bye bye arschgeweih

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bye bye arschgeweih
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SEITE DREI
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Donnerstag, 5. Juni 2014
Jenaer Unternehmen weltweiter Technologieführer für Laser in der ästhetischen Medizin und Chirurgie
MEIN TAG
Bye, bye, Arschgeweih
n Von Sibylle Göbel
Die junge Friseurin, die sich
mit meinen paar Haaren abmüht, trägt nicht nur ihr Herz
auf der Zunge, sondern auch
ihre Liebsten auf dem Arm.
Zwischen malerisch rankenden Rosen hat sie sich die Namen ihrer beiden Kinder auf
die Haut schreiben lassen, auf
dass sie diese immer bei sich
hat.
Die Friseurin ist noch jung,
der Körperschmuck, den ihr
kurzärmeliges Shirt freigibt,
ein Hingucker. Und zwischen
uns beiden natürlich sofort ein
Gesprächsthema.
Trotzdem frage ich mich natürlich insgeheim, ob es die
junge Frau nicht eines Tages
bereuen wird, sich unter die
Nadel gelegt zu haben. Zwar
tragen einer Studie zufolge allein unter den 25- bis 34-Jährigen mittlerweile 22 Prozent
ein Tattoo. Doch bekanntlich
ändern sich Moden schnell.
Und niemand weiß bislang genau, was mit den Tattoofarben
im Körper passiert. Wenn ein
Experte wie der Regensburger Tattoo-Forscher Wolfgang
Bäumler sagt, dass sich bei
einem tätowierten Menschen
die Farbe in den Lymphknoten
ablagert, dann gibt das schon
zu denken. Ganz abgesehen
davon, dass auch die TattooTräger altern, ihre Haut irgendwann nicht mehr glatt
und makellos sein wird.
Ich wünsche meiner Friseurin, dass ihre Familie sie auch
dann noch liebt, wenn ihre Arme längst welk und schlaff
sind. Ansonsten bleibt ja noch
der Laser. Am witzigsten hat
Ina Müller die schmerzhafte
Prozedur beschrieben: „Bye
Bye Arschgeweih / ich geb‘
dich zum Lasern frei. / Out bist
du mein Steiß-Tattoo. / Unsere Jahre sind vorbei...“
[email protected]
Den Körper verletzt
Schadenersatz für die fehlerhafte Tätowierung
Hamm. (dpa) Ein fehlerhaft gestochenes Tattoo gibt dem Kunden Anspruch auf Schadenersatz und Schmerzensgeld. Das
berichtet die „Monatsschrift für
Deutsches Recht“ unter Berufung auf einen Beschluss des
Oberlandesgerichts
Hamm.
Nach Auffassung der Richter ist
jede Tätowierung rechtlich betrachtet eine Körperverletzung.
Sie sei nur gerechtfertigt, weil
der Kunde eingewilligt habe.
Diese Einwilligung gelte aber
nur für technisch und gestalte-
risch fehlerfreie Tätowierungen.
Das Gericht gab damit der Schadenersatz- und Schmerzensgeldklage einer Frau statt. Die Klägerin hatte sich in dem verhandelten Fall ein Tattoo stechen lassen. Nach den Feststellungen
des Gerichts drang die Farbe in
zu tiefe Hautschichten ein. Dadurch verlief das Tattoo. Die
Klägerin wollte daraufhin das
Tattoo per Laserbehandlung beseitigen lassen und war der Ansicht, der Inhaber des Studios
müsse die Kosten tragen.
In der Regel
bis zu zehn
Behandlungen
Tattoo-Forscher zur Tattoo-Entfernung
n Von Sibylle Göbel
Regensburg. Professor Wolfgang Bäumler ist Physiker und
Tattoo-Forscher an der Klinik
und Poliklinik für Dermatologie
der Universität Regensburg. Er
selbst trägt kein Tattoo – aus gutem Grund.
Professor Bäumler, gibt es
Schätzungen darüber, wie viele Menschen in Deutschland
bereits tätowiert sind?
Etwa 10 bis zwölf Prozent der
Deutschen, also zirka zehn Millionen Menschen. Tätowierte
Menschen gibt es in allen Altersund Bevölkerungsschichten.
Und wie viele davon wollen
ihre Tattoos wieder loswerden?
Laut unserer Online-Umfrage
mit rund 4000 Teilnehmern etwa fünf Prozent. Hochgerechnet sind das etwa 500 000 Menschen.
Was sollte man unbedingt beachten, wenn man sich zur Entfernung entschließt?
