INTERMEZZO
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INTERMEZZO 49 Erasmus_intermezzo49_U4+U1.indd 1 31.03.15 10:36 Titel neu! INTERMEZZO 37 INTERMEZZO 49 Sonderkapitel AUTOGRAPHEN 25% Discount und GASTRONOMIE With a subject index in English and German Descriptions in English on request Schätzungen, Kauf & Verkauf von Büchern, Manuskripten & Autographen Appraisal, Purchase & Sale of Books, Manuscripts & Autographs e r a s m u s h au s · h au s d e r b ü c h e r ag · b ä u m l e i n g a s s e 1 8 · p o s t f ac h · c h – 4 0 5 1 ba s e l t e l e f o n + 4 1 6 1 2 2 8 9 9 4 4 · f a x + 4 1 6 1 2 2 8 9 9 4 9 · h d b @ e r a s m u s h au s. c h · w w w. e r a s m u s h au s. c h VERKAUFSBEDINGUNGEN Preise in Schweizer Franken. Bestellungen werden nach Eingang erledigt – Ansichtssendungen sind erst 14 Tage nach Katalogversand möglich – Alle Sendungen auf Kosten und Gefahr des Bestellers – Falls Zahlungen nicht in Schweizer Franken lauten, müssen wir Bankspesen in der Höhe von CHF 15.– verrechnen – Die gelieferte Ware bleibt bis zur vollständigen Bezahlung des Kaufpreises Eigentum des Verkäufers. Gerichtsstand und Erfüllungsort ist Basel-Stadt. Der Schuldner verzichtet ausdrücklich auf seinen Gerichtsstand an seinem Wohnsitz. Der Gläubiger ist aber berechtigt, ihn auch dort einzuklagen. Postcheck-Konto: Basel 40-604-4 Bankverbindung: Credit Suisse CH-4002 Basel Konto-Nr. 257 200-01 IBAN-Code: CH13 0406 0025 7200 0100 0 BIC/Swift Code: CRESCHZZ40A Geöffnet nach Vereinbarung Die Beschreibungen sind nach bestem Wissen und Gewissen verfasst. Kleinere Einträge, Namenszüge, Besitzerstempel auf Vorsätzen und Exlibris sind nicht in jedem Fall erwähnt. Katalogdruck: Meister Print GmbH, Kassel First illustrated edition 1 AEMILIUS, Paulus (i.e. Paolo Emilio, 1460-1529). Historiae iam denvo emendatae. De rebus gestis Francorum, a Pharamundo, primo rege vsqve ad Carolum octavuum, Libri X. Arnoldi Ferroni [. . .] de rebus gestis Gallorum libri IX [...] Ioannis Thomae Freigii paralipomena [. . .] in fine adiunctum est: Chronicon I. Tilii [. . .] 4 Werke in 1 Bd. Folio (318 x 200 mm [Papierformat]). Mit 60 grossen, 18-zeiligen Holzschnitt-Portraits (1 wiederholt) im Text, wenigen HolzschnittInitialen und wiederholten Holzschnitt-Druckermarken. [8] Bl. (letztes leer), 593 (recte 595) S.; [Arnault Ferron: De rebus gestis Gallorum libri IX] [4] Bl. (letztes leer), 414 S., 1 leeres Bl.; [Freigius, Johannes Thomas, Paralipomena gallicanae historiae ad Paulum Aemilium et Ferronum, adiecta] 50 S., 1 Bl. Errata; [DuTillet, Jean: Chronicon de regibus Francorum] [4] Bl. (die letzten zwei leer), 42 Bl. [A-G6]. Pergamentband d. Z. mit Uberstehkanten (Vorderdeckel unten alt verstärkt). Basel, Sixtus Henricpetri, 1569. chf 1800.Erste illustrierte Ausgabe der im Auftrag des französischen Königs vom italienischen Historiker und Humanisten Paolo Emilio verfassten Geschichte der französischen Monarchie, von den legendären Frankenkönigen bis auf das Jahr 1488 (Charles VIII). Durch Emilios Tod bedingt, wurde dann die neuere Königsgeschichte seit 1488 von Arnauld Ferron (oder Arnoul Le Ferron, 1515-1563) aus Bordeaux fortgeschrieben. Der erste Druck von 1516/19 enthielt nur Emilios Text, Ferrons neun zusätzliche Bücher wurden erstmals in der Ausgabe von 1548/49 mitgedruckt. Unsere Basler Edition enthält nebst der erstmals 1539 veröffentlichten, in tabellarischer Aufstellung gehaltenen Chronik des Jean Du Tillet, Bischof von Meaux (?1570), als Erstdruck auch die ‘Paralipomena’ (Fortsetzung), die auf Wunsch des Verlegers Sixtus Henricpetri der junge Jurist Johannes Thomas Freige (1543-1583) verfasste, wobei er nicht nur die von Paolo Emilio begonnene Königsgeschichte bis zum Erscheinungsjahr 1569 fortschrieb, sondern auch die Chronik von Du Tilliet ab dem Jahr 1551 komplettierte. Beide Texte von Ferron und Du Tilliet haben je ein eigenes Titelblatt. Während alle seit 1516 in Frankreich erschienenen Drucke ohne Illustrationen auskommen mussten, liess der 1547 geborene Basler Verleger Sixtus Henricpetri insgesamt 59 Königsbüsten in Holzschnitt anfertigen, wobei das Portrait von Charles VIII. zweimal gedruckt erscheint. Als Vorlage dienten dem unbekannt gebliebenen Holzschneider Kupferstichportraits von Claude Corneille (1510-1574) aus Lyon, die er für den ‘Epitome gestorum LVIII regum Franciae – Epitome des gestes des 58 roys de France’ radiert hatte. Erneut abgedruckt wurden die Holzschnitte dann in der deutschen Ausgabe von 1574 sowie, bis auf einen, im lateinischen Neudruck von 1601. – Gelegentliche Bräunung, ein vorzügliches Exemplar, komplett mit allen vier Teilen. Provenance: Hs. Name Frs. Correvon auf Vorsatz, datiert 1815. Bibliographie: VD 16, E-1058 und ZV-24996; Hieronymus: 1488 Petri – Schwabe 1988, Nr. 514; Adams A-241; Index Aurel. 100.835; Potthast 2,891; Fueter 139-141; ADB VII, 343 (Freigius). 2 ALAMANNI, Luigi (1495-1556). La coltivatione. 8vo (196 x 142 mm). Mit Holzschnitt-Druckermarke auf dem Titel. 154, [4] Bl. Pergamentband des 17. Jhs., mit Ueberstehkanten und Rückenschild, marmorierte Vorsätze. Paris, Robert Estienne, 1546. chf 2400.Erstausgabe, erster Druck (‘con privilegi’ in Grossbuchstaben). Gewidmet hat Alamanni sein berühmtes, exemplarisch auch für den französisch-italienischen Kulturaustausch in der Spätrenaissance stehendes, Gedicht seinem Förderer François Ier. Am Hof des Königs hatte der exilierte italienische Dichter 1530 grosszügige Aufnahme gefunden. Die Einzigartigkeit dieses Drucks aus der Offizin des Robert Estienne wird von Schreiber betont, blieb es doch das einzige in einer grossen Kursivtype gedruckte Druckerzeugnis der Offizin und auch das einzige, das Estienne in einer anderen Landessprache als dem Französischen verlegte. Der zum Protestantismus übergetretene Druckerverleger Robert Estienne verlegte seine Offizin 1551 nach Genf. Ein Nachdruck von Alamannis Lehrgedicht wurde im selben Jahr von Giunta in Florenz als erster von zahlreichen nachfolgenden Ausgaben veröffentlicht. – Wenig Blätter vor allem gegen Schluss mit schmalem Wasserrand, Titel und Schlussblätter geringfügig gebräunt. Provenance: Gestochenes Wappenexlibris James Ramsay, 8th Bart of Bamff (1797-1842). Bibliographie: N. Bingen, Philausone, répertoire des ouvrages en langue italienne ... (1994), 13 (“Il existe deux états de la page de titre”); Index Aurel. 102.049; Adams A-409; Schreiber 88; Gamba 17 (“bella e magnifica edizione”); Mortimer, (French) I, 10; Hauvette 555; Simon, Bacchica II, 10; B.IN.G. 28. 3 ALEMBERT, Jean le Rond d’ (1717-1783). Oeuvres. 10 in 5 Bdn. 8vo (210 x 130 mm). Mit 1 grossen Falttafel (“Système figuré des connaissances humaines”). [2] Bl., XXVIII, 348 S., [2] Bl., S. [349]-576; [2] Bl., 314 S., [3] Bl. (erstes leer), S. [317]-621, 1 Bl.; [2] Bl., 320 S., [2] Bl., S. [321]-742, 1 Bl.; [2] Bl., 304 S., [2] Bl., S. [305]-544; [2] Bl., 247 S., [2] Bl., S. [249]-479, [1]. Halblederbände d. Z. (Kanten und Ecken berieben und etwas bestossen, Gelenk von Bd. V mit kurzem Einriss). Paris, A. Belin, Bossange Père & Fils, Bossange Frères (und Londres, chf 2400.Martin Bossange), 1821-22. Die umfangreichste frühe Werkausgabe des Mathematikers und freigeistigen Philosophen Jean le Rond d’Alembert, bis 1759 zusammen mit Denis Diderot Mitherausgeber der grossen Encyclopédie. “Se trouvent plusieurs morceaux inédits, et la correspondance de d’Alembert avec Voltaire et avec le roi de Prusse” (Quérard). – Enthält in Bd. 1) Eloge de d’Alembert. Mémoire de d’Alembert. Portrait de d’Alembert. Discours préliminaire de l’Encyclopédie. Explication du système de Bacon. Elémens de philosophie. – Bd. 2) Réflexions sur l’histoire. Sur la destruction des Jésuites. Mémoires sur Christinne. Eloges historiques. – Bd. 3) Suite des éloges historiques. – Bd. 4) Apologie de l’étude, sur l’harmonie des langues. Morceaux choisis de Tacite et d’auteurs anciens et modernes. Synonymes. Réflexions sur l’élocution oratoire. – Bd. 5) Correspondance particulière. Correspondance avec Voltaire. – Stellenweise etwas gebräunt und stockfleckig. Bibliographie: Rahir 287; Quérard, La France littéraire I, 27f. 4 ALGAROTTI, Francesco (1712-1764). Le Newtonianisme pour les dames, ou, entretiens sur la lumière, sur les couleurs, et sur l’attraction. Traduits de l’italien par M. [Louis Adrien] Duperron de Castera. 2 Bde. 12mo (167 x 100 mm). XV (XXXIV), 1 leere S., S. XXXV-LXII (recte LII), 279, [11] S.; Titel, 309 S., [4] Bl. Kalbslederbände d. Z. über 5 erhabenen Bünden, mit Rückenvergoldung und Rückentitel. Paris, Montalant, 1738. chf 1400.Schönes Exemplar von Algarottis Il Newtonianismo per le dame (1737) in der vom Romancier Louis Adrien Du Perron de Castera (1705-1752 ) besorgten ersten französischen Uebersetzung. Kurz danach erschien dann das ähnlich gehaltene Gemeinschaftswerk Voltaires und der Marquise Émilie du Châtelet ‘Élémens de la de la philosophie de Newton’. Algarottis Buch erfuhr noch zwei Neuausgaben. – Geringfügig gebräunt. Provenance: Exlibris Franz von Pollack-Parnau (1903-2002). Bibliographie: Gray 196; Graesse I, 75; DSB III, 215b; John Cage, Colour and Culture, 288 (Anmerkung 86); Crone 89. 5 ARISTOTELES – FIGLIUCCI, Felice (1518-1595). Della politica, ovvero scienza civile secondo la dottrina d’Aristotile, libri VIII scritti in modo di dialogo. Kl.-4to (214 x 147 mm). Mit Holzschnitt-Druckermarke auf Titel und historischen Holzschnitt-Initialen. [12], 260 Bl.Halblederband des 19. Jhs. Venezia, Giovanni Battista Somasco, 1583. chf 1200.Erstausgabe. In Dialogform geschriebenes und in einer schönen Kursive gedrucktes reifstes Werk des Sienenser Platonikers und Ficino-Schülers Felice Figliucci, der nur seine theologischen Schriften seit 1556 als ‘Alessio Figliucci’ zeichnete. Sein vorliegender italienischer Kommentar zu Aristoteles’ staatstheoretischen Schriften wurde vor allem dank der Unterstützung seines Neffen Flavio gedruckt. – Hs. Notiz auf fliegendem Blatt und Name auf Spiegel. – Zu Beginn etwas fleckig, kurzer Wurmgang im Fusssteg der Bl. 143-151 und im Innensteg oben der Blätter 153 bis 228. Bibliographie: STC, (Italian), 250; Bozza, Scrittori politici italiani dal 1550 al 1650 (1980), Nr. 29; Edit 16 (Online Kat.) CNCE 18974; DBI 47, 558f.; vgl. Garin, Italian Humanism (1965),129. S. 6 [ARNAULD, Antoine (1612-1694) & S.-J. DU CAMBOUT DE PONTCHÂTEAU (1634-1690)]. La morale pratique des Jesuites, où elle est représentée en plusieurs histoires, arrivées dans toutes les parties du monde ... 8 Bde. 12mo (160 x 100 mm). Mit ganzs. Kupfer (der Jesuit Adam Schall als Mandarin) in Bd. II. [11] Bl., 287 S., [5] Bl. Index; 416 S., [7] Bl.; 608 S., [5] Bl.; (die Bde. 4-8 mit Haupttitel nur auf den Vortiteln) [11] Bl., 478 S., 1 Bl.; Vortitel, 451, [1] S.; XL S., [2] Bl., 405, [2] S.; 434 S., 1 Errata Bl.; XVI S., [2] Bl., 547, [2] S. Pergamentbände d. Z., mit hs. Rückentitel. [Cologne, Gervinus Quentel, recte Amsterdam, Daniel chf 3800.Elzevier?], 1683-95. Uniform gebundenes und komplettes Exemplar in acht Bänden. Die in der christlichen Missionierung dominierenden Jesuiten wurden ab 1640 von dem Juristen und führenden Kopf der Jansenisten Antoine Arnauld publizistisch bekämpft. Er warf den Jesuiten unter anderem Laxismus vor, da sie die christliche Sittenlehre durch ihre weitmaschigen Interpretationen aushöhlten. Mit seiner vehementen Ablehnung der in China und Indien praktizierten jesuitischen Missionierungen löste Arnauld den Riten- oder Akkomodationsstreit aus, der sich über viele Jahre hinzog. Die Jesuitenbrüder vertraten dabei die Meinung, dass die zum Christentum bekehrten Chinesen die äusseren Riten und Formen beibehalten sollten. Es ging dabei vor allem um die Konfuzius- und Ahnenverehrung, die bereits Matteo Ricci als blosses Zeichen von Respekt, aber nicht als Götzendienst interpretierte. Dieser Meinung widersprach dann Papst Benedikt XIV (Prosper Lambertini) mit der Bulle ‘Ex quo singulari’ vom 11. Juli 1742 womit der vor allem in Frankreich hohe Wellen werfende Ritenstreit sein Ende fand. Mit der Papstbulle wurde aber auch der endgültige Bruch vollzogen, die von den Jesuiten angewandte Akkommodation war fortan verboten und somit die jesuitische Missionierung gescheitert. Bibliographie: Cordier, Bibliotheca Sinica II, 871; vgl. Cioranescu 7902; Pinot, La Chine et la formation de l’esprit philosophique en France (1932), S. 81f.; Alden/Landis 689/4; Streit II, 2258 und 2665; Hsia/Wimmer, Mission und Theater (2005), 247f.; Willems 1421. 7 ARNDT, Johann (1555-1621). Sechs Bücher vom Wahren Christenthum, handelnd von Heilsamer Busse, herzlicher Reu und Leid über die Sünde und wahrem Glauben, ... Nicht allein mit beygefügten Gebetern, Anmerkungen, Lebenslauf des Auctoris ... sondern auch mit ganz neuen und an einander hangenden acccuraten Summarien jedes Capitels, ... Nebst dem Paradiesgärtlein ... mit einer historischen Vorrede Herrn D. Johann Jacob Rambachs. 2 Teile in 1 Bd. 4to (242 x 188 mm). Mit Frontispiz und 62 emblematischen Kupfertafeln von Georg Paul Busch. Titelblatt (in Rot und Schwarz), 1136, [44] S. Index; 16, 269, [13] S. Index. Roter Maroquinband d. Z. mit Deckel- und reicher Rückenvergoldung, breite Aussenbordüre aus ovaler Kleinrautenmusterung, Mittelfeld mit Rechteck und floralen Eckornamenten, im Zentrum Herzogkrone, Doublierung aus dunkelgrüner Seide, marmorierte Vorsätze, punzierter Goldschnitt. Züllichau, Waisenhaus- und Frommannische Buchhandlung, 1768. chf 4800.- Prachtexemplar in rotem Ganzmaroquin von Arndts erstmals zwischen 1605 und 1610 veröffentlichtem Hauptwerk, das zum erfolgreichsten Erbauungsbuch des Protestantismus in Deutschland wurde. Von den mystischen Schriften eines Thomas a Kempis und Johannes Tauler beeinflusst, erhielt das Buch später erst noch einen fünften und schliesslich noch einen sechsten Teil hinzugefügt. Die früheste mit Emblemen illustrierte Ausgabe datiert vom Jahr 1679 und erschien bei J. G. Wilcken in Riga. Unsere vorliegende, erstmals 1734 von G. B. Frommann für das Waisenhaus in Züllichau verlegte Edition ist bemerkenswert wegen ihrer 62 schönen Emblemkupfer. Sie erscheinen hier in Abkehr von der traditionellen Medaillonform in einem rechteckigen und reich verzierten ganzseitigen Ornamentrahmen. Das Motto im Unterrand ist innerhalb einer Kartusche gedruckt, die Prosaerklärungen finden sich jeweils auf der Tafelrückseite. Die detaillierten Zeichnungen stammen von dem 1756 gestorbenen Berliner Zeichner und Kupferstecher Georg Paul Busch. “Die Architektur- oder Landschaftsdarstellungen des Bildhintergrundes sind sorgfältiger durchgegliedert und manchmal wichtiger als der emblematische Bildgegenstand” (Dietmar Peil). Das in drei Teile aufgegliederte Titelkupfer zeigt unten den Kampf von David gegen Goliath, oben links überreicht ein Engel das Buch an den Verfasser (“Nims und schreib’) und rechts davon überreicht die aus den Wolken gestreckte göttliche Hand dem Leser das Buch mit den Worten “Nims und lis”. Provenance: Hs. Exlibris auf fliegendem Blatt des Pastors Heinrich Petzold, datiert 1866. Bibliographie: Vgl. Landwehr 72 und 87; FdF 111; Goedeke III, 29, 7; Praz 261; D. Peil, Zur Illustrationsgeschichte von J. Arndts ‘Vom wahren Christentum’, in: AGB XVIII (1977), S. 994f. 8 ARNIM, Ludwig Achim von (1781-1831). Der Wintergarten. Novellen. 8vo (195 x 124 mm). XVI, 488 S. Olivgrüner Halbmaroquinband von Champs, mit reicher Rückenvergoldung und Kopfgoldschnitt, marmorierte Vorsätze. Berlin, Realschulbuchhandlung [Georg Reimer], (1809). chf 4500.Unbeschnittenes und luxuriös gebundenes Exemplar der Erstausgabe. Die Sammlung von Novellen entstand als Frucht leidenschaftlicher Beschäftigung Von Arnims mit jener altdeutschen Literatur, die zur grossen, 1806 zusammen mit Clemens Brentano veröffentlichten, Liedersammlung Des Knaben Wunderhorn geführt hatte. Nach dem klassischen Vorbild von Boccaccios Decamerone begann Achim von Arnim 1808 die einzelnen Stücke auszuwählen, zusammenzufügen und mit einer Rahmenhandlung zu verknüpfen. Dabei entstand etwas sehr Persönliches, “ein merkwürdiges, für Arnim charakteristisches Gemisch aus spielender Artistik, Fabulieren aus angeborenem Talent und patriotischem Ethos, ein Buch, das sich dazu noch als eine individuelle Variante in der Tradition der grossen Novellensammlungen einfügte” (Walther Migge im Nachwort der Neuedition von 1963). “Göthe sprach sehr teilnehmend und vorteilhaft vom Wintergarten, den alle Menschen lieben; sehr erfreut hat es mich, dass sein Urteil darüber fast wörtlich mit dem Savignys zusammenstimmt” (Clemens Brentano im Brief vom 28. Juli 1809 an Achim von Arnim). – Ein ausnehmend schönes, unbeschnittenes Exemplar im Meistereinband von Victor Champs (1844-1912). Provenance: Prof. Dr. Heinrich Stilling (1853-1911), Lausanner Arzt und Bibliophile (Auktionskatalog, Zürich 1946, Nr. 8). Bibliographie: Mallon 47; Goedeke IV, 74, 22; Wilpert/Gühring 10; Borst 1085; Brieger 114. 9 ARNOLD, Johann Georg Daniel (1780-1829). Der Pfingstmontag. Lustspiel in Strassburger Mundart in fünf Aufzügen und in Versen. Nebst einem die eigenthümlichen einheimischen Ausdrücke erklärenden Wörterbuche. Gr.8vo (224 x145 mm). [4] Bl., 199 S. Halbmaroquinband von Champs-Stroobants, Rückenvergoldung, illustrierter Original-Umschlag integral mitgebunden. Straßburg, Bey Treuttel und Würtz, und in Commission bey J. W. Pfähler und Comp., 1816. chf 1500.Erstausgabe. Vor allem die Bewahrung deutschsprachiger Traditionen der ehemaligen freien Reichsstadt leiteten den Dichter, der hier in virtuoser Manier den Alexandrinervers in Strassburger und oberelsässischer Mundart einsetzte. Goethe, den Arnold 1803 auf einer Bildungsreise kennengelernt hatte, widmete dem Lustspiel im zweiten Band von Ueber Kunst und Altertum eine anerkennende Besprechung. – Ein unbeschnittenes Prachtexemplar in einem Meistereinband von Jean Stroobants (1856-1936), Nachfolger von Victor Champs. Die reizende Illustration auf dem Umschlag von François Jacques Oberthür (1793-1863)zeigt im Hintergrund das Strassburger Münster. Bibliographie: Goedeke VII, 520, 5; NDB Alsacienne I, 63. 10 [ARTUS, Thomas, Sieur d’Embry (tätig um 1605-1615)]. Description de l’isle des Hermaphrodites, nouvellement découverte, contenant les moeurs, les coutumes & les ordonnances des habitans de cette îsle comme aussi le discours de Jacophile à Limne, avec quelques autres pièces curieuses: pour servir de supplément au Journal de Henri III. [Ediert durch Jean Godefroy]. Kl.-8vo (175 x 113 mm). Mit gest. Frontispiz, Titel in Rot und Schwarz. [4] Bl. (inkl. Frontispiz), 352 S. Roter Maroquinband d. Z., mit Dreifachfilete in Goldprägung auf beiden Deckeln, reiche Rücken- und Innenkantenvergoldung. Cologne [recte Bruxelles], chez les héritiers de Herman Demen, 1724. chf 2000.Brüsseler Ausgabe der ersten französischen Anti-Utopie, ein sehr schönes Exemplar im Ganzmaroquineinband. Ohne Angabe von Druckort und Jahr erschien der Text zuvor erstmals 1605 und etwas später als unautorisierter Druck in Paris unter dem Titel Les Hermaphrodites. “Longtemps considéré comme un pamphlet dirigé contre Henri III et ses mignons, en une reprise d’anecdotes satiriques anciennes, l’oeuvre a en fait une portée plus générale et jette les derniers feux étincelants du maniérisme dans le chantier en construction de l’État baroque” (Claude-Gilbert Dubois im Vorwort der Genfer Neuausgabe von 1996). Marquis de Sade knüpfte mit seinem 1785 geschriebenen Les 120 journées de Sodome, ou l’école de libertinage (Berlin, 1904) an der L’îsle Hermaphrodites an. “Il faudra attendre le marquis de Sade pour trouver une si belle apologie de tous les vices et de tous les crimes de l’humanité” (Versins). Provenance: Exlibris F. Renard. Bibliographie: Negley 44; Gibson/Patrick 610; Dubois, L’isle des Hermaphrodites (1996), S. 43; Gay/Lemonnyer II, 465; Caillet 10658. 11 AUBERT DE LA CHESNAYE-DESBOIS, François Alexandre (16991784). Dictionnaire universel d’agriculture et de jardinage, de fauconnerie, chasse, pêche, cuisine et manége,: en deux parties: La première, enseignant la manière de faire valoir toutes sortes de terres, prés, vignes, bois ... La Seconde, donnant des règles pour la volerie, la chasse & fruitiers, à fleurs, & d’ornement; de nourrir, élever, & gouverner les bestiaux & la volaille ... Deux volumes, avec figures. 2 Bde. 4to (250 x 190 mm). Mit zus. 13 gefalteten Kupfertafeln. [4] Bl. (erstes leer), 730 S., 1 Bl.(Druckprivileg), Titel, 467 S. Zweuispaltiger Druck. Marmorierte Kalbslederbände d. Z., mit reicher Rückenvergoldung, Rotschnitt. Paris, David le jeune, 1751. chf 1200.Auf Grundlage von Louis Ligers “Dictionnaire pratique du bon ménager de campagne et de ville” von 1715 vermehrte und überarbeitete Aubert seinen Dictionnaire universel. “Quant à la cuisine, au lieu de celle de Liger, on y trouvera une cuisine facile, délicate, trèssuccinctement traitée, en faveur de ceux qui veulent à la campagne se donner le plaisir de faire tout par eux-mêmes, ou de scavoir du moins la manière de le faire faire aux domestiques qui les suivent. Ainsi ce sont deux dictionnaires pour un. Les amateurs de l’agriculture et du jardinnage pourront ouvrir le premier ... et les partisans de la fauconnerie, de la chasse et de la pêche” (Vorwort). Zwölf der dreizehn Faltkupfer betreffen die Falknerei sowie den Vogelund Fischfang, – Ein sehr schönes und komplettes Exemplar. Bibliographie: Schwerdt I, 47: Thiebaud 540-541; Goldsmiths’-Kress no. 08603.5. 12 AUGSBURGER FRIEDENSGEMÄLDE – Sam(m)lung aller Denkmale des Westphälischen Friedens, welche vom Jahr 1650 an, biß 1789; hauptsächlich in biblischen Friedens-Gemählden, der Evangelischen Schuljugend Zu Augsburg sind ausgetheilt worden. Am Schluß dieses Werks, Zur Vollständigkeit deßelben, samt einer Vorrede und dreyfachem Register, mit diesem Titelblatt, auf das Kinder Friedensfest 1790; von der Pfarr-Kirche Zu den Barfüßern, besorgt [Kupfertitel, der Drucktitel (von 1648) lautet: Augspurgisches Friedens-Gedächtnis ...]. Quer-Folio (292 x 355 mm). Mit radiertem Titel und 138. teilw. montierten Kupfern, nach P. Decker, I. Fisches, J. L. und J. P. Haid, J. E. Ridinger, A. Scheller, J. A. Thelot u.a radiert von M. Engelbrecht, L. Heckenauer d.J., G. L. Hertel, Chr. F. Hoermann von Guttenberg, B. Kilian d.J., Ph. A. Kilian, B. F. Leizel, K. Remshart, J. G. Rugendas, J. G. Waldreich und anderen. Zus. 144 Bl. Halblederband d. Z. über 5 erhabenen Bünden, mit Rückenschild (Rückenfuss beschädigt, neue Vorsätze). [Augsburg, Johann Jacob Schönig, J. Chr. Wagner u.a. für die Pfarrei Zu den Barfüßern], (1678-1790). chf 4500.Komplett mit allen veröffentlichten 138 Kupfern mit erläuterndem Text und dem erst 1790 gedruckten Titelkupfer ausgestatteter Sammelband der berühmten und so komplett sehr seltenen Augsburger Graphikfolge der ‘Friedensgemälde’, die durch “ihre verschiedenen Elemente der Kontinuität ein in der Kunstgeschichte singuläres Corpus von Kunstwerken darstellt” (H.-O. Mühleisen). Diese Bildersammlung bildet auch das nahezu einzige erhaltene Zeugniss des künstlerischen Aufwands für die zwischen 1650 und 1789 ausgerichteten Friedensfeste, von denen unmittelbar nach dem Friedensschluss 1648 über zwei Hundert stattfanden. Das ursprünglich an den Westfälischen Frieden von 1648, vor allem aber an die seither geltende Glaubensfreiheit und Parität erinnernde Augsburger ‘Friedensfest’ und das dazu gehörende ‘Kinderfriedensfest’ werden bis heute in nahezu ununterborchener, lückenloser Tradition von der Stadt Augsburg und ihren Einwohnern begangen. Als Erinnerungsgabe für die evangelische Schuljugend verteilten die beiden evangelisch-lutherischen Pfarrgemeinden Zu den Barfüßern und St. Anna 1651 zum ersten Mal ein kleinformatiges Blatt mit Gebeten und einem Kupfer. Ab dem folgenden Jahr 1652 – im Jahr 1653 gab es nur ein gedrucktes Gebet – und dann ununterbrochen von 1654 bis 1789 erschienen die nun als ‘Friedensgemähld’ bezeichneten grossformatigen Einblattdrucke mit Kupferstich in der oberen und erläuterndem Text in der unteren Blatthälfte. Schnell wurden sie als sammelwürdige Graphikblätter auch von Erwachsenen und Nichtaugsburgern begehrt. Um der Nachfrage zu entsprechen, erschienen 1678 (‘Pacis Augustae Memoria Augustana’), 1748 (‘Augspurgisches Friedens-Gedächtnis’) und 1790 drei Sammelbände mit Original-Kupfern und 1717 und 1748 zusätzlich noch zwei mit stark verkleinerten Nachstichen. Unser wohl um 1790 privat zusammengetragener und gebundener Sammelband enthält nebst vielen Original-Blättern – die als Einblattdrucke im Folioformat in der Mitte entzweigeschnitten und montiert wurden – auch Blätter der Nachdrucke von 1678 und 1748, bei denen die Erläuterungstexte teilweise neu gesetzt wurden. Alle komplett vorliegenden Kupfer sind von den Original-Kupferplatten abgezogen, die im Archiv der Barfüsserkirche aufbewahrt wurden. Mit dem Blatt von 1789 endete die einzigartige Tradition der Friedensgemälde. Als würdigen Abschluss und Abgesang auf die 140jährige Tradition wurde die Barfüssergemeinde als Hüterin der Platten Mitte Mai 1790 beauftragt, bis zum Friedensfest im August den letzten, aber gleichzeitig auch ersten kompletten, Sammelband mit allen 138 Kupfern sowie einem neuen Kupfertitel vorzulegen. Nicht enthalten sind in unserem Band die von 1790 von Christian Deckhardt gedruckte Vorrede und die beiden Registerblätter. Zur angenehmeren Lektüre wurden die meist bis zum Plattenrand beschnitten Kupferdarstellungen im aufgeschlagenen Band links, die entsprechenden und ebenfalls fast immer ohne Umrahmung beschnittenen Erläuterungstexte auf der rechten Seite auf kräftigem Papier montiert. Text und Kupfer der allerersten Blätter bis 1678 sind doppelseitig bedruckt und stammen aus dem ersten Nachdruck jenes Jahres. Mitgebunden findet sich auch der undatierte Drucktitel der Sammelausgabe von 1748, der noch von dem 1769 gestorbenen Musiker und Musikalienhändler Johann Michael Roth “colligiret” wurde. Unter den insgesamt 45 Künstlern, die als Zeichner und/oder Radierer beteiligt waren finden sich so bekannte Namen wie z.B. Isaak Fisches d. Ae., Johann Elias Ridinger (1), Melchior Küsel, Leonhard Heckenauer, Johann Andreas Thelott, Johann Lorenz und Johann Philipp Haid, Gottfried Eichler d. J. und Martin Engelbrecht. Die grossformatigen Kupfer, die auch wegen der dargestellten Plätze und Räume als auch der Kostüme oder Trachten Interesse beanspruchen können, “spiegeln die stilistischen Wandlungen der Augsburger Druckgraphik während jenen knapp anderthalb Jahrhunderten ... Neben gedanklich eher schlichten Bezügen [zum Thema des Friedens] ... stehen ungewöhnliche Deutungen: Die drei Weisen aus dem Morgenland sind als Wahrheitssucher begriffen, der Stern ist der ‘Wahrheit Stern’, das heisst: derjenige der Lehre Martin Luthers, und ist, so wird suggeriert, Luther selbst (1746). Zahlreiche aktuelle Ereignisse sind einbezogen: Die Türkengefahr ist Thema auf mehreren Friedensgemälden (1664, 1683-85, 1687, 1689-90, 1692 und 1694-96). ... Wahl, Krönung und Tod der Kaiser, die Emigration der Salzburger Protestanten 1732, die auch durch Augsburg kamen, Ereignisse der Stadtgeschichte .... Immer wichtiger wurden auch die Jubiläen der Reformation und der Vita Luthers, die den anonym gebliebenen Textverfassern jeweils vollkommen neue Motive ... boten” (Christoph Bellot). – Drucktitel und diverse Textblätter im Rand etwas stockfleckig, zu Beginn kürzere Einrisse in wenigen Kupfer- und mehreren Textblättern alt mit Papierstreifen geklebt, die Kupfer von 1659, 1698 und 1772 im Rand beschädigt, Lesbarkeit des Textes von 1770 durch grösseren Tintenfleck oben rechts beeinträchtigt, insgesamt ein sehr gutes Exemplar dieser Rarität. Bibliographie: W. Seitz, Die Augsburger ‘Friedensgemähld’, in: Burkhardt/Haberer, Das Friedensfest ... (2000), S. 87ff. und S. 405-407 sowie H.-O. Mühleisen, Augsburger Friedensgemälde als politische Lehrstücke. S. 117ff.; H. Jesse, Friedensgemälde 1650-1789 zum Hohen Friedensfest am 8. August in Augsburg (1981); H. Gier, 350 Jahre Augsburger Hohes Friedensfest. Katalog der Ausstellung der Staats- und Stadtbibliothek Augsburg (2000); Ders., Friedensgemälde des Augsburger Hohen Friedensfests, in: Hoffmann u.a., Als Frieden möglich war – 450 Jahre Augsburger Religionsfrieden (2005), S. 631ff.; Brüggemann/ Brunken, Handbuch zur Kinder- und Jugendliteratur. Von 1570-1750, Nr. 605. 13 AUGUSTINUS, Aurelius (354-430). La Cité de Dieu. Traduite en françois, et revue sur l’édition des pères Benedictins, & sur plusieurs anciens manuscrits. Avec des remarques & des notes qui contiennent quantité de corrections importantes du texte latin [par le traducteur Pierre Lombert]. 2 Bde. 8vo (195 x 125 mm). [20] Bl., 732 S.; 737, [18] S. Weiss gegerbte Schweinslederbände d. Z. mit Blindprägung, Rücken über fünf erhabenen Bünden (etwas berieben, ohne die Schliessbänder). chf 500.Paris, Nicolas Pépié, 1701. Diese erste französische Uebersetzung von ‘De Civitate Dei’ durch den Jansenistenfreund Pierre Lombert (1636-1710) erschien erstmals 1675 und erneut 1693. Als einer der ersten christlichen Denker schrieb Augustinus von Hippo mit diesem Text eine Anti-Utopie als Warnung an die Menschen, sich in Zukunftsträumereien zu verlieren. – Gebräunt, in der unteren Ecke gelegentlich mit kleinem Feuchtigkeitsrand. Provenance: Augustinian convent in Vienna (ms. entry on titles). Bookplates of Johann Georg Mannagetta (1668-1751), Baron von Lerchenau and Franz Pollack-Parnau (1903-2002). Bibliographie: Berneri 59f.; Ferguson 181f.; Quérard, La France littéraire I, 130. 14 AUSONIUS, Decimus Magnus (310-394). Opera. Hrsg. von Girolamo Avanzi. Kl.-8vo (153 x 94 mm). Mit Manuzios Druckerzeichen in Holzschnitt auf Titel und wiederholt auf Schlussblatt verso. 107, [1] Bl. Pergamentband des 17. Jhs., mit goldgeprägtem Rückentitel (Rücken an Kopf und Fuss etwas beschädigt, kurzer Wurmgang im Vorderdeckel). (Venezia, eredi di Aldo Manuzio e Andrea Torresano, Novembre 1517). chf 4200.Einzige Aldinen-Ausgabe der Werke des Ausonius, ein aus Bordeaux stammender Lehrer des späteren Kaisers Flavius Gratianus, der ihn 379 als Anerkennung für seine Leistungen zum Konsul ernannte. In seiner Widmung an Kardinal Marco Cornelio preist der Herausgeber Girolamo Avanzi die Verlegertätigkeit Andrea Torresanis, seit 1500 Schwiegervater von Aldo Manuzio. Bleibende Berühmtheit erlangte Ausonius’ mit seinen beiden, hier ab Bl. 79ff. zu findenden, Werken Bissula, ein Liederzyklus über eine Kriegsgefangene aus Schwaben, sowie Mosella, ein idyllisches Lobgedicht auf die Vorzüge des Moseltals während einer Rhein-MoselFahrt von Bingen bis Trier, wo Ausonius als Prinzenerzieher einige Zeit gelebt hatte. Die beiden Gedichte gehören zu dem wenigen, was an römischer Literatur überhaupt auf deutschem Boden entstanden ist. Nach Schweiger weist der Text dieser Aldinen-Ausgabe Eigentümlichkeiten auf, ungewiss sei auch, ob Avanzi neue Handschriften herangezogen habe, oder ob es sich um einen Nachdruck der Ausgabe von 1507 handle. – Hs. Name auf Vorsatz und hs. Zitat aus Renouards Bibliographie, kleines Loch im Schlussblatt, Bl. 35-38 mit schwachem Wasserflecken. Bibliographie: Etienne/Prete/Desgraves, Ausone, Humaniste Aquitain (1985), S. 181f., Nr. 31; Ahmanson-Murphy II, 137; Index Aurel. 110.889; Renouard 80:7; Schweiger II/1, 21; Dibdin I, 345; Adams A-2278; Dibdin I, 573; Aldinen-Sammlung Berlin 282. Ueber das Matriarchat 15 BACHOFEN, Johann Jakob (1815-1887). Das Mutterrecht. Eine Untersuchung über die Gynaikokratie der alten Welt nach ihrer religiösen und rechtlichen Natur. Gr.-4to (261 x 200 mm [Papiergrösse]). Mit 9 (3 gef.) lithograph. Tafeln und ovaler lithograph. Titelvignette. XL, 435, [1] S. Zweispaltiger Druck. Moderner marmorierter Pappband, mit Lederrückenschild. Stuttgart, Krais & Hoffmann, 1861. chf 4200.Erstausgabe. Opus magnum des Basler Gelehrten, der darin zu beweisen versucht, dass allgemeiner Promiskuität zuerst das Matriarchat und danach erst das Patriarchat gefolgt sei. Seine Theorie übte beträchtlichen Einfluss auf die Literatur und Geistesgeschichte des 20. Jahrhunderts aus. Bei seinen Untersuchungen zur antiken Gräbersymbolik stiess Bachofen auf den bei Plutarch wiedergegeben Mythos von Isis und Osiris: jene beiden ägyptischen Gottheiten, in denen sich seiner Interpretation nach die fruchtbare Erde und der sie befruchtende Nil, das weibliche Stoffprinzip und die männliche Zeugungskraft verkörperten. Er suchte nun den Nachweis zu führen, dass der Mythos von Isis und Osiris und viele andere antike Mythen Erinnerungen an eine historische Realität darstellten, in der es die Frauen waren, die über die Männer herrschten. Bachofen ist nicht der erste, bei dem von “Frauenherrschaft” die Rede ist, denn nach Thomas Hobbes (1588-1679), dem Verfasser des ‘Leviathan’, lag im Naturzustand die Macht in den Händen der Frauen und im 18. Jh. hatte der jesuitische Missionar Joseph Francois Lafitau bei den Irokesen “Gynaikokratie” (Frauenherrschaft) beobachtet. Neu an Bachofens Darstellung von Gesellschaften mit Frauen in Vormachtstellung waren vor allem die Systematik und der Umfang seiner Beweisführung. – Erste und letzte Bll. schwach gebräunt und etws stockfleckig, die Tafeln teilweise stärker stockfleckig, ein gutes und komplettes Exemplar dieser seltenen und wichtigen Schrift. Bibliographie: PMM 349; Hildebrandt 0036; Borst 2784; Volpi, Das grosse Werklexikon der Philosophie, 130; Alker, Deutsche Literatur im 19. Jahrhundert, S. 546f. On the Lost Continent of Atlantis 16 BAILLY, Jean-Sylvain (1736-1793). Lettres sur l’Atlantide de Platon et sur l’ancienne histoire de l’Asie. Pour servir de suite aux lettres sur l’origine des sciences, adresseés à M. de Voltaire. 8vo (203 x 130 mm). Mit 1 gefalteten Karte der nördlichen Hemisphäre (Europe, Nordafrika und Asien), nach Jean Baptiste Bourguignon d’Anvilles Asienkarte radiert von Pierre Claude Delagardette. [2] Bl., 480 S. Gesprenkelter Kalbslederband d. Z., Rücken über 5 erhabenen Bünden, mit Rückenvergoldung und Rückenschild. Londres, Elmsley et Paris, Debure, 1779. chf 1200. Erstausgabe. Der ursprünglich zum Künstler bestimmte Astronom J.-S. Bailly war neben Fontenelle der einzige Gelehrte, der in drei Pariser Akademien Mitglied war. Seine ‘Lettres sur l’Atlantide de Platon’ erschienen als Ergänzung zu seiner ‘Histoire de l’astronomie ancienne’ (1775) und als letzte Antwort an den Ende Mai 1778 gestorbenen Voltaire und dessen Ansichten über das Urvolk. Bailly bezieht sich auf Platons Erzählung über die sagenhafte Insel Atlantis, die er als historisch wahr erachtet und die er in Asien lokalisiert. “Weniger mit Hilfe der Astronomie als vielmehr anhand der Mythologie, der religiösen Einrichtungen und kulturellen Gewohnheiten verfolgt Bailly die langsame Verbreitung der Atlantier ... Ihr Untergang wurde durch den Einbruch südwärts drängender Barbaren hervorgerufen. Diese Erkenntnis Baillys passte zu Buffons These einer langsamen Abkühlung der Erdkugel, und die ‘Lettres sur l’Atlantide’ waren sehr wahrscheinlich als kulturgeschichtliches Subsystem zu Buffons ... Epoques de la Nature’ gedacht” (Manfred Petri, Die Urvolkhypothese [1990], S. 121ff.).- Hs. Name auf Vorsatz verso, ein sehr gutes Exemplar im dekorativen Ledereinband. Bibliographie: Conlon 79:70; Cioranescu I, 9202; L. Spence, The History of Atlantis (1973), 30f. 17 BALZAC, Honoré de (1799-1850). Un grand homme de province à Paris. Scène de la vie de province. 2 Bde. 8vo (215 x 140 mm). 354 S., 1 Bl. Anzeigen; 354 S., 1 Bl. Verlagsanzeigen. Halbmaroquinband um 1880 über 5 erhabenen Bünden, marmorierte Vorsätze. Kopfgoldschnitt, die hellblauen (etwas verblassten) OriginalUmschläge sind mitgebunden. Paris, Hippolyte Souverain, 1839. chf 2200.Erstausgabe. Die in den Jahren 1821/22 angelegte Schilderung der literarischen Bohème, des Theatermilieus und der Provinzzeitungen in der Zeit der Restauration unter Louis XVIII. stellt den zentralen Teil von Balzacs Trilogie ‘Illusions perdues’ dar. Zusammen mit ‘Les deux poètes’ (1837) und dem abschliessenden Roman ‘Eve et David’ (1844) rechtfertigt dieses Werk “wie kaum ein zweites, Balzacs titanische Prophezeiung: Ich werde eine vollständige Gesellschaft in meinem Kopfe getragen haben”. – Stellenweise stockfleckig. Bibliographie: Carteret I, 74; George Nr. 41; Ausstellungskat. BNP 1950, Nr. 488 (“Certains personnages ont emprunté des traits à des contemporains, ainsi Dauriat sérait Ladvocat; Doguereau, Pigoreau et Nathan, Léon Gozlan”). 18 BAROTTI, Giovanni Andrea (1701-1772). Memorie istoriche di letterati Ferraresi. Opera postuma ... [Volume primo:] Edizione secunda ... Volume secondo dell’ Abate Lorenzo Barotti. – (Und:) Continuazione delle Memorie istoriche di letterati ferraresi. [Hrsg. von G. Baruffaldi. Preceduta da un ragionamento intorno all’indole e carattere degl’ ingegni ferraresi (von Leopoldo Cicognara)]. 3 Bde. Gr.-4to (295 x 200 mm). 423 S.; 387 S.; 243 S. Uniform gebundene marmorierte Pappbände des 19. Jhs., mit Rückenschild. Ferrara, per gli erredi di Giuseppe Rinaldi (Bde. I-II) und Bianchi & Negri, 1792-93 und 1811. chf 1100.Beste und umfangreichste Ausgabe des 1777 in nur einem Band erschienenen wertvollen Gelehrtenlexikons, das für seine biographischen Details noch heute hohe Wertschätzung geniesst. Der in Erstausgabe vorliegende, bis zum Ende des 18. Jahrhunderts nachgeführte, zweite Band wurde von Giannandreas Sohn Lorenzo Barotti (1724-1801) bearbeitet. Den häufig fehlenden Supplementband von 1811 edierte Francesco Leopoldo Cicognara (17671834). – Unbedeutender kleiner Wasserfleck im Oberrand des ersten Bandes, ein breitrandiges und schönes Exemplar. Provenance: Exlibris Franz von Pollack-Parnau (1903-2002). Bibliographie: Gamba 2140; Graesse I, 297; ICCU (Online Kat.) 007419 und 000141; vgl. Brunet I, 664. “Wohl das amüsanteste und geistreichste Wörterbuch, das je gedruckt wurde” 19 BAYLE, Pierre (1647-1706). Dictionaire historique et critique. Cinquième édition, revue, corrigée et augmentée [par Prosper Marchand]. Avec la vie de l’auteur par Mr [Pierre] des Maiseaux. Tome premier (-quatrième). 4 Bde. Folio (400 x 247 mm [Papierformat]). Mit 4 grossen ovalen Titelvignetten (wiederholt), nach Adriaen van der Werf radiert von Gillem van der Gouwen und 1 grossen Kopfvignette im ersten Band von und nach Bernard Picart. Titel in Rot und Schwarz. [8] Bl., CXX, 719 S.; [2] Bl., 915 S.; [2] Bl., 831 S.; [2] Bl., 804 S. Kalbslederbände d. Z. über 6 erhabenen Bünden, mit reicher Rückenvergoldung und Lederrückenschild (Rücken an Kopf und/oder Fuss beschädigt, Ecken bestossen, Lederbezug auf Hinterdeckel von Bd. I mit Fehlstelle, etwas berieben). Amsterdam, Brunel, Wetstein & Smith und Leyden, S. Luchtmans, 1740. chf 2500.- Mit neuem Vorwort versehener seitengleicher Nachdruck der massgebenden vierten und schönsten Ausgabe von 1730 von Bayles berühmtem historisch-kritischem Wörterbuch, vermehrt und korrigiert durch den Bibliographen Prosper Marchand (1675-1756). – Lose beiliegend ein gestochenes Portrait Bayles (Plattenrand: 330 x 220 mm – Blattgrösse 363 x 243 mm) von François Chéreau le vieux (1680-1729), mit gest. Bildunterschrift: “Tel fut l’illustre Bayle, honneur des beaux esprits ... “. Pierre Bayle zählt zu den interessantesten Figuren der Geistesgeschichte. Wegen seinen freisinnigen Lehren musste er 1693 den Rotterdamer Lehrstuhl für Philosophie räumen. Vier Jahre später veröffentlichte Bayle dann den ‘Dictionnaire historique et critique’, der ihm Ruhm und Ehre brachte. Der Wiener Kulturphilosoph Egon Friedell nannte das den Wert der historisch-kritischen Wissenschaft betonende und die Methode des radikalen Zweifels und der Ablehnung jeden Autoritätsglaubens fördernde Werk, das “wohl amüsanteste und geistreichste Wörterbuch, das je gedruckt wurde”. – “La cinquième édition (1730) et la huitième (1740), publiées en Hollande, qui s’intitulent respectivement quatrième et cinquième édition – parce que leur numération exclut les éditions pirates faites à Genève (1715), à Trévoux (1734) et à Bâle (1738) – sont les meilleures, et quant au texte, et quant à la clarté et à la beauté de la typographie” (E. Labrousse). Wichtig auch die Biographie Bayles, die aus der Feder des Journalisten Pierre des Maiseaux (1673-1745) stammt, der als Korrespondent verschiedener französisch-holländischer Zeitschriften in England wirkte. Bis 1760 erschienen acht französische und zwei englische Ausgaben [1709 und 1734-41], 1741-44 auch noch eine ins Deutsche übertragene Edition. – Nur stellenweise stockfleckig, ein schönes Exemplar. Bibliographie: Graesse I, 314; Brunet I, 712; Labrousse, Pierre Bayle et l’instrument critique (1965), 183; Volpi, Grosses Werklexikon der Philosophie (1999), 151-152. 20 BEER, Michael (1800-1833). Struensee. Trauerspiel in fünf Aufzügen. Zum Erstenmale dargestellt auf dem königlichen Theater zu München, den 27. März 1828. [Mit Musik von Giacomo Meyerbeer]. 8vo (190 x 117 mm). [4] Bl., 250 S., 1 Bl. Errata. Goldgeprägter Halbmaroquinband von Champs, Kopfgoldschnitt, OriginalUmschlag miteingebunden. Stuttgart und Tübingen, J. G. Cotta, 1829. chf 1200.Erstausgabe. Eines von 550 Exemplaren auf Vélinpapier. Das Trauerspiel handelt von der tragischen Affäre des aufklärerischen Arztes und Ministers Johann Friedrich Struensees mit der Gattin Christians VII. von Dänemark. Der Bruder des jüdischen Dramatikers, Jakob Liebmann Beer alias Giacomo Meyerbeer (1791-1864), steuerte auf Kosten des Bayernkönigs Ludwig I. die Bühnenmusik bei. Im Gegensatz zu anderen Fürsten genehmigte Ludwig auch die Auffführung des Schauspiels in München Ende März 1828. Beers erfolgreichstes Stück wurde auf vielen grossen Bühnen Deutschlands aufgeführt und Goethe sorgte persönlich dafür, dass es im Repertoire des Weimarer Hoftheaters Aufnahme fand. – Ein makelloses, unbeschnittenes Exemplar mit beigebundenem Original-Umschlag in einem Meistereinband von Victor Champs (1844-1912). Provenance: Prof. Dr. Heinrich Stilling (1853-1911), Lausanner Arzt und Bibliophile (Auktionskatalog, Zürich 1946, Nr. 18). Bibliographie: Goedeke VII, 570, 9; Fischer II, 1855. 21 BELLI, Silvio (1510-1580). Libro del misurar con la vista. Ne quale s’insegna, senza travagliar con numeri, a misurar facillissimamente le distantie, l’altezze, e le profondita con il quadrato geometrico, e con altri stromenti ... Si mostra ancora una bellisima via di ritrovare la profondita di qualsi voglia mare; & un modo industrioso di misurar il circuito di tutta la terra. Kl.-4to (205 x 140 mm). Titel in Holzschnitt, mit 54 halbseitigen perspektivischen Textholzschnitten, 1 fast ganzseitigen HolzschnittDruckermarke auf Schlussblatt verso sowie diversen Kopf- und Schlussvignetten in Holzschnitt. [4] Bl., 131, [1] S., [2] Bl. (das letzte leer). Flexibler Pergamentband im Stil d. Z. mit Ueberstehkanten, vier Schliessbändern (neue Vorsätze). Venezia, Giordano Ziletti, 1570 (im Kolophon: 1569). chf 1500.Illustriertes Handbuch zur Perspektive und zum Vermessen mit geometrischen Mitteln und Instrumenten. Erstmals 1565 und erneut 1566 aufgelegt, beschreibt das Buch des Mathematikers und Ingenieurs S. Belli u.a. das Verfahren der Messtischaufnahme, wie sie dann fünfzig Jahre später der Zürcher Leonhard Zubler nördlich der Alpen verbreiten sollte. Im ‘Libro del misurar con la vista’ wird auch eine Technik vorgestellt, mit der mittels eines Quadranten Entfernungen in der Landschaft abgenommen werden können. Das Besondere an Bellis Methode ist dabei, dass er in jedem Fall, in dem er den Einsatz des Quadranten erklärt, ein Verfahren vorstellt, das ohne den Quadranten auskommt. “Certamente è cosa maravigliosa il misurar con la vista, poi che da ogni uno, che non sà la ragione par del tutto impossibile; conciosa cosa, che non può capire null’animo, che l’huomo vedendo da lontano due città (per dir cosi) senza approssimarsi a quelle, possa misurare la distanza, la quale e da l’una a l’altra di essi; o per lo medesimo modo possa misurare un’altezza, & una profondità; non dimeno ciò si fa con facilità”. Die unglaubliche und dabei einfache Methode Bellis besteht also darin, mit dem blossen Auge Distanzen zu messen, und zwar vornehmlich zweierlei Gattungen von Distanzen: Fernabstand sowie Tiefe/Höhe. In nachfolgenden Ausgaben wurde Bellis Text zusammen mit dessen anderen Traktaten zur angewandten Geometrie als Sammelband aufgelegt. – Titel knapp beschnitten. Bibliographie: BAL I, 242; Adams I, 107, 520; Index Aurel. 116.191; Riccardi I, 107; Smith, Rara arithmetica, 343. 22 BERNARDIN DE SAINT-PIERRE, Jacques-Henri (1737-1814). Etudes de la nature. Nouvelle édition, revue et corrigée. Avec dix planches en taille-douce. 5 Bde. 8vo (210 x 125 mm). Mit zus. 10 Kupferstich-Tafeln (inkl. doppelblattgrosser Hemisphärenkarte), nach Moreau le jeune gestochen von J. B. Simonet. VI, 478 S., 1 Bl.; [2] Bl., 479, [1] S.; [2] Bl., 503 S.; [2] Bl., 440 S., 1 Bl.; [2] Bl., 418 S., 1 Bl. und gef. Verlagsprospekt (“Buffon avec ses suites, Edition de Deterville”). Gesprenkelte Kalbslederbände d. Z., Deckel mit Dreifachfilete in Goldprägung, reicher Rückenvergoldung, marmorierter Schnitt (kurzer Wurmgang im Hinterdeckel von Bd. IV, minimale Schabspuren auf Vorderdeckeln). Paris, De l’imprimerie Chapelet (pour) Deterville, An XII – 1804. chf 1500.Frisches Exemplar auf Vélinpapier der sehr geschätzten Deterville-Ausgabe in fünf Bänden. Bernardin de Saint Pierre, “ein echter Schüler Fénelons, hat jede seiner Schriften bis zur kleinsten Erzählung im Geist der Menschenliebe und Einfalt des Herzens geschrieben. Gern verbindet er die Natur mit der Geschichte der Menschen, deren Gutes er so froh, deren Böses er allenthalben mit Milde erzählet ... Mit Seelen dieser Art lebt man so gern, und freuet sich, dass ihrer noch Einige da sind” (Johann Gottlieb Herder in: Briefe zur Beförderung der Humanität). Bibliographie: Quérard, La France littéraire VIII, 364; cf. Tchemerzine X, 147-148. 23 — Paul et Virginie [et La Chaumière indienne (on half-title). (Précédée d’une notice, par Sainte-Beuve, et suivies d’une Flore de l’Ile de France et de l’Inde, par Théodore Descourtilz, illustrés par Tonny Johannot, Français et autres)]. 2 Teile in 1 Bd. 4to (253 x 155 mm). Mit Portrait auf China, nach Lafitte radiert von Pelée, Kupfertitel. Holzschnittvignette auf Vortitel, 1 handkolorierte Karte nach A. H. Dufour radiert von Dyonnet, 34 Tafeln in Stahl- oder Holzstich, auf Chinapapier von Tony Johannot, Jean-Louis-Ernest Meissonier u.a., zwei Drucktitel und gegen 450 Textvignetten. LVI, 458, [14] S. Grüner Maroquinband d. Z. mit Goldprägung, Stehund Innenkantenvergoldung, Goldschnitt. In Pappschuber. Paris, (A. Evrat for) Léon chf 1800.Curmer, 25 Rue Sainte-Anne, [1836-] 1838. Wunderbares, in Maroquin gebundenes, Exemplar der reich illustrierten Ausgabe. Erstmals 1788 veröffentlicht, wurde der Roman bis heute in über dreissig Sprachen übersetzt. – Minimal gebräunt, ein vorzügliches Exemplar. Provenance: Eduard Hoffmann, bookplate (sold in our rooms 19-20 Sept. 1947, sale IX, n° 1298). Bibliographie: Vicaire VII, 42ff.; Carteret III, 532-547; cf. Negley 1551; Fortunati/Trousson 489f. 24 BERNARDUS CLARAEVALLENSIS (1090-1153). Opuscula divi Bernardi abbatis Clarevallensis. 8vo (171 x 120 mm). Mit ganzseitigem Holzschnitt der Verkündigung an Maria und diversen schwarzgrundigen Initialen. Titel mit Holzschnitt-Druckermarke in Rot, 1 Textblatt [16r] in Rot und Schwarz gedruckt. [400] Bl. Zweispaltiger Druck [die Bll. gi und giii doppelt vorhanden, ausgelassen die Bl. gii und iv]. Holzdeckelband d. Z., die Deckel bis zur Hälfte mit blindgeprägtem Schweinsleder bezogen, Rücken über 3 erhabenen Bünden (ohne die Metallschliessen, Rückenfuss etwas beschädigt, berieben). (Venedig, Giacomo chf 2500.Penzio für Lucantonio Giunta il Vecchio, 1. Juni 1503). Erste Giunta-Edition der Werke des grossen französischen Mystikers, ediert durch den Verlagsgründer Lucantonio Giunta (1457-1538). Der ganzseitige Holzschnitt mit der Darstellung der Verkündigung an Maria hatte Giunta zuvor als Titelholzschnitt seines Drucks des Missale Romanum vom 20. November 1501 verwendet. “The Annunciation recalls the image used in the editions of the Meditations printed in Rome by Stephan Plannck. The overall composition of the cut, its three architectural columns, the ornamental designs on the kneeler, and the floor pattern are similar in both woodcuts. However, in the 1501 design, the perspective, the complexity of the interior ornamentation, and the modeling of the figures is more highly developed than in the cut used by Plannck ... This detailed shading technique results in a sensitive rendering of the story of the Annunciation and reflects an important characteristic of Italian Renaissance style that emerged in the late 1490s” (Daniel De Simone). – Zwei Textbll. (g1 und g3) wurden doppelt eingebunden, dagegen fehlen die Bll. g2 und g4). – Titel minimal gebräunt und mit drei Besitzstempeln, Notiz von späterer Hand auf Vorsatz verso, zu Beginn wenige Wurmlöcher. Bibliographie: Camerini I, 74; Panzer VIII, 365, 217; Renouard XIX, 24; Essling 1383; Sander 961; Hind 465-471; STC, (Italian), 87; Olschki, Choix de livres IV, 4132; vgl. De Simone, A Heavenly Craft. The Woodcut in Early Printed Books (2004), Nr. 39. 25 BERNOULLI, Jakob (1654-1705). Dissertatio de gravitate aetheris. 8vo (154 x 95 mm). Mit Kupfertitel und 4 gest. Falttafeln mit zus. 30 Figuren. [8] Bl. (inkl. Kupfertitel), 269, [3] S. Hellbrauner Kalbslederband des 18. Jhs., mit Rückenvergoldung und Rückenschild, Rotschnitt. Amsterdam, Heinrich Wetstein, 1683. chf 4800.Erstausgabe. Frühwerk Jakob Bernoullis, worin er seine stark von René Descartes beeinflusste Theorie darlegt, nach der der Aether die Ursache der Schwerkraft darstellt. Der Basler Mathematiker nimmt an, die Teilchen der Körper würden durch den Druck einer auf sie wirkenden flüssigen Materie zusammengehalten. Nach seinem 1676 beendeten Theologiestudium, dem nachfolgenden zweijährigen Aufenthalt in Genf und seinen Reisen in Holland und England kehrte Bernoulli im Herbst 1682 nach Basel zurück, wo er sich verheiratete. Mit seinen öffentlich gehaltenen Vorträgen über Experimentalphysik erfuhr er grossen Erfolg. Er übernahm schliesslich den verwaisten Lehrstuhl für Mathematik von Peter Megerlin. Als erstes bedeutendes Resultat seiner intensiven Studien zur modernen Mathematik entschlüsselte er als Erster die Arbeiten von Leibniz zur Infinitesimalrechnung (Acta eruditorum 1684 und 1686). Seit 1680 beschäftigte sich der Basler Mathematiker auch mit der Entwicklung und Niederschrift seines Grundlagenwerks zur neueren Mathematik, der Ars conjectandi, die dann aber erst 1713 gedruckt werden sollte. Provenance: Gestochenes Wappenexlibris von Thomas Augustus Wolstenholme Parker, 6th Earl of Macclesfield (1811-1896). Bibliographie: Mayerhöfer I, 430; Deutsches Museum, Libri rari, 36; DSB II, 49; Poggendorff I, 156; vgl. Speiser, Die Basler Mathematiker (1839), 15f. Johann Bernoulli’s Inaugural Dissertation – The First Application of Differential Calculus to Biology 26 BERNOULLI, Johann I. (1667-1748). Dissertatio inauguralis physicoanatomica de motu musculorum, quam ... pro summis in arte medica honoribus & privilegiis doctoralibus rite capessendis publice examinandam offert ad d. 16. Martii M DC. XCIV. Kl.-4to (189 x 140 mm). Mit 6 Textholzschnitten. [10] Bl. Marmorierte Broschur der Zeit. Inner margin of title guarded and a small repair to outer margin; some light spotting and edges cut a little short (minimally affecting one of the woodcuts, and partly shaving the ‘Finem’ at the foot of the final page); a very good copy. Basel, Johann Conrad von Mechel, [16. März 1694]. chf 4800.Erstausgabe von Johann Bernoullis Inauguraldissertation, in der er die Differentialgleichung auf die mechanische Muskelbewegung anwendet und damit die Bedeutung der Mathematik für medizinische und physiologische Problemlösungen aufzeigte. Der vom älteren Bruder Jakob in die Mathematik eingeführte Johann Bernoulli verdankte dieser Arbeit und dem Einfluss Christiaan Huygens seine ersehnte Berufung auf den Lehrstuhl der Mathematik in Groningen 1695. Nach seiner ärztlichen Approbation 1690 ging Bernoulli für zwei Jahre nach Genf und Paris, wobei er sich aber intensiv mathematischen Fragestellungen widmete. Gegen Entgelt unterrichtete er in der französischen Metropole den sechs Jahre älteren Guillaume François Antoine Marquis de l’Hôpital in der höheren Mathematik. 1693, nach seiner Heimkehr nach Basel, begann Bernoulli mit Wilhelm von Leibniz einen Briefwechsel, der unter der ausufernden Korrespondenz des herausragenden Philosophen umfangsmässig seinesgleichen sucht. “Leibniz’s first publication of 1684 on the calculus was a compressed memoir of six pages published in the Acta eruditorum. Cryptic, tightly constructed, and further obscured by numerous misprints, it made no immediate impact upon the scientific world. Nevertheless, without specific instruction or elucidations from Leibniz, Jacob (James) Bernoulli, a professor of mathematics at Basel, fought his way through it, and taught it to his younger brother Johann (John or Jean I). Johann, on a visit to Paris in 1691-1692, came into contact with Malebranche and his circle and lectured on the Leibnizian calculus” (H. Guerlac, Newton on the Continent, S. 57). “[Johann] Bernoulli privately studied mathematics with the gifted Jakob, who in 1687 succeeded to the vacant chair of mathematics at the University of Basel. From about this time, both brothers were engrossed in infinitesimal mathematics and were the first to achieve a full understanding of Leibniz’ abbreviated presentation of differential calculus. The extraordinary solution to the problem of catenaria posed by Jakob Bernoulli (Acta eruditorum, June 1691) was Johann’s first independently published work, and placed him in the front rank with Huygens, Leibniz and Newton. ‘Johann spent the greater part of 1691 in Geneva. There he taught differential calculus to J.C. Fatio-de-Duillier (whose brother Nicolas later played a not very praiseworthy role in the LeibnizNewton priority dispute) and worked on the deepening of his own mathematical knowledge. In the autumn of 1691 Bernoulli was in Paris, where he won a good place in Malebranche’s mathematical circle as a representative of the new Leibnizian calculus… In 1692 Bernoulli met Pierre de Varignon, who later became his disciple and close friend. This tie also resulted in a voluminous correspondence. In 1693 Bernoulli began his exchange of letters with Leibniz, which was to grow into the most extensive correspondence ever conducted by the latter. Bernoulli’s most significant results during these years were published in the form of numerous memoirs in Acta eruditorum and shorter papers in the Journal des Sçavans. Bernoulli’s most important achievements were the investigations concerning the function y = xx and the discovery, in 1694, of a general development in series by means of repeated integration by parts…” (DSB). Dating from the same year and written under the influence of the Italian mathematician and physiologist Giovanni Alfonso Borelli, Bernoulli’s De motu musculorum is as much a work in mathematics as in medicine: “Here, Bernoulli applied integral calculus to describe muscles as small machines and looked at the pressure of liquids to calculate the rising force of muscles as well as their vigor and tiredness” (Jack W. Berryman, Ancient and early Influences in Exercise Physiology in: People and Ideas, edited by Charles M. Tipton, p. 15). An English translation appeared in Browne’s Myographia nova of 1698. – Contemporary marbled wrappers. Bibliographie: Husner, Verzeichnis der Basler medizinischen Universitätsschriften von 1575-1829 (1942), S. 83; Krivatsy 1157; Wellcome II, 152; Biographical Dictionary of Mathematicians I, 225f. OCLC records two further US locations, at Columbia and New York Public Library. 