Hartz IV und angemessener Wohnraum
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Hartz IV und angemessener Wohnraum
Die Landtagsfraktion veranstaltete am 18.9. ein Fachgespräch zur Situation in den Kommunen bezüglich der Kostenübernahme für Unterkunft und Heizung. Nach Hartz IV sind die Kommunen und Kreise Kostenträger für Unterkunft und Heizung bei SGB II -BezieherInnen. Sechs Monate müssen die Kosten auch dann übernommen werden, wenn sie vor Ort als "nicht angemessen" gelten. Da die HartzGesetzgebung seit dem 1.1.2005 in Kraft ist, ist die sechs Monats Frist Ende Juni für die ersten Betroffenen abgelaufen. Dementsprechend haben die Kommunen nach den Sommerferien begonnen, diejenigen anzuschreiben, die in teurerem Wohnraum leben. Eine interne Umfrage, Berichte aus den Beratungsstellen im Land und ein Überblick über die Rechtsprechung der Sozialgerichte ergaben ein für NRW vielfältiges Bild. Viele Kommunen gehen auf die lokale Wohnungssituation und die soziale Situation der Hilfesuchenden ein. So werden z.B. häufig Kriterien wie Kontinuität und Sicherstellung der Kinderbetreuung oder Pflegepersonen aus dem Stadtteil berücksichtigt, wenn es darum geht auch "nicht angemessene" Mietkosten zu übernehmen. Viele fordern nur nach einer eingehenden Prüfung und bei deutlicher Abweichung vom örtlichen Mietniveau zum Umzug auf, weil eine realistische Chance bestehen muss, dass die Betroffenen überhaupt "angemessene" Mietwohnungen finden können. Aber es zeigte sich, dass es auch etliche Kommunen und Kreise gibt, die mit unrechtmäßigen Instrumenten arbeiten. So fordern einige auf, sich auch außerhalb der zuständigen Kommune eine neue Wohnung zu suchen oder es wird direkt festgestellt, dass die Wohnung vom örtlichen angemessenen Mietniveau abweiche und man die überschießenden Mietkosten selbst aus dem Regelsatz zu tragen habe. Beide Verfahren wurden vom referierenden Vorsitzenden des Landessozialgerichtes Prof. Wahrendorf als nicht rechtmäßig eingeschätzt. Er betonte zudem, dass entgegen einer häufigen Praxis im Fall von Trennung und Bedürftigkeit der Wechsel in eine eigene Wohnung als Erstbezug zu betrachten sei und damit die Einrichtungskosten von den Kostenträgern zu übernehmen seien. Gerade für Frauen in Gewaltsituationen und im Schwangerschaftskonflikt bedeutet die gängige Praxis, diese Kosten nur als Darlehn zu gewähren, die aus den monatlichen Regelsätzen zurückzuzahlen ist, eine besondere Härte. Im Arbeitskreis Frauen in Not, in dem die Grünen mit zahlreichen Organisationen von Frauenberatungsstellen zusammenarbeiten und einen umfangreichen Katalog von Korrekturbedarfen bei Hartz IV Regelungen für Frauen in Not erarbeitet haben, wurde deutlich, dass gerade Frauen in Notsituationen wie z.B. häusliche Gewalt mit Fragen der Wohnraumversorgung konfrontiert sind. Im zweiten Teil des Fachgespräches wurden die wohnungs- und kommunalpolitischen Aspekte diskutiert. Deutlich wurde, dass durch Hartz IV die Versorgung mit preiswertem Wohnraum zu einer zentralen Herausforderung der Zukunft wird. Während landesweit der Sozialmietwohnungsbestand sinkt, nimmt die Zahl einkommensschwächerer Haushalte in Folge der allgemeinen konjunkturellen Entwicklung und steigender Arbeitslosenzahlen zu. Der von der Landesregierung angekündigte Rückzug aus der sozialen Wohnungsbauförderung wird die Situation in den Kommunen verschärfen, da schon jetzt abzusehen ist, dass in den kommenden Jahren für einen Grossteil dieser Wohnungen die Mietpreisbindung und das kommunale Belegungsrecht ausläuft. Durch die den Städten übertragene Finanzierungsverantwortung für die Unterkunftskosten der ALG II-Haushalte steigt das Interesse der Kommunen an einer ausreichenden Zahl von mietpreis- und belegungsgebunden Wohnungen. Der Plan der Bundesregierung, sich rückwirkend zum 1.1.2005 nicht mehr an den Unterkunfts- und Heizkosten für Bezieherinnen und Bezieher von Arbeitslosengeld II zu beteiligen, sorgt für erhebliche Unruhe in der kommunalen Landschaft. Sollte der Gesetzentwurf vom 05.10.2005 aus dem Hause Clement in der vorgesehenen Form Gesetz werden, müssten die Kommunen bundesweit bis zu 3,2 Mrd. Euro an den Bund zurückzahlen. Nun ist der Widerstand aus den Kommunen gefragt. Die Fraktion hat einen Musterantrag für eine Resolution in den Kommunalparlamenten erarbeitet. Er steht als download unter: www.barbara-steffens.de Weitere Informationen aus dem Fachgespräch werden in Kürze ebenfalls dort eingestellt. Weitere Informationen sind bei den fachpolitischen SprecherInnen erhältlich: Barbara Steffens (Hartz IV), Horst Becker (Wohnungsbau, Kommunalpolitik)