Nachforschung einst und heute
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Nachforschung einst und heute
DIE BRIEFMARKEn e Post und Philatelie in Österreich onli POSTGESCHICHTE Nachforschung einst und heute Seit es die Nachrichtenübermittlung in Briefform gibt, existiert auch das Problem, dass abgeschickte Briefe mitunter ihre Adressaten nicht erreichen. Im Interesse des Postabsenders und auch des Empfängers gibt es allerdings seit eh und je die Möglichkeit, nach dem Verbleib der Postsendung forschen zu lassen. Dies geschah sehr häufig. Auch heute noch wird es in der Form gehandhabt, dass ein Nachforschungsantrag bei der Post eingebracht wird, die dann gezielt den Laufweg des vermissten Poststückes verfolgt. Für gewöhnliche Briefsendungen ohne Nachnahme erfolgte die Nachforschung über 150 Jahre auf Grund eines Fragebogens, bei den anderen Sendungen auf Grund eines Nachfrageschreibens. Dafür gab es besondere Formulare, die dabei halfen, nach dem Verbleib von Postsendungen zu „suchen“ und auf die für die geleisteten Dienste der Post eine Gebühr in Form von Briefmarken zu kleben war. Ab der Einführung der Briefmarke am 1. Juni 1850 war an Nachforschungsgebühr die einfache Briefgebühr in der Höhe von 5 Kreuzer zu entrichten (Abb. 1), ab 16.6.1875 bis 31.12.1899 einheitlich 10 Kreuzer (Abb. 2) und danach 25 Heller, ehe es durch Währungsumstellungen und Preissteigerungen im Laufe der Jahre immer wieder zu Veränderungen der Nachforschungsgebühr kam. Abb. 1: 5-Kreuzer-Marke, Ausgabe 1867, als Nachforschungsgebühr auf gefaltetem Laufschreiben (Fahrpost) OBDACH – WIEN anno 1869. APRIL 2014 Gebühr in Form von Briefmarken Abb. 2: 5-Kreuzer-Marken, Ausgabe 1867, als Nachforschungsgebühr auf Laufschreiben von WEISSKIRCHEN in STEYERM. nach PEG GAU, vorschriftswidrig im Nachhinein geklebt, aus 1877. SEITE 1 DIE BRIEFMARKEn e Post und Philatelie in Österreich onli Seit Einführung der Briefmarke musste die Gebühr laut VOBl. Nr. 37 ex 1875 im Vorhinein in Form von Briefmarken stets auf das Formular geklebt, mit dem OT-Stempel des Aufgabepostamtes entwertet und wie eine rekommandierte Sendung behandelt werden. Nach dem Abschluss der Nachforschung wurde das Nachfrageschreiben (Quästionsschreiben, ab 1938 Laufschreiben) an das Aufgabepostamt retourniert und das Ergebnis dem Absender bekannt gegeben. Stellte sich heraus, dass bei der nachgeforschten Sendung der Fehler im Bereich der Post lag, dann erhielt der Absender die Gebühr für das Nachfrageschreiben rückerstattet. POSTGESCHICHTE Gebühr im Vorhinein Die Nachfrageschreiben wurden im Aussehen und in der Textgestaltung im Laufe der Jahre den Bedürfnissen der Konsumenten und der Post immer wieder angepasst, sodass heute die uns zugänglichen Stücke ein sehr unterschiedliches Erscheinungsbild zeigen (siehe dazu auch „Ferchenbauer“ III, Seiten 293 bis 305). Alle mir bekannten Formulare tragen trotz ihrer Verschiedenheit die Nachforschungsgebühr stets auf dem Formular. So auch die Laufschreiben unter den Abb. 1 bis 3, wobei Letzteres die ordnungsgemäße Zusendung und Ausfolgung des rekommandierten Briefes von NIEDERWÖLZ (Steiermark) an den Empfänger nach GRAZ bestätigt. Abb. 3: Paar der 1,50-S-Trachten, Ausgabe 1948/52, als Nachforschungsgebühr auf dem Nachfrageschreiben anno 1958. APRIL 2014 SEITE 2 DIE BRIEFMARKEn e Post und Philatelie in Österreich onli POSTGESCHICHTE Ab 27. Dezember 1979 wurde es auch möglich, die Nachforschungsgebühr mittels Freistempel zu versehen und ab 1. März 1981 war die Gebühr bei eingeleiteten Nachforschungen nach bescheinigten Sendungen nicht mehr im Vorhinein (Abb. 4, 5, 6), sondern erst anlässlich der Verständigung über das Nachforschungsergebnis zu entrichten, wenn die Nachforschung nicht durch die Post verschuldet worden war. Bei der Abfertigung der Verständigung war vonseiten der Post besonders darauf zu achten, Gebühr