27 BERUFSSPIEGEL – GALLERIE DER VORZÜGLICHSTEN KÜNSTE und Handwerke. Ein lehrreiches und unterhaltendes Bilderbuch für die Jugend. Neue verbesserte Auflage, mit 40 illuminirten Kupfern. Quer-8vo (110 x 143 mm). Mit 40 handkolorierten num. Aquatinta-Tafeln mit Berufsdarstellungen [wohl nach Johannes Senn]. 186 S., [3] Bl. Index und Verlagsanzeigen (S. 151-154 nach S. 158 eingeb.). Halblederband der Zeit (Kanten und Ecken berieben). Zürich, Jn der Trachs’lerschen Buchhandlung, [1827]. chf 2800.Komplettes Exemplar der sehr seltenen handkolorierten Vorzugsausgabe dieses Schweizer Berufsspiegels. Die Ende des 18. Jahrhunderts aufkommende Literatur über die Berufswelt wurde bis weit ins 19. Jahrhundert hinein durch aufklärerische und philanthropische Darstellungen bestimmt. In idealisierter Form vermitteln sie dem jungen Leser Einblicke in die verschiedenen Tätigkeiten von Handwerk und Gewerbe, die sich für eine Berufswahl empfahlen. Die vierzig hier illuminiert vorliegenden charmanten Szenen aus den vorgestellten Berufen sind alle unsigniert. Ihr Urheber war höchst wahrscheinlich der aus Liestal stammende Johannes Senn (1780-1861), ein Schüler des Basler Malers Maximilian Neustück. Senn wirkte bis 1804 als Genre- und Portraitmaler auch in Zürich, ehe er nach Holstein und danach nach Kopenhagen ging, von wo er erst 1819 in die Heimat zurückkehrte. Auf Senns Vermittlung geht möglicherweise auch die von Knud Lyne Rahbek besorgte dänische Uebersetzung zurück, die 1814 bei Brummer in Kopenhagen unter dem Titel ‘Gallerie for de fornemste Kunster og Haandvaerk’ erschien. Gegenüber der Erstausgabe von 1804/05 wurde für die zweite von 1819 (und die vorliegende dritte) auf die beiden Darstellungen des Flachmalers und Friseurs verzichtet. Stilistisch liegen die Illustrationen “nahe den Aquatinta-Radierungen in Johann Martin Usteris ‘Mutter-Treu wird täglich neu’ (1803) und ‘Kindesliebe’ (1807), die nach Usteris Zeichnungen von J. H. Lips verfertiget worden sind” (Bruno Weber). Von der grossen Ausstrahlung des Werks zeugen auch die beiden deutschsprachigen Nachdrucke, die 1819 in Prag, als wohlfeile Volksausgabe mit nur vierzehn Tafeln, und 1822 in Wien erschienen. Der Verfasser des leichtverständlichen Prosatextes ist unbekannt geblieben, vorgestellt werden die folgenden Berufe: 1) Apotheker, 2) Bäcker, 3) Barbier/Bader, 4) Bildhauer, 5) Böttcher, 6) Buchbinder, 7) Buchdrucker, 8) Büchsenmacher und Büchsenschätzer, 9) Bürstenbinder, 10) Drechsler, 11) Färber, 12) Fleischer, 13) Gerber, 14) Glasmacher, 15) Glaser, 16) Glockengiesser, 17) Grobschmied/Hufschmied, 18) Hutmacher, 19) Klempner, 20) Kupferstecher, 21) Kupferdrucker, 22) Kupferschmied, 23) Leinenweber, 24) Maurer, 25) Maler, 26) Mechanikus [Instrumentenmacher], 27) Papiermacher, 28) Sattler, 29) Schieferdecker, 31) Schneider, 32) Schuhmacher, 30) Schlosser, 33) Seifensieder, 34) Seiler, 35) Steinmetz, 36) Stellmacher/Radmacher, 37) Tischler, 38) Töpfer, 39) Zimmermann, 40) Zinngiesser. – Durchgehend etwas daumenfleckige Tafeln, geringfügige Bräunung und/oder Stockflecken im Text, ein im zeitgenössischen Kolorit kaum zu findendes Exemplar dieser Rarität. Bibliographie: Kraut, Die Jugendbücher in der deutschen Schweiz bis 1850 (1945), Nr. 68; Weilenmann 1065; Seebass I, 697; Wegehaupt 703; Hinrichs’ Halbjahrsverzeichnis der Neuerscheinungen des deutschen Buchhandels (Jan.-Juni 1827), S. 44; B. Weber im Nachwort der Faksimile-Ausgabe von 1983. Beautiful Catalogue of Empire Style Designs & Ornaments 28 BEUNAT, Joseph (1767-ca. 1830) & Jacques Joseph HEILIGENTHAL (1785-1870). Recueil des dessins d’ornements d’architecture de la manufacture de J[acques] Jos[eph] Heiligenthal à Strasbourg, successeur du Sr. Jos[eph] Beunat de Sarrebourg, contenant tout ce qui a rapport à la décoration des appartements ... [Und lose beiliegend dessen:] Tarif des ornemens d’architecture de la manufacture de J. Jos. Heiligenthal, à Strasbourg. Gross-4to (340 x 247 mm). Mit Kupfertitel und 102 Tafeln (num. 2-103), radiert von und nach Auguste Ricard de Montferrand, AdolphePaul Giraud und Louis-Marie Normand. – 18 S. (Tarif). Roter Pappband d. Z, gelber Schnitt (Decken minim verfärbt). Strasbourg, [ohne Drucker, 1810/12-1833] und F. chf 2400.G. Levrault, 1832. Umfangreiche, über einhundert Tafeln enthaltene, stark vermehrte Ausgabe des erstmals 1810/1812 vom Lothringer Stukkateur und Ornamentfabrikanten Joseph Beunat verlegten Musterbuchs mit Ornamenten im Empire oder auch Napoleonischen Stil, komplett mit der teilweise von zeitgenössischer Hand ergänzten Preisliste von 1832. Durch den Verkauf der 1805 gegründeten Manufacture de Pâte ou de Décours de Sarrebourg an den aus dem bayerischen Landau stammenden und durch Heirat nach Strassburg gezogenen J. J. Heiligenthal, wurde die Produktionsstätte nach Scharrachbergheim, der Verwaltungssitz aber nach Strassburg verlegt. Beunat und Heiligenthal griffen für ihr Musterbuch von 1’100 Ornamenten auf Vorlagen zurück, die mit den seit 1738 in Herculaneum bei Neapel durchgeführten Ausgrabungen ans Tageslicht befördert wurden sowie auf Motive, die an Napoleon Bonapartes Aegyptenfeldzug erinnern, die durch die offiziellen Architekten des Kaisers, Charles Percier und PierreFrançois-Léonard Fontaine, in Frankreich verbreitet wurden. So finden sich als besonders beliebtes Zierwerk u.a.: Lorbeer, Lotosblumen, Sphinghen und Pyramiden. Jedes der im Katalog von und nach Auguste Ricard de Montferrand (1786-1858), AdolphePaul Giraud (1795-1864) und Louis-Marie Normand (1789-1874) radierten Ornamente ist nummeriert, so dass der Interessent anhand der hier beiliegenden Preisliste in der Manufaktur bestellen konnte. Mit diesem Katalog gibt es “erstmals Bildmaterial von Ornamenten vergangener Stilepochen im bis dahin nicht bekannten Ausmass” (Elke Wagner). Neben Architekten und Malern suchten auch Bildhauer und Designer der Fabrikanten in diesen Blättern nach Motiven für neue Vorlagen. – Sieben figurative Ornamente sind von späterer Hand koloriert. – Ein frisches Exemplar, komplett mit dem seltenen ‘Tarif-Heft’. Bibliographie: Berlin Kat. 1388; Bibliothèque de l’Institut National d’Histoire de l’Art, Coll. Jacques Doucet – NUM 4 EST 27; vgl. BAL IV, Nr. 2956; H. Haug, Une fabrique d’ornements d’architecture sous l’Empire et la Restauration, in: Archives alsaciennes VIII (1929), S. 209ff.; N. Coquery, Artisans, industrie: nouvelles révolutions du Moyen Age à nos jours (2004), S. 422ff.; Wagner, Stilgeschichte der Ornamente (2013). Nicht in Evers, Ornamentale Vorlagenwerke des 19. Jhs. 29 BIBLIA GERMANICA – Biblia das ist die gantze Heilige Schrifft deß Alten und Neuen Testaments. Wie solche von Herrn Doctor Martin Luther Seel. Im Jahr Christi 1522. in unsere Teutsche Mutter-Sprach zu übersetzen angefangen, Anno 1534. zu End gebracht ... Anjetzt mit gantz neuen und schönen Kupfer-Bildnissen nebst derenselben beygedruckten Lebens-Läufen ... Samt einer Vorrede Johann Michael Dilherrns. Folio (390 x 240 mm). Mit 2 Frontispizen, 1 ganzseitigen Portrait Luthers und 5 ganzseitigen Textkupfern, gestochen von Andreas Nunzer sowie über 140 grossen Textholzschnitten. Titel in Rot und Schwarz. [38] Bl., 1181, [23] S. Zweispaltiger Druck. Blindgeprägter Schweinslederband d. Z. über Holzdeckeln, Rücken über 6 erhabenen Bünden, mit je fünf gepuntzten Messingbeschlägen und 2 intakten Messingschliessen, Rotschnitt. Nürnberg, In Verlegung der Johann Andreä chf 2400.Endterischen Handlung, 1747. Die berühmte ‘Dilherr-Bibel’ in einem schönen Exemplar. Verlegt wurde sie vom EndterVerlag in Nürnberg, der zusammen mit dem in Lüneburg tätigen Stern Verlag den Markt für deutsche Bibeldrucke im 17. und 18. Jahrhundert dominierte. Von der seit 1615 im Verlagsprogramm geführten Lutherbibel druckte Endter bis zum Ende des 18. Jhdts. drei, in Format und Ausstattung unterschiedliche Ausgaben: die kleinformatige Saubert-Bibel (ab 1726 dann ‘Mörl-Bibel’ genannt), von 1641 bis 1768 die ‘Weimarer oder Kurfürsten-Bibel’ sowie ab 1656 die ebenfalls in Folio gedruckte Dilherr-Bibel, die bis 1788 mit ihren 32 Auflagen, mehr als die doppelte Zahl gegenüber der etwas opulenter ausgestatteten Kurfürsten-Bibel, das bei weitem erfolgreichste Produkt des Verlags darstellte. Nachdem 1746 Paulus Wolfgang Mann die Druckerei und den Verlag Endter übernahm, verlegte er bis 1788 die Bibelversion des Nürnberger Pfarrers und Rhetorikers Johann Michael Dilherr (1604-1669) noch sechs Mal. Wie die Kurfürsten-Bibel enthält sie Luthers Uebersetzung von 1522 in der Fassung letzter Hand von 1545, mit allen Vorreden des Wittenberger Reformators, die Bücher Esra 3, 4, Maccabäer 3, ferner alle Summarien des Korrektors Johann Saubert und als Kennzeichen aller Dilherr-Bibeln, Salomon Classius’ sogenannte ‘Nutzanwendungen’, mit Hinweisen des Seelsorgers auf eine christliche Lebensführung. Dazu die Register mit Ausnahme der massvergleichenden Tabelle, die vier Glaubensbekenntnisse und der Wortlaut der Augsburger Konfession. Die Dilherr-Bibel unterscheidet sich damit von der Weimarer- oder KurfürstenBibel nur noch durch das Vorwort Dilherrs von 1656 und durch die seit 1729 gleichbleibende Bildausstattung mit den beiden Titelblättern für das Alte und Neue Testament, dem Portrait Luthers (am Tisch sitzend), den fünf ganzseitigen Kupfern von Andreas Nunzer mit den 41 biblischen Personen und den fast 150 Text-Holzschnitten (75 x 135 mm), die nach Johann Jakob Sandrart von Elias Porzelius geschnitten wurden. – Gelegegentliche Bräunung und/ oder schwache Stock- oder kleine Wasserflecken, ein vorzügliches und komplettes Exemplar im ersten Einband. Bibliographie: Oertel, Die Frankfurter Feyerabend-Bibeln und die Nürnberger Endter-Bibeln, in: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg, Bd. LXX (1983), S. 75-116; Jahn, Die Weimarer Ernestinische Kurfürstenbibel und Dilherr-Bibel des Endter Verlags in Nürnberg (1986), S. 130; Schmidt, Die Illustration der Lutherbibel, 382 und Abb. 290-301. 30 — Biblia, das ist: Die gantze Heilige Schrifft ... von Martin Luther ... Samt einer Vorrede ... Johann Michael Dilherrns. 2 in 1 Bd. Folio (390 x 250 mm). Mit allegorischem Frontispiz, 1 ganzseitigen Portrait Martin Luthers, 7 ganzseitigen Kupferstichen von Andreas Nunzer und 144 Holzschnitten im Text nach Johann Jacob Sandrart geschnitten von Elias Porzel u.a.Titel in Rot und Schwarz. [36] Bl., 1181, [6] S. Index, [17] S. (Augsburger Confession). Blindgeprägter Schweinslederband d. Z. über Holzdeckeln, Rüchen über 5 erhabenen Bünden, mit Messingbeschlägen in den Ecken und im Zentrum beider Deckel (ohne die beiden Schliessbänder, Kanten etwas berieben). Nürnberg, In Verlegung Johann Andreä Endters Seel. Sohn und Erben, 1725. chf 1500.Schönes Exemplar im repräsentativen Einband der letzten von drei Dilherr-Bibel-Ausgaben, die in den zehn Jahren ediert wurden, in denen der Endter Verlag von Klara Katharina Endter, der Witwe von Georg Andreas Endter (1654-1717) geführt wurde. 1727 wird dann Georg Ernst Finkler neuer Eigentümer des Verlags und bestimmt, dass die Dilherr-Bibel danach mit neuen Illustrationen ausgestattet wird. “Die Dilherr-Bibel von 1725 behält das Lutherbild von 1720 bei, ändert aber das Thema der beiden Titelblätter und die Komposition der vier Evangelisten. Auf den Titelblättern zeigt ein Engel der Synagoge die Gesetzestafeln, der Ecclesia das Bild Christi. Das Titelblatt zum Alten Testament ist von A. Nunzer signiert, dessen Name hier zum ersten Mal auftaucht. In der Mitte der vier Evangelisten steht nicht mehr Christus, sondern halten drei Putten die Kanne und die Hostienschale des Abendmahles” (Hermann Oerel). Die nach dem verantwortlichen Herausgeber, dem Nürnberger Pfarrer und Rhetoriker Johann Michael Dilherr (1604-1669), benannte Dilherr-Bibel “garantierte den Endters die grössten Erfolge. Von 1656 bis 1788 erschienen mindestens dreissig Ausgaben. Sie bieten den reinen Text der Luther-Bibel fortlaufend, eignen sich demnach auch zum Vorlesen in der Familie und sind durch ihre in den Text eingestreuten zweispaltigen Holzschnitte Bilderbuch zugleich” (WLB). – Minimale Stockflecken, Besitzeintrag aus dem frühen 19. Jh. auf hinterem Vorsatz. Bibliographie: Stuttgarter Bibelsammlung III, S. 515f., Nr. E 1228; Oertel, Die Frankfurter Feyerabend-Bibeln und die Nürnberger Endter-Bibeln, in: Mitteil. des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg LXX (1983), S. 101; Jahn, Die Weimarer Ernestinische Kurfürstenbibel und Dilherr-Bibel des Endter Verlags in Nürnberg (1986), S. 130; Schmidt, Die Illustration der Lutherbibel, 382 und Abb. 290-301 31 — die ganze Heilige Schrift des Alten und Neuen Testamentes, verdeutscht durch Martin Luther mit nöthigen Summarien, samt beygefügten zahlreichen Parallelen versehen. Nebst einer Vorrede, von weyland Hrn. Joh[ann] Leonhard Frörreißen ... 8vo (183 x 110 mm). Mit Frontispiz, gestochen von Weis und diversen Holzschnitt-Vignetten. [4] Bl., 1306 S. (AT), 368 S. (NT), [2] Bl. Index. Zweispaltiger Druck. Grüner Maroquinband der Zeit mit reicher Goldprägung: Deckel mit breit geschwungener Spitzenbordüre aus floralen Einzelstempeln, die ebenfalls fünf der sechs Rückenfelder zieren. Titelschild in rotem Maroquin im zweiten Feld von oben, Stehkantenfileten, Kattunpapiervorsätze, Goldschnitt. Strassburg, Jonas Lorenz, 1775. chf 2400.Reizender Spitzen-Einband (à la dentelles) über der seltenen kleinformatigen Lutherbibel aus der Offizin von Jonas Lorenz, der von 1762 bis 1780 tätig war. Das Vorwort stammt vom Strassburger Theologieprofessor und Canonicus zu St. Thomae, Johann Leonhard Fröreissen III (1694-1761), der den Text 1735 niederschrieb. – Ein fleckenfreies Exemplar im Deluxe Einband. Bibliographie: Nicht in der Stuttgarter Bibelsammlung, Darlow/Moule oder Delaveau/Hillard. 32 BIBLIA HISPANICA – (FRANCO SERRANO, Joseph, tätig ca. 1620/1630, Übersetzer und Hrsg.). Los cinco libros de la Sacra Ley. Interpretados en lengua española, conforme a la divina tradición y comento de los mas célebres expositores. Con los seyscientos y treze preceptos, colocados cada uno junto al lugar donde Dios los prescrive, y en la forma que enseña la D. tradición recebida de Mosseh, y aprendida de nuestros sabios de gloriosa memoria. 4to (223 x 165 mm). [8] Bl., 708 S. [recte 710, Paginierung 302/303 wurden doppelt verwendet], 11, [11] S. (“Dinim tocantes à los Preceptos siguientes” und Index). Kalbslederband des 19. Jhs., mit Deckelbordüre in Blind- und Goldprägung, rotem Lederrückenschild, Stehkantenund Rückenvergoldung, marmorierte Vorsätze, gelber Schnitt. Amsterdam, En casa de Mosseh Dias, Año 5455 (=1695). chf 3500.Erstausgabe. Von Joseph Franco Serrano, dem langjährigen Leiter der Talmud-Tora Schule Ets Haim (Baum des Lebens) der sephardischen Gemeinde in Amsterdam ins Spanische übersetzten und kommentierten Pentateuch (die Fünf Bücher Mose, bestehend aus: Genesis, Exodus, Levitikus, Numeri und Deuteronomium). Als Grundlage diente die einflussreiche Ferrara-Bibel von 1553, die nicht in hebräischen sondern in lateinischen Buchstaben in Ladino, der traditionellen romanischen (Sakral-) Sprache der sephardischen Juden, gedruckt ist. Franco Serrano strebte keine wörtliche Uebertragung sondern vielmehr eine Interpretation der Tora an, in der Ueberzeugung, damit einem Laienpublikum das Verständnis der heiligen Schrift in der Sprache zu ermöglichen, die es auch verstand. Seine Scholien sind in einer kleineren Type im Rand gedruckt. Den grossen Erfolg von Serranos Bemühungen belegen die insgesamt vier Nachdrucke, die der Erstausgabe folgten. Verlegt wurde das aufwendig in verschiedenen Typen gedruckte Buch von dem zwischen 1680 und 1715 in Amsterdam wirkenden Moses ben Isaac Diaz, der 1697 (und erneut 1705) mit den ‘Meditaciones sobre la historia sagrada del Genesis’ auch als Autor reüssierte. – Mit zwei schmalen Bibliotheksstempeln auf dem Titel, auf drei Bl. zu Beginn vereinzelte kleine Braunflecken, ein vorzügliches, sauberes und komplettes Exemplar dieser Rarität. Bibliographie: Palau 94506; Fürst 289; Darlow/Moule 8482; Kayserling, Bibliotheca EspañolaPortugueza-Judaica (1890), S. 100; I. M. Hassán/A. Berenguer Amador, Introducción a la Biblia de Ferrara (1994), S. 260f. (“un magnifico texto”); K. Reinhardt, Bibelkommentare spanischer Autoren (1500-1700), Bd. I, S. 165; Ladron de Guevara/Salvador Barahona, Ensayo de un catalogo bio-bibliografico de escritores judeo-espanoles-portugueses del siglo X al XIX I (1983), S. 325, nn. 1369-71; R. Orfali, Observaciones sobre el Paráfrasis comentado del Pentateuco de R. Isaac Aboab da Fonseca y sus fuentes, in: eHumanista XX, S. 215f.; H. den Boer, La literatura sefardi de Amsterdam (1996), S. 367; Ders., La Biblia entre los judíos sefardíes de Amsterdam y otras colonias en Europa occidental, in: La Biblia en la literatura española II (2008), S. 324. 33 BIBLIA ITALICA – DIODATI, Giovanni (1576-1649). La Bibbia, cioe’, i libri del vecchio e del nuovo testamento. Nuovamente traslatati in lingua italiana da Giovanni Diodati di nation Lucchese. 3 Teile in 1 Band. 4to (255 x 185 mm). Titel mit Holzschnitt-Druckermarke, [2] Bl., 847 S. (Vecchio Testamento), 178 S. (Apocrifi), [1] leeres Bl., 314 S. (Nuovo Testamento), ohne das letzte leere Bl. Pergamentband d. Z. mit Blindprägung, Deckel mit Fileten und Eckfleurons, im Zentrum grosses ovales Arabeskenmedaillon Schliessbänder erneuert. [Genève, Jean de Tournes], 1607. chf 3800.Erstausgabe von Diodatis berühmter erster protestantischer Bibelübersetzung auf Italienisch. Der in eine wohlhabende, aus Lucca nach Genf eingewanderte protestantische Familie geborene Giovanni Diodati schloss 1596 sein Theologiestudium an der Académie mit einer Doktorarbeit über die Bibel (De sacra scriptura) ab. Bereits im darauf folgenden Jahr wurde er durch den Genfer Reformator Théodore de Bèze (1519-1605) als Professor des Hebräischen an die 1559 gegründete Genfer Académie berufen. Nach Bezas Tod folgte ihm Diodati auf dem einflussreichen Lehrstuhl für Theologie und wurde zu einer wichtigen Stützte der calvinistischen Orthodoxie. Diodati war ein hoch talentierter Sprachwissenschatler von seltener Gewandtheit und vom Wunsch beseelt, eine klare und getreue italienische Übersetzung der Heiligen Schrift aus den Urtexten zu schaffen. Bereits im November 1603 stellte er seine italienische Version der Genfer Pfarrerschaft vor, gedruckt lag sie aber erst vier Jahre später vor. Der fast halbseitengrosse ovale Titelholzschnitt, Jean de Tournes’ Druckermarke, stellt das Gleichnis Jesu vom Sämann dar, der die Botschaft Gottes ausstreut (Markus 4.14). Während die ‘Diodati-Bibel’, vor allem auch wegen der kühnen Randglossen, von den italienisch-orthodoxen Katholiken abgelehnt wurde, benutzen sie die Zürcher Theologen für ihre Bibelrevision von 1665/67. Die Ausgabe bietet die Deuterokanonischen Schriften (Apokryphen) zwischen dem Alten und Neuen Testament sowie knappe erklärende Anmerkungen am Rand. Jedes Buch und jedes Kapitel enthält eine kurze zusammenfassende Einleitung, im Vorspann zu den apokryphen Schriften wird kurz die Stellung dieser Bücher in den protestantischen Kirchen erklärt. – Stellenweise schwache Feuchtspur im Kopfsteg, gegen Schluss etwas stärker, vereinzelte unbedeutende Wurmlöcher; insgesamt von vorzüglicher Erhaltung. Provenance: Balthasar Stange, Rektor des Gymnasiums in Zerbst, geboren zu Nienburg a. d. Saale 1644, mit dessen Besitzeintrag auf Titel datiert 1696 und einem mehrzeiligen Schenkungseintrag mit einem Distichon an seinen Neffen B. F. Stange auf dem Spiegel des Hinterdeckels, datiert 10. Juni 1726. Bibliographie: Darlowe/Moule 5598; Lüthi 58f.; Cartier II, 731; ICCU (Online Kat.) 001662; E. Campi, Die Bibel der Flüchtlinge, in: Joerg/Hoffmann, Die Bibel in der Schweiz (1997), S. 247f.; McComish, The Epigones (1988), S. 6, Nr. 2 und S. 167f.; Leemann-van Elck, Die Bibelsammlung im Grossmünster zu Zürich (1945), Nr. 61. 34 BIBLIA LATINA – ERASMUS VON ROTTERDAM, Desiderius (14691536). Novi Testamenti aeditio postrema, ... cum scripturae concordantijs. omnia picturis et novo indice illustrata. Accesserunt etiam nova capitum argumenta, elegiaco carmine, per Rodolphum Gualterum. Kl.-8vo (177 x 110 mm). Titel und Kalenderteil in Rot und Schwarz. Mit 128 halbseitigen Holzschnitten im Text nach Tobias Stimmer, 12 kleineren Holzschnitten im Kalenderteil sowie einigen Holzschnitt-Initialen. [24], 367 Bl., 1 leeres Bl., [18] Bl. Register. Blindgeprägter Schweinslederband d. Z. über 5 erhabenen Bünden, mit 1 Schliesse (von 2, Schliessband alt restauriert). Frankfurt am Main, Weigand Han, 1560. chf 4800.Schönes Exemplar dieser handlichen Oktavausgabe von Erasmus’ höchst einflussreicher Uebersetzung des Neuen Testaments, zuerst 1516 bei Johann Froben in Basel gedruckt. Erasmus’ Uebersetzung voran setzte Weigand Han das Kalendarium in Rot und Schwarz sowie die bereits früher erschienene Lobrede auf den in Basel gestorbenen Erasmus durch den Zürcher Theologen Rudolf Gwalther (1519-1586). – Auf Titel der hs. Name des Diakons Heinrich Zinck (1564-1648) und im Spiegel der lateinische Vermerk von ihm sowie auf Vorsatz einige Notizen von anderer Hand. Bibliographie: VD 16, B-4294; Vander Haeghen II, 62; Meyers 159-160; Klöss, Der Frankfurter Drucker-Verleger W. Han und seine Erben, in: Archiv für Geschichte des Buchwesens II (1960), S. 352, Nr. 84. Nicht in Bezzel und De Reuck. 35 BIBLIA RETOROMANICA – La Santa Biblia quei tut la soinchia Scartira, ner Tuts ils Cudisch’s d’ilg Vedera Nief Testament, Cun ils Cudischs Apocryphs. Mess giu ent ils ganguaig rumonsch da la Ligia grischa tras Anchins Survients d’ilg Plaid da Deus d’ils Venerands Colloquis Sur-a Sut ilg Guault ... [Peter Saluz, Martin Nicolaus Anosi e Christian Caminada (V.T.) e Steffan e luci Gabriel (N.T.). Folio (363 x 240 mm). Titel in Rot und Schwarz. Mit 2 Titelvignetten in Holzschnitt (Wappen der drei Bünde), 2 Metallschnitt-Bordüren zu den Propheten und zum NT sowie einigen Zierstücken in Holzschnitt. [16], 554 S.; 3-364 S.; [4], 230 S. Zweispaltiger Druck. Schweinslederband d. Z. mit reicher Blindprägung, mit 9 (von 10) ziselierten Messingbeschlägen, 1 Messingschliesse (von 2, Buchblock gelockert, kurzer Einriss unten im Rückenbezug). Chur, Andreas Pfeffer, (1717-) 1718. chf 1200.- Erste vollständige rätoromanische Bibel in romanischer oder oberländischer Mundart, erschienen “als ein ehrwürdiges Denkmal vereinter Kräfte” (Karl J. Lüthi-Tschanz) und seltenes Beispiel der frühen Churer Typographie. Bereits im Jahr 1713 von der evangelischen Synode beschlossen, wurde auf Grund der Ursprachen und unter Beizug der zürcherischen, italienischen, französischen und ladinischen Fassungen die Uebersetzung in Angriff genommen. Das Alte Testament wurde von den drei protestantischen Geistlichen Peter Saluz, Martin Nicolaus Anosi und Christian Caminada übersetzt, für das Neue Testament, die tatsächlich zuerst gedruckt vorlag, übernahm Steffen Gabriel die Verantwortung, wobei er nahezu unverändert die Fassung Luci Gabriels von 1648 übernahm. Gedruckt wurde die Bibel in der Offizi des 1707 aus Frankfurt am Main nach Chur gekommenen Andreas Pfeffer, der aber den Uebersetzern den verdienten Lohn für ihre immense Leistung schuldig blieb. So soll denn Peter Saluz bei diesem Bibeldruck “grosse Verluste erlitten haben, da er die versprochene Hilfe nicht fand” (Karl J. LüthiTschanz). Wie bei den allermeisten erhaltenen Exemplaren fehlt auch hier die auf Französisch gedruckte vierseitige Widmung des Buchdruckers an den englischen König, der ihm (und den Uebersetzern) ein Geschenk von 50 Guineen übermittelte, das Pfeffer aber ganz für sich behielt. Diese Foliobibel fand im gesamten Bündner Oberland weite Verbreitung und wurde in Bezug auf Sprache und Orthographie zu einem Vorbild. – Ohne das Erratablatt am Schluss, die vier Seiten mit der Widmung an König George I. von England wurden erst 1719 gedruckt und fehlen wie in den meisten Exemplaren auch hier. Der König zeigte sich übrigens erkenntlich und überwies die Summe von fünfzig Guineas an den Drucker Andreas Pfeffel. Dieser erachtete die gesamte Summe als sein Eigentum und wurde deshalb von den Bearbeitern eingeklagt, allerdings ohne Erfolg. – Auf Titel und dem ersten Textblatt Wasserrand im Innensteg, Spiegel des Vorderdeckels mit Notizen von alter Hand (mit Klebespuren), stellenweise etwas gebräunt. Bibliographie: Darlow-Moule 7700; Strehler-Bornatico 105f.; Bornatico: L’arte tipografica nelle Tre Leghe..., 130-132; Biblia Retorumantscha, 499; Lüthi 66; Leemann-van Elck, Bibelsammlung Zürich, 64; Lüthi-Tschanz, Die Romanischen Bibelausgaben im 16., 17. und 18. Jh. (1917), S. 38ff. 36 BIDERMANN, Jakob (1578-1638). Utopia didaci Bemardini, ... sales musici, quibus ludicra mixtim & seria litteratè ac festivè denarrantur. [Edited by Georg Stengel]. 12mo (130 x 80 mm). [10], 396 S. [recte 394, Seitenzählung springt von 182 auf 185], 1 Bl. Brauner Kalbslederband d. Z. mit unidentifiziertem deutschem Wappen in Goldprägung, Rückenvergoldung, Goldschnitt (vereinzelte Wurmlöcher im Rücken). Dillingen, Formis Academicis, 1644. chf 1800.Prächtiger deutscher Wappeneinband über der Titelauflage von Bidermanns einzigem Roman. Wie auch alle seine Dramen, erschien der Text erst postum 1640, ediert vom Rektor der Dillinger Universität, Georg Stengel (1585-1651). Die satirische Beschreibung eines negativ gewerteten Schlaraffenlandes, verfasst als Warnung und zum moralischen Nutzen der Studenten der Jesuitenkollegien, fand dann 1677 in Christoph Andreas Hörls Bacchusia oder Fassnacht-Land einen Plagiator, der seine Uebertragung als ureigenes literarisches Werk darstellte. Der dänische Dramatiker und Aufklärer Ludvig Holberg entlehnte aus Bidermanns Buch diverse Motive für seine Lustspiele und mehrere barocke “Predigtmärlein” schöpften freizügig aus Bidermanns Fabelschatz. – Hs. Name “Francisq de Ruffin” von alter Hand auf Titel, ein sauberes Exemplar in einem Prachteinband. Provenance: Hs. Eintrag des 17. Jhs. von Francisq de Ruffin auf Titel. Bibliographie: Gibson/Patrick 627; Dünnhaupt I, 43.2; De Backer/Sommervogel I, 1453; Negley 1282; VD 17 (Online Kat.) 23:243610B. Die Ergriffenheit vor der erhabenen Bündner Bergwelt 37 BLEULER, Johann Ludwig (1792-1850). “Premiere source du Rhin posterieur “. Original-Aquarell, mit breitem, grau gouachierten Rand, in der rechten oberen Ecke hs. Nr. 2, unten rechts hs. signiert “ par Louis Bleuler à Schafhouse “. Bildgrösse: ca. 318 x 474 mm, inklusive Rand ca. 420 x 570 mm. Gerahmt (458 x 608 mm). (Schaffhausen, 1826/27). chf 4800.Bleulers nicht erhaltene Vorzeichnung zu seinem vorliegenden Original-Aquarell des Quellgebiets des Hinterrheins entstand auf der zweiten seiner beiden Rheintalreisen, die er – zeitweise in Begleitung des Benediktiner Paters Placidus a Spescha [bürgerlich Julius Baptista Spescha (1752-1833)] – in den Jahren 1817 und 1818/1819 unternahm. Die weitere Ausführung oder Nachbearbeitung seines zum “Grossen Rheinwerk” in achtzig AqatintaBlättern (1827-1829) zählenden Blattes nahm Bleuler dann aber, durch die Lebensumstände bedingt, erst Ende 1826 oder Anfang 1827 in seinem Schaffhauser Atelier in Angriff. Das herausragende Merkmal von Louis Bleulers Blättern “besteht in der zeichnerischen Akribie, mit welcher alle wesentlichen Landschaftselemente korrekte Wiedergabe ist”. Seine malerischen Aufnahmen wurden mehrheitlich ohne grössere Variationen in die druckgraphische Folge umgesetzt. Bleuler schuf also nahezu ideale Vorlagen für das Rheinwerk” (Werner Rutishauser in: Die Bleuler und der Rhein, S. 52). In dem von Aloys Wilhelm Schreiber (1763-1841) verfassten Begleittext zur Druckversion unserer wunderbaren Vedute heisst es: “Die Ansicht ist hier gross und schauerlich zugleich. Das Geheimnisvolle und die Schrecknisse der leblosen Natur in den Alpenländern üben eine furchtbare Macht aus über das Gemüth des Menschen, und er muss die Reflexion zu Hilfe nehmen, um zu dem reinen Gefühl des Erhabenen zu gelangen, welches in diesen majestätischen Szenereien der Schöpfung seinen eigentlichen Sitz hat”. Der Künstler verewigte sich denn hier gleich selbst als kleine Staffagenfigur unten links, mit unter den Arm geklemmter Zeichenmappe, im “Gefühl des Erhabenen” vor der gewaltigen Eismasse verharrend. Bibliographie: Vgl. Ausstellungskat. Die Bleuler und der Rhein (1997), vgl. S. 53f. und Abb. Nr. 17. 38 BOCCALINI, Traiano (1556-1613). De’ ragguagli di Parnasso. Centuria prima [-seconda]. 2 Bde. 4to (222 x 167 mm). [8], 478 S., 1 leeres Bl., [40] S. Index; [14], 453 S., 1 weisses Bl., [20] S. Index. Moderne Halbpergamentbände, mit Rückenschild. Venezia, P. Farri (Bd. I) und B. Barezzi (Bd. II), 1612-13. chf 2400.Erstausgabe. Politisch-satirisches Meisterwerk des römischen Dichters Traiano Boccalini, der darin die Realität seiner Zeit in einem imaginären Idealstaat widerspiegelt. Seine gegen den spanischen Absolutismus gerichtete Essaysammlung in Form allegorischer Erzählungen besteht aus zweihundert ‘Nachrichten’, von denen der Autor behauptet, er habe sie als Korrespondent vom Parnass, vom Hof Apolls, erhalten. Dort berät das aus grossen Männern aller Völker und Zeiten bestehende Parlament über moralische, politische und literarische Fragen. Boccalinis Werk übte auch grossen Einfluss auf die zeitgenössische deutsche Literatur aus, so u.a. auf Andreae, Harsdörffer und Schupp. Eine heute als offizieller dritter Teil geltende Fortsetzung durch Girolamo Briani (1581-1646) aus Modena erschien 1614. – Hs. Name auf beiden Titeln, kleine Wurmspuren im Falz und Fusssteg der Lage R des ersten Bandes, ein sauberes Exemplar. Provenance: Vittorio Turco Ven[etiano?], contemp. ms. entry on title. – Franz von PollackParnau (1903-2002), bookplate. Bibliographie: Negley 119-120; STC, (Italian), 119; Gamba 1802; Gibson/Patrick 631; A. Buck, Traiano Boccalini als Zeitkritiker, in: Buck/Klaniczay, Das Ende der Renaissance. Europäische Kultur um 1600 (1987), p. 37f. 39 BOEHME, Jacob (1575-1624). Theosophia revelata. Das ist: Alle Göttliche Schrifften Des Gottseligen und Hocherleuchteten Deutschen Theosophi Jacob Böhmens ... In Beyfügung des Autoris J. B. erweiterten Lebens-Lauffes und nöhtigen Registern. [Edited by Johann Otto Glüsing]. 4to (248 x 197 mm). Mit 3 (statt 4) Kupfertafeln (Das Rad der Natur; Die philosophische Kugel und Plan von Görlitz), radiert von Michael Andreae, 1 Textkupfer und 1 Kopfvignette. Titel in Rot und Schwarz. [4] Bl.., 2174 Kolumnen, (die Kol. 2175-2176 unbedruckt); Titel, Kolumnen 2177-3928; 100 Kolumnen (“De vita et scriptis”), [62] Bl. Pergamentband d. Z., Rotschnitt. [Hamburg, Hermann Heinrich Holle?], Gedruckt im Jahre der chf 1800.Verkündigung des grossen Heyls 1715. Schönes und bis auf das fehlende Portrait auch komplettes Exemplar der von Johann Georg Gichtel (1638-1710) begonnenen Gesamtausgabe der Schriften Jacob Böhmes in einem umfangreichen Pergamentband. Die Edition wurde nach Gichtels Ableben im Auftrag J. W. Ueberfelds (1659-1732) vom Hamburger Theologen Johann Otto Glüsing (1675-1727) redigiert. Im Geschichtsbild des Alten und Neuen Testaments – der Hoffnung auf den jüngsten Tag – lebt die Dynamik zu utopischer Gestaltung. Diese spirituale Utopie suchte die Verweltlichung der Kirche durch Erneuerung urchristlicher Ideale zu überwinden. Der Millenarismus, d.h. der Glaube an ein 1000-jähriges Friedensreich vor dem Ende der Weltzeit, wird auch als Chiliasmus bezeichnet. Die Säkularisierung des Gedankens findet sich in vielen Utopien. “The millenarian Quirinus Kuhlmann (1651-1689) found the basis of his speculation on history in the works of Jacob Böhme. He compiled Böhme’s prophecies and related them to his own time in such a way that they seemed to be a confirmation of his speculation and its universal pretension ... He tried to convince the princes in Germany as well as the theologians of the German universities that Germany had been chosen to prepare the world for the Final Judgment and for the universal renewal to take place in the ‘Fifth Monarchy’” (Klaus Vondung in: S. A. McKnight, S.120). Bedeutend war Böhmes Einfluss auch auf das Denken von Georg Wilhelm Friedrich Hegel, der eine Gesamtausgabe der Werke Böhmes von seinem früheren holländischen Studenten van Ghert erhalten hatte. Im Ganzen folgt diese Edition der Amsterdamer Ausgabe von 1682, welche wiederum auf den Handschriften gründet, welche der Amsterdamer Kaufmann Abraham Willemszoon van Beyerland zusammengetragen hatte. Als Hauptquelle diente Johann Georg Gichtels Handexemplar der ersten Gesamtausgabe. Neu hinzugekommen sind auch fünfundzwanzig Briefe von Böhme an Christian Bernhard, die in Frankfurt am Main im Nachlass des schwedischen Agenten in Amsterdam, Michael Le Blon, aufgetaucht waren. In den Anhang aufgenommen sind die biographischen Berichte, “vermehrt um zwei besonders auch in bibliographischer Hinsicht wichtigen Kapitel” (Werner Buddecke). Finanziert wurde die in Hamburg gedruckte Ausgabe vermutlich durch den Kaufmann Poppe, “jedenfalls spricht die schöne Ausstattung dafür, dass besondre Mittel vorhanden waren” (W. Buddecke). – Es fehlt das Portrait-Frontispiz, schmaler Fleck in der unteren Ecke einiger Bl., sonst von vorzüglicher Erhaltung. Bibliographie: Buddecke, Die Jakob Boehme-Ausgaben I (1937), p. 12f.; McKnight, Science, Pseudo-Science, and Utopianism in Early Modern Thought (1992), p. 120 and 152f.; Caillet 1288bis. With the woodcuts of the Lamentation and the Crucifixion 40 BONAVENTURA, SANCTUS (Pseudo-). [Meditationes vitae Christi]. Devotissime B. Bonaventure Cardinalis meditationes. [Auf Bl. H8r-9r: Versiculi arboris vite christi sowie auf H9r-v (ein Auszug aus Bonaventuras Lignum vitae); Canticum de sanctissimo nomine Jesu Christi von Johannes de Peckham]. Kl.-8vo (140 x 95 mm [Papierformat]). Mit halbseitigem Titelholzschnitt der Pietà (59 x 63 mm), ganzseitiger Kreuzigungszene in Holzschnitt (118x79 mm) auf Titel verso und einer schwarzgrundigen Initiale im Text. [3], 90 [recte 62, Bll. 25, 60 und 62 irrig foliiert], Bl., 1 leeres Bl. [A-G8, H10). Zweispaltiger Druck. Moderner hellbrauner Kalbslederband über 4 erhabenen Bünden (148 x 100 mm), Deckel mit Goldfilete, Stehkantenvergoldung, Goldschnitt. (Venezia, Manfredo Bonelli, 14 Dicembre 1497). chf 4800.Mit zwei feinen Holzschnitten geschmückte, kleinformatige venezianische Inkunabel, auf dem Titel die Pietà und verso die ganzseitige Kreuzigungszene mit Maria und dem Apostel Johannes. Das für eine Klarissin geschriebene und jahrhundertelang dem hl. Bonaventura [eigentlich Giovanni di Fidanza (1218-1274)] zugeschriebene Werk, wurde als eines der populärsten religiösen Volksbücher des Spätmittelalters erstmals 1468 in Augsburg gedruckt. Die Verfasserschaft wird zuweilen auch dem in der Toskana wirkenden, spirituellen franziskanischen, Schriftsteller Johannes de Caulibus zugeschrieben. Der weitverbreitete Text beeinflusste nachhaltig das religiöse Leben und die Kunst, besonders die Malerei und diente als Quellenwerk und Vorbild für viele Schriftsteller. Der zwischen 1491 und 1516 in Venedig wirkende Druckerverleger Manfredo Bonelli (auch Manfredo di Monteferrato) nahm für seinen zweispaltigen Druck wohl die 1491 von Francesco Girardengo und Giovanni Antonio Birreta in Pavia gedruckte Edition als Vorlage, zumindest verwendete er hier die selben beiden anmutigen Holzschnitte. – GW verzeichnet zwei geringfügig im Kolophon voneinander abweichende Druckvarianten. – Wenige Notizen von alter Hand auf dem letzten leeren Blatt. Bibliographie: GW 4758 (Variante); Goff B 899; HC 3562*; Polain(B) 4090; Essling 414; Sander 1187; IGI 1901; Voullième (B) 4380; BM V 505; BSB-Ink B-684. 41 BONBRA, Franz David (1577-1638). Ars belli et pacis, sive de bello feliciter gerendo, et pace firmiter stabilienda. Libri duo. Ad praesentem rom. imperii statum accomodati, ex eiusdem recessibus & ordinationibus publicis, singulariter vero ex nupera pragensi pacificatione, veterumq[ue] insuper ac recentiorum sententiis & historiis illustrati ... 2 in 1 Bd. Folio (304 x 194 mm Papiergrösse – Gesamtgrösse: 310 x 210 mm]). Mit allegorischem Kupfertitel von und nach Wilhelm Frommer. [8] Bl. (letztes leer), 290 S., Titel, 159, [23] S. Index. Text durchgehend innerhalb einfacher Linienbrodüre gedruckt. Brauner Kalbslederband d. Z. über 5 erhabenen Bünden, Deckel mit fein ornamentiertem Doppelrahmen in Trapezteilung, die Ecken mit Fächermotiv und im Zentrum Raute mit leergelassenem kleinem Oval, Rückenvergoldung, Goldschnitt. Straubing, Simon Gallus [=Haan oder Hahn], 1643. chf 3500.Prachtexemplar im fein ornamentierten Deluxe-Einband der Zeit. Franz David Bonbra wurde mit seinem noch in den Wirren des Dreissigjährigen Kriegs veröffentlichten kriegsund rechtswissenschaftlichen Werk zu einem den frühesten Rezipienten von Hugo de Groot, dessen epochales Rechtswerk ‘De jure belli ac pacis’ (Über das Recht des Krieges und des Friedens) 1625 in Paris erschienen war. Kennengelernt hatte der bayerische Regiments- und Hofrat die Ueberlegungen des Holländers während seines Studiums bei Christoph Besold in Ingolstadt. Nebst den Werken seines Lehrers führt Bonbra auch die einschlägigen Schriften von Petrus Aerodius, Alberico Gentili, Johannes Althusius, Justus Lipsius, Balthasar de Ayala, Petrus Gregorius Tholosanus und Jean Bodin an. Im ersten Teil gibt er eine Definition des Krieges und seiner Ursachen, wobei er in der Frage, ob der Bürger die Teilnahme am Krieg verweigern dürfe, nicht Hugo de Groot folgt, sondern seinem Lehrer Besold den Vorzug gibt, der festgestellt hatte, dass es für einen Untertan nie einen Grund gibt, nicht an einem Krieg – und sei es auch ein Bürgerkrieg – teilzunehmen, wenn der Krieg aus Sicht des Herrschers gerechtfertig sei. Der zweite Abschnitt behandelt vor allem die staatsrechtlichen und politisch-diplomatischen Belange und bietet u.a. Ueberlegungen zur neutralen Stellung gegenüber kriegführenden Parteien. Das wunderbare Frontispiz schuf Wilhelm Frommer und zeigt eine Allegorie auf Krieg und Frieden (Hollstein IX, 18, 1). – Hs. Namen auf Spiegel sowie lateinische Notiz ‘Liber rarus et parum cognitus’ von alter Hand des Joan. Christoph Tenner (1761-1824?), auf Vorsatz. Bibliographie: Paisey B-1828; VD17 (Online Kat.) 23:230639S; Jähns II, 970; Edgar Müller, Hugo Grotius und der Dreißigjährige Krieg – Zur frühen Rezeption von De jure belli ac pacis, in: The Legal History Bd. LXXVII (2009), S. 499f.; Asch, Wo der Soldat hinkömbt, da ist alles sein: Military Violence and Atrocities in the 30 Years War Re-examined, in: German History XVIII (2008), 292. 42 BOSSE, Abraham (1604-1676) und Girard DESARGUES (1593-1661). Manière universelle de Mr. Desargues, pour pratiquer la perspective par petitpied, comme le geometral. Ensemble les places et proportions des fortes & foibles touches, teintes ou couleurs. Kl.-4to (215 x 140 mm). Mit Frontispiz, 1 ganzseitigen Widmungskupfer mit Wappen (A Monseigneur Michel Larcher), 2 ganzseitigen Titelkupfern sowie 158 beidseitig auf 81 Tafeln gedruckten Kupfern. [8] Bl., 342 (recte 334), [2] S. Lederband d. Z. über 5 erhabenen Bünden, mit Rückenvergoldung (defekter Rücken hinterlegt, Ecken restauriert). Paris, Pierre Des-Hayes, 1647. chf 1800.Erstausgabe. Als Schüler des Mathematikers und Architekten Girard Desargues wurde A. Bosse zum wichtigsten Propagandisten von dessen Methoden und Erkenntnissen, die er aus der fruchtbaren Zusammenarbeit mit René Descartes gewann. 1636, ein Jahr vor Descartes’ Discours de la méthode, liess Desargues sein Buch zur Zentralperspektive (Exemple d’une des manières universelles) erscheinen, das aber bei den Fachgenossen auf Unverständnis stiess. Aus Verbitterung darüber verzichtete Desargues deshalb ab 1640 auf weitere Veröffentlichungen. Stark erweitert und verschwenderisch illustriert, verlegte schliesslich Abraham Bosse das Werk von Desargues erneut und liess im Anhang erstmals Desargues’ “Satz über die Aequivalenz von Zentralperspektivität und Achsenperspektivität” drucken. Die Manière universelle de Mr. Desargues vermittelt praktische Anweisungen, für die neue Perspektivlehre und ihre Anwendung ist wesentlich, dass sie durch natürliche Eindrücke, die der Maler in der Natur empfängt, die Praxis stützt und die Theorie ergänzt. Gelehrt wird unter anderem auch, dass Farbmodulationen mit der unterschiedlichen Beschaffenheit der Luft korrespondieren. Ausserdem wird hier die Einbildungskraft des Künstlers zum Postulat in Verbindung mit der Perspektivtheorie erhoben. Abraham Bosse und die mit ihm befreundeten Girard Desargues und René Descartes stellen gleichermassen geistige und praktische Mitstreiter für die fortschrittliche wissenschaftliche Behandlung der Gegenstände in der Malerei dar, wie sie Nicolas Poussin, der Maler des klassizistischen Barock, umsetzte. Zu den viel häufiger vorkommenden Ausgaben mit Datum von 1648 vermerkt der Katalog der British Architectural Library: “A probably sizeable portion of the edition was issued with a variant titlepage dated ‘M.DC.XLVIII.’, some copies of which were later sold with a cancel slip pasted over the imprint reading ‘A Paris, Rue St. Jacques, Chez Claude Jombert, ... the original date still showing. Such copies were almost certainly issued in the 1720s” (BAL). – Exemplar ohne die Portrait-Tafel des Widmungsempfängers Michel Larcher, zu Beginn und gegen Schluss Braunflecken im Innensteg unten, im Aussensteg minimal gebräunt und vereinzelt stockfleckig. Bibliographie: Vagnetti EIIIb44; BAL I, 338; Andersen, The Geometry of an Art (2007), S. 460; Fowler 56. 43 [BOSSE, Abraham (1604-1676)]. Le peintre converty aux précises et universelles règles de son art. Avec un raisonnement abregé au sujet des tableaux, bas-reliefs et autres ornemens que l’on peut faire sur les diverses superficies des bastimens. Et quelques advertissemens contre les erreurs que des nouveaux écrivains veulent introduire dans la pratique de ces arts. Kl.-8vo (180 x 112 mm). Mit allegorischem Frontispiz und 1 ganzseitigen Widmung (“aux curieux de l’art”) in Kupferstich. [4] Bl., 23, 72 S., [10] Bl. Marmorierter Kalbslederband d. Z. über 5 erhabenen Bünden, mit ornamentaler Deckelbordüre in Goldprägung, Rücken- und Stehkantenvergoldung, Goldschnitt. Paris, par A. Bosse, (Décembre) 1667. chf 1500.Erstausgabe. Bosse, der sich neben seinen graphischen Werken vor allem auch der Theorie der Perspektive widmete, war im Gründungsjahr der Académie royale de peinture et de sculpture (1648) zum ausserordentlichen Professor für Geometrie und Perspektive ernannt worden. Er geriet dann aber wegen seiner Perspektivlehre, die im Gegensatz stand zu der vorherrschenden, besonders von LeBrun und Errard vertretenen Theorie, in Streit mit der Institution, die ihn schliesslich 1661 ausschloss. Bosse hielt nichtsdestotrotz unbeirrt an den Lehrsätzen seiner ‘logique linéaire’ fest, die er auch hier verteidigt. Das vom Verfasser selbst stammende Frontispiz zeigt den ‘bekehrten Maler’ knieend vor der Figur der Veritas, die ihm als Standbild auf einem hohen Sockel erscheint und ihn mit ihren Strahlen erleuchtet. – Hs. Name auf Vorsatz, ein vorzügliches Exemplar. “The best account we have of the Asante state at the height of its power” 44 BOWDICH, Thomas Edward (1790-1824). Mission from Cape Coast Castle to Ashantee, with a Statstical Account of that Kingdom, and Geographical Notices of other Parts of the Interior of Africa. 4to (275 x 215 mm). Mit 2 (1 gef.) Kupferstichkarten, 1 handkolorierten, mehrfach gefalteten Kupfertafel (mit Leinen hinterlegt), 5 (1 gef.) handkolorierten Aquatinta-Tafeln nach Vorlagen von Bowdich zur Architektur, 1 handkolorierten Kostümtafel, 1 gef. Kupfertafel (Faksimile eines Briefs), 1 lithographierten Plan von Kumasie sowie 3 Tafeln mit gestochener Musik. VIII S., 1 Bl., 512 S. Kalbslederband des 19. Jhs., Deckel mit Goldfilete, Rückenvergoldung und Rückenschild. London, (W. Bulmer für) John Murray, 1819. chf 1900.Erstausgabe. Der berühmteste und beste Bericht über das westafrikanische Aschanti-Reich auf dem Höhepunkt seiner Macht. Den prägenden Kontakt mit Afrika verdankte Bowdich seinem Onkel James Hope-Smith, von 1817 bis 1822 Gouverneur der britischen Niederlassungen an der afrikanischen Gold-Küste (heute Ghana). Er verschaffte dem jungen Mann einen Sekretärposten bei der African Company of Merchants. Im Auftrag der britischen Regierung reiste Bowdich 1817 in einer vierköpfigen Delegation unter Führung des Gouverneurs von Fort Accra, Frederick James, nach Dahomey, um einen Friedens- und Handelsvertrag mit Osei Bonsu (1779-1824), dem charismatischen König des im 17. Jahrhundert gegründeten Aschanti-Reichs auszuhandeln. Dieser erste Vertrag zwischen dem Britischen Empire und einem afrikanischen Herrscher wurde nach der frühzeitigen Rückreise Frederick James’ nach Accra, vom jungen Bowdich erfolgreich abgeschlossen. Während des monatelangen Aufenthalts in Kumasi und Umgebung, begann der an der Kultur und Musik der Einheimischen Gefallen findende Bowdich, Kunsthandwerk zu erwerben, das er später dem British Museum schenkte. Unmittelbar nach der Rückkehr nach London 1818 begann die Niederschrift des Reiseberichts. Für das europäische Publikum eröffnete Bowdichs Buch den Blick in eine bis dahin unbekannte neue Welt. Ausführlich portraitiert wird die Hauptstadt Kumasi und Umgebung, auch das vor der Rückkehr nach Europa besuchte Gabun sowie das Ogowe-Land werden hier erstmals beschrieben. Auch förderte das Werk die geographischen Kenntnisse über den NigerStrom, nach Nil und Kongo der drittlängste Afrikas. Innerhalb eines Jahres erschien von Bowdichs ‘Mission form Cape Coast Castle’ sowohl eine französische als auch eine deutsche und dänische Uebersetzung. – Etwas gebräunt, stellenweise bestaubt und/oder braunfleckig, die grosse Falttafel “The first day of the Yam custom” wurde zur Verstärkung auf Leinen montiert, ein gutes und komplettes Exemplar mit allen Kupfern. Bibliographie: Abbey, Travel in Aquatint, 279; Tooley 95; P. D. Curtin, The Image of Africa. British Ideas and Action 1780-1850 (1964), 211 und 169; Henze I, 330f.; McCaskie, State and Society in Pre-Colonial Asante (1995), 430f. ; McLeod, The Asante (1981); Ders,, ‘T.E. Bowdich: an early collector in West Africa’ in: Collectors and collections, BM Yearbook No. 2 (1977), S. 79ff. 45 BRAUNSCHWEIG-LÜNEBURG, August Wilhelm, Herzog von (16621731) – DREISSIGMARK, Philipp Ludwig (1676-1750). Als die Fürstliche Leiche des weyland Durchlauchtigsten Fürsten und Herrn, Herrn August Wilhelm, Regierenden Herzogs zu Braunschweig und Lüneburg ... Mit 1 gefalteten Portraitkupfer, nach B. C. Francke gestochen von Johann Georg Wolfgang und 1 emblematischen Kopfvignette. 30 S. – [Angebunden:] II) SCHILLING, Peter. Der herrliche Vorzug wahrer Christen für andern Menschen ... In einer Gedächtniss-Predigt vorgetragen. Mit 2 grossen, mehrfach gefalteten Kupfertafeln (Bronzesarkophag), von und nach J. G. Wolfgang gestochen und 1 Kopfvignette. 24 S. – [Und:] III) HAGEMANN, Johann Georg. Christliche Leich-Predigt über die Worte Pauli: Unser keiner lebt ihm selber, unser keiner stirbt ... (Dabei:) Personalia ... (und) Beschreibung Des Ceremoniels Und Leichen-Comitats bey Beerdigung des ... Fürsten ... Herrn August Wilhelms, Herzogen zu Braunschweig und Lüneburg. Mit 2 gefalteten Kupfertafeln (Innenansichten des mit 69 Emblemen geschmückten Castrum Doloris) und 1 Kopfvignette. [3] Bl., 34, 28 S., [12] Bl. – [Und:] IV) WEICHMANN, Christian Friedrich. Musicalische Kirchen-Andachten, welche bey der Abführung und dem Begräbniß ... Herrn August Wilhelms, Herzogs zu Braunschweig und Lüneburg, etc. in der Schloß-Kirche ... zu Wolfenbüttel von der Fürstl. Capelle daselbst am 25ten und 27ten May 1731. aufgeführet worden. [12] Bl. Pappband d. Z. (berieben, Ecken bestossen). Wolfenbüttel, Christian Bartsch, Hertzoglich Hof- und Cantzeley-Buchdrucker, [1731]. chf 2100.Zu den Trauerfeierlichkeiten für Herzog August Wilhelm von Braunschweig-Lüneburg erschienenes vierteiliges Festbuch. Als zweitjüngster Enkel des grossen Fürsten-Gelehrten Herzog August (1579-1666) wurde August Wilhelm 1676 Thronfolger und übernahm nach Herzog Anton Ulrichs Tod 1714 die Regierungsgeschäfte. Der Brauch, Verstorbene mit einer gedruckten Leichenpredigt zu ehren geht auf die Reformation in Mitteldeutschland zurück. Luther hielt die ersten im Druck überlieferten Leichenpredigten 1525 auf Friedrich den Weisen, Kurfürst von Sachsen, respektive 1532 auf dessen Bruder, Johann den Beständigen. Leichenpredigten fanden schnell Verbreitung und wurden von Calvinisten und Zwinglianern, und in deutlich geringerem Masse auch von Katholiken, übernommen. Die Leichenpredigt, die ein zentraler Bestandteil der Beisetzungsfeierlichkeiten war, wurde hier vom Ersten Hofprediger und Abt von Riddagshausen, Philipp Ludwig Dreissigmark gehalten. Dem grossen Portrait folgt die Vorrede, der eigentlichen Predigt nach einem biblischen Vers, die Personalia mit dem abschliessenden Lebenslauf des Verstorbenen und am Schluss die vom Geheimsekretär Christian Friedrich Weichmann geschriebene musikalische Kirchen-Andacht. Die beiden grossen Kupfertafeln, die die “Beschreibung des Ceremoniels und LeichenComitats” begleiten, wurden von Johann Georg Schmidt (1694-1767) gezeichnet und gestochenen. Sie zeigen die wunderbaren Embleme, die im Castrum Doloris (Trauerlager) errichtet wurden, “es gibt kaum eine schönere Würdigung eines barocken Fürsten als das mit 69 Emblemen geschmückte Castrum Doloris, das zu seinen Ehren in der Kirche aufgerichtet wurde, und auf dem sämtliche Stationen seines Lebens verschlüsselt und für den Zeitgenossen sicher leicht entzifferbar dargestellt wurden” (Martin Bircher). – Stellenweise stärker gebräunt und stockfleckig, wenige Blätter im Aussensteg bestaubt oder gebräunt, ein wohlerahltenes Exemplar, komplett mit dem gefalteten Portraitkupfer. Bibliographie: Bircher, Im Garten der Palme: Katalog einer Sammlung von Dokumenten zur Wirksamkeit der Fruchtbringenden Gesellschaft (1998), Nr. 149, 1-4 (ohne Portraikupfer). Nicht in Watanabe-O’Kelly/Simon oder Berlin-Kat. Nicht in der Gourary Collection. 46 BRENTANO, Clemens (1778-1842). Die Gründung Prags. Ein historischromantisches Drama. Gr.-8vo (222 x 141 mm). Mit Frontispiz [die drei seherischen Schwestern: Tetka, Kascha und Libussa], gestochen von Franz Stöber. Titel, 450 S. Dunkelblauer Halbmaroquinband um 1900, mit reicher Rückenvergoldung und Kopfgoldschnitt. Pest, (Anton Strauss, Wien für) Conrad Adolph Hartleben, 1815. chf 2400.Erstausgabe. Variante mit dem “rein ungarischen Titelblatt” (Mallon), d. h. ohne Leipziger Verlagsvermerk und nicht für den Verkauf in Deutschland bestimmt. Das historisch-romantische Versdrama in gereimten Jamben beruht auf der Grundlage der Sagen von der Fürstin Libussa bzw. vom Mägdekrieg in Böhmen. Das Stück, das Brentanos Begeisterung für die erwachende tschechische Nationalbewegung wiederspiegelt, entstand während seines Aufenthalts in Prag (1811-1813). Den Stoff dazu lieferten seine Freunde Josef Dobrowsky, der als Begründer der modernen tschechischen Schriftsprache gilt, und der Volksliedersammler J. G. Meinert. Die Gründung Prags – der erste Teil einer geplanten aber nie vollendeten Trilogie – ist ein hervorragender Beitrag zu dem aus romantischem Geiste geborenen Nationalmythos Tschechiens und markiert “das Ende einer Epoche wie einen Wendepunkt in Brentanos Schaffen” (Annette Runte). Unmittelbaren Einfluss übte das Stück nachweislich auch auf Franz Grillparzers erste Entwürfe seines 1819 veröffentlichten Trauerspiels Libussa aus. Makelloses Exemplar, ungeöffnet und unbeschnitten, in einem französischen Meistereinband. Provenance: Prof. Dr. Heinrich Stilling (1853-1911), Lausanner Arzt und Bibliophile (Auktionskatalog, Zürich 1946, Nr. 20). Bibliographie: Mallon 55a; Goedeke VI, 60, 27; Wilpert/Gühring 15; Borst 1215; Runte, Verkettungen – Zu C. Brentano und F. Grillparzer, in: Bergermann/Strowick, Weiterlesen – Literatur und Wissen (2007), 238f. 47 — Ponce de Leon. Ein Lustspiel. 8vo (203 x 146 mm). XVI, 280 S. Dunkelblauer Halbmaroquinband von Champs-Stroobants, mit reicher Rückenvergoldung. Göttingen, Heinrich Dieterich, 1804. chf 3800.Erstausgabe. Das Werk schrieb Brentano ursprünglich mit dem Titel ‘Laßt es euch gefallen’ im Sommer 1801, nachdem Goethe als Herausgeber der Propyläen Ende des vorausgegangenen Jahres einen Preis von dreissig Dukaten für “das beste Intrigenstück” ausgesetzt hatte. Von insgesamt dreizehn eingereichten Beiträgen wurde dann allerdings kein einziger Text prämiert. Unter dem vorliegenden neuen Titel wurde schliesslich Brentanos Lustspiel durch die von Ferdinand Dümmler geleitete Dieterichsche Verlagsbuchhandlung in Göttingen verlegt. Das Stück blieb aber unaufgeführt, eine für das Wiener Burgtheater unter dem Titel Valeria oder Vaterlist überarbeitete Version kam am 18. Februar 1814 ein einziges Mal zur Aufführung. – Ein makelloses, unbeschnittenes Exemplar im Meistereinband von Jean Stroobants (18561936), der Nachfolger von Victor Champs. Provenance: Prof. Dr. Heinrich Stilling (1853-1911), Lausanner Arzt und Bibliophile (Auktionskatalog, Zürich 1946, Nr. 21). Bibliographie: Mallon 13; Goedeke VI, 59, 8; Wilpert/Gühring 7; Borst 971. 48 — Viktoria und ihre Geschwister, mit fliegenden Fahnen und brennender Lunte. Ein klingendes Spiel. Kl.