Wie Haltung und Fütterung die Lungengesundheit des Pferdes

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Wie Haltung und Fütterung die Lungengesundheit des Pferdes
Wie Haltung und Fütterung die Lungengesundheit des Pferdes
beeinflussen
Auszug aus dem Fachartikel:
M.C. Fugazzola, B. Ohnesorge: Wie beeinflussen Einstreu und Futter die Lungenfunktion – Anhaltspunkte zur
Haltungsoptimierung. PferdeSpiegel 2009; 4: 164 – 168
Die Atemwege sind mehr als alle anderen Organe die größte und empfindlichste
Kontaktoberfläche für potenziell irritierende Substanzen aus der Luft. Die Lunge ist daher den
negativen Effekten einer komplexen Mischung aus Schadgasen und Luftschadstoffen
ausgesetzt.
Beim Pferd werden die COB (chronisch obstruktive Bronchitis) bzw. die RAO (rekurrente
Atemwegserkrankung) – beides fällt unter den früher geläufigen Begriff der „Dämpfigkeit“ –
und die IAD (Inflammatory Airway Disease; infektiöse Entzündungen der Atemwege z.B. wie
bei Pferdegrippe) unterschieden.
In Analogie zur Humanmedizin kann die
chronisch obstruktive Bronchitis (COB) des
Pferdes
als
eine
„Berufskrankheit“
bezeichnet werden, da Management und
Haltung
der
heutigen
Sportund
Freizeitpferde
sehr
eng
mit
der
Lungengesundheit
dieser
Tiere
zusammenhängen.
In Pferdeställen, Innen- und Außenboxen
sowie in den Laufställen sind verschiedene
Staubarten vorhanden. Je nach Größe und
Form der inhalierten Partikel können diese
das tiefe Lungensystem erreichen und dort
Schaden anrichten. Potentiell schädliche
Staubpartikel sind kleiner als 5 µm; weil
diese Partikel tief in die Lunge eindringen
können.
Abb. 1: Offenstallhaltung - im Winter
Mit speziellen Geräten, welche auch von Arbeitsmedizinern eingesetzt werden, wurden sämtliche
Luftpartikel in der Umgebung von Pferden und zu verschiedenen Zeitpunkten (z.B. Ausmisten,
Fütterung) gemessen. Die gesammelten Partikel wurden anschließend im Labor analysiert.
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Nachgewiesenermaßen sind Futter und Einstreu die primäre Staubquelle in Pferdeställen,
wobei die größte Staubbelastung durch schimmelpilzkontaminierte Heu- und Strohballen
entsteht.
Z.B. war während des Ausmistens das
Staubniveau bei 10 – 15 mg/m³ mit davon 20
– 60% inhalierten Partikeln. Im Vergleich
dazu muss, nach arbeitsmedizinischen
Richtlinien,
für
Arbeiter
in
einer
Baumwollspinnerei die Staubbelastung unter
2,5 mg/m³ liegen. Der Vergleich macht
sicher: Stallpferde sind einer dramatischen
Lungenbelastung ausgesetzt.
Zwei weitere Einflussfaktoren in Haltung und
Management sind Schadgaskonzentrationen
im
Stall
und
die
anderweitige
Staubbelastung bei Haltung und Nutzung
von Pferden (z.B. Staubbelastung im
Außenpadock, Reitplatz, Reithalle).
Schadgase im Stallbereich – wie Ammoniak Abb. 2: verschimmeltes Heu
können eine Schleimansammlung in den
tiefen
Atemwegen,
eine
reduzierte
Selbstreinigungskraft der Lunge, Leistungsminderung und ein erhöhtes Infektionsrisiko
hervorrufen.
Für den Gehalt an Schadgasen in der
Stallluft sind die Art und Frequenz der
Entmistung sowie die Art der verwendeten
Einstreu
von
großer
Bedeutung.
Untersuchungen ergaben, dass in Betrieben
mit mindestens 2mal täglicher Ausmistung
und 1mal täglicher frischer Einstreu deutlich
geringere
Ammoniakkonzentrationen
aufwiesen, als in Pferdehaltungen bei
welchen nur alle 2-3 Tage ausgemistet und
neu eingestreut wurde.
Abb. 3: mangelnde Stallhygiene
Die Staubbelastung beim Reiten in einer Reithalle steigt mit zunehmender Trockenheit und
Alter der Tretschicht. Es kommt zu einer erheblichen Luftbelastung mit Staub und Pilzsporen.
Abschließend sei zu bedenken, dass Pferde in Bewegung ein deutlich größeres
Atemminutenvolumen atmen (tiefe Atemzüge) als in Ruhe, sodass dadurch die
Schadwirkung von Stäuben in Reithallen verstärkt werden.
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WAS bringt ABHILFE ?
Die
überwiegende
Zahl
chronischer Lungenerkrankungen
beim Pferd, die durch Inhalation
von
lungengängigem
Staub
hervorgerufen werden, können
maßgeblich durch die Reduktion
der
Staubbelastung
günstig
beeinflusst werden.
Dabei repräsentiert die natürliche,
permanente Pferdehaltung auf der
Koppel mit einem Unterstand für
raues
Wetter
und
keiner
zusätzlichen Heufütterung die
ideale staubfreie Haltung.
Leider ist diese optimierte
Haltungsform häufig aus zahlreichen (scheinbaren oder nachvollziehbaren) Gründen nicht
praktikabel, sodass Sportpferde meistens aufgestallt werden.
Die Fütterungstechnik hat größeren Einfluss auf die Staubbelastung in der Atemzone des
Pferdes als die Einstreu.
Insgesamt erscheint es jedoch sehr vorteilhaft, sowohl Futter als auch Einstreu zu optimieren.
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Wechsel von Stroh/Heu auf Holzspäne/Heulage.
Jedoch: Stroh von sehr guter Qualität ist besser als staubende Holzspäne.
Jedoch: Heulage (=siliertes Heu) muss von guter Qualität sein, da es sonst
zu Botulismus (oft tötlich) kommen kann.
Einweichen von Heu für ca. 30 min erweist sich als vorteilhaft, da in dieser Zeit der
Staubgehalt reduziert wird, ohne lösliche Nährstoffe in nennenswertem Ausmaß zu
verlieren.
Pelletiertes Rauhfutter kann eine Alternative zu Heu sein.
Jedoch: von manchen Pferden abgelehnt und es kann bei sehr schneller
Aufnahme die Entwicklung von Verdauungs- und Verhaltensstörungen
fördern.
Nachbarschaft optimieren: es ist kaum ausreichend die Box und Fütterung des
betroffenen Pferdes zu verbessern, solange von den Nachbarboxen weiterhin Staub
und Schadgase hineinwehen.
Nasskehren der Stallgasse kann die Feinstaubentwicklung um den Faktor 10
reduzieren.
Ausreichend gute Belüftung des Stalles (mindestens ca. 8 Luftwechsel/h); dies kann
schon durch permanent geöffnete Fenster und obere Boxentüren ohne künstliche
Lüftungsmechanismen erreicht werden.
Ausreichende Entfernung zwischen Boxen und Heu- bzw. Strohlager (beim StallNeubau auf mindestens 46 m achten).
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