auch als Freistempel und im Nachhinein möglich Keine Gebühr bei Verschulden der Post! Abb. 4 und 5: Nachfrageschreiben mit im Vorhinein geklebten Gebühren aus 1949 und 1967. APRIL 2014 SEITE 3 DIE BRIEFMARKEn e Post und Philatelie in Österreich onli POSTGESCHICHTE Abb. 6: Nachforschung über den Verbleib eines Wertbriefes nach Rumänien mit im Vorhinein geklebter 8,00-S-Mischfrankatur „Schönes Österreich“ aus 1973. dass auf dem Umschlag des Briefes (DS1–1011) der Vermerk Nachforschungsgebühr einheben, T S 20,00 in Rot anzubringen und die Gebühr bei der Briefabgabe wie eine Nachgebühr einzuheben war. Das 16 x 22,8 cm große Fensterkuvert der Post & Telekom Austria mit dem violetten Absenderstempel POSTAMT 8036 GRAZ (Abb. 7) zeigt die Berücksichtigung dieser laut Erlass GZ 3634–3/81, Punkt 3 vom 21.11.1981 verlangten Bestimmung: Beim Postdienstbrief (Abb. 7) mit dem OT-Stempel 8036 GRAZ, SKZ g, vom 22.7.1998, wurde der Vermerk „Nachforschungsgebühr einheben T S 50,00“ unvollständig angebracht, auch wäre er in Rot zu vermerken gewesen! Die 50-Schilling-Marke trägt den schwarzen Poststempel 8036 GRAZ vom 11.8.1998. Abb. 7: Verkleinerter Postdienstbrief mit der 50-Schilling-Freimarke „Bauwerke und Baudenkmäler“ als Nachforschungsgebühr. APRIL 2014 SEITE 4 DIE BRIEFMARKEn e Post und Philatelie in Österreich onli Überaus selten kam es vor, dass die Gebühr für die Nachforschung direkt in den Leitnachweis (=Einlaufbuch für Nachforschungen, Ersatzbegehren, Verlust- und Beraubungsmeldungen) geklebt wurde, somit die Verrechnung auf diese Weise geschah (Abb. 8 und 9). POSTGESCHICHTE Selten: Gebühr im Einlaufbuch Abb. 8, 9: Linke und rechte Seite eines Einlaufbuches mit ungewöhnlicher Anbringung der Nachforschungsgebühr. Bei der Durchsicht von über zweihundert Nachforschungsbelegen des Postamtes 8016 Graz aus dem Jahre 1999 wurde nur dreimal die Nachforschungsgebühr in der präsentierten Art im Einlaufbuch verrechnet, wobei jedes Mal ein anderer Stempel zur Entwertung der 50-SchillingMarke verwendet wurde (Abb. 10 und 11). Abb. 10: Ausschnitt der rechten Seite des Einlaufbuches mit zweizeiligem Stempel Postamt 8016 Graz Tel. 0316/82 73 62 zur Entwertung. APRIL 2014 SEITE 5 DIE BRIEFMARKEn e Post und Philatelie in Österreich onli POSTGESCHICHTE Abb. 11: Ausschnitt der rechten Seite des Einblaufbuches mit vierzeiligem Stempel Österreichische Post AG Postamt 8016 Graz zur Entwertung. Die Gebühr für die Nachforschung um den Verbleib eines rekommandiert aufgegebenen Briefes betrug bei der Währungsumstellung von Schilling auf Euro beispielsweise 50,00 S (= 3,63 €) und wurde noch in Form von Briefmarken auf die Nachforschungsverständigung, auf die Benachrichtigung über einen erfolglosen Zustellversuch oder auf das Nachforschungsformular selbst im Nachhinein verrechnet. Im Jahre 2003 betrug die Gebühr für die Nachforschung 4,00 €, die Anträge in Papierform waren nach dem üblichen Procedere (= Eintragung ins Einlaufbuch Recherche Beauskunftung Kundeninformation Schadensabwicklung) ab 27. Juli 2005 allerdings nicht mehr möglich. Es geschah die Nachforschung auf digitalem Weg. Die Information des Auftraggebers erfolgte in einem gelben Postdienstbrief, in dem das ausführliche Ergebnis der Nachforschung zu lesen stand (Abb. 12). Dieser hatte das Format 228 x 161 mm, einen gelb-weißen Kleber mit dem Aufdruck „Nachentgelt“, mit einem Strichcode und im Jahr 2010 mit einer handschriftlichen Nachentgeltangabe in der Höhe von 4,00 € als Nachforschungsgebühr. Abb. 12: Postdienstbrief mit schwarzem, handschriftlichem T-Vermerk und Nachentgeltkleber. Der Computer und die Vernetzung der Postämter haben im Laufe der Jahre die Vorherrschaft und die Vergebührung der Nachfrageschreiben in Form von Nach- oder Freimarken zum Bedauern vieler Sammler, Philatelisten und Postgeschichtler gestoppt. OSR Heimo Tschernatsch APRIL 2014 SEITE 6