-8vo (178 x 112 mm). Mit Kupfertitel in Aquatinta gestochen von Carl Wilhelm Kolbe und 3 gefalteten Musiknotenbeilagen. XVI S. (inkl. Drucktitel), 223, [1] S. Halbmaroquinband von Champs, mit Rückenvergoldung, Kopfgoldschnitt. Berlin, Maurersche Buchhandlung, 1817. chf 2400.Erstausgabe. Das patriotische Festspiel entstand bereits 1813, wurde aber umgehend von der Metternichschen Zensur verboten. “Es entstand in dem Zeitraum von etwa vier Wochen ... für das Theater an der Wieden und die Rolle des Lippels für den grossen Komiker Hasenhut geschrieben, kam aber nicht zur Aufführung. Die politische Lage erforderte eine eigene Behutsamkeit, die Feinde heissen daher nur Feinde ... Diese ganze Arbeit fand lange keinen Verleger, die Maurersche Buchhandlung in Berlin hat sie mit einigem Vertrauen übernommen” (Vorwort). Vorangestellt sind zwei Widmungsgedichte an Görres und Karl Friedrich Schinkel. – Ein sehr schönes, unbeschnittenes Exemplar, in einem Meistereinband von Victor Champs (1844-1912). Provenance: Prof. Dr. Heinrich Stilling (1853-1911), Lausanner Arzt und Bibliophile (Auktionskatalog, Zürich 1946, Nr. 22). Bibliographie: Mallon 66; Goedeke VI, 61, 31; Wilpert/Gühring 18; Borst 1262; Rümann 136. 49 BRÜCKMANN, Urban Friedrich Benedict (1725-1812). Abhandlung von Edelsteinen. Zweyte verbesserte und vermehrte Auflage. – [Und:] ... gesammlete und eigene Beyträge zu seiner Abhandlung von Edelsteinen. (Erste)-Zwote Fortsetzung. Zus. 3 Bde. 8vo (205 x 125 mm). Mit Druckermarke auf Titel. 415 S.; [8], 252, [4] S.; 250, [5] S. Pappbände d. Z., mit Rückenschild (abweichende Farbe der Bände). Braunschweig, Fürstliche Weisenhaus Buchhandlung, 1773 und 1778-83. chf 3600.- Massgebende Ausgabe des ebenso seltenen wie häufig zitierten Werks auf dem Gebiet der Edelsteinkunde. Der Chirurg und Anatom diente in seinem Hauptberuf als Leibarzt dem Herzog in Braunschweig, daneben galt er als Koryphäe der Gemmologie und war Besitzer eines 10’000 Objekte umfassenden Naturalienkabinetts. Auch der Dichter und Bibliothekar Ephraim Lessing stützte sich bei den gemmologischen Passagen seiner Antiquarischen Briefen auf Brückmanns Autorität. Gegenüber der Erstausgabe von 1757 vermehrte der Verfasser sein Werk bis 1783 um zwei äusserst seltene Ergänzungsbände, die hier beide vorliegen. – Minimale Stockflecken hie und da, ein vorzügliches Exemplar mit allen drei Bänden. Bibliographie: Sinkankas, Gemology: an annotated bibliography (1993), 975; Hoover 185f.; Poggendorff I, 313; ADB III, 398; W. E. Wilson, The History of the Mineral Collecting (1994), S. 93; Curtis Schuh’s Biobibliography of Mineralogy (Online Cat.), Nrn. 2, 3 und 4. 50 BUCELIN, Gabriel (1599-1681). Germania Topo-chrono-stemmatographica sacra et profana. In qua brevi compendio regnorum et provinciarum eiusdem amplitudo, situs et qualitas designantur; chronologica dein relatione ... rerum successus propagatum per viros apostolicos ... describuntur; ... Germanae demum nobilitatis eminentia commendatur & tabulis variis ... 4 Bde. Folio (33 x 22 cm). Mit 40 Portrait-Kupfertafeln, vielen Wappen in Holzschnitt (vereinzelte koloriert) sowie 2 Kupfertiteln in Bd. I und II, gestochen von Conrad Meyer. Drucktitel von Bd. III und IV in Rot und Schwarz. [6], 151 S., Titel (Germania sacra), 64 S., 1 leeres Bl., Titel, 97 S., Titel, 282 S., [18] Bl. Index; [8] Bl., 423 S., [156] Bl., 347, [1] S., [17] Bl.; [4] Bl., 128 S., Titel (Haereditariarum Augustissimmae domus Austriacae provinciarum nobilitas), 446 S., Titel (Sacri Romani imperii principum), 423, [29] S.; [4] Bl., 32, 527 S. Text zweispaltig gedruckt. – (Nachgebunden: 7 S. Genealogisches Verzeichnis). Pergamentbände d. Z., mit Rückentitel in Goldprägung. Ulm, J. Görlin d. Ae., Augsburg, J. Praetorius und Frankfurt am Main, C. B. Kühn, 1655-78. chf 4500.Erstausgabe. Komplettes Exemplar dieser “unentbehrlichen Informationsquelle” (Feller/ Bonjour). Das gesuchte vierbändige Werk verdankt seine Entstehung den langjährigen Forschungen und den zahlreichen Kontakten zu vielen adeligen Familien, die dem aus Diessenhofen stammenden Benediktiner und Historiker wertvolle genealogische Daten überliessen. Die vier eindrucksvollen Bände bieten hunderte von Ahnentafeln von Familien aus dem Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation. Der erste Band enthält u.a. die Genealogien der berühmtesten regierenden Häuser und verschiedene sogenannte Adelsprobationen, im zweiten finden sich u.a. ein umfangreiches Kapitel über die Welfen sowie Auflistungen der wichtigsten rhätischen und schweizerischen, elsässischen, schwäbischen und bayerischen Adelsfamilien, gefolgt von Stemmata zur Geschichte der ersten bayerischen Herzogsdynastie, der Agilolfinger. Der dritte und der abschliessende vierte Band enthalten alphabetisch nach Familiennamen geordnete Stammbäume. Gottfried Wilhelm Leibniz, mit dem die ‘moderne’ kritische Genealogie um 1689 beginnt, kritisierte Bucelins utilitaristische Arbeitsmethoden heftig, zählte ihn aber nichtsdestotrotz zu den bedeutendsten Genealogen Europas. – Stellenweise einige hs. Ergänzungen in Tinte, Papier in Bd. II gebräunt, vereinzelte Wappen koloriert, ein vorzügliches Exemplar mit allen zweiundvierzig Kupfertafeln, hs. Namen auf Vorsätzen. – Am Schluss des vierten Bandes eingebunden das 1878 im Jahrbuch der Heraldischen Gesellschaft ‘Adler’ erschienene genealogische Verzeichnis zu Gabriel Bucelins Werk. Bibliographie: VD 17 (Online Kat.) 23:230939H; Paisey B-2372; Haller IV, 1013 (“Ist in allen Absichten wichtig für uns”); Feller/Bonjour 455f.; Wyss 261; Neesen, Gabriel Bucelin (2003), S. 393-398, Nr. 6.2.7/1-4. 51 BUNDESVERFASSUNG 1848 – Offizielle Protokolle der Verfassungsberatungen zur Schweizerischen Bundesverfassung von 1848. – Auszug aus dem Abschiede der ord. eidg. Tagsatzung 1847. IV. Theil. Behandlung, betreffend die Revision des Bundesvertrages, ... Mit allen 6 beigebundenen, teilw. kleinformatigen, Beilagen und Index: I) Verhandlungen, betr. die Revision des Bundesvertrages. – II) Beilage B: Bundesverfassung der Schweizer. Eidgenossenschaft, entworfen ... von der Tagsatzung ernannten Revisionskommission (17. 2. – 8. 4. 1848). – III) Beilage C: Bericht über den Entwurf eine Bundesverfassung, vom 8. April 1848 ... – IV) Beilage D: Protokoll über die Verhandlungen der am 16. August 1847 ... beauftragten Kommission. – V) Beilage E: Uebersichtliche Zusammenstellung der Instruktionen der Stände hinsichtlich ... einer neuen Bundesurkunde. – VI) Beilage F: Vorschläge der am 20. Mai 1848 von der Tagsatzung zu näherer Prüfung der im Bundesentwurf enthaltenen Artikel über die finanziellen Verhältnisse ... – VII) Beilage G: Entwurf der Bundesverfassung der Schweizer. Eidgenossenschaft, wie derselbe aus den Berathungen der Tagsatzung vom 15. Mai bis und mit 27. Brachmonat 1848 hervorgegangen ist. Folio, 4to und 8vo. (353 x 222 mm). S. 33287; 38 S.; 88 S.; 205, (5) S.; 14, (5) S.; 43 S.; S. III-VIII (Index). Graublauer Interims-Pappband (beide Deckel fast lose, Rücken stark berieben, die Deckel mit Wasserrand). [Bern, Stämpfli & Cie.?], 1848. chf 2600.Erstausgabe. Eine grosse Seltenheit in der Literatur zur Schweizer Verfassungsgeschichte, mit entscheidenden Dokumenten zur Genese der am 12. September 1848 veröffentlichten Bundesverfassung. Ein veritables “Meisterwerk politischer Weisheit” (W. E. Rappard), mit der die Schweiz vom Staatenbund zum Bundesstaat und zur repräsentativen Demokratie mutierte und das auch das Ende der bis ins 14. Jahrhundert zurückreichenden Tagsatzung darstellt. Die Bezeichnung “Abschiede” rührt daher, dass die gedruckten Tagsatzungsprotokolle den Abgeordneten beim Verlassen der Tagung ausgehändigt wurden. Stark beeinflusst druch die Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika und dem Gedankengut der Französischen Revolution, blieb die im Lauf der Jahrzehnte behutsam revidierte Schweizerische Bundesverfassung inhaltlich bis heute die Grundlage der bundesstaatlichen Ordnung des Landes. Ihr gegenüber hatte keine einzige der übrigen europäischen Revolutionsverfassungen des Jahres 1848 Bestand. Die Bundesverfassung sah vor, dass die Kantone eigenständig (souverän) sind, soweit sie diese Souveränität nicht explizit einschränkt. Der Einführung der 1848er Verfassung gingen mit dem Sonderbundskrieg kurze kriegerische Auseinandersetzungen voraus. Die Ausarbeitung der Revision des Bundesvertrages oblag einer dreizehnköpfigen Kommission, die zwar bereits am 16. August 1847, also noch vor Ausbruch des Sonderbundskrieges, konstituiert wurde, aber erst am 17. Februar 1848 und erst nach Ablehnung der Interventionsnote und unter Einbeziehung katholischer Kantone zu ihrer ersten Sitzung zusammenkam. Protokolliert wurden diese Dokumente von dem am 5. Juli 1847 zum eidgenössischen Staatsschreiber gewählten Appenzeller Johann Ulrich Schiess (1813-1883), der am 16. November 1848 auch zum sehr viele Jahre wirkenden ersten Bundeskanzler des neuen Bundesstaates gewählt werden sollte. “Dank seinem hervorragenden Gedächtnis und seinen umfassenden Kenntnissen des eidgenössischen Staatswesens wird Schiess für die ersten Bundesräte zu einem ‘lebenden Staatslexikon’ und zur Vertrauensperson” (Elisabeth Bürki Gyger, Stellung und Aufgaben der Bundeskanzlei im Bundesstaat von 1848 [1996], S. 7). – Stellenweise etwas bestaubt, insgesamt von frischer Erhaltung. Provenance: Aus dem Besitz der Familie des ehemaligen Schwyzer Parlamentariers und Ständeratspräsidenten von 1901/02 Karl Reichlin (1841-1924). Bibliographie: Kölz, Neuere schweizerische Verfassungsgeschichte I, S. 543ff.: R. P. de Mortanges, Schweizerische Rechtsgeschichte, ein Grundriss, S. 175f:, Rappard, Die Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft 1848-1948: Vorgeschichte, Ausarbeitung, Weiterentwicklung, S. 121ff. 52 BYE, Marcus de (1621-1679). [Die Bären] – Komplette Folge von 16 losen Tafeln mit Bärendarstellungen, nach Marc Gérard (d.i. Marcus Gheeraerts d. Ae., 1559) radiert. In der Platte nummeriert von 1-16, das Titelblatt mit der Verlagsnummer 10 unter dem Druckjahr und Nummerierung unten rechts. Ca. 105 x 147 mm (Platten), Blattgrössen variieren zwischen 146 x 240 mm und 164 x 240 mm. Lose wie erschienen. (Amsterdam), Nicolaes Visscher, (nach) 1664.chf 3800.Klare Abdrucke der kompletten Folge von sechzehn Radierungen mit Darstellungen von Braunbären nach Marcus Gheeraerts d. Ae. (1520-1590). Die Bildserie zählt zusammen mit jenen über Löwen und Wölfe zu den gefragtesten Tierdarstellungen des niederländischen Malers und Radierers Marcus de Bye. Er entstammte einer adeligen Familie und war Schüler des Landschaftsmalers Jacob van der Does (1623-1673). Zu Beginn seiner Karriere radierte De Bye denn auch vor allem Landschaften, verlegte sich dann aber auf Tierstudien, die er nach De Gheeraerts oder Paulus Potter (1625-1654) radierte. Die vorliegenden Exemplare zeigen die Bärenfolge im dritten von vier Druckzuständen. Der sehr seltene Erstdruck der Platten enthält noch keinen Hinweis auf den Verleger Nicolaes Visscher¨(1618-1679) und der zweite Zustand enthält noch keine Verlagsnummer im Titel. Der Titel des vierten und letzten Zustands der Pllatten enthält dann nicht mehr den Verlagsnamen von Visscher sondern neu den von Petrus Schenck d.J., der die Platten nach 1720 erwarb. – Papierbedingte gleichmässige minimale Bräunung. Bibliographie: Hollstein 75. III; Wurzbach 61-76; Bartsch I. 73 E; Kunstsammlung des Fürsten Carl Philipp zu Schwarzenberg, bestehend aus Kupferstichen, Radierungen (1826), S. 120, Nr. 57; Nagler 678f.; Heller, Praktisches Handbuch für Kupferstichsammler (1823), 125. 53 CABET, Etienne (1788-1856). Reise nach Ikarien. Aus dem Französischen von Dr. Wendel-Hippler [Pseudonym von Karl Gustav Allhusen]. Kl.-8vo (17x x 112 mm). [4], IV S. (Cabets Vorwort zur deutschen Ausgabe), XXVI, 541, [1] S. Etwas späterer roter Halbleinenband (Rücken verblichen und berieben, kurzer Einriss im Vordergelenk, minimal beschmutzt). Paris, Im Bureau des Populär [recte Leipzig, Twietmeyer], 1847. chf 1200.Erste deutsche Ausgabe von Cabets Voyage en Icarie (Paris, 1840), ein Klassiker unter den sozialistisch-pazifistischen Staatsromanen des 19. Jahrhunderts. In Form eines Reiseberichts zeichnet der aus Dijon stammende Verfasser seinen detaillierten Gesellschaftsentwurf. In Cabets idealem Gemeinwesen sind Privateigentum und Geldverkehr abgeschaftt und es bestehen keinerlei Standesunterschiede mehr. Darin erinnert das Werk an Thomas Mores Utopia, auf den sich im Buch der ikarische Philosoph in seiner Argumentation für die Gütergemeinschaft explizit beruft (auf S. 448). Die Wirtschaftsverfassung Ikariens ist streng kommunistisch, es gibt nur noch einen Eigentümer, den republikanischen Staat: Ihm gehört alles auf und unter dem Grund und Boden. Die Republik tritt in Gestalt staatlicher Komitees als Superunternehmer auf, der die gesamte Sphäre der Produktion, Distribution und Komsumtion gesetzlich plant und regelt. Die writschaftliche Kompetenz des Staates reicht von der Beschäftigung der Arbeiter über die Wahl der Industriestandorte und die Förderung der technologischen Modernisierung bis hin zur Verteilung der Güter. – Nach Holzmann/ Bohatta verbirgt sich hinter dem Pseudonym des Uebersetzers der aus Norddeutschland stammende politische Schriftsteller und Kaufmann Karl Gustav Allhusen (1798-1865/66), Fromm (4347-48) nennt als Uebersetzer einen Hermann Everbeck. – Zu Beginn etwas stockfleckig und gebräunt, roter Bibliotheksstempel auf Titel sowie auf erstem und letzten Blatt der Vorrede des Uebersetzers, vereinzelte Bleistiftanstreichungen, insgesamt ein sauberes Bibliotheksexemplar. Bibliographie: Bloch 592; Kleinwächter 92f.; Trahair, Utopias and utopians (1999), 57; Morton 172f.; vgl. Einaudi 767-768. 54 CALLIAT, Pierre Victor (1802-1881) und [A. J. V. LEROUX DE LINCY (1806-1869)]. Hôtel de Ville de Paris. Mesuré, dessiné, gravé et publié par V. C., inspecteur de l’Hôtel de Ville. Avec une histoire de ce monument et des recherches sur le gouvernement municipal de Paris par Le Roux de Lincy. Gr.-Folio (620 x 500 mm). Mit gest. Frontispiz, 2 chromolithographierten und 44 gest. Tafeln, 1 Kupfertafel mit dem Sigeln der Stadt Paris im Textband sowie 3 gest. Textvignetten. [4] Bl., VI, 77 S., 68, [3] S.; 1 Bl., [6] Textbl. im Tafelband. Grüne OriginalHalblederbände d. Z., mit goldgeprägtem Titel auf Vorderdeckel. Paris, Crapelet für chf 1100.den Verfasser, 1844 (-1856). Erste Ausgabe dieses grossformatigen Tafelwerks zur Architektur des Pariser Rathauses (Hôtel de Ville), das 1871 während den Revolutionswirren abbrannte. Der Architekt Pierre Victor Calliat war der berühmteste Schüler von Vaudoyer und Châtillon. Den Text lieferte der Bibliothekar und Literaturkritiker Adrien Jean Victor Leroux de Lincy. – Textband mit einigen Wasserflecken im Aussenrand. Provenance: Exlibris des Genfer Architekten Edmond Fatio (1871-1959). Bibliographie: Brunet I, 1477-78; AKL 15, 605; Thieme-Becker V, 404f. Nicht im Berlin Kat., (19. Jhdt.). 55 CAMPANELLA, Tommaso (1568-1639). Astrologicorum libri VI (-VII) in quibus astrologia, omni superstitione arabum, & iudaeorum eliminata, physiologice tractatur, secundum S. scripturas, & doctrinam S. Thomae, & Alberti, & summorum theologorum, ita ut absque suspicione mala in ecclesia dei multa cum utilitate legi possint. 4to (236 x 155 mm). Mit astrologischen Holzschnittfiguren im Text. Titel in Rot und Schwarz mit Druckermarke. [4] Bl., 232 S., [4] Bl. (letztes leer), 24 S. (“Liber septimus”). Pergamentband d. Z. (ohne die Schliessbänder). Lyon, Jacques, chf 3800.André et Matthieu Prost, 1629. Erstausgabe, erster Druck. Campanellas philosophischer Text über die Wahrheit der Astrologie wurde umgehend wegen angeblicher Verschwörung verboten und sein Verfasser musste in der Folge nahezu die Hälfte seines Lebens in Kerkerhaft verbringen. Erst durch Fürsprache römischer Freunde und vor allem dank den Bemühungen seines Gönners, Papst Urban VIII. (1623-1644) wurde Campanella schliesslich am 11. Januar 1629 rehabilitiert. Sein nachfolgender gesellschaftlicher Aufstieg erregte aber auch Neid und Missgunst innerhalb der Kurie. Diesen Neidern gelang es, sein in Lyon gedrucktes, sich durch eine sehr übersichtliche Systematik auszeichnenden Buchs Astrologicorum libri VI eine verfälschte, in ihrem Sinne abgeänderte Fassung eines von Campanella stammenden Manuskripts De siderali fato vitando als siebtes Buch des Astrologicorum im separat paginierten Anhang erscheinen zu lassen. Im zweiten Druck von 1630 wurde dieses Werk dann in die Paginierung integriert. Bereits im Oktober wurde dem aufgebrachten Urban VIII. ein Exemplar präsentiert und für Campanella kamen zum Entzug der päpstlichen Patronage neue Auseinandersetzungen mit der Inquisition über die Glaubenskonformität bestimmter, die Astrologie betreffender, Passagen in seinen Schriften. – Hs. Name auf Unterrand des Titels und auf Vorsatz recto. – Gebräunt und wasserrandig, das letzte Drittel mit Wurmgang in der oberen Hälfte mit Verlust von einigen Buchstaben. Bibliographie: Firpo 9; G. Ernst, The Sky in a Room: Campanella’s Apologeticus in defence of the pamphlet De siderali fato vitando, in: Culture and Cosmos VI (2002), S. 45f.; Headley, Tommaso Campanella and the Transformation of the World (1997), S. 109. 56 CASTELLAN, Antoine Laurent. (1772-1838). Lettres sur l’Italie, faisant suite aux lettres sur la Morée, l’Hellespont et Constantinople. Tome premier (-troisiéme). 3 Bde. 8vo (203 122 mm). Mit 50 Ansichten auf Kupferstich-Tafeln (6 doppelblattgross) von und nach Castellan und 2 Bl. mit Musik (Airs de la Tarentule). [2] Bl., 367 S.; [2] Bl., 307 S.; [2] Bl., 365 S. Grüne Halbmaroquinbände d. Z., mit Rückenvergoldung. Paris, (Imprimerie de Le Normant pour) A. Nepveu, 1819. chf 2400.Erstausgabe in einem frischen Exemplar, komplett mit allen Kupfern. Dank der Vermittlung des einflussreichen Trésorier payeur général des Etats, Philippe-Laurent de Joubert, konnte Castellan ab 1788 im Atelier von Pierre-Henri de Valenciennes eine Ausbildung zum Maler beginnen. Ebenfalls dank seines Förderers, konnte er bereits ab 1793 regelmässig ausstellen. Seiner ersten Reise in den Orient folgten ab 1797 weitere, daneben besuchte er häufig Italien, Griechenland und die Schweiz. “Esprit curieux, Castellan est l’un des premiers à pratiquer la lithographie, qu’il délaisse bientôt pour le burin et l’acquatinte; il invente aussi un nouveau procédé de peinture à l’encaustique” (F. Pouillon). In seinen Briefen aus Italien zeigt sich Castellan als aufrichtig interessierter und vorurteilsarmer Berichterstatter und grosser Kenner der klassischen Architektur des Landes. Bibliographie: Chatzipanagioti-Sangmeister, Griechenland, Zypern, Balkan und Levante I (2006), Nr. 167; Olschki 128; Pouillon, Dictionnaire des orientalistes de langue française, 185f.; Hoefer IX, 91; Thieme-Becker VI, 142. “La meilleure et la plus complète édition” (Brunet) 57 CASTELNAU, Michel de, Seigneur de Mauvissière (1520-1592). Les mémoires ... illustrez et augmentez de plusieurs commentaires & manuscrits, tant lettres, instructions, traitez, qu’autres pieces secrettes & originales servans à donner la verité de l’histoire des regnes de François II, Charles IX & Henry III & de la regence & du gouvernement de Catherine de Medicis ... Avec ... l’histoire généalogique de la Maison de Castelnau [et de la Maison des Bochetels, ... Morvillier, Gaillard, Chastre, Rouxel Medavy, et Rochechouart] ... Nouvelle edition, révûë avec soin & augmentée de plusieurs manuscrits, avec prés de 400 armoiries gravées en taille-douce ... 3 Bde. Folio (400 x 255 mm). Mit 2 Portrait-Frontispizen nach de la Rousière, ca. 350 gestochenen Wappen im Text und einigen Kopfvignetten in Kupferstich. Titel in Rot und Schwarz und mit gest. Vignette. [17] Bl., 864 S., [6] Bl. Index; [4] Bl., 782 S., [4] Bl. Index; [2] Bl., 560 S., [4] Bl. Index. Marmorierte Kalbslederbände d. Z. über 5 erhabenen Bünden (Gelenke von Bd. I und III etwas eingerissen, Rücken an Kopf und Fuss geringfügig beschädigt, Ecken chf 1500.bestossen). Bruxelles, chez Jean Leonard, 1731. Diese umfangreichsste Ausgabe der Memoiren des herausragenden Diplomaten am Hof Königin Elisabeths I. wurde vom Historiker Jean Godefroy, sieur d’Aumont (16561732) ediert. Zwischen 1575 und 1585 verfasst, blieb das Manuskript lange liegen, ehe es der Sohn des Autors, Jacques Castelnau, auf Drängen von Freunden und hochgestellten Persönlichkeiten, schliesslich 1621 in Paris verlegen. Eine vermehrte zweite Auflage durch Jean de Laboureur folgte 1659. Castelnaus Mémoires sind auch aufschlussreich für die Epoche der Hugenottenkriege ab 1562. Die in Kupfer gestochenen Wappen finden sich im Text des dritten Bandes eingebettet. – Vortitel und Titel etwas stockfleckig und gebräunt, ein sauberes und komplettes Exemplar. Provenance: Stempel mit gekröntem, verschlungenem Monogramm CC auf Vortitel und weiterem Wappenstempel auf Titel. Bibliographie: Brunet I, 1626 (“la meilleure et la plus complète édition”); Safffroy III, 37982; Kleber, Die französischen Mémoires (1999), S. 251f. 58 CASTELO BRANCO, Camilo (1825-1890). A Filha do Regicida. Romance historico. 8vo (207 x 132 mm). 238 S. Ornamental bedruckte Original-Brochur, ungeöffnet. Lisboa, Mattos Moreira e Comp., 1875. chf 1200.Ungeöffnetes Exemplar der Erstausgabe. Wie im vorausgegangen historischen Roman ‘O Regicida’ von 1874 angekündigt, legte hier Castelo Branco eine Fortsetzung dazu vor, die er mit einer Widmung an seinen Sohn Jorge Camilo versah. “A Filha do Regicida (que talvez devesse chamar-se A Vingança da Filha do Regicida) comporta 31 capítulos, dos quais 15 são dedicados às honrarias, popularidade e golpadas de Roque da Cunha”. Wie in seinen anderen, zwischen 1866 und 1876 verlegten ‘Romances historicos’ (O Judeu und A Caverna da Martir) übertrug der berühmteste und produktivste portugiesische Schriftsteller des 19. Jahrhunderts auch in diesem historischen Roman leidenschaftliche Charaktere der Gegenwart in die Vergangenheit. Castelo Brancos Beziehung zum Verleger João Baptista de Matos (18451899) begann 1873 mit ‘O Demónio do Ouro’, sie endete 1883, nachdem sich der Dichter genötigt sah, aus finanziellen Gründen seine Privatbibliothek in einer Auktion zu veräussern. Bibliographie: Cabral, Dicionário de C. Castelo Branco (1989), 230f. 59 CATO, Marcus Porcius (234-149 v. Chr.) u.a., Piero VETTORI (14991585) Hrsg. De re rustica. Mit je 1 Druckersignet auf Titel und Schlussblatt verso. [8] Bl., 214, [18] S. Lyon, 1541. – [Mitgebunden:] Marcus Terentius VARRO (116-27 v. Chr.). Pars librorum quattuor et viginti de lingua latina (und) M. Vertranius Maurus recensuit. Additis indicibus fidissimis & amplissimis. Mit Druckersignet auf erstem Titel und auf separatem Titel der S. 173 (Marci Vertranii). 330 S., 2 leere Bl., [45] Bl. Lyon, 1563. – [Und:] Georgius MERULA Alexandrinus [Giorgio Merula di Alessandria (14301494)]. Enarrationes vocum priscarum in libris de re rustica. Mit Druckersignet auf Titel. [84] Bl. Lyon, 1541. – [Und:] Petrus VICTORIUS (Piero Vettori). Explicationes suarum in Catonem. Mit Gryphius’ Druckersignet auf Titel. 144 S. Lyon, 1542. Zus. 4 Werke in 1 Band. Kl.-8vo (160 x 100 mm). Italienischer Renaissance ‘Raute-Rechteck’ Einband in Kalbsleder, Rücken über 3 erhabenen Bünden, Raute innerhalb aufrechtem rechteckigem Rahmen in Schwarz- und Blindprägung, je 1 goldgeprägte Rosette auf den vier Rautenecken, im Zentrum behelmter Kopf in Goldprägung, darüber und darunter blindgeprägter gekrönter kleiner Löwe mit erhobener rechter Tatze, Vorderschnitt mit Wappen und Schnitt-Titel: “Cato & Varo – De re rustica”, darüber Wappen mit. Lyon, Sebastien Gryphius, 1541-42 und Haeredes Gryph., 1563. chf 3500.Schöner italienischer Renaissance-Einband über einer Sammlung von diversen Werken zur antiken Landwirtschaft und dem Weinbau, verlegt durch das 1536 von Sebastian Gryphius in Lyon und Hugues de la Porte gegründete ‘Atelier du Griffon’, das sich mit seinen in der Art der Aldinen gedruckten Büchern grosse Verdienste in der Verbreitung humanistischer Literatur erwarb. “Contrastant nettement avec l’absence presque totale de traités sur l’agriculture au Moyen âge, les traités d’agronomie se multiplient à l’époque moderne, témoignant de l’intérêt scientifique, économique et technique porté à lagriculture” (Hélène Lannier). Der von 1534 bis 1584 in Florenz fast ausschliesslich für den Verlag der Giunti als wissenschaftlicher Herausgeber wirkende Piero Vettori liess seiner bei Gryphius veröffentlichten Cicero Ausgabe von 1540 auch seine Editionen zur antiken Landwirtschaft in Lyon drucken. Dies ist die erste Ausgabe von Catos erstmals 1472 gedrucktem landwirtschaftlichem Ratgeber De re rustica – mit den frühesten lateinischen Kochrezepten – die bei dem aus Reutlingen stammenden Lyoner Verleger Sébastien Gryphe (1492-1556) erschienen, ebenso wie seine ein Jahr später folgenden Explicationes suarum in Cantonem, “dans lesquelles, à son tour, Vettori consigne un nombre important de leçons du Marcianus; utilisant l’édition Juntina, de Nicolas Angelo (Florence, 1515) et l’Aldina de Giocondo” (Raoul Goujard in der Einführung der Neuausgabe von Catos Werk von 1975). “Si Vettori souhaitait éditer les res rusticae, c’est avant tout parce qu’il trouvait un intéret particulier aux traités d’agriculture, qu’il mit en oeuvre dans sa propriété ... En se demande pourquoi Vettori cherche à Lyon un imprimeur, mais on peut se demander, à l’inverse, pourquoi Gryphe accepte d’éditer les agronomes latins dont il a déjà édité le texte en 1535, dans l’édition de Filippo Beroaldo, en trois volumes dont un volume de commentaires de Giorgio Merula ...Gryphe ... se place ainsi dans une position d’imprimeur de référence pour les humanistes: il n’a pas pour objectif de simplement fournir le texte à un étudiant ou un amateur, aux maîtres d’école, ... mais il est le fournisseur des humansites qui lisent et étudient ces textes en travaillant à partir de plusieurs éditions différentes” (Raphaël Mouren). Bibliographie: Baudrier VIII, 150, 307-308, 146 und 169; R. Mouren, Sébastien Gryphe et Piero Vettori: de la querelle des Lettres familières aux agronomes latins, in: Quid novi? Sébastien Gryphe, à l’occasion du 450e anniversaire de sa mort (2008), S. 315ff.; Lannier, La publication des Libri de re rustica à la Renaissance (2011 [Online Version]), S. vgl. Simon, Bibliotheca gastronomica, S. 34ff. 60 CHAMISSO, Adelbert von (1781-1838). Werke. 4 Bde. – [Und:] Leben und Briefe. Hrsg. von Julius Eduard Hitzig. 2 Bde. Zus. 6 in 3 Bdn. 12mo (170 x 110 mm). Mit 3 Frontispizen (1 handkoloriert), 4 Tafeln zum “Schlemihl”, gest. von Adolf Schrödter, 2 Karten der Carolina-Inseln und 1 Falttabelle (“der auf den Marianen-Inseln befindlichen Orthschaften”). [4] Bl. (inkl. Portraitfrontispiz), 436 S.; VIII, 396 S.; VIII, 374 S.; Titel, IV, 391, [1] S.; Vortitel, 298, [4] S. Rote Halbmaroquinbände d. Z., mit Rückenvergoldung (Ecken minim bestossen, Rücken von Bd. III/IV minimst fleckig). Leipzig, (C. P. Melzer für) Weidmann, 1836-39. chf 2200.Ausgabe letzter Hand und die einzige Ausgabe, welche neben den von Chamisso veröffentlichten Werken eine grössere, von dem Berliner Juristen und Verleger Julius Eduard Hitzig (1780-1849) besorgte, Briefauswahl enthält. In Adelbert von Chamissos berühmtestem Werk, Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte (in Bd. IV, ab S. 237) nimmt das Wunderbare seinen Ausgang von einer menschlich ungenügenden Wirklichkeit. Chamisso verknüpft im Schlemihl meisterhaft Märchen- bzw. Legendenmotive mit einer modern gezeichneten Teufelsfigur und einer kritischen Sicht auf soziale Konventionen. Das Motiv des verlorenen Schattens weist wohl auch einen autobiographischen Bezug auf, denn obgleich er verdienter preussischer Offizier war, bekam der auf Schloss Boncourt in der Champagne geborene Chamisso im Zuge der Befreiungskriege die gegenüber Frankreich aufkommenden Ressentiments ganz persönlich zu spüren. – Wie nahezu immer papierbedingt stellenweise stärker gebräunt und stockfleckig. Provenance: Besitzstempel Ernst Merian-Genast. Bibliographie: Rath, Bibliotheca Schlemihliana (1919), p. 76, no. 5; Bloch 37; Goedeke VI, 153, 50; Hagen, Handbuch der Editionen, 110: Rümann, Das Illustrierte Buch des 19. Jhs., 356. 61 CHASTELLUX, François-Jean, Marquis de (1734-1788). Ueber die Glückseligkeit der Völker, oder Betrachtungen über das Schicksal der Menschen in den verschiedenen Epochen der Geschichte. Nach der neuesten, verbesserten und vermehrten Ausgabe aus dem Französischen übersetzt. 2 in 1 Bd. 8vo (183 x 117 mm). Mit grosser gestochener Titelvignette. 344 S.; 300, [4] S. Halblederband d. Z. über 5 erhabenen Bünden, mit Rückenschild (Rückenkopf berieben, Ecken chf 1000.bestossen). Leipzig, Weygand, 1780. Erste deutsche Ausgabe von Chastellux’ ‘De la félicité publique’. Die anonyme Uebersetzung basiert auf der bedeutend vermehrten zweiten französischen Edition von 1776. Der Autor verwirft in seinem Tour d’hoizon durch die Geschichte die Hypothese eines Arkadiens und zeigt sich überzeugt, dass die menschliche Natur unbegrenzt durch Institutionen geprägt werden kann und dass Aufklärung die notwendige Bedingung allgemeiner Glückseligkeit bilde. Anders als zum Beispiel Turgot, erkennt Chastellux keinen auch noch so langsam gearteten Fortschritt der menschlichen Rasse. Voltaire begeisterte sich für Chastellux’ Werk und die in seinem Handexemplar eingetragenen ausführlichen Notizen wurden dann in der dritten französischen Ausgabe von 1821-22 als Appendix mitgedruckt. – Titel etwas gebräunt und stockfleckig, im Aussensteg minimal gebräunt. Bibliographie: Bury, The Idea of Progress (1932), 186f.; Fromm 4972; vgl. Echeverria, Mirages in the West, 109f. 62 CHATEAUBRIAND, François-René-Auguste, Vicomte de (1768-1848). Atala. René. Les aventures du dernier Abencérage. Gr.-8vo (223 x 143 mm). Mit 4 Kupfertafeln, nach Alaux radiert von Augustin Burdet. [4], XXIV, 376 S. Olivegrüner Maroquinband d. Z.. mit Gold- und Blindprägung, signiert von Meslant, Steh- und Innenkantenvergoldung, marmorierter Schnitt (Kanten minimal berieben). Paris, chf 1400.(Rignoux pour) Lefèvre, 1830. Sehr schön gebundenes Exemplar der bibliophiel gedruckten zweiten illustrierten Ausgabe von Chateaubriands zwei exotischen Erzählungen. Atala war zuerst 1801, René zwischen 1802 und 1805 veröffentlicht worden. Die erste, von Devéria illustrierte, französische Ausgabe datiert von 1827. – Der Pariser Meisterbinder Meslant wirkte von 1797 bis um 1850 und arbeitete vor allem für Louis-Philippe und die Familie d’Orléans. – Vereinzelte Stockflecken. – Gutes Exemplar in einem schönen Romantikereinband. Bibliographie: Vicaire II, 280-281; Talvart/Place III, 3. First Complete Edition – In a Decorative Prize-Binding 63 CONDILLAC, Etienne Bonnot de (1715-1780). Oeuvres [complètes]. Revues, corrigées par l’auteur, imprimées sur ses manuscrits autographes, et augmentées de La Langue des calculs, ouvrage posthume. [Hrsg. von Guillaume Arnoux und Mousnier]. 23 Bde. 8vo (204 x 130 mm). Kalbslederbände d. Z., Deckel mit Goldfilete und Supralibros der ‘Université Impériale – Concours des Lycées de Paris’ im Zentrum, mit Rückenvergoldung und je zwei Rückenschildern, Goldschnitt (geringfügig beschabt und minimal bestossen). Paris, Charles Houel, chf 4800.An VI – 1798. Dekoratives Exemplar der ersten Gesamtausgabe von Condillarcs Werken, in einem Preiseinband der von Napoléon Bonaparte gegründeten Pariser ‘Université Impériale’. Enthält u.a. im letzten Band die wegweisende Erstveröffentlichung: La langue des calculs. Der in Grenoble geborene Philosoph und Volkswirtschaftler war ein enger Vertrauter von Jean-Jacques Rousseau und Denis Diderot, bei der Durchsetzung der empiristischen Erkenntnistheorie gegen den kontinentalen Rationalismus spielte er eine Hauptrolle. Mit seinem erstmals 1746 veröffentlichten Essai sur l’origine des connaissances humaines trug Condillac wesentlich zur Verbreitung der Ansichten John Lockes in Frankreich bei. Durch seine beiden Schriften Traité des systèmes (1749) und Traité des sensations (1754) wurde Condillac zum eigentlichen Begründer des Sensualismus. Er hielt die Funktionen des Denkens nur für abgeleitete Arten des Empfindens, verwarf alle angeborenen Anlagen und Instinkte, weil er überzeugt war, dass der Mensch sich alle Geschicktlichkeiten erst durch Übung erwerbe. Auch die Ethik gründete er auf Empfindung: lustvoll sei gleich gut. Seine Methode psychologischer Zergliederung fand vor allem in der Epoche Napoléon Bonapartes zahlreiche Anhänger. Condillac hielt den Ursprung der Sprache zugleich für den Ursprung des Denkens. Die Gebärden mussten älter sein als die Vorstellungen, weil ohne solche Zeichen eine Analyse der Gedanken unmöglich war, dann aber konnte man willkürlich weitere Zeichen bilden nach Analogie der bestehenden und darum leicht verständlich. Bibliographie: Tchemerzine III, 483; Cioranescu 20306; Brunet II, 216. Die umfassendste Begründung des Materialismus im Jahrhundert der Aufklärung 64 — Traité des sensations. 2 Bde. 1 Bl. (Vortitel), VI, 345 S.; [2 Bl., 335, [1] S. Gesprenkelte hellbraune Kalbslederbände d. Z., mit reicher floraler Rückenvergoldung und Rückenschild, marmorierte Vorsätze (Ecken etwas bestossen). A Londres; & se vend à Paris, Chez de Bure l’ainé, 1754. chf 2400.Erstausgabe. Eines der Hauptwerke des Sensualismus und die umfassendste erkenntnistheoretische Begründung des Materialismus im 18. Jahrhundert. Condillacs Konzeption, wonach die Sprache eine Antwort auf grundlegende Bedürfnisse des Menschen ist, findet hier ihre klare Ausprägung. Anders als zuvor John Locke, dem Condillac viel verdankt, anerkennt er hier nicht mehr die innere Wahrnehmung als eine zweite Erkenntnisquelle neben der äussern, sondern sucht aus der letzteren als einziger Quelle alle Vorstellungen als Umbildungen der Sinneswahrnehmung genetisch abzuleiten. Condillacs Lehre wurde von Diderot, d’Alembert, Holbach ind anderen Aufklärern eifrig aufgegriffen und verteidigt. Sie diente in der Folge als wichtige philosophische Grundlage für die Erfahrungswissenschaften und wurde ein wesentlicher Ausdruck der Weltanschauung des aufsteigenden Bürgertums. – Minimale Bräunung. Bibliographie: Tchemerzine III, 477; Lhermitte 171; Garrison/Morton 4968; Volpi 330. 65 CONTARINI, Giovanni Pietro (1549-1605). Historie de bello nuper Venetis a Selimo II. Turcarum Imperatore illato. Liber unus. In hoc narrantur res utrinque gestae, à belli principio usq(ue) ad celebrem illam felicem(que) pugnam navalem. Ex Italico sermone in latinum conversus a Ioan. Nicolao Stupano. 4to. Mit doppelblattgrosser Seekarte (238 x 290 mm) vom Golf von Lepanto in Holzschnitt, Druckermarke auf Titel und 2 Holzschnitt-Initialen. Moderne graue Broschur. Basel, Peter Perna, 1573. chf 4800.Erste lateinische Ausgabe von Contarinis Historia delle cose successe dal principio della guerra mossa da Selim ottomano a’ venetiani (1572), eine der detailreichsten Beschreibungen der berühmten Seeschlacht von Lepanto (neugriechisch Naupaktos) am 7. Oktober 1571. Am Sieg beteiligt war eine Armada aus fünfhundert Kriegsschiffen des Papstes, der Spanier, Venezianer und Genoeser und kommandiert wurden sie von Don Juan d’Austria (Johann von Österreich 1547-1578). Das Buch bietet eine Vielzahl an Statistiken, Informationen über die Herkunft von Schiffen sowie Namen von beteiligten Heerführern etc. Bibliographie: Blackmer 396; Navari, The Ottoman World, 274; STC, (Italian), 195; Adams, C-2578. Index Aurel. 143.973; Göllner 1507. 66 CORNEILLE, Pierre (1606-1684). La mort de Pompée. Tragédie. 12mo (130 x 72 mm). [12] Bl. (das erste unbedruckt), 71 S. Nachtblauer Jansenisteneinband in Ganzmaroquin (signiert von Charles Allo [relieur] und Charles Maillard [doreur]). Rücken über 5 erhabenen Bünden, mit goldgeprägtem Titel, Steh- und reicher Innenkantenvergoldung, marmorierte Vorsätze. Paris, A. de Sommaville et A. Courbé, 1644. chf 1600.Erstausgabe. Corneilles Tragödie im handlichen Duodezformat, gleichzeitig auch in einer Quart-Ausgabe aufgelegt. Die Uraufführung des Stücks, in dem Corneille nicht Schicksale sondern sich bekämpfende Ideologien gestaltete, fand unter Molières Regie durch die Troupe du Marais kurz vor Erscheinen des Buchs in Paris statt. Als Quelle seines Historiendramas nennt der Dramatiker im Vorwort Lucanus’ Gedicht Pharsalia. – Geringfügige Bräunung im Aussensteg, sonst ein sehr schönes Exemplar in einem Jansenisteneinband. Provenance: Exlibris des Neuenburger Juristen und Politikers François Delachaux (17931859). Bibliographie: Tchemerzine IV, 61; Brunet, Supplément I, 309. 67 COSTE, Jean Jacques Marie Cyprien Victor (1807-1873). Histoire générale et particulière du développement des corps organisés. [Nur Atlasband]. Gr.-Folio (680 x 480 mm). Mit 54 Kupfertafeln, davon 25 in verschiedenen Farben gedruckt, nach Z. Gerbe gestochen von Chazal, Prothais und Visto. Halbleinenband d. Z. mit Rückentitelschild (2 Original-Umschläge mitgebunden). Paris, N. Rémond pour Victor Masson, [1846-] 185[9]. chf 1100.Atlasband zum Lebenswerk des bedeutenden französischen Embriologen. Jede der 25 in mehreren Farben gedruckten grossformatigen Kupfertafeln wird von einer unkolorierten Umrisstafel begleitet [hier am Schluss mitgebunden]. Das Werk, zu dem noch zwei Textbände gehören, die hier aber nicht vorhanden sind, erschien im Auftrag des französischen Unterrichtsministeriums. – Das Titelblatt bestaubt, stellenweise Stockflecken. Bibliographie: DBF IX, 803; Hirsch/Hübotter II, 122. Nicht bei Waller, Wellcome oder Eimas. 68 CRAVEN, Lady Elizabeth (1750-1828). A journey through the Crimea to Constantinople. In a series of letters from the Right Honourable Elizabeth Lady Craven, to His Serene Highness the Margrave of Brandebourg, Anspach, and Bareith. Written in the year MDCCLXXXVI. 4to (262 x 209 mm). Mit 1 mehrfach gefalteten Kupfertstich-Karte (The Roads of Crim Tartary) und 6 (1 gef.) Kupfertafeln. [4] Bl., 327, [1] S. Halblederband d. Z. (Gelenke etwas eingerissen, Rücken an Kopf und Fuss beschädigt). London, G. G. J. and J. Robinson, 1789. chf 2200.Erstausgabe. 1785/86 reiste Lady Craven, ab 1791 zweite Gemahlin des Markgrafen Alexander von Brandenburg, in einem wahren Parforceritt in der Kutsche durch halb Europa und besuchte dabei auch Konstantinopel und die Krim. Ihre Reiseaufzeichnungen in Briefform veröffentlichte sie erst auf Drängen ihres Freundes Horace Walpole, einflussreicher britisccher Schriftsteller, Künstler und Politiker. Sie geben nicht nur ein sprechendes Beispiel für eine am Ende des 18. Jahrhunderts mögliche Alleinreise einer Dame von hohem Stand, sondern belegen auch die Missverständnisse und Vorurteile ihrer Epoche gegenüber dem Osmanischen Reich. Das noch im selben Jahr auch auf Deutsch veröffentlichte Werk ist illustriert mit Kupferstichansichten u.a. von Gavrion (Andros), Siphnos und der Grotte von Antiparos. – Die Tafeln etwas gebräunt und/oder stockfleckig. Bibliographie: Atabey 297; Blackmer 424; Cox I, 197f.; Weber 614; Oxford DNB XVIII, 94f.; Schiffer, Oriental Panorama. British Travellers in 19th Century Turkey (1999), 367f. Extra Illustrated Large Paper Copy 69 CRÉBILLON, Prosper Jolyot de (1674-1762). Oeuvres. 2 Bde. 8vo (248 X 158 mm). Mit 3 gest. Portrait-Frontispizen (davon eines “avant la lettre”) und 18 Kupferstichtafeln nach Marillier und Devéria gest. von J. B. Simonet, J. B. Ribault, Ferdinand Sébastien Goulu u.a. (teilw. datiert mit 1814). [2] Bl., 448 S.; [2] Bl., 411 S. Rote Halbmaroquinbände d. Z., mit Rückenvergoldung, marmorierte Vorsätze (signiert [René] “Simier RR du Roy” dit Simier Père [gest. 1837]). Paris, (Crapelet für) Antoine-Augustin Renouard, 1818. chf 2200.Trüffiertes Exemplar der Vorzugsausgabe auf grossem Vélin Papier und den neun nach Clément Pierre Marillier (1740-1808) gestochenen Kupfern “avant la lettre”, zusätzlich mit zwei weiteren Portrait-Kupfern und neun nach Devéria gestochenen Kupfertafeln “avant la lettre” geschmückt. “Cette édition qui sort du cadre du Manuel, n’est rapportée ici qu’afin de ne pas scinder l’oeuvre de Moreau le jeune, dont ce travail est parmi les derniers productions” (Cohen/de Ricci). – Die ursprünglich etwas kürzeren Kupfer nach Devéria wurden im Fusssteg auf das Format des Buches “aufgerändert”. – Stellenweise stockfleckig. Provenance: Papierschild mit Motto: “Fallitur hora legendo” der Privatbibliothek von A. R. Courbonne, die 1842 in Paris verauktioniert wurde. Bibliographie: Vicaire II, 1067-68; Cohen/de Ricci 264. 70 CREUX, Léon (fl. 1920-1925). Le voyage de l’Isabella au centre de la terre. Grand roman scientifique et d’aventures extraordinaires. Gr.-8vo (280x190 mm). Mit 60, zum Teil ganzseitigen Illustrationen von Paul Coze-Dabija. [6], 426 S. Illustrierter Original-Leinenband. Paris, Ducrocq, Chulliat, 1922. chf 1000.Erstausgabe. Schönes Exemplar im von Paul Coze-Dabija (1903-1974) entworfenen OriginalVerlagseinband. Der Protagonist dieses utopischen Romans, ein Ingenieur mit Namen Gare, dringt in die Tiefen unserer Welt ein, wo er einen Miniatur-Kosmos mit seinen Sternen, Konstellationen und einem als ‘Anti-Erde’ getauften Planeten vorfindet. “Il s’agira donc, non pas véritablement de creuser un puits jusqu’au centre de la terre, mais de s’y enfoncer à l’aide d’un appareil dont il nous est donné une description minutieuse, assortie d’un plan en coupe, un appareil en forme de cylindre dont la base sera constituée par des instruments de forage. Un principe donc, tout différent du Voyage au centre de la terre de Jules Verne, ainsi que celui employé par Didier de Chousy dans Ignis (1883)” (Pierre Versins). – Minimale Stockflecken auf den Vorsätzen. Bibliographie: Versins 211-212; Champion, Catalogue général de la librairie française XXIX, 264 (dated erronously 1921). 71 DACHERÖDEN, Caspar von (1579-1633). Ingenii, luctus tempore, ludus erat. Distichon chronohexametri numerum continent: “in quinquaginta atque novem, ter milleque formas quingentas, lector, versus hic hexameter. 12mo (112 x 73 mm). Titelblatt (Titel innerhalb typographischer Bordüre), 149, [1] S., [4] Bl. mit Musik und Schlussblatt mit halbseitengrosser Holzschnittdruckermarke verso. Maroquinband d. Z., mit Deckelrahmen in Goldprägung und reicher Rückenvergoldung, Rückenschild, Stehkantenvergoldung. Erfurt, Philipp Wittel für Johann Birckner, (März) 1621. chf 4800.Erstausgabe. In Erfurt gedruckte Proteus- oder Permutationsdichtung und ein rarer Beitrag zur kryptographischen Literatur. Es ist die einzige bekannte Veröffentlichung des aus altem thüringischen Adelsgeschlecht stammenden Caspar von Dacheröden aus Talebra, über den wir keine weiteren biographischen Details eruieren konnten. Insgesamt 3’650 mal permutiert der Verfasser hier den Vers: “Quod, mens sit iusto, rogo iaspar, psallere iesu”. Ein permutationeller Text ist “ein Text, der durch die dauernde Vertauschung seiner Elemente entsteht” (Dieter Kessler). Als Erfinder derartiger Wortpermutationsverse gilt Julius Caesar Scaliger (i.e. Giulio Cesare della Scala, 1484-1558). Die literarische Kunstform der Chronogramme (hier als Chrono-Hexameter bezeichnet) geht ins 16. Jahrhundert zurück, da ihre Abfassung profunde Lateinkenntnisse sowohl der Grammatik als auch einen weitgefächerten Wortschatz erforderte, kommen als Verfasser vornhemlich Geistliche und Schulmagister in Betracht. Chronogramme sind der Kryptographie zuzu- ordnen, d.h. einer Geheimschrift mit den entsprechenden Techniken der Entschlüsselung von beabsichtigten Botschaften. Ihre Beziehung sowohl zur Rhetorik als auch zur Poetik hängt ab von ihrer spielerischen Funktion, als Wortspiel wurde es in Prosa und Lyrik eingesetzt, um historische und religiöse Ereignisse in verschiedenen Textgattungen festzuhalten. Provenance: Earls of Macclesfield, Shirburn Castle (Wappen-Exlibris und Prägestempel auf Titel und erstem Textblatt). Bibliographie: VD 17 (Online Kat.) 3:004525C (3 Exx., Göttingen, Wolfenbüttel und Halle [inkomplett]); Kosch II, 917; Paisey D-124; Kessler, Untersuchungen zur Konkreten Dichtung (1976), S. 84ff. 72 DALZEL, Archibald (1740-1811). The History of Dahomy, an Inland Kingdom of Africa; Compiled from authentic memoirs; with an introduction and notes. Gr.-4to (297 x 232 mm). Mit gef. Kupferstichkarte der Küste von Benin von Robert Norris und 6 Kupfertafeln, radiert von Francis Chesham. XXXII S., [2] Bl., XXVI, 230 S. Marmorierter Kalbslederband des 19. Jhs. Rücken über 5 erhabenen Bünden, mit Rückenvergoldung (untere Ecke des Vorderdeckels etwas bestossen). London, Printed for the Editor, by T. Spilsbury and Son for J. Evans, 1793. chf 2700.Breitrandiges Exemplar der Erstausgabe. Trotz ihrer antiabolitionistischen Tendenz wird Dalzels gut illustriertes und in mehrere Sprachen übersetztes Werk als beste frühe Geschichte des im 17. Jahrhundert gegründeten westafrikanischen Königreichs Dahomey (heute Benin) angesehen. Der aus Schottland stammende Arzt Archibald Dalzel (bis 1778 Dalziel) wirkte bis Anfang 1763 in der Royal Navy ehe er, zuerst noch als Chirurg später als Administrator, im Dienste der Company of Merchants Trading to Africa und schliesslich auf eigene Kosten bis an sein Lebensende im Sklavenhandel tätig war. “Dalzel was equipped with greater intellectual training than was usual with most of the 18th century slave traders ... After his discharge from the Navy ... the Guinea Coast in West Africa appeared to be the only place where he had a chance of making a decent income within a reasonably short time” (I. A Akinjogbin). Rund dreissig Jahre später wurde Dalzel zum Gouverneur von Cape Coast Castle ernannt, dem Hauptsitz der britischen Siedler an der Goldküste. In dieser Zeit schrieb er auch seine vorliegende Geschichte des Königreichs Dahomey. “No one who has ever read the book on the kingdom of Dahomey can fail to be impressed by its eloquence and power. To compare some passages in the book with the political speeches of Edmund Burke, his famous contemporary, would undouptedly be exaggerating Dalzel’s ability. But there is no doubt that certain passages in it compare favourably with the best literary traditions of the 18th century. That the work has been very highly regarded since the 18th century, even by critical historians, is a measure of the brilliance with which it was written” (I. A. Akinjogbin). – Die gefaltete Kupferstichkarte “Dahomy and its Environs” ist eine verbesserte Version der 1789 mit dem Titel “A Map of the Slave Coast comprehended between the river Volta and Benin with Cape Lagos” in Robert Norris’ “Memoirs of the Reign of Bossa Ahadee, king of Dahomy” publizierten Karte. – Die Seiten 8-17 stärker, die Vorsätze nur wenig stockfleckig, die Tafeln im Rand etwas gebräunt, Text mit minimer Bräunung hie und da. Ein komplettes Exemplar mit allen Kupfern des Londoner Zeichners und Stechers Francis Chesham (1749-1806). Bibliographie: Cox I, 392; Abbey, Travel in Aquatint, 279; Gay 2861; I. A. Akinjogbin, Archibald Dalzel – Slave Trader and Historian of Dahomey, in: Journal of African History VII (1966), 67ff.; L. K. Waldman, An Unnoticed Aspect of A. Dalzel’s The History of Dahomey, in: Journal of African History VI (1965), 185ff. First German Edition of the Third Part of ‘Robinson Crusoe’ 73 DEFOE, Daniel (1660-1731). Ernstliche und wichtige Betrachtungen des Robinson Crusoe, Welche er bey den Erstaunnungsvollen Begebenheiten seines Lebens gemacht hat. Benebst seinem Gesicht von der Welt der Engel. Aus dem Englischen und Frantzösischen ubersetzt [von Ludwig Friedrich Vischer]. Wie auch mit curiösen Kupffern, nebst einer accuraten Land-Charte, worau alle des Autoris Reisen gezeichnet sind, gezieret. 8vo (177 x 96 mm). Mit gest. Frontispiz, 1 doppelblattgrossen Weltkarte und 6 Kupfertafeln. Drucktitel in Rot und Schwarz. [30], 512 S. Pergamentband d. Z. Amsterdam [recte Leipzig, Moritz Georg chf 3800.Weidmann], 1721. Sehr schönes Exemplar der ersten, vom Hamburger Reiseschriftsteller L. F. Vischer (16771743) übersetzten deutschen Ausgabe von Defoes ‘Serious Reflections During the Life and Surprising Adventures of Robinson Crusoe’, 1720 als dritter Teil des Klassikers aufgelegt. “Defoes Lieblingsideen von Humanität und Menschenliebe finden hier wie im eigentlichen Robinson Crusoe beredt Ausdruck” (August Kippenberg). In seinem Vorwort deutet Defoe an, dass die Geschichte eine Allegorie auf sein eigenes Leben darstellt. Die äusserst charmanten Kupfer geben exemplarische Szenen des Romans wider und die doppelblattgrosse Tafel zeigt die beiden Erdhalbkugeln. Bibliographie: Ullrich, Nr. 69; Kippenberg, Robinson in Deutschland bis zur Insel Felsenburg (1892), p. 32f., no. I/7; Deneke, Robinson Crusoe in Deutschland (1934), p. 34f. 74 — Leben und die ausserordentlichen Begebenheiten des Robinson Crusoe von York. Von ihm selbst beschrieben. Aus dem Englischen der fünfzehnten Ausgabe [von 1778] neu übersezt. 2 Bde. Kl.-8vo (182 x 106 mm). Mit 2 gestochenen Fronispizen und 2 Titelvignetten, radiert von Rossmässler und Mayr. [10], 564 S. (recte 544, Paginierung springt von 537 auf 558); Titel, 510 S. Lederband d. Z. über 5 erhabenen Bünden, mit Rückenschild (berieben, Ecken etwas bestossen, Rückenfuss des ersten Bandes etwas beschädigt). Nürnberg, Felssekker, 1782-83. chf 1400.Seltene, in Nürnberg gedruckte, deutsche Neuübersetzung von Defoes The Life and strange surprizing Adventures of Robinson Crusoe durch einen von uns nicht zu identifizierenden Professor Schmitt in Liegnitz bei Breslau. Mit dieser Neuübersetzung wollte der Verlag an der durch den Campe’schen Robinson (1779) neu belebten Robinson-Mode partizipieren. Der Verlag hatte zwischen 1720 und 1773 nicht weniger als neun Auflagen des klassischen Werks in der ersten deutschen Uebersetzung durch den in Hamburg lebenden schwäbischen Magister Ludwig Friedrich Vischer veröffentlicht. – Kleiner Wasserfleck zu Beginn des ersten Bandes im oberen Innensteg, untere Hälfte des zweiten Bandes bis S. 71 wasserfleckig, etwas gebräunt. Bibliographie: Ullrich, S. 50, Nr. 68; Kippenberg, Robinsonaden in Deutschland V (1892), 6 (“konnte nicht gefunden werden”); Deneke, Robinson Crusoe in Deutschland (1934), S. 36. 75 DESNOS, Louis Charles (1725-1805). Almanach géographique ou petit atlas élémentaire composé de cartes générales et particulieres des différens empires, royaumes et républiques de l’Europe et des autres parties de la terre. 12mo (113 x 68 mm). Mit Kupfertitel, 1 Widmungskupfer, 1 Portraitkupfer, 32 doppelblattgrossen gest. und handkolorierten Karten. [2] Bl. gest. Widmungstext, XXVIII S., [8] Bl. Rotes Maroquinbändchen d. Z. mit reicher Rückenvergoldung, Deckel- und Stehkantenfileten, Innenkantenvergoldung, Goldschnitt. Paris, L. C. Desnos, 1770. chf 1800.In Ganzmaroquin gebundener geographischer Almanach des Ingenieur-Geographen und Verlegers Louis Charles Desnos, der vor allem für seine Atlanten in Erinnerung geblieben ist. Nach Grand-Carteret finden sich von diesem Almanach auch Exemplare mit mehr als den hier vorhandenen 32 Karten. Unser Exemplar entspricht aber dem von Phillips beschriebenen Exemplar. Bibliographie: Grand-Carteret 426; Phillips Nr. 446; DBF X, 1485. With all 19 original green wrappers preserved 76 DICKENS, Charles (1812-1870). The Life and Adventures of Nicholas Nickleby. 8vo (223 x 135 mm). Mit Portrait-Frontispiz, nach Daniel Maclise gestochen von Edward Finden und 39 Tafeln in Stahlstich nach Phiz (=Hablot Knight Browne). XVI, 320 S. (plus 20 Bl. illustrierte Original-Umschläge) ; [2] Bl., S. 321-624, [7] Bl. Verlagsanzeigen (plus 18 Bl. illustrierte Original-Umschläge). Unbeschnittene, illustrierte blau-grüne Original-Umschläge jeweils am Schluss eingebunden, marmorierte Kalbslederbände über 4 erhabenen Bünden, signiert und datiert ‘Charles Meunier 1900’, mit je rotem und grünem Lederrückenschild. London, (Manning & Mason [Text] and Bradbury & Evans, Whitefriars [wrappers] for) Chapman and Hall, 186, Strand, [2. April 1838 – 1. Okt. 1839]. chf 3500.Erstausgabe. Charles Dickens dritter Roman in einem sehr gepflegten Exemplar, komplett mit allen unversehrten und unbeschnittenen grünen Umschlägen der neunzehn monatlich aufgelegten Original-Lieferungen, wovon die letzte als Doppelnummer mit Nr. XIX-XX nummeriert Anfang Oktober 1839 in den Handel kam. Charles Dickens Romane wurden nachdem sie in Einzellieferungen erschienen waren, wofür dem Verfasser je Lieferung 150 Pfund bezahlt wurden, vom Verleger zusammengetragen und als Buchausgabe (mit neuem Titelblatt) ab dem 23. Oktober 1839 in verschiedenen Einbänden angeboten. Unser vorliegendes, teilweise aus Erstdrucken bestehendes, Exemplar der unbeschnittenen Original-Lieferungen wurde erst 1900 im Auftrag des Pariser Bibliophilen Raymond Claude-Lafontaine von dem Pariser Meisterbinder Charles Meunier (1866-1948) gebunden. Mit seinem Roman verband Dickens u.a. auch die grosse Hoffnung, durch die schonungslose Beschreibung der Zustände zur Reform des desolaten Schulwesens in Yorkshire beizutragen. Den grossen Erfolg verdankte das Buch vor allem auch den vortrefflichen Londoner Milieuschilderungen und der Fülle von originellen Typen, die auftreten. Als Vorbilder für die beiden wichtigsten Protagonisten dienten dem Romancier der Schwager Henri Burnett in der Figur des Nicholas sowie als dessen redselige und egozentrische Mutter Dickens eigene Mutter, der er es nie verzeihen konnte, dass sie ihn als zwölfjährigen Jungen auf Arbeit geschickt hatte. – Druckernamen auf Frontispiz und den ersten vier Tafeln (als Merkmal des Erstdruckes, ebenso auf S. 123, Zeile 17 Druckfehler ‘visiter’ statt ‘sister’, hingegen auf S. 160, 6. Zeile von unten ist ‘latter’ korrigiert in ‘letter’). Provenance: Exlibris des Pariser Bibliophilen Raymond Claude-Lafontaine (1866-1914), dessen ‘Bibliothèque d’un ami des livres’ wenige Monate nach dessen Tod zur Auktion kam. Bibliographie: Smith I, 6; Eckel, The First Editions, S. 64f.; Hatton/Cleaver 129-160. On French and Italian Operas – La Querelle des Bouffons 77 [DIDEROT, Denis (1713-1783)]. Au petit prophète de Boesmischbroda, au grand prophête Monet, &c. Kl.-8vo (187 x 114 mm). 