Die Laserbehandlung sollte unbedingt von einem Arzt mit
Laser-Erfahrung durchgeführt
werden, denn bei dieser Therapie kann einiges falsch gemacht
werden. Hinweise zu sachkundigen Praxen finden sich auf der
Homepage der Deutschen Dermatologischen
Lasergesellschaft unter www.DDL.de.
Lassen sich Tattoos vollständig entfernen?
Das Therapieergebnis hängt
sehr von den verwendeten Farben und der Farbmenge ab.
Schwarze Tattoos lassen sich
besser entfernen als bunte Tattoos, je mehr Farbe verwendet
wurde, desto schlechter das Gesamtergebnis. Eine vollständige
Entfernung ist oftmals nicht zu
erreichen, vor allem wenn die
Farben zu tief in der Haut sitzen.
Je nach verwendeter Tattoofarbe müssen oft verschiedene
Laser eingesetzt werden. Das
Ganze ist durchaus zeitaufwendig, insbesondere bei großen
Tattoos. Eine tätowierte Fläche
muss in der Regel bis zu zehn
Mal behandelt werden, um das
Endresultat zu erreichen, das
dann nicht immer die vollständige Entfernung des Tattoos ist.
Wozu forschen Sie und Ihre
Mitarbeiter genau?
Wir befassen uns mit der Zusammensetzung von Tattoofarben
und den damit möglicherweise
verbundenen Gesundheitsrisiken. Das erfolgt in enger Zusammenarbeit mit dem Bundesinstitut für Risikobewertung in Berlin.
Ich habe gelesen, dass Tattoofarben meistens Restprodukte
aus der Industrie sind, nie dafür hergestellt, in den Menschen injiziert zu werden. In
den Farben sollen krebserregende und verbotene Stoffe
stecken. Würden Sie sich
selbst tätowieren lassen?
Nein, dafür weiß ich einfach zu
viel. Auch wenn ich schon wirkliche Meisterwerke gesehen habe.
Tattooentfernung mit dem TattooStar aus dem Hause Asclepion: Die Jenaer Hautärztin Dr. Marion Runnebaum behandelt in ihrer Praxis eine Patientin, die eine farbige Tätowierung am Oberarm loswerden will. Bei großflächigem Hautschmuck sind bis zu zehn oder 15 Behandlungen notwendig.
Fotos (4): Peter Michaelis
Eine Prozedur mit Knalleffekt
lässt Tattoos verschwinden
Dank Lasertechnik von der Asclepion Laser Technologies sind Körperbemalungen kein Fall für die Ewigkeit
n Von Sibylle Göbel
Jena. Es ist eine Prozedur mit
Knalleffekt: Sobald der Laserstrahl auf das Blatt Papier trifft,
das verschiedenfarbige Schriftzüge trägt, klingt es, als würden
Zündplättchen abgefeuert. Thomas Unger, zuständig für das
Marketing bei der Asclepion
Laser Technologies GmbH Jena,
demonstriert auf diese Weise die
Funktion des TattooStars, eines
Lasersystems, mit dem sich Tätowierungen und Altersflecken
entfernen lassen. Trifft der Laserstrahl, den Unger per Fußschalter auslöst, auf schwarze
oder blaue Farbe, ist das Knallgeräusch besonders intensiv –
und der Effekt auf dem Papier
besonders gut sichtbar: Die Farbe verschwindet fast augenblicklich. Gelb- und Rottöne hingegen verblassen weniger.
Genauso ist es auch bei der
Anwendung des Lasers auf der
Haut: Während sich dunkle
Farbtöne meist sehr gut entfernen lassen, gelingt dies bei hellen Farben weniger. „Aber das
Ergebnis hängt von vielen Faktoren ab. Zum Beispiel davon,
ob es eine Profi- oder Laien-Tätowierung ist, wie tief und dicht
sie gestochen wurde und welche
Pigmente zum Einsatz kamen“,
erklärt Thomas Unger. Der von
Asclepion entwickelte TattooStar Combo decke mit vier verschiedenen Wellenlängen –
weltweit sei das das Maximum –
eine breite Palette von Farben
ab. Und, gibt Thomas Unger zu
bedenken, so mancher Patient,
der zum Hautarzt kommt, wolle
ein Tattoo auch gar nicht vollständig entfernen, sondern nur
verblassen lassen, um es mit
einem neuen zu überziehen.
