zeitungstechnik - WAN-IFRA

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zeitungstechnik - WAN-IFRA
a
Deutsche Ausgabe 01/98 D20834E
JANUAR 1998
zeitungstechnik
die Monatszeitschrift der IFRA
CTP-Symposium in München:
Die Praxis hat die Tauglichkeit bewiesen
Für die einen war das CTP-Symposium am 2. und 3.
Dezember 1997 in München eine Orientierungsveranstaltung, bei der sie sich einen Überblick über die gegenwärtige CTP-Landschaft verschaffen konnten, für die anderen
waren die Weichen schon gestellt. Daneben gab es eine
dritte Gruppe, für die CTP gerade jetzt brandaktuell ist:
diejenigen, die heute vor der Entscheidung stehen, welches
Plattensystem ihre alte Anlage ablösen wird, ein konventionelles oder ein CTP-System. Angesichts der erheblichen
Preisunterschiede allein in der Anschaffung des Belichters
muß CTP schon mit überzeugenden Argumenten kommen.
Mit rund 160 Teilnehmern war denn der Saal im SheratonHotel auch voll besetzt und blieb es bis zum Schluß. Selten
waren die Pausen so eifrig für den Informationsaustausch
untereinander genutzt worden wie diesmal. Da erfuhr man
von geplanten Betatest-Installationen oder Problemen mit
dem Plattenprozessor oder von der bevorstehenden Lieferung eines zweiten CTP-Belichters. Keine Frage, IFRA hat
für dieses Symposium den richtigen Zeitpunkt gewählt,
denn CTP ist für Zeitungen heute aktueller denn je.
In seinen einleitenden Worten sagte Reinhard Lorch,
als Leiter Technik verantwortlich für alle technischen
Aktivitäten in der größten Offsetdruckerei in Deutschland
(Süddeutscher Verlag), bezugnehmend auf die seitherig als
IFRA-Symposium:
Die Praxis ist bereit
für CTP
Die Technik, so hat das Symposium gezeigt, ist nicht mehr so
sehr das Problem – selbst in der
Geschwindigkeit haben die
CTP-Belichter teilweise schon
einiges zugelegt –, worauf es
jetzt ankommt, ist die Integration des Prozesses in den Gesamtprozeß der Zeitungsherstellung.
„wunde Punkte“ bekannten Einschränkungen von Computer-to-Plate: „Wir kommen zu diesem Symposium mit
großen Erwartungen, insbesondere an die Hersteller“. Die
Zeitungen stehen unter Kostendruck und wollen möglichst
bald die Rationalisierungspotentiale einer filmlosen Plattenherstellung nutzen. Aber dazu werden überzeugende
Lösungen gebraucht.
CTP ist weniger eine Technik
als eine Philosophie
Wer von CTP spricht, aber nur den letzten Schritt, die
Belichtung digitaler Seitendaten auf die Druckplatte meint,
der hat das Konzept nicht ganz verstanden. „CTP bedeutet
nicht nur, daß man einen konventionellen Filmbelichter
gegen einen CTP-Platesetter austauscht oder einen Weg
findet, die Filmverarbeitung und herkömmliche Plattenherstellung auszuschalten. CTP ist ein computergestützter
Fertigungsprozeß, der es erlaubt, alle Einzelschritte innerhalb dieses Prozesses exakt zu steuern, zu messen und zu
wiederholen“, so die Definition in dem von Tony Adeshina, Quality Assurance Manager bei The Plain Dealer
in Cleveland, Ohio, vorgestellten gemeinschaftlichen
Fortsetzung auf Seite 22
IFRA-SYMPOSIUM: Die Praxis ist bereit für CTP
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. . . Die Praxis hat die Tauglichkeit bewiesen
Fortsetzung von Seite 1
Forschungsprojekt von IFRA und NAA, dessen Ergebnisse
in Form eines Special Report (2.24) erschienen. Darin
wurde CTP nicht nur von der technischen Seite durchleuchtet, sondern auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten untersucht; anhand von drei hypothetischen Fallstudien wurde CTP die Rechnung aufgemacht. Die Fallbeispiele belegen, daß der wirtschaftliche Einsatz von CTP –
wenn bestimmte Grundbedingungen erfüllt sind – im
wesentlichen vom Plattenbedarf pro Seite und der Anzahl
der dazu erforderlichen Belichtungseinheiten abhängig ist.