13 S. Lose in grauem Umschlag. [Paris, 1753]. chf 1500.Erstausgabe. Eine der seltensten Schriften Diderots, “pamphlet de circonstance, écrit pour un public restreint, et tous destinés à tomber dans l’oubli, à en juger par la rareté des exemplaires qui subsistent aujourd’hui” (David Adams). Auf dem Höhepunkt des 1752 eskalierten Buffonistenstreits, einer Kontroverse zwischen Anhängern der französischen, respektive der italienischen Opernmusik, veröffentlichte Denis Diderot – der eigentlich an einer Aussöhnung der beiden Parteien interessiert war – diese erste von drei anonymen Streitschriften, die beiden anderen sind: ‘Arrêt rendu à l’amphithéâtre’ und ‘Les Trois chapitres’. Der gewählte Titel verweist direkt auf die ein Monat zuvor von Diderots Freund Friedrich Melchior Grimm edierte Spottschrift ‘Le petit prophète de Boehmischbroda’, worin er sich gegen die französische Oper ereiferte und gar den Untergang des guten Geschmacks prophezeite, falls sich Paris nicht zur italienischen Musik bekehren sollte. In vielerlei Hinsicht war die ‘Querelle des Bouffons’ kein Streit um die Musik sondern vielmehr ein linguistischer, “a debate on the origins of language and analytic grammar, and a politicoanthropological one, a debate about the ideological superiority, relativity, and development of different cultures and ethnicities and about whether some were superior to others or all were equally to be respected” (Andrew H. Clark). Ein Ende fand der Konflikt schliesslich erst mit Glucks Opernreform und der Modernisierung der französischen Tragédie lyrique in den 70er Jahren. Mit dem ‘grand prophète Monet’ im Titel ist der bis 1757 als Direktor der Pariser Opéra-Comique amtierende Jean Monnet, mit dem ‘petit prophète’ der Freund Grimm gemeint. Auf Deutsch erschien Diderots Streitschrift innerhalb seiner ‘Ästhetischen Schriften’ (Bd. I, S. 138ff.). – Titel mit Blindstempel, leicht gebräunt und fleckig. Zensus: 9 Exemplare: Bibliothèque Royale, Bruxelles; Bibliothèque du Conservatoire Liège; Koninklijke Bibliotheek (Collectie Dr. D.F. Scheurleer), Den Haag; Bibliothek des Theatermuseums (Clara-Ziegler-Stiftung) München; Bibliothèque de l’Arsenal Paris; Bibliothèque Nationale de France, Bibliothèque de l’Opéra und Bibliothèque de la Comédie Française in Paris; Newberry Library Chicago und Music Division, Library of Congress, Washington D.C. Provenance: Aus dem Besitz des Malers und Sammlers Adol’f Iosifovic Charlemagne (18261901). Bibliographie: Adams I, S. 23, Nr. AE 1 und S. 12; Tchemerzine-Scheler II, 935; Conlon 53:607; Cioranescu 24041; Launay, La Querelle des Bouffons (1973), S. 422; Clark, Diderot’s Part (2008), S. 146. 78 DUBOIS, Urbain (1818-1901) und Emile BERNARD (1826-1897). La cuisine classique. Études pratiques, raisonnées et démonstratives de l’école française. Ouvrage illustré de 77 planches gravées et un frontispice ... 10me (resp.) 12me édition. 2 Bde. Gr.-4to (298 x 227 mm). Mit allegorischem Frontispiz und 76 lith. Tafeln. 407 S., [2] Bl.; 537, [3] S. Rote Original-Halblederbände, mit Rückenvergoldung (Ecken geringfügig bestossen). Paris, (J. Claye pour) E. Dentu, 1882 (Bd. II) und 1886. chf 1800.Eines der populärsten französischen Kochbücher aus dem 19. Jahrhundert. “Das bis dahin schönste und vollkommenste Werk über die Kochkunst” (Harry Schraemli) erschien als Erstlingswerk des späteren Chefkochs von Napoléon III, und dem deutschen Kaiser Wilhelm I. zuerst 1856 und wurde immer wieder überarbeitet und neu aufgelegt. – Stempel ‘Jules Dupont, Paris’ auf Vortitel. – Bd. I stärker stockfleckig. Bibliographie: Vicaire 289; Georg 1162; Oberlé 245; Horn/Arndt 422; Schraemli, 2000 Jahre gastronomische Literatur (1942), Nr. 89. 79 [DUBREUIL, Jean (1602-1670) S.J.]. The practice of perspective: Or, an an easy method of representing natural objects according to the rules of art ... The whole illustrated with one hundred and fifty copper-plates. Written in French by a Jesuit of Paris; since translated into German, by Johann Christoph Rembold; and into English, by Robert Pricke: and now, a second time, into the same language, by Ephraim Chambers. 4to (246 x 200 mm [Papiergrösse]). Mit 2 gefalteten Kupfertafeln und 150 ganzseitigen nummerierten Kupferstichen. Titel in Rot und Schwarz. XIII, [4], 16 S., (154) S. Moderner Halblederband im Stil des 18. Jhs. über 5 erhabenen Bünden, mit rotem Lederrückenschild. London, Thomas Bowles, 1749. chf 1500.Vom Schriftsteller und Uebersetzer Ephraim Chambers (1680-1740) im Jahr 1726 neu übersetzte englische Ausgabe des 1642 in Paris erschienenen, in England seit der ersten englischen Uebersetzung von Robert Prick (1672) als The Jesuit’s Perspective berühmt gewordenen Werks des Pariser Jesuiten Jean Dubreuil. Das anonyme Vorwort mit der allgemeinen Einführung in die Theorie der Perspektive schrieb James Hodgson (1672-1755), Mathematiker und Follow of the Royal Society, “who had published on several themes from pure and mixed mathematics. He managed to cover quite a lot of perspective issues on sixteen pages. He was presumably inspired by Taylor in letting the requested knowledge from Euclid occur as axioms, but otherwise Hodgson took his own approach” (K. Andersen). – Besitzeintrag, datiert 1841, auf etwas gebräuntem und fleckigem Titelblatt, sonst ein sauberes Exemplar. Bibliographie: BAL I, 925; Fowler 92; Andersen 48f. und 592; De Backer/Sommervogel II, 146 (unter Breuil). 80 DUDLEY, Robert, Earl of Leicester (1531-1588) – Edictum, quo status generales provinciarum Belgiae adhuc unitarum, summam gubernationem & Imperium illarum provinciarum, illustrissimo principi & domino, D. Roberto Dudleio, Lycestriæ Comiti, Baroni Deinbighiæ ... tradiderunt : Die 6. Februarij. Anno M D XIVC. [Auf Schlussblatt: Datum Beverae, 17. Augusti, Anno 1585]. Kl.-4to (198 x 154 mm). [4] Bl. Blaue Broschur. (Ohne Ort und ohne Drucker, chf 2400.1585/1586). Einzige Ausgabe dieser ohne Druckort und Druckername erschienenen Flugschrift, mit dem Wortlaut des am 4. Februar 1586 ergangenen Ediktes durch die rebellischen Generalstaaten, worin sie Robert Dudley, Graf von Leicester (1531-1588), zum General-Gouverneur der Vereinigten Niederlande ernennen. Nach der Einnahme Antwerpens durch Alessandro Farneses spanische Truppen am 17. August 1585 hatten sich die Generalstaaten Hilfe suchend an die Königin von England gewandt. Elisabeth I. sandte darauf Truppen unter Führung ihres Günstlings und Jugendfreundes Robert Dudley in die protestantischen Niederlande. Die in ihn gesetzten Hoffnungen konnte der durch Extravaganzen auffallende, militärisch aber inkompetent wirkende Dudley nicht einlösen, so dass er bereits im November 1587 wieder nach England zurückberufen wurde. Die Gunst der Königin verlor er dennoch nicht, denn sie beauftragte ihn umgehend mit einer neuen Aufgabe. – Minimal gebräunt. – Von grösster Seltenheit, von uns in nur 2 Bibliotheksexemplaren nachzuweisen (Preussische Staatsbibliothek Berlin und Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel). Bibliographie: Nicht im Index Aureliensis, Glorieux/de Beeck, Belgica typographica 15411600 oder sonst einer von uns konsultierten Bibliographie. 81 DUMONT D’URVILLE, Jules Sébastien César (1790-1842). Entdeckungs-Reise der französischen Corvette Astrolabe unternommen auf Befehl König Karls X. in den Jahren 1826-1829. Historischer Theil (alles Erschienene). Aus dem Französischen. Mit lithographiertem Atlas. Text und Atlas in 1 Bd. Folio (355 x 159 mm). Mit lithographiertem Titel und 60 Tafeln, nach Louis Auguste de Sainson u.a. lithographiert von Joseph Brodtmann. 118 S., 1 Bl. Index. Halblederband d. Z., mit Rückenschild (etwas berieben, Vorsätze erneuert). Schaffhausen, Joseph Brodtmann, [1836]. chf 2800.Schweizer Ausgabe des berühmten Forschungsberichts von Dumont d’Urvilles zweiter grossen Reise in die Südsee und nach Australien. – Der in Ueberlingen geborene Verleger Carl Joseph Brodtmann (1787-1862) hatte seine erste lithographische Anstalt 1816 in Lindau gegründet, übersiedelte dann aber nach Zürich, wo er sich 1817 im Haus zum Sonnenberg in der heutigen Chorgasse 15 niederliess. Er arbeitete als Zeichenlehrer und vertrieb im Selbstverlag seine noch in Lindau gedruckte erste Publikation, die “Naturhistorische Bilder-Gallerie”. Nachdem er 1820 die Erlaubnis zur Einrichtung einer Steindruckerei in Zürich erhalten hatte, wirkte er während zehn Jahren in der Limmatstadt. 1830 verkaufte er die Druckerei an J. J. Honegger und zog nach Schaffhausen, wo er seine bereits dritte lithographische Anstalt mit angeschlossener Buch- und Kunsthandlung aufbaute. – Titel und wenige Tafeln minimal gebräunt und stockfleckig, Tafel 54 mit kurzem Randeinriss im Kopfsteg, ein schönes und komplettes Exemplar. Bibliographie: Robert III, 1388; Bodi/Jeffries/Radvansky, Image of a Continent, 1580; Lonchamp 854; Dodge, Islands and empires: Western impact on the Pacific and East Asia (1976), 114f.; vgl. Sabin 21210; Borba de Moraes I, 273. 82 DURELLI, Gaetano (1789-1855) und Francesco (1792-1851). La certosa di Pavia. Descritta ed illustrata con tavole incise. Kl.-Folio (440 x 403 mm). Mit 70 Kupfertafeln (davon 8 gefaltet oder doppelblattgross), von und nach Francesco und Gaetano Durelli und Giuseppe Bramati. [4] Bl. (Titel, Widmung an den österreichischen Erzherzog Ranieri sowie die Einführung). Blauer Pappband d. Z., Original-Umschlag montiert, unbeschnitten. Milano, Nicolò Bettoni, 1823 [-1835]. chf 2100.Erstausgabe. In 23 Lieferungen veröffentlichtes grossformatiges Tafelwerk zur Architektur und Ornamentik des grossartigen, nördlich von Pavia gelegenen, Klosterkomplexes. 1396 von Giovanni Galeazzo Visconti gestiftet, wurde es 1402 von den Karthäusern bezogen. Als Architekten die von der Gründung bis zum Ausbau daran beteiligt waren, muss man besonders Bernardo da Venezia, Giacomo da Campione, Cristoforo da Conigo und die Brüder Giovanni und Giuniforte Solari nennen. Die ältesten Teile des Baus sind gotisch, zum Teil sogar noch romanisch, während spätere Hinzufügungen am Äussern dem Barockstil angehören. – Stellenweise minimale Stockflecken im Aussensteg, ein schönes unbeschnittenes Exemplar. Bibliographie: BAL 958; Thieme-Becker X, 211; Graesse II, 452; vgl. (nur Nachdruck mit 62 Tafeln) Olschki 14863. 83 EHRENBERGER, Bonifacius Heinrich (1681-1759). De quibusdam novis problematibus geometricis… – [Und:] Continuatio I. de novis problematis geometricis in campo instituendis… – [Und:] Continuatio II. de novis geometriae problematis campestribus… 3 Teile in 1 Bd. Kl.-4to (185 x 150 mm). Mit 9 halb- oder ganzseitigen geometrischen Figuren in Holzschnitt. [4] Bl.; [4] Bl.; [4] Bl. Moderner Pappband. Coburg, Ex officina Ottoniana, (1746-47). chf 1900.Erstausgabe. Drei kurze Komplementärwerke zur praktischen Mathematik in einem Band. Der Verfasser unterrichtete Mathematik und Logik am Gymnasium in Coburg wo er 1747 auch zum Vorsteher des Pädagogiums ernannt wurde. Zwei als Fortführung verstandene Traktate folgten im Jahr darauf. Bibliographie: Poggendorff I, 647; Jöcher/Adelung II, 841-842. 84 EINBAND VON OTTO BLAZEK – DYK, Viktor (1877-1931). Zpevy v bouri. Satiry. Kl.-8vo (148 x 103 mm). Mit Frontispiz und 2 ganzseitigen Illustrationen von Aleksander Vladimir Hrska. 77 S., 1 Bl. Von Otto Blazek signierter Art-Déco-Einband. In dunkelgrünem geglättetem Kalbsleder, mit oben und unten durchbrochenem Ornamentoval aus drei schmalen Goldfileten und einer Intarsie aus rotem Leder mit kurzer Goldprägung oben und unten, goldgeprägtem Rückentitel und Datum, Innenkantenornamentierung aus roter Lederintarsie und einfacher Goldfilete, Doublure und Vorsatz aus Marmorpapier, Kopfgoldschnitt (Rückenbezug etwas verfärbt). Rote Original-Broschur integral mitgebunden. In marmoriertem Pappschuber, mit lederverstärkten Vorderkanten. Prag, (Dr. Stepán Jez) Knihovna Vigilie, 1928. chf 2800.Wunderbares Beispiel eines tschechischen Art Déco Einbandes, aus der Werkstatt des Prager Meisterbinders Otto Blazek (1906-1967), der zu den hervorragendsten tschechischen Buchbindern des 20. Jahrhunderts zählt. Von 1920 bis 1926 lernte er bei Antonin Turdy in Prag und danach bei T. Steibel, ehe er von 1927 bis 1929 bei Pierre Legrain in dessen Pariser Atelier wirkte. Aus familiären Gründen nach Prag zurückgekehrt, nahm er vorerst das Angebot von Josef Vyskocil an, in dessen Werkstatt zu arbeiten, bevor er 1931 sein eigenes Atelier eröffnete. Bis 1936 entstanden alle seine im Stil des Art Déco gehaltenen Einbände. Danach begann Blazek eine Lehrtätigkeit an der Graphischen Schule in Prag; ab 1960 und bis zu seinem Tode hielt er auch noch Vorlesungen an der Prager Fachschule für Gestaltung. Eines von nur 50 nummerierten Vorzugsexemplaren auf Japan-Papier, aus einer Gesamtauflage von 500. Spätwerk des Prager Dichters, Dramatikers und Politikers Viktor Dyk. Mit eingebundener handschriftlicher tschechischer Übersetzung des Gedichts “Dialog” des Pariser Dichters und späteren Mitglieds der Académie Française, Fernand Gregh (18731906). Bibliographie: Zu Blazek vgl. Artikel von Jiri Plátek in: Kniharsky bulletin II, 1996, S. 3-6. 85 ERASMUS VON ROTTERDAM, Desiderius (1469-1536). Epitome adagiorum ex novissima ... per Eberhardum Tappium ad numerum Chiliadum aucta: et quod diligens lector facilè uidebit, multis in locis iam, quàm antè, diligentiùs emendata. Cum indice rerum ac uerborum locupletißimo, cumq[ue] praecipuorum autorum ... nomenclatura. Kl.-8vo (161 x 107 mm). [8] Bl., 632 (recte 634) S., [38] Bl. Blindgeprägter Schweinslederband d. Z. über 3 erhabenen Bünden, mit 2 intakten Schliessen. Köln, Gautier Fabricius [Martin Gymnichs Witwe?], 1553. chf 4800.Kölner Druck der Adagia, Erasmus vielgerühmte Sammlung antiker Sprichwörter und Redensarten, erstmals im Jahr 1500 veröffentlicht. Die Epitome bietet auf etwas mehr als 600 Seiten einen Auszug aus der umfangreichsten Ausgabe letzter Hand von 1536. Die vorliegende Edition ist ein seitengleicher Nachdruck der vier Jahr zuvor von Martin Gymnich verlegten Kölner Edition, “avec tous les accessoires. Même l’erreur typogr[aphique] à la fin de la pagination a été reproduite. Le titre seul contient une indication en plus: Cum indice ... La comparaison des initiales nous porte à croire que le volume sort des presses de la branche aînée de Gymnicus, lesquelles paraissent avoir appartenu à cette époque à la veuve de Martin I Gymnicus” (Vander Haeghen). – Notizen von alter Hand auf Spiegel und erstem fliegenden Blatt, minimal gebräunt; ein schönes Exemplar im ersten Blindprägeband. Bibliographie: Bezzel 121 (und vgl. 119); Vander Haeghen, Adagia, 310; VD 16, E-1965. 86 — Morias Enkomion (griechisch): Stultitiae laudatio. Editio castigatissima. [Hrsg. von Anne-Gabriel Meusnier de Querlon]. Kl.-8vo (161 x 102 mm). Mit Frontispiz nach Hubert-François Gravelot gestochen von Joseph de Longueil, 1 Kopfvignette nach Pierre gestochen von Etienne Fessard sowie 1 Schlussvignette in Holzschnitt. Vortitel, XIII, 214 S. Olivgrüner Maroquinband d. Z., mit Vergoldung. Rücken auf fünf Bünden mit floralem Dekor, Deckeleinfassung mit Dreifachfileten, Innenkantenbordüre, Goldschnitt. London und Paris, Barbou, 1765. chf 1800.- Reizendes Exemplar von Erasmus’ ‘Lob der Torheit’ im Ganzmaroquinband der ersten Edition durch Anne-Gabriel Meusnier de Querlon (1702-1780), Schriftsteller und Journalist aus Nantes. Zuerst 1511 als nicht autorisierter Druck in Paris und danach in Strassburg veröffentlicht, wurde die ironisch-satirische Schrift noch zu Lebzeiten des Verfassers in über dreissig Auflagen verbreitet. Eine zweibändige Duodez-Ausgabe erschien 1777. Bibliographie: Van der Haegen, Répértoire I, 127; Quérard, La France littéraire III, 27; Hoefer XXXV, 263. 87 — Paraclesis Teütscht wie ein teürberlich unaussprechlich schatz und klainet sey des Evangelium und haylig wort gottes. 4to (200 X 156 mm). Mit grossem Portrait-Holzschnitt auf Titel. [14] Bl. Grüne Broschur. [Augsburg, Johann Schönsperger d.J., 1521?]. chf 1600.Von Erasmus ursprünglich als Vorrede zu seiner berühmten Uebersetzung des Neuen Testaments von 1516 verfasst, erschien Paraclesis auch separat in zahlreichen lateinischen und deutschsprachigen Einzeldrucken. In begeisterten und allgemeinverständlichen Wendungen fordert der Humanist eine breite religiöse Bildung. – Einer von vier bei Johann Schönsperger in Augsburg erschienenen Drucke der zweiten Ausgabe der anonymen Uebersetzung ins Deutsche. Nach Holeczek (Erasmus deutsch, S. 66f.) handelt es sich bei den SchönspergerAusgaben um allesamt 1520 erschienene Nachdrucke der Erfurter Erstausgabe, wohingegen Bezzel den Druck mit 1521 datiert.- Durchgehend handschriftlich foliiert und mit diversen Marginalien einer Humanistenhand. – Titel geringfügig fleckig und mit Eckausriss. Bibliographie: Bezzel 1429; VD 16, E-3314; De Reuck 293; Rummel/Schrag, The Erasmus Collection in the Herzog August Bibliothek (2004), 945. 88 — Ratio seu methodus compendio perveniendi ad veram theologiam ... Paraclesis, id est, exhortatio, ad studium evangelicae philosophiae per eundem. Kl.8vo (150 x 100 mm). Mit figürlicher Titelbordüre in Holzschnitt und Druckermarke auf Schlussblatt verso. [112] Bl. Moderner marmorierter Pappband. (Köln, Johann Soter für Gottfried Hittorp), 1523. chf 1800.In Köln gedruckte Ausgabe der von Erasmus zu einem selbständigen Traktat ausgearbeiteten Vorrede (Methodus), eine von insgesamt drei, die er seiner berühmten Übersetzung des Neuen Testaments von 1516 beigegeben hatte. In der erstmals 1518 bei Theodor Martinus in Löwen separat gedruckten Ratio verae theologiae erläutert der Humanist die Grundlagen seiner Interpretationsmethode. In der Beschäftigung mit dem Griechischen steht für Erasmus nicht mehr Homer, sondern das Neue Testament im Mittelpunkt. Erstmals 1519 durch Johann Froben als Separatdruck aufgelegt, wurde der Traktat bis 1555 nicht weniger als vierzehnmal nachgedruckt. Die anmutige Titelbordüre zeigt kletternde und spielende Genien. – Aussensteg der ersten fünf sowie von zwei weiteren Bl. hinterlegt, einige Bl. mit Randläsuren, etwas gebräunt und fleckig. Bibliographie: Bezzel 1699; Vander Haeghen I, 168; Merlo Sp. 1047, 438 und Sp. 1072, 510. Eine der wertvollsten Quellen für Zürichs neuere Lokalgeschichte 89 ESCHER, Hans Erhard (1656-1689). Beschreibung des Zürich Sees: Wie auch von Erbauung, Zunemmen, Stand und Wesen loblicher Statt Zürich: Von der Lust- und Nutzbarkeit des Sees: von vielen Thieren, so sich in und um denselbigen befinden ... 16mo (162 x 96 mm). Doppelblattgrosser Kupfertitel mit Johann Meyers Ansicht von Zürich vom See aus gesehen, 1 gefalteten Karte des Zürichsees nach Conrad Gyger gestochen von J. Meyer sowie einem kleineren Textholzschnitt (“seltsamer Wasserkefer”) auf S. 139. Drucktitel in Rot und Schwarz. [10] Bl., 416 S., [11] Bl. (ohne das letzte leere). Dunkelbrauner Kalbslederband d. Z. Zürich, Johann Rudolf Simler, 1692. chf 3900.Erstausgabe. Eschers Buch gilt als eine “der wertvollsten Quellen für die neuere Lokalgeschichte” (Bruno Weber). Die Drucklegung besorgten nach dem frühen Tod des Verfassers dessen Freunde. Dem historischen Abriss der Stadt Zürich folgt die erste Naturgeschichte des Sees, der damals einen sehr reichen Fischbestand aufwies. Die Beschreibung der Seegemeinden im dritten Abschnitt bietet u.a. auch eine Auflistung berühmter Personen. Das Bändchen schliesst mit einer Chronologie “merkwürdiger Dinge”. – Das Frontispiz sowie die Zürichseekarte stach der Zürcher Kupferstecher Johann Meyer (1655-1712). Die nach Vorlage der Gygerschen Zürcher Karte von 1664/67 gestochene sehr detaillierte Seekarte listet über 100 Ortsnamen auf. Provenance: Johann Jacob Sprüngli (1801-1889), der Thalwiler ‘Sängerpfarrer’. Bibliographie: Haller I, 1418 und 339; Paisey E-562; VD 17 (Online Kat.) 23:277031S; Weber, Zeugnisse des Zürcher Buchdrucks aus 6 Jahrhunderten (1977), 67; Graf II, 167 (Karte); Studer, Geschichte der physischen Geographie der Schweiz, 175; Brun I, 644. 90 [ESTIENNE, Charles (1505-1564)]. De re hortensi libellus, vulgaria herbarum, florum ac fruticum, qui in hortis conseri solent, nomina Latinis vocibus efferre docens ex probatis authoribus ; in adolescentulorum gratiam, multo quam antea locupletior factus. Cum nuper additus est alius libellus De cultu & satione hortorum, ex antiquorum sententias. – [Angebunden von demselben:] Seminarium sive plantarium earum arborum, quae post hortos conseri solent. 2 Werke in 1 Bd. 16mo (160 x 107 mm). Mit Holzschnitt-Druckermarke auf Titel. 141, [1] S., 1 leeres Bl.; 180 S., [10] Bl. Index. Pergamentband d. Z. (etwas fleckig, ohne die Schliessbänder). Paris, Ex. Officina Robert Estienne, September 1545, resp. Dezember 1548. chf 1400.Die vermehrte zweite Ausgabe des an jugendliche Leser gerichteten frühen Hausväterund Gartenbuchs. Mit einem neuen Vorwort versehen, widmete es der Verfasser seinem Neffen Henri Estienne. Nach seinen beiden vorausgegangenen Bearbeitungen von Texten des französischen Staatsmannes Lazare de Baïf, ‘De re vestiaria libellus’ und ‘De vasculis libellus’ veröffentlichte der gelehrte Charles Estienne mit diesem Buch [EA 1535] sein erstes eigenständiges Buch zur Unterweisung der Jugend. Systematisch stellte er all das zusammen, was über den antiken Land- und Gartenbau zu vermitteln war. Estienne gibt für die lateinischen botanischen Namen auch die französischen Entsprechungen. – Im erstmals 1536 gedruckten Seminarium behandelt Estienne die Nomenklatur und Bewirtschaftung der Bäume. Dazu publizierte er zwei Jahre später noch eine Ergänzung unter dem Titel Sylva. Frutetum. Collis. – Titel etwas angestaubt, kleiner Braunfleck im Fusssteg des ersten Titels. Bibliographie: Renouard 64.8 und 71.3; A. Horodisch, Die Geburt eines Kinderbuches im 16. Jhdt. in: Gutenberg Jb. 1960, 211f.; vgl. Schreiber 58 und 61. 91 FARCY, Charles-François (1792-1867). Essai sur le dessin et la peinture, relativement à l’enseignement. Nouveau précis de perspective. 8vo (208 x 132 mm). 8vo (208 x 132 mm). Mit 8 lith. Falttafeln. 84 S. Paris, 1819. – [Angebunden:] FOIN DE SAINT MORIEN (tätig um 1779-1790). La perspective aérienne, soumise à des principes puiseés dans la nature; ou nouveau traité de clair-obscur et de chromatique, à l’usage des artistes. Avec figures. Mit 2 (1 handkol.) Kupfertafeln. Vortitel, 174 S. Paris, 1788. 2 Werke in 1 Bd. Kalbslederband d. Z. mt Traubenbordüre auf beiden Deckeln in Goldprägung, reicher Rückenvergoldung und Rückenschild, marmorierter Schnitt. Paris, A. Bobée, 1819 et Didot fils ainé, 1788. chf 1400.Erstausgabe. Der als Zeichenlehrer und Buchdrucker wirkende Verfasser erklärt hier die Kenntnisse der Perspektive zum “Führer und Tor, ohne dass in der Malerei oder sonst in einer Kunstform, die auf dem Zeichnen gründet, kein Erfolg zu erzielen sei”. – Das nachgebundene Werk über die Luft- und Farbenperspektive des Kupferstechers Foin de Saint-Morien erschien zuerst 1779 und liegt hier in der zweiten Ausgabe vor. – Schwach stockfleckig, sonst tadellos. Bibliographie: DBF XIII, 583. 92 FÄSI, Johann Conrad (1727-1790). Genaue und vollständige Staats- und Erd-Beschreibung der ganzen Helvetischen Eidgenoßschaft, derselben gemeinen Herrschaften und zugewandten Orten. 4 Bde. 8vo (190 x 125 mm). Mit 1 ganzseitigen Textholzschnitt (1747 in Zürich aufgefundene römische Schrifttafel [auf S. 293 in Bd. I]), diversen Kopf- und Schlussvignetten sowie Initialen in Holzschnitt. XVI, 975, [1] S.; VIII, 778, [2] S.; VII, [1], 783, [1] S.; V, [1], 680 S., 111, [1], 32 S. (Zusätze und Verbesserungen zu den 4 Bdn.)., 1 Bl. Verlagsanzeigen. Halblederbände d. Z. über 5 erhabenen Bünden mit Lederrückenschildchen (Rückenkopf von Bd. III und IV etwas beschädigt). Zürich, Orell, Gessner und Comp., 1765-68. chf 1200.Erstausgabe. Um der 1760 in Deutschland erschienenen, von vielen Schweizern aber als zu ungenau und oberflächlich empfundenen Beschreibung der Eidgenossenschaft in Anton Büschings ‘Neuen Erdbeschreibung’ eine authentische und zuverlässigere Landeskunde entgegenzusetzen, beauftragte der Zürcher Verlag Orell, Gessner und Compagnie den Uitiker Pfarrer und Schüler Johann Jakob Bodmers, Johann Conrad Fäsi mit dieser anspruchsvollen Aufgabe. Dank der Mithilfe vieler Gelehrten im Land gelang es Fäsi, die Aufgabe in wenigen Jahren zu bewältigen. Seine Staats- und Erdbeschreibung der ganzen Helvetischen Eidgenoßschaft “muss als grossartige Leistung in so kurzer Zeit betrachtet werden ... Es enthält Erdbeschreibung, Geschichte, Staats- und Ortskunde ... und ist eine Bestandsaufnahme der politischen, wirtschaftlichen, geographischen [und] sittlichen Kräfte” (Feller/Bonjour). Fäsis Opus magnum blieb auf lange Zeit ein wertvolles Nachschlagewerk und trug nicht unerheblich zur Herausbildung eines Schweizer Nationalbewusstseins bei. Als erster bezeichnet Fäsi die Schweiz hier auch als “Eidgenössischer Freystaat”, ein Begriff, der erstmals 1754 vom deutschen Staatsrechtler Johann Jacob Moser verwendet wurde. Am Schluss des vierten Bandes finden sich die separat paginierten Nachträge und Verbesserungen zu den vier Bänden. – Ein schönes und komplettes Exemplar. Bibliographie: Bürger, Aufklärung in Zürich (1997), S. 185, Nr. 65Haller I, 743; Feller/ Bonjour 522ff; Möller 441; Wäber 34 (mit abweichender Kollation). From the Library of Maria Feodorovna, wife of Czar Paul I 93 FÉNÉLON, [François de Salignac de la Mothe (1651-1715)]. Nouveaux dialogues des morts, avec des contes & fables, composés pour l’éducation d’un prince. Nouvelle édition, corrigée et augmentée de diverses pieces. 2 vols. Klein-8vo (157 x 98, resp. 164 x 98 mm). Mit gestochenem Frontispiz, Titel in Rot und Schwarz mit kleiner Kupferstichvinbette. [9] Bl. (das letzte unbedruckt), 212 S.; VIII, 172 S. Rote Maroquinbände d. Z. mit Wappensupralibros, Russischer Doppeladler mit Wappen Maria Feodorovnas, Ehefrau von Zar Paul I. auf beiden Deckeln, ornamentlae Goldbordüre, Goldschnitt (Ecken teilweise geringügig bestossen, Bd. I geringfügig kleiner). Amsterdam, J. Wetstein, 1745 (Bd. I) und Leipzig, Jean François Junius, 1773 (Bd. II). chf 1800.- Einheitlich gebundenes Mischexemplar von zwei kleinformatigen Editionen von Fénelons Fürstenspiegel, aus der Bibliothek von Maria Feodorowna, geb. Prinzessin Sophia Dorothea von Württemberg, Ehefrau von Zar Paul I. und Mutter der späteren Zaren Alexander I. und Nikolaus I. Im Stil der Totengespräche Lukians stellt er darin Vertreter verschiedener Länder, Nationen und Epochen einander gegenüber, um die zu allen Zeiten gleiche ‘sottise’ der Menschen blosszulegen und damit den Leser moralisch zu erziehen. – Exemplar aus der Bibliothek von Zar Paul I und seiner zweiten Frau Maria Feodorowna, geb. Prinzessin Sophia Dorothea von Württemberg und Mutter der späteren Zaren Alexander I. und Nikolaus I. 94 FERRARI, Giovanni Battista (1584-1655), Hrsg. Nomenclator Syriacus [Syrisch und Lateinisch]. 4to (240 x 175 mm). Mit Holzschnitt-Druckermarke auf Titel. [8] Bl., 944 Spalten, [152] S. Zweispaltiger Druck. Pergamentband d. Z. Roma, Stefano Paolini, 1622. chf 3800.Erstausgabe. In Zusammenarbeit mit anderen Gelehrten entstandenes, umfangreiches syrisch-lateinisches Wörterbuch des aus Siena stammenden Orientalisten Giambattista Ferrari. Nach Andreas Masius’ Syrorum peculium von (1571/72) stellt es erst das zweite im Druck erschienene syrisch-lateinische Wörterbuch dar. Ferraris Nachruhm gründet vor allem aber auch auf seinen Leistungen auf dem Felde der Botanik, wo er zu den bedeutendsten Wegbereitern der Pomologie zählt. – Nur die Vorsätze etwas wasserrandig, gelegentlich schwach gebräunt und/oder stockfleckig, ein vorzügliches Exemplar. Provenance: Auf Vorsatz hs. und mit 1833 datierter Besitzeintrag des Genfer Pfarrers JacquesJean-Louis Segond (1810-1885), ab 1840 Professor für Häbraistik und Exegese des Alten Testaments und zwischen 1874-80 Urheber einer neuen Bibelübersetzung ins Französische. Bibliographie: Rhodes 336; De Backer/Sommervogel III, 677, Nr. 4; ONeill/Dominguez II, 1405; Zaunmüller 372; Ebert 7483. 95 FIELD, George (1777-1854). Chromatography; or, a Treatise on Colours and Pigments, and of their Powers in Painting, etc. Folio (323 x 252 mm). Mit Frontispiz (teilweise handkol.) und 1 Tafel mit Messinstrumenten, nach George Field gest. von E. Turrell. XIX, 276 S. Moiré-Leinenband d. Z., mit goldgeprägtem Rückentitel (Rückenbezug des Hintergelenks etwas eingerissen, Ecken minimal beschabt). London, (A. J. Valpy for) Charles Tilt, 1835. chf 4000.Erstausgabe. Field setzte sich ein Leben lang sowohl durch praktisch mit Farben (pigments) und Färben (dyes) als auch theoretisch mit ihren harmonischen Beziehungen auseinander. Wie bereits in seinem Erstlingswerk Chromatics von 1817 knüpfte er hier an die Arbeiten des Frankfurter Malers und Kupferstechers Jacob Christoph Le Blon (1667-1741) an, der 1730 einen Farbenkreis aus den drei “primitiven” Farben Rot, Gelb und Blau und den drei Mischfarben Orange, Grün und Purpur vorgeschlagen (und sich damit von Isaac Newton abgehoben) hatte. “The principal object of the present treatise is, therefore, by pointing out the true character and powers of colours and pigments, to enable the student to choose and employ judiciously those which are best adapted to his purpose, and thereby to prevent the too frequent disappointment of this hopes and endeavours by a failure at the very foundation of his work ... As colorus or pigments refer to the various modes in which painting is practised, and as these modes differ most essentially in the mechanical application of colours, in their chemical combinations, and in the purposes to which they are applied, – the chemical and mechanical properties of pigments have been indicated herein, and the appropriate application of each pointed out, so far as to enable the student in each mode to make his own selection” (Vorwort, S. XI-XII). Das Buch erfuhr 1841, 1869 und 1885 weitere englische Auflagen und eine deutsche Uebersetzung (Chromatographie. Eine Abhandlung über Farben und Pigmente) erschien 1836 in Weimar. Bibliographie: Herbert, Color Bibliography, 17; The Faber Birren Collection of Books on Color (Online) L ND1488/F5; Silvestrini/Fischer, Farbsysteme in Kunst und Wissenschaft (1998), Nr. 18; Oxford DNB XIX, 472. 96 [FIOCCHI, Andrea Domenico (+1452)]. De magistratibus sacerdotiisque; Romanoru[m] libellus, iamprimum nitori restitutus. Pomponii Laeti itidem de magistratibus & sacerdotijs, et praeterea de diversis legibus Ro[manorum]. Item Valerii Probi gram. de literis antiq. opusculum. Kl.-8vo (160 x 100 mm). Titel innerhalb Renaissance-Holzschnitt-Bordüre mit Dionisius rechts und Kleopatra unten und 6 schwarzgrundigen, teilweise grossen Holzschnitt-Initialen. [88] Bl. Moderner Halbpergamentband, mit hs. Rückentitel. [Köln, Eucharius Cervicornus, um 1530]. chf 1200.Erstmals 1474 als De Romanis potestatibus, sacerdotiis et magistratibus aufgelegtes klassisches Rechtsbuch. Es liegt hier in einer seltenen Kölner Ausgabe vor. “The treatise enjoyed almost immediatly a wide circulation ... and at the close of the 15th century there were already seven printed texts available” (M. Laureys). – Ein vor allem in der ersten Hälfte von zeitgenössischer Humanistenhand dicht annotiertes Exemplar; auf dem Schlussblatt mehrzeilige Ovid-Zitate von anderer Hand sowie Definitionen der Kirchenämter eines Bischofs oder Metropoliten. Bibliographie: VD 16, F-1644; Panzer IX, 176, 150; Adams F-599; DBI XVIIIL, 80f.; zu Cervicornus vgl. W. Schmitz, Die Überlieferung deutscher Texte im Kölner Buchdruck (1990), S. 369f.; M. Laureys, At the threshold of humanist jurisprudence: A. Fiocchi’s De potestatibus Romanis, in: Bulletin de l’Institut Historique de Rome LXV (1995), S. 25f. A beautifully illustrated book on hydraulic engineering of the Baroque period 97 FONTANA, Carlo (1634-1714). Utilissimo trattato dell’ acque correnti. Diviso in tre libri, nel quale si notificano le misure, et esperienze di esse. I giuochi, e scherzi, li quali per mezzo dell’ aria, e del fuoco, vengono operati dall’ acqua. Folio (350 x 242 mm). Mit 2 gefalteten Kupferstichtafeln (Lago di Bracciano und Querschnitt des Castello), 80 halbseitengrossen Textkupfern, radiert nach Vorlagen Carlo Fontanas von Alessandro Specchi, 102 grossen, sechszeiligen Ornamentinitialen und diversen Kopf- und Schlussstücken in Holzschnitt. [8] Bl., 196 S., [8] Bl. Index und “Capitoli aggiunti al libro II”. Pergamentband d. Z. über 5 erhabenen Bünden, mit hs. Rückentitel. Roma, Giovanni Francesco Buagni, 1696. chf 4800. Erstausgabe. Meisterhafter und aufwendig gedruckter Beitrag zur Literatur der Wasserbauarchitektur des im Tessin geborenen Römer Architekten. Im Alter von fünfzehn Jahren kam Fontana nach Rom, wo er durch Giovanni Maria Bolino, Pietro da Cortona und Carlo Rainaldi ausgebildet wurde und als Schüler Gian Lornzo Berninis schliesslich auch dessen Nachfolge antreten konnte und zum führenden Barockbaumeister Italiens aufstieg. Neben seinem Wirken als Lieblingsbaumeister der römischen Elite arbeitete Fontana immer auch und mit ebenso grossem Erfolg als Wasserbauingenieur. Als Frucht dieser dreissigjährigen Praxis schrieb er dieses Meisterwerk, das er Giuseppe Ignazio d’Austria, Re’ de Romani (1678-1711) widmete, der als Joseph I. ab 1705 Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation regierte. In drei Teilen wird ein breites Spektrum empirischer und theoretischer Fragen behandelt. “In the discussion of the behavior of water, Fontana challenges Galileo’s theory of flotation, positing water as heavier than earth. The technique of moving water through lead pipes is discussed, as is the theory of the speed of the movement of water, followed by an analysis of compression and the function of pumps” (Milliard Collection). Im dritten und abschliessenden Teil beschreibt Fontana die Versorgung Roms mit Wasser aus dem rund fünfzig Kilometer nordwestlich in den Monti Sabatini gelegenen Lago di Bracciano, das über eine entlang des antiken römischen Aquädukts Aqua Traiana führende Wasserleitung in die Stadt geführt wurde. Fontana verwendete Natur und ‘Natürlichkeit’ “gleichbedeutend mit dem guten Urzustand der Antike; ein ‘zurück zur Natur’ hiesse für ihn demnach: Zurück nach Rom – zurück zu dem Rom, das gross, weltbeherrschend und ‘gut’ war, das seiner eigentlichen Bestimmung gerecht wurde. Diese Rückkehr wiederum ist nur möglich mit Hilfe der exakten, der nutzbringenden mathematischen Wissenschaften; sie zu kennen und anzuwenden ist der wahre Dienst am Allgemeinwohl” (Christian Wieland, Grenze zwischen Natur und Machbarkeit. Technick und Diplomatie in der römisch-florentinischen Diskussion um die Valdichiana, in: Saeculum. Jahrbuch für Universalgeschichte Bd. LVIII (2007), S. 28f.). Die nach Fontanas Zeichnungen von dessen Schüler Alessandro Specchi (1668-1729) radierten Textkupfer – “of a high artistic and decorative standard” (Millard Coll.) – legen die Prinzipien der Hydraulik dar und zeigen u.a. verschiedene Syphons, Brunnen und Springbrunnen, das erstmals 1643 von Evangelista Torricelli formulierte “TorricelliExperiment”, diverse Wasserbauwerke, Kanäle, Aquädukte, Wasserfälle, immer kommentiert von Fontanas Ausführungen über ihre technische Realisierung. Seit 1690 wirkte Fontana auch als Lehrer an der Academia di San Luca; zu seinen bedeutendsten Schülern zählen u.a. Nicodemus Tessin aus Stockholm, Johann Dientzenhofer aus Bamberg, der Schotte James Gibbs, der in Graz geborene Johann Bernhard Fischer von Erlach und der Genuese Johann Lucas von Hildebrandt. Für seine Verdienste wurde Fontana 1699 durch Friedrich August II. von Sachsen-Polen in den Grafenstand erhoben. – Spiegel und Vorsätze etwas. die S. 17/18 und 23/24 stärker gebräunt, Titel minmal stockfleckig, ein sehr schönes und komplettes Exemplar im ersten Einband. Provenance: Grosses Exlibris des schwedischen Dichters, Komponisten und Politikers Gunnar Wennerberg (1817-1901) und hs. Eintrag auf Vorsatz, datiert 1726. Bibliographie: Roberts/Trent, Bibliotheca Mechanica (1991), 115-116; Millard Coll. Italian, Nr. 39; Donati, Artisti ticinei a Roma (1942), S. 263ff.; Berlin Kat. 3613; Fowler 123; Cicognara 915; Libreria Vinciana 1652; Riccardi I/1, 466, 1: “Libro raro e molto apprezzato sia dal lato bibliografico per la eleganza delle tavole, sia dal lato scientifico per quanto riguarda la parte meccanica della condotta delle acque”; ausführlich: Hager, Einführung zur Faksimile-Edition (1998). 98 FORESTIER, Alcide Vicomte de (1802-1852), Hrsg. Alpes pittoresques. Description de la Suisse. Par MM. Le M(arqui)s de Châteauvieux, Dubochet, Franscini, le Présid(en)t Monnard, Meyer de Knonau, N. de Ruttimann, Schnell, Jne. Straumeier, le C(olon)el de Tscharner, Henry Zschokke, &c. Orné de vues et cartes gravés sur acier, costumes et armoires coloriés. 4to (270 x 200 mm [Papierrformat]). Mit zus. 113 (von 120) Kupfertafeln, darunter alle 21, teilweise gefalteten, Karten der Gesamtschweiz und der Kantone, alle 23 handkolorierten Kostümtafeln, alle 3 farbigen Wappentafeln, das getönte grosse Panorama von Thun und die Umrisstafel des Berner Totentanzes von Niklaus Manuel sowie die Ansichtstafeln nach Girard. 2 Kupfertitel mit Ansichtsvignette, LVI, 136 S.; 258, [6] S. Halblederband d. Z. mit Rückenvergoldung. Paris, chez Delloye, 1837 (Bd. II) und 1838. chf 1200.Reich illustriertes Werk über alle damaligen Schweizer Kantone. Die Mehrheit der handkolorierten und eiweissgehöhten Tafeln mit den Kantonstrachten stammen von Franz von Elgger (1786-1864), die Kantonskarten wurden vom französischen Kartographen Thunot Duvotenay (1796-1875) gezeichnet und von Charles Dyonnet radiert, einige Ortsansichen nach Pierre Girard (1806-1872). Die über fünfzig Seiten umfassende Einführung verfasste der französische Publizist Philippe Busoni (1804-1883), die Texte stammen u.a. von Marquis Frédéric de Lullin de Chateauvieux (1772-1841), Heinrich Zschokke (1771-1848) oder le Doyen Philippe-Cirice Bridel (1757-1845). – Zwei Tafeln mit Ansichten von Luzern und drei Textbll. mit grösserem Braunfleck, sonst ein sehr sauberes Exemplar. Bibliographie: Perret 1714; Lonchamp 65; Hiler 322; Lipperheide Ga 43; Weber 133. Rare 16th Century Italian Mirror for Princes 99 FRACHETTA, Girolamo (1558-1620). Il Prencipe. Nel quale si considera il Prencipe & quanto al governo dello stato, & quanto al maneggio della guerra. Distinto in due libri. Kl.-8vo (169 x 115 mm). [10] Bl. (das erste Bl. leer), 425 S., 1 Bl. Flexibler Pergamentband d. Z. mit Ueberstehkanten (ohne die Schliessbänder). chf 1200.Rome, Niccolò Muzi for Bernardino Beccari, 1597. Erstausgabe. Frachettas italienischer Fürstenspiegel wurde päter häufig zusammen mit seinem ‘Seminario dei governi di stato e di guerra’ verlegt. Das in nur sieben Wochen in Neapel verfasste Buch etablierte Frachettas Ruf als politischer Denker. “According to Girolamo Frachetta, reason of state consists of that group of government mechanisms by means of which the prince deals in the discipline of peoples ... In an extremely interesting manner, the author proposes a definition of reason of state within the context of a significant relationship which links the reasons of government with those of interest, and also with the inevitable emergencies created by war” (Gianfranco Borrelli, Reason of State. The Italian Art of Political Prudence [1994]). – Wenige Marginalien zu Beginn; stellenweise schwach fleckig und/oder gebräunt, Titel und Vorsatz mit kurzem Wurmgang, ein sauberes Exemplar. Provenance: Bibliotheksstempel Cardelli, Roma auf dem Titel und Exlibris Franz PollackParnau (1903-2002). Bibliographie: Adams F-828; ICCU (Online Kat.) 018442; Philipp, Liste der ermittelten Fürstenspiegel (1995), S. 36. Die Wissenskultur im Barockzeitalter 100 FRANCISCI, Erasmus (1627-1694). Der Wunder-reiche Uberzug unserer Nider-Welt, oder erd-umgebende Lufft-Kreys ... Und einem ... Anhange, von der Welt-Ort und Lauffe, oder Stillstande der Lufft-umfangenen Erd-Kugel ... erörtert, und beschrieben. 4to (208 x 160 mm). Mit gestochenem Frontispiz von C. N. Schurk, 1 gefalteten Ansicht von Babylon und 26 Kupfertafeln, gestochen von Johann Alexander Boener. Titel in Rot und Schwarz. [20], 1450, [30] S. Pergamentband d. Z., mit montiertem goldgeprägtem Lederrücken. Nürnberg, Wolfgang Moritz Endter, chf 2200.1680. Erstausgabe von Franciscis zweitem Beitrag zu den Naturwissenschaften. Der in Lübeck geborene aber mehrheitlich in Nürnberg wirkende Polyhistor war in jungen Jahren zweitweilig Korrektor des vor allem für seine Bibelproduktion berühmten Endter Verlags. Später gelang es Francisci, sich als erster oder als einer der ersten professionellen Publizisten und Schriftsteller zu etablieren. Im vorliegenden Buch über die Meteorologie als eine der ältesten Naturwissenschaften gibt der Verfasser auch ein höchst aufschlussreiches Bild der Wissenskultur des Barockzeitalters, aus dem unter anderen Errungenschaften die Temperatur- und Luftdruckmessung, die Erzeugung eines künstlichen Vakuums, die Beschreibung der wellenförmigen Schallausbreitung oder die ersten chemischen Analysen der Bestandteile der Luft hervorgingen. Seine beachtlichen Kenntnisse der neuesten wissenschaftlichen Errungenschaften bezog Francisci vor allem auch aus seiner intensiven Lektüre der neu gegründeten wissenschaftlichen Periodika aus ganz Europa. Der hier in einem vorzüglichen Exemplar vorliegende ‘Wunder-reiche Uberzug unserer Nider-Welt’ bietet ein Spektrum von Themen, die “das Bild einer vom Wetter geprägten barocken wissenschafftlichen Landschaft ergeben und in der sich die Konturen einer tief greifenden Umwälzung der ganzen Gesellschaft abzeichnen ... Er nimmt eine Auswahl vor, auf die man heute beim Thema Luft nicht käme, die aber haargenau der barocken Auffassung und ihrem Geschmack entsprach. In einem gelungenen Kunstgriff lässt er die Protagonisten ... so debattieren, als seien sie gemeinsam geladene Teilnehmer einer grossen Freiluftkonferenz. Franciscis Luft ist die seiner Zeitgenossen, voller Abenteuer, menschlichem Leid und angsterfüllten Gaukeleien ... Das Buch ... bietet das seltene und sprachlich pralle Vergnügen, einer scholastischen Diskussion zu folgen, die unter der Last alchemistischer und experimenteller Zutaten in lauter Sackgassen gerät, ein alchemistisches Kauderwelsch mit surrealen Dimensionen zu erleben oder einem sich auflösenden Aristoteles hinterherzusteigen” (Helmut Veil). – Kleiner Papierverlust im Fusssteg der S. 249-266 (ohne Textbeeinträchtigung), vereinzelte Flecken; ein sehr gutes Exemplar, komplett mit allen Kupfertafeln. Bibliographie: Dünnhaupt II, 1537, Nr. 30; Paisey F-711; Faber du Faur 741; Hayn/Gotendorf IV, 195; Veil, Von der Meteorologie der Sphären zum irdischen Vakuum. Wissenschaft und Religion im Barock (2009). The Apotheosis of Benjamin Franklin – The 3 first French Eulogies 101 FRANKLIN, BENJAMIN (1706-1790) – Die 3 ersten und berühmtesten französischen Lobschriften auf den am 17. April 1790 gestorbenen Benjamin Franklin, einer der Gründerväter der Vereinigten Staaten, der in Paris als Personifikation der Amerikanischen Demokratie und Hüter der Menschenrechte allerhöchste Verehrung genoss. I) MIRABEAU, Honoré-Gabriel de Riquetti, comte de (1749-1791). Discours du comte de Mirabeau, Dans la Séance de ce matin 11 Juin [1790], sur la mort de Benjamin Francklin(!), Imprimé par ordre de L’Assemblée Nationale [dans le Procès Verbal No. 315]. 3 S. Paris, Chez Baudouin, 1790. II) LA ROCHEFOUCAULD, [d’Anville, Louis-Alexandre de (1743-1792)]. Extrait du Journal de la Société de 1789. Dans le comité général de discussion, tenu le 13 juin [1790] à la Société de 1789, M. de La Rochefoucauld, ... a lu le morceau suivant sur Benjamin Franklyn(!). 15 S. [Paris, Imprimerie de Lejay Fils, 1790]. III) FAUCHET, Claude [(1744-1793) und David-Julien LE ROY (1724-1803)]. Eloge civique de Benjamin Franklin, Prononcé. le 21 Juillet 1790, dans La Rotonde, au nom de La Commune De Paris, ... En présence de MM. les Députés de l’Assemblée Nationale, ... & de MM. les Elécteurs de Paris. [Ab Seite 38: Note de M. Le Roy sur Franklin]. 8vo. Titel, 50 S. Paris, Lottin et als., 1790. Zus. 3 Werke. Geheftet, unbeschnitten (wasserrandig und teilweise gebräunt). Paris, verschiedene Drucker, chf 1500.1790. Mit “Francklin est mort ... “ eröffnete Mirabeau seine berühmte Rede, mit der Frankreich vom Tod des überragenden Amerikaners erfuhr, “then Mirabeau launched on the famous speech considered by many of his admirers the greatest achievement of his oratorical career. It was certainly the most sincere and perhaps the shortest” (Gilbert Chinard). Die Ehre, diese erste und folgenreiche Lobrede zu halten, verdankte Mirabeau dem im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg wirkenden General und Marquis de La Fayette und dem Grand seigneur de l’Ancien Régime, Louis-Alexandre La Rochefoucauld, der zwei Tage später eine eigene Lobpreisung hielt vor der ‘Société de 1789’, eine von Abbé Sieyès und Marquis de Condorcet als Gegenpol zu den radikalen Kräften der Revolution gegründete und nur bis 1791 bestehende liberal gesinnte Gesellschaft. “For the opening paragraph, in which La Rochefoucauld recalled that both Washington and Franklin had been made members of the ‘Société’ at the time it was organized, he drew his inspiration from Mirabeau; for the rest of his discourse he obniously kept at hand the manuscript copy of the ‘Autobiography’ which he declared had been entrusted to himself and to [Louis Guillaume] Le Veillard when Franklin left Paris. It also deserves attention in several other respects. It contains the unexpected declaration that Franklin wrote a first version of his will while he was in Paris and left it in the hands of his friends who had just opened it ... It contains also one of the first acknowledgments of Jefferson as the writer of the Declaration of Independence ... La Rochefoucauld set up Franklin as the prototype of the common man and hailed in him a new era in which this ‘new man’ would be permitted and enabled to rise to the highest positions in a democratic society. Finally, this speech was an important political declaration intended to bring together all the friends of the new constitution even if they could not all agree on all the details ... “. Die dritte aufsehenerregende Rede – von Abbé Fauchet, einem der kraftvollsten Redner der Revolution gehalten – wurde unmittelbar nach dem kurzen ‘Discours du comte de Mirabeau’ noch am selben 11. Juni von der Assemblée générale de la Commune de Paris in Auftrag gegeben, weil sie mit einer eigenen Erinnerungsveranstaltung an die Bedeutung Franklins erinnern wollte. “Fauchet, a conspicuous figure in the administration of the commune and a popular orator, was nominated to deliver the eulogy and a commitee of three appointed to select a proper place to hold the ceremony ... It took Fauchet several weeks to prepare his eulogy ... which he delivered on July 21 in the Halle-aux-blés, transformed for the occasion as far as possible into a sort of church” (G. Chinard). Fauchets vor über 3’000 Zuhörern vorgetragene ‘Eloge civique’ war ein ausserordentlicher Erfolg und wurde umgehend mindestens in zwei Pariser Drucken und 1793 auch in einer amerikanischen Ausgabe verbreitet. “The second edition is particularly valuable for, in addition to Fauchet’s Éloge, it contains a long letter of Jean-Baptiste [recte David-Julien] Le Roy ... “ (G. Chinard). Fauchets grosse Trauerrede fand noch weitere Verbreitung, wurde sie doch in diversen einschlägigen Hand- und Lehrbüchern der Rhetorik aufgenommen. – Wasserrandig, erstes und letztes Bl. der Fauchet-Rede gebräunt, alle drei Texte unbeschnitten, auf erster und zweiter Rede hs. Datum 11 Juin 1790, resp. 13 Juin 1790. Bibliographie: Chinard, The Apotheosis of B. Franklin, in: Proceedings of the American Philosophical Society vol. 99 (1955), S. 440ff.; Martin/Walter, Cat. de l’histoire de la Révolution III, 24503 und II, 13084; Sabin 23918; Goldsmiths’-Kress 14532; The works of Benjamin Franklin I (1840), S. 595f.; Conor Cruise O’Brien, The Long Affair: Thomas Jefferson and the French Revolution, 1785-1800 (1996), S. 90f. 102 FREIGIUS, Johannes Thomas (1543-1583). Quaestiones geometricae et stereometricae in Euclidis & Rami stoicheios [graecae]: in quibus logica veterum mathematicorum illustratur & demonstratur. [Und ab S. 337 mit eigenem Titelblatt:] Epiloimia [grecae] seu liber tristium. Tempore pestis, summa & moestitia & dolore scriptus. 2 Teile in 1 Bd. Kl.-8vo (163 x 115 mm). Mit Holzschnitt-Druckermarke auf beiden Titeln sowie ganzseitig auf Schlussblatt. [24] Bl., 333, [1] S., 1 leeres Bl., Titel, S. 339-380 S., [2] Bl. Flexibler Pergamentband d. Z. mit Ueberstehkanten, ohne Schliessbänder. Basel, Sebastian Henricpetri, (März 1583). chf 1800.Erstausgabe. Frühes Lehrbuch der theoretischen Geometrie und Stereometrie; am Schluss die in zweiter Auflage mitgedruckten, zuvor 1565 veröffentlichten, Pestlieder oder Trauerelegien (Epiloimia, seu liber tristium). – Der aus Freiburg stammende Jurist, Philosoph und streitbare Anhänger des 1572 ermordeten französischen Philosophen und Gegners der aristotelischscholastischen Philosophie Petrus Ramus, war noch während der Vorbereitung zur Drucklegung des vorliegenden Werks am 16. Januar 1583 an der Pest gestorben. Daraufhin übernahm Christian Wurstisen (1544-1588), der Verfasser der ersten Basler Stadtchronik, die Schlussredaktion. Gewidmet ist das Buch dem flämischen Mathematikprofessor Jean Stade (Jan Van Ostaeyen) und dem Strassburger Mathematiker Conrad Dasypodius. Auf den Seiten 227 bis 231 ist ein an Freigius gerichteter Brief des Mathematikers Lazarus Schöner (15431607) gedruckt, datiert vom 7. Juni 1577. Ganz am Schluss findet sich in Form eines Epitaphs Freigius’ unerfüllt gebliebene Erwartung, die Pest sei mit festem Glauben in Gott und durch Gebet zu überstehen. – Teilweise stark gebräunt, etwas stockfleckig. Provenance: “Joannis Guiero Mesentis” (zeitgen. Besitzeintrag auf 4. Bl.). – J. J. Hynault (Besitzeintrag des 17. Jhs. auf Titel und letztem Bl.). Bibliographie: VD 16, F-2594; Hieronymus, Petri-Schwabe, 509 und vgl. 508; Adams F-1017; STC, (German), 320 und 319. 103 FREZIER, Amédée François (1682-1773). La théorie et la pratique de la coupe des pierres et des bois pour la construction des voûtes et autres parties des bâtimens civils & militaires, ou Traité de stereotomie à l’usage de l’architecture. Tome premier (-troisième). 3 Bde. Gr.-4to (252 x 218 mm). Mit Frontispiz, nach Bonnart gestochen von Hérisset, 113 gefalteten Kupfertafeln und 3 Titelvignetten (wiederholt). Titel in Rot und Schwarz. Kalbslederbände d. Z. über 5 erhabenen Bünden, mit reicher Rückenvergoldung und Rückenschild (Bd. III abweichend gebunden, Kanten berieben, Ecken teilweise bestossen, Vordergelenk von Bd. II mit kurzem Einriss oben). Paris, Jean Daniel Doulsseker, 1737-39. chf 2800.Erstausgabe. Der bei Philippe de la Hire ausgebildete Militäringenieur Frézier verfasste es aufgrund seiner reichen Erfahrung, die er beim Bau von über zwanzig Befestigungswerken erworben hatte. In seinem bemerkenswerte Fortschritte bringenden Buch vertritt er einen rigoros mathematischen Standtpunkt und hält mit Kritik an älteren Autoren, wie z.B. Blanchard, Derand, Deschales oder Jousse, nicht zurück. Fréziers hier ausgebreitete Theorie des Steinschnitts ging in mancherlei Hinsicht über die Bedürfnisse der Praxis erheblich hinaus. Er geht von klaren und eindeutigen Definitionen aus, formuliert allgemeine Regeln und beweist alle seine Behauptungen. In grossem Umfang behandelt er gekrümmte Flächen des Raumes und dabei, den Bedürfnissen des Steinschnittes entsprechend, vorzugsweise solche, die durch mechanische Schleifvorgänge (Regelflächen) erzeugt werden können. Seine Interpretationen der Säulenordnungen übernahm Frézier von François Blondel und mit seiner Forderung nach Rückkehr zur “Simplicité des premiers temps” wendete er sich gegen die ‘ornements déplacés’ des Rokoko. – Name von alter Hand auf Titeln, papierbedingt stärker gebräunt und stockfleckig. Bibliographie: BAL II, 1138; Schlosser-Magnino 671; Kruft 159; Quérard, La France littéraire III, 216. Ein Pionier der Entomologie in Deutschland 104 FRISCH, Johann Leonhard (1666-1743). Beschreibung von allerley Insecten in Teutsch-Land, Nebst Nützlichen Anmerkungen Und nöthigen Abbildungen Von diesem Kriechenden und Fliegenden Jnländischen Gewürme, Zur Bestätigung und Fortsetzung der gründlichen Entdeckung, So einige von der Natur dieser Creaturen heraus gegeben, und zur Ergäntzung und Verbesserung der andern. Kl.-4to (205 x 155 mm). Mit zusammen 39 Kupfertafeln und 13 Kopfvignetten, radiert nach Philipp Jacob und Ferdinand Helffrich Frisch. Titel in Rot und Schwarz. [3] Bl., 40 S., [2] Bl., 45 S., [3] Bl., 42 S., [4] Bl., 45 S., [3] Bl., 51, [5] S. Index, [6] Bl., 34 S., [5] Bl., 31 S., [4] Bl., 42 S., [4] Bl., 38 S., [4] Bl., 25, [5] S. Index, [4] Bl., 34 S., [4] Bl., 44 S., [5] Bl., 35, [4] S. Pergamentband d. Z., Rotschnitt (Vorsätze etwas gebräunt). Berlin, Christoph Gottlieb Nicolai, 1720-38. chf 3200.- Erstausgabe. Naturwissenschaftliches Opus magnum des bedeutenden Naturforschers, Reformpädagogen und “Pioniers der entomologischen Forschung” (Hartmut Greven). Nach dem Studium der Orientalistik und Theologie an den Universitäten von Altdorf, Jena und Strassburg ging der in Sulzbach bei Nürnberg geborene Johann Leonhard Frisch für einige Zeit als Hilfsprediger nach Ungarn. Nach der Rückkehr 1693 wandte er sich erst der Landwirtschaft zu, ehe er seine Karriere als Pädagoge am Grauen Gymnasium in Berlin begann. 1708 wurde er Konrektor und ab 1727 bis zu seinem Tod wirkte er als Rektor dieser Ausbildungsstätte. Frisch fand immer auch Zeit für seine bedeutenden Sprachstudien – mit der ‘Historia linguae sclavonicae’ (1727-36) wird er zum Begründer der Slavistik – und die Insektenkunde. Mit seiner über einen Zeitraum von achtzehn Jahren veröffentlichten mehrteiligen Beschreibung von einheimischen Insekten legte er einen wichtigen Grundstein für die entomologische Forschung in Berlin, wo er seit 1706 Mitglied der Societät der Wissenschaften war. Seine morphologischen und biologischen Beobachtungen betreffen insgesamt 300 Insektenarten, die er grösstenteils alle selbst gezüchtet hatte und deshalb in ihren Entwicklungsstadien detailliert beschreibt. Als Illustratoren wirkten Frischs jugendliche Söhne Philipp Jacob (1704-1753) und Ferdinand Helffrich (1707-1758). Besonderes Augenmerk legte Frisch auf die Parasita, vertrat er doch die Auffassung, dass zu ihrer erfolgreichen Bekämpfung eine genaue Kenntnis ihrer Biologie unabdingbare Voraussetzung sei. – Die erste der insgesamt dreizehn, je mit drei Kupfertafeln ausgestatteten, Lieferungen erschien 1720. Bis 1724 lagen fünf Teile vor, die sechste ist datiert mit 1727, die siebte mit 1728 und die achte und neunte jeweils mit 1730. Die zehnte, elfte und zwölfte folgten in je zweijährigem Abstand und die letzte Lieferung schliesslich 1738. “Es sind einige Liebhaber dieser Arbeit fast ungedultig worden, dass sie so lang warten müssen, bis Materie genug zu einem Band zusammen gekommet, nunmehr muss es genug seyn .... “ (J. L. Frisch in der Vorrede des Abschlussbandes). Eine zweite Ausgabe in zehn Teilen erschien zwischen 1730 und 1779. – Ein tadellos erhaltenes Exemplar. Bibliographie: Horn-Schenkling I, 386; Cole Library 1292 1292; Bodenheimer, Geschichte der Entomologie, Bd. I, S. 448 ff.; Hartmut Greven in: Entomologie heute, 23 [2011], S. 145206. Widmungsexemplar des Jahrhundertromans 105 GARCIA MARQUEZ, Gabriel José de la Concordia (* 6. März 1928). One hundred years of solitude. Translated from the Spanish by Gregory Rabassa. 