Beim Lasern – der gängigsten
Methode zur Tattoo-Entfernung
– absorbieren die Farbpigmente
der Tätowierung das Laserlicht,
das in die Haut eindringt. Die
Bestrahlung zertrümmert die
Pigmente, so dass die pulverisierten Farbstoffe von den weißen Blutkörperchen aufgenommen und nach und nach über
das Lymphsystem abgebaut werden können. 1998 haben die Jenaer ihren ersten Laser zur Entfernung von Tätowierungen auf
den Markt gebracht, seither die
Technologie immer weiter entwickelt.
Das Unternehmen, das sich
auf Laseranwendungen spezialisiert hat und dank des Geschäfts
mit der Schönheit wachsende
Umsätze generiert, ist nach eigenen Angaben weltweiter Technologieführer für innovative
Laser in der ästhetischen Medizin und Chirurgie. Laser zur Entfernung von Tätowierungen, Altersflecken oder Permanent-Makeup machen aber nur einen
Teil seines Umsatzes aus. Noch
mehr als der TattooStar in verschiedenen Ausführungen sind
Epilationslaser gefragt, aber
auch Systeme zur Behandlung
von Falten, krankhaften Gefäßveränderungen sowie Orangenhaut (Cellulite) oder chirurgisch
arbeitende Laser gehören zum
Produktportfolio. Die 1977 gegründete Asclepion Laser Technologies GmbH, die zunächst in
Göschwitz ihren Sitz hatte,
2008 jedoch ins Gewerbegebiet
nach Jena-Lobeda zog und heute knapp 90 Mitarbeiter zählt,
vertreibt ihre Produkte über
mehr als 60 Händler weltweit. In
Jena bietet sie zudem regelmäßig
„Made in Germany“ gilt als Gütesiegel, sagt Thomas Unger, bei Asclepion zuständig für das Marketing.
Trainings für Ärzte aus dem Inund Ausland sowie Händler an.
Die Tattoo-Laser der neuesten
Generation aus dem Hause Asclepion geben pro Sekunde bis zu
zehn Schuss ab und emittieren
eine sehr hohe Energiemenge.
Der Patient spürt einen kurzen
stechenden Schmerz, ähnlich
dem beim Tätowieren. Doch
wer schön sein oder – was Ansichtssache ist – werden will,
muss die Zähne zusammenbeißen. Ganz besonders, wenn die
Tätowierungen in einer empfindlichen Region sitzt. Beispielsweise
überm
Steiß
(„Arschgeweih“) oder auf dem
Fußknöchel. Weniger empfindlich sind dagegen die Oberarme
oder Waden.
Nach der Behandlung heißt es
dann kühlen, kühlen, kühlen,
auch fleißiges Cremen hilft der
malträtierten Haut. Mit einer
Sitzung ist es indes in den wenigsten Fällen getan. „Für dicht
gestochene Profi-Tätowierungen können zwischen zehn bis
15 Behandlungen notwendig
sein“, sagt Asclepion-Sprecher
Thomas Unger.
Geld kostet das Ganze natürlich auch, denn Krankenkassen
bezahlen die Entfernung nicht.
Für ein handtellergroßes Tattoo
muss man ungefähr 300 Euro
pro Sitzung berappen. Bis zu
80 000 Euro kostet indes ein
Laser zur Entfernung von Tätowierungen, hinzu kommt der
Service. „Die Laser zur TattooEntfernung“, sagt Thomas Unger, „gehören zu den teuersten
Technologien im Bereich der ästhetischen Medizin. Unsere
Kernmärkte sind Amerika,
Asien und Europa, wo die Herkunftsbezeichnung ,Made in
Mit Fingerspitzengefühl am Werk: Feinmechaniker Gerald Fischer
bei der Montage eines TattooStar. In Deutschland hat Asclepion bereits
mehr als 1500 Lasersysteme installiert.
Germany‘ nach wie vor ein Gütesiegel ist. Doch mit mehr als
1500 installierten Lasersystemen sind wir auch in Deutschland sehr präsent.“
Asclepion will weiter wachsen. Gleich neben dem noch
recht neuen Firmensitz hat das
Unternehmen Anfang des Jahres
eine Fläche von 1800 Quadrat-
metern hinzugekauft. Wann
dort gebaut wird, steht indes
noch nicht fest. Das Unternehmen überlegt sich jeden seiner
Schritte sehr genau. So, wie es
eigentlich auch jeder tun sollte,
der sich mit dem Wunsch nach
dauerhafter Körperbemalung
trägt. Oder dem, die Jugendsünde wieder loszuwerden.
Hauseigenes Museum: Am neuen Firmensitz in Jena-Lobeda hat das Unternehmen Laser verschiedener
Generationen aufgereiht – eine beeindruckende Parade.