Ob CTP für eine bestimmte Zeitung Sinn macht, hängt
letztlich von zwei Faktoren ab: zum einen vom Ergebnis
einer solchen Wirtschaftlichkeitsrechnung auf der Basis
einer präzisen Analyse der tatsächlichen Produktionsdaten
des Einzelunternehmens und zum andern davon, wie man
die Qualitätsvorteile von CTP für die eigene Zeitung
bewertet.
Die Vielfalt des Angebots sorgt für Verwirrung
bei potentiellen Anwendern
Derek Wyse von Vantage Strategic Marketing, berichtete über die neueste VSM-Studie, die die internationale
Marktentwicklung im CTP-Bereich seit Februar 1996 untersuchte. Das Angebot ist aufgrund neuer Anbieter deutlich gewachsen und stellt sich heute für die potentiellen
Käufer in verwirrender Vielfalt dar; 88 CTP-Belichtermodelle sollen z. Zt. auf dem Markt sein (47 im Februar
1996). Mehr als die Zahlen interessieren aber die Gründe
für diese Entwicklung.
Von den vielen Neuanbietern, die sich mit den bestehenden auf dem CTP-Markt tummeln, werden sich nach
Ansicht von D. Wyse langfristig voraussichtlich aber nur
etwa fünf halten können. Er begründet diese Annahme
unter anderem damit, daß es sich oft um branchenfremde
Unternehmen handle, die darauf aus seien, schnell profitabel zu arbeiten. Wie sieht es mit deren Finanzstärke aus?
Wird die traditionell konservative grafische Industrie solchen Neueinsteigern ohne Marktpräsenz eine Chance geben? Ist das CTP-Marktpotential überhaupt groß genug,
um allen Anbieter in den nächsten zwei bis drei Jahren
Einnahmen in Aussicht zu stellen, die in Relation zu ihren
In Fortführung unserer Vorberichterstattung in der
Dezember-Ausgabe 1997, die mehr die Hauptakzente und
Stimmung beim IFRA-Symposium „Die Praxis ist bereit
für Computer-to-Plate“ – 2. und 3. Dezember in München
– wiedergeben sollte, berichten wir hier nun ausführlicher
über die wesentlichen Inhalte dieser Veranstaltung. Eine
Übersicht über die vorgestellten
vorgestellten CTP-Systeme verschiedener Hersteller finden Sie auf den Seite 12 und 13; die
Erfahrungsberichte der CTP-Anwender ab Seite 14. Was
den Erfahrungsbericht von Terry Piper betrifft, der für die
Implementierung des CTP-Systems bei der Verlagsgruppe „Southern Newspapers“ verantwortlich war, möchten
wir auf unseren Artikel in der Dezember-Ausgabe 1997
von „zeitungstechnik“, Seite 50 ff., verweisen.
Entwicklungskosten stehen? Eine ungefähre Schätzung
beziffert die Anzahl der Belichter, die ein Hersteller
verkaufen muß, um seine Forschungs- und Entwicklungskosten zu decken, mit 40.
Der „Wall Street Faktor“
Lange Zeit war die grafische Industrie für die Finanzwelt nicht sehr interessant, weil dort wenig Innovation und
Bewegung herrschte. Erst mit der Einführung der Computer rückte auch die Zeitungsindustrie allmählich ins Blickfeld der Investoren. D. Wyse nennt dies den „Wall Street
Faktor“. Der enorme Druck, unter dem die Hersteller heute
stehen, um sich auf dem Finanzmarkt zu behaupten (positive Dividendenentwicklung ungeachtet der Marktlage werden erwartet), könnte zu vorschnellen Entscheidungen
führen, die sich weder zum Vorteil des einzelnen Unternehmens noch der Industrie auswirken. Wenn sich die Prognosen der letzten Jahre in bezug auf die Markteinführung von
CTP bei Zeitungen nicht bewahrheitet haben, das heißt zu
optimistisch waren, dann könnte es daran liegen, daß die
Hersteller sich verzettelt haben, weil sie auf der einen Seite
noch an der Vervollkommnung der im sichtbaren Spektralbereich arbeitenden Produkte arbeiten, auf der anderen
aber keinesfalls im Thermo-Bereich den Anschluß verpassen wollen. Die hohen Erwartungen, die in die Thermo-
Die Vor- und Nachteile von CTP
+
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+
+
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Automatisierung des Workflow
Digitalisierung
Straffung der Arbeitsabläufe
Zeit- und Materialeinsparung
Qualitätskontrolle
Umweltfreundlichkeit
–
–
–
–
–
hohe Investitionskosten
aufwendige Systemintegration
Plattenkosten/Herstellerabhängigkeit
spezielle Ausbildung der Bediener
und der Wartungstechniker
Die Entscheidung für oder gegen CTP hängt immer von den
Gegebenheiten der Zeitung und
der Gewichtung der Vor- und
Nachteile ab.