8vo (222 x 143 mm). [4] Bl., 422 S. Original-Pappband mit illustriertem OriginalUmschlag, entworfen von Toni Evora (Umschlag in den Kanten minimal berieben und oben kurz eingerissen). Kopfschnitt in Rot. London, Jonathan Cape, 1970. chf 3900.- Widmungsexemplar der ersten englischen (UK) Ausgabe des Jahrundert-Romans ‘Cien años de soledad’ des kolumbianischen Schriftstellers und Journalisten Gabriel García-Marquéz. Unterhalb der gedruckten Widmung an seine ehemaligen Nachbarn in Mexiko, das Ehepaar Jomí García Ascot und Maria Luisa Elío, von eigener Hand des Verfassers als Zusatz hinzugeschrieben: “and for Michel, from his friend GABRIEL, 27. 8. [19]87”. Auf Vorsatz in Blei der Name von: “Michael Christopher Caine, London 10/10/83”. Caine spezialisierte sich als Absolvent des London College of Printing im Handpressendruck und veröffentlichte moderne Poesie. – Der von Toni Evora entworfene farbige OriginalBuchumschlag mit wenigen Spuren von kurzen Tesafilmstreifen, kurzer Randeinriss im Umschlagfalz oben, auf dem hinteren Vorsatz im Kopfsteg schmaler Papierstreifen aus altem englischen Antiquariatskatalog mit der Beschreibung dieses Exemplars geklebt. 106 GARZONI, Maurizio (1734-1804). Grammatica e vocabolario della lingua kurda. 8vo (175 x 111 mm). Mit Titelvignette in Holzschnitt. 288 S. Brauner Kalbslederband des frühen 19. Jhs., Maroquin-Intarsien auf beiden Deckeln, im Zentrum ovales Wappensupralibros der “Society of Writers to the Signet”, mit Rückenvergoldung und Rückenschild (Rücken fachgerecht hinterlegt und restauriert). Roma, nella Stamperia della Sacra Congregazione di Propaganda Fide, 1787. chf 2800.Erstes europäisches Handbuch und erste gedruckte Grammatik der kurdischen Sprache in Erstausgabe. Der gelehrte Verfasser kam 1762 in den Norden des Irak, wo er die nächsten fünfundzwanzig Jahre in der Stadt Mosul verbrachte. Die Grammatik und das Wörterbuch der kurdischen Sprache schrieb er aus der Einsicht, dass die christlichen Missionare in ihrem täglichen Umgang mit ihren muselmanischen Gastgebern nicht auf die elementarsten Kenntnisse der kurdischen Sprache verzichten konnten. Neben Domenico Lanza (1718-1782) und Giuseppe Campanile (1762-1835) sorgte Garzoni dafür, dass Europa vertiefte Kenntnise über die kurdische Region erhielt. Zwar nicht frei von euro-zentristischen und katholischen Dogmatismen, wird hier dem Leser erstmals auf wissenschaftlicher Basis Sprache und Kultur des kurdischen Volks nahegebracht. “This work is very important in the Kurdish history as it is the first acknowledgement of the originality of the Kurdish language on a scientific base. Garzoni was given the title of Father of Kurdology, and of The pioneer Kurdish grammarian” (Mirella Galetti). – Minimal stockfleckig, ein vorzügliches Exemplar, Besitzstempel auf Vorsatz sowie zwei weitere kleine ältere Stempel (und ein Signaturschild) der “Advocates Library” auf S. 3, Vorsätze etwas leimschattig, die Seiten nur leicht stockfleckig, insgesamt aber gut erhaltenes Exemplar in schönem Einband. Bibliographie: ICCU (Online Kat.) 041411; Zaunmüller 232; Brunet II, 1497; Ebert 8177. 107 GELLIUS, Aulus (130-180). Noctes Atticae. Preterea Petri Mosellani in easdem annotiationes. Kl.-8vo (150 x 120 mm). Mit Holzschnitt-Druckermarke auf Titel und Schlussblatt verso. 850 [recte 852] S., [22] Bl. Lederband des 18. Jhs. über 5 erhabenen Bünden (stark berieben, Rücken stellenweise beschädigt). Basel, Heinrich Petri, (1565). chf 1100.Basler Druck dieses äusserst beliebten und viel gelesenen antiken Sammel- und Exzerptenwerks. Nach griechischem Vorbild im zweiten Jahrhundert von Aulus Gellius in langen Winternächten auf dem Lande nahe bei Athen begonnen und daher Noctes Atticae genannt, ist es eine buntgemischte Sammlung von reizvollen Essays aus den verschiedensten Wissensgebieten, wie der Philosophie und Rechtsgelehrsamkeit, Medizin und Geographie, Geschichte und Literatur, ganz besonders aber auch aus der Grammatik. Der besondere Wert liegt darin, dass es manches kostbare Stück aus verlorenen Originalwerken der älteren römischen Literatur beinhaltet. Mit der Widmung von Heinrich Petris Sohn Adam an seinen Lehrer in Nozeroi, Claude Frontin. – Durchgehend etwas gebräunt. Bibliographie: VD 16 G-1044; Adams G-363; Schweiger II/1, 378; Hieronymus, PetriSchwabe, 439. 108 GERICHTSORDNUNGEN UND ERLASSE VON BASEL – Hierinnen seind begriffen die Stattgerichts- und Vogtts Ordnung, Landgerichts-, Landsatz ... Ordnungen. Deutsche Handschrift auf Papier, zu 33-34 Zeilen, mit links- und rechtsrandiger Zeilenbegrenzung in Tinte. [5] Bl. (davon 3 leer), 417 S. (die S. 347-408 und 413-416 sind unbeschrieben); 35, [1] Bl. Index, 17 leere Bl., Titel ([Erneuerte] Landts Ordnung der Statt und Herrschafften Farnsburg, Waldenburg, Homburg, Ramstein). 69 S., [15] Bl. Index; [13] Bl. (Liechstaler [=Liestaler] Statt Rodel Anno 1654 Ubersehen und verbessert); 16 leere Bl., [17] (Bezugsordnungen), 17 leere Bl., (33) Bl. (u.a. Bescheydts wie auch Weydwercks Ordnung), [15] Bl. (Basslerische Geschichte ab anno 1337 ad annum [1605]), 43 leere Bl., [6] Bl. (Gebauch und Ordnung des Gerichts auf dem Rosliberg), 3 leere Bl., [15] Bl. (Mandata von Abfällen [1616-1645]), 7 leere Bl., [23] Bl. (Gedencken des Sindici Amerbachij, wie es der weysen Letern, Vögten vormündern), 12 leere Bl. Kl.-Folio (320 x 200 mm). Pergamentband d. Z., ohne Schliessbänder (Einband etwas fleckig, Buchblock etwas verzogen). Basel, 17. Jahrhundert. chf 1200.Zum grössten Teil von ein und der selben Hand in Kurrentschrift geschriebene Zusammenstellung der Basler Gerichtsordnungen und Erlasse aus dem 15. und 16. Jahrhundert. Gedruckt erschien die Basler Gerichtsordnung erstmals innerhalb Emanuel Königs Georgica Helvetica curiosa von 1705. Mitenthalten sind hier u.a. auch die erneuerte, erstmals 1611 veröffentlichte Landesordnung für die Ämter Waldenburg, Homburg, Farnsburg und Ramstein, die Ratsverfassung (Stadtrodel) von Liestal sowie der “chronologische Abriss der Baslerischen Geschichte von 1337 bis 1605”. Einige Einträge stammen von einer anderen Hand. Bibliographie: Vgl. K. Stehlin, Zur Geschichte der Basler Gerichtsordnungen (1904); Haller VI, 2000. 109 GIUSTINIANI – LANDON, Charles Paul (1760-1826), Hrsg. Galerie Giustiniani, ou, Catalogue figuré des tableaux de cette célèbre galerie, transportée d’Italie en France, accompagné d’observations critiques et historiques, et de soixante-douze planches gravée au trait, contenant environ cent cinquante sujets. – [Vortitel: Annales du Musée et de L’Ecole Moderne des Beaux-Arts. Seconde Collection. Partie Ancienne. Galerie Giustiniani]. 8vo (208 x 120 mm). Mit 73 Tafeln mit Umrissradierungen. 160 S. Roter Maroquin-Einband von Simier, goldgeprägte Bordüre und Rückenvergoldung, Steh- und Innenkantenvergoldung, marmorierte Vorsätze. Paris, Chaigneau aîné pour l’auteur, 1812. chf 1800.Vorzugsexemplar in Ganzmaroquin des Katalogs der ursprünglich von Kardinal Benedetto Giustiniani (1554-1621) und dem Marchese Vincenzo Giustiniani (1564-1637) zusammengetragenen privaten Kunstsammlung. Rund 180 Jahre nach dem Tod der beiden Brüder wurde die aus rund 600 Gemälden von Meistern des 15., 16. und 17. Jhs. sowie aus rund 1800 Skulpturen bestehende Sammlung veräussert und in der ganzen Welt verstreut. 1815 bot der Pariser Kunsthändler Férérol Bonnemaison rund 170 Bilder aus der GiustinianiSammlung zum Verkauf an, die der preussische König Friedrich Wilhelm III. (1797-1840) erwarb und nach Berlin bringen liess, wo sie den Grundstock für die 1830 gegründete Gemäldegalerie bildeten. – Minimale Stockflecken. Bibliographie: UCBA I, 684; S. D. Squarzina, The Collections of Cardinal Benedetto Giustiniani, in: Burlington Magazine 139 (1997), S. 766ff. 110 GOETHE, Johann Wolfgang von (1749-1832). Die Wahlverwandtschaften. Ein Roman. 2 Teile in 1 Band. Kl.-8vo (165 x 105 mm). Vortitel, 306 S.; 340 S. Halblederband der Zeit, Rücken mit reizender Vergoldung (Fileten und Urnen), grünem Titelschild und ovalem, orangefarbenen Nummernschildchen. Tübingen, J. G. Cotta, 1809. chf 3800.Erstausgabe. Schönes Exemplar dieses grossen Beitrags der deutschen Literatur zur Weltliteratur, “not fully appreciated until the 20th century” (James E. Wals/E. M. Weber, Goethe. An Exhibition at the Houghton Library Cambridge 1982, Nr. 19). Das mit einem Begriff aus der zeitgenössischen Chemie betitelte Romanwerk entstand in einer Zeit, in der sich Goethe intensiv mit naturwissenschaftlichen Fragen befasste. Das Kräftespiel chemischer Elemente und Reaktionen wird im vierten Kapitel des ersten Bandes (S. 82) gleichnishaft unter den Romanfiguren erörtert: “Diejenigen Naturen, die sich beym Zusammentreffen einander schnell ergreifen und wechselseitig bestimmen, nennen wir verwandt. An den Alcalien und Säuren, die, obgleich einander entgegengesetzt ... sind, ... sich am entschiedensten suchen und fassen, sich modificieren und zusammen einen neuen Körper bilden, ist diese Verwandtschaft auffallend genug”. Zu seiner Zeit von den meisten Rezensenten abgelehnt und missverstanden, erhielt das grosse Alterswerk Goethes erst mit Walter Benjamin den ebenbürtigen Interpreten. – Die Druckauflage betrug 500 Exemplare auf Druckpapier (wie vorliegend) und 1500 Exemplare auf Schreibpapier, und nur für den Verfasser zwölf zusätzliche Exemplare auf Vélinpapier. Bibliographie: FischerM Der Verleger Johann Friedrich Cotta (2003), 704; Hagen 327; Goedeke IV, 3, 388(181); Kippenberg I, 384; Speck 2065. 111 — Neue Schriften. 7 Bde. Kl.-8vo (150 x 100 mm). Mit 1 gest. genealogischen Tafel (Stammbaum von Joseph Balsamo, genannt Cagliostro), 1 gest. Titelvignette von Unger nach J. H. Meyer, 2 Kupfern nach Meyer gest. von M. Haas und F. Bolt sowie 7 Musikbeilagen. [Die Titel der Bde. I-VI sind verbunden:] Bd. I (recte Bd. III): [2] Bl., 364 S.; Bd. II (recte Bd. VI): 374 S., 1 Bl.; Bd. III (recte Bd. V): 371 S.; Bd. IV (recte Bd. II): 507 S., [2] Bl.; Bd. V (recte Bd. I): [2] Bl., 464 (recte 364) S.; Bd. VI (recte Bd. IV): Titel, 491 S., 1 Bl. (Errata); Bd. VII: Titel, 380 S., 1 Bl. Halbkalbslederbände d. Z., mit Rücken- und Nummernschild (Band VII etwas abweichend gebunden). Berlin, Johann Friedrich Unger, 1792 (recte 1795)-1800. chf 2800.Erstausgabe. Die zweite rechtmässige Gesamtausgabe von Goetehs neuen Schriften, darin im Erstdruck vorhanden sind: Wilhelm Meisters Lehrjahre, Reineke Fuchs sowie die drei Gedichte Erlkönig, Zauberlehrling und Venezianische Epigramme. Exemplar aus dem Besitz der Reiseschriftstellerin Friederike Sophie Christiane BrunMünter (1765-1835), die Goethe in Karlsbad kennen gelernt hatte, mit deren eigenhändigem Besitzeintrag auf Vorsatz. – Unabsehbar war die Wirkung des hier erstmals gedruckten Bildungsromans Wilhelm Meisters Lehrjahre auf die weitere Geschichte des Entwicklungsund Bildungsromans, so auf Jean Pauls Titan, auf Novalis’ Heinrich von Ofterdingen, Eichendorffs Ahnung und Gegenwart oder Gottfried Kellers Der Grüne Heinrich. – Die Titel aller Bände sind hier verbunden: Band I mit dem Titel von Band V; Band II mit Titel von Band VI; Band III mit Titel von Band I; Band IV mit Titel von Band II; Band V mit Titel von Band IV. Die Bandnummerierung auf dem Rücken folgt den Angaben der falsch eingebundenen Titelblätter. – Alle Bände mit den Kennzeichen des Erstdrucks; der zweite Band mit dem Korrekturblatt (An den Buchbinder); Band IV mit der “Nachricht an den Buchbinder”. – Goldgeprägtes Monogramm “JLS” auf den Spiegeln der Vorderdeckel, Vorsätze mit den hs. Namen von Emma Kraft und Caroline Brand (datiert 1838). – Der sechste Band wie meist ohne die achte und letzte Musikbeilage (“In vielen Exemplaren fehlend” Hagen). Der Titel des ersten Bandes stockfleckig, vereinzelte Stockflecken, insgesamt ein vorzügliches Exemplar von bemerkenswerter Provenienz. Bibliographie: Goedeke IV, 3,4; Hagen 14; Hirzel A 189; Sammlung Kippenberg I, 336; Dorn 9; Meyer 410, 452, 464-66, 500 und 596; Unseld, Goethe und seine Verleger, S. 192f. 112 — Oeuvres dramatiques de Goethe, traduites de l’Allemand [par Frédéric Albert Alexandre Stapfer, Cavagnac et Margueré], précédées d’une notice biographique et litteraire sur Goethe [par Stapfer]. Tome premier (-quatrième). 4 Bde. 8vo (213 x 140 mm). [3] Bl., 184 S. (Notice ... ), 290 S.; [2] Bl., (1)-480 S.; [2] Bl., (1)-476 S.; [5] Bl., S. (III)-VI (Avertissement du traducteur), S. 5-514 (recte 518: Paginierungsfehler der Seiten 269-270 und 384-385). Dunkelgrüne Halbmaroquinbände von Louis Yseux [successeur de Thierry Simier relieur], mit romantischer Rückenvergoldung, Kopfgoldschnitt, sonst unbeschnitten. Paris, (C. Fardy pour) Auguste Sautelet, [1821-] 1825. chf 1200.Sehr schönes Exemplar der ersten französischen Ausgabe der dramatischen Werke Goethes, mit der berühmten ersten kompletten Uebersetzung ins Französische von Faust I durch Friedrich Albert Alexander Stapfer, die nicht nur Goethes Anerkennung fand sondern 1828 in der von Eugène Delacroix kongenial illustrierten Ausgabe zu Weltruhm gelangte. Goethe selbst übertrug auch die Ende April 1826 von Jean-Jacques Ampère im ‘Le Globe’, dem Organ der romantischen Schule, die sich für die Förderung nichtfranzösischer Literaturen einsetzte – veröffentlichte lobende Rezension der Stapferschen Edition und druckte sie, teilweise von ihm kommentiert, im dritten Heft des fünften Bandes seiner Zeitschrift ‘Ueber Kunst und Altertum’ (S. 131-145 und 171-176). Enthalten sind die folgenden Stücke: Le Grand-Cophte, La fille naturelle, Le Tasse, Egmont, Stella, Les révoltés, Goetz de Berlichingen, Iphigénie en Tauride, Clavijo, Faust, La manie du sentiment, Le frère et la soeur, Le citoyen général, Jery et Baetely. Als erster der auch mit dem Namen von A. Bobée verlegten Bände erschien 1821 tatsächlich zuerst Band III, im nachfolgenden Jahr Band II, der vierte Band folgte 1823 und Band I mit Stapfers biographischliterarischer Studie zu Leben und Werk Goethes erst 1825. Der als zweiter Sohn des Brugger Bürgers und Diplomaten Philipp Albert Stapfer (17661840) geborene und von diesem nach den Methoden Pestalozzis und Campes erzogene Frédéric Albert Alexandre (1802-1892) zählte zu jener jungen geistigen Elite Frankreichs, die der Epoche der Restauration ihren Glanz gab. Ihm kommt das unbestreitbare Verdienst zu, als erster, den Franzosen die Bekanntschaft der Dramen Goethes vermittelt zu haben. – Ein frisches, unbeschnittenes Exemplar im Halbmaroquineinband des Pariser Meisterbinders Louis Yseux (aktiv 1908-1951). Bibliographie: Sammlung Kippenberg 2448; Goethe-Kat. der Preussischen Staatsbibliothek 1932: S. 30; Quérard, La France littéraire III, 395; Brunet II, 1645; Goedeke IV/3, 41, 9, e; Marquart, Goethes Faust in Frankreich (2007), S. 75ff.; Wiederholte Spiegelungen. Weimarer Klassik – 1759-1832 (1999), S. 746; B.C. Sebastian: Von Weimar nach Paris: die GoetheRezeption in der Zeitschrift ‘Le Globe’ (2006), S. 152f.; Goethe Kat. BN Paris (1932), Nr. 622 (“Contrairement à l’assertion de Gérard de Nerval, cette traduction par M. Albert Stapfer, et non pas celle de Sainte-Aulaire, fut la première”); Mittler/Boner, Biographisches Lexikon des Kantons Aargau (1958), S. 734f.; A. Krättli, Albert Stapfers ‘Faust’-Uebersetzung, in: Festschrift François Bondy 1985, S. 100ff. 113 — Werke. Vollständige Ausgabe letzter Hand. [Goethe’s Werke und nachgelassene Werke, Hrsg. von Johann Peter Eckermann, Friedrich Wilhelm Riemer und Karl Wilhelm Göttling, mit Registerband von Carl Theodor Musculus und Riemer von 1835]. 61 Bde. (inkl. Registerband). 16mo (130 x 86 mm). Mit 1 PortraitFrontispiz (in Bd. XIX der Nachgelassenen Werke) und 5 gefalteteten Tabellen. Braune, marmorierte Pappbände d. Z. mit roten goldgeprägten Rückenschildchen, Rücken oben und unten mit ornamentaler Kapitalgoldprägung, Gelbschnitt (Gelenke beschabt und Ecken teilweise bestossen).Stuttgart und Tübingen, J. G. Cotta, 182830 und 1832-42. chf 2200.Cottas sogenannte “Taschen-” oder “Octavausgabe” der Ausgabe letzter Hand im unveränderten zweiten Druck, komplett mit dem Registerband und den sehr häufig fehlenden Bänden 56-60. Erstmalige Erwähnung fand das Projekt zum Grossunternehmen einer Ausgabe letzter Hand im April 1822, als Goethe gegenüber seinem Verleger Cotta berichtete, dass er damit beschäftigt sei, seine sämtlichen poetischen, literarischen und wissenschaftlichen Arbeiten “übersichtlich aufzustellen”. Vier Jahre später, Ende Januar oder Anfang Februar 1826, erschien denn auch die erste Verlagsanzeige. “Die Ausgabe war nur geschlossen oder in Lieferungen zu beziehen” (B. Fischer), die Druckauflage wurde von Cotta erst auf 10’200 Exemplare bestimmt, davon 200 auf besserem Vélinpapier, dann aber wegen der grossen Nachfrage auf 12’500 erhöht. Nach Goethes Tod kamen noch die zusätzlich mit I-XX nummerierten Bände mit dem Nachlass in einer Druckauflage von stolzen 23’200 in diversen Formaten heraus. “Der Tod, das war der eigentliche, entscheidende Gewinn dieser Ausgabe letzter Hand, liess das vollendete Werk nicht mehr verstummen, die sorgfältig in der Einsamkeit der engen Schreibstuben ‘vergrabenen’ Worte sollten auch weiterhin vernehmbar sein” (Christa Salmen). – Stellenweise etwas gebräunt und/oder stockfleckig, ein wohlerhaltenes und komplettes Exemplar in 61 Bänden. Provenance: Exlibris des Basler Buchillustrators und Photographen Karl Grether in Bd. XXXIX. Bibliographie: Fischer, Der Verleger Johann Friedrich Cotta II, Nr. 1769 (und vgl. 1693), 1868, 1957; Hagen 23 und 23a; Kippenberg 342; Goedeke IV, 3, 11ff.; Chr. Salmen, “Die ganze merkwürdige Verlassenschaft” (2003), S. 52. Elsässer Ansichtenwerk mit 80 Kreidelithographien 114 GOLBÉRY, Marie Philippe Aimé de (1786-1854) und Jean Geoffroy SCHWEIGHÄUSER (1776-1844). Antiquités de l’Alsace ou châteaux, églises et autres monumens des départemens du Haut-Rhin et du Bas-Rhin avec un texte historique et descriptif. 2 Bde. Folio (460 x 300 mm). Mit 2 lith. Titeln und insgesamt 80 kreidelithographierten Tafeln. [2], XI, 126 S.; 180, [2] S. Lithographierte hellgrüne Original-Broschuren (Heftung gebrochen). Mulhouse et Paris, Engelmann, 1825-28. chf 4800.Erstausgabe in den beiden Originallieferungen. Eines der schönsten Ansichtenwerke des Elsass, komplett mit allen Kreidelithographien. Den ersten Teil über die drei Arrondissements des Département Haut-Rhin: Belfort, Colmar und Mulhouse, wurde von dem Historiker und Politiker M. P. A. Golbéry bearbeitet. Der zweite Band über das Département Bas-Rhin, dem ungefähr das Unterelsass mit den vier Arrondissements Schlettstadt, Strassburg, Weissenburg und Zabern entsprach, verfasste der Strassburger Archäologe J. G. Schweighäuser. Die romantischen Städte- und Architekturansichten in Kreidelithographie stammen mehrheitlich von Louis Pierre A. Bichebois und von Chapuy. Dargestellt sind u.a.: Hohenkönigsburg, die Église St. Foi in Sélestat (Schlettstadt), Schlösser Lützenburg und Rathsamhausen, alte Kirche von Rosenheim, Strassburg, Kloster Craufthal, Schloss Schöneck, Dorf und Schloss Fleckenstein, Schloss Kaisersberg, St. Gilles, Wasserbourg, Schloss Hohenlandsberg, Colmar, Rouffach, Thann, Ferrette, Schloss Landskron usw. Die schönen Kreidelithographien direkt auf Vélinpapier gedruckt. – Ein acht Tafeln und 24 Textseiten umfassender Supplementteil erschien separat und ist hier nicht mitgebunden. – Im Aussensteg teilweise stärker stockfleckig. Bibliographie: Brunet II, 1649; Graesse III, 106; NDB Alsacienne III, 1232f. 115 GRILLPARZER, Franz (1791-1872). Das goldene Vließ. Dramatisches Gedicht in drei Abtheilungen. Gr.-8vo (231 x 148 mm). Titel, 302 S. Roter Halbmaroquinband von Champs, Rückenvergoldung, Original-Umschlag integral mitgebunden. Wien, J. B. Wallishausser [Inhaber Josef Klemm], 1822. chf 2500.Erstausgabe der Dramentrilogie (Der Gastfreund – Die Argonauten – Medea), das umfangreichste Werk von Österreichs grösstem Dichter des 19. Jahrhunderts. Als Vorlagen dienten das antike Argonautenepos von Apollonios von Rhodos und Medea von Euripides. Zwischen September 1818 und Ende Januar 1820 in klassischen Blankversen verfasst, wurde es schliesslich Ende 1820 einer Schlussredaktion unterworfen und von Grillparzer mit Verdeutlichungen versehen. Die Uraufführung erfolgte am 26. und 27. März 1821 im Wiener Hofburg-Theater. In der Folge fand namentlich Medea grössere Beachtung und wird auch heute noch meist als gesondertes Stück aufgeführt. Ein hervorragendes Exemplar, unbeschnitten und mit Originalumschlag, in einem Meistereinband von Victor Champs (1844-1912). Provenance: Prof. Dr. Heinrich Stilling (1853-1911), Lausanner Arzt und Bibliophile (Auktionskatalog, Zürich 1946, Nr. 107). Bibliographie: Goedeke VIII, 419, 171d; ; Wilpert/Gühring 3; Borst 1392; Weilheim 231; Brieger 822. 116 GRUMBACHSCHER HÄNDEL – [LANGUET, Hubert (dit Junius Brutus, 1518-1581). Historica descriptio susceptae a Caesarea maiestate executionis contra S. Rom. Imperii rebelles, eorum(que) receptatorum: et captae urbis Gothae, solo(que) aequati castri Grimmenstein, anno Domini MDLXVII, XIII. Aprilis. Kl.4to (199 x 157 mm). Mit 2 figürlichen Initialen in Holzschnitt. [16] Bl. [Wittenberg, Johann Schwertel], Oktober 1568. chf 1200.Erstausgabe. Seltener Bericht über den tragischen Ausgang des als “Grumbachsche Händel” bekannten Aufstandes des Reichsritters Wilhelm von Grumbach (1503-1567), den er ab 1558 gegen den Würzburger Bischof Melchior von Zobel und August von Sachsen führte. Die eher skurrile Episode in der Geschichte der ernestinischen Wettiner führte zur Einnahme des Grimmensteins bei Gotha am 13. April 1567 und zu lebenslanger Festungshaft für Herzog Johann Friedrich II. den Mittleren von Sachsen-Coburg-Eisenach. – Gleichzeitig erschien auch eine deutsche Übersetzung unter dem Titel: Historische Beschreibung der ergangenen Execution ... sampt einem kurtzen Bericht, wie die Stad Gotha eingenomen, und die Festunge Grimmenstein zerschleifft worden ist ... Bibliographie: VD 16, L-423; STC (German) 603; Hohenemser 1595; Kuczynski 1248. Die Wiederentdeckung der Schweizer Alpen 117 GRUNER, Gottlieb Sigmund (1717-1778). Die Eisgebirge des Schweizerlandes. Erster (-Dritter) Theil. 3 Bde. 8vo (200 x 120 mm). Mit gest. Frontispiz, radiert von Adrian Zingg nach J. L. Aberli, mit zweizeiligem Vers Albrecht von Hallers, 2 grossen und mehrfach gefalteten Kupferstichkarten (Fundstellenkarte der Mineralien und südorientierte Karte der Eisgebirge in den italienischen Vogteien der Schweiz) und 18 gefalteten Kupfertafeln, radiert von und nach Adrian Zingg und nach G. Walser, D. Düringer, J. H. Koch, A. Herbord u.a. XLI S., 1 Bl., 237 S., [2] Bl.; [2] Bl., 224 S.; XIV S., 1 leeres Bl., 219, [2] S.Marmorierte Kalbslederbände d. Z., mit reicher Rückenvergoldung und Rückenschild, Rotschnitt. Bern, Abraham Wagner, Sohn, 1760. chf 3400.Sehr schönes Exemplar der Erstausgabe von Gruners wegweisender glaziologischer und geologischer Beschreibung der Schweizer Alpen, komplett mit allen 21 Kupfern. Als Erster formuliert der Berner Naturforscher und Fürsprech hier eine allgemeine Eiszeit- und Gletschertheorie, wobei er sich auf Schriften anderer und seine umfangreiche Korrespondenz mit Forschern stützte. Die im ersten Band eingebundene erste schweizerische Fundstellenkarte für Mineralien kann heute noch Bedeutung beanspruchen. Das von Johann Ludwig Aberli gezeichnete und – wie auch alle anderen Kupfer des Werks – von Adrian Zingg (1734-1860) in Kupfer gestochene Titelkupfer enthält als Bildunterschrift einen Zweizeiler aus Albrecht von Hallers (1708-1777) Gedicht Die Alpen: “Der Berge wachsend Eis, der Felsen steile Wände // Sindselbst zum Nuzen da, und trinken das gelände”. Die Begegnung zwischen “dem Maler Aberli, dem Dichter und Forscher Haller und dem Gelehrten Gruner steht für die Wiederentdeckung der Schweizer Alpen, die von nun an Scharen von Reisenden aus ganz Europa anziehen sollten” (HLS, Bd. V, S. 767). 1770 erschien bei Pancoucke in Paris eine französische Uebersetzung und 1778 veröffentlichte Gruner anonym und mit dem fingierten Druckort “Londen”, tatsächlich aber von der typographischen Gesellschaft in Bern gedruckt, eine revidierte zweite Ausgabe dieses Werks (“Reisen durch die merkwürdigsten Gegenden Helvetiens”). – Hs. Name auf den Vorsätzen, datiert 1767. Bibliographie: Poggendorf I, 965; Haller I, 1483; NDB VII, 229f.; Krüger, Discovering the Ice Ages (2013). S. 47f.; Baker, Rethinking the Fabric of Geology (2013), S. 54-56 (mit Abb. der Fundstellenkarte). 118 GUARINI, Giovanni Battista (1538-1612). Il pastor Fido. Tragicomedia pastorale. Dedicata al ser[enissi]mo D. Carlo Emanuele Duca di Savoia. Kl.-4to (192 x 140 mm). Mit halbseitengrosser Holzschnitt-Druckermarke auf dem Titel und wenigen ornamentalen Holzschnitt-Initialen. [138] Bl. Pergamentband d. Z. (Rücken am Fuss beschädigt, vereinzelte Wurmlöcher im Rücken). Venezia, Giovanni Battista Bonfadino, [December 1589] 1590. chf 2000.Editio princeps, mit Datum 1590 tatsächlich bereits im Dezember 1589 gedruckt. 1590 erschienen davon drei weitere Ausgaben in Ferrara und eine in Mantua. Guarinis arkadisches Drama bildet neben Tassos ‘Aminta’ den frühen Höhepunkt dieses Genres. Es zählt zu den meist übersetzten Werken der italienischen Literatur überhaupt und inspirierte Komponisten wie Antonio Salieri und Joseph Haydn. – Titel beschmutzt und mit kleinem Loch (alt restauriert), mit wenigen Marginalien in Tinte und an einer Stelle ohne Textverlust ausgebessert, stellenweise etwas wasserfleckig, etwas unfrisch. Provenance: Exlibris Brunetto Paoletti und Franz Pollack-Parnau (1903-2002). Bibliographie: Gamba 555 (“Rara”); STC, (Italian), 317; Adams, G-1430; The Collection of Otto Schäfer I: Italian Books (1994), Nr. 86; vgl. Govi, I classici che hanno fatto l’Italia, 155 (erste illustrierte Ausgabe 1602). 119 GWALTHER, Rudolf (1519-1586). In priorem [-posteriorem] D. Pauli Apostoli ad Corinthios epistolam homiliae. Accessit operi praefatio ... Index item rerum et locorum Scripturae, quae hoc libro explicantur. 2 in 1 Bd. Folio (315 x 200 mm). Holzschnitt-Druckermarke Froschauers (Heitz 15) auf beiden Titeln. [18], 272 Bl.; [14], 144 Bl. Schweinslederband d. Z. mit Blindprägung über Holzdeckeln, u.a. mit Herscher-Rolle (Haebler II 267,16) wie sie Jörg Schweizer seit 1565 benutzte, Rücken über 4 erhabenen Bünden (ohne die Schliessen, Lederbezug des Hinterdeckels mit kleiner Fehlstelle). Zürich, Christoph Froschauer d.J., 1572. chf 2500.Erstausgabe. Komplettes Exemplar mit beiden in einem Band zusammengebundenen Teilen von Rudolf Gwalthers sehr seltenen Homilien über die zwei erhaltenen Korintherbriefe des Paulus von Tarsus. Von Froschauer in einer schönen Kursive gedruckt, erschienen Gwalthers Auslegungen in Fortführung seiner 1553 begonnenen Reihe von Homilien-Ausgaben über vornehmlich neutestamentliche Bücher. Sie “sind Beispiele der aufkommenden Kunstpredigt und sind als solche häufig nachgeahmt worden” (Kurt Guggisberg in NDB Bd. VII (1966), S. 360f.). Bis ins 18. Jahrhundert dienten sie vielen Geistlichen als Vorlage für eigene Predigtkonzepte. Den ersten Teilband widmete der Zürcher Reformator den ihm persönlich bekannten englischen Geistlichen, darunter Edmund Grindal (1519-1583), Erzbischof von Canterbury, York und London. Die Widmung des zweiten Teilbandes richtet sich an den deutschen Grafen Ludwig I. von Sayn zu Wittgenstein (1532-1605), den er 1568 in Zürich kennenlernte und mit dem er seither korrespondierte. Als langjähriger Weggefährte und designierter Nachfolger Heinrich Bullingers im Amt des Vorstehers (Antistes) der Zürcher Kirche, nimmt Gwalther in der Vorrede auch Stellung gegen die ihm gegenüber aus England vorgebrachten Anschuldigungen, er hätte sich im Zwist um die verschiedenen Kirchenzuchtordnungen einseitig verhalten. Der seit seiner 1537 unternommenen ersten Englandreise enge Beziehungen zur Insel pflegende Autor hält darin fest, dass eine bestimmte Kirchenzuchtordnung nicht das Wesen einer wahren Kirche ausmache. Verfassungsfragen seien vielmehr im Hinblick auf die je eigenen Besonderheiten der zeitlichen und örtlichen Bedürfnisse zu behandeln. Eine Unter-scheidung zwischen kirchlicher und staatlicher Jurisdiktion lehnt er entschieden ab und brandmarkt sie als papistisch. “Staat und Kirche dürfen nicht geschieden werden, weil im christlichen Staat beide ineinander verflochten sind und es nicht zwei Obrigkeiten geben kann” (Rudolf Pfister, Zürich und das anglikanische Staatskirchentum, in Zwingliana X, 1954, S. 249ff.). – Zu Beginn grösserer, gegen Schluss kleinerer Wasserfleck im Rand, geringfügig braunfleckig, ein vorzügliches Exemplar dieser Rarität. Provenance: Hs. Name auf Titel, datiert 1572. Bibliographie: Vischer C 850-851; VD 16, W-1102 und 1106; Rudolphi 684-685; F. Büsser, Heinrich Bullinger. Leben, Werk und Wirkung Bd. II (2005), S. 227; J. Wayne Baker, R. Gwalther “His commentaries are highly esteemed and rare”, in: The Oxford Encyclopedia of the Reformation (1996), Bd. II, S. 203. 120 HAECKEL, Ernst Heinrich Philipp August (1834 -1919). Konvolut von 3 Briefen (inkl. 2 Feldpost Enveloppen) und 6 Postkarten (davon 3 mit Haeckels Portrait), einem grossen ovalen Portrait Haeckels in Kreidelithographie von Karl Bauer (1868-1942), im Stein signiert und dazu in Blei von Bauers Hand: “n(ach) d(em) Leben von Karl Bauer” sowie darunter von Haeckels Hand: “Herrn Dr. Albrecht Hase // zur freundlichen Erinnerung // Ernst Haeckel”, unter Glas in schwarzem Holzrahmen (427 x 495 mm), desweitern ein Brief in Typoskript vom Direktor des Ernst-Haeckel-Hauses in Jena Georg Uschmann (1913-1986), datiert 30.7.1959 mit hs. Signatur, wie alles andere ebenfalls gerichtet an den in Potsdam geborenen und in Jena wirkenden Biologen, Entomologen und Parasitologen Professor Albrecht Hase (1928-1961). Jena u.a. 1914-1918 und 1959. chf 1800.Das Konvolut setzt sich chronologisch gelistet wie folgt zusammen: 1) Undatierte signierte Portraitlithographie Karl Bauers (wohl um 1910/15); 2) Postkarte mit Portraitphoto Haeckels “zu meinem 80. Geburtstag ... 16.2.1914”; 3) Zweiseitig gedruckter Text, Jena 22. Februar 1914, auf Vorderseite “... Herzlichen Dank! ... Jena 28.2.1914”; 4) Zweiseitiger Autograph Haeckels vom 17.3.1917 – Stempel auf Enveloppe datiert mit 29.3.1917; 5-6) 2 Postkarten mit unterschielichen Portraitphotos Haeckels, aber mit gleichlautender Anschrift, Text und Datum, “Jena 14.2.1917”; 7) Unbeschriebene, bedruckte Postkarte “Seit mehreren Monaten hat mein Gesundheitszustand und meine Arbeitskraft bedenklich abgenommen .... Jena, 17. Juli 1917”; 8) Bedruckte Postkarte “Jena (Villa Medusa), 7.März 1917. Am heutigen Tage sind 60 Jahre verflossen, seitdem ich in Berlin zum Doktor der Medizin promoviert wurde ... “, auf Vorderseite von Haeckels Hand: “Herzlichen Dank und Gruss! ,,, Jena 14.3.1917”; 9) Zweiseitig gedruckter Text, Jena 18. Februar 1918, auf Vorderseite 18zeiliger hs. Text, Poststempel auf Enveloppe unleserlich; 10) Postkarte, adressiert an “Fräulein Eva Kugelmann, Wiesenstrasse 70 Hannover ... Zu Ihrer Verlobung mit meinem vortrefflichen Schüler Herrn Professor Dr. Albrecht Hase ... , Jena 9. Mai 1918”; 11) Gef. Brief in Typoskript mit Briefkopf des Ernst-Haeckel-Haus in Jena, vom neuen Direktor Georg Uschmann: “... Mein Habilitationsverfahren ist inzwischen erfolgreich abgeschlossen. Die Arbeit befindet sich im Druck und wird Ihnen sofort nach Erscheinen zugehen ...”, datiert Jena, den 30.7.1959. 121 HALLER, Albrecht von (1708-1777). Bibliotheca anatomica. Qua scripta ad anatomen et physiologiam facientia a rerum initiis recensentur. 2 Bde. 4to (235 x 180 mm). VIII, 816 S.; Titelblatt (beschädigt), 870 S. Halblederbände über 5 erhabenen Bünden, mit goldgeprägtem Rückenschild. Zürich, Orell, Gessner, Füssli und Co., 1774-77. chf 1400.Albrecht von Haller begann seine extensive systematische und kritische Lektüre der gesamten medizinischen Literatur in Göttingen, wo er fast zwanzig Jahre an der neuen Universität unterrichtete. Seine aufschlussreichen Anmerkungen gründen auf der persönlichen Lektüre von tausenden von Zeitschriftenbeiträgen und Büchern. Seine kommentierenden Bibliographien zur medizinischen und botanischen Literatur hatte er 1771 begonnen zu veröffentlichen. Diese “unschätzbaren ‘Bibliotheken’ sind nicht nur ein Wendepunkt in der medizinischen Bibliographie, sie sind in ihrer Gesamtheit zugleich der Versuch einer Geschichte der Medizin von ganz anderem Inhalt und anderer Bedeutung ... als sie die gelehrten Vorgänger Hallers geliefert hatten” (Gunter Mann im Vorwort zur Reprint-Edition). – Hs. Notizen auf Vorsatz von Bd. I. – Untere Hälften der beiden Titel abgerissen (in Faksimile auf altem Papier ersetzt). Bibliographie: Steinke u.a., Bibliographia Halleriana, 329; Garrison-Morton 438; Thomas Bürger, Aufklärung in Zürich, 258. First comprehensive and critical bibliography of surgery – Bound in full morocco 122 — Bibliotheca chirurgica qua scripta ad artem chirurgicam facientia a rerum initiis recensentur. 2 Bde. 4to (244x 200 mm). IV, 593 S.; VIII, 695 S. Grüne Maroquinbände d. Z., Rücken über 5 erhabenen Bünden, Deckel mit ornamentalter Rankenbordüre in Goldprägung, mit reicher Rückenvergoldung und rotem Titelrückenschild, Stehkantenvergoldung, marmorierte Vorsätze, Goldschnitt. Bern, Emanuel Haller und Basel, Johann Schweighauser, 1774. chf 4900.Prächtiges Exemplar in grünem Ganzmaroquin der Erstausgabe von Hallers erschöpfendem Verzeichnis des Schrifttums der Chirurgie, veröffentlicht zu jener Zeit, als sie sich erstmals als selbständiges Lehrfach an den Universitäten zu etablieren begann. Früher Besitzer unseres Exemplars war der berühmte Pariser Chirurg Guillaume Dupuytren (1777-1835), wie die hs. Notiz von dessen Sekretär, dem Arzt Mardochée Marx (1798-1865) auf dem Vorsatz festhält: “Ce Haller vient de la bibliothèque de Dupuytren, il a été cédé par son neveu Pigné à Mardochée Marx”. Dupuytrens Büchersammlung wurde im Auftrag von seinem Neffen Dr. J. B. Pigné-Dupuytren im Jahr 1866 verauktioniert. Albrecht von Haller zählt zu den bedeutendsten Gelehrten des 18. Jahrhunderts, auch war er “der letzte Bibliograph, der die gesamte medizinische Literatur zu überschauen und registrieren vermochte” (Günter Mann). Wie alle seine zwischen 1771 und 1788 veröffentlichten grossen Fachbibliographien unterteilte Haller auch die Bibliotheca chirurgica in acht grosse Gruppen oder ‘libri’. Chronologisch geordnet, beginnt das Werk mit den griechischen und römischen Autoren, gefolgt von den arabischen Aerzten, wobei Halller im Anhang auch chinesische anatomisch-physiologische Titel verzeichnet. Bei einem besonders bemerkenswerten Verfassser oder Werk finden sich Hallers Anmerkungen. Die häufig hinter einer Jahrzahl zu findende Kennzeichnung mit einem Asterisk verweist darauf, dass dieser Titel auch in Hallers eigener Büchersammlung vorhanden war. Albrecht Hallers Leistungen “bestehen nicht in einzelnen bahnbrechenden Entdeckungen, ..., seine Grösse beruht vielmehr darauf, dass in einem weiten Gebiet der Wissenschaft er zuerst alles vor ihm geleistete gesammelt, das Falsche und Unbrauchbare ausgeschieden, das Zusammenhanglose genial verbunden und die vorhandenen Lücken durch eigene Arbeit möglichst ausgefüllt hat” (G. Mann). – Ein hervorragendes Exemplar im sehr seltenen Maroquineinband. Provenance: Exlibris des Pariser Bibliophilen und Medizinprofessors Maurice Villaret (18771946). Bibliographie: Steinke u.a., Bibliographia Halleriana, 1089; Eimas, Heirs of Hippocrates, 891 (“still of considerable reference value ... “); Garrison-Morton 5789; Brodman, The Development of Medical Bibliography (1954), 71f.; vgl. Vorwort von G. Mann im Neudruck von 1971. 123 — Bibliotheca medicinae practicae, qua scripta ad partem medicinae practicam facientia a rerum initiis ad a[nnum] MDCCLXXV recensentur. [Bd. III herausgegeben von Franz Ludwig Tribolet, Bd. IV von Joachim Dietrich Brandis]. 4 Bde. 4to (238 x 185 mm). Mit 4 Titelvignetten in Holzschnitt (1 wiederholt). VIII, 539 S.; VI, 722 S.; [4], 650 S.; Titelblatt, S. (V)-VIII, 598 S. Pappbände d. Z., mit je 2 Rückenschildern (Rücken an Kopf und Fuss etwas berieben). Basel, Johann Schweighauser und Bern, Emanuel Haller, 1776-88. chf 2200.Erstausgabe. Hallers vielleicht imponierendstes wissenschaftliches Werk hat Haller als Ordner und Kunstrichter der medizinischen Literatur hinterlassen mit seinen drei kritischen Bibliographien zur Medizin und zu der ihr damals noch als angegliederte Hilfswissenschaft verstandenen Botanik. Neu war hier der erstmalige flächendeckende Einbezug der verstreuten Zeitschriftenliteratur, die von nun an wesentlicher Bestandteil des medizinischen Schrifttums wurde. “Here for the first time in the history of medical bibliography we find a work which attempts to be both comprehensive and critical at the same time. It was a magnificent attempt, probably impossible of achievement by any lesser person or one less industrious than Haller. It is a one-man tour de force whose magnitude staggers the reader” (E. Brodmann). Der dritte Band erschien postum und wurde betreut durch den Berner Stadtarzt und Botaniker Franz Ludwig Tribolet (1759-1804). Den Abschlussband redigierte der Hildesheimer Arzt J. D. Brandis (1762-1846). – Ein frisches Exemplar. Bibliographie: Steinke u.a., Bibliographia Halleriana, 1091; Brodman, The Development of Medical Bibliography (1954), 71f. Die Chirurgie am Ende des Barock und Beginn der Aufklärungszeit 124 — Disputationes chirurgicae selectae. 5 Bde. 4to (255 x 200 mm). Mit Frontispiz, nach Charles Eisen in Kupfer gestochen von Pierre François Tardieu, alle Titel in Rot und Schwarz mit Portraitkupfer (wiederholt), nach D. Pelon gestochen von Louis Joubert und 51 (19 gef.) röm. nummerierten Kupfertafeln. [4] Bl. (inkl. Titelkupfer), 606 S.; Titel, 606 S.; Titel, 655 S.; [2] Bl., 594 S.; Titel, VIII, 672 S. Halbkalbslederbände d. Z. mit je 2 Rückenschildern, roter Schnitt. Lausanne, MarcMichel Bousquet, 1755-56. chf 3500.Erstausgabe. Das fünfbändige Werk beinhaltet insgesamt 163 Inaugural-Dissertationen und andere Hochschulschriften zur Chirurgie, die nach Hallers Plänen von seinen Göttinger Studenten verfasst wurden. “Haller’s object of his collection of disputations was to illustrate a single disease, fatal cases where a post mortem had been made or where some trusty remedy had cured the patient” (Sir d’Arcy Power). Die in Göttingen, Basel, Paris, Jena, Leipzig etc. vorgelegten Doktorarbeiten aus der Zeit von 1666 bis 1752 sind von medizinhistorischem Wert, geben sie doch einen gültigen Eindruck von den Problemen und Fragestellungen, die die Chirurgie im ausgehenden Barock und der beginnenden Aufklärung beschäftigten. Die Themen wurden von den jeweiligen Professoren vorgegeben, nebst Haller von solchen Berühmtheiten wie Lorenz Heister, Bernard Friedrich Albinus, Alexander Camerarius, Johann Sigismund Elsholtz, Jacob Benignus Winslow und Friedrich Hoffmann. Während der erste Band chirurgische Eingriff am Ohr und am Auge behandelt, finden sich im zweiten Band verschiedene Traktate zur Behandlung des Auges, der Brust (Brustkrebs), dem Mund, Hals und zur Speiseröhre sowie die Erörterung des Luftröhrenschnitts (Tracheotomie). Band III handelt von der Geburtshilfe und den Herniae (Brüchen); der vierte referiert über Nierensteine, die Lithotomie (Steinschnitt) sowie die Gelenkkrankheiten. Der Schlussband schliesslich ist den Eingriffen im Unterleib und der Hüfte sowie der Angiologie (Lehre von den Blutgefässen) gewidmet. “The dissertations contain many curious details of contemporary methods, customs and practice, by their references to long forgotten authorities they afford evidence of the interchange of knowledge which took place amongst the European surgeons of the time” (Sir d’Arcy Power). Provenance: Gest. Wappenexlibris (Wegmann 6406) des St. Galler Arztes und HallerSchülers, David Christoph Schobinger (1726-1792), mit dessen hs. Namen auf Vorsatz. Bibliographie: Steinke u.a., Bibliographia Halleriana, 1080; Blake 195; Wellcome III, p.199; D’Arcy Power, Albert von Haller and the Disputationes Chirurgicae Selectae, in: Vme Congrès international d’Histoire de la Médecine (1926), S. 9f. 125 HALLER, Gottlieb Emanuel von (1735-1786). Bibliothek der SchweizerGeschichte. 7 Bde. (inkl. Registerband). 8vo (195 x 117 mm). Mit 1 von Balthasar Anton Dunker radierten Titelvignette. XII, 628 S.; XVI, 656 S.; [4] Bl., 672 S.; [4] Bl., 583 S.; [2] Bl., 618 S.; Titel, XXII, 547 S.; 400 S. Halblederbände d. Z. (Ecken etwas bestossen). Bern, Rudolf Albrecht Haller, 1785-88. chf 1400.Erstausgabe. Unübertroffenes Standardwerk zur Geschichtsliteratur der Schweiz bis auf das Jahr 1780. Der Berner Historiker und Sohn Albrecht von Hallers verzeichnete und beschrieb hier sehr verlässlich über 11’000 Urkunden, Dokumente und gedruckte Bücher zur eidgenössischen Geschichte. Die Aufgabe gelang nur, weil Haller auf die Unterstützung fast aller Bücherkenner und Historiker seiner Zeit zählen konnte . Die Bibliothek der SchweizerGeschichte “stellt eine wissenschaftliche Schatzkammer von erstaunlicher Sachlichkeit und Toleranz dar” (Feller/Bonjour). – Geringfügige Bräunung. Bibliographie: Barth 9364; Feller/Bonjour 545; Wyss 286. 126 HARRIS, Moses (1731-1785). Exposition of English Insects ... Exhibiting on 51 copper plates near 500 figures accurately drawn ... – Expostion des insectes anglois: ... Exposant sur 51 planches, prés de 500 figures, dessigneés avec precision, & parfaitement coloreés, d’apres la nature. Le tout expliqué avec exactitude, arrangé, & nommé suivant le systeme de Linneé: avec remarques ... Paralleltext in Englisch und Französisch. Small folio (290 x 230 mm). With engraved title, etched after Tomkins by Russell, 1 hand-colored plate of color scheme, 1 outline engraved plate, and 50 numbered hand-colored plates with illustrations of insects. [2] leaves (titles), 166 pp., [2] leaves index. Contemporary dark blue morocco, with gitl border around sides, marbled endpapers and edges, gilt inside dentelles (joints somewhat rubbed). London, Printed for and sold by Tho[mas] Martyn, sold also by Mr. White and Mr. chf 4800.Elmsly, 1782. Luxuriös gebundenes Exemplar des Erstdrucks der zweiten Ausgabe des berühmten entomologischen Werks, komplett mit der häufig fehlenden Farbtafel Scheme of Colours, die als Prismatic Circle erstmals in Moses Harris’ The Natural System of Colours (1766) erschienen war und worinn Harris darstellt, “what we nowadays know as the subtractive mixing of colours, with his most important observation showing that black will be formed through the superimposition of the three basic-colours: red, yellow and blue” (W. Spillmann). Die rund fünf hundert Insektendarstellungen des erstmals zwischen 1776 und 1780 in Lieferungen erschienen Werks wurden alle von dem Entomologen und Kupferstecher Harris gezeichnet, gestochen und auch von Hand koloriert. Nach Hagen/Nissen wurden gegen dreizehn Tafeln umgestochen, einige ganz neu gezeichnet. Unser Exemplar enthält den erst für diese zweite Ausgabe gestochenen englischen Kupfertitel sowie den Drucktitel in französischer Sprache, beide mit 1782 datiert. – Text geringfügig gebräunt wie üblich, die letzten drei Textblätter mit Wasserflecken in der oberen Ecke, stellenweise schmaler Wasserrand im Kopfsteg, insgesamt von vorzüglicher Erhaltung. Bibliographie: Lisney, A Bibliography of British Lepidoptera, 242; Nissen, ZBI, 1838; Horn/ Schenkling 9698; Hagen I, 342; Freeman 1557; Wellcome III, 212; Spillmann, Color Systems, in H. Linton, Color Consulting (New York 1992), 169ff. 127 HARTMANN, Christoph (1565-1637) und Franz GULLIMANN (15681612). Annales heremi Dei parae matris monasterii in Helvetia ordinis S. Benedicti antiquitate, religione, freqventia, miraculis, toto orbe, celeberrimi ... Folio (307 x 195 mm). Gest. Titel innerhalb breiter architektonischer und figürlich reich ausgestatteter Bordüre nach Johann Heinrich Gessner gest. von Lukas Kilian und 42 Wappenkupfer im Text. [4] Bl. (inkl. Kupfertitel), 478 S. (recte 476), 2leere Bl., [32] Bl. (letztes leer). Lohgegerbter Kalbslederband d. Z. über vier erhabenen Bünden, Deckel mit reicher Blindprägung (Vordergelenk oben kurz eingerissen, berieben, ohne die Schliessbänder). Freiburg i. Br., Ex typographia Archiducali, 1612. chf 1500.- Erstausgabe. In einer Auflage von 1’000 Exemplaren gedruckte wichtige Geschichte der Benediktinerabtei Einsiedeln. Exemplar der Ausgabenvariante ohne das ganzseitige Textkupfer mit einer Innenansicht der Gnadenkapelle, das nicht allen Exemplaren mitgegeben wurde. Der aus Frauenfeld stammende Einsiedler Stiftsbibliothekar verfasste die Chronik in Zusammenarbeit mit Franz Gullimann (1569-1612), der 1609 zum offiziellen Habsburgischen Historiographen ernannt wurde. Das Werk erschien als einziger bekannter Druck in der 1610 von Joseph Lang und Franz Gullimann gegründeten “Typographia Archiducalis” in Freiburg im Breisgau, wo Gullimann seit 1606 als Geschichtsprofessor wirkte und am 14. Oktober 1612 auch starb. Das prachtvolle Titelkupfer wurde nach einer 1610 entstandenen Zeichnung von Johannes Heinrich Gessner vom Augsburger Kupferstecher Lucas Kilian (1579-1631) gestochen und zeigt die Aebte Gregor, St. Meinrad, St. Benno, St. Adelrich, St. Wolfgang, Eberhard und Thietland sowie Abt Friedrich. In einer als Aufsatz eingesetzten Umrahmung sitzt der hl. Benedikt am Studiertisch, während die Predella mit einer Illustration der Engelweihe geschmückt ist. Bibliographie: Haller III,1204; Lonchamp 1398; Wyss 224; Barth 19280; Feller/Bonjour 453; Benziger, Geschichte des Buchgewerbes in Einsiedeln, 120 und 235; Benzing, Buchdrucker 140, 11; Strehler, Die Einsiedler Chronik von 1612, in: Gutenberg Jb. 1970, 251-257. 128 HEIM, Albert (1849-1937). Geologie der Schweiz. 2 in 3 Bänden. Gr.8vo (265 x 175 mm). Mit Abbildungen auf zus. 76 teils farb. und mehrfach gefalt. Tafeln und im Text sowie zahlreichen teils mehrfach gefalteten Tabellen. XX, 704 S.; XI, 476 S.; XXVI S., SS. [477]-1018. Halblederbände d. Z., mit Rückentitel in Goldprägung. Leipzig, Tauchnitz, (1916-) 1919-22. chf 1480.Erstausgabe. Schönes Exemplar von Heims berühmtem Hauptwerk, auf dem alle weitere Forschung über die Geologie der Schweiz aufbauen konnte. Veröffentlicht wurde diese zwischen 1916 und 1922 in Lieferungen erschienene Zusammenstellung des gesamten zeitgenössischen Wissens über die Geologie der Schweiz als Resultat einer vierzigjährigen Forschertätigkeit. “Albert Heim produced the finest account of a national geology” (R. J. Chorley in: Dictionary of Scientific Biography, Bd. VI, S. 228). Ausgehend von Detailstudien vor allem der Glarneralpen und des Säntisgebiets verband der Zürcher Geologieprofessor seine eigenen geologischen Beobachtungen mit dem Fachwissen seiner Zeit und entwickelte dabei auch neue Theorien, die zu Kontroversen mit Fachkollegen führten, wie z.B. jene über den Ursprung der “Glarner Doppelfalte”. Heims vielfältige Veröffentlichungen bezeugen seine grossen Verdienste um die Verwendung wissenschaftlicher Zeichnung und Photographie als Mittel der Dokumentation und Darstellung geologischer Zusammenhänge. Bibliographie: Perret 2205-A; Imhof 171; Staub, Der Anteil der Schweiz an der Entwicklung der Geologie (1943), S. 49f. 129ENTFÄLLT 130 HELVETISCHE BENEDIKTINERKONGREGATION 1602 – HECHT, P. Gabriel (1664-1745), Illustr. und P. Mauritius (Kaspar Josef) MÜLLER, (1677-1745), Text]. IDea saCrae CongregatIonIs HeLVeto-BeneDICtInae, anno ILLIVs IUbILaeo saeCVLarI eXpressa, et orbI eXposIta ... A musis sant-gallensibus jubilaeo ibidem solemniter celebrato accinentibus ... [Und im Anhang:] (P. Maurus (Johann Josef) von ROLL (1653-1714)]. Moralischer Uhrzeiger, der nur I. zeiget, oder Einfältige Predig von dem gebenedeyten Eins der Helvetisch-Benedictinischen Congregation auff ihr angestelltes Jubel-Jahrs-Fest Anno 1702 den 14. Sonntag nach Pfingsten [=10. September]. Kl.-Folio (308 x 210 mm). Mit 2 Portrait-Tafeln und 18 ganzseitigen Textkupfern, nach P. Gabriel Hecht gest. von Jacob Müller (ohne das Frontispiz). [2] Bl., 72 S.; 11 S. (“Moralischer Uhrzeiger”). Moderner Pappband. St. chf 1200.Gallen, Klosterdruckerei per Jacob Müller, 1702. Erstausgabe der reich illustrierten Festschrift, in der Klosterdruckerei gedruckt aus Anlass der Hundertjahrfeier des, unter dem Eindruck des Reformkonzils von Trient erfolgten, Zusammenschlusses der Abteien St.Gallen, Einsiedeln, Pfäfers, Muri, und Fischingen zur schweizerischen Benediktinerkongregation. Die Prachtpublikation – hier wie oft ohne das Titelkupfer mit Abbildung der Versammlung der 9 Äbte der Kongregation – beschreibt in barocker Rethorik nach dem Grusswort des gastgebenden Klosters St. Gallen die kurze Geschichte der Kongregation sowie jene der einzelnen Abteien. Im Anhang finden sich die Texte der zum Beginn und zum Abschluss gehaltenen Reden sowie der Wortlaut der von Abt Maurus von Roll von Einsiedeln zum Thema “Niemand kann zwei Herren dienen” vor viel Publikum auf dem St. Galler Klosterplatz gehalten Hauptrede der Jubelfeier. Die von dem aus Süddeutschland stammenden Pater und talentierten Architekturzeichner Gabriel Hecht gezeichneten Vorlagen für die emblematischen Kupfer wurden am 13. März 1702 von dem aus Jena stammenden, seit 1692 in St. Gallen wirkenden Jacob Müller (+1721), dem “Buchdrucker des fürstlichen Gestifts St.Gallen”, nach Augsburg gebracht, wo sie offenbar von einem Namensvertter Jacob Müller (um 1670-1703) radiert wurden. Die seitengrossen emblematischen Kupfer zeigen in der oberen Hälfte ein Portrait oder Wappen und unten emblematische Darstellungen oder eine topographische Ansicht der Klöster St. Gallen, Einsiedeln, Pfäffers, Disentis, Muri, Rheinau, Fischingen, Engelberg und Beinwi, jeweils begleitet von einem Sinnspruch. – Ohne das Titelkupfer, von vereinzelten kleineren (Stock-) Flecken abgesehen ein sehr schönes Exemplar dieser Rarität. Bibliographie: Landwehr, German Emblem Books, 190; “Durch neunfaches Bündnis gesichert” (zur Ausstellung in Pfäfers 2005 [Online Version]. 131 HEYMEL, Alfred Walter (1878-1914). Gesammelte Gedichte 1895-1914. Gr.-8vo (256 x 175 mm). 234 S., 1 Bl. Zwischentitel und Ueberschriften sind grün gedruckt. Handeinband des Leipziger Ateliers von E. A. Enders in zitronengelbem Ganzmaroquin, Deckelumrahmung mit doppelter Goldfilete, ein innerer Rahmen aus sich in den Ecken überschneidenden punktierten Goldlinien mit ovalen Strahlenkränzen in den Zwickeln, Rückenvergoldung mit Rautenmuster, kleinen Rosetten und Strahlenkränzen, goldgeprägtes Titelschild, Innenkantenfileten in Gold, marmorierte Vorsätze, Kopfgoldschnitt, in Schuber. Leipzig, (E. Haberland für) Insel Verlag, 1914. chf 2800.Eines von nur 30 Exemplaren dere Vorzugsausgabe auf holländischem Büttenpapier und im Maroquinband. Erstausgabe von Heymels Spätwerk, der 1899 zusammen mit seinem Vetter Rudolf Alexander Schröder und Otto Julius Bierbaum die Zeitschrift ‘Die Insel’ aus der Taufe gehoben hatte. Heymel entfaltete als Sammler und Kunstförderer vielerlei Aktivitäten, nach seiner Uebersiedlung 1912 nach Berlin, pflegte er auch enge Kontakte zu Berühmtheiten wie Max Liebermann, Richard Strauss und Annette Kolb. – Erste und letzte Bl. minim stockfleckig. Provenance: Exlibris Leo Lewin (1881-1965), Kunstsammler und Bibliophile aus Breslau. Bibliographie: Sarkowski 727. 132 HIEROTHEOS ABBATIOS, Archimandrite (1599-1664), Hrsg. und Übersetzer. Ton ekklesion tes belgikes christanike kai orthodoxos didaskalia kai taxis, egun exomologesis, katechesis, leiturgia kai kanones ekklesiastikoi ... (Graece). 4to (240 x 180 mm). Holzschnitt-Druckermarke auf dem Titel. [6] Bl., 500 S. Pergamentband d. Z. mit blindgeprägtem Ornament im Zentrum (ohne die Schliessbänder). (Leiden, Bonaventura und Abraham Elzevier, 1648). chf 4800.Seltene Erstausgabe in Neugriechisch der Confessio Belgica, des Heidelberger Katechismus und der Dordrechter Kirchenordnung. Das nach Calvinischen Grundsätzen von Guido de Brès in Brabant aufgesetzte Confessio Belgica wurde als symbolisch auf verschiedenen Synoden (1571, 1576, 1579, 1581 und erneut 1619) gebilligt und 1651 im Haag noch einmal bestätigt. Die von dem 1644 in Leiden wirkenden A. Hierotheos Abbatios erstmals ins Neugriechische übertragene Version entstand auf Drängen einer kleinen, aber entschlossenen Gruppe griechischer Theologen, die sich – im Widerstand zur heimischen Orthodoxie und entgegen des synodalen Verbots von 1638 in Konstantinopel – für eine weitere Zusammenarbeit mit dem protestantischen Ausland einsetzten. Auf Kosten der Niederländischen Generalstaaten wurde Hierotheos Abbatios’ Übertragung durch die Offizin von Bonaventura und Abraham Elzevier unter persönlicher Aufsicht des Übersetzers vom Frühjahr 1647 bis zum Januar 1648 in drei verschiedenen griechischen Typen gedruckt. “The book, of which there were about a thousand copies, is beautifully printed mostly in three letter-types, one for the main text, a somewhat smaller one for the biblical quotations, and a very small one for the marginal notes. The whole text gives proof of the extreme care which the edition was been prepared” (K. Rozemond). Eine durch Jacobus Rivius ins klassische Griechisch übersetzte Fassung des Glaubensbekenntnisses war zuvor 1623 und erneut 1633 ebenfalls in Leiden im Druck erschienen. – Etwas wasserrandig gegen Schluss, ein schönes und breitrandiges Exemplar im Originaleinband. Provenance: Wappenexlibris der Earls of Macclesfield, Shirburn Castle (Oxford). Bibliographie: Willems 637; Legrand, Bibliographie hellénique II, 40-46; Rozemond, Archimandrite Hierotheos Abbatios (1966), 32ff. und 44 (Titelabb.); Podskalsky, Griechische Theologie in der Zeit der Türkenherrschaft (1453-1821), S. 27. 133 HOGARD, Henri [Joseph (1776-1837)]. Description minéralogique et géologique des régions granitique et arénacée du système des Vosges, avec un atlas comprenant une carte géognostique des Vosges, plusieurs vues et coupes. 