zum Artikel - die Taschenfabrikantin

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zum Artikel - die Taschenfabrikantin
Die Taschenfabrikantin
geschriebenes: viktoria antrey | fotografiertes: alexander bernold
Sie produziert in Bockfließ Handgemachtes aus natürlichen Materialien und
Recyclingstoffen, individuell, ökologisch und fair. Das Leder, die Schurwolle
oder der Recyclingfilz aus PET-Flaschen stammen aus Europa. Gefertigt wird
in zertifizierten Nähereien. »Meine Taschen sollen nicht nach kurzer Zeit auf
dem Müll landen. Müll haben wir schon genug«, sagt die Taschenfabrikantin
Sylvia Leukauf-Rossi. Eine Rossi-Tasche soll man ein Leben lang haben.
D
ie Auswahl an verschiedenen Taschen
und Produkten ist für einen jungen Familienbetrieb beachtlich, und es werden
ständig mehr. In drei Kollektionen hat Sylvia
Leukauf-Rossi ihr Sortiment unterteilt. Unter
dem Namen Natural Bag sammelt sie funktionale
Taschen und Accessoirs wie Shopper, Schreibmappen, Laptop-Taschen, Wine-Caddies oder
Etuis aus PET-Recycling-Filz. »Der Filz ist wasserund schmutzabweisend, das macht die Taschen
besonders alltagstauglich«, erklärt die enthusiastische Dame inmitten einer Unmenge an Taschen.
Die zweite Kollektion trägt den Namen Handmade. Sie umfasst Funktionales wie Smartphonehüllen aus Schurwolle, Schreibmappen,
Trachtentaschen aus Brennnesselfasern und eine
Business Clutch aus Schurwolle, Wollfilz und
Reinleinen. »Was mich besonders fasziniert an
diesen Materialien, ist ihr leichtes Gewicht.
Es gibt bereits einige Taschen aus Recycling­
material von anderen Herstellern, aber diese
Produkte sind schwer und wenn man sie dann
noch befüllt, wirds unbequem«, ergänzt die
Taschenfabrikantin.
Loden-Engerl und burgenländischer Blaudruck
Die neueste Kollektion Waldegg ist nach Sylvia
Leukauf-Rossis Großvater, der früher die größte
Krawattenfabrik Österreichs betrieb, und seiner
Frau Anny benannt. Zu Waldegg zählen Damenhandtaschen in urbanem Design der 20er-Jahre,
Trachtentaschen mit dem Namen Loden-Engerl
und Beutelrucksäcke aus Flachs. Ausschließlich europäische Traditionsbetriebe liefern
Rossnappa­leder oder naturbelassenes, geprägtes
Büffelleder, dekoriert mit originalem burgenländischen Blaudruck, reinen Schurwoll-Loden,
Flachs-Schurwollgewebe, speziell angefertigte
Zinnbeschläge, pflanzengefärbtes Reinleinen
und Accessoires aus echtem Büffelhor,n kombiniert mit Holz oder Zinn. Kleine Herzerl auf
den Klappentaschen, die Loden-Engerl, stehen
stellvertretend für den großen Herzenswunsch
der Taschenfabrikantin, das Andenken an die
Großeltern zu bewahren. Den Betrieb führt sie
mithilfe der Familie. Sylvia Leukauf-Rossis
Mann kümmert sich um EDV und Technik, wie
etwa die Entwicklung eines leichten Alubügels
für eines der Taschenmodelle. Die Tochter
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hilft auf Messen und im Marketing und stellt sich auch
gerne als Model zur Verfügung.
Taschen für Minensuchgeräte
Sylvia Leukauf-Rossi hat unterschiedliche berufliche
Erfahrungen gesammelt, zum Beispiel in der Herren­
oberbekleidungs- oder der Steinbranche. Zuletzt war
sie bei einem großen Unternehmen tätig, das spezielle
Funktionstaschen für besondere Zwecke anfertigte.
Als Leiterin der Design- und Einkaufsabteilung und
später der B2B-Abteilung erhielt sie vom Wiener
Magistrat einen Großauftrag für Kinderrucksäcke und
Wickeltaschen und entwickelte für das Bundesheer
Rucksäcke für Soldaten. Zuletzt war sie mit einem
Auftrag für das Wiener Familienunternehmen Schiebel
befasst, um Taschen für Minensuchgeräte und für
Kabel zu entwickeln. In dieser Zeit reifte ihr Entschluss,
sich selbstständig zu machen. »Ich musste aus diesem
großen Betrieb heraus, denn als Frau habe ich dort die
gläserne Decke gespürt. Mit 45 Jahren habe ich mir
gedacht, es reicht.« Als Unternehmerin startete Sylvia
Leukauf-Rossi vorerst mit Spezialanfertigungen für
Funktionstaschen. »Allerdings ist das ein sehr langwieriges Geschäft, denn bei so einem Auftrag kann
es bis zu einem Jahr dauern, bis man die Rechnung
legen kann, und einige Kunden wollen schon vorab ein
angefertigtes Muster sehen.«
Ich will die unter dem Tisch
Für ihre Marktrecherche sind Messen wichtig. »Kürzlich habe ich bei der Jäger- und Fischereimesse in
Salzburg ausgestellt. Ich habe mir gedacht, die könnten
sich für meine Taschen interessieren. Vor allem weil
ich mehrere Farben anbiete und die Jäger sonst alles
in Grün haben. Aber die Jäger suchen ihr Grün! Das
war sehr interessant. Allerdings ist mein Konzept
für Frauen, die auf dieser Messe ihre Männer begleiten, voll aufgegangen«, lacht die Taschenfabrikantin,
»und es haben sich Kontakte mit Firmen ergeben, die
sich für Nachhaltigkeit, Langlebigkeit und Tradition
interessieren.« In ihrer Kollektion hat sie seither einiges
umgekrempelt: »Ich hatte die große Damentasche
ausgestellt und eine kleinere unter dem Tisch deponiert. Genau diese fiel jedoch den Damen ins Auge.
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Weine verkosten
Regionales genießen
Kellerberg erleben
Mindestens zwanzigmal hörte ich: ›Ich will die unter
dem Tisch.‹ Nun werde ich die kleinere Tasche in der
Kollektion weiterverfolgen«, denn als große Frau kann
Leukauf-Rossi auch große Taschen tragen, die Perspektive von Frauen unter 1,80 m hat sie aber erst auf der
Messe nachvollziehen können.
Neben dem Wissen, was gewollt ist, behält sie im
Auge, was gebraucht wird: »Die Funktion steht bei
uns nach wie vor an wichtiger Stelle.« Taschen für
17-Zoll-Laptops oder Business-Taschen mit vielen verstärkten Fächern für Ordner und dergleichen wird sie
nie aus dem Sortiment nehmen. »Auch nasse Kleidung
kann damit transportiert werden«, erklärt die Taschenfabrikantin. »Sie sind groß genug für Ordner und
Laptops, steif, aber dennoch aus weichem Material,
damit der Inhalt geschont wird.«
Die Beziehungen zu großen Handelspartnern muss
sich die Unternehmerin erst aufbauen. Derzeit sieht
sie im Preis eine Hemmschwelle: »Kunden müssen
das Material angreifen können, um die Qualität zu
Offener Keller
am Kellerberg Großkrut
5. – 8. Mai
3. – 5. Juni
1. – 3. Juli
29. – 31. Juli
Fr ab 17 Uhr, Sa und So ab 14 Uhr
Neu: Eröffnung Hofladen am Samstag
30.April 10-19 Uhr, dieser ist ab Mai jeden
Donnerstag (ausgenommen Feiertag) von
14 bis 19 Uhr geöffnet.
Weingut Späth
Poysdorferstraße 121
2143 Großkrut
+43 664 401 97 58
+43 2556 200 68
[email protected]
www.weingut-spaeth.at
bemerken.« Auch dessen Herstellung spielt beim Preis
eine Rolle. Recyclingprodukte sind immer relativ teuer.
PET-Flaschen müssen erst zu Filz verarbeitet werden.
Leukauf-Rossi leistet deshalb viel Überzeugungsarbeit.
Idealismus muss man sich leisten können, nicht nur
als Konsument, sondern auch als Produzent. »Hersteller dürfen ,Echtes Leder‘ auf ihre Produkte schreiben,
auch wenn sie ein Granulat aus Lederabfällen, das mit
PVC verbunden ist, verwenden. Das will ich einfach
nicht. Ich denke viel über Nachhaltigkeit nach und
handle danach.«
Ein kleines, feines Geschäft, von dem sie leben kann,
will Leukauf-Rossi: »Nach 25 Jahren im Einkauf im An-
gestelltenverhältnis habe ich mir gedacht,
es muss doch möglich sein, in Österreich
zu produzieren. Dafür brenne ich und
nehme in Kauf, keine Wochenenden und
fast keinen Urlaub zu haben.« Mit drei
studierenden Kindern ist der Aufbau eines
Unternehmens auch für ein trainiertes Unternehmerkind wie Sylvia Leukauf-Rossi
ein Risiko. Vielleicht, so glaubt sie, liegt es
auch an dem Rollenbild als Frau, dass sie
nicht davon träumt, ihre Firma zum Konzern zu vergrößern. Erst seit Kurzem hat
sie das Gefühl, »die Marke Rossi könnte
was werden«.
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