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Die Thermo-Technologie, bei
der die Bebilderung nicht mit
Laserlicht, sondern mit Wärme
geschieht, hat sicher ihre Berechtigung im Akzidenzbereich;
für den Zeitungsbereich sind die
Hauptvorteile nicht so maßgeblich wie deren Nachteile – vor
allem die Durchsatzgeschwindigkeit reicht derzeit nicht aus.
IFRA-SYMPOSIUM: Die Praxis ist bereit für CTP
Vor- und Nachteile der Thermo-Technologie
im Vergleich zu CTP-Belichtern und -Platten für den sichtbaren Spektralbereich
+ Hohe Qualität (keine Über-/Unterbelichtung)
+ Eignung für FM-Raster (gute Punktschärfe)
+ Tageslichtverarbeitung
(spart Kosten für autom. Plattenzuführung)
+ Auflagenbeständigkeit (> 1 Mio. Ex.)
Technologie gesetzt werden, führt D. Wyse im wesentlichen auf das Marketing einzelner Hersteller zurück. Bei
der Print97 war die Zahl der angebotenen Thermoplatten
plötzlich (von sechs im Februar 1996) auf 20 hochgeschnellt.
Da die Prepress-Systemhersteller in den vergangenen
zwei Jahren nur sehr bescheidene Gewinne erzielt haben,
sind sie auch nicht in der günstigsten Ausgangsposition,
um Millionen von Dollars in neue Technologien zu investieren. Sie konzentrieren sich mindestens ebenso stark auf
Fragen der Reorganisation und Rationalisierung im eigenen Unternehmen sowie Allianzen mit anderen.
Akzidenzmarkt bevorzugt
Die besseren Chancen bieten sich dem, der Komplettsysteme offerieren kann, darum wird sich der Trend zu
Übernahmen und Allianzen in den nächsten Jahre wohl
fortsetzen. Bei den CTP-Installationen insgesamt ist das
Verhältnis USA : Europa etwa 2 : 1, wobei der Anteil der
Zeitungen an den weltweit installierten CTP-Belichern nur
6 % beträgt. Das mag zum Teil an der konservativeren
Einstellung der Zeitungen liegen, die lieber bewährte
Technik einsetzen, zum anderen an den Herstellern, die
sich bisher, aus wirtschaftlichen Gründen, mehr um den
kommerziellen Drucksektor gekümmert haben. Die Zeitungen sind nicht die bequemsten Kunden, weiß D. Wyse aus
seiner Erfahrung mit Herstellern, sie sind einfach zu
anspruchsvoll. Es ist ja auch schwer nachzuvollziehen, daß
20 Minuten Verspätung im Produktionsplan für manche
Zeitung einer kleinen Katastrophe gleichkommt. Ausfallzeiten werden nicht akzeptiert.
Bezüglich der Zukunftsperspektiven für CTP bei Zeitungen hängt es von vier Punkten ab, wann es für eine
breite CTP-Einführung bei den Zeitungen soweit ist:
1. vom Engagement der Hersteller,
2. von der Verbesserung der Durchsatzleistung der Belichter,
3. von der Zuverlässigkeit der Platten und
4. von der Preispolitik der Plattenlieferanten.
Weit mehr als einen Überblick über den Stand der
Technik nach den einschlägigen Fachmessen dieses Jahres
(Imprinta, Print und vor allem IFRA97), wie der Titel
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– geringere Belichtungsgeschwindigkeit
(für den Zeitungseinsatz nicht ausreichend)
– Nacherwärmung bei höheren Auflagen
– höherer Energiebedarf
– teurerer Laser mit geringerer Lebensdauer
seines Referats versprach, bot Holger Brass von Agfa den
Symposiumsteilnehmern: Er brachte Struktur in die Thematik, die bei der Komplexheit der Systeme und Zusammenhänge auch not tut.