2 Bde. 8vo (208 x 130 mm) und Folio (457 x 315mm). Mit 1 doppelblattgrossen, farblithographierten “Carte géognostique du Département des Vosges” und 12 farblithographierten oder lithographierten Tafeln nach Zeichnungen Hogards. Épinal, (Imprimerie de Gley pour) Valentin, 1837. chf 2800.Erstausgabe des komplett sehr seltenen frühen Werks zur Geologie der Vogesen, verfasst von dem als Zeichner, Geologen und Landvermesser wirkenden Henri-Joseph Hogard, Vater des Geologen Henri Hogard (1808-1880). Die doppelblattgrosse geologische Karte und alle geologischen Querschnitte und weiteren Illustrationen in Lithographie oder Farblithographie stammen von seiner eigenen Hand. “Mon but est de faire connaître la constitution minéralogique et géologique des deux principales régions des Vosges: la région des montagnes, ou région granitique, et la région intermédiaire, ou région arénacée” (aus dem Vorwort). Die Mehrzahl von Hogards geologischen Texten erschien erst postum. – Altes Bibliotheksschildchen auf Vortitel und kl. Stempel auf Titel und nachfolgendem Blatt des Textbandes, dieser etwas stockfleckig, der Atlas tadellos mit allen Seidenpapieren. Bibliographie: Ward, Geology Emerging. A Catalog illustrating the History of Geology (1984), Nr. 1099; DBF XVII, 1260; Bossu, Chronique des rues d’Épinal I (1976), S. 128ff. 134 HOLBEIN, Hans d. J. (1497/98-1543). ‘Erasmus im Gehäuse’. Einblattholzschnitt mit Bildnis des Erasmus von Rotterdam in ganzer Figur, nach Holbein geschnitten von Veit Specklin. 285 x 152 mm [Blattgrösse: 286 x 175 mm]. [Basel, Hieronymus Froben und Nicolaus Episcopius, 1540/41]. chf 4500.Erstabzug des berühmten Gedenkblatts von Holbein auf den in Basel gestorbenen Erasmus von Rotterdam. Seit Amerbachs Inventar von 1580 ist dieser grosse Holzschnitt mit Erasmus’ Portrait bekannt unter der Bezeichnung Erasmus im Gehäuse. Es zeigt den greisen Gelehrten in Dreiviertelansicht nach rechts in einem auf einer Konsole stehenden Portalbogen, die rechte Hand auf dem Haupt der vor ihm stehenden Herme des Terminus, sein Mahnzeichen und Schutzgott. Den Auftrag erhielt Holbein höchstwahrscheinlich von Hieronymus Froben bei seinem kurzen Aufenthalt in Basel, zwischen dem 10. September und 16. Oktober 1538. Die Holbeinsche Zeichnung wurde von Veit Specklin auf Holz übertragen und in der Offizin von Hieronymus Froben und Nicolaus Episcopius gedruckt. Merkmal des Erstdrucks ist der zweiteilige Text in der Kartusche: Corporis effigiem si quis non vidit Erasmi / Hanc scite ad vivum picta tabella dabit (Falls jemand die liebliche Erscheinung des Erasmus nicht gesehen hat, / wird sie ihm das exakt nach dem Leben gemalte Bildnis zeigen). Die Inschrift variiert das Thema, wonach das Abbild nicht Erasmus, sondern nur seinen Körper zeige (dass sich der Geist im Gemälde also nicht wiedergeben lasse). Der zweite Abzug hingegen enthält einen veränderten, vierzeiligen Text und dürfte nach 1550 gedruckt worden sein. Der Druckstock hat sich erhalten und wird heute im Kupferstichkabinett Basel aufbewahrt. – Mit drei tiefen Rissen (ohne jeglichen Papierverlust), etwas fleckig, ein sehr guter, gleichmässiger Abzug dieser Rarität. Bibliographie: Müller, Hans Holbein d.J., die Druckgraphik im Kupferstichkabinett Basel (1997), Nr. 7 und Abb. S. 26; Holbein Kat. 1960, Nr. 433; Hollstein IX/2, Nr. 9; Hieronymus, Icones Erasmi, in: Basler Zeitschrift für Geschichte und Altertumskunde (1986), S. 109f.; Ders., Oberrheinische Buchillustration (1984), Nr. 456 und Abb. S. 691. 135 HOLBERG, Ludvig (1684-1754). Nicolai Klimii iter subterraneum novam telluris theoriam ac historiam quintae monarchiae adhuc nobis incognitae exhibens e bibliotheca B. Abelini. Kl.-8vo (170 x 105 mm). Mit gest. Frontispiz und Kupfertitel, 3 Kupfertafeln (1 gef.), radiert von Johann Georg Menzel. Drucktitel, 380 S. Roter Maroquinband d. Z., mit Dreifachfilete in Goldprägung, reicher Rückenvergoldung, Steh- und Innenkantenvergoldung, Goldschnitt. Copenhagen and Leipzig, Jacob Preuss, 1741. chf 1800.Erstausgabe. Schönes Maroquin-Exemplar der berühmten ersten skandinavischen Utopie, mit der das Genre der subterranen Voyage imaginaire eingeführt wurde. Das köstlich geschriebene Werk beschreibt die Reise des Norwegers Nicolaus Klim, der den Sturz der Regierung von Cocklev herbeiführen wollte. Klim stürzte durch einen Schacht bei Bergen, Holbergs Geburtsstadt, in das unterirdische Nazar, das aus diversen Provinzen und Fürstentümern besteht. Das Staatswesen Martinia wird von zivilisierten Affen bevölkert; der Idealstaat Potu [=Utop] ist von beweglichen und sprechenden Bäumen besiedelt; in der Provinz Jochtan, wo die Meinungs- und Religionsfreiheit garantiert sind, gilt die Respektierung von anderen Ueberzeugungen als höchste staatsbürgerliche Tugend; und schliesslich Cocklev, das auf schwankenden Füssen steht, weil den Frauen gestattet ist, Staatsgeschäfte zu führen. Das siebte Kapitel behandelt die Verfassung von Potu, wo die Thronfolge seit einem Jahrtausend erblich ist. Noch eine ganze Menge von Ländern werden durchstreift, so das Land der Betrüger und das der Gottesläugner, ein Land wo die Menschen nicht zu Bett gehen und das unglückliche Kiliak, wo den Leuten auf der Stirn steht, wieviele Jahre sie schon gelebt, und wieviele sie noch zu leben haben. Hatte sich Swifts Gulliver’s Travels, in dessen Tradition das vorliegende Werk steht, eher mit dem einzelnen Individuum beschäftigt, interessiert sich Holbergs Utopie mehr für die gesamtgesellschaftlichen Belange. Geschmückt wird das Werk von einer als ironische Pointe zu verstehenden ‘Karte’, mit der unterirdischen Sonne (Sol subterraneus) im Zentrum. Die drei Kupfertafeln und die Faltkarte wurden nach Vorlage eines unbekannten Künstlers von dem Leipziger Kupferstecher Johann Georg Menzel (1677-1743) gestochen, sie zeigen ein Portrait Klims, einen “Baummenschen” aus dem Fürstentum Potu sowie einen Bewohner von Martinia. – Wie üblich gebräunt und stockfleckig, mit hs. Notizen auf Vorsatz verso. – Ein luxuriös gebundenes Exemplar. Provenance: Exlibris des Lyoner Buchhändlers Louis Brun (pseudonym Nobirulus), datiert 1887 und des dänischen Bibliophilen Hans Hartvig Seedorff Pedersen (1892-1986). Bibliographie: Negley 575; Gove 303f.; Bibl. Danica IV, 441; Gibson/Patrick 710; Roberts, The History of Science Fiction (2006), p. 77; Fortunati/Trousson 459; Manguel/Guadalupi 454f.; Nicolson, Voyages to the Moon, 226f. The most famous Orientalist of the 17th Century 136 HOTTINGER, Johann Heinrich (1620-1667). Historia orientalis quae ex variis orientalium monumentis collecta, agit De Muhammedismo ... Editio posterior & auctior, charactere novo orientali nunc primum vestita. Kl.-4to (204 x 160 mm). [20], 600, [24] S. Pergamentband d. Z. mit Ueberstehkanten, mit hs. Rückentitel. Zürich, Johann Jacob Bodmer, 1660. chf 1750.Erst für diese revidierte zweite Ausgabe seiner Geschichte der islamischen Länder nach arabischen Quellen liess der Zürcher Gelehrte und Mitbegründer der wissenschaftlichen Orientalistik einen arabischen Typensatz herstellen, um die Quellenzitate in arabischer Schrift präsentieren zu können. Hottingers Handbuch der islamischen Religion und Geschichte unterrichtete den Leser über alles, was damals im Westen über Mohammed, den Islam und seine Sekten, die vorislamischen arabischen Religionen usw. bekannt war. Im Kapitel: De causis Muhammedismi conservantibus zieht der Verfasser eine aufschlussreiche Parallele zwischen den konservativen Kräften des Islam und jenen in der katholischen Kirche. “Hottinger was probably the greatest Swiss scholar of the 17th century and a pioneer of Arabic studies in Europe” (Jan Loop, Swiss Orientalists in the Arcadian Library. Wolfsberg Conference 2011 – Online Vesion).- Besitzvermerk von zeitgenössischer Hand. – Minimale Bräunung und vereinzelte Stockflecken. Bibliographie: Fück, Die arabischen Studien in Europa bis in den Anfang des 20. Jhs. (1955), 91f.; Ibrahim-Hilmy I, 311; Fürst I, 414; Paisey H-1725; VD 17 (Online Kat.) 23:000384N; Graesse III, 378; Loop, J. H. Hottinger: Arabic and Islamic studies in the 17th century (2013), S. 201ff. 137 [HOWELL, James (1594-1666)]. Dendrologia [grecae]. Dodona’s Grove, or, The Vocall Forrest. Gr.-4to (288 x 198 mm). Mit gest. Frontispiz (‘Robur Britannicum’) und 2 Kupfertafeln, sowie Kupfertitel mit halbseitengrosser Vignette (Apollos und Paulus mit der Eiche in ihrer Mitte) innerhalb ornamentaler Bordüre, alles radiert von Matthäus Merian d. J. [8], 219 S. (recte 183 [Pagination springt von 135 auf 166]). Halblederband d. Z. (berieben, Ecken bestossen, Vorderdeckel im Gelenk schwach). (London), T. B[adger] for H. Mosley, 1640. chf 1400.Erstausgabe. Seltenes Erstlingswerk von James Howells “maiden fancy” (Lowndes), eine poetisch allegorische Geschichte Europas in den Jahren von 1603 bis 1640, in der die Staaten, Völker und historischen Persönlichkeiten in Gestalt verschiedener Bäume dargestellt werden: Frankreich ist Amplona, England Druina, Venedig Adriana, die Türkei Alchorona, Spanien Elaiana (das Land des Oels), die Zeder der Kaiser, der Holunder ist Maximilian I. von Bayern usw. Die Kupfer wurden gestochen von Matthäus Merian d. J. (1621-1687). Unserem Exemplar ist ein äusserst aufschlussreicher, handschriflicher “Clavis to Dodona’s Grove” auf dem Vorsatz beigegeben und zusätzlich enthält es erklärende Marginalien von alter Hand. Die Kupfer zeichnete und radierte M. Merian der Jüngere 1621-1687) in London. – Hs. Name am Kopfsteg des Titels (teilweise durchgestrichen) und auf Schlussblatt verso. Bibliographie: Negley 590; Lowndes II, 1129; Winter 75; STC, (English), 13872; Nieden, M. Merian d. J. (2002), S. 239, Nr. 137. Mapping of the Earthly Paradise – In Full Red Morocco 138 HUET, Pierre-Daniel (1630-1721). Traitté de la situation du paradis terrestre. A messieurs de l’Accadémie Françoise. 12mo (165 x 100 mm). Mit Kupfertitel (Karte mit Euphrat und Tigris, mit dem Golf von Persia in Vogelschauperspektive) und 1 gef. Kupferstichkarte mit Mesopotamien im Zentrum. [20], 240, [20] S. Index. Roter Maroquinband d. Z., mit Dreifachfilete in Goldprägung, Steh- und Innenkantenvergoldung, Goldschnitt. Paris, Jean Anisson, Directeur de l’Imprimerie Royale, (November) 1691. chf 3800.Prachtexemplar der Erstausgabe. Frühe französische Lokalisierungsbemühung des Paradieses durch den Gelehrten, Philosophen und Apologeten, Pierre Daniel Huet aus Caen, “perhaps the most famous of modern times” (Manuel). Basierend auf der biblischen Ueberlieferung wurde versucht, die Existenz des Paradieses, das für die meisten Christen eine nicht in Frage zu stellende Realität darstellte, auch kartographisch festzulegen. Die frühesten Versuche der geographischen Lokalisierung des Paradieses gehen bis ins 6. Jh. zurück. Als sich mit der Erweiterung der geographischen Kenntnisse herausstellte, dass der dem Paradies zugewiesene Ort in Gegensatz zur Erfahrung von der realen Welt geriet, dass also dort, wo man es auf den mittelalterlichen “Mappae mundi” dargestellt hatte, kein Platz mehr für das Paradies war, wurde der Garten Eden verschoben. Von einem Rand der bekannten Welt wanderte er an einen anderen, von Mesopotamien nach Ostafrika, Südostafrika, an die Ostküste Indiens, bis dann im Zuge der allgemeinen Aenderung der Weltanschauung in der Renaissance die Frage der Lokalisierung als ein rational unlösbares Problem erkannt wurde. Im 16. Jh. begann dann aber erneut der Versuch einer geographischen Bestimmung; so erschienen in diversen protestantischen Bibelausgaben Paradies-Karten. Pierre Daniel Huet, der sein Werk den Akademiekollegen widmete, folgt in seiner Lokalisierungsbemühung der um 1530 von Bischof Agostino Steuco [latinisiert Steuchus Eugubinus (1406-1549)] geäusserten und dann von Calvin, Grotius, Vatablus u.a. akzeptierten Darlegung, wonach sich das Paradies im Zweistromland von Euphrat und Tigris zu lokalisieren sei. Die nicht signierte topographische Karte zeigt oben rechts das Kaspische Meer, im Zentrum Mesopotamien (Irak) mit Euphrat und Tigris, und unten die arabische Halbinsel sowie rechts den Golf von Persien. Nebst diversen französischen Neuausgaben erschienen von Huets Buch 1694 (Fritsch, Leipzig) und 1698 (Boom, Amsterdam) zwei lateinische Uebersetzungen (“Tractatus de situ paradisi terrestris”), 1715 in Amsterdam eine holländische und 1737 in Venedig eine italienische Ausgabe. – Gedruckt wurde das Werk durch den Lyoner Buchdrucker/Verleger Jean Anisson (1642-1721), der am 15. Januar 1691 zum Direktor der Imprimerie Royale in Paris ernannt, diesen Posten bis 1707 bekleidete. – Ein sehr schönes und komplettes Exemplar. Provenance: Gest. Exlibris G[eorges Gustave] Chartener (1813-1884) aus Metz. Bibliographie: Conlon, Prélude I, 5283; Brunet III, 361; Goldsmith H-659; Sargent/Schaer, p. 55, no. 19; J. Mokre, Kartographie des Imaginären, in: H. Petschar, Alpha & Omega (2000), p. 27f. 139 HUGO, Victor (1802-1885). Notre-Dame de Paris. 8vo (217 x 137 mm). Mit Frontispiz in Stahlstich nach D. Rouargue auf China gest. von E. Finden und 11 Tafeln nach Louis Boulanger, Raffet, Tony und Alfred Johannot und Camille Rogier auf China gest. von W. und E. Finden, R. Staines, A. Lacour Lestudier, T. Philibrocon und G. Periam. [2] Bl. (Vortitel und Drucktitel), 631 S. Maroquin citron mit blindprägung im Rocaille-Stil, Steh- und Innenkantenvergoldung, Goldschnitt (signiert Boutigny). Paris, [Plassan für] Eugène Renduel, (Dezember 1835) 1836. chf 3200.Erste illustrierte Ausgabe (‘Keepsake Edition’) von Victor Hugos berühmtestem Romanwerk. Sie erschien Anfang Dezember 1835 und liegt hier komplett vor mit der häufig fehlenden Tafel VII: Utilité des fenêtres qui donnent sur la rivière, auf China gedruckt und “fort rare, elle existe sur chine, mais se trouve très souvent seulement sur blanc ... ce Livre-Keepsake es le modèle du genre, il eut un vif succés et fut souvent très bien habillé à l’époque, par Boutigny” (Carteret). Im hellbraunen Platteneinband ‘à motifs rocailles’ des Pariser Meisterbinders Boutigny, der zwischen 1830 und 1865 tätig war. – Titel und wenige Seiten etwas stockfleckig, insgesamt ein sehr gutes Exemplar. Bibliographie: Vicaire IV, 258-259; Carteret III, 300; Lonchamp 231. 140 HUMBOLDT, Alexander von (1769-1859). Essai géognostique sur le gisement des roches dans les deux hémisphères. 8vo (208x122 mm). VIII, 379 S. Marmorierter Halblederband d. Z. mit rotem Lederrückenschild (Ecken minimal bestossen). Paris, F. G. Levrault, [Janvier] 1823. chf 2200.Erstausgabe. Humboldts Ueberblick über den Stand der geologischen und geognostischen Forschungen um 1820 und sein Vergleich der Gesteine der Alten Welt mit denen der Kordilleren fusst auf seinen während seiner berühmten Amerikareise gewonnenen Erkenntnissen. Geschrieben hat er den Text für den ab 1816 im Pariser Verlag von François Georges Levrault erschienen “Dictionnaire des sciences naturelles”, wo er unter dem Stichwort: “Indépendance des formations” in Bd. XXIII (1822) zuerst gedruckt erschien. Eine anonyme englische sowie eine deutsche Uebersetzung durch den Mineralogen Karl Cäsar Ritter von Leonhard erschienen bis Ende 1823. “Humboldt explores the positioning of different types of rocks across the globe, and the causes behind these formations. He also hypothesises that the flora of these areas are affected by the geology, which in turn is influenced by the thermal currents of the earth’s molten core. These insights into rock formations are also key to Humboldt’s theory of continental drift, now recognised as resulting from the shifting of the continental plates” (Cambridge Library Collection – Earth Science 2012). – Unbedeutende Stockflecken zu Beginn, die Vorsätze etwas leimschattig, ein schönes Exemplar mit interessanter Provenienz. Provenance: Exlibris des Berner Geologen Bernhard Studer (1794-1887) und Wappenexlibris von dessen Enkel, dem Arzt und Zoologen Theophil Rudolf Studer (1845-1922). Bibliographie: Fiedler/Leitner S. 342f., Nr. 5.1; Löwenberg 146; Brunet III, 375; Curtis Schuh’s Biobibliography of Mineralogy 5 (“very scarce”). 141 [HUTTEN, Ulrich von (1488-1523)]. Outis (graece) Nemo. 4to (200 x 155 mm). Mit ganzseitigem Titelholzschnitt von Hans Weiditz und 2 schwarzgrundigen Zierinitialen. [12] Bl. Moderner Pergamentband. (Augsburg, Johann Miller, [9. chf 3800.September 1518]). Erster Druck der Erstausgabe der überarbeiteten und vermehrten Fassung von Huttens Erstlingswerk mit geistreichen Versen und Sprichwörtern in Wortspielform; die erste Ausgabe der ersten Fassung (Nemo I) erschien 1510. Es sind Betrachtungen über die Möglichkeiten und Grenzen unseres Daseins. Das Gedankenspiel mit dem zum handelnden Subjekt erhobenen Nemo, der für die Schwächen und Niedertracht des Menschen steht, ermöglichte es dem Dichter, Kritik an den politischen und gesellschaftlichen Verhältnissen zu üben. Hier nun fügte Hutten dreissig neue Distiche hinzu, straffte den Text und gab ihm neu einen moralisch-politischen Impetus. Die Vorrede richtete er an den seit den gemeinsamen Schülertagen mit ihm befreundeten Humanisten Johann Crotus Rubianus (= Johannes Jäger, 1480-1545), der 1519 in Bologna seinen theologischen Doktorgrad erwerben sollte. Am Schluss folgt Huttens Prosabrief an den damals in Italien studierenden Julius von Pflug, in dem er Themen des zeitgenössischen politischen und gesellschaftlichen Lebens aufgreift und dabei auch eine ganze Reihe kirchlicher und weltlicher Würdenträger nennt. Der prachtvolle ganzseitige Titelholzschnitt von Hans Weiditz zeigt den bärtigen Nemo in römischer Uniform, im Hintergrund das Schiff des Odysseus und links auf einer Klippe der Zyklop Polyphem, vor den Füssen Nemos liegen verstreut verschiedene Utensilien, u.a. ein Buch, ein Brettspiel und Karten, eine Laute sowie eine Axt. – Ein vorzügliches Exemplar. die Bogensignatur Biii noch in der unkorrigierten Form als Aiii. Bibliographie: Benzing 62; Böcking XV,1; VD 16, H-6384; Worstbrock, Deutscher Humanismus 1480-1520 (2009), S. 1200f., Nr. 10.2; Röttinger, Weiditz, 7; Fairfax-Murray 211; Richard C. Kessler Reformation Collection I, 114. 142 ISELIN, Jakob Christoph (1681-1737). Neu-vermehrtes HistorischGeographisches Allgemeines Lexicon, in welchem das Leben, die Thaten, und andere Merckwürdigkeiten deren Patriarchen, Propheten, Apostel, Vätter der ersten Kirchen... wie nicht weniger derer Käyser, Königen, Chur- und Fürsten... Ingleichen ausführliche Nachrichten von denen ansehnlichsten Gräflichen, Adelichen und andern sonderlichen Andenckens-würdigen Familien, von Concilien, Mönchs- und RitterOrden... Und endlichen Die Beschreibung derer Käyserthümern, Königreichen, Fürstenthümern, freyer Ständen, Landschafften, Insulen... Dißmahlen von neuem mit Fleiß gantz übersehen... und sonderlich was die Schweitzerische und angräntzender Orten und Ländern Sachen betrifft, gantz umgegossen, und um ein grosses vermehret. 4 Bde. und 2 Supplementbände. Folio (377 x 232 mm). Titel, 32 S. Vorrede, 1129 S.; Titel, 1020 S. (kurzer Wurmgang im Innensteg der ersten 16 Seiten); Titel, 1066 S.; Titel, 998 S., (2) Bl. Errata. – Mit je 2 (wiederholten) Holzschnitt-Kopfvignetten. (2) Bl., 981 S.; (2) Bl., 1148 S. Zweispaltiger Druck. 4 Kalbslederbände d. Z. über 6 erhabenen Bünden und mit Rückenvergoldung (Bde. I-IV), resp. 2 Halblederbände d. Z. über 6 erhabenen Bünden (Suppl.). Basel, Johann [und Johann Ludwig] Brandmüller, 1726-27 und J. Brandmüllers sel. Erben, 1742-44. chf 1800.Erstausgabe, komplett mit den zwei (hier abweichend gebundenen) Ergänzungsbänden. Der bis 1707 in Marbach Geschichte und Eloquenz unterrichtende und danach in Basel als Professor und Bibliothekar wirkende aufklärerisch gesinnte Isaak Iselin entschloss sich zur Herausgabe dieser ersten Schweizer Enzyklopädie, weil er alle auf die Eidgenossenschaft bezogenen Artikel in der 1709 von Johann Franz Budde besorgten deutschen Ausgabe des Moréri Lexikons (“Allgemeines historisches Lexicon”) als sehr fehlerhaft befand. Es gelang ihm, u.a. Gelehrte wie Karl Friedrich Drollinger, Johann Rudolf von Waldkirch, Friedrich Zwinger, Joseph Eutych Kopp und Johann Jacob Leu zur Mitarbeit zu gewinnen. “Mit seinem föderalistisch breit abgestimmten Mitarbeiterstab schuf er damit ein Modell, das für die kommenden Jahrhunderte bei fast allen nationalen Werken zum Tragen kommen sollte. Iselins Lexikon enthielt zum erstenmal korrekte Informationen zu den schweizerischen Kantonen, Ortschaften und Persönlichkeiten” (Marco Jorio). Der Pastor der französischen Kirche in Basel, Pierre Roques (1685-1748), übernahm dann diese Verbesserungen und integrierte sie in die von ihm 1732/33 in Basel veröffentlichten französischen Neuausgabe von Louis Moréris Le Grand Dictionnaire historique. Iselins materialreiches Nachschlagewerk bietet vor allem aufschlussreiches biographisches, genealogisches und topographisches Material zur Eidgenossenschaft. Bei der breiten Raum einnehmenden Geschichte des Landes bringt der Verfasser bereits Zweifel an der historischen Echtheit der Befreiungsgeschichte an. Verlegt wurde das Lexikon im Verlag von Johann Brandmüller, dem aber dessen jüngerer Bruder Johann Ludwig “helfend zur Seite stand” (M. Rüesch, Die Auflagen von Iselins Basler Lexicon). Später entzweiten sich die beiden und ein Schiedsgericht musste im April 1740 den eskalierten Streit ums Geld entscheiden. – Exemplar ohne das Portrait-Frontispiz im ersten Band, zu Beginn auf zehn Bll. von Bd. II kurzer Wurmgang im Innensteg, mit teilweise Beeinträchtigung des Textes; insgesamt ein sehr gutes und sauberes Exemplar. Provenance: Gest. Wappenexlibris Ono[phrion] Merian (1643-1720), Sechser zu Safran und Basler Oberschützenmeister (Wegmann II, 4720). Bibliographie: Zischka 4; Feller/Bonjour 553; HBLS IV, 364; Lenz, Kleine Geschichte grosser Lexika (1974), 42f.; Collison, 102; M. Jorio, Die Geschichte der Enzyklopädie in der Schweiz seit dem 17. Jh., in: Stammen/Weber, Wissenssicherung, Wissensordnung und Wissenverarbeitung (2004), S. 107. 143 JACOBILLI, Lodovico (1598-1664). Bibliotheca Umbriae sive de scriptoribus provinciae Umbriae alphabetico ordine digesta. Una cum discursu praefatae provinciae. Volumen primum [alles Erschienene]. Kl.-4to (208 x 148 mm). Mit 1 Holzschnitt-Portrait von San Felicianus auf Schlussblatt verso, 1 halbseitigen Holzschnitt des selben Märtyrers auf S. 32 und diversen grossen historisierenden Initialen in Holzschnitt. 323 (recte 325, die Seitennummer 93 zweimal benutzt). Flexibler Pergamentband d. Z. (kleine Fehlstelle im Rücken). Foligno, Agostino Alteri, 1658. chf 1200.Erstausgabe. Seltenes und wertvolles bio-bibliographisches Repertorium aller Schriftsteller Umbriens, von der Antike bis in die Mitte des 17. Jahrhunderts. Verzeichnet sind nahezu 1’000 Namen von Gelehrten und Schriftstellern. – Der sehr schöne ganzseitige Holzschnitt am Schluss zeigt den heiligen Felicianus von Foligno, der das Christentum in Umbrien verbreitete. – Das Bl. 93 als Ergänzungsblatt zu “Curtius Cirocchus Fulginas I.C. ac Presbyter Pius” zwischen Bl. 92/93 einmontiert. – Minimal stockfleckig, ein sehr schönes und komplettes Exemplar. Provenance: Theological Institute of Connecticut (Blindstempel). Bibliographie: ICCU (Online Kat.) VEAE\001298; Hoefer XXVI, 195f.; DBI LXI, 785f. 144 JEAN PAUL (i.e. Johann Paul Friedrich Richter, 1763-1825). Ausgewählte Werke. 16 Bde. 8vo (183 x 121 mm). Mit Portrait-Frontispiz, nach E. Forster gestochen von E. Eichens und 4 gefalteten Autographen. Halblederbände d. Z. mit reicher Rückenvergoldung. Berlin, Georg Reimer, 1847-49. chf 1800.Schönes, dekorativ gebundenes Exemplar der auf Vélinpapier gedruckten Ausgabe durch Georg Ernst Reimer (1804-1885), von der 1865 dann noch eine zweite Auflage erschien. Bde. 1-2: Die unsichtbare Loge. – Bde. 3-6: Hesperus, oder, 45 Hundsposttage. – Bd. 7: Leben des Quintus Fixlein. – Bde. 8-9: Blumen-, Frucht- und Dornenstücke, oder, Ehestand, Tod und Hochzeit des Armenadvocaten F. St. Siebenkäs. – Bde. 10-12: Titan. – Bde. 13-14: Flegeljahre. – Bd. 15: Dr. Katzenbergers Badereise. Der Abschlussband, in dem sich auch das Portrait und die vier faksimilierten Autographen finden, enthält “Aus Jean Pauls Leben. Angefangen von ihm selbst. Fortgesetzt von [seinem Schwiegersohn] Ernst Förster”. Bibliographie: Berend/Krogoll 173a. 145 JEAURAT, Edme Sébastien (1724-1803). Traité de perspective à l’usage des artistes. Où l’on démontre géometriquement toutes les pratiques de cette science, & où l’on enseigne, selon la méthode de M. [Sébastien] le Clerc, à mettre toutes sortes d’objets en perspective ... 4to (256 x 196 mm). Mit 10 Kupfertafeln (num. XI-XC) , 116 ganzseitigen Kupfern, vielen Kopf- oder ornamentalen Schlussvignetten, gest. von Charles Nicolas Cochin, Pierre Soubeyran und P. E. Babel sowie HolzschnittDruckermarke auf Titel von Papillon. VI S., 1 Bl., 240 S., 1 Bl. Errata. Kalbslederband d. Z. über 5 erhabenen Bünden, mit Rückenschild (Rücken hinterlegt, Ecken und Kanten restauriert). Paris, (J. Chardon pour) Jombert, 1750. chf 1800.Erstausgabe. Das Erstlingswerk des Verfassers, eine verschwenderisch illustrierte Darstellung perspektivischen Zeichnens für den Künstler. Der junge Edme Sébastien interessierte sich sowohl für die Malerei als auch für Mathematik, Astronomie und Geodäsie. Auf Grund von Unterrichtsmaterial zur Perspektivlehre, das aus dem Nachlass seines Grossvaters Sébastien Leclerc (1637-1714) stammte, ging Edme Sébastien daran, diese überarbeiteten Darstellungen reich mit ganzseitigen Diagrammen und schönen Vignetten illustriert im vorliegenden Werk zu publizieren. “Illustré de cent planches de démonstration, parfois réemployées, dont 21 sont ornées de petits personnages dessignée par Cochin et gravés par Marvye. Il y a en tout 32 de ces petits figures, vètues pour la plupart à l’antique, leur taille s’étend entre 25 et 50 mm de hauteur; ils servent aux démonstrations” (Christian Michel). Im ersten Teil seiner Veröffentlicht “Jeaurat included a bit on the theory of perspective, mainly based on similar triangles. He paid considerable attention to the question of how to decide on the parameters in a picture” Kirsti Andersen). Im zweiten Abschnitt werden praktische Anwendungsmöglichkeiten der Perspektive sowie eine Anzahl unorthodoxer Konstruktionen behandelt . – Durchgehend und vor allem in den Rändern gebräunt, etwas stockfleckig. Bibliographie: BAL II, 1609; Millard Collection (French), 81; Cohen/de Ricci 517; Fowler 157; Michel, Charles Nicolas Cochin et le livre illustré (1987), Nr. 213; Andersen, The Geometry of an Art, 482; Cicognara I, 155.841; Berlin Kat. 4735. First Collected Edition of the Writings of John of Damascus 146 JOHANNES DAMASCENUS (um 650-vor 754). Opera, ad vetustiora Graecorum exemplaria collata atque emendata ... Folio (305 x 200 mm). Mit Holzschnitt-Druckermarke auf Titel und Schlussblatt verso. [12] Bl., 140, 135 S. Basel, (1535). [Mitgebunden:] RABANUS MAURUS (780-856). Commentaria in Hieremiam Prophetam. Mit Holzschnitt-Druckermarke auf Titel und Schlussblatt verso. [6], 226, [2] Bl. Basel, (1534). 2 Werke in 1 Bd. Schweinslederband d. Z. über 4 erhabenen Bünden mit Blindprägung (ohne die Schliessen, Ecken etwas beschabt). Basel, Heinrich Petri, (März 1535 [I], bzw. März, 1534 [II]). chf 4500.Sammelband mit zwei schönen Basler Drucken aus der Offizin Heinrich Petris (1508-1579). – Erste Gesamtausgabe der Werke des Kirchenlehrers und Heiligen Johannes Chrysorrhoas aus Damaskus, der bedeutendste Theologe der Zeit um 700. Enthalten sind die Darlegung des christlichen Glaubens (Expositio fidei), die den dritten und Hauptteil des Hauptwerks (Pege gnoseos) darstellen und in der hier übernommenen lateinischen Uebersetzung durch Jacobus Faber Stapulensis (Lefèvre d’Etaples) zuvor 1507 und erneut 1512 sowie 1519 in Paris erschienen. Petri verwendete für seinen Druck auch die griechischen Marginalien aus der ersten, von Bernardino Donato edierten griechischen Originalausgabe (Verona 1531). Die nachfolgende Predigt über den Nutzen der Totenfürbitte (Sermo de his qui in fide hinc mi grarunt) druckte Petri nach der lateinischen Uebertragung von 1520 des späteren Reformators von Basel, Johannes Oekolampad, vom selben stammt auch die lateinische Version der Vita des Johannes Patriarcha Hierosolymitanus. Die erstmals 1474 in Strassburg gedruckte lateinische Übertragung des mythischen Mönchromans Historia duorum Christi militum (Barlaam und Josaphat) stammt von Georgius Trapezontius. Vorgebunden ist der Jeremiaskommentar des heiligen Rabanus Maurus, in der Uebersetzung des Johannes Trithemius (1462-1516), Abt im Benediktiner Kloster Sponheim und vielseitiger Gelehrter und Humanist. Als Druckvorlage verwendete Heinrich Petri eine noch heute in der UB Basel aufbewahrte Pergamenthandschrift aus dem 12. Jahrhundert “von noch unbekannter Herkunft” (Frank Hieronymus). – Vereinzelte Wasserflecken im Rand, ein vorzügliches Exemplar im zeitgenössischen Blindprägeeinband. Provenance: Aus der Bibliothek des Klosters Zwiefalten (handschriftlicher Eintrag und ein Stempel des Abtes Nicolaus), bzw. des Benediktiner-Seminars von Besançon (Stempel). Bibliographie: Hieronymus, Petri-Schwabe, 261 und 254; VD 16 (Online Kat.) ZV 8702 und B-3784; Staehelin, Oekolampad, 177; Adams R 1. 147 JUCH, Carl Wilhelm (1774-1821). Abbildungen und populäre Beschreibung von acht und vierzig Giftpflanzen, für Jedermann, der nicht Botaniker ist. (Umschlagtitel: Die Giftpflanzen. Zur Belehrung für Jedermann. I.-XII. Heft). Gr.4to (320 x 240 mm). Mit zusammen 48 Pflanzentafeln, gezeichnet und illuminiert von H. Hörmann (die ersten 12 in Lithographie, die restlichen in Kupferstich). [3] Bl. (Titel, Vorrede und Einleitung), 48 S. Text und 1 Bl. (Uebersicht der abgebildeten Giftpflanzen). 12 Bedruckte rosarote Original-Broschuren, unbeschnitten. Augsburg, Abraham Geiger für Kunsthandlung Martin Engelbrecht und Johann Walch, (1817chf 4800.1818-) 1819. Unbeschnittenes Exemplar in den zwölf Original-Lieferungen, in diesem Zustand von grosser Seltenheit. Der Verfasser Carl Wilhelm Juch wirkte von 1801 bis 1805 als Professor der Medizin und Chemie in Altdorf, wechselte dann nach München ehe er schliesslich ab 1808 in Ausgburg wirkte. Eine erste Veröffentlichung erschien zwischen 1801 und 1804 im Nürnberger Verlag Stein unter dem Titel: ‘Handbuch der pharmaceutischen Botanik’. An ein Laienpublikum gerichtet, liess er dann zwischen 1816/1817 und 1819 dieses Werk über Giftpflanzen als Lieferungswerk drucken. Ebenfalls mit der Jahrzahl 1819 erschien dann noch eine vermehrte zweite Auflage. Mit seinen kommentierten Übersetzungen der ‘Pharmacopoea borussica: oder Preussische Pharmakopoe’ (1808ff.) wurde Juch zum Vater und Begründer der Kommentar-Literatur. Das vorliegende Pflanzenwerk steht auch am Ende von Augsburgs grosser und langer Tradition der Kupferstichkunst. Die ersten zwölf Pflanzentafeln wurden in Lithographie ausgeführt, die restlichen aber in Kupferstich. Der von Alois Senefelder um 1796 erfundenen Lithographie verweigerten sich in Augsburg die allermeisten Druckereien über viele Jahre. Dieser Wiederstand gegen den Einsatz der neuen Druckverfahren von Lithographie (und Stahlstich) führte letztlich zum Verlust der führenden Stellung Augsburgs als Zentrum der Produktion illustrierter Bücher und der populären Druckgraphik. – Die Textblätter mit unterschiedlich starken Stockflecken; in diesem Zustand eine grosse Rarität. Bibliographie: Nissen, BBI,1011; Pritzel 4510; Stafleu/Cowan II, 3422; Sammlung Plesch 410; MykoLibri 985; vgl. Isphording, Kräuter und Blumen. Bestandsverzeichnis der botanischen Bücher bis 1850 in der Bibliothek des Germanischen Nationalsmuseums Nürnberg (2008), Nr. 234 und S. 515. Erste illustrierte Ausgabe in Deutsch 148 JUSTINUS, Marcus Junianus (tätig im 3. Jh.). Des Hochberümptesten Geschicht schreybers Justini, warhafftige Hystorien, die er auß Trogo Pompeio gezoge[n], un[d] inn Viertzig vier Bücher außgeteylt, darinn er von vil Künigreychen der welt, wie die auff unnd abgang genom[m]en, beschryben. Die Hieronymus Boner der zeyt Schultheys zu Colmar, auß dem Latein inn diß volgend Teütsch vertolmetscht hat, welche nit allein zu lesen lustig, sonder einem yeden Menschen zu wyssen nutzlich un not ist. Kl.-Folio (290 x 202 mm [Papiergrösse]). Mit 50 halbseitigen Holszchnitten von Jörg Breu and Hans Weiditz und diversen Zierleisten vom Meister DS sowie Holzschnitt-Initialen. [4] Bl., CXIX Bl. Halbpergamentband des 17. Jhs. (später aufgebunden). Augsburg, Heinrich Steyner, 7. Dezember 1531. chf 4800.Illustrierte erste deutsche Ausgabe der ersten Universalgeschichte der römischen Literatur, ursprünglich geschrieben von dem Kelten Trogus Pompeius, aber nur im Auszug des Justinus auf uns gekommen. Hier in der Übersetzung durch den Stadtschultheissen von Colmar, Hieronymus Boner (1490-1556), der mit seiner Uebersetzertätigkeit wesentlich zur Förderung der Bildung beitrug. Der Titelholzschnitt mit Ninus und Alexander in mittelalterlicher Kriegsrüstung wurde von Jörg Breu nach Burgkmair geschnitten. Achtzehn der Textholzschnitte stammen von Hans Weiditz, einige wenige entstanden für Steiners Cicero- und Petrarca-Ausgaben, die restlichen erscheinen hier erstmals im Druck. – Kurzer Einriss im Fusssteg von Bl. XC und CIII, minimal gebräunt, ein vorzügliches Exemplar. Bibliographie: STC, (German), 871; Dodgson II, 110 (5); 143 (14); 427 (1); Fairfax-Murray 231; Graesse III, 514; Musper L 118. Einband mit Goldstaub 149 KLUEBER, Johann Ludwig (1762-1837). Droit des gens moderne de l’Europe. Tome premier [-second]. 2 in 1 Bd. Gr.-8vo (205 x 134 mm). [2] Bl. (Vortitel u. Titel), S. (3)-366; [2] Bl. (Vortitel u. Titel), S. (367)-624. Halblederband d. Z., Rückenverzierung aus Goldstaub und schmalem Rundbogenfries im Rückenkopf und -fuss in Goldprägung, Lederrückenschild, Deckelbezug aus Marmorpapier. chf 1200.Grüner Schnitt. Stuttgart, J. G. Cotta, 1819. Sehr bemerkenswerter deutscher Einband mit delikater Rückenverzierung aus Goldstaub. Frisches Exemplar der Erstausgabe, eines von 500 Exemplaren auf besserem Papier aus einer Gesamtauflage von 1500. Mit seinem erst zwei Jahre später auch in deutscher Sprache verbreiteten Opus magnum zum europäischen Völkerrecht wurde Klüber zur beherrschenden Autorität des öffentlichen Rechts im Vormärz. Auf Einladung des preussischen Ministers Karl August Fürst zu Hardenberg hatte der Staatsrechtslehrer am Wiener Kongress 1814/15 teilgenommen. Zwei Jahre später erreichte ihn Hardenbergs Ernennung zum Wirklichen Geheimen Legationsrat in Berlin, wo Küber sein vorliegendes einziges grösseres Werk zu Papier brachte. In französischer Sprache verfasst, fand es vor allem in Frankreich grosse Beachtung und wurde 1831erneut aufgelegt. Von Klonares wurde 1822 eine Uebersetzung ins Neugriechische und 1828 von Lyslow auch eine ins Russische besorgt. Von der durch Klüber selbst besorgten deutschen Version erschien schliesslich 1851 noch eine durch Professor Morstadt revidierte Neuauflage. Bibliographie: Fischer 1193; Stolleis/Fiorawanti, Geschichte des öffentlichen Rechts in Deutschland II (1892), 71. Das erste Schweizer Hausväterbuch 150 KÖNIG, Emanuel (1658-1731). Georgica Helvetica Curiosa, Das ist: Neu Curioses Eydgenossisch-Schweitzerisches Hauß-Buch: Vorstellend in IV. Bücheren. I. Von dem Reben-Bau, wie ein Wein-Reben wol Anzulegen, leichtlich zu Misten, wol zu Warten und schaedliche Zufaelle zu verhueten; Wie auch vom Wein und vielerley Wein-Kuensten, Essig, Bier [et]c. ... Auß eigener Erfahrung und den besten Feld-Baus Scribenten, sonderlich aber Hr. Daniel Rhagors Pflantz-Garten, zusam[m]en verfaßt, und zum Druck befoerderet. 8vo (180 x 100 mm). Mit 19 kleinen Holzschnitten im Text und ovaler Holzschnitt-Druckermarke auf Schlussblatt verso. Gefalteteter Holzschnitt-Titel mit je 6 Bilchern zu den Sternzeichen und Drucktitel, sowie Titel der Vorrede (‘Zuschrift Gnädige Herren’) mit sechszeiliger Eingangsinitiale in Rot und Schwarz. [6] Bl., 1080 S., [12] Bl. Register. Pergamentband d. Z. mit Ueberstehkanten (Rücken hinterlegt). Basel, gedruckt und verlegt bey Emanuel König dem Aelteren, 1705. chf 4500.Erstausgabe. Erster neuzeitlicher Schweizer Beitrag zur Agrar- oder Hausväter-Literatur, die in ihrer antiken Ausformung die Lehre vom “Ganzen Haus” verstand. Der Basler Arzt und Naturphilosoph Emanuel König orientierte sich vor allem an der 1682 erschienenen Georgica curiosa des niederösterreichischen Freiherrn Wolf Helmhardt von Hohberg. Das ‘Eydgenossisch-Schweitzerische Hauß-Buch’ bietet praktische Anleitungen zum Reb-, Garten- und Feldbau, wobei sich König als Pionier der modernen Düngung und der geregelten Fruchtfolge ohne Brache erweist. Pferde- und Viehhhaltung, Imkerei und Geflügelzucht sind weitere Themen, Erwähnung finden aber auch Kaffee und Tee sowie Küchengewürze. König griff nicht nur auf eigene Erfahrung zurück sondern er beruft sich explizit auf den 1639 vom Landvogt Daniel Rhagor (1577-1648) in Bern veröffentlichten ‘Pflantz-Gart’, das erste praxisbezogene deutschsprachige Werk der Schweiz über den Anbau von Obst, Gemüse und Wein. Die kleinen Textholzschnitte im ‘Hauss-Calender’ zeigen charakterische Arbeiten und Vergnügungen aus den vier Jahreszeiten. Am Schluss des stattlichen Bandes folgen als Erstdruck die Basler Stadtgerichts- und Ehegerichtsordnung sowie die nützlichen Zinstabellen. – Eine Titelauflage erschien 1706 und ein Neudruck 1725. – Von tadelloser Erhaltung. Bibliographie: Wimmer/Lauterbach 188; Haller I, 1096; Schoene, Bibliographie zur Geschichte und Kultur des Weines, 3743; vgl. Kress2515 (nur Titelauflage); Albert Hauser, Zur Entstehung und Bedeutung der Hausväter-Literatur (1965), S. 5f. 151 KÖNIG, Franz Niklaus (1762-1835). Nouvelle collection de costumes Suisses. 2 Hefte in 1 Bd. 8vo (190 x 150 mm). Mit 24 handkolorierten Radierungen von König und 26 unnummerierte, einseitig bedruckte Textblätter. Violetter Pappband d. Z., Deckel mit Wellenbordüre und floralen Eckstücken und Titel ‘Costumes suisses’ in Goldprägung, Goldschnitt. Berne, chez l’Auteur et J.J. Burgdorfer, [1811]. chf 4500.Im Format des 1804 aufgelegten ‘Mittleren König’ veröffentlichte der Berner Kleinmeister hier seine neue Sammlung von insgesamt 24 Kostümtafeln mit Begleittext. “Les grands changements, qui se font remarquer dans les costumes suisses, depuis quelques années, m’ont forcé de supprimer mon ancienne collection, que le public a bien voulu accueillir, et de la remplacer par une autre, faite avec beaucoup d’exactitude et qui paraitra par cahiers de douze feuilles, semblable à celui-ci. Ils seront publiés à mesure que j’aurai fait les corrections nécessaires, et seront tous dessinés et gravés par moi-même ... “ (König im Vorwort). Als einer der ersten Schweizer Künstler wandte sich F. N. König auch dem neuen lithographischen Druckverfahren zu, worin er sich um 1820/21 vom Elsässer Godefroy Engelmann unterweisen liess, um dann zwischen 1822 und 1830 lithographierte Versionen auch der vorliegenden Kantonstrachten zu publizieren. Die erste Tafel zeigt die Zürcher Tracht, die vier nachfolgenden verschiedene Berner (Sommer- und Winter-) Trachten (Oberhasli und Guggisberg). Danach folgt die Tafel mit dem Grindelwalder Gemsjäger Hans Roth gefolgt von Trachtendarstellungen aus Schwyz, Luzern (2), Fribourg, Solothurn, Waadt, Bern (Costume des paysannes élégantes), Aargau (Baden), St. Gallen (Toggenburg), Appenzell, Bern (Houper), Luzern, Zug, Aargau, Basel, Schaffhausen, Uri und Nidwalden. – Tadelloses Exemplar mit allen Seidenpapieren. Bibliographie: Hiler/Hiler 506; Colas 1648; Lipperheide 903m; Lonchamp 1699 (mit Verzeichnis aller Tafeln). 152 L’HERMITE, Jean [Pseudonym]. Morphégon ou le songe de Jean l’Hermite, en DCC.LXXI. et publié en M. DCC.LXXV. 8vo (210 x 130 mm). Mit 2 gef. Kupfertafeln (“Tableau proportionnel & progressif” und “Billet d’État”). Titel, 61 S. Moderner Halbpergamentband, mit Rückenschild half vellum, with label on front cover, spine gilt. [Paris], ohne Drucker, 1775. chf 1600.Erstausgabe. Ungemein seltenes Werk, worin ein Jean l’Hermite seine während einem achtzehnstündigen Schlaf geträumten Vorstellungen eines aufgeklärten, idealen Königreichs ausbreitet. Grob skizziert werden die Organisation der Jurisdiktion und des politischen Lebens, der Oekonomie sowie des Militärs. Der Verfasser zitiert nicht nur aus Louis Sébastien Merciers’ (1740-1814) L’An deux mille quatre cents quarante von 1771, sondern ahmt auch dessen Grundmotiv nach, der Schlaf dauerte bei Mercier allerdings ganze 670 Jahre. Auch der gewählte Titel verweist direkt auf Merciers 1770 anonym veröffentlichte Songes d’hermite, à l’hermitage de Saint Amour (Paris, Hardy). Das Exemplar der Bibliothèque Nationale in Paris wird unter dem Namen von Jean l’Hermite verzeichnet. – Schlussblatt verso bestaubt. Bibliographie: Conlon 75:494 (copy of the BNP). In no other bibliography consulted. 153 LAMY, Bernard (1640-1715). Traité de perspective, ou sont contenus les fondements de la peinture &c. ... 8vo (190 x 122 mm). Mit 8 (1 gef.) Kupferstichtafeln, 65 Textholzschnitten und 2 Schlussvignetten in Holzschnitt. XXI, [3] 227, [9] S. Index. Pergamentband d. Z., mit hs. Rückentitel. Paris, Chez [Jean] Anisson directeur de l’Imprimerie Royale rue de la Harpe, 1701. chf 1800.Von der durch Jean Anisson (1642-1721) geleiteten Imprimerie Royale gedruckte Erstausgabe dieses Werkes über die Perspektive. Als erstes mathematisches Werk veröffentlichte Lamy 1679 die Traité de méchanique. Sechs Jahre später folgte ein Buch über die Geometrie, das er ursprünglich zu einem allgemeinen Lehrwerk der Mathematik zu erweitern hoffte. Durch anderweitige Verpflichtungen bedingt, vergingen schliesslich volle sechzehn Jahre, bis Lamy seine vorliegende Abhandlung zur Perspektive der Oeffentlichkeit übergeben konnte. “Perhaps inspired by Leonardo da Vinci, Lamy distinguishes between ‘perspective aerienne’ (aerial) and ‘perspecitve lineale’ (linear), which was not very common in his day. He mainly concerned himself with linear perspective. In his practice of perspective Lamy concentrated upon the construction of the image of a grid of squares by means of a distance point method. He then used the perspective grid for various procedures, such as determinging the perspective image of a plane configuration, constructing images on a vault, and creating an anamorphosis ... “ (K. Andersen). Bereits im folgenden Jahr (1702 und erneut 1710) erschien eine englische Uebersetzung, die zweifellos den britischen Mathematiker Book Taylor (1685-1731) und dessen Linear Perspective or a New Method von 1715 beeinflusste. Bibliographie: Vagnetti EIVb1; Girbal, Bernard Lamy. Étude biographique et biliographique (1964), 99f. und 133; Kemp, Science of Art, 158, 236; Andersen, The Geometry of an Art (2007), 471f. 154 LANGE, Samuel Gotthold (1711-1781) und Georg Friedrich MEIER (1718-1777), Hrsg. Der Mensch, eine moralische Wochenschrift. Erster (-Zwölfter) Theil (alles Erschienene). 8vo (200 x 120 mm). [8], 408 S.; [4], 412 S.; [8], 408 S.; [4], 404 S.; [8], 408 S.; [4], 414 S., [8], 408 S.; [4], 410 S.; [8], 408 S.; [4], 416 S.; [8], 508 (recte 408) S.; [4], 412 S., [8] Bl. Register. Halblederbände d. Z. über 5 erhabenen Bünden, mit Rückenschildern (die Bände IX-XII etwas abweichend chf 1400.gebunden). Halle, Johann Justus Gebauer, 1751-56. Erstausgabe. Komplette Folge aller 487 (die Nr. 422 wurde übersprungen) erschienenen Stücke der in Halle verlegten Wochenschrift, die nahtlos anschloss an die von den selben beiden Herausgebern edierten Zeitschrift ‘Der Gesellige’, die von 1748 bis Ende 1750 erschien. Die Herausgeber versprachen hier empirische Beobachtungsergebnisse zu liefern und die menschliche Natur so zu zeigen, wie sie tatsächlich beschaffen sei. “Der in der Wochenschrift des öfteren betonte Zusammenhang von Vernunft und Sinnlichkeit in der Natur des Menschen wird physiologisch gedacht: Die tierische Hälfte der Natur des Menschen gerate immer mit in Bewegung, wenn die Vernunft des Menschen wirksam werde. Demnach muss auch jede Handlung des Menschen aus der doppelten Quelle von Vernunft und Sinnlichkeit fliessen. Dies unterscheide ihn von Tier und Engel, den beiden komplementären Stufen in der Chain of being” (Reiner Godel, Anthropologie und Fiktion – Zur diskursiven Formation der Moralischen Wochenschrift Der Mensch, in: Kertscher, Anakreontische Aufklärung (2005), S. 123ff.). Eher ungewöhnlich für eine Moralische Wochenschrift sind Artikel wie die ‘Anmerkungen über die Indianer in Quito’ (Stücke 188, 189 und 195), die Abhandlung über Seidenraupenzucht (381) oder über die Herstellung von Papier (Stück 419). “Mit derartiger Thematik verlassen Lange und Meier die alten moralischen Gleise der Wochenschriftentradition” (W. Mertens). Im Jahr 1764 erschien die Zeitschrift in vier Bände gebunden erneut, was auf eine grosse Wertschätzung schliessen lässt. Ihre Leser waren vor allem Beamte, Kaufleute, Mitglieder des ländlichen Adels. Halle an der Saale zählte damals zu den aufgeschlossensten Literaturlandschaften Deutschlands. – Randausrisse seitlich und unten im Titleblatt von Bd. IV, Titel der Bde. II und III mit kurzen Einrissen (hinterlegt), kurzer Wurmgang in den ersten drei Bl. unten von Bd. VI, stellenweise minimal stockfleckig. Bibliographie: Kirchner I, 4392; Diesch 629; Hayn/Gotendorf IV, 507f.; vgl. (ausführlichst) W. Martens’ Nachwort im Schlussband der Faksimile-Ausgabe von 1992, S. 413-457. With a Presentation to Norbert Wiener 155 LATIL, Pierre de (*1905). Introduction à la cybernétique. La pensée artificielle. 8vo (198 x 129 mm). Mit 5 (1 gef.) Tafeln. 332 S., 1 Bl. Illustrierte Original-Broschur, unbeschnitten (Rücken gebräunt). In schwarzer Leinenkassette. mit Lederschild. Paris, (Imprimerie Floch, Mayenne pour) Gallimard, 21. Mai 1953). chf 1800.Erstausgabe mit eigenhändiger Widmung an Norbert Wiener. Wiener (1894-1964) begründete mit seinem 1948 veröffentlichten Buch: Cybernetics: or Control and Communication in the Animal and the Machine, die Kybernetik und gab damit entscheidende Impulse für die Architektur moderner Rechenmaschinen. Im Europa der frühen fünfziger Jahre betrachtete man die als Kybernetik bezeichnete Theorie von Kommunikation und Kontrolle bei Tier und Maschine, als eine unsolide Abart der Wissenschaft, die ein angesehener Lehrstuhlinhaber eigentlich nicht vertreten dürfte. Einzig in Frankreich fasste sie rasch und nachhaltig Fuss, nicht zuletzt in Verbindung mit dem Bau von Computern durch Louis Couffignal, Jean Fourastiés Futurologie und der ästhetischen Informationstheorie eines Abraham A. Moles. Norbert Wieners Urteil über dieses Buch lautet: “I definitely think that it is one of the really good popularizations of cybernetics”. – Papierbedingte Bräunung. Weihnachtsgeschenk an die Tochter ‘Nette’ 156 LAVATER, Johann Caspar (1741-1801). Neue Sammlung Geistlicher Lieder und Reimen. Kl.-8vo (172 x 103 mm). Titel innerhalb typographischer Bordüre.[2] Bl., 154 S. Kalbslederband d. Z. mit Rückenvergoldung und Rückenschild (Ecken etwas bestossen). Zürich, bey Orell, Gessner, Füssli und Comp., 1782. chf 1500.Erstausgabe. Als Weihnachtsgeschenk an seine fünfzehnjährige Tochter Anna Louisa (17801854) schrieb Johann Caspar Lavater auf den Vorsatz: “Weihnachtsgeschenken an meine liebe Tochter Anna Louisa Lavater. 25.12.1795 – Seelig bist Du nur Dann, wenn Du glaubst: Gott ward für mich Mensch einst – L.” – Von den acht geborenen Kindern des Ehepaars erreichten nur Anna Louisa, genannt “Nette” und ihr älterer Bruder Johann Heinrich (1768-1819) das Erwachsenenalter. Anna betreute später den sterbenden Vater und kümmerte sich, zeitlebens unverheiratet in dessen Geburtshaus ‘Waldries’ an der Spiegelgasse 11 in Zürich lebend, um dessen Nachlass. – Durchgehend stockfleckig. Provenance: Exlibris Erich Walthert. Bibliographie: Weigelt/Landolt 260; Schulte-Strathaus 124; Bürger, Aufklärung in Zürich, Nr. 393. 157— Gérard EDELINCK (1640-1707), Kupferstecher. Eigenhändiges Monogramm “L” mit Datum 29. X. 1791 und Bildkommentar in der Kartusche des sehr grossformatigen Kupferportraits von Charles Maurice le Tellier (1642-1710), seit 1671 Erzbischof von Reims: “Zwahr kein grosses Gesicht, doch fehlt ihm nicht ruhige Weisheit”. Blattgrössse: 49 x 39 cm. Auf blaues Papier montiert und unter Glas gerahmt (59 x 48,8 cm). [Paris, G. Edelinck, Au Séraphin, rue St Jacques, paroisse Saint Séverin, 1689]. chf 1100.Grossformatiges, 1689 gedrucktes Portrait-Kupfer aus dem berühmten Kunstkabinett Johann Caspar Lavaters. Nachdem er im Frühjahr 1769 Diakon (zweiter Pfarrer) an der Oetenbachkirche (Waisenhauskirche) in Zürich geworden war, begann er mit dem Aufbau einer Sammlung von Illustrationsmaterial für seine geplanten ‘Physiognomische[n] Fragmente’. Aber auch nach deren Veröffentlichung in vier Bänden 1775-78 wuchs die Sammlung weiter. Rund zwei Drittel der – nach Lavaters Tod grösstenteils nach Wien veräusserten – ikonographischen Sammlung bildeten die Portraitgalerie, die neben dem klassischen Portrait auch Idealportraits, Karikaturen sowie Silhouetten (Schattenrisse) umfasste. – Das vorliegende grosse Blatt zeigt das Portrait des Erzbischofs von Reims mit den Insignien des Ordens vom Heiligen Geist (L’Ordre du Saint-Esprit), in den Le Tellier am 31. Dezember 1688 aufgenommen wurde. – Etwas stockfleckig. 158 LE PAUTRE, Jean (1618-1682). Sammelband. I) Placarts ou ornemens po[ur] l’enrichissement des chambres et alcoues. – II) Porte cochere – III) Les cabinets – IV) Chaires de prédicateurs. – V) Chaires de prédicateurs et oeuvres de marguilliers. 4 Teile in 1 Bd. Kl.-Folio (270 x 188 mm). 6, 6, [6], 6 sowie 4 (von 6) Kupfertafeln. Handgebundener Halblederband von Anna Spiegel in Dresden. Paris, Pierre Mariette und Pierre Mariette fils (I, II, IV) sowie (Christoph) Le Blond (III und V), teilw. datiert 1659. chf 1100.Sammlung von vier kompletten sowie einer inkompletten Ornamentstichfolge des französischen Architekten Jean Le Pautre, einer der bedeutendsten Ornamentzeichner des Barockzeitalters. Drei Folgen liegen im ersten Druckzustand vor, die vierte Folge (Chaires de prédicateurs) im zweiten Zustand. Von der hier am Schluss mitgebundenen fünften Folge fehlen die beiden ersten Darstellungen (Préaud-Nrn. 2062 und 2063). – Im Aussenrand etwas gebräunt und stellenweise geringfügig fleckig; die Kupfer in klaren Abdrucken. Bibliographie: Préaud, Inventaire du fonds français (Bd. XII), 1777-1782, 1249-1254, 13451350, 2068-2073 und 2064-2067; Berlin Kat. Nr. 313; vgl. Cat. of the British Architectural Library II, 1833-1835. 159 LEGGE DI MODENA – PROVISIONI, decreti, instromenti, gratie, litere, capitoli, ed altre cose degne di memoria, a beneficio nella magnifica città di Modona. Raccolte insieme novamente dalli suoi archivi ed veri originali. [A cura di Andrea Manzoli]. Kl.-8vo (144 x 95 mm). Mit ganzseitigem Titel-Holzschnitt (Kreuzigungszene, auf Bl. A1 verso) und halbseitigem Stadtwappen Modenas auf Titel und erstem Blatt recto. [6], 189 Bl. Pappband des 19. Jhs. (Hintergelenk unten beschädigt, Kanten berieben und Ecken bestossen). Modena, Giovanni de’ Nicoli, 1544. chf 2200.“Terza raccolta edita delle Leggi di Modena facenti parte degli introvabili Statuti pubblicati nel 1488 e nel 1536. Comprende vari documenti dal 1262 al 1544, con stemma al recto e xilografia della SS. Trinità al verso” (Elis Colombini). Ein wichtiges Quellenwerk zur Wirtschafts- und Rechtsgeschichte Modenas unter der Familie d’Este. “L’ulteriore conseguenza, che spesso viene resa esplicità, è che la stampa stessa comincia ad esser vista come condizione di conoscibilità, e quindi come strumento essenziale per garantire l’osservanza delle norme” (F. Bambi). Anonymer Herausgeber der Sammlung von Dekreten, Anordnungen, Tarifen etc, für die Jahre 1262 bis 1544 war Modenas Cancelliere (Kanzleivorsteher) Andrea Manzoli, in Zusammenarbeit mit Alberto Barocci. – Datierte hs. Notiz von 1861 “del Sacerdote D. Antonio Bagolini Ferrarese” auf Titel, schmaler brauner Wasserrand auf den Blättern 7-19. Bibliographie: Bambi, Gli statuti in edizione antica (2003), Nr. 239 und S. 6; Colombini, Saggio di una Bibliografia di Modena (2008), S. 268, MO1544; Tiraboschi, Biblioteca modenese III (1783), S. 146; Olschki, Choix de livres anciens XIII (1966), Nr. 20098; La Bibliofilía II (1901), S. 307, Nr. 345. 160 LEIBNIZ, Gottfried Wilhelm (1646-1716). Theodicée, das ist, Versuch von der Güte Gottes, Freyheit des Menschen, und vom Ursprunge des Bösen, bey dieser fünften Ausgabe durchgehends verbessert, auch mit neuen Zusätzen und Anmerkungen [sowie neuem Nachwort] vermehrt, von Johann Christoph Gottsched. 8vo (195 x 122 mm). Mit Portrait-Frontispiz, nach Leygebe gestochen von Boëtius und 1 gefalteteten Kupfertafel (Abb. des Rechenkastens), [11] Bl., 112, 908 S., [22] Bl. Register (das letzte Bl. leer). Halbkalbslederband d. Z,, mit Rückenvergoldung. chf 1800.Hannover und Leipzig, In Verlag der Försterischen Erben, 1763. Von Johann Christoph Gottsched (1700-1766) besorgte Neuausgabe seiner 1744 erschienenen Uebersetzung eines der einflussreichsten und wichtigsten philosophischen Werke des Hochbarock. Die erstmals 1710 gedruckten ‘Essais de Théodicée sur la bonté de Dieu, la liberté de l’homme et l’origine du mal’ stellt das einzige zu Lebzeiten des Philosophen veröffentlichte grössere philosophische Werk dar. Der in jungen Jahren vom Denken Wolffs und Leibniz angezogene Gottsched verbesserte und überarbeitete die bereits vom Leipziger Professor Georg Friedrich Richter gründlich revidierte erste deutsche Übersetzung von 1720 und nahm Anleihen von der wichtigen zweiten französischen Ausgabe (Amsterdam 1712). Die Zusätze bringen u. a. eine Beschreibung der Leibnizschen Rechenmaschine, ein Vorläufer unserer heutigen Computer, sowie die Darstellung des binären Zahlensystems, der Grundlage digitaler Computer-Technik. Auf den Seiten 662 bis 670 Gottscheds Sendbrief an den Hofrat, Dichter und Artz Daniel Wilhelm Triller sowie auf S. 865 bis 908 die ‘Neueste Zugabe zu dieser fünften Auflage der Theodicee’. Das Kupfer zeigt die mit Staffelwalze für die vier Grundrechenarten ausgestattete wegweisende Erfindung des Mathematikers und Philosophen. – Minime Bräunung, gelegentlich stockfleckig. Provenance: Exlibris Franz Pollack-Parnau (1903-2002). Bibliographie: Ravier 470; Mitchell, Gottsched Bibliographie (1987), Nr. 825; vgl. Goedeke III,361,IV, 34; Faber du Faur 1540; PMM 177. 161 LEONARDO DA VINCI (1452-1519). Codice atlantico. [Hrsg. von Orazio Curti]. 5 Bde. Gr.