Schriftliche Kleine Anfrage

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Schriftliche Kleine Anfrage
BÜRGERSCHAFT
DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG
Drucksache
20/4487
20. Wahlperiode
22.06.12
Schriftliche Kleine Anfrage
der Abgeordneten Cansu Özdemir (DIE LINKE) vom 14.06.12
und
Betr.:
Antwort des Senats
Versucht die Haspa gezielt, P-Konto-Inhaberinnen und -Inhaber „loszuwerden“?
Für ein Pfändungsschutzkonto (P-Konto) dürfen Banken keine höheren Kontogebühren verlangen als für ein gewöhnliches Girokonto. Das hat das Hanseatische Oberlandesgericht Bremen nach einer Klage des Verbraucherzentrale Bundesverbands e.V. (vzbv) gegen die Sparkasse Bremen entschieden
(Urteil vom 23. März 2012, 2U 130/11). Mit der Einführung des Pfändungsschutzkontos seit Juli 2010 ist zwar kein garantierter Zugang zum Girokonto
geschaffen worden, sondern nur die Umstellung eines bestehenden Girokontos in ein P-Konto. Es mehren sich Hinweise dazu, dass die Hamburger
Sparkasse AG (Haspa) verstärkt versucht, umgewandelte P-Konten „aufzulösen“, zum Beispiel indem diese P-Konten gekündigt werden. Damit wird aber
die Lage finanziell schwacher Menschen durch die Ablehnung oder Kündigung ihres P-Kontos zusätzlich verschlechtert. Betroffene sind Benachteiligungen auf dem Arbeitsmarkt und Extrakosten für jede Bareinzahlung und
Barauszahlung ausgesetzt, mit der unsicheren Aussicht, irgendwo anders
ohne Rechtsanspruch ein P-Konto eröffnen zu können
Vor diesem Hintergrund frage ich daher den Senat:
Der Senat beantwortet die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften der
Hamburger Sparkasse AG (Haspa) und der Verbraucherzentrale Hamburg e.V. wie
folgt:
1.
Welche Erkenntnisse hat der Senat zu Anzahl und zeitlicher Häufung
von Auflösungen und Kündigungen von P-Konten durch die Haspa?
Nach Angaben der Haspa hat sich diese frühzeitig mit den gesetzlichen Regelungen
zum Pfändungsschutzkonto (P-Konto) befasst und die entsprechenden technischorganisatorischen Voraussetzungen inklusive einer geschäftspolitischen Anweisung
geschaffen. Derzeit führt sie rund 14.000 Girokonten als P-Konto.
Die Haspa teilt weiterhin mit, dass sie keineswegs versuche, umgewandelte P-Konten
„aufzulösen“. Sie verfüge zudem über keine Erkenntnisse darüber, dass in ihrem Bereich verstärkt P-Konten gekündigt würden. Hierfür lägen der Haspa weder dahingehende Rückmeldungen aus dem Marktbereich vor, noch ließen die an den Vorstand
gerichteten Kundenbeschwerden einen derartigen Rückschluss zu.
Die Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen, die im Auftrag der Stadt tätig sind,
erheben hierzu keine regelmäßigen Daten. Zeitliche und zahlenmäßige Häufungen
von Kontokündigungen (P-Konto) bei der Haspa konnten nicht festgestellt werden.
Die Verbraucherzentrale Hamburg e.V. (vzhh) hat gesondert mitgeteilt, in 2011 seien
dort – bezogen auf die Haspa – 22 Kontokündigungen, wovon drei Kündigungen PKonten betrafen, verzeichnet. In 2012 seien bei der vzhh bislang (Stand: 15. Juni
2012) zehn Kontokündigungen von der Haspa registriert, davon zwei bei P-Konten.
Drucksache 20/4487
Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 20. Wahlperiode
Darüber hinausgehende Erkenntnisse liegen der zuständigen Behörde nicht vor.
2.
Unter welchen rechtlichen Voraussetzungen kann die Haspa überhaupt
besonders geschützte P-Konten ordentlich oder außerordentlich kündigen oder sonst wie „auflösen“?