Zeitungen, dagegen wird wohl niemand etwas einzuwenden haben, brauchen vor allem Produktivität und
Zuverlässigkeit. Darum stützte H. Brass seine Kriterien für
die Auswahl der geeignetsten CTP-Technik auf die folgenden vier Thesen:
1. Wir reden über CTP in der Zeitung.
2. Wir reden über zeitungsspezifische dpi-Auflösungen,
die auf normalem Zeitungspapier druckbar sind.
3. Wir reden über Auflagenleistungen, wie sie im Zeitungsbetrieb praktisch vorkommen.
4. Wir gehen davon aus, daß im wesentlichen nur automatisch arbeitende Systeme Anwendung finden.
Aufgrund dieser Thesen schränkte er seine Empfehlung
der geeigneten Plattentypen für den Zeitungsdruck auf
Photopolymer- und Silberplatten auf Aluminiumbasis ein.
Thermoplatten werden, seiner Ansicht nach erst für Zeitungen interessant, wenn sie in der sogenannten Stufe 2, also
als entwicklungsfreie Platten, zur Verfügung stehen – mit
dieser Einschätzung stand er nicht allein.
Die Qualitäts- Zeit- und Kostenvorteile von CTP sind
eindeutig, stellt H. Brass fest, wenn der digitale Workflow
realisiert ist, gibt es keine Alternative dazu. Darum empfiehlt er: Jetzt aufspringen auf den anrollenden Intercity!
„Thermo“ für Zeitungen
– nicht so heiß, wie es belichtet wird
Tony King, Worldwide Product Manager für den Silverlith-Bereich von DuPont, stellte die CTP-Thermoplatten in
kritschen Vergleich zu den eingeführten CTP-Platten, die
mit Argonionen- oder YAG-Lasern belichtet werden – zum
Beispiel die Silverlith SDB-Platte von DuPont, LithoStar
und N90A von Agfa, DiamondPlate von Western Lithotech/
Mitsubishi u. a. Die von DuPont zur Imprinta neu vorgestellte Thermoplatte Silverlith SDT zeitigt erste Erfolge im
Akzidenzbereich; die Durchsatzgeschwindigkeiten der Belichter sind für den Bedarf der Zeitungen (100 Platten/h)
nicht ausreichend. Aus diesem Grund geht T. King davon
aus, daß die Zeitungen vermehrt die heute schon bewähr-
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IFRA-SYMPOSIUM: Die Praxis ist bereit für CTP
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CTP-Zeitungssysteme auf der IFRA97
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Hersteller: System
Lichtquelle (nm)
Typ
Plattenhandling
Agfa: Polaris 100
(Strobbe)
FD-YAG
(532 nm)
Flachbett
automatisch
Autologic:
APS 3850 CTP
Rotlicht-Diode (670 nm)
FD-YAG-Laser (532 nm)
Flachbett
automatisch
Cymbolic Sciences:
NewsJet
FD-YAG (532 nm)
Innentrommel
manuell
Dainippon Screen:
FlatRite 1050
Rotlicht-Diode (633 nm)
Flachbett
automatisch
DuPont:
MagnaSetter
Argonionen-Laser (488 nm)
Flachbett
automatisch
ECRM: AIR 75
(Fuji PI 3000)
Argonionen-Laser (488 nm)
Innentrommel
automatisch
Gerber:
Crescent 3030
YAG (1064 nm)
FD-YAG (532 nm)
Rotlicht-Diode (670 nm)
Innentrommel
manuell bzw.
Krause:
LaserStar LS N
FD-YAG (532 nm)
Innentrommel
automatisch
Polychrome:
Versitec Digital Platemaker
Rotlicht-Diode
(670 nm)
Flachbett
automatisch
PrePress Solutions:
Panther FasTrak
FD-YAG (532 nm)
Argonionen-Laser (488 nm)
Flachbett
automatisch
Purup-Eskofot: DMX 2737
FD-YAG (532 nm)
Innentrommel
automatisch
Scangraphic:
Scantext Futuro HN
HeNe-Laser (633 nm)
IR-Laser (1050 nm)
Innentrommel
manuell
Western Lithotech (Mitsubishi):
DiamondSetter II
FD-YAG (532 nm)
Flachbett
automatisch
automatisch
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IFRA-SYMPOSIUM: Die Praxis ist bereit für CTP
ten, im sichtbaren Spektralbereich (zwischen 400 und
600 nm) arbeitenden CTP-Platten und -Belichter einsetzen
werden. Es ist nicht ausgeschlossen, daß die Themo-Technologie in der Zukunft auch für die Zeitungen interessant
wird, doch besteht heute kein Grund, bei der Einführung
von CTP auf etwas Besseres zu warten.
