches Erlebnis Albingers hat Dich besonders beeindruckt? Schreibe es auf ! Diskutiert dann in der Klasse darüber. Ein Verwandter Albingers setzt sich bei der Gestapozentrale (Reichssicherheitshauptamt) in Berlin mit einem Brief für die Freilassung Albingers ein. Setze ihn auf! Günter Sagan Drei Tondokumente zu „Fulda im 2. Weltkrieg“ Lehrerinformationen zu Tondokument 2 – Eine Sintiza in Auschwitz 1 Verfolgung der Sinti und Roma Nicht nur den Juden, sondern auch den Sinti und Roma galt die rassistische Ausgrenzungs-, Verfolgungs- und Vernichtungspolitik im Dritten Reich. In Fulda gab es zu Beginn des Krieges ca. 90 „Zigeuner“, wie sie damals durchgängig bezeichnet wurden. Die Polizei musste sie in umfangreichen Listen erfassen und ihnen verbieten, die Stadt zu verlassen. Am 23. März 1943 erfolgte auf Befehl Himmlers die Deportation der Sinti aus Fulda und Umgebung nach Auschwitz-Birkenau. Unter den ca. 130 Personen befand sich unsere Zeitzeugin. Sie überlebte Auschwitz und wurde im April 1945 als KZ-Sträfling im Gebiet Ostthüringen/Westsachsen von den Amerikanern befreit. Zur weiteren Information: Günter Sagan: Fulda im 2. Weltkrieg, Fulda 2005. S. 13 ff (Schülerarbeitsheft), S. 21 (Lehrerheft). Günter Sagan: Von Fulda nach Auschwitz und zurück. BBll 77 (2004), S. 61-63, 68. Geschichte der Stadt Fulda, Bd. II, Fulda 2008, S. 159-163. Eine Sintiza in Auschwitz - Stationen eines Leidensweges Übersicht Tonaufnahmen und Gliederung Komplette Audioversion Eine Sintiza in Auschwitz Einzelaufnahmen 1.0 Als Sintiza in Fulda 2.0 Deportation 1943 2.1 Die Verhaftung 2.2 Im Holzgarten 2.3 Transport und Ankunft in Auschwitz 3.0 Im Lager 3.1 Die Tätowierung - Die Baracken 3.2 Hygienische Verhältnisse 3.3 Krankheiten und Läusebekämpfung 3.4 Ernährung 3.5 Arbeit 3.6 Vor der Gaskammer 3.7 Im Stehbunker 4.0 Zwangsarbeit in der Rüstungsindustrie 4.1 Von Auschwitz nach Ravensbrück 4.2 Panzerfaustfabrik Schlieben 4.3 In den HASAG-Werken Altenburg 5.0 Evakuierungsmarsch Dauer (Minuten) 36:33 02:18 03:19 01:47 02:39 03:31 02:09 03:05 03:11 03:07 01:42 01:55 01:21 01:59 04:55 02:24 Günter Sagan Drei Tondokumente zu „Fulda im 2. Weltkrieg“ Lehrerinformationen zu Tondokument 2 – Eine Sintiza in Auschwitz 2 Arbeitsaufträge Beschreibe das Lagerleben in Auschwitz – Birkenau. Gliedere Deine Aufzeichnungen nach: Kennzeichnung der Insassen, Unterbringung, Nahrungsmittelversorgung, Kleidung, Arbeit, hygienische Verhältnisse, Verhalten der Bewacher, Verschiedenes. Informiere Dich über Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Lager Auschwitz und Ravensbrück und halte Deine Ergebnisse schriftlich fest. Ordne zu / ergänze durch Erklären : Deportation - Verbrennung von Leichen Typhus Starkstromzaun Krematorium - Zwangsverschickung/Verschleppung Stehbunker - Sollte Flucht von Häftlingen verhindern Tätowierung Auf welche Weise verschafft sich die Sintiza Informationen über das Vorrücken der Amerikaner am Kriegsende? Schreibe die Stationen des Leidensweges der Sintiza auf: 1. 23. März 1943 2. 27. März 1943 3. … Bilde aus dem Endloswort vier Begriffe, die in den Tondokumenten erwähnt werden und erkläre sie! PANZERBROTGEFAHRENKOMMISSOCHSENFAUSTZONEZIEMER Günter Sagan Drei Tondokumente zu „Fulda im 2. Weltkrieg“ Lehrerinformationen zu Tondokument 3 – Im Bunker verschüttet 1 Bombenangriffe auf Fulda im Zweiten Weltkrieg 14 Bombenangriffe flogen die Alliierten 1944/45 auf Fulda. Die meisten galten den Bahnanlagen und forderten 1.594 Opfer. Den schwersten Angriff musste die Barockstadt am 27. Dezember 1944 erdulden. Er brachte allein 775 Menschen zu Tode, davon 707 im so genannten Krätz(Grezz-)bachbunker. Dieses etwa 400 m lange Bauwerk befand sich unter den Gleisanlagen des Verschiebebahnhofs und war ein von den Mehlerwerken behelfsmäßig als Luftschutzstollen ausgebauter Wasserdurchlass. Am Katastrophentag trafen die Bomben den westlichen Ausgang („Mehlerausgang“) und die Mitte des Stollens. Bald 900 Menschen saßen verschüttet in der Falle. Die meisten erlitten einen qualvollen Erstickungstod, nur ca. 150 Eingeschlossene konnten gerettet werden. Unter ihnen befand sich unsere Zeitzeugin, eine damals 23 Jahre alte Näherin der Firma Mehler. Zur weiteren Information: Günter Sagan: Fulda im 2. Weltkrieg, S. 28-42 (Schülerarbeitsheft), S. 33-39 (Lehrerheft). Günter Sagan: Die Bevölkerung hatte Verluste, Fulda ²1995, S. 170-205. Geschichte der Stadt Fulda, Bd. II. Fulda 2008, S. 191 ff. Übersicht Tonaufnahmen und Gliederung Komplette Audioversion Im Bunker verschüttet Einzelversionen 1.0 Im Bunker verschüttet 1.1 Verhalten bei Fliegeralarm 1.2 Beschreibung des „Bunkers“ 1.3 Das Bombardement und seine Folgen 1.4 Erwachen aus der Bewusstlosigkeit 1.5 Platzwechsel 1.6 Warten auf Rettung 1.7 Die Rettung 2.0 Wieder in Freiheit .2.1 Endlich etwas zum Trinken 2.2 Wartende Angehörige 2.3 Der Heimweg Dauer (Minuten) 19:06 01:05 01:09 01:53 02:04 01:09 01:59 04:29 01:07 02:19 03:38 Günter Sagan Drei Tondokumente zu „Fulda im 2. Weltkrieg“ Lehrerinformationen zu Tondokument 3 – Im Bunker verschüttet Arbeitsaufträge Welche Begründung liefert Frau R., warum sie gerade an diesem Tag in den Krätzbachbunker flüchtete? Was erfährst Du über die Einrichtung des Bunkers? Beschreibe, wie die Frau ihre Rettung erlebt. Was hat Dich bei dem Bericht der Zeitzeugin am meisten beeindruckt? Schreibe ein Gespräch auf, das die Gerettete zu Hause führt und das die Erlebnisse im Bunker zum Inhalt hat. Erkunde, ob Du heute in Fulda noch Hinweise auf den Massentod von Menschen am 27. Dezember 1944 findest. Trage weitere Fakten über diese Katastrophe zusammen. 2