Einschubtechnik für Niederspannungsschaltanlagen

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Einschubtechnik für Niederspannungsschaltanlagen
Energy
Einschubtechnik für
Niederspannungsschaltanlagen
In vielen industriellen Anwendungen ist hohe Verfügbarkeit ein
entscheidendes Kriterium. Beispielsweise lassen sich in der
Stahlproduktion, der chemischen Industrie oder in der
Energietechnik Anlagen nicht ohne größere Probleme kurzfristig
anhalten und anschließend wieder starten. Für den elektrischen
Schaltanlagenbau bedeutet dies, dass unter anderem
Wartungsarbeiten durchgeführt werden müssen, ohne dafür
komplette Anlagenteile spannungsfrei zu schalten. Vorteile bietet
hier ein Einschubsystem, mit dem sich eine Baugruppe, wie ein
Motorstarter, komplett austauschen lässt.
Bild 1. Die Schaltschränke lassen sich mit bis zu 22 Modulen
bestücken
• Heft S1/2010
Hochverfügbarkeit und Sicherheit
sind
zwei wesentliche Trends im
Schaltanlagenbau. Formunterteilungen
in
Schaltanlagen
helfen, eine hohe Sicherheit insbesondere bei
Inbetriebnahme
und Wartung zu
gewährleisten.
Gerade in Bezug
auf hohe Verfügbarkeit ist eine Einschubtechnik, mit der
gesamte Baugruppen auch
unter Spannung
getauscht werden können, interessant.
Im
Servicefall lässt
sich so beispielsweise ein
kompletter Motorstarter einfach
austauschen, ohne die Schaltanlage spannungsfrei schalten zu
müssen. Ein solches Einschubsystem hat Elpro
[1] auf Basis des
Ri4power-Systems von Rittal
[2] entwickelt.
Steffen Vree
Peter Schmiedtke
Unabhängiger Systempartner für
die Gehäusetechnik
Im eigenen Anlagenbau fertigt Elpro
auf über 4 000 m2 Schaltanlagen für die
unterschiedlichsten Projekte schnell und
flexibel nach Kundenwunsch. Das Leistungsspektrum umfasst neben der Fertigung die Bereiche Engineering, Montage,
Bauleitung bis hin zu Inbetriebnahme
und Service.
Um hochverfügbare Schaltanlagen realisieren zu können, hat das Unternehmen unter dem Namen Ensas 5000 (Bild
1) das System Ri4power (Bild 2) um Abgangsfelder in Volleinschubtechnik erweitert. Anlass für die Eigenentwicklung
war der Wunsch, über ein System mit
hoher eigener Wertschöpfung zu verfügen. Um unabhängig von den Lizenzen
und der Produktpolitik anderer Unternehmen zu sein, suchte man nach einem
Systempartner für die entsprechende Gehäusetechnik, der einerseits über das notwendige Know-how verfügt, andererseits
aber als unabhängiger Partner nicht als
Mitbewerber auftreten würde. Nach einem europaweiten Screening entschied
man sich für Rittal.
Steffen Vree ist Leiter Product Management Power Solutions der Rittal
GmbH & Co. KG in Herborn.
E-Mail: [email protected]
Peter Schmiedtke ist bei der Elpro
GmbH in Berlin in Entwicklung und
Vertrieb tätig.
E-Mail: [email protected]
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Bild 2. Das Baukastensystem der System­lösung ermöglicht die individuelle Erstellung
modularer Niederspannungsschaltanlagen
Berührungssichere
Einschubtechnik
Für die Einschübe kommt eine patentierte Kontaktierungstechnik zum Einsatz. Bei dieser erfolgt die Kontaktierung
zu den Sammelschienen nicht, wie bei
anderen auf dem Markt erhältlichen Systemen, am hinteren Ende des Einschubs
mittels Steckkontakten, sondern seitlich
über ein neuartiges Kontaktierungssystem. Dieses wird mit einer speziellen
Schienenführung in das entsprechende
Gegenstück im Schaltschrank eingeführt.
Der Vorteil dieser Lösung liegt darin, dass
sich die Module ohne Kraftaufwand in
den Schaltschrank einschieben lassen.