Leider mußte der im Programm angekündigte Beitrag
von Patrick Berard von Polychrome über Mehrschichtplatten ausfallen, weil der Referent durch den plötzlichen
Wintereinbruch in Paris auf dem Flughafen festsaß. Unerwartet hinzu kam dafür ein kurzer Bericht von Boris
Fuchs, Forschungsdirektor der IFRA, der sich bei einer
Japanreise Ende November auf der JANPS’97, der alle
zwei Jahre stattfindenden japanischen Zeitungstechnologie-Messe, über den Stand von CTP für Zeitungen
informiert hatte. Aufgrund der Konstruktionsunterschiede
der Produktionsausrüstung (interessanterweise bilden Rotation und Versandanlage gewissermaßen eine Einheit) und
der ausschließlichen Verwendung von doppellangen Platten – in Japan wird immer in Doppelproduktion gedruckt –
werden für diesen Markt auch spezielle, diesen Bedingungen angepaßte CTP-Anlagen benötigt. Bis jetzt gibt es in
Japan im Zeitungsbereich nur zwei CTP-Beta-Testinstallationen: bei Asahi Shimbun in Zama (von NEC, Seiken
Graphics und Mitsubishi geliefert) und bei der Finanzzeitung Nikkei in Kyoto (von Fujifilm).
Die Idee von der digitalen Beherrschung der Seite
Voraussetzung für CTP, so haben wir gelernt, ist die
Erreichung einer geschlossenen „digitalen Kette“ von der
Text- und Bildererzeugung (elektronischer Seitenumbruch,
Colour Management, Ausgabesteuerung) bis zur druckfertigen Platte, ja möglichst bis zur Voreinstellung der Rota-
tion. Das heißt aber nicht, daß jedes Element digital erzeugt
worden sein muß, wenngleich es natürlich die Idealsituation wäre. Es muß aber die Möglichkeit gegeben sein, die
fehlenden Elemente zu digitalisieren. In erster Linie wird
es sich dabei um Bildmaterial oder angelieferte Anzeigenvorlagen handeln, die gescannt werden oder deren Farbauszüge via Copydot-Scanner zu einem Farbbild zusammengesetzt und dann übertragen werden können. Je digitaler
der ganze Ablauf wird, desto wichtiger wird die Möglichkeit der Kontrolle vor der Plattenbelichtung „damit man in
der Rotation kein blaues Wunder erlebt“.
In diesem Zusammenhang erläuterte Manfred Werfel,
Forschungsleiter bei der IFRA, die Vorteile des Softproofs
gegenüber dem zeitaufwendigen und kostspieligen Hardcopy-Proof. Beim Einsatz des CTP-Verfahrens ist die
Herstellung analoger Proofs nicht mehr möglich. Aber,
ganz ohne Proof geht es nicht. Wo der Zwischenschritt
über den Seitenfilm entfällt, entfällt damit auch die Möglichkeit, in diesem Stadium noch eventuelle Fehler zu
erkennen, wie zum Beispiel PostScript-Interpretationsfehler, Farbfehler und so weiter.
Die drei Hauptanwendungsgebiete für das Softproofing
sind die Produktionsverfolgung, die Layoutkontrolle
(Formproof oder „digitale Blaupause“) und die Überprüfung der Farbgenauigkeit (Farbproof). Die mit dem PDFFormat arbeitende Software Adobe-Akrobat hat sich bereits bei der Anzeigenübertragung bewährt. Ihre Einbeziehung in Monitor-Proofsysteme steht noch aus, wird aber in
den nächsten Jahren erwartet. Die verbesserte Farbunterstützung der neuen Version 3 kann gute Farben bei der
Umrechnung von CMYK nach RGB für die Monitordarstellung liefern. M. Werfel nannte eine Reihe von Kriterien, die ein Softproof-System erfüllen sollte, in bezug auf
den Monitor (Autokalibrierung und manuelle Messung der
CTP: Übersicht über die Technologien
Plattentechnologien:
1.
2.
3.
4.