3.
Welche jeweiligen Fristen gelten für ordentliche und außerordentliche
Kündigungen von P-Konten durch die Haspa?
Für die Kündigung von Girokonten, die als Pfändungsschutzkonto geführt werden,
bestehen keine gesonderten rechtlichen Regelungen. Die Kündigung von Girokonten
durch die Haspa richtet sich nach Nummer 26 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Hamburger Sparkasse. Ein als P-Konto geführtes Girokonto kann danach von der Hamburger Sparkasse ordentlich mit einer Frist von mindestens zwei
Monaten gekündigt werden.
Die Haspa ist nach Nummer 26 (2) AGB berechtigt, ein als P-Konto geführtes Girokonto fristlos zu kündigen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt und nicht berechtigte
Belange des Kunden die Einhaltung einer Kündigungsfrist gebieten. Darüber hinaus
besteht nach den AGBs keine Berechtigung der Haspa, das Girokonto eines Kunden
aufzulösen.
4.
Welche Handlungsmöglichkeiten bestehen für von P-Konto-Kündigungen durch die Haspa betroffene Menschen, die Berechtigung der Kontokündigung überprüfen zu lassen? (Bitte nach justizförmigen Möglichkeiten, nach Schlichtungs- und Ombudsverfahren aufgliedern.)
Nach Angaben der Haspa stehen einem betroffenen Kunden die folgenden Möglichkeiten einer Überprüfung der ausgesprochenen Kündigung zur Verfügung:
-
Sämtliche Beschwerdewege (persönliche Ansprache, Telefon, Brief, E-Mail), die
ein Kunde nutzt, führen gemäß den internen Vorgaben der Haspa zur Qualitätssicherung zu einer Überprüfung seines Anliegens. Ferner können sich die Kunden
auch direkt an den Vorstand der Bank mittels schriftlicher Beschwerde (per Brief,
E-Mail oder durch Kontaktaufnahme über die Haspa-Homepage) wenden.
-
Einschaltung des Vorstandsbeauftragten für Kundenbeanstandungen. Dieser ist
direkt dem Sprecher des Vorstandes unterstellt und fungiert als Vermittler, Koordinator und Schlichter zwischen dem Kunden und der Hamburger Sparkasse.
-
Des Weiteren hat der Kunde die Möglichkeit sich – auch unabhängig von der Nutzung der vorstehenden Wege – an die Schlichtungsstelle des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes zu wenden, deren Schlichtungsverfahren sich die Haspa
angeschlossen hat.
Daneben steht den Kunden der ordentliche Rechtsweg offen.
Im Übrigen siehe Drs. 20/2657.
5.
Der Senat steht auf dem Rechtsstandpunkt, dass die HASPA Finanzholding lediglich der Rechtsaufsicht der Freien und Hansestadt Hamburg
unterliege und diese keinerlei Einflussmöglichkeiten auf das operative
Geschäft der HASPA Finanzholding oder der Hamburger Sparkasse AG
biete. In welcher Art und Weise hat der Senat sichergestellt, dass zum
Ausgleich der üblicherweise bei Sparkassen in anderen Bundesländern
bestehenden auch sachlichen Einflussmöglichkeiten auf das operative
Geschäft die betroffenen Kundinnen und Kunden der Haspa in ihrem besonderen öffentlich-rechtlich begründeten Vertrauen gegenüber rechtstreuem Verhalten der Haspa Sparkasse AG wirksam geschützt werden?
Bei der Haspa handelt es sich nicht – wie bei vielen Sparkassen in anderen Kommunen – um eine öffentlich-rechtliche Sparkasse. Insofern bestehen gerade nicht die
„üblicherweise bei Sparkassen in anderen Ländern bestehenden auch sachlichen Einflussmöglichkeiten“ (im Übrigen siehe Drs. 20/2657). Vor diesem Hintergrund gibt es
aus Sicht der zuständigen Behörde auch kein „besonderes öffentlich-rechtlich begründetes Vertrauen“, das eines Ausgleichs bedarf.
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