-Folio (494 x 346 mm). Mit 401 Tafeln und über 1’700 teilweise farbigen Abbildungen in Faksimile. Zus. ca. 600 S. Text. Original-Pergamentbände, mit Deckelornament in Goldprägung. Milano, IOTA Libri, 1974-75. chf 4800.Vorzugsausgabe auf handgeschöpftem Papier, eines von 200 römisch nummerierten Exemplaren. Die Gesamtauflage belief sich auf 400 Druckexemplare. Leonardo da Vincis Aufzeichnungen gingen nach seinem Tod in den Besitz von dessen Schüler Francesco Melzi (1491-1570) über. Durch unsachgemässen Umgang von dessen Sohn Orazio wurden dann aber viele Dokumente verstreut. Erst durch die Bemühungen des Bildhauers und Kunstsammlers Pompeo Leoni konnten die Originalzeichnungen im sogenannten Codex Atlanticus vereinigt werden. Nach Leonis Tod 1608 kam der Codex über Umwege schliesslich in den Besitz des Grafen Galeazzo Arconati, der die Kostbarkeit 1637 der Biblioteca Ambrosiana in Mailand als Geschenk überliess. Seltene Landesbeschreibung 162 LESCARBOT, Marc (1578-1634). Le Tableau de la Suisse et autre alliez de la France és hautes Allemagnes. Auquel sont descrites les singularités des Alpes, & rapportées les diverses Alliances es Suisses: particulièrement celles qu’ils ont avec la France. 4to (243 x 164 mm). Mit 2 (einmal wiederholt) gestochenen Kopfleisten mit 21 Wappen der Dreizehn Orte und acht Zugewandten, 2 schmalen Zierleisten sowie 8 Holzschnitt-Initialen und Vignetten, grosse Holzschnitt-Druckermarke auf Titel. [8], 79 S. Pergamentband im Stil d. Z., mit Ueberstehkanten. Paris, Adrien chf 2400.Parier, 1618. Erstausgabe. Poetisch-deskriptives Werk über die Eidgenossenschaft zu Beginn des 17. Jhs. Der Verfasser kam um 1612 als Gesandtschaftssekretär und Uebersetzer von Pierre de Castille nach Solothurn. “Ein neuer Stil taucht hier auf: Lescarbot kopiert nicht seine Vorgänger, wie das bisher die meisten Autoren getan haben, überall scheint bei ihm der Ehrgeiz des antikisierenden Literaten durch” (Feller/Bonjour). Das naturwissenschaftliche Interesse richtet der Verfasser vor allem auf das Wallis. Am Schluss finden sich die gut erklärten Verträge zwischen der Eidgenossenschaft und Frankreich, so auch die Verzichterklärung der Walliser auf die Einführung der Constitutio Criminalis Carolina (Peinliche Halsgerichtsordnung Karls V. von 1530). – Geringfügig gebräunt. Bibliographie: Cioranescu 43001; Arbour, L’ère baroque en France II, 8973; Haller I, 687 (“höchst selten”); Graesse IV, 175; Wäber 22; Feller/Bonjour 480f.; Reber 1; Möller, Graubündner Drucke ... bis 1803 (1994), 665. 163 LESSON, René Primevère (1794-1849). Histoire naturelle des colibris, suivie d’un supplément à l’histoire naturelle des oiseaux-mouches; ouvrage orné de planches dessinées et gravées par les meilleurs artistes, et dédié à M. le Baron [Georges] Cuvier. 8vo (233 x 145 mm). Mit 66 handkolorierten Kupfern nach Bévalet, Lesson, Dumont und Vauthier gestochen von Jean-Louis-Denis Coutant. X, 196 S. Maroquinband d. Z. mit blindgeprägter Deckelbordüre, Goldfileteneinfassung, mit gold- und blindgeprägtem ornamentiertem Mittelstück aus Rhombus über hochgestelltem Rechteck, Steh- und Innenkantenvergoldung, marmorierte Vorsätze, Goldschnitt. Paris, (Imprimerie de Rignoux pour) Arthus Bertrand, [1830-32]. chf 1400.Dekorativ gebundenes Exemplar der Erstausgabe. In dreizehn Lieferungen erschienenes Werk über den kleinsten Vogel der Welt, von Lesson als Komplementärwerk zu seiner ‘Histoire naturelle des oiseaux-mouches’ veröffentlicht. Das Buch stellt die umfangreichste Arbeit über Kolibris vor John Gould dar. Der langjährige Militärarzt Lesson nahm von 1822 bis 1825 an der von Duperrey geleiteten Expedition auf der Korvette Coquille als Schiffsarzt teil. Als Ornithologe sammelte er dabei unterschiedlichste Spezien in Chile, Peru und den Falkland Inseln. Nach seiner Rückkehr nach Paris, verfasste er den erst 1838 im Druck erschienenen offiziellen Bericht der Expedition. Gewidmet hat Lesson sein Buch über die Kolibris dem Biologen Georges Cuvier. Nach der Einführung in die Naturgeschichte des Vogels folgen recht detaillierte Beschreibungen aller 66 abgebildeten Vögel. In einem Brief an den Herausgeber der Revue Zoologique vom 17. September 1847 urteilte später Lesson: “Livre tombé malheureusement pour moi dans la spéculation mercantile et dont les planches ont été défigurées par un ignoble coloriage” (Balis). – Die Tafeln minim gebräunt und mit vereinzelten Stockflecken, der Text stellenweise stärker stockfleckig. Bibliographie: Nissen IVB, 549; Anker 294; Ripley/Scribner, Ornithological Books in the Yale University Library (1961), 169; Balis, Merveilleux plumages (1968), 66; Brunet III, 1017. 164 LIEDER ZUM GEBRAUCH der unter der Constitution der Grossen Loge zu Hamburg vereinigten Logen. 16mo (165 x 105 mm). Mit Titelvignette und 1 gest. Vignette im Text. 336 S. Blauer Chagrineinband d. Z., Decken mit goldgeprägter Weinrankenbordüre, maurerischem Mittelstück auf Hinter- und Initialen C. F. L. S. auf Vorderdeckel, mit goldgeprägtem Rückentitel sowie hübscher Rückenvergoldung, Goldschnitt. In Pappschuber. [Hamburg, Nestler und Melle], “Als Manuskript für Brüder”, [1823). chf 1200.Dekorativ gebundenes, frisches Exemplar des Liederbuchs der 1737 gegründeten Grossen Freimaurer-Loge Hamburg. Aus dem Besitz von C. F. L. Schütze, mit dessen Initialen auf dem Vorderdeckel und hs. Besitzeintrag auf dem Titelblatt. Die “Große Loge von Hamburg” war eine der acht anerkannten Freimaurer-Grosslogen, die bis 1935 im Deutschen Reich existierten. Sie verlegte ihren Sitz nach Valparaiso in Chile und arbeitete im Exil weiter. Nach dem Zweiten Weltkrieg war die Grossloge an der erneuten “Lichteinbringung” in Deutschland beteiligt. – [Beiliegend:] JUBELLIED des geliebten, sehr ehrwürdigen Bruder Joh[ann] Gottlieb Wolff, nach glücklich vollendeter funfzigjähriger Maurerbahn gesungen in der Loge Absalom. [2] Bl. – Zweifach gefaltet, mit kurzen Einrissen im Falz. Bibliographie: Wolfstieg 40008 und 19665; Taute 2306. Freinsheims philologisches Opus magnum 165 LIVIUS, Titus (59 v. Chr. – 17 n. Chr.). Historiarum libri qui extant: interpretatione et notis illustravit Joannes Dujatius [Jean Doujat] ... in usum ... Delphini. Accessere librorum omnium deperditorum Supplementa, per Jo[annes] Freinshemium. 5 in 6 Bdn. 4to (268 x 200 mm). Mit allegorischem Frontispiz in Kupferstich (Motto: Dulcedine Cantus Trahitur), 3 Kupfern auf 2 Falttafeln (davon 2 Karten: Typus und – Delineatio Urbis Romae sowie Schlachtenformation), 1 Kupfertafel mit Portraits, vereinzelte Textkupfer und Holzschnitt-Druckermarke auf allen Titeln. [40] Bl. (inkl. Frontispiz), 544 (recte 536) S.: Titel, S. 545-876, [30] Bl. Index, 191 S., [8] Bl. Index und Errata; 620 (recte 626) S., [25] Bl. Index; [4] Bl., 757 S., [31] Bl. Index und Errata; 678 S., [13] Bl. Index und Errata; 776 S., [8] Bl. Index. Pergamentbände d. Z. über 6 erhabenen Bünden, mit rautenförmigem Ornament in Blindprägung auf den Deckeln, rotes Rückenlederschild (Vordergelenk oben von Bd. I und VI mit kurzem Einriss). Paris, Fréderic Leonard, 1679-82. chf 2500.Schönes Exemplar der berühmten und hoch geschätzten ersten Ausgabe mit den kompletten neolateinischen Ergänzungen des deutschen Philologen, Historiographen und Bibliothekars, Johannes Caspar Freinsheim (1608-1660), der “auf Grundlage seiner Supplemente zu Curtius und Livius als der Fürst der Ergänzer betrachtet werden kann” (P. G. Schmidt). Ein erster Teil mit den Ergänzungen zu den Büchern 46-95 war zuvor 1654 veröffentlicht worden. “Wahrscheinlich erst kurz vor seinem Tode (1660) hat Freinsheim dies einzigartige Werk vollendet. Der Druck der letzten 45 Bücher, Supplemente zu Buch 96-140, zog sich aus diesem Grunde hinaus. Endlich wurde das Manuskript den Erben aus der Schatulle Ludwig des XIV. abgekauft und zuerst in der Ausgabe Livius ad Usum Delphini, Paris 1679 veröffentlicht. Als Grundlage seiner Ergänzungsarbeit haben die Periochae zu Livius gedient, die bis zum Buch 142 vorliegen, mit dem das ... Werk abbrach. Das Füllmaterial stammt aus den Schriften antiker Autoren, die Freinsheim mit grossem Fleiss auf historische Informationen hin durchlas. In einem alphabetisch angeordneten, von Aelian bis Zonaras reichenden Katalog der benutzten Quellen fehlen neben den Historikern, Epistolographen, Antiquaren, Dichtern und Grammatikern auch die Kirchenväter und Philosophen nicht. Inschriften sind in nur geringem Masse zur Ergänzung hinzugezogen worden” (P. G. Schmidt). Auch vom zweiten Herausgeber, dem Historiker und Homme de lettres Jean Doujat (1609-1688), finden sich kleinere Ergänzungen zu den Lücken in den Büchern 41, 43, 44 und 45. Freinsheims vielbewunderte Supplemente erfuhren grosses Lob und bis ins 19. Jh. Uebersetzungen ins Englische, Französische, Italienische und Portugiesische. – Blindstempel auf Anfangs- und Schlussblättern. – Wenige Lagen etwas gebräunt, ein vorzügliches Exemplar, komplett mit allen Kupfertafeln. Bibliographie: Schweiger II, 534f.; Schmidt, Supplemente lateinischer Prosa in der Neuzeit (1964), 17ff. 166 LOI. CONSTITUTION FRANÇOISE. Donnée à Paris, le 14 septembre 1791 ... Décret de l’Assemblée Nationale, du 3 septembre 1791. 4to (240 x 180 mm). Mit breiter Kopfvignette in Holzschnitt. 63 S. Moderner Halblederband, mit Rückentitel: ‘Constitution 1791’. (Paris, Imprimerie Royale, 1791). chf 3800.- Editio princeps der ersten geschriebenen Verfassung Frankreichs von 1791. Als erstes Staatsbürgerrecht wird darin die Gleichheit aller Staatsbürger garantiert, womit es als Model für die nachfolgenden europäischen Verfassungsstaaten diente. Bereits die der Verfassung als Präambel vorangestellte Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte (Déclarations des Droits de l’Homme et du Citoyen) von 1789 machte die Nation zum Inhaber der Souveränität und das Gesetz zum Ausdruck des Allgemeinwillens. Die am 3. September durch die französische Nationalversammlung erlassene und am 14. September von Louis XVI unterzeichnete Verfassung zählt zu den europäischen Konstitutionen des 19. Jahrhunderts, die das Prinzip der Gewaltenteilung am konsequentesten umsetzten und in die Zukunft wiesen. Schriftlich niedergelegt wurden hier in einer einzigen Urkunde die Grundrechte und die Regeln der Staatsorganisation: legitimiert wird die Verfassung allein durch die Volkssouveränität und eine allfällige Verfassungsänderung bleibt der konstituierten Staatsgewalt verwehrt und ist allein der verfassunggebenden Gewalt des Volkes vorbehalten. Die hier formulierten politischen Rechte waren weitreichender als in manchen späteren Verfassungen Frankreichs. Es herrschte Gewaltenteilung zwischen der Exekutive, dem König und seinen Ministern, der Einkammerlegislative und der Justiz, die vereinheitlicht und um Geschworenengerichte erweitert wurde. Der Monarch war als ‘Pouvoir constitué’ nicht mehr ‘König von Frankreich’, sondern nur mehr ‘König der Franzosen’. – Erstes Blatt etwas bestaubt, zu Beginn stärker stockfleckig. Bibliographie: Annales historique de la Révolution française, Bd. 232 (1978), S. 180ff.; Reinhard, Geschichte der Staatsgewalt (2002), S. 413. 167 LOMAZZO, Giovanni Paolo (1538-1600). Trattato dell’ arte della pittura, scoltura, et architettura. 4to (225 x 170 mm). Mit grossem Holzschnitt-Portrait in Medaillon-Form auf Seite 17. [20] Bl., 700 S., 1 Bl. Flexibler Pergamentband d. Z., mit hs. Rückentitel (im Rückenkopf etwas beschädigt). Milano, Paolo Gottardo Pontio a instantia di Pietro Tini, 1585. chf 3800.Erstausgabe des theoretischen Hauptwerks von Lomazzo, der bis zum Verlust seines Augenlichts 1572 der gefragteste Maler des Mailänder Spätmanierismus war. In der Folge profilierte er sich als einer der wichtigsten Kunsthistoriker Italiens im Seicento. In sieben Bücher gegliedert, verbreitet Lomazzo hier eine enzyklopädische Wissensfülle aus unterschiedlichen Bereichen, wie der Malerei, Architektur, Naturbeobachtung, Geschichte, Philosophie und Medizin, aber auch aus der Astrologie und Magie. Im ersten Kapitel behandelt der Verfasser die Proportionslehre, vor allem die des verehrten Albrecht Dürer. Das zweite Kapitel stellt eine grundlegende Bewegungs- und Ausdruckstheorie dar, worin die schlangenähnliche Bewegungsfigur von zentraler Bedeutung ist. Die ‘figura serpentinata’ gilt in der Bildsprache des Manierismus als die Bewegungsformel par excellence. Teil drei enthält eine Farbenlehre, gefolgt von einer Theorie über das Licht und die Beleuchtung (lume) im vierten Buch. Das fünfte Kapitel widmet Lomazzo der Linearperspetive und im sechsten Teil geht er auf die Regeln der künstlerischen Praxis ein. Gegenstand des Schlusskapitels bildet die Geschichte der Malerei (istoria di pittura), die sämtliche visualisierbaren Formen der mittelalterlichen, hierarchisch gegliederten Weltordnung beinhaltet und als Quellenschrift zur Ikonographie des 16. Jhs. dienen kann. – Wenige Flecken auf den S. 101-108, zwei Bl. im Kopfsteg mit schwacher Bräunung, etwas fingerfleckig zu Beginn; ein breitrandiges Exemplar im ersten Einband. Bibliographie: Fowler 186; Arntzen/Rainwater H 43; Blunt, Kunsttheorie in Italien 14501600 (1984), 95f.; Cicognara 160; Manegold, Wahrnehmung, Bild, Gedächtnis (2004), S. 18. 168ENTFÄLLT 169 LUDEWIG, Johann Peter von (1668-1743). Novum volumen scriptorum rerum Germanicarum, plurimam partem nunc primum editorum ex cod. msct. 2 Bde. Folio (336 x 201 mm). Mit Kupfertitel, 26 Kupfertafeln (davon 1 mehrfach gefaltet), 1 Wappenkupfer, 2 Textkupfern sowie 2 gestochenen Titelvignetten. VIII, 15, 15 S., 2085 Sp., [30] Bl.; [3] Bl., 8 S., 679 Sp., [19] Bl. Schweinslederbände d. Z. über Holzdeckeln, mit reicher Blindprägung und dem Wappen der Kartause Gaming in Niederösterreich, mit 2 intakten Messingschliessen. Frankfurt und Leipzig, ohne Drucker, 1718. chf 2800.Erstausgabe. Sammlung von insgesamt siebzehn edierten Quellenschriften, vorzugsweise zur Geschichte der Stadt und der Diözese Bamberg seit dem Jahr 1000. Der erste Teil enthält u.a. Martin Hoffmanns Annales Bambergensis Episcopatus, Johann Salvers mit achtzehn schönen Portraitkupfern illustrierte Icones et imagines Episcoporum [Bambergensium], Andreas Goldmeyers Historische, astronomische und astrologische Beschreibung sowie fünf weitere Beiträge zur Stadtgeschichte. Im zweiten Band finden sich u. a. die Chroniken von Banz, Oettingen, Reichersberg, Schwarzach sowie die Acta Murensia et Habsburgicae origines. – Die Paginierung springt mehrfach von Spalten- auf Seitenzählung; alle Vergleichsexemplare weisen voneinander abweichende Kollationen auf. – Stellenweise gebräunt und stockfleckig wie üblich. Bibliographie: Pfeiffer 4611 (nur erster Teil); Wegele 572; Lipperheide Oc 23 (nur 24 Tafeln); Graesse IV, 290. 170 [MABLY, Abbé Gabriel Bonnot de (1709-1785)]. Gespräche des Phocion über die Beziehung der Morale mit der Politik ... Mit Anmerkungen aus dem Französischen ... übersetzt [by Hans Conrad Vögelin]. 8vo. [6], 295 p. Contemporary half calf, spine gilt with label (corners slightly worn). Zurich, Heidegger & Compagnie, 1764. chf 1200.- Seltene erste deutsche Ausgabe der ‘Entretiens de Phocion sur le rapport de la morale avec la politique’ (Amsterdam, 1763) von Condillacs Halbbruder, Abbé de Mably, Diplomat, Moralist und Staatstheoretiker. Nachdem er sich 1746 aus der Politik zurückgezogen hatte, widmete sich Mably fortan seinen Studien und veröffentlichte eine Reihe von historischen und zivilisationskritischen Schriften, die ihn zu einem philosophischen Wegbereiter der französischen Revolution werden liessen. In seinem vorliegenden Hauptwerk verurteilt er das Eigentum als den Ursprung allen Uebels und des Unglücks der Menschheit und stellt die Forderung auf, dass der Staat Eigentümer aller Dinge werde und sie nach Bedarf an die Bürger verteilen soll. “Dies waren im 18. Jahrhundert geläufige Vorstellungen und erklären die Popularität, derer sich die Werke Mablys ... erfreuten” (M. L. Berneri). Nebst dieser deutschen Uebertragung durch den Zürcher Landschreiber und Uebersetzer Hans Conrad Vögelin (1729-1791) veröffentlichte der Heidegger Verlag in Zürich im Jahr der Originalausgabe 1763 auch eine französische Ausgabe. – Hs. Standortnummer auf fliegendem Vorsatz, ein sauberes Exemplar. Bibliographie: Cf. Negley 1465-1466 (French and English editions only); Berneri 182f.; Winter 183 (French edition only). Not in Bloch. 171 MACHIAVELLI, Niccolò (1469-1527). Oeuvres de Machiavel. Nouvelle édition, augmentée de l’Anti-Machiavel [par Frederic II, Roi de Prusse et probablement edité par Voltaire] & autres pièces. [Traduit par François Testard]. 6 Bde. 8vo (155 x 90 mm). Mit 8 gefalteten Kupfertafeln in Bd. III. Titel in Rot und Schwarz. [2] Bl., XVI, 591 S.; [2] Bl., 429, [1] S.; [2] Bl., 374 S.; [2] Bl., 446 S.; [2] Bl., 480 S.; [2] Bl., 485 S. Marmorierte Kalbslederbände d. Z. über 5 erhabenen Bünden, Deckel mit Dreifachfilete in Goldprägung, reicher Rückenvergoldung und je 2 Rückenschildchen (einige Ecken bestossen). The Hague, Aux dépens de la Compagnie, 1743. chf 1800.Erste mit dem Anti-Machiavel erschienene französische Gesamtausgabe der Werke Machiavellis. Nach der ersten, von Sieur de Briencour übersetzten Ausgabe von 1684 ist dies die insgesamt zweite französische Gesamtausgabe, neu übersetzt durch Fr. Testard (?). Der Druck des zuerst im September 1740 erschienenen Anti-Machiavel wurde möglicherweise durch Voltaire selbst veranlasst, hielt er sich doch nachweislich zwei Monate in Den Haag auf (“C’est à noter que Voltaire fut à La Haye du 27 juin au 24 août 1743”). Diese Ausgabe enthält auch die verschiedenen Varianten der Vorworte etc. der vorausgegangenen Drucke des Anti-Machiavel [“En 1743, l’édition [du Anti-Machiavel] de la Compagnie réunit tous ces différents avis, avertissements, extraits, mémoires et préfaces” (Charles Fleischauer S. 63)]. – Ein sehr schönes Exemplar, komplett in sechs Bänden und mit allen acht Tafeln sowie den Vortiteln. Bibliographie: Bertelli/Innocenti p. 150f., no. 48; Bengeso II, 373; C. Fleischauer, L’AntiMachiavel ... in: Studies on Voltaire and the 18th Century V, p. 63 and 368, no. 15. History of the first christian missions in the East- and West-Indies 172 MAFFEI, Giampietro [(1538-1603) und Manoel DA COSTA (15411604)]. Le istorie delle Indie orientali. Tradotte di latino in lingua toscana de M. Francesco Serdonati fiorentino. Con una scelta di lettere scritte dell’Indie, fra le quali ve ne sono molte non più stampate, tradotte dal medesimo. Con indici copiosi. 8vo (215 x 151 mm). Mit Giunti Druckermarke in Holzschnitt auf Titel und vereinzelten, teilweise figurativen, achtzeiligen Holzschnitt-Initialen. [26] Bl., 930, [6] S. Index. Flexibler Pergamentband d. Z., mit hs. Rückentitel. Firenze, Filippo Giunti, mese di chf 2800.giugno 1589. Erste italienische Ausgabe von Maffeis berühmter Entdeckungs- und Missionsgeschichte von Ost- und Westindien, mit Briefberichten aus den Jesuiten-Reduktionen in Südamerika und Asien. Die von Francesco Serdonati (1540-1603) aus dem Lateinischen (Historiarum Indicarum libri XVI, [Florenz, 1588]) ins Toskanische übertragene erste Missionsgeschichte der Jesuiten in Ostasien erfuhr noch im selben Jahr einen inferioren venezianischen Nachdruck durch Damiano Zenaro (“di gran lunga inferiore” B. Gamba). Der aus Bergamo stammende, 1565 in den Jesuitenorden eingetretene und von 1579 bis 1584 in Lissabon wirkende, Humanist und Rhetor gründete die ersten fünf Kapitel seines in über 25 Editionen verbreiteten Hauptwerks auf Pater Manoel da Costas ‘Historia das Missoens da Oriente até o anno de 1568”, das sich wiederum an João de Barros’ Asia von 1552 orientierte und vom jungen Maffei 1571 für den Druck in Dillingen auf Latein ediert wurde. Je ein eigenes Kapitel ist China und Japan gewidmet. Der mit separatem Titel gedruckte Anhang (‘Della scelta delle lettere scritte dell’India’) enthält 43 Jesuitenberichte, mehrheitlich aus Fernost. Gegenüber seiner 1571 erschienenen ersten Auswahl von Jesuitenbriefen liess Maffei hier offenbar eine grössere Sorgfalt walten, auch unterlag sie nicht der römischen Zensur: “Maffei appears to to have exercised greater care in the selections which he made for this second compendium. Furthermore, this second effort did not suffer from the excisions and revisions of the Roman censors” (Donald F. Lach). – Name von alter Hand auf Titel, zwei weitere durch rote Einfärbung unleserlich gemacht, Titelblatt im Aussensteg angefranst, duchgehende leichte Bräunung und/oder Stockflecken, ein vorzügliches und komplettes Exemplar dieses seltenen Giunta-Druckes. Provenance: Hs. Name: ‘S: Ma: jacinta S: Catorina Angelica’ auf Innensteg der S. 133. Bibliographie: Gamba 528; Löwendahl, Sino-Western Relations (2008), Nr. 29 (“does not include the life of Ignatius of Loyola”); Streit IV, 1055; Cordier, Biblioteca Sinica II, Kol. 783; Ders., Bibl. Japonica, 65; Alden/Landis 589/42; Borba de Moraes II, 508; De Backer/ Sommervogel V, 299, 3; Palau 146993; Alt-Japan Kat. 923; vgl. Lach, Asia in the Making of Europe I, 325f. und 803f.; O’Neill/Dominguez, Diccionario Histórico de la Compañía de Jesús III, 2466f. One of the first transformist theories about the living world 173 MAILLET, Benoît de (1656-1738). Telliamed, ou entretiens d’un philosophe indien avec un missonnaire françois sur la diminution de la mer. Nouvelle édition. Revue, corrigée & augmentée sur les originaux de l’auteur, avec une vie de M. de Maillet. Tome premier [-second]. 2 Bde. 12mo (172 x 100 mm). [4] Bl., 356 S.; [2] Bl., VII, [1] S., 240 S. Marmorierte Kalbslederbände d. Z. über 5 erhabenen Bünden, chf 1400.mit Rückenvergoldung, Rotschnitt. La Haye, Pierre Gosse, 1755. Frühaufklärerischer Beitrag zur Deszendenzlehre, hier in der insgesamt dritten und besten Ausgabe. Erster von zwei Drucken des unter dem Anagramm des Verfassers erschienenen aussergewöhnlichen Buchs, auf das sich alle nachfolgenden Kosmologien – von Nicolas Antoine Boulanger bis zu Johann Gottfried Herder – stützen sollten und das eminenten Einfluss auf Buffon und andere Naturforscher ausübte. Die von Abbé Jean Baptiste le Mascrier (1697-1760) besorgte Edition enthält erstmals die Biographie De Maillets und gliedert sich in drei Teile. Die ersten beiden widmen sich nahezu ausschliesslich geologischen Fragestellungen: “sie sind in vielerlei Hinsicht bemerkenswert fortschrittlich für die Epoche und wurden in der Geschichte der Geologie vielleicht viel zu stark vernachlässigt” (Ernst Mayr). De Maillets wichtigste geologische These besagt, dass die Erde ursprünglich völlig von Wasser bedeckt, erst allmählich und über Millionen von Jahren daraus emporgestiegen sei. Die dritte und längste “Unterhaltung zwischen einem indischen Philosophen und einem französischen Missionar” referiert extensiv über den Ursprung des Lebens und die Metamorphose der Lebewesen. Das Buch zeugt vom tiefen Eindruck, den die Schriften von René Descartes, Isaac Newton und Gottfried Wilhelm Leibniz wie auch die neueren wissenschaftlichen Entdeckungen eines Leeuwenhoek und anderer Naturforscher auf die Intellektuellen des 18. Jhs. gemacht hatten. De Maillets ‘Telliamed’ ist “ein wichtiges Werk, zeigt es doch, in welch hohem Grade sich das Denken des 18. Jhs. von den Beschränkungen früherer Jahrhunderte befreit hatten” (E. Mayr). Die zwei vorausgegangenen französischen Editionen von 1748 (Amsterdam) und 1750 (Basel) “had both been poorly done and replete with mistakes” (A. V. Carozzi). Zwei englische Uebersetzungen erschienen 1750 in London (in zwei Druckvarianten) 1797 im amerikanischen Baltimore. Bibliographie: Quérard, La France littéraire V, 442; Carozzi, Telliamed ... (1968), S. 15ff. und Abb. 11/12 (abweichende Titelvariante); DERS., De Maillet’s Telliamed: the theory of the diminution of the sea, in: Endeavour XXIX (1970), S. 140ff.; Mayr, Die Entwicklung der biologischen Gedankenwelt (1984), S. 248; Tschulok Der ‘Telliamed’ und die Anfänge der Deszendenzlehre, in: Vierteljahresschrift der Naturf. Ges. Zürich, Jg. 83 (1938), S. 289ff. 174 MALEGUZZI VALERI, Flaminio (1537-1552). La Theodora, comedia. Kl.-8vo (142 x 94 mm). Mit halbseitiger Holzschnitt-Druckermarke und 10zeiliger Eingangsinitiale in Holzschnitt. 56 Bl. Moderner Pappband. Venezia, [Giovanni Comenzini] appresso Domenico Farri, 1572. chf 1200.- Erstausgabe. Flaminio Maleguzzi aus Modena, ein Neffe Ariosts, verfasste sein Theaterstück in Reimform, gedruckt wurde es mit einer Widmung des Herausgebers Guido Decani an Flaminios Bruder Horatio. Eine Neuausgabe soll 1578 ebenfalls beim selben Verleger erschienen sein (von uns aber nicht nachzuweisen). – Ein sauberes Exemplar. Bibliographie: Bregoli Russo 382; Clubb 578; Edit 16 (Online Kat.) CNCE 38003; Adams M-286; Corrigan 61. The first known fatalities in an air crash 175 [MARAT, Jean-Paul (1743-1793)]. Lettres de l’observateur Bons-sens, A. M. de ***, sur la fatale catastrophe des infortunés [Jean Francois] Pilâtre de Rosier & [Pierre Ange] Romain, les aëronautes & l’aérostation ... 8vo (198 x 120 mm). Mit gestochenem Frontispiz und 1 Kupfertafel. 39 S. Londres, 1785. – [Mitgebunden:] VOLTA, Alessandro Conte di (1745-1827). Lettres ... sur l’air inflammable des Marais auxquelles on a ajouté trois lettres du même auteur tirées du Journal de Milan. Traduites de l’italien. Mit 1 gef. Kupfertafel. [3] Bl., 191 S. Strasbourg, 1778. 2 Werke in 1 Bd. Marmorierter Kalbslederband d. Z. (Ecken stark bestossen, Vorderdeckel fast lose und Hintergelenk oben eingerissen). A Londres, et se trouve à Paris, Méquignon l’aîne, 1785, resp. Strasbourg, J. H. Heitz, 1778. chf 3800.Sehr seltene zeitgenössische Darstellung der missglückten ersten Überquerung des Aermelkanals mittels eines Flugobjekts, höchst wahrscheinlich verfasst vom Neuenburger Arzt und Wissenschafter Jean-Paul Marat, der bis zu seiner Ermordung durch Charlotte Corday eine herausragende Rolle in der Französischen Revolution spielte. Der Chemiker Pilâtre de Rozier hatte zusammen mit François dArlandes am 21. November 1783 die erste Freiballonfahrt in der Geschichte der Menschheit durchgeführt. Um den Aermelkanal erstmals fliegend zu überqueren, startete er am 15. Juni 1785 zusammen mit Pierre Romain mit der ‘Aeromontgolfière’, einer Kombination von Gas- und Heissluftballon. Dabei wurden die beiden Pioniere zu den ersten Opfern der modernen Fliegerei. Die Verfasserschaft Marats wird von Charles C. Gillispie (Science and Polity in France at the End of the Old Regime, 1980, S. 319) und auch von Marats Biographen C. D. Cowner in Frage gestellt. – Brocket 7481; Sammlung des Oberst von Brug 124 und Abb. 191f.; Gimbel, The Genesis of Flight (1999), 198 und 76; Stoffregen-Büller, Himmelfahrten (1983), 191f.; Cowner, Jean Paul Marat. Scientist and Revolutionary (1997), S. 63, Fussnote 34. Ad II) Erste französische Ausgabe der “Lettere sullaria infiammabile” von 1777. Die auch auf Deutsch veröffentlichten, an Marchese Francesco Castelli gerichteten, “Briefe über die natürlich entstehende entzündbare Sumpfluft” (Winterthur, 1778) enthalten die Resultate von Voltas Untersuchungen über das aus dem Boden des Lago Maggiore aufgestiegene “entflammbare Sumpfgas” (Methangas), das er im Sommer 1776 von einem Boot aus erstmals beobachtet hatte. “Volta’s work on gases shows the same genius for intrumentation and measurement, and the same failure or reluctance to establish general principles, that characterize his work on electrostatics” (J. L. Heilbron). – Vgl. Duveen 606; DSB XIV, 69; Poggendorff II,1231; Ronalds 520. Provenance: Exlibris William Burden, Besitzer einer grossen Aeronautiksammlung. Wappeneinband des Erzbischofs von Salzburg, Reichsgraf Paris von Lodron 176 MARCO DE LISBOA (1511-1591). Erster-Ander Thail [von 3] Der Cronicken der eingesetzten Orden deß heiligen Vatters Francisci: Darinn sein Leben, Werck, Todt, und Wunderzeichen begriffen. Erstlich in Portugalischer Sprach zusammen getragen ... Und hernach in die Castiglianische verendert, ... Und an jetzo in unser Teutsche Sprach gebracht, Durch ... Carl Kurtzen von Senfftenau. Erzbischof von Salzburg Paris Graf von Lodron2 Bde. Kl.-4to (202 x 156 mm). Mit 2 gest. Titeln und 1 Holzschnitt-Druckermarke auf dem letzten Bl. verso des zweiten Bandes. [32] Bl. (inkl. Kupfertitel), 670 S. (recte 642 [Seitenzählung 39-40 doppelt benutzt, Seitenzählung 71-96 übersprungen]), [6] Bl. Register; 506, [9] Bl. Register. Pergamentband d. Z. mit Überstehkanten, mit Supralibros des Salzburger Fürsterzbischofs Paris Graf von Lodron auf beiden Deckeln innerhalb reich verzierter Bordüre in Goldprägung, Goldschnitt, gegen den Rücken hin gepunzt (ohne die Schliessbänder). München, (Anna Berg für) Johannes Hertzroy, 1620. chf 3200.Salzburger Wappeneinband aus der Bibliothek des am 13. November 1619 zum Salzburger Erzbischof gewählten Reichsgrafen und Gründers der Salzburger Universität, Paris von Lodron (1586-1653), dem diese zweite deutsche Ausgabe der Crónicas da ordem dos frades menores auch gewidmet ist. Der portugiesische Chronist Marco de Lisboa (auch Marco de Betania oder Marcus de Lissabon) begleitete Don Sebastián mit der königlichen Flotte auf dessen erster Reise nach Afrika. Der erste Band widmet sich dem Leben des hl. Franziskus, die zehn Kapitel des zweiten Bandes behandeln die Frühzeit des Ordens und seine Verbreitung.Die von Karl Kurtz von Senftenau besorgte deutsche Übertragung erschien durch Nikolaus Kalt in zwei Bänden gedruckt, erstmals 1604 in Konstanz. Dem hier fehlenden Abschlussband der MinoritenChronik liess Felix Reineccius (1649-1660) schliesslich 1658 noch einen in Innsbruck bei Michael Wagner verlegten vierten und abschliessenden Teil nachfolgen. Die beiden Kupfertitel zeigen in zehn, respektive zwölf kleineren Bildausschnitten bedeutende Franziskaner und illustrieren herausragende Geschehnisse aus der Geschichte des 1209 durch Franz von Assisi gegründeten Ordens. – Schönes Exemplar. Provenance: Mit dem Bibliotheksschild der 1560 gegründeten Salzburger Rechtsbibliothek ‘Bibliotheca archi-episcopalis presbyterorum et alumnorum collegii’. Bibliographie: VD 17 (Online Kat.) 12:113949U und 12:113965B; Heimbucher I, 657. 177 [MERCIER, Louis-Sébastien (1740-1814)]. L’an deux mille quatre cent quarante. Rêve s’il en fût jamais; suivi de l’homme de fer, songe. Nouvelle édition avec figures. 3 Bde. 8vo (184 x 116 mm). Mit 3 Frontispizen, radiert von E. J. Nepomucène de Ghendt. XVI, 380 S., 1 Bl. Index und 1 leeres Bl.; [2] Bl., 381, [2] S. (die Seite 251 nummeriert als 521, die S. 291 als 191 und die S. 357 als 157); [2] Bl., 312 S., 1 Bl. Index und 1 leeres Bl. Kalbslederbände d. Z., mit Rückenvergoldung und Rückenschild (Vordergelenk von Bd. III eingerissen, Rückenkopf von Bd. I geringfügig beschädigt). No place, no printer [Amsterdam, Changuion for Poinçot, chf 1100.Paris?], 1786. Oktav-Ausgabe von Merciers utopischen Roman, “er stellt gewissermassen einen ‘archimedischen’ Punkt dar, von dem eine neue und fruchtbare Konzeption in der utopischen Gattung, eine andere Auffassung von Geschichte und eine neue Aufgabenstellung der Literatur und des Schriftstellers ausgehen” (Raymond Trousson). Wilkie (Mercier’s L’An 2440: Its Publishing History ... Bibliography) listet von dieser stark vermehrten Ausgabe in drei Bänden insgesamt zehn verschiedene, aber alle mit 1786 datierte, Drucke auf; zwei englische Ausgaben folgten noch im selben Jahr. Zur Bestimmung des Druckortes schreibt er: “The strongest evidence points to the Amsterdam publisher [D. J.] Changuion, who seems to have been doing the printing for Poinçot, a Paris libraire. Printed on the last page of volume III is this notice: ‘Ou (sic) publiera du même Auteur un ouvrage intitulé: Notions claires sur les Gouvernemens; un vol. avec cette épigraphe: nulla actio sin reactione’. This work was published in 1787 and again in 1788 ... The large number of variants of this edition suggests that the type went through press numerous times. The order in which these variants were produced cannot accurately be determined”. Die drei Kupfertafeln stammen von dem Pariser Kupferstecher E. J. Nepomucène de Ghendt (1738-1815). – Wenige Lagen geringfügig gebräunt, vereinzelte Stockflecken; ein schönes Exemplar, mit den Kupfern in klaren Abdrucken. Provenance: Exlibris Franz Pollack-Parnau (1903-2002). Bibliographie: Wilkie 1786.1c;.1f; Negley 773; vgl. Rufi, Bibliographie L.-S. Mercier, 18 (Fussnote); Quérard, La France littéraire VI, 58. 178 METASTASIO, Pietro [i.e. Pietro Antonio Domenico Bonaventura Trapassi (1698-1782)]. Opere del Signor Abate Pietro Metastasio. Tomo primo (-Duodecimo). 12 Bde. Mit gest. Portrait-Frontispiz. Grüne Maroquinbändchen d. Z., mit floral verzierten flachen Rücken mit rotem Lederrückenschild, Decken mit Mäanderrahmen, Steh- und Innenkantenvergoldung, Goldschnitt.Londra, ohne Drucker, 1784. chf 2500.Wunderbares Maroquin-Exemplar der auf Italienisch gedruckten Londoner Ausgabe der Werke Metastasios. Während über fünfzig Jahren wirkte Pietro Metastasio als Hofdichter in Wien. Die Kaiserin Maria Theresia schätzte ihn sehr und bezeichnete ihn als ‘mon ancien maître’. Metastasios erste Oper, ‘Didone abbandonata’ war 1723 erschienen und begründete seinen Ruhm. Die interessante Dramentheorie ‘Estratto della poetica di Aristotele e considerazioni sulla medesima’ erschien erst postum und findet sich hier im letzten Band. Inhaltlich entspricht die vorliegende Ausgabe der von Giuseppe Pezzana (1735-1802) in Paris (presso Vedova Hérssant) im Oktavformat edierten ersten Gesamtausgabe von 1780-82. – Frontispiz und einige Titelblätter etwas gebräunt, ein vorzügliches Exemplar. Bibliographie: Vgl. Quérard, La France littéraire VI, 93-94. Erster illustrierter Reiseberich über das Tessin – “Un prezioso libricino” 179 MEYER, Johann Heinrich (1755-1828). Mahlerische Reise in die italienische Schweiz, mit geäzten Blättern von J. H. Meyer. Quer-4to (178 x 220 mm). Mit 12 in der Platte nummerierten Kupferstichansichten von und nach J. H. Meyer und Ludwig Hess (6), gest. Titel mit ovaler Vignette (Grotte di Rescia) und Schlussvignette (Wasserfall Orrido in Bellano) von und nach J. H. Meyer. Pappband d. Z. (Rücken und Kanten stark berieben, Ecken bestossen). Zürich, Orell, Gessner, Füssli und Compagnie, 1793. chf 4400.Erstausgabe des ersten illustrierten Reiseberichts über das Tessin. Der auch schriftstellerisch talentierte Maler Johann Heinrich Meyer beschreibt hier seine in Begleitung der Zürcher Malerfreunde Ludwig Hess (1760-1800) und Johann Konrad Steiner (1757-1818) im Mai 1789 unternommene Fussreise in die Südschweiz und die Comerseegegend. “Un prezioso libricino ... Una Vignetta e sei vedute concernono il nostro campo di indagine: la vignetta raffigura una grotta stalattitica a Rescia nei pressi di Porlezza, mentre due vedute sono della Val Levantina, due della plaga di Magadino e due dei pressi della Tresa. Il paesaggi, resi con rara precisione e grande senso artistico, assieme alla vivace descrizione del viaggio fanno sì che il volumetto del Meyer sia ancor oggi un’opera godibile e utile a chi voglia meglio conoscere il Ticino della fine del Settecento” (Giorgio Ghiringhelli). Es finden sich desweiteren Ansichten vom Zuger- und Vierwaldstättersee, vom Eingang zum Reusstal und vom Walensee. Beide Maler, sowohl Meyer als auch Ludwig Hess, waren Autodidakten und zählen “zu den Wegbereitern einer romantischen Landschaftskunst” (Bruno Weber). Vordatiert auf 1793 erschien das Buch tatsächlich bereits im September 1792 zum respektablen Preis von 4 Gulden im Verlag von Salomon Gessner, Förderer aller drei beteiligten reisenden Künstler. – Kleiner Braunfleck auf S. 66, unbedeutende kurze Wurmspuren im Innen- oder Fusssteg einiger Bll., ein schönes und komplettes Exemplar dieses seltenen Werks. Bibliographie: Bürger, Aufklärung in Zürich (1997), Nr. 573 und S. 112; Lonchamp 2058; Leemann-van Elck, Die zürcherische Buchillustration (1952), S. 174; Ghiringhelli, Il Ticino nelle vecchie stampe (2003), S. 44; Bruno Weber im Kommentar zum nicht für den Handel bestimmten Nachdruck von 1982. 180 [MEYERN, Friedrich Wilhelm von (1759-1829)]. Dya-Na-Sore oder die Wanderer. 5 Bände. Kl.-8vo ((165 x 103 mm). Mit Frontispiz, radiert nach V. Kininger, je 1 oalen Vignette auf den Titeln, radiert von J. Wertheim und 5 Schlussvignetten nach K. Ponheimer. 432 S.; 471, [1] S.; 492, [1] S.; 454 S., [2] Bl., 556 S., 1 Bl. Roter Halbmaroquinband d. Z., mit Rückenvergoldung und Rückenschild (Kanten geringfügig berieben, Ecken bestossen). Leipzig, (G. J. Göschen, Grimma für) chf 1500.Schaumburg, 1800. Auf fünf Bände stark vermehrte zweite Ausgabe des Staatsromans des Wiener Aufklärers F. W. von Meyern. In Form einer Chronik, die angeblich aus dem Sanskrit übersetzt wurde, geht der Verfasser im zweiten Teil auf die Vorgeschichte der französischen Revolution ein, deren Ablauf dann Thema des dritten Abschnitts ist. Beeinflusst wurde Von Meyern sicher auch durch das Gedankengut der Rosenkreuzer und Freimaurer sowie utopisch-idealstaatliche Texte eines J. G. Schnabels (Insel Felsenburg) oder Albrecht von Hallers (Usong). – Zur Ansicht, dass die Erstausgabe von Meyerns Roman auch als ideologische Quelle und Kommentar zum Libretto von Mozarts Zauberflöte von 1791 zu gelten hat vgl. Peter Horwats entsprechenden Artikel in: Studies on Voltaire and the 18th Century, Bd. 265 (1989), S. 1380f. – Minimal gebräunt, ein sehr schönes Exemplar. Bibliographie: Goedeke V, 460, 1; Rümann 214; Lanckoronska/Oehler III, 17; Bersier 289f.; cf. Negley 783; D. Naumann, W. F. Meyerns ‘Dya-Na-Sore’, in: Politik und Moral (1977), 189f. 181 [MICHAUD, Joseph-François (1767-1839), Hrsg.]. Biographie universelle ancienne et moderne, ou histoire, par ordre alphabétique, de la vie publique et privée de tous les hommes qui se sont fait remarque par leurs écrits, leurs actions, leurs talents, leurs vertus ou leurs crimes. Ouvrage entièrement neuf, rédigé par une société de gens de lettres et de savants. 80 Bde. (von 85). 8vo (230 x 170 mm). Mit vielen gestochenen Portrait-Tafeln. Halblederbände d. Z. (Rücken etwas verblasst) und Original-Broschuren (Bde. 68-80). Paris, Michaud frêres & L.-G. Michaud, chf 4500.1811-48. Vorzugsexemplar auf grossem Vélin-Papier und mit den radierten Portrait-Tafeln. Ein nach wie vor unentbehrliches biographisches Nachschlagewerk, das gegenüber der ab 1852 von Jean C. E. Hoefer edierten Nouvelle Biographie Générale ausführlichere und auch gelehrtere Artikel bietet. Bd. 52 mit dem Buchstaben Z und die 33 bis 1862 verlegten Nachtragsbände fehlen hier. Bibliographie: Brunet I, 948 und Nr. 30379; Graesse I, 428. In a contemporary Morocco Binding 182 MILANO – [CAVAZZO, Giovanni Luca, Conte della Somaglia (17621838)]. Compendio della storia di Milano. Kl.-Folio (292 x 214 mm). Mit 18 ganzseitigen Portraits in Kupferstich und 3 doppelblattgrossen oder gefalteten geneaologischen Tafeln der Familien Visconti, Sforza und des Hauses Habsburg. [6] Bl., 108 S. Grüner Maroquinband d. Z., mit Blind- und Goldprägung, Deckel mit breiter floraler Bordüre, Mittel- und Eckstückornamente in Blindprägung, mit reicher Rückenvergoldung sowie Rückentitel, Steh- und Innenkantenvergoldung, marmorierte Vorsätze, Goldschnitt. Milano, Dalla tipografia Pogliani, 1834. chf 2400.In Ganzmaroquin und mit reicher Gold- und Blindprägung ausgestattetes Prachtexemplar des auf 100 Exemplare limitierten Privatdrucks. Die chronologische Geschichte der Stadt Mailand und ihrer bedeutendsten Geschlechter wurde als exklusive Veröffentlichung auf grosses Vélinpapier gedruckt. Gewidmet hat es der auf dem Titel unerwähnt gebliebene Verfasser, Graf Giovanni Luca Cavazzo della Somaglia, der Direktorin des Mädchen-Kollegiums San Filippo, dessen Verwaltungsrat der sehr wohlhabende Graf präsidierte. Die unsignierten Kupferstich-Portraits zeigen die hervorragendsten Repräsentanten der Visconti und Sforza Familien. – Minimale vereinzelte Stockflecken. Bibliographie: Biblioteca italiana o sia Giornale de letteratura LXXVI (1834) S. 367-369; vgl. Predari 141; Cat. Meneghina 962. The most complete of all early editions 183 MORE, Thomas (1478-1535). Opera omnia, quotquot reperiri potuerunt ex Basileensi anni MDLXIII. et Lovaniensi anni MDLXVI. editionibus depromta, diversa ab istis serie disposita, emendatioraque edita. Praefixae de vita et morte Thomae Mori, Erasmi et Nucerini epistolae, ut et doctorum virorum de eo elogia. Folio (307 x 195 mm). Mit gestochenem Portrait-Frontispiz. Titel in Rod und Schwarz mit grosser Kupferstichvignette (Wappen des Hosenbandordens mit dessen Motto: “Honi soit qui mal y pense”). [4] Bl. (inkl. dem Frontispiz), 80, 351 S. In zwei Kolumnen gedruckt. Kalbslederband d. Z., mit Rückenvergoldung und Rückenschild (Rücken etwas verblichen und am Fuss restauriert, kurzer Wurmgang im Rückenkopf, Ecken minimal bestossen). Frankfurt am Main and Leipzig, Christian Gensch, 1689. chf 1800.Die umfangreichste aller frühen Gesamtausgaben der lateinischen Werke des Thomas Morus. Die mit einem Portrait geschmückte Ausgabe gründet hauptsächlich auf den Texten der Lucubrationes (Basel, 1563) sowie der in Löwen veröffentlichten Opera omnia von 1565/66. Charakterisiert wird diese recht seltene Frankfurter Edition vor allem durch “eine Fülle von sonst nicht überlieferter Briefe des Lordkanzlers” (H. Schulte Herbrüggen). [Nachgebunden:] MAGNA CARTA. – Inclytae nationis anglicanae Magna Charta, sive capita privilegiorum nationalium, et Ius status in anglia, publicum, notis, ex ipsis anglicorum ictorum fontibus, illustratum [Magna Charta, Edita Anno nono Henrici III. anno 1225]. 24 p. 2 Werke in 1 Bd. – Streifen von ca. 5 cm aus dem Kopf des Vortitels geschnitten, durchgehende Bräunung, Titel mit hs. Namen, stellenweise etwas wasserrandig, insgesamt ein sehr gutes und komplettes Exemplar. – Mit zwei handschriftlichen Besitzeinträgen auf dem Vorsatz, datiert 1752, respektive 1855. Bibliographie: Gibson/Patrick 77; VD 17 (online cat.) 1:046680 and 1:046705X. The ‘Kelmscott Utopia’ 184 — Utopia. [Translated into English by Ralph Robynson]. Foreword by William Morris. Now revised by Frederick Startridge Ellis. 8vo (210 x 145 mm). IVX, 282, [1] S. Original flexibler Pergamenteinband mit zwei Schliessbändern, mit goldgeprägtem Rückentitel, sonst unbeschnitten. Hammersmith, William Morris at the Kelmscott Press, 4 August 1893. chf 4800.Tadelloses Exemplar der seltenen ‘Kelmscott Utopia’, basierend auf der zweiten englischen Ausgabe von 1556. Eines von 300 nummerierten Exemplaren, aus einer Gesamtauflage von 308. Von William Morris (1834-1896) auf seiner 1891 gegründeten Kelmscott Presse in der Chaucer [Text] und Troye-Type [Titel], in Rot und Schwarz gedruckte Ausgabe von Thomas Mores epochalem Werk, erstmals 1516 veröffentlicht. Der Text der ersten Seite ist innerhalb einer breiten Holzschnittbordüre von Morris gedruckt, des weiteren zieren einige grössere und viele kleinere Holzschnitt-Initialen den Text. Bibliographie: Peterson A 16; Ransom, Private Presses, 326; Tomkinson, p. 112, no. 16. Ein nach den Gesetzen der Natur regierter Idealstaat 185 [MORELLY, Gabriel Etienne (1710-1771)]. Naufrage des isles flottantes, ou Basiliade du célèbre Pilpai, poëme héroique. Traduit de l’Indien. 2 Bde. Kl.-8vo (165 x 100 mm). Mit gestochenem Frontispiz. Titel in Rot und Schwarz mit 2 Vignetten. XXXVII, [1], 216 S.; Titel, 307, [1] S. Kalbslederband d. Z., mit Rückenvergoldung (berieben und etwas eingerissen, Rücken geringfügig beschädigt). Messine [recte Paris], par une Société de Libraires, 1753. chf 2800.Erstausgabe. Anonym erschienener allegorischer Staatsroman, darin wird das Glück eines nicht durch politische Regeln, sondern durch die Gesetze der Natur regierten Volks verherrlicht. Morelly bezeichnet die Vorurteile, die dabei dem Glück der Menschheit hindernd entgegenstehen, als “îles flottantes”; ihre Entstehung erklärt er damit, dass die Göttin der Natur und ihre ‘Tochter’, “la vérité”, die Küstenstriche von dem verderbten europäischen Kontinent in einem furcherregenden Sturm losgerissen hätten, als Strafe für die Missachtung ihrer Lehren. Der Verfasser zeichnet hier ein veritables Paradies, mit einer recht freizügigen Schilderung des ungebundenen Liebeslebens und der Versicherung, dass aller Besitz Gemeinschaftsbesitz sei, denn Begriffe wie “mein” oder “dein” seien unbekannte Vokabeln. Der Roman weist alle theoretischen Versatzstücke der Aufklärungszeit auf: Glück, die Aussöhnung von Verstand und Natur, Naturreligion, Ablehnung des metaphysischen Denkens sowie der Kampf gegen Aberglauben und Vorurteile. Zwei Jahre vor seinem Code de la nature (1755) veröffentlicht, übte dieses Werk nicht nur einen grossen Einfluss auf das vorrevolutionäre Frankreich, sondern vor allem auch auf die kommunistische Staatstheorie des 19. und 20. Jhs. aus. “However, if Morelly’s ideas are more clearly expressed in the Code de la nature, nevertheless, the Basiliade is more interesting from the ‘utopian’ point of view for Morelly’s concern to include the ideal city in the totality of a plan that overcomes it and for his attempt to define the conditions of general harmony according to a cosmic myth of order and uniformity. Hence, the religious, moral, social and economic reorganisation of human society and the global vision of man as an inherent part of cosmic, natural order with which he must harmonise by discovering its fundamental principles” (N. Minerva in Fortunati/Trousson, S. 438). – Beide Titelblätter etwas unfrisch und mit in Tinte mehrfach durchkreuztem Namen, die Seiten 7 bis 10 von Bd. II mit angeschmutzten Rändern, minim gebräunt. Bibliographie: Negley 810; Fortunati/Trousson 436f.; Conlon 53:920; Stammhammer I, 157; Éluard-Valette 230. Deluxe Binding with the Coat of Arms of the Duchess of Montpensier 186 [MORI, Giuseppe (tätig um 1820-1830)]. Nuovo modo di civare, e dar fuoco alle artiglierie di ogni specie. 8vo (220 X 140 mm). Mit lithographierter Falttafel (Werkzeugdetails) von Gaetano Riccio. Titel, 47, [5] S. Roter Maroquinband d. Z., Decken mit breiter ornamentaler Bordüre, im Zentrum goldgeprägtes gekröntes Wappensupralibros von Marie Caroline Ferdinande Louise de Bourbon-Sicilie, Duchesse de Montpensier, Stehkantenvergoldung. Neapel, Dalla Reale Tipografia della Guerra, 1830. chf 2000.Prächtiger Wappeneinband für die Infantin Marie Caroline Ferdinande Louise de BourbonSicile, Duchesse de Montpensier (1832-1897). Maria Luisa war die jüngste Tochter von König Ferdinand VII. von Spanien (1784-1833) und seiner vierten Frau Prinzessin Maria Christina, zweite Tochter von König Franz I. von Neapel-Sizilien und seiner zweiten Gattin Infantin Maria Isabel von Spanien. Durch Heirat (1846) mit Antoine-Philippe d’Orléans, duc de Montpensier (18241890), wurde sie auch Duchesse de Montpensier. 187 NAEF, August (1806-1887). Chronik oder Denkwürdigkeiten der Stadt und Landschaft St. Gallen. Mit Jnbegriff der damit in Verbindung stehenden Appenzellischen Begebenheiten. Von der ältesten bis auf die neuere Zeit. 4to (250 x 200 mm). Mit 7 unsignierten Aquatinta-Tafeln (Ansicht St. Gallens, Klosterplatz, Rapperswil, Pfäfers, Sargans, Rheinegg und Werdenberg). [6], 1084 S. Halblederband d. Z. über 4 erhabenen Bünden, mit Rückentitel in Goldprägung. Zürich, Friedrich chf 1500.Schulthess und St. Gallen, Scheitlin, [1850-] 1867. Schönes und komplettes Exemplar des in fünfzehn Lieferungen erschienenen und mit sieben schönen Aquatinten ausgestatteten ‘Memorabilienbandes’ zu Geschichte und Kulturgeschichte St. Gallens und der beiden Appenzell. Verfasser war der langjährige Ratsschreiber der St. Galler Ortsbürgergemeinde und liberale Politiker August Naef. Anregung zu seinen historischen Untersuchungen empfing Naef vor allem von dem Germanisten, Schriftsteller und Bibliophilen Joseph Maria Christoph Freiherr von Laßberg. Das heute in der Vadiana aufbewahrte Handexemplar Naefs weist viele Ergänzungen und Korrekturen auf, die auf eine vorgesehene, aber nie realisierte Neuauflage hinweisen. – Nur vereinzelte Stockflecken. 188 NEAPEL – (ZUCCAGNI-ORLANDINI, Attilio, (1784-1872). Pianta della Cittá di Napoli divisa in quartieri. Accompagnata dalla Indicazione delle Cose piú notabili, che esistono in ciascheduno quartiere, e de nomi di tutte le strade, vicoli e fondaci. Faltkarte (49 x 59 cm) und Textheft. 8vo (16,5 x 12 cm). Lithographierte Faltkarte mit Grenzkolorit in 15 Segmenten auf Leinen aufgezogen und Textheft in der bedruckten Originalbroschur 32 S. In zeitgenössischer Halbleinenmappe mit goldgeprägtem Deckeltitel. Napoli, Cirelli, 1844. chf 1250.Separatausgabe des detailreichen Stadtplans von Neapel, mit dem Titel in der Kopfleiste. Er erschien auch als Teil des zweiten Bandes des “Atlante geografico degli Stati italiani delineato sopra le migliori e più moderne mappe”. – Von tadelloser Erhaltung. 189 [NIESS, Johannes (1584-1634)]. Alphabetum Christi seu virtutes praecipuae quae adolescentes ornant auspiciis illustrissimi principis ac DD. Friderici Guilielmi ... Sodalitati marianae monacensis minorum pro tempore praefecti editum. 12mo (124 x 72 mm). Mit Kupfertitel und 7 ganzseitigen Textkupfern von Raphael Sadeler, Druckermarke auf Schlussblatt recto. [12] Bl., 539, [11] S., 1 Bl. Marmorierter Kalbslederband d. Z., mit Doppelfilete in Goldprägung auf beiden Deckel, und auf dem Rücken (Ecken etwas berieben und bestossen). München, A. Berg, 1619. chf 3800.In alphabetischer Form gliederte der bayerische Jesuit Johannes Niess sowohl die menschlichen Tugenden (Alphabetum christi) als auch deren Laster (Alphabetum diaboli). Hier in der vermehrten und sehr seltenen zweiten Ausgabe vorliegend, zeugen die insgesamt sechs Editionen die bis 1670 erschienen, von der grossen Popularität des von Raphael Sadeler (1560-1632) kongenial illustrierten Buches. – Kleiner Papierausriss in Bl. 287/288 (aber ohne Beeinträchtigung des Textes). Bibliographie: De Backer/Sommervogel V, 1767; Rosenthal 2244; VD 17 (Online Kat.) 12:105829F (2 Exx. München und Göttingen); Paisey N 288 (inkplt.). 190 NIETZSCHE – D’ANNUNZIO, Gabriele (1863-1938). In memoriam Friedrich Nietzsche. Dichtung. [In deutsche Verse übertragen von Otto Freiherr von Taube]. Kl.-4to (252 x 173 mm). Titel in Rot und Schwarz, mit Eingangsinitiale in poliertem Blattgold. [17] Bl. (erstes und letztes leer). Roter Maroquinband d. Z. über fünf erhabenen Bünden, Rücken mit Kastenvergoldung, Deckelrahmen aus einfacher Goldfilete, Vorderdeckel mit kreisrund eingefasstem goldgeprägten Titel, Steh- und Innenkantenvergoldung, Goldschnitt, Spiegel und Vorsätze mit Samtpapier doubliert (signiert von Emil Kretz). In Pappschuber. Leipzig, (Breitkopf & Härtel für) Insel Verlag, 1906. chf 4800.Eines von nur 25 Exemplaren der Vorzugsausgabe auf Pergament, aus einer Gesamtauflage von 400. Gabriele d’Annunzuios berühmter Nachruf “Per la morte de un trattore” auf Friedrich Nietzsche (1844-1900) erschien ursprünglich in der Zeitung “Giorno”. Der in Pescara geborene Dichter war ein grosser Bewunderer Nietzsches. Unter anderem enthlehnte er die Elemente seiner mythologischen Ästhetik beim deutschen Philosophen. – Sehr schöner roter Ganzmaroquinband des Basler Meisterbinders Emil Kretz (1896-1960), der während vielen Jahre als Chefbuchbinder der Officina Bodoni arbeitete. Bibliographie: Sarkowski 31; Von Taube/Lemp 1067; Weimarer Nietzsche-Bibliographie (WNB) 18088. 191 NITZSCH, Christian Ludwig (1782-1837) und Christian Gottfried Andreas GIEBEL (1820-1881), Hrsg. Insecta epizoa, die auf Säugethieren und Vögeln schmarotzenden Insecten. Nach Chr. L. Nitzsch’s Nachlass bearbeitet von C. G. Giebel. Folio (480 x 320 mm [Papiergrösse]). Mit 20 (18 handkolorierten) lithographierten Tafeln von A. Kürth. XIV, [2], 308 S. Schwarzer Halbmaroquinband, mit Rückentitel in Goldprägung, unbeschnitten. Leipzig, (Walter Wiegand für) Otto chf 1500.Wiegand, 1874. Erstausgabe. Mit zwanzig lithographierten Tafeln illustrierte Monographie über die ‘Pelzfresser’ (Mallophaga Nitzsch), eine parasitierende Insektenfamilie aus der Ordnung der Geradflügler. Der Verfasser wurde 1815 zum ersten ordentlichen Professor für Zoologie an der Universität Halle-Wittenberg berufen. Die von dem ab 1861 als Ordinarius des Zoologischen Instituts wirkenden Christian Giebel betreute Edition von Nitzschs Beobachtungen war von grosser Bedeutung für die Weiterentwicklung der Mallophagenforschung. – Das Titelblatt im Rand minim braunfleckig, schwach wasserrandig im Fusssteg der Textseiten. Bibliographie: Nissen, ZBI, 1566; Stefan Kéler, Zur Geschichte der Mallophagenforschung, in: Zeitschrift für Parasitenkunde X (1939), S. 31f. One of 15 Copies Printed on Japan 192 NOGARET, François Félix (1740-1831). L’Aristénète français. Edition illustrée de cinquante compositions de [Pierre Louis] Durand, gravées à l’eau-forte par E[ugène André] Champollion. 2 Bde. 12mo (160 x 117 mm). Mit 50 Textkupfern nach Pierre Louis Durand gestochen von E. A. Champollion und 2 Extrasuiten der Illustrationen ‘avant la lettre’. Titel in Rot und Schwarz. Blaue Maroquinbände d. Z., mit goldgeprägter Bordüre aus einer punktierten, einer gezahnten sowie drei einfachen Linien, mit kleinen, goldgeprägten Eckfleurons, vier Rückenfelder mit goldgeprägten Fleurons innerhalb gleichartiger Bordüre wie die Decken, mit goldgeprägtem Titel im zweiten Feld, resp. Bandbezeichnung im dritten, Steh- und Innenkantenvegoldung, marmorierte Vorsätze, Goldschnitt, Original-Umschlag mitgebunden. Marmorierter Pappschuber mit Lederkanten. Paris, (Lahure pour) L. Conquet, 1897. chf 2500.Makelloses Exemplar in einem Meistereinband von Emile Mercier (1855-1910) der mit den beiden Extrasuiten ausgestatteten Vorzugsausgabe auf Japan, eines von 15 Exemplaren. “Eugène Paillet possédait pour ce livre 50 petits dessins de vignettes à l’encre de Chine, par Durand, qui après avoir passé chez Tandeau de Marsac, appartiennent aujourd’hui à Sir David Salomons; ils ont été gravées ... pour la jolie édition de Conquet” (Cohen/de Ricci). Der Versailler Emaillemaler Pierre Louis Durand war für den französischen König und den Herzog von Orléans tätig und zeichnete eine grosse Anzahl Vignetten für verschiedene Buchausgaben. Provenance: Aus der Bibliothek des Genfer Bibliophilen Silvain S. Brunschwig-Draeger (1882-1972). Bibliographie: Rahir 562; Cohen/de Ricci 752; Monod 8729. 193 NOSTRADAMUS, Michel de (1503-1566). Les vrayes centuries et propheties de maistre Michel Nostradamus, ou se void representé tout ce, qui s’est passé tant en France, Espagne, Italie, Alemagne, Angleterre, qu’autres parties du monde. Reveues & corrigées ... Avec la vie de l’autheur. Et plusieurs de ces Centuries expliquées par un sçavant de ce temps. 12mo (157 x 86 mm). Mit Frontispiz, 1 ganzseitigen Portrait und 2 Holzschnitten im Text. [22] Bl. (ink. Frontispiz), 182, 11 S. Kalbslederband d. Z., mit Rückenvergoldung. Rouen, Jean-Baptiste Besongne, 1689. chf 1200.Illustrierte Ausgabe des erstmals 1555 in Lyon veröffentlichten und seither immer wieder nachgedruckten Werks. Nostradamus traf mit seinen Prophezeiungen nicht nur den Nerv seiner eigenen Zeit, denn in Stimmungslagen, in denen der orientierende Blick in die Zukunft besonders gefragt war, wurde Nostradamus immer wieder zur idealen Projektionsfläche für kollektive und individuelle Ängste. Auch gängige esoterische Utopien unserer eigenen Zeit vermögen Nostradamus’ Weissagungen etwas abzugewinnen. – Hs. Name in Farbstift auf Vorsatz, ein sauberes Exemplar. Provenance: Ex-libris Franz Pollack-Parnau. Bibliographie: Benazra, Répertoire Chronologique Nostradamique, S. 261, Nr. 89; Caillet III, 8081; Brunet IV, 105. 194 NOUVEAU DICTIONNAIRE D’HISTOIRE NATURELLE appliquée aux arts, principalement à l’agriculture et à l’économie rurale et domestique. Par une société de naturalistes et d’agricuteurs [dirigé par Jean-François-Pierre Deterville et Sonnini de Manoncourt sous la direction de Julien-Joseph Virey]. Avec des figures triées des trois règnes de la nature [de Jacques Delille]. 24 Bde. 8vo (210 x 130 mm). Mit 260 Kupferstich-Tafeln, gestochen nach Jacques-Eustache de Sève von Tardieu, Pelé, Voisard u.a. Marmorierte Kalbslederbände d. Z., mit reicher Rückenvergoldung und Rückenschild. Paris, Déterville, An XI-XII – 1802-04. chf 2800.Erstausgabe des in Zusammenarbeit des Verlegers Déterville mit dem Naturforscher Charles Nicolas Sonnini de Manoncourt (1751-1812) veröffentlichten einflussreichen naturhistorischen Nachschlagewerks. Redigiert wurden die Artikel von führenden französischen Naturforschern wie Louis Augustin Guillaume Bosc, Cels, Chaptal, Huzard, Latreille, Olivier, Parmentier, Sonnini de Manoncourt, Thouin und Virey. “This precious work is published at so reasonable a price, that the sale will scarcely defray the expenses of paper and printing. It is essentially a patriotic undertaking by Sonnini, Virey, Parmentier, Huzard, Bosc, Olivier, Latreille, Chaptal, Cels, Thouin, Du Tour, and Patrin, men possessed of great knowledge of the subjects of which they treat” (H. Redhead Yorke, Letters from France in 1802, [1804] Bd. II, S. 333). – Ab 1816 veröffentlichte Déterville dann noch eine erweiterte Neuausgabe in insgesamt 36 Bänden. – Der 18. Bd. im Fusssteg stellenweise wasserrandig, die Tafeln 31 und 33 im sechsten Band etwas gebräunt und fleckig, wenige Tafeln gelegentlich gebräunt und stockfleckig, insgesamt von vorzüglicher Erhaltung und komplett mit allen Kupfertafeln. Bibliographie: IBF I, 316, 178-180. 195 NÜRNBERG – WAGENSEIL, Johann Christoph (1633-1705). De sacri romani imperii libera civitate Noribergensi commentatio. Accedit, de Germaniae phonascorum Von Der Meister=Singer, origine, praestantia, utilitate, et institutis, sermone vernaculo liber. Kl.-4to (190 x 160 mm). Mit Portrait-Frontispiz, gest. von Johann Sandrart, 1 gefalteten Stadtplan in Vogelschauperspektive von Nürnberg in Kupferstich, 12 (von 14) Kupfertafeln, gest. von Cornelius Nikolaus Schurtz, 4 Kopfvignetten mit topographischen Ansichten und 6 unn. Bl. Musik. Titel in Rot und Schwarz. 576 (recte 582) S. (Paginierungsfehler). Halbkalbslederband d. Z. (oberes Kapital stark beschabt, Ecken und Kanten minimal bestossen). Altdorf, Jocob chf 1200.Wilhelm Kohles, 1697. Die Sammlung besteht aus zehn Beiträgen zur Geschichte und Altertumskunde Nürnbergs, und beinhaltet: Ad I) Erstausgabe der illustrierten Beschreibung und Chronik Nürnbergs aus der Feder des seit 1667 in Altdorf als Professor der Geschichte wirkenden Polyhistors J. C. Wagenseil. – Ohne die zwei Ansichten des Rathausplatzes, resp. des Rathauses. – Paisey W-26; Faber du Faur 1513; VD 17 (Online-Kat.) 12:134556S. II) WALDSTROMER VON REICHELSDORF AUF SCHWAIG, Christoph Jacob. Oratio de curiis regiis comitisq[uae]. Ante sanctionis Carolinae tempora Norimbergae celebratis. 116 S. (Altdorf), J. W. Kohles, (1722). – Erstausgabe. – Will, BN I, 390. III) LUDEWIG, Johann Peter (Praeses). Dissertatione inaugurali Noribergam, insignium imperialium tutelarem, rectore magnificentissimo, serenissimo regiae domus principe ac domino, Dn. Friderico Wilhelmo, principe porussiae, cetera, moderatore conflictus, D. Ioanne Petro Ludewig, ... pro licentia, supremos in utroque ivre honores capessendi, respondebit Wolfgang. Hieronymus Herold Norimbergensis ... 2 Teile. Mit 1 gef. Kupfertafel (Abb. der Kleinodien) und einigen Kupfern (Münzabb.) im Text. 170 S., 119 S. Halle, C. A. Zeitler, März 1713. – Gegen die Aachener Angriffe gerichtete Streitschrift. Das Faltkupfer zeigt die Reichskleinodien. IV) KÖHLER, Johann David (Praeses). Commentatio historica ad privilegium Norimbergense: De castro imperiiforestali Brunn, ... Proponit Leonhardus Grundherr ab Altenthann et Weyerhaus. Mit gest. Frontispiz (topographische Ansicht und Karte) und 1 halbseitigen Textholzschnitt (Sigelabb.). 58 S. Altdorf und Nürnberg, Jacob Wilhelm Kohles, (1728). – Köhler (1684-1755) erhielt 1710 seine Berufung als Professor der Logik und Politik nach Altdorf. V) SCHWARZ, Christian Gottlieb (Praeses). Exercitatio academica ... de butigulariis praecipue iis qui Norimbergae olim floruerunt ... ad disquirendum propnit A. et R. Johannes Hieronymus Braun Norimbergensis. Mit 1 Kupfertafel. 100 S. Altdorf, Jacob Wilhelm Kohles, (1723). VI) SCHWARZ, Christian Gottlieb. Lemmata quaedam antiquitatum Norimbergensum quae indultu amplissimi philosophorum ordinis ... D.XXVI. iun. A.R.S. MDCCXXVI publico examini subiiciet Christophorus Andreas Buttnerus Norimebergensis. 16 S. Altdorf, Jacob Wilhelm Kohles, (August, 1716). – Zwei Schriften zur Altertumskunde Nürnbergs, verfasst vom Professor der Geschichte in Altdorf, C. G. Schwarz (1675-1751). – ADB XXXIII, 227. VII) SCHEURL VON DEFERSDORF, Johann Carl. Iura pecularia quaedam reipublicae Norimbergensis, sub moderamine DN. Henrici Hildebrandi, ... 86 S. (statt 88 [es fehlt das Schlussblatt). Altdorf, Daniel Meyer, (1716). – Will I, 349f. VIII) KOEHLER, Johann David (Praeses). Historia codicis iuris statutarii sive reformationis Norimbergensis, ... D. Octobr. A. MDCCXXI publicae commilitonum disquitioni exhibita a Io[annes] Ioachimo Nutzelio a Sundersbuhl autore. Mit 1 gef. Tabelle. 32 S. (Altdorf), Daniel Meyer, (1721). IX) STÜBNER, Friedrich Wilhelm. De burggrafiatu Norimbergensi. Dissertatio historica prima primum [-secundum] pro loco in amplissima facultate philosophica obtinendo proposita ... 2 Teile. Titel, 48 S.; Titel, 56, [2] S. Leipzig, Breitkopf, 1730-31. -Habilationsschrift über das Burggrafentum Nürnberg des Philosophen und Mathematikers F. W. Stübner (17101736). – ADB XXXVI, 712; Bosl I, 764. X) SAGITTARIUS, Caspar (Praeses). Historia antiqua liberae atque imperialis civitatis Norimbergae ... Publico examini proponit Andreas Straub Norimbergensis ad d. Januarii. [14] Bl. Jena, Johann Gollner, [1679]. – Dissertation des bereits 1690 verstorbenen Juristen Andreas Straub. Auf dem Schlussblatt verso ein Gedicht von J. von Mellen. – Will I, 181. – Etwas gebräunt, ein vorzügliches Exemplar. Provenance: Exlibris Bibliothek Johann Daniel Olenschlager (1711-1778) und Bibliothek Oberherrlingen. 196 NÜRNBERGER WEIN-DEKRET – Verbotz, das die Wein, so mit schedlichen gemechten vermischt, in dise Stat nicht gebracht werden sollen, nachdem bey vil Personen, nit allein den Burgern dieser Stat, sondern auch von etlichen Außwertigen und Gesten, den Weinmarckt diser Stat besuchende, mancherley aussetz, schedliche und geverliche gemecht, vermischung und verenderung der Wein, empfindlich und scheinbarlich eingebrochen, gesucht und geübt werden, Und als zubesorgen ist, von tag zu tag, wo dem mit bequemen mitteln mit begegent würde, je mehr und mehr geübt und uberhand nemen möcht ...Folio [Papiergrösse: 420 X 325 mm – Satzspiegel: 325 x 260 mm]. Unbeschntitener Einblattdruck. Nürnberg, ohne Drucker, [um 1586]. chf 2400.Sehr seltener Einblattdruck aus dem 16. Jahrhundert mit dem erneuerten Dekret (Von den schädlichen und bösen Weingemächten) von 1499 gegen das Weinpanschen durch die Reichsstadt Nürnberg, als der Wein das von der Obrigkeit vielleicht am stärksten überwachte Handelsprodukt überhaupt darstellte. Nach der allerersten bekannten deutschen ‘Ordnung und Satzung über den Wein’ von 1497/98, die auf dem von Kaiser Maximilian I. einberufenen, vom 28. September 1497 bis zum 4. September 1498 dauernden, Reichstag zu Freiburg im Breisgau gegen das Weinpanschen erlassen wurde, verschärfte auch der Nürnberger Rat umgehend sein entsprechendes Polizeigesetz. Der zuerst 1499 veröffentlichte Text entspricht dem vorliegenden. Die Bayerische Staatsbibliothek weist von diesem Dekret einen im Vergleich zum vorliegenden wohl späteren Druck auf [“Decretum in Senatu – 18. Junij, 1586]. Das Exemplar der Wiener Nationalbibliothek hingegen ist schrift- und wortidentisch mit unserem Exemplar. Zur Kontrolle des korrekten Handelsverlaufs und vor allem auch wegen der erhobenen Steuer, die für den Wein als Ungeld (indirekte Steuer) bezeichnet wurde, durfte der Wein damals nur direkt vom Fuhrwagen herunter auf dem Weinmarkt verkauft werden, der sich seit 1527 auf dem ehemaligen Sebalder Kirchhof südlich der Sebalduskirche befand. Der “Rathe diser Stat Nuermberg” erlässt aufgrund der Abklärungen und Empfehlungen “gelehrter und bewerter Artzt und Doctorn” dieses Verbot der Weinverfälschungen, speziell der “verläpperung, verenderung und vermischung” des Weins mit “gepranten Wein, Waidaschen [=Isatis L.], Senf. Senfkörnern, Speck, Scharlachkraut, oder dergleichen ... oder auch mit Milch, Wasser oder andern geverlichen dingen gefült, gemengt, gemischt oder verzogen sey, inn dise Stat füren, bringen, fail haben, oder verkaufen soll”. Bibliographie: Wien, Oesterreichische Nationalbibliothek (Sign. F-120008-B)); Baader, Nürnberger Polizeiordnungen aus dem 13.-15. Jh. Bibliothek des litterarischen vereins LXIII, S. 259; vgl. Druckvariante in der BSB München – Einblattdrucke: http://bsbipad.bsb.lrz.de/ nas/einblattdrucke/300000635_0_r.pdf. Nicht in Schoene und VD 16. 197 OMBRES CHINOISES A Grand Effet. – La Loïe Füller. Französisches Schattentheater mit 3 chromolithographierten Tafeln, 2 Tafeln mit ausschneidbaren schwarzen Figuren sowie über 50 auf Drähte montierte Figurenkreationen aus Karton und Papierrolle mit Figuren als Hintergrund. 390 x 500 x 100 mm. In farbillustrierter Original-Kartonschachtel (stellenweise berieben). Paris, Grandremy pour MauclairDacier, (um 1900/1901). chf 2800.Die zu den ältesten bewegten Bildern zu zählenden Schattenfiguren gehören mit zur Vorgeschichte des Kinos, wie es von den Gebrüdern Lumière erfunden wurde. Das um 1770 in Europa heimisch werdende Schattentheater etablierte sich in Frankreich als ‘Ombres chinoises’. Als europäische Erfindung kamen um 1880 Schatten- oder Papiertheater in Miniaturausgaben und als Spielzeug für Kinder auf den Markt. Zum Ensemble gehören dabei schwarz auf Karton gemalte fantasievolle Figurenkreationen, die mit der Hand bewegt wurden. Schnell fanden sie Eingang in die bürgerlichen Familien. Der Verleger Lucien Mauclair hatte 1887 seinen eigenen Verlag für Gesellschaftsspiele gegründet. Ein 1898 von ihm aufgelegter Verlagskatalog listete auf 56 Seiten eine Vielzahl derartiger Spiele auf, so auch unser vorliegendes ‘Chinesisches’ Schattentheater, das in verschiedenen Varianten aufgelegt wurde. 1904 ging die Firma Mauclair-Dacier im Konkurrenzunternehmen der Firma ‘JJF’ (Jeux et Jouets Français) auf. Zum Spiel erschien auch ein Textheft, das hier in Photokopie beiliegt. Es bietet Dialoge von neun Stücken, die als Spiel mit handgeführten Schattenfiguren vor einer beleuchteten kleinen Leinwand zu instzenieren waren. – Der Titel der vorliegenden Ausgabe bezieht sich auf die in Paris wirkende amerikanische Tänzerin Marie Louise Fuller, die Ende des 19. Jahrhunderts das Tagesgespräch der Theater- und Tanzkritiker nicht nur in Paris war. – Kurzer Einriss (hinterlegt) in der Farbtafel zur Weltausstellung. 198 OPPIANUS APAMENSIS (tätig um 212-217) und OPPIANUS ANAZARBENSIS (tätig um 177-180). De venatione libri IIII. – De piscatu. Lib. V. cum interpretaione latina, commentariis, & Indice rerum in utroque opere memorabilium locupletissimo, confectis studio & opera Conradi Rittershusii ... & Scholia Graeca excerpsit. [Hrsg. von C. Rittershausen]. 8vo (170 x 100 mm). [44] Bl., 376 S., [16] Bl. Index, [4] Bl., 344 S., 164 S-., [2] Bl. Lateinisch-griechischer Paralleldruck. Pergamentband d. Z. mit Ueberstehkanten (kleinere Fehlstelle im chf 2200.Rücken unten alt restauriert). Leiden, Ex Officina Plantiniana, 1597. Parallelausgabe in Griechisch und Latein der beiden berühmten Werke über die Jagd und den Fischfang, ediert vom Rechtsprofessor und Philologen Konrad Rittershausen (1560-1613). Häufig wurden und werden die beiden Texte einem einzigen Autor mit Namen Oppian zugeschrieben, stammen aber tatsächlich von zwei verschiedenen Verfassern. Während das vierteilige Lehrgedicht Kynegetika von 2144 Hexametern über die Jagd nach dem Jahr 212 – das Jahr als der Widmungsempfänger Caracalla dem ermordeten Kaiser Geta auf den Thron folgte – von dem im syrischen Apameia (heute Qalaat al-Mudiq) geborenen Oppian vefasste wurde, schrieb der als Oppian von Anazarbe aus Kylikien stammende Dichter sein ebenfalls in Hexametern gehaltenes, aus fünf Teilen bestehendes Gedicht Halieutika bereits um das Jahr 180 und widmete es Kaiser Marc Aurel und dessen Sohn Commodus. Rittershausen fügte nebst seinen lateinischen Kommentaren separat am Schluss noch die griechisch gedruckten Scholien zu den Halieutika hinzu. Eine erste deutsche Uebertragung des Traktats über die Jagd erschien erst 1755 in Leipzig. Provenance: Alter Besitzeintrag von Johann Chr. Funck, mit hebräischem Motto “Fürchte Gott”. Bibliographie: Souhart 359; Adams O-207; Schwerdt II, S. 50; Jagdbibliothek Lindner (2003), Nr. 1761; P. Eleuteri, The tradition of the Cynegetica ... , in: Tratado de Caza (2002),S. 229f. 199 OSIANDER, Andreas (1498-1552). Wider Caspar Schatzgeyer Barfuser Münchs unchristlich schreybe damit er daß die mesß eyn opffer sey zu beweysen ver maint. Kl.-4to (201 x 147 mm). Titel innerhalb vierteiliger Holzschnittbordüre. [22] Bl. Graue Broschur. Nürnberg, [Jobst Gutknecht], 1525. chf 1900.Titelauflage der vom Nürnberger Reformator Andreas Osiander auf dem Höhepunkt der Kontroversen um den Opfercharakter der Messe im Jahre 1525 veröffentlichte Verteidigungsschrift des reformierten Gottesdienstes. Vorausgegangen war Caspar Schatzgeyers (1463-1527) in In der Tradition mittelalterlicher Messerklärungen gehaltenes und mit einem Exkurs vom Fegfeuer ausgestattetes Messtraktat Von dem hayligsten Opfer der Mess. – Stempel auf Titel verso, Titel im Kopfsteg mit schmalem Randausriss und etwas gebräunt und bestaubt, Textränder minim gebräunt. Bibliographie: Seebass 8.1.2; VD 16, O-1131; Kuczynski 2102; Pegg, (GB), 3328; Luther 119. 200 — Wie und wo hin ein Christ die grausamen plag der Pestilentz fliehen soll. Kl.-4to (180 x 143 mm). Mit architektonischer Titel-Bordüre und Druckermarke in Holzschnitt. [18] Bl. Braune Broschur. [Nürnberg, Johann vom Berg und Ulrich Neuber, 26. Oktober 1543]. chf 1200.Populäre Trost- und Lehrschrift über die damalige Geisel der Menschheit, erstmals 1533 von Johann Petri in Nürnberg gedruckt. Insgesamt wurde Osianders Text allein bis 1680 in insgesamt siebzehn Drucken verbreitet. Als Ursache der Seuche erwähnt der Nürnberger Prediger “unsere sünden, als unglaub, ungehorsam und undanckbarkeit”. – Wenige Marginalien und Anstreichungen; gegen Schluss stark schmutz- und wasserfleckig. Bibliographie: Seebass 22,6; VD 16, O-1142; Hohenemser 3503; Pegg 3335. Erstmals mit Lamarcks wissenschaftlichen Anmerkungen 201 PALLAS, Peter Simon (1741-1811). Voyages dans plusieurs provinces de l’empire de Russie et dans l’Asie septentrionale; traduits de l’allemand par le C[itoyen] Gauthier de La Peyronie. Nouvelle édition, revue et enrichie de notes par les CC. [citoyens Jean Baptiste Antoine Pierre de] Lamarck ... [et Louis Mathieu] Langlès ... Tome premier [-huitième] [(Text) und 1 Atlasband]. 8 Textbände und 1 Tafelband. 8vo (200 x 120 mm) Textbände und Gr.-4to (313 x 250 mm) Atlasband. Mit 108, teilweise gefalteten Kupfertafeln (u.a. die grosse Russland-Karte auf 2 Platten gestochen von Tardieu, weitere Karten, Kostümdarstellungen, Pflanzenabbildungen etc.). XL, 422 S.; [2] Bl., 490 S.; [2] Bl., 492 S.; [2] Bl., 499 S.; 448 S.; 455 S.; 448 S.; Titel, 463 S.; 2 Bl. (Vortitel und Titel des Tafelbandes). Halblederbände d. Z. (Text) und Ganzlederband (Rücken und Kanten stark beschädigt). Paris, (Demonville pour) Maradan, L’an II de la République [1793/94]. chf 3500.Pallas’ berühmtes Reisewerk, hier erstmals mit Lamarcks wichtigen botanischen Anmerkungen sowie Langlès’ aufschlussreichen Ueberlegungen über die östlichen Sprachen. Insgesamt die zweite französische Gesamtausgabe von Simon Pallas’ zwischen 1771 und 1778 in St. Petersburg veröffentlichter Reise durch verschiedene Provinzen des Russischen Reichs. Die vorausgegangene erste Ausgabe der Übersetzung von Gauthier de La Peyronie (17401805) erschien 1789-93, aber noch ohne die wissenschaftlichen Anmerkungen. Weil der französische Biologe und Zoologe Chevalier de Lamarck Simon Pallas’ botanische Nachrichten als ungenügend erachtete, entschloss er sich, entsprechende Ergänzungen anzufügen. Die ersten sechs Bände bieten die Reiseaufzeichnungen der Jahre 1768 bis 1773, wobei am sechsten Band auch der Gelehrte Jean-Baptiste-Louis-Joseph Billecocq (17651829) beteiligt war. Band VII enthält den Vergleich der Reisen der beiden Jahre 1773 und 1774. Der achte Textband bringt nebst einem Appendix das unentbehrliche Generalregister mit insgesamt über vierhundert nummerierten Anmerkungen Lamarcks, die sich auf die Beschreibung der im Laufe der Expedition beobachteten Tiere und Pflanzen im russischen Riesenreich beziehen. Der Atlas mit 108 von Tardieu gestochenen Tafeln wurde gegenüber der ersten französischen Ausgabe von 1788-93 neu angeordnet. Rund zwei Drittel aller Tafeln des Atlasbandes widmen sich der Botanik. Bibliographie: F. Wendland, Peter Simon Pallas (1992), S. 441 und S. 941-942, Nr. 6q; Stafleu/Cowan IV, 7224; Nissen, ZBI, 3076. 202 PARACELSUS, Aureolus Philippus Theophrastus Bombast von Hohenheim (1493-1541). Schreiben von warmen oder Wildbäderen. Jetzunder fleissig mit des authoris scripto collacioniert vnnd publiciert, Durch Doctor Adamen von Bodenstein. Kl.-8vo (163 x 103 mm). Titel in Rot und Schwarz. 94 S. Moderner marmorierter Pappband. Basel, Pietro Perna, 1576. chf 4800.Erste Sammelausgabe von sieben Traktaten des grossen Schweizer Arztes und Naturforschers, u.a. auch Begründer der allgemeinen und speziellen Balneologie. Herausgegeber war der aus Unterfranken stammenden Arzt und Paracelsus-Schüler Adam von Bodenstein (1528-1577), der sich seit 1560 stark für die Verbreitung paracelsischer Schriften einsetzte und deshalb 1564 aus dem Basler Concilium facultatis medicae ausgeschlossen wurde. Sein ‘Baderbüchlein’ erschien erstmals im März 1562 bei Peter Schmid in Mülhausen. Für Paracelsus waren vor allem die Ideen von der Entstehung der Heilwasser als Akt der Naturerkenntnis von Bedeutung und er ist denn auch der erste, der die Wasser unter diesem Aspekt abhandelte. Bei seiner Besprechung der einzelnen Bäder, nebst schweizerischen auch deutsche, österreichische sowie ein französisches, gibt er Inhalt und Heilwirkung des Wassers an. Als Besonderheit finden sich bei ihm auch der Vergleich eines jeden Wassers mit einem Heilkraut, mit dem es die gleichen Tugenden teilt. Paracelsus bietet auch erstmals Rezepte, wie die Wasser bei bestimmten Krankheiten durch Zusätze zu verbessern seien. Wie schon sein Vorgänger Lorenz Fries in seinem Tractat der Wildbeder natuer, wirckung und eigentschafft von 1519, wird das Trinken und die Sauerbrunnen von Paracelsus nur nebenbei erwähnt. – Ein sauberes Exemplar. Bibliographie: Fürberth, Bäder-Bibliographie, Nr. 13.4; vgl. F. Hieronymus, Theophrast und Galen – Celsus und Paracelsus I (2005), Nr. 192; Perini, La vita e i tempi di Pietro Perna (2002), 278; Sudhoff 172; VD 16, P-418; Durling 3505; STC, (German), 137; Reber 29; vgl. Schadewaldt, Paracelsus und die Balneologie, in: Praxis 83/13 (1994), 371f.; Probst, Die Balneologie des 16. Jhs. im Spiegel der deutschen Badeschriften (1971), 17ff.; Kühlmann/ Telle, Der Frühparacelsismus Bd. I (2001), S. 534f., Nr. 30. 203 PARK, Mungo (1771-1806). The Journal of a Mission to the Interior of Africa, in the Year 1805. Together with Other Documents, Official and Private, Relating to the Same Mission. To which is prefixed an Account of the Life of Mr. Park [by John Whishaw]. Gr.-4to (275 x 217 mm). Mit 1 mehrfach gef. Karte mit der Reiseroute, radiert von Neale, und 11 kleineren Holzstichen im Text. [6] Bl., CXXX S., 1 Bl., 219 S., XXVII S., 1 Bl. Verlagsanzeigen. Marmorierter Kalbslederband d. Z., mit Rückenvergoldung und Rückenschild (Rückenkopf und Vordergelenk fachgerecht restauriert). London. printed (by W. Bulmer) for John Murray, (March) 1815. chf 1200.Erstausgabe. Postum erschienene Tagebuchaufzeichnungen Mungo Parks über seine zweite Expedition entlang des Nigers, mit fast 4’200 km nach dem Nil und dem Kongo der drittlängste Strom Afrikas. Die ersten Eintragungen zur tragisch endenden Forschungsreise datieren vom 27. April 1805 und wurden in Kaye, der zweitgrössten Stadt Malis, niedergeschrieben. Noch vor der Einschiffung der Expeditionsteilnehmer auf dem Niger übergab der schottische Arzt und Botaniker seine bis dahin fortgeschriebenen Aufzeichnungen an den getauften einheimischen Dolmetscher und Führer Isaaco. Um seine eigenen sowie um jene des als Führer durch das Haussa-Land wirkenden Amadi Fatouma auf Arabisch verfassten Aufzeichnungen vermehrt, übergab Isaaco dann die Handschrift an den Gouverneur von Senegal. 1811 erreichten die Berichte schliesslich London. Im Auftrag der 1807 gegründeten African Institution, eine von Gegnern der Sklaverei und Förderern des afrikanischen Kontinents gebildete Vereinigung, übernahm dann der in Cambridge ausgebildete Jurist John Whishaw (1764-1840), “a privileged observer of the literary and political scene in London” (David Hill Radcliffe), die editorischen Aufgaben. Als Einführung vorangestellt findet sich auch dessen erste Biographie Mungo Parks. Die mehrfach gefaltete Karte mit der Reiseroute der Expedition wurde vom englischen Kartographen James Rennel (1742-1830) aufgrund seiner 1797 für den Bericht der ersten Reise Mungo Parks geschaffenen Karte revidiert. Die Entsehungs- und Druckgeschichte dieses Buchs “is that it was the product of more than one mind to more than one purpose: to use Isaaco’s testimony as a warrant of Park’s geographical and moral credibility; to promote the African Institution; and to support Park’s widow and family” (M. Ogborn, Geographies of the Book (2010), S. 216ff.). Provenance: Wappenexlibris des schottischen Gray Clans (Anchor Fast – Anchor). Bibliographie: Cox 1798; Hilmy II, 93; Embacher 22; Henze IV, 14; Gay 2788; vgl. Kainbacher 102. “The First Example of French Prose” – Im Ganzmaroquin-Einband 204 PASCAL, Blaise (1623-1662). Les Provinciales ou Lettres écrites par Louis de Montalte à un provincial de ses amis, et aux PP. RR. Jesuites, sur la morale & la politique de ces pères: Traduites en latin par Guillaume Wendrock [i.e. Pierre Nicole], en espagnol par le Sr. Gratien [Gracián] Cordero ... et en Italien par le Sr. Cosimo Brunetti. 8vo (207 x 128 mm). Titel in Rot und Schwarz. [20] Bl., 613 S. Zweispaltiger Druck. Roter Ganzmaroquinband, Deckelrahmen aus Dreifachfileten, Eckstücken und gekröntem liegendem Löwen in Goldprägung, reicher Rücken- und Innenkantenvergoldung, Goldschnitt (Rückenkopf fachgerecht restauriert). A Cologne, Balthasar Winfelt [recte: imprimé par Eugène Henri Fricx à Bruxelles], 1684. chf 3800.Erste polyglotte Ausgabe von Blaise Pascals einflussreichen moral-theologischen Streitschriften, mit den ersten Übersetzungen ins Spanische und Italienische. Als literarische Meisterwerke und “erstes Musterbeispiel französischer Prosa” (PMM) sind die unter dem Pseudonym Louis de Montalte zwischen dem 23. Januar 1656 und dem 24. März 1657 geschriebenen Briefe selbst von Pascals jesuitischen Gegnern bewundert worden. Der Verfasser griff damit in einen Streit ein, der durch die Verweigerung der Absolution für einen dem Jansenismus nahestehenden Adeligen ausgelöst worden war. Noch im Jahr des Erscheinens kam das Werk auf den Index, was aber seiner Verbreitung und seinem Ruhm wohl nur Vorschub leistete und für Anteilnahme jenseits der Grenzen Frankreichs sorgte. “L’ouvrage le plus lu à l’époque, Les Provinciales ont contribué à imposer un art d’écrire classique” (En Français dans le Texte, 96). – Mit fingiertem Druckort Köln wurde diese seltene viersprachige Edition tatsächlich in Brüssel, oder nach anderen Angaben in Amsterdam, gedruckt. – Gelegentliche Bräunung. Provenance: Das nicht identifizierte kleine Supralibros in Goldprägung zeigt einen liegenden gekrönten Löwen mit linker Tatze auf Globus. Bibliographie: Maire II, 212-213; Techener, Monographie des éditions des Lettres Provinciales (1878), Nr. 43; Palau 213814 (“primera edición en castellano”); VD 17 (Online Kat.) 12:114413F; Ebert 15902; vgl. PMM 140. Erster Katalog der Aegyptischen Sammlung in Berlin 205 PASSALACQUA, Joseph [oder Giuseppe (1794-1849), Jacques-Joseph CHAMPOLLION-FIGEAC (1778-1867) u.a.]. Catalogue raisonné et historique des antiquités découvertes en Égypte. Contenant: 1º Le catalogue, divisé daprès une classification méthodique des momumens, selon leur destination primitive, en objets de culte, du sage de la vie civile, funéraires, etc. par MM. L. J. J. Dubois et J. Passalacqua. 2º Des notes et observations faites sur les lieux, et durant les fouilles, dans les ruines et les tombeaux, sur lemplacement des antiquités, et divers usages des anciens Égyptiens, etc. , par M. Passalacqua; 3º Des notices et dissertations scientifiques sur plusieurs branches de la collection, par MM. A. Brongniart, C. Kunth, Geoffroy-Saint-Hilaire, Latreille, Isidore Geoffroy-Saint-Hilaire, Vauquelin, Darcet, Le Baillif, Julia Fontenelle, Jomard, Mérimée, Letronne, Reinaud, De Verneuil, Delattre, et Champollion-Figeac. Avec deux lithographies. 8vo (216 x 133 mm). Bedruckte Original-Broschur, unbeschnitten. Paris, (C. J. Trouvé pour) La Galerie d’antiquités Égyptiennes, 1826. chf 1800.- Schönes unbeschnittens Exemplar in der Original-Broschur der Erstausgabe von Passalacquas Catalogue raisonnée seiner nach Berlin verkauften Aegypten-Sammlung. Der als Kaufmann auf der Suche nach Araberhengsten nach Aegypten gereiste Verfasser, der seiner Sprache und seinem ganzen Wesen nach aber eher Franzose als Italiener war, brachte seine in Aegypten zusammengebrachte Sammlung von über 1500 Altertumsfunden nach Paris, wo er sie an den französischen Staat zu veräussern hoffte. Von seinem gedruckten Katalog sandte er am 17. September 1826 auch ein Exemplar an König Friedrich Wilhelm III. von Preussen, der sich interessiert zeigte und Kontakt aufnehmen liess. Um einer auf Ende April 1827 angesetzten Auktion zuvorzukommen, wurde schliesslich am 14. April 1827 in Paris im Auftrag des Preussenkönigs und im Beisein Alexander von Humboldts der Kaufvertrag (über 100’000 Thaler und nicht mehr die ursprünglich geforderten 400’000) für die eindrucksvolle Sammlung unterschrieben. Passalacqua wurde auch zum ersten Direktor der Ägyptischen Sammlung in Berlin ernannt und blieb dies während 37 Jahren bis 1865. Prominentester Mitarbeiter bei der Redaktion des ‘Catalogue raisonné’ war zweifellos Jacques-Joseph Champollion (dit Champollion-Figeac), der ältere Bruder von Jean-François Champollion, dem die Entzifferung der Hieroglyphen gelang, und nach dessen Tod er sich um den Nachlass kümmerte. Die ersten 140 Seiten enthalten den 1598 Nrn aumfassenden Bestandskatalog, auf den Seiten 141-220 finden sich die ‘Notes et observations historiques’ und danach folgen die ‘Examens et dissertations scientifiques, rédigés ex-professo, sur différentes branches d’antiquités de la collections, par plusieurs savans’. – Die grössere der beiden lithographierten Falttafeln zeigt die intakte Grabkammer, die zweite eine Papyrusrolle und den darin enthaltenen Text. Bibliographie: Beinlich-Seeber, Bibliographie Alt-Aegypten II (1998), 15170: Navari, Blackmer Collection, 1264; Gay 2178; Luft, Aus der Geschichte der Berliner PapyrusSammlung, in: Archiv für Papyrusforschung 1974, S. 5ff. 206 PATRIZI, Francesco, Bishop of Gaetà (1413-1494). Il sacro regno de’l gran Patritio, de’l vero reggimento, e de la vera felicità de’l principe, e beatitudine humana. [Translated into Italian by Giovanni Fabrini]. 4to (204 x 147 mm). Mit Holzschnitt-Titel und figurativen sechszeiligen Holzschnitt-Initialen. [14], 206 Bl. Pergamentband des 18. Jhs., mit rotem Lederrückenschild. Venezia, Comin de Trino di Monferrato, 1547. chf 2200.Erste italienische Ausgabe von Patrizis Werk, zuerst auf Latein als: ‘Enneas de regno, et regis institutione’ von Galliot du Pré im Mai 1519 in Paris verlegt. Bemerkenswerterweise werden in diesem weit verbreiteten Fürstenspiegel nahezu alle Belege nicht mehr aus der Bibel, sondern aus der Profangeschichte sowie aus den griechischen und römischen Klassikern entlehnt. “La dottrina politica del De Regno si è cosi conclusa definitivamente in una suprema esigenza morale: l’immortalità. Si può quindi dire che il fine ultimo di questa dottrina è stato la moralizzazione della vita sociale, nella persona del Monarca, che rappresenta il vertice, e non la semplice sintesi di essa” (Giuseppe Chiarelli). – Kupfertitel minimal fleckig, untere Ecke abgerissen, hs. Notiz am Schluss der Widmung, gegen Schluss etwas wasserfleckig. Bibliographie: STC, (Italian), 493; Chiarelli, Il ‘De Regno’ di Francesco Patrizi, in: Rivista Internazionale di Filosofia del Diritto XII (1932), p. 716f.; L. F. Leslie F. Smith, Francesco Patrizi: A Forgotten Political Scientist and Humanist, in: Proceedings of the Oklahoma Academy of Science (vol. 47, 1967), p. 348ff.; Mortimer, French, 419. “Una delle più celebri opere del nostro Risorgimento” 207 PELLICO, Silvio (1789-1854). Le mie prigioni, memorie. 8vo (207 x 120 mm). [3] Bl., 339, [1] S. Grüner Maroquinband d. Z., mit klassizistischer Goldbrodüre auf Deckeln und Rücken, Steh- und Innenkantenvergoldung, Goldschnitt. Torino, (Chirio e Mina a cura di) Giuseppe Bocca, [Novembre] 1832. chf 1800.Erstausgabe. In Maroquin gebundenes Exemplar eines der bedeutendsten Bücher aus der Zeit des Risorgimento. Wegen angeblicher Mitgliedschaft im revolutionären Geheimbund Carbonari wurde der aus dem piemontesischen Saluzzo stammende Schriftsteller, Dichter, Dramatiker und Patriot Silvio Pellico im Oktober 1820 von der österreichischen Regierung verhaftet. Wegen Hochverrat zunächst zum Tode verurteilt, wurde die Strafe in 15 Jahre ‘carcere duro’ umgewandelt. Nach zehn Jahren entliess man Pellico im August 1830 vorzeitig aus den berüchtigten Kasematten von Spielberg in Böhmen. Pellicos Buch stiess nicht nur in Italien auf ein enormes Interesse mit mehreren Nachdrucken und Neuausgaben, binnen kurzer Zeit verbreiteten Uebersetzungen Pellicos Denkwürdigkeiten in ganz Europa. Die deutsche Version von 1833 zählte die verschiedenen Gefängnisse bereits im Titel auf: “Meine Gefangenschaft in der Kerkern zu Mailand, unter den Bleidächern zu Venedig und den Kasematten auf dem Spielberg”. Innert zehn Jahren waren beinahe fünfzig italienische Druckauflagen verbreitet worden, und bis 1930 zählte man 270 Ausgaben, wovon ein erheblicher Teil als Raubdrucke ihr Publikum fanden. – Unser Maroquinexemplar trägt auf dem Vorsatz die handschriftliche Widmung des Juristen und späteren französischen Justizministers Paul-Henri-Ernest de Royer Dupré an eine Mme. de Launay. Provenance: Datierte hs. Widmung vom 21. August 1833 des französischen Juristen PaulHenri-Ernest de Royer Dupré (1808-1877) “à Mme. de Launay”. Bibliographie: Parenti, Bibliografia delle Opere di Silvio Pellico (1952), S. 36f., Nr. 39; Govi, I Classici che hanno fatto l’Italia, Nr. 299 (“Una delle più celebri opere del nostro Risorgimento”); S. Siedler, Silvio Pellicos Le mie prigioni in der zeitgenössischen österreichischen und französischen Rezeption 2010 (Online Version), S. 51ff. 208 PENTHER, Johann Friedrich (1693-1749). Praxis geometriae, Worinnen nicht nur Alle bey dem Feld-messen vorkommende Fälle, mit Stäben, dem Astrolabio, der Boussole und der Mensul, in Ausmessung eintzeler Linien, Flächen und gantzer Revier, Welche, Wenn deren etliche angräntzende zusammen genommen, eine Land- Carte ausmachen, Auf ebenen Boden und Gebürgen, Wie auch Die Abnehmung derer Höhen und Wasser-Fälle; Nebst beygefügten practischen Hand-Griffen, deutlich erörtert; ... Folio (330 x 212 mm). Mit allegorischem Frontispiz und 25 Falttafeln in Kupferstich. [5] B., 97, [5] S. Geglätteter Kalbslederband d. Z. über 6 erhabenen Bünden, mit reicher Rückenvergoldung und Lederrückenschild. Augsburg, Jeremias chf 2100.Wolff, 1732. Erstausgabe. Systematisch aufgebautes Lehrwerk der Geometrie, das bald nach Erscheinen zum massgebenden Buch für die weitergehenden Kenntnisse der Geodäten, Architekten, Ingenieure und Kartographen wurde. Das von dem Mathematiker Penther selbst entworfene Frontispiz zeigt den thronenden Kaiser Justinian, der sich durch Zitate aus seinem Gesetzeskodex als Förderer der Geometrie ausweist. Penther wirkte zwischen 1720 und 1727 auf Schloss Stolberg als Lehrer und Gouverneur der Grafensöhne sowie als Bergsekretär. 1730 ernannte ihn Stolberg zum Kammer- und Bergrat, 1736 erreichte ihn der Ruf als Professor für Mathematik, Philosophie und Oekonomie an die Universität Göttingen. – Erste vier Bl. mit schmalem Wasserrand, die Faltkupfer minim gebräunt und im Rand teilweise angestaubt, vereinzelte Stockflecken. Provenance: Friedrich Christian von Ketteler, Dom- und Kapitularherr zu Münster und J. A. W. von Graes zu Loburg und Diepenbrock (Geschenk- bzw. Besitzeintrag des 18. Jhs. auf Titel). Bibliographie: Berlin Kat. 1734; Ausstellungskat. HAB Wolfenbüttel: Mass, Zahl und Gewicht (2001), Nr. 6.14 a; Cantor III, 528f. 209 PETITY, Jean-Raymond, abbé de (1715-1780). Bibliothèque des artistes et des amateurs: ou tablettes analytiques, et méthodiques, sur les sciences et les beauxarts ... 2 in 3 Bdn. 4to (261 x 200 mm). Mit allegorischem Frontispiz von Gravelot, 58 Kupfern auf 57, teilweise gefalteten Tafeln, nach Gravelot, Antoine Deshautesrayes u.a. gestochen von Laurent, Duclos und Poulleau. XVI, 614 S., [9] Bl. Index.; VIII, 558 S., ]12] Bl. Index; Vortitel, XII S., S. (301)-666, CCLXXXII, [14] Bl. Index und Errata. Marmorierte Kalbslederbände d. Z., mit Rückenvergoldung (Rücken an Kopf und Fuss beschädigt, Gelenke von Bd. III eingerissen). Paris, P. G. Simon, 1766. chf 1600.Erstausgabe. Enzyklopädisches Werk zur Architektur, die Drucktechniken, Schreibkunst und Typographie. In der selben Zeit wie Diderots und d’Alemberts monumentale Encyclopédie auf den Markt gebracht, blieb der Absatz dann aber hinter den Erwartungen zurück, so dass der Verleger das Werk später unter verändertem Titel als Encyclopédie élémentaire, ou Introduction à l’étude des lettres, des sciences et des arts anbot. Der erste der drei Bände widmet sich der Grammatik, Fabeldichtung, Rhetorik und Dichtkunst. Bd. II enthält Artikel zur Moralphilosophie, ‘Mythologie des enfers’, zur Arithmetik und zur Schrift und ausführlich (S. 301-558) auch zur Architektur, illustriert mit nach Jules Louis Varin gestochenen Kupfertafeln. Der letzte Teil handelt hauptsächlich von der Druckkunst, illustriert mit Beispielen aussereuropäischer Schriften. Am Schluss folgt die Petite dissertation sur les langues. Provenance: Ed. Rassier (Besitzereintrag auf Titel mit Datum 1886). Bibliographie: Quérard, La France littéraire VII, 99; Cohen/de Ricci 793; Bygmore/Wyman II, 197. 210 PFEFFEL, Gottlieb Conrad (1736-1809). Prosaische Versuche. Erster (-zehnter) Teil. 5 Bde. 8vo (177 x 105 mm. [2] Bl., 208 S., Titel, 228, [1] S. Errata; [2] Bl., 208 S., [2] Bl., 195 S.; [2] Bl., 208 S., [2] Bl., 202 S., 1 leeres Bl.; [2] Bl., 188 S., [2] Bl., 188 S.; [2] Bl., 186 S., [2] Bl., 196 S. Hellbraune marmorierte Kalbslederbände d. Z., mit Dreifachfilete in Goldprägung, Rückenvergoldung im Séméstil mit rotem Ledertitelschild, Steh- und Innenkantenvergoldung, Goldschnitt. Tübingen, [Druckerei Schramm für] J. G. Cotta 1810-12. chf 3200.Für die Hofbibliothek des Hauses Fürstenberg in Donaueschingen gebundenes Exemplar der Vorzugsausgabe auf Vélinpapier. Eines von 500 Druckexemplaren, die Gesamtauflage belief sich auf 2’500 Exemplare. Die postum veröffentlichte Werkausgabe der Prosawerke des deutsch-elsässischen Dichters und Pädagogen erschien unmittelbar anschliessend an die 1810 abgeschlossenen ‘Poetischen Versuche’ Pfeffels. Viele der hier erstmals in Buchform versammelten Prosaerzählungen erschienen zuvor anonym oder pseudonym in Cottas Zeitschrift ‘Flora’ (1793-98) oder in den ‘Vierteljährlichen Unterhaltungen’ (1804-05). Provenance: Auf Rückseite des Titelblattes Stempel ‘F.F. Bibliothek – Donaueschingen’. Bibliographie: Goed IV/1, 653, 24; Bopp, Pfeffel als Prosaschriftsteller (1917). 211 PIAGET, Jean (1896-1980). Le langage et la pensée chez l’enfant. 8vo (195 x 130 mm). XIV, 318 S., 1 Bl. Verlagsanzeigen. Unbeschnittene Original-Broschur (Gelenke minim berieben). Neuchâtel & Paris, Delachaux & Niestlé, (1923). chf 1200.Erstausgabe. Jean Piagets erstes wissenschaftliches Hauptwerk. Der Begründer der modernen Entwicklungspsychologie beeinflusste nicht nur die unmittelbaren Bereiche der Kinderpsychologie und Erziehung sondern auch alle anderen Geisteswissenschaften. Die erste deutsche Ausgabe erschien mit dem Titel ‘Sprechen und Denken des Kindes’ erst fünfzig Jahre nach unserer seltenen Erstausgabe in Düsseldorf. 212 [PISARRI, Carlo Antonio (1720-1780)]. Dialoghi tra Claro, e Sarpiri per istruire chi desidera d’essere un eccellente pittore figurista. 8vo (200 x 145 mm). Mit 1 gestochenen Falttafel mt der Abbildung eines Instruments zur Darstellung der Perspektive, 1 gest. Titelvignette sowie 1 Kopf- und 8 Schlussvignetten. IV, 165, [1] S. Pappband um 1800, mit goldgeprägtem Rückenschild. Bologna, Ferdinando chf 1200.Pisarri, 1778. Erstausgabe dieses anonym erschienenen, recht ungewöhnlichen Beitrags zur Geschichte der Kunsttheorie. In Form eines fiktiven Dialogs zwischen zwei Künstlern, die sich nach langer Zeit wieder begegnen und ihre Erfahrungen austauschen, breitet der aus Bologna stammende Maler und Kupferstecher Carlo Antonio Pisarri seine Theorien zur Kunst vor dem Leser aus. Die sechs Teile räsonnieren: “Sopra la nobilita dell’ Arte, e che cosa è pittura; Sopra le statue greche, simmetrìa, e notomìa; Avvertenze nel disegnare il nudo, della prospetiva, ed archittetura; Dell’ invenzione, e disposizione delle figure, e del chiaroscuro; Gli studi che si devono fare avanti di principiare un’operazione, così pure sopra il panegiamento, e colorito; Sopra il colorito, e la pratica”. – Stellenweise etwas gebräunt und stockfleckig. Bibliographie: Cigognara 186; Schlosser-Magnino 588f.; UCBA II, 1614; Thieme/Becker XXVII, 105. 213 PITTON DE TOURNEFORT, Joseph (1656-1708). Relation d’un Voyage du Levant. 2 in 1 Bd. 4to (253 x 202 mm). Mit 90 (4 gefalteten) Kupfertafeln (davon 48 botanische) und 52 Textkupfern. Beide Titel in Rot und Schwarz. [14] Bl., 188 S., Titel, 208 S., [8] Bl. Index. Zweispaltiger Druck. Pergamentband d. Z. Amsterdam, Au dépens de la Compagnie, 1718. chf 4200.Schönes und komplettes Exemplar der Amsterdamer Ausgabe mit 90 Kupfertafeln von Pitton de Tourneforts in Briefform geschriebenen und postum zuerst 1717 veröffentlichten Bericht über seine zweijährige Orientreise. Im Auftrag und auf Kosten von König Louis XIV und gleich nach Erscheinen seiner für die Gelehrtenwelt ins Lateinische (‘Institutiones rei herbariae’) übersetzten “Élemens de botanique ou Méthode pour connaître les plantes” verliess der berühmte Botaniker im Frühjahr 1700 Paris. In Begleitung des Zeichners Claude Aubriet (1651-1742) und des deutschen Arztes Andreas von Gundelsheimer (1668-1715) segelte Tournefort von Marseille aus auf die damals osmanische Insel Kreta (Girit), wo sie die Monate Mai, Juni und Juli mit botanischen und geographisch-, ethnographischen Forschungen verbrachten. Als ausgebildete Aerzte fanden Tournefort und Gundelsheimer leicht Zugang zu den Einheimischen, die ihnen die lokal gebräuchlichen Bezeichnungen der Pflanzen mitteilten. Besonders der Kontakt mit Geistlichen wurde gesucht, da sie als direkte Nachkommen jener “Curetés, qui renfermoient dans leur tête toute la science de leur temps” angesehen wurden. Nach Kurzaufenthalten auf einigen Inseln in der Ägäis reisten die Drei weiter nach Konstantinopel und durch Anatolien und gelangten im Osten schliesslich bis nach Tiflis, Erewan und Etschmiadsin. Die Rückreise führte durch den Norden des Libanon (Tripolis) erneut durch die Türkei und via Smyrna und Griechenland wieder zurück nach Frankreich, wo Anfang Mai 1702 Marseille erreicht wurde. Das während der Reise gesammelte, überaus umfangreiche, Pflanzenmaterial sowie das dazugehörige Bildmaterial kam in die Bestände des Muséum national d’histoire naturelle in Paris, wo es noch heute gehütet wird. Die nach Zeichnungen des vor allem auf Pflanzenabbildungen spezialisierten Zeichners Aubriet hier nachgestochenen Kupfertafeln und Textkupfer zeigen vor allem botanische Abbildungen, daneben aber auch Karten und Ansichten von Candia, Gallipoli, Tiflis, Smyrna und Tripolis, sowie Abbildungen von Tieren, Trachten etc. Eine dreibändige deutsche Ausgabe erschien erst 1776/77 in Nürnberg. – Auf S. 109/110 des zweiten Teils schwacher Wasserrand, sonst von tadelloser Erhaltung. Provenance: Nach Jean de Ziegler von Hans Rudolf Holzhalb (1723-1806) radiertes schönes Exlibris ‚Bibliotheca amicorum – Scientiis et Artibus’ (Wegmann 6239) der 1770 von jungen Männern um Johann Jakob Altorfer d. Ä. (1741-1829) gegründeten privaten Bibliotheksgesellschaft, deren Bücher, resp. Teile davon, 1826 in die Bestände der Schaffhauser Burgerbibliothek (heute Stadtbibliothek) übergingen. Bibliographie: Hage Chahine 4830; Pouillon 766; Lipperheide Kc 1; Hunt 444; Nissen, ZBI, 4154; Blackmer 1318; Broc, La géographie des philosophes (1975), S. 50ff.; Griep/Luber II, 1402. Wittenberger Einband von Caspar Genseler 214 PLINIUS d. Ä., Gaius Plinius Secundus (23-79) und Jacob MILICH (1501-1559), Hrsg. Liber secundus, de mundi historia, cum indice utili & copioso, cum commentariis Jacobi Milichii, diligenter conscriptis, & postremo ab autore ... 4to (202 x 155 mm [Papiergrösse]). Mit 1 gef. Tabelle (“Tabula de latitudinibus planetarum”), gegen 30, teilweise fast ganzseitigen Holzschnitten im Text, einigen kleinen Holzschnitt-Initialen sowie einer grossen Holzschnitt-Druckermarke auf dem Titel. [14] Bl., 491 (recte 499, Seitennummern 451-456 und 464-465 doppelt benutzt) S. Text teilw. in Griechisch und Latein. Blindgeprägter Schweinslederband d. Z., mit der Justitia mit Schwert im von Rollenstempeln eingefassten Mittelfeld des Vorderdeckels und Judit und Esther (?) mit dem abgeschlagenen Kopf von Holofernes auf dem Hinterdeckel, mit den Initialen ‘A S K’ über und der Jahresangabe 1563 unter dem Mittelstück des Vorderdeckels. Aus der Werkstatt des Wittenberger Buchbinders Caspar Genseler, mit dessen Monogramm ‘CG’ sowie der Jahreszahl von 1563 [Haebler I, 136-139]. Frankfurt am Main, Peter Brubacher, März 1563. chf 2600.Der aus Freiburg stammende, von 1527 bis 1553 in Wittenberg unterrichtende Mathematiker und Mediziner Jakob Milich benutzte Plinius’ berühmten Text als Ordnungsprinzip und Ausgangspunkt seines vor allem auf die Astronomie Bezug nehmenden gelehrten Kommentars, der erstmals 1535 gedruckt erschien. Schönes Exemplar in einem Wittenberger-Einband aus der Werkstatt des 1588 gestorbenen Caspar Genseler. – Mit vereinzelten Marginalien von alter Hand, Namen aus dem Titelrand geschnitten (alt hinterlegt), Papierverlust des Titels im Falz und im Kopfsteg ersetzt, etwas gebräunt, der Einriss in der am Schluss neu montierten Falttabelle alt hinterlegt, die Vorsätze erneuert. Bibliographie: VD 16 P 3546; Zinner 2317; STC, (German), 705; Schweiger II, 793. Erste von Beatus Rhenanus besorgte Ausgabe 215 PLINIUS d. Ä., Gaius Plinius Secundus (23-79). Historia mundi, denuo sic emendata, ut in superiori aeditione ... prae hac dormitatum viderit possit ... in hac ... vicimus nos ipsos, potissimum adjuti tribus ... pervetustis exemplaribus ... nonnihil etiam Beati Rhenani doctissimis annotationibus ... Adjunctus est index copiosissimus. [Mit Vorwort von Erasmus von Rotterdam und Hieronymus Froben; herausgegeben von Beatus Rhenanus]. 2 Teile in 1 Bd. Folio (362 x 245 mm). Mit zahlreichen 9-zeiligen und etwas kleineren Holzschnitt-Initialen nach Hans Holbein sowie Frobens Druckermarke in Holzschnitt auf beiden Titeln und beiden Schlussblättern. [18] Bl., 671, [1] S., [88] Bl. (inkl. separatem Titel: “Index.in C. Plinii secundi Naturalem Historiam”). Blindgeprägter Schweinslederband d. Z. über Holzdeckeln, Rücken über 5 erhabenen Bünden, mit einer Schliesse (von zwei, Rücken an Kopf und Fuss etwas beschädigt, Ecken berieben). Basel, (Ex) Officina Frobeniana (Hieronymus Froben, Johann Herwagen & Nicolaus Episcopius), März (in Kolophon: Januar) 1530. chf 4800.Die erste von Beatus Rhenanus (1485-1547) verantwortete Ausgabe von Plinius’ naturwissenschaftlicher Enzyklopädie. Nachdem der aus Séléstat stammende Rhenanus in der Klosterbibliothek Murbach eine unbekannte Handschrift [MS Murbacensis] von Plinius’ einzigem erhaltenen Werk entdeckt hatte, erschien 1525 eine von Erasmus von Rotterdam besorgte Plinius-Ausgabe bei Johann Froben. Im darauf folgenden Jahr veröffentlichte Rhenanus seine Kommentare (“Emendationes”), die wie wir aus Briefen wissen, bei verschiedenen Humanisten wie Andrea Alciati, Bonifaz Amerbach oder Guillaume Budé auf grosses Interesse stiessen. Als 1527 Johann Froben an der Pest starb übernahm dessen Sohn Hieronymus Froben die berühmte Offizin. Für ihn bearbeitete dann Rhenanus die vorliegende Ausgabe der Historia naturalis von Plinius, wobei er Teile seiner eigenen “Emendationes” mitverarbeitete. “Peut-on trouver dans les éditions bâloises successives la trace de l’intégration des leçons du Murbacensis ou celle des conjectures de Rhenanus? Il faut sans doute, pour répondre à cette question, distinguer plusieurs aspects dans l’établissement du texte. Le plus apparent d’entre eux reside dans la presence in margine de leçons alternatives à celles finalement retenues dans le texte ... Ces variants marginales sont assez généralement adoptées comme leçons du texte dans l’édition de 1530. L’adoption de cette nouvelle leçon fait alors disparaître la note marginale” (M.-E. Boutroue). Die Ausgabe wird mit Hieronymus Frobens kurzer Vorrede auf der Rückseite des Titels eröffnet. Darin erwähnt er nebst dem Herausgeber Rhenanus auch seinen Mitarbeiter, den Prager Philologen Sigismund Gelenius [=Gelensky (1498-1554)], der den Druck überwachte. Eine von Gelenius besorgte Pliniusausgabe mit seinem eigenen Kommentar veröffentlichte Froben dann 1535. Aus der 1525er Ausgabe unverändert nachgedruckt wurde die Widmung von Erasmus von Rotterdam an den Bischof von Olmütz, Stanislas Thurzo. Die 1532 von dem Gräzisten Pierre Danès besorgte Pariser Ausgabe von Plinius’ Historia naturalis gründet, “notes marginales comprises” (Boutroue), sowohl auf der Froben Ausgabe von 1525 als auch auf der vorliegenden. – Minimale Bräunung und vereinzelte Wurmlöcher zu Beginn, ein sehr sauberes Exemplar. Provenance: Hs. Besitzeintrag Societatis Jesu Constantis. 1597 auf Titel. Bibliographie: VD 16, P-3534; Panzer VI, 274; Adams P-1561; STC, (German), 705; (Ausstellungskat.) 5me Centenaire de la naissance à Séléstat de Beatus Rhenanus (1985), Nr. 69; Schweiger II, 786; Hirstein, Beatus Rhenanus: lecteur et éditeur des textes anciens (2000), S. 356f. 216 PLINIUS d. J., Gaius Plinius Caecilius Secundus (62-113). Epistolarum libri decem, in quibus multae habentur epistolae non ante impressae: cum pluribus aliis, quae proxima pagella indicabit. Kl.-8vo (154 x 98 mm). Titel innerhalb breiter Holzschnitt-Bordüre von Hans Holbein d. J., mit diversen schwarzgrundigen Initialen und ganzseitiger Holzschnitt-Druckermarke von Franz Gerster auf Schlussblatt verso. [12] Bl., 591, [1] S. Blindgeprägter Schweinslederband d. Z. über Holzdeckeln, Rücken über 3 erhabenen Bünden, mit 2 intakten Messingschliessen (stärker berieben, Ecken bestossen). Basel, (Andreas Cratander), 1521. chf 3500.Basler Druck der Briefe von Plinius minor. Cratander verwendete als Vorlage seiner Edition die 1508 von Aldo Manuzio in Venedig gedruckte Gesamtausgabe der Schriften. Dank einer – heute nur noch als Fragment in der Pierpont-Morgan Library in New York erhaltenen – Handschrift konnt Manuzio erstmals die ersten vierzig Briefe des zehnten Buchs veröffentlicht werden. Als Titelblatt verwendete Cratander die erste der beiden im August 1520 im Novum Testamentum omne ad graecam veritatem des Erasmus veröffentlichten HolzschnittEinfassungen Hans Holbeins. Nach der 1511 in Paris veröffentlichten Ausgabe ist diese vorliegende Basler Edition erst die zweite, die ausserhalb Italiens erschien. – Hs. Name auf Titel. – Im Kopfsteg der letzten Bll. sehr kurzer Wurmgang, gegen Schluss minimal wasserrandig; ein vorzügliches Exemplar im ersten Einband. Bibliographie: VD 16, P-3483; Panzer VI, S. 229, Nr. 413; Hieronymus, Oberrheinische Buchillustration II, 369; Schweiger II, 804; Dibdin II, 330. 217 POUQUEVILLE, François Charles Hugues Laurent (1770-1838). Histoire de la regénération de la Grèce, comprenant le précis des évènements depuis 1740 jusqu’en 1824. 4 Bde. 8vo (207 x 130 mm). Mit Frontispiz und 5 PortraitTafeln, teilweise nach Vautier gestochen von Normand fils. [2] Bl., 487 S.; [2] Bl., 613 S.; [2] Bl., 578 S.; [2] Bl., 557 S. Hellbraune Kalbslederbände über 5 erhabenen Bünden, mit Rückenvergoldung und Monogramm R. v. W[atteville]. Paris, Firmin Didot Père et Fils, 1824. chf 2100.Frisches Exemplar der Erstausgabe der einflussreichen Veröffentlichung Pouquevilles. Im Gefolge des Chirurgen Antoine Dubois und als Mitglied der Kommission für Wissenschaft und Kunst reiste er im Gefolge von Napoléons Aegypten-Expedition in den Orient, wo er schliesslich ein Vierteljahrhundert verbringen sollte. Pouqueville lernte Neugriechisch und lebte in den Jahren von 1806 bis 1814 in Janinan, danach während zwei Jahren in Patras. Er wurde in der Folge ein leidenschaftlicher Verfechter der Unabhängigkeit Griechenlands – ein Philhellene der Tat. Sein literarisches Wirken trug ihm 1827 die Mitgliedschaft der ‘Académie des Inscriptions et Belles-Lettres’ ein, wo er u.a. auch Châteaubriand, Lamartine, Arago und die Comtesse de Ségur kennen lernte. – Exemplar ohne die fünf Karten und Pläne. – Ein schönes, dekorativ gebundenes Exemplar. Provenance: Hs. Besitzeintrag “Avoyer de Watteville” auf fliegendem Blatt aller vier Bände. Bibliographie: Navari, Blackmer Collection, 1345; Navari, The Ottoman World, 992; Droulia 559-562; Castellan, F.-C. Pouqueville. Der Geschichtsschreiber der ‘Erneuerung Griechenlands’, in: E. Konstantinou, Europäischer Philhellenismus (1992), 17ff. 218 PRIEUR, J. C. Le (1719-ca. 1790). Description d’une partie de la Vallée de Montmorenci, et de ses plus agréables jardins. Ornée de 19 [recte 26] gravures. Nouvelle Édition. 8vo (205 x 127 mm). Mit 26 Kupfertafeln (davon 4 gefaltet), gestochen von und nach Lepagelet, nach Becquet und Benoît. IV, 43 S. Halbkalbslederband des 19. Jhs., mit Rückenverzierung. A Tempé, et se trouve à Paris, chez L. Jay, 1788. chf 3500.Französisches Gartenbuch in der am schönsten illustrierten Ausgabe. Der Autor unterrichtete an der École royale militaire. Nach André Vaquier (“Les jardins du Comte d’Albon in: Paris et l’Ile-de-France, Mémoires VIII, S. 253f.) handelt es sich hier um die letzte von insgesamt fünf bekannten Ausgaben oder Druckvarianten. Die von Vaquier erwähnten ersten drei Ausgaben enthalten nur 19 Tafeln (die erste, noch ohne Text, evtl. auch 20) und die Ausgabe von 1784 einen Plan sowie 23 Kupfer. Beschrieben werden die in Montmorency Val-d’Oise angelegten englischen Gärten des frühverstorbenen Grafen Claude-Camille-François d’Albon (17531789). “Ces jardins, dans le genre anglais, étaient tellement remarquables par leur beauté, qu’on a publié Vues des monuments construits dans les jardins de Franconville-la-Garenne” (Michaud). Unter den gefalteten Kupfertafeln besonders bemerkenswert jene, die den am 16. Januar 1784 im Garten des Grafen gestarteten Heissluftballon (Ballon de Franconville) zeigt. Die zweite Druckvariante dieses Kupfers zeigt ein um den Ballon gespanntes Segel. Der Ballon, der in einem Käfig zwei kleine Guinea-Schweine sowie ein Kaninchen transportierte, soll sehr schnell in sehr grosse Höhe geflogen und im rund dreissig Kilometer weit entfernten Montmorency sicher gelandet sein. – Ein gutes und breitrandiges Exemplar. Provenance: Stempel der Sammlung Eck. Bibliographie: Ganay, Bibliographie de l’art des jardins (1989), 117 (“Premier édition portant le nom de l’auteur”); Cohen/de Ricci 625; Michaud I, 442. Nicht in Brocket etc. 219 PROUST, Marcel (1871-1922). Auf den Spuren der verlorenen Zeit. – Der Weg zu Swann. Erster-Zweiter Band. (Uebertragen von Rudolf Schottlaender). 2 Bde. 8vo (188 x 135 mm). [2] Bl., 263, [1] S.; [2] Bl., 346 S., 1 Bl. Illustrierter Original-Leinenband mit Buchumschlag von Georg Salter. In Original-Pappschuber. Berlin, (Ohlenroth, Erfurt für) Verlag Die Schmiede, 1926. chf 1200.Verlagsfrisches Exemplar der ersten deutschen Ausgabe von ‘Du côté de chez Swann’ (1913), erster Teil des Jahrundertbuchs ‘A la recherche du temps perdu’, erschienen hier in der Verlagsserie: “Die Romane des XX. Jahrhunderts”. Nachdem der aus dem Elsass stammende Romanist Ernst Robert Curtius Rudolf Schottländers Uebersetzung verrissen hatte, entzog der französische Proust-Verleger Grasset dem Berliner Verlag Die Schmiede die weiteren Uebertragungsrechte. Diese Edition fand aber auch Zuspruch, so z.B. durch Alfred Kerr und Hermann Hesse. Nebst dieser zweibändigen Erstausgabe erschien der Text auch in einer einbändigen Version. Bibliographie: Wolfgang Hillen, Deutsche Uebersetzungen, in: R. Speck, Hrsg. Marcel Proust. Werk und Wirkung (1982), S. 210, Nr. 145. 220 PSALMANAZAR, George [Pseudonym für N. F. B. De Rodes? (16791763)]. Description de l’ile Formosa en Asie ... Avec une ample et exacte relation de ses voiages dans plusieurs endroits de l’Europe ... ; Enrichie de cartes et de figures. Dressée sur les mémoires du ... George Psalmanaazaar ... Par le Sieur N.F.D.B.R. [=Nicolas François Du Bois Refugié. (Aus dem Lateinischen übersetzt durch Alexander Innes)]. 12mo (160 x 104 mm). Mit 1 gef. Kupferstichkarte (200 x 300 mm). von Japan [nach Ortelius/Teixeira] und 