Photopolymer (Agfa, Fuji, MCI)
Silberhalogenid (Agfa, DuPont, Mitsubishi)
Hybrid (Polychrome)
Thermal (Kodak, Agfa, DuPont, Horsell, Polychrome,
Presstek)
Als Trägermaterial kommt Aluminium und Polyester in Frage;
für den Zeitungseinsatz wird es in der Regel Aluminium sein.
Vom Typ und der Empfindlichkeit der Platte hängt ab,
welcher Lasertyp zur Bebilderung eingesetzt wird: Wärme
oder Licht (Wattleistung und Spektralbereich).
Belichterbauarten:
1. Innentrommel
(einschließlich halbrundes Belichterbett)
2. Außentrommel
3. Flachbett
Das Plattenhandling kann entweder manuell oder automatisch sein. Die Automatisierung erhöht den Durchsatz der
Anlage, wirkt sich aber auch erheblich auf ihren Preis aus.
Die Entwicklung kann On- oder Offline sein.
Die Stanzung der Platten kann in der Belichtungseinheit oder
nachher erfolgen. Es gibt auch Belichter, die mit vorgestanzten Platten arbeiten.
Das CTP für manchen so verwirrend ist, liegt an der Vielzahl der verschiedenen Techniken mit Varianten bei Platten und Belichtern.
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IFRA-SYMPOSIUM: Die Praxis ist bereit für CTP
H d
l
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Der im Druck reproduzierbare Farbumfang im Relation zum
RGB-Farbumfang (Dreieck), dargestellt innerhalb des CIEFarbraums. Der Monitor eines Softproof-Systems muß den
druckbaren Farbraum vollständig abdecken, um die Farbwiedergabe im Druck realistisch simulieren zu können.
Monitorfarben, ausreichend großer Farbraum), die Farbprofil-Erstellung oder die Farbraumkompression. Wünschenswert wäre auch eine Betrachtungskabine mit Normlichtbedingungen. In einem gemeinsamen Projekt mit der
VTT in Finnland untersuchte die IFRA eine Reihe von
Softproof-Systemen (Pagevision, PRIMA, ParaVisual und
ProofNet). Die im Rahmen dieser Untersuchung besuchten
Zeitungsanwender und ihre jeweiligen Softproof-Systeme
wurden kurz erläutert. Die derzeit im Handel erhältlichen
Softproofsysteme lassen bezüglich der Farbtreue noch
Wünsche offen, dennoch bezeichnet M. Werfel ihren Einsatz als sinnvoll. Ergänzend nennt er eine Reihe von
wünschenswerten Verbesserungen an bestehenden Systemen (u. a. genaue Schmuckfarbenwiedergabe, vereinfachte
Simulation des Druckpapiers bzw. der Druckfarbe und die
Integrationsmöglichkeit mit verschiedenen Produktionssteuerungssystemen. Zum Thema Softproofing wurde übrigens ein IFRA-Special Report (2.23) in englischer Sprache
veröffentlicht; die deutsche Version wird für Anfang
nächsten Jahres erwartet.
CTP bei News International – der Härtetest
Die Zeitungsgruppe News International (der so namhafte Titel wie The Times, The Sun, The Sunday Times und
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andere angehören) wurde von David Rolfe vorgestellt, der
als Direktor für Farbverarbeitung und Qualitätssicherung
auch für das zur Zeit laufende CTP-Evaluierungsprogramm
zuständig ist. Die Zeitungsgruppe verfügt über drei Druckzentren – Glasgow, Liverpool und London –, in denen eine
Gesamtauflage von 5,5 Mio. Exemplaren täglich auf insgesamt 26 Rotationen produziert wird; der jährliche Plattenverbrauch liegt bei 2,6 Mio.
Sämtliche Titel werden seit 1994 vollständig im elektronischen Ganzseitenumbruch erstellt. Die Anzeigen gehen
entweder bereits elektronisch ein oder werden mit Flachbettscannern digitalisiert. Alle anderen digital eingehenden
Files werden mehreren Prüfungen unterzogen, um etwaige
Probleme in der Weiterverarbeitung auszuschließen. Das
Ganzseitenproduktionssystem von News International ist
bis ins Kleinste ausgeklügelt, wobei die Produktionswege
für jedes Seitenelement genauestens vorgezeichnet sind.
Eine Reihe von dedizierten Servern verwaltet und steuert
den gesamten Produktionsablauf bis hin zur Plattenbelichtung. In Wapping (London), der größten der drei Druckereien, werden sechs konventionelle APS3850-Belichter mit
Online-Entwicklung eingesetzt, die zusammen in einer
Stunde einen Ausstoß von über 1700 gestanzten Seitennegativen für die Plattenherstellung liefern können. Die
Produktionsspitzen liegen bei 1000 Platten/h. Der tägliche
Plattenbedarf bewegt sich innerhalb der Woche zwischen
3413 und 5740 Platten (der Spitzenbedarf ist am Freitag,
wegen der Vorproduktionen fürs Wochenende). Dies nur
vorweg, um einen Eindruck zu vermitteln, in welchen
Dimensionen hier geplant werden muß. Zum Zwecke einer
Kostenanalyse werden zur Zeit die derzeitig anfallenden
Kosten für Löhne, Verbrauchsmaterialien, Wartung, Ersatzteile usw. zusammengestellt.
Im Rahmen des CTP-Evaluierungsprogramms arbeitet
man bei News International sehr eng mit verschiedenen
Herstellern zusammen; die Rückmeldungen seien für die
Hersteller unverzichtbar, sagte D. Rolfe. In Glasgow wurde ein Krause-LaserStar LS N-Doppelsystem (168 Platten/h)
und in Wapping ein Western Lithotech-DiamondSetter
(197 Platten/h) installiert. Um zu ermitteln, wie viele
Belichter gebraucht werden, wird gewöhnlich folgende
Formel angewendet: Spitzenbedarf geteilt durch Produktionsleistung ist gleich Anzahl der Plattenlinien. Da
Produktionsausrüstung im allgemeinen die Angewohnheit
hat, stets zum ungünstigsten Zeitpunkt auszufallen, gab
D. Rolfe den Rat, die Möglichkeit des Ausfalls einer
Belichtungseinheit zur Spitzenbedarfszeit in die Bedarfsberechnung mit einzubeziehen. Wie sich der Ausfall eines
oder auch zweier Belichter im Produktionsbetrieb auswirken würde, verdeutlichte der Referent anhand von eindrucksvollen Grafiken.
Eine Anlage, die den von News International aufgestellten Anforderungen entspricht, behauptet D. Rolfe, wird mit
jeder Produktionssituation fertig. Den Symposiumstitel
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kehrte er kurzerhand um und fragte: Ist CTP bereit für
News International?
Die Situation von CTP in den USA
Es mag vielleicht manchen verwundern, aber die Einführung von CTP ist bei den US-amerikanischen Zeitungen
weit weniger fortgeschritten als bei den Zeitungen in
Europa. Der Grund liegt vor allem in der verzögerten
Einführung der Client/Server-Technik im Prepress-Bereich
– viele Zeitungen produzieren noch immer mit proprietären
Mainfraime-Rechnern. So ist die Digitalisierung der Vorstufe dort noch lange nicht abgehakt. Larry Maas, Produktionsdirektor der 18 Tageszeitungen umfassenden
Howard Publishing Group, berichtete, daß nur etwa 20 %
der Zeitungen heute im elektronischen Ganzseitenumbruch
arbeiten. Ihre ganze Vorstufe sei noch nicht dafür vorbereitet, ganz abgesehen von tarifvertraglichen Bindungen, die
der Einführung neuer Techniken im Wege stehen können.
Ein weiterer Hemmschuh ist, daß das von Anzeigenagenturen gelieferte Material oft systemtechnische Probleme
bereitet – der von manchen Zeitungen bei Anlieferung der
Anzeige als digitale Datei gewährte Rabatt wird ad absurdum geführt, wenn die Leute bei der Zeitung dann Stunden
mit dem Versuch zubringen, diese Datei auszugeben.
Manche Zeitungen haben erst kürzlich GanzseitenFilmbelichter gekauft, die sich erst bezahlt machen müssen, bevor eine Investition in CTP-Belichter in Frage
kommt. Im übrigen ist CTP für viele Zeitungen schlicht
und einfach zu teuer; Anschaffungen werden oft ein Jahr
oder 18 Monaten im voraus geplant, weil das Geld fehlt,
um die Ausrüstung sofort zu kaufen. Ein nicht zu unterschätzender Einflußfaktor ist die Jahr 2000-Softwareproblematik, weil sie Gelder verschlingt, die für Investitionen
fehlen. L. Maas bezifferte die von der Zeitungsgruppe
Gannett dafür aufgewendete Summe mit 18 Millionen
US-$.
