Kreuzfahrten

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Schmidt
Mit den schönsten
Kurt Ulrich • Oliver
Inhalt
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Man geht mit der Zeit
Die »Princess Daphne« setzt auf Ambiente
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Kurs auf die »Eisbergfabrik«
Die legendäre »Vistamar« – und ihre Nachfolgerin
68
5 Sterne und ein bisschen mehr
Die »Europa«, die Grande Dame unter den Mega-Yachten 20
Internationale Reedereien
74
Grandhotel mit Stabilisatoren
Die »Deutschland« bietet Tradition statt Rambazamba 28
Die Fortsetzung einer Legende
Die »Queen Mary 2« ist der letzte echte Oceanliner
76
Das ganze Schiff ist ein Büfett
Freie Auswahl ist das Motto auf der »Mein Schiff 1«
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Ein schwimmender Freizeitpark
Die »Oasis of the Seas« ist ein maritimer Superlativ
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Schiffe zum Knutschen
Die AIDA-Flotte ist die einzige, die ein Gesicht hat
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Gemütlichkeit statt bunter Farben
Auf der »Norwegian Epic« zählen die inneren Werte
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1200 Betten – klassische Kreuzfahrt?
Die »Artania« erschließt eine neue Dimension
46
Italienerin mit amerikanischem Design
Die »Costa Luminosa«, das Lichterschiff
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Traumurlaub auf See für jedermann
Der unaufhaltsame Aufstieg der Kreuzfahrt
Deutsche Reedereien und Veranstalter
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Die Astor – ein Wüstenschiff?
»Einmal durch den Suez« fährt der Klassiker jedes Jahr 52
»Das schönste Schiff der Welt«
Viel Neues auf der »Fantasia«
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Ein Schiff mit drei Leben
Die »Athena« ist älter als manche ihrer Passagiere
In 8 Stunden vom Atlantik zum Pazifik
Auf der »Maasdam« durch den Panamakanal
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»Sea, Sun and Fun«
Kreuzfahrt auf Amerikanisch mit der
»Carnival Triumph«
Eine Majestät in XXL
Auf der »Grand Princess« traut
der Kapitän Brautpaare
Kreuzfahrten mit fünf Sternen
»Nur das Beste vom Besten«
Die »Seabourn Legend« ist nobel
wie eine Millionärsyacht
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Die etwas andere Kreuzfahrt
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Eine Lady in Weiß
Der Großsegler »Sea Cloud« hat Charme und Stil
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Unter 5202 Quadratmetern Segeltuch
Die »Royal Clipper« – Segelromantik und Komfort
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Mit Hurtigruten nordwärts
Mit der »Midnatsol« dem Nordkap entgegen
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Faszination Antarktis
Mit der »Grigoriy Mikheev« zu
Pinguinen und Eisbergen
170
Inselhüpfen in der Südsee
Auf dem Kombifrachter »Aranui 3«
zu den Marquesas
176
Reiseteil
180
Praktische Reiseinformationen
182
Register
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Impressum
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Kaviar zum Sonnenuntergang
Die »Crystal Serenity« fährt stilvoll über die Weltmeere 126
Legere Eleganz und sportliches Flair
Die Mega-Yacht »SeaDream II«
garantiert Exklusivität
Italienisches Flair auf allen Meeren
Kreuzfahrten im kleinen Kreis mit der
»Silver Cloud«
Zimmer mit Aussicht
Die »Seven Seas Voyager« – jede Kabine mit Balkon
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1 Kreuzfahrten sind Reisen ohne Kofferpacken – heute ein Landgang
auf einer Insel, morgen Sightseeing in einer Großstadt. 2 Lotse (zweiter von rechts) und Kapitän (dritter von rechts) auf der Brücke.
3 Dolce far niente auf dem Sonnendeck. 4 Jeden Abend ist im Bordtheater Showtime wie in Las Vegas. 5 Die »Royal Clipper« verbindet
modernen Komfort mit maritimer Nostalgie.
Die »Celebrity Millennium« (links) und die »Celebration« im Hafen von Cozumel.
Traumurlaub auf See für jedermann
Der unaufhaltsame Aufstieg der Kreuzfahrt
Als die »Norway« im Juni 1980 von
Miami zu ihrer ersten Karibikreise
auslief, begann ein neues Kapitel
Kreuzfahrtgeschichte. Die einstige
»France« – 70 202 GT, 1864 Passagiere und damit weltgrößter
Cruiser – war ein Quantensprung,
knapp vier Mal voluminöser als die
bislang größten Kreuzfahrtschiffe
»Royal Viking Star«, »Royal Viking
Sky« und »Royal Viking Sea«
(21 847 GT,
559 Passagiere).
Durch ihre Dimensionen bot sie
eine bislang unbekannte Vielfalt an
Aktivitäten und Unterhaltung:
mehrere Bars und Lounges, eine
Eisdiele, ein Paddleball Court, für
1
Golfer eine Driving Range und
abends im dreistöckigen Theater
aufwendig inszenierte Revuen mit swingender Bigband und Beine
schmeißenden Girls.
Knut Kloster, Eigner der »Norway« und Gründer von Norwegian Caribbean Line (seit 1988 Norwegian Cruise Line) hatte als Erster erkannt: Kreuzfahrten haben nur dann eine Zukunft, wenn sie nicht
eine Minderheit von passionierten Seebären und vermögenden Senioren ansprechen, sondern ein Millionenpublikum, das in den Erlebnis-Hotels von Orlando und Las Vegas oder in einem karibischen
Beach-Resort seinen Urlaub verbringt. Der Norweger postulierte:
»Schiffe sind nicht länger ein Transportmittel, das Menschen ans
Ziel bringt. Sie sind vielmehr das Ziel.« Moderne Schiffsriesen weisen denn auch alle Merkmale eines Fun-Parks auf. Micky Arison,
Chef von Carnival Corporation, bringt es auf die Formel »Kreuzfahrtschiffe sind Disneylands für Erwachsene«.
Die »Norway« war das erste »Floating Holiday Resort«, danach begann
unter der Devise »Bigger is better« ein wahnwitziges Rennen nach
größerer Tonnage, das mit »Oasis of the Seas« und »Allure of the
Seas« (225 282 GT, 5408 Passagiere) ein vorläufiges Ende fand. Der
Nischenmarkt Seereisen mauserte sich zum maritimen Massentourismus – 1970 verbrachte eine halbe Million Menschen ihren Urlaub
auf hoher See, 2011 waren es über 20 Millionen, davon 1,2 Millionen Deutsche. Es gibt keine gesicherten Zahlen, da nicht alle Länder aktuelle Informationen liefern und sich Statistiker nicht auf eine
Definition der Kreuzfahrt einigen können: Für Amerikas Cruise Lines
International Association ist es eine Seereise mit mindestens zwei
8 Traumurlaub auf See für jedermann
Übernachtungen, für die Interessenvereinigung Cruise Europe eine
Seereise von mindestens 80 Stunden Dauer.
Die Kreuzfahrt des 21. Jahrhunderts ist zu 75 Prozent ein von drei
Konzernen, den »Big Three«, dominiertes Multimilliarden-Business,
das höhere Gewinne erwirtschaftet als alle anderen Zweige der
Tourismusindustrie:
• Carnival Corporation mit den
Brands AIDA Cruises, Carnival
Cruise Lines, Costa Crociere, Cunard Line, Holland America Line,
Ibero Cruceros, P&O Cruises, P&O
Cruises Australia, Princess Cruises
und Seabourn Cruise Line und
einem Marktanteil von 45 Prozent.
• Royal Caribbean Cruises mit den Brands Azamara Club Cruises,
Celebrity Cruises, Celebrity Xpeditions, Croisières de France, Pullmantur, Royal Caribbean International und TUI Cruises (50 Prozent)
und einem Marktanteil von 21 Prozent.
• Apollo mit den Brands NCL America, Norwegian Cruise Line,
Oceania Cruises und Regent Seven Seas und einem Marktanteil
von acht Prozent.
Die »Großen Drei« verfügen über 174 Schiffe mit 348 463 Betten.
Alle anderen 92 Gesellschaften besitzen insgesamt 258 Schiffe mit
125 933 Betten.
Einst waren Kreuzfahrtschiffe mehrheitlich Unikate mit einer unverwechselbaren Persönlichkeit. Um die Entwicklungskosten zu reduzieren, lassen die Reedereien heute gern gleich mehrere baugleiche
Schiffe auf Kiel legen, Celebrity Cruises mit »Celebrity Eclipse«, »Celebrity Equinox« und »Celebrity Silhouette«, MSC Kreuzfahrten mit
»Fantasia« und »Splendida«. Carnival Corporation geht noch einen
Schritt weiter. Sie übernimmt die Plattformstrategie der Automobilindustrie, die für die verschiedenen Marken innerhalb eines Konzerns identische Bauteile verwendet. Neubauten von Carnival Cruise
Lines, Costa, Cunard, P&O und Holland America Line sehen sich
denn auch zum Verwechseln ähnlich. Einzig der Schornstein und
die Farbe des Rumpfs signalisieren die Reederei.
Schlechte Zeiten für kleinere Reedereien, die noch mit mittelgroßen
Schiffen die traditionelle Kreuzfahrt pflegen. Mittelfristig genügen
ihre oft älteren Kreuzer nicht mehr den immer strengeren Sicher-
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heitsvorschriften und müssen aus dem Verkehr gezogen werden.
Für Neubauten ist die finanzielle Decke meist zu dünn. Damit gehört
die Zukunft auf den Weltmeeren, von Nischenmärkten abgesehen,
den Mega-Cruisern, die nur noch eine entfernte Ähnlichkeit mit den
Linern von einst haben. Von den 20 Neubauten, die bis 2016 auslaufen werden, haben lediglich drei Kabinen für weniger als
2000 Passagiere.
Den Passagieren bringt die »Bigger is better«-Devise ein neues
Kreuzfahrterlebnis, die Preise sind auf dem Niveau der 1980erJahre, Discounts an der Tagesordnung. Und trotzdem erwirtschaften
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1 Die »SeaDream« läuft in Monaco ein. 2 Die »Norway« war 1980 der
erste Mega-Cruiser. 3 Micky Arison, CEO von Carnival Corporation mit
über hundert Kreuzfahrtschiffen, ist der mächtigste Mann im Hochseetourismus. 4 Joe Farcus hat die öffentlichen Räume von über 40 Schiffen
von Carnival Cruise Lines und Costa Kreuzfahrten gestaltet. 5 The Olympic Restaurant auf der »Celebrity Millennium« bietet eine exquisite
Küche im Originaldekor der »Olympic«, einer Schwester der »Titanic«.
die Großen des maritimen Massentourismus satte Gewinne. Tiefpreise und Rekordprofite? Der Widerspruch ist nur scheinbar. Einerseits befördert ein Mega-Cruiser gleich viele Passagiere wie zwei
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mittelgroße Schiffe, doch die Betriebskosten pro Tag und Passagier
sind deutlich niedriger. Andererseits haben die Gesellschaften ihr
»All-inclusive«-Konzept über Bord geworfen und das Las-Vegas-Prinzip übernommen: Die Gambler-Kapitale lockt mit tiefen Zimmerpreisen und scheffelt Geld in den Kasinos, die Mega-Cruiser halten
die Passagepreise niedrig und erzielen Gewinne durch Nebeneinnahmen in Bars, Kasinos, Alternativrestaurants, Bordshops und Internet-Cafés, mit Inline-Skating, Rock-Climbing, Golfsimulatoren,
Tauchkursen, Kunstauktionen, Formel-1-Simulatoren, Beauty-Fitness-Wellness-Centers, Landausflügen und Eheschließungen durch
den Kapitän. Diese Profit Centers bringen 25 Prozent und mehr des
Umsatzes. Gleichzeitig wird rationalisiert, in den Restaurants beispielsweise auf Sommeliers verzichtet. Maliziös schreibt Ross A.
Klein in seiner kritischen Untersuchung Cruise Ship Blues – The Underside of the Cruise Industry, die Gesellschaften könnten »Kreuzfahrten verschenken und trotzdem Gewinne machen«.
Zu den Kehrseiten der Gigantomanie gehören Warteschlangen beim
Ein- und Auschecken, beim Tendern und am Büfett. Die großen
Pötte machen vorzugsweise einwöchige Rundfahrten auf populären
10 Traumurlaub auf See für jedermann
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