Die Kontaktierung erfolgt dann über eine
Kontaktwalze, die gegen die seitlichen
Verteilschienen gedreht wird. Entfernt
man einen Einschub aus dem Schaltschrank, sorgt ein Shuttersystem dafür,
dass die Sammelschienen berührungssicher abgedeckt sind. Die Sammelschienen sind auf der gesamten Länge gekapselt, sodass das Verteilschienensystem
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störlichtbogenfußpunktfrei ist. Die Einschübe lassen sich über einen Hebel in
die Stellungen „Test“, „Betrieb“ oder
„Trennen“ bringen und dort jeweils einzeln mechanisch verriegeln und abschließen. Um einer Verwechslung verschiedener Einschübe vorzubeugen, sind diese
mechanisch codierbar, was die Sicherheit
im Betrieb oder während des Service zusätzlich erhöht.
Platz für bis zu 22 Module
Die Abgangsfelder in Volleinschubtechnik fertigt Elpro auf Basis des Ri4power-Systems. Dazu werden in den
TS 8-Schrank entsprechende Böden und
Wände eingebaut, welche die Einschübe
aufnehmen. Das modulare System Ri4power ermöglicht eine Formunterteilung
der einzelnen Felder sowie eine Abschottung des Kabelanschlussraums. Die Einschubmodule gibt es in verschiedenen
Höhen im Raster von 75 mm (Bild 3). Die
größten Module mit sechs Höheneinheiten sind dabei 450 mm hoch. Bei kleins-
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Bild 3. Die verschiedenen Einschubmodule können durch ihr Kontaktierungssystem schnell
und gefahrlos ausgetauscht werden
Schaltanlagen
aus dem Bauksaten
Mit der durchgängigen Systemlösung
Ri4power lassen sich Niederspannungsschaltanlagen einheitlich, strukturiert
und sicher realisieren. Dabei lassen sich
die Bauformen 1-4 aus einem einzigen
Baukastensystem herstellen, basierend
auf dem Topschrank-System TS 8 und
den Sammelschienen Maxi-PLS sowie
Flat-PLS bis 5 500 A. Für den unteren
Verteilungsbereich bietet sich der Wandund Stand-Installationsverteiler mit dem
dazu gehörenden ISV-Modulen und SVKomponenten an. Alle Bereiche können
durchgängig mit der Software Rittal Power Engineering – zur Hannover Messe
in der neuen Version 5.0 erhältlich – geplant und projektiert werden. Ri4Power
wurde mit den gängigsten Schaltgeräten
mehrerer Hersteller gemäß IEC 61439-1
und IEC 61439-2 erfolgreich geprüft:
ABB, Eaton-Moeller, Efen, Jean Müller,
Mitsubishi, Schneider Electric, Siemens
und Terasaki.
ter Höhe sind insgesamt 22 Module pro
Schaltschrank möglich. Der Nennstrom
der Anlagen kann bis zu 5 500 A betragen. Das System ist für Nennspannungen
von AC 400 V, AC 500 V oder AC 690 V
ausgelegt und bezüglich der Sammel-
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schienenlage flexibel. So sind Anordnungen im Dach- oder im Rückbereich oben
oder unten möglich. Für das gesamte
System Ensas 5000 wurde der Bauartnachweis durch Prüfung gemäß IEC
61439-1 [3] und IEC 61439-2 [4] durchgeführt.
Da das Ri4power-System und Ensas
5000 auf dem Topschrank TS 8 basieren,
kann das gesamte Systemzubehör verwendet werden. Dieses umfasst praktisch
alle Produkte, die im Schaltschrankbau
benötigt werden, von der Schaltschrankleuchte bis hin zu Klimatisierungslösungen. Die Kunden, die sich für eine Schaltanlage auf Basis des neuen Einschubsystems entscheiden, profitieren davon, dass
sie in der Wahl der Schaltgerätehersteller
unabhängig sind. Das neue Einschubsystem wird von der Elpro GmbH erstmals
auf der Hannover Messe Industrie vorgestellt.
Literatur
[1] Elpro GmbH, Berlin: www.elpro.de
[2] Rittal GmbH & Co. KG, Herborn: www.rittal.de
[3] IEC 61439-1:2009-01 Low-voltage switchgear
and controlgear assemblies − Part 1: General
rules. Genf/Schweiz: Bureau Central de la Comission Electrotechnique Internationale
[4] IEC 61439-2:2009-01 Low-voltage switchgear
and controlgear assemblies − Part 2: Power
switchgear and controlgear assemblies. Genf/
Schweiz: Bureau Central de la Comission Electrotechnique Internationale
n
Hannover Messe:
Elpro Halle 11 Stand E14
Rittal Halle 11, Stand E06
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