Eine zusätzliche Schwelle stellen noch immer die teureren CTP-Platten dar, weil sie bei dem hohen Plattenbedarf
der seitenstarken Zeitungen mit einem hohen Anteil an
Wechselseiten einen wesentlicheren Anteil an den Produktionskosten ausmachen als die üblicherweise angenommenen zehn Prozent. In diesem Zusammenhang kam
L. Maas noch auf die Umweltaspekte zu sprechen: Eine
ordnungsgemäße Chemikalienentsorgung muß kostenmäßig berücksichtigt werden. Es sei für die Zeitungen schwer
zu verdauen, wenn sie plötzlich für die Druckplatten „das
Fünf- oder Zehnfache hinlegen“ sollen. Vielleicht wäre es
leichter zu verkraften gewesen, wenn die Hersteller die
ihnen entstandenen Entwicklungskosten allmählich auf die
Plattenpreise umgelegt hätten, damit sich jetzt nicht ein
solch abrupter Preissprung ergebe.
L. Maas nannte das Beispiel einer Zeitung seiner
Gruppe (The Times, Munster), die bei einem Zeitungs-
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IFRA-SYMPOSIUM: Die Praxis ist bereit für CTP
umfang von 68 Seiten mit neun Ausgaben etwa 200
Plattenwechsel pro Nacht vornimmt. Nebenbei bemerkt
sieht L. Maas die Lieferkapazität der Hersteller als nicht
gesichert an. Als einen der größten Nachteile stellte L.
Maas die Abhängigkeit des Prozessors von der Platte
heraus, weil ein Wechsel des Plattenlieferanten fast immer
mit der Anschaffung eines anderen Prozessors verbunden
ist. Damit begibt sich die Zeitung in eine Abhängigkeit, die
nicht toleriert werden kann. (Auf dieses Problem wies auch
Reinhard Lorch an anderer Stelle hin: „Die Anwender
wollen frei sein in ihrer Wahl der Platte.“)
Aus all den hier angeführten Gründen, so L. Maas, wird
der Großteil der Zeitungen in den USA – und vermutlich
dem Rest der Welt – CTP nicht allzu schnell adaptieren,
sondern warten, bis die trocken zu verarbeitende Thermoplatte oder ein anderes Medium auf den Markt kommt, das
kostengünstiger und trotzdem benutzerfreundlich ist.
In einer der Diskussionen erwähnte L. Maas, daß auch
bei den Zeitungen der Howard Publishing Group CTPTests laufen, wobei das Hauptinteresse der Thermoplatte
gilt. Nach wenig erfolgreichen Ergebnissen mit einer
Trockenplatte, die Schwierigkeiten mit dem Feuchtmittel
und der Farbe bereitete, hat man sich jetzt der Naßplatte
zugewandt (Thermoplatten von drei verschiedenen Herstellern werden getestet).
Erwartungen wurden nicht enttäuscht
Wer „mit großen Erwartungen“ nach München gekommen
war, ist sicher nicht enttäuscht worden. Und mit seinen
kritischen Anmerkungen – das ist schließlich auch die
Aufgabe eines Vorsitzenden – sollte Reinhard Lorch auch
keinesfalls als hartnäckiger CTP-Skeptiker verstanden
werden; schließlich soll auch beim Süddeutschen Verlag
im ersten Quartal 1998 eine CTP-Anlage zu Testzwecken
installiert werden.
Mit dem Hinweis auf die Veranstaltung des ersten
IFRA-CTP-Trainings (vom 9. bis 11. Februar 1998, in
Zusammenarbeit mit Agfa in Wiesbaden) und dem Versprechen, in zwei Jahren wieder ein CTP-Symposium
anzusetzen, um zu sehen, wie die heute installierten
Anlagen sich im Praxiseinsatz bewährt haben, setzte Managing Director Günther W. Böttcher den Schlußpunkt hinter
ein erfolgreiches IFRA-Symposium.
C. Janischewski
Krause-Biagosch meldet Auftragsboom
Einen starken Auftragseingang verzeichnete KrauseBiagosch seit der IFRA97: Nach neuesten Informationen
wurden bis Ende des vergangenen Jahres 37 – zum Zeitpunkt des Symposiums war noch von 29 die Rede –
LaserStar LS N-Belichter für Zeitungsanwendungen bestellt. Die Produktion läuft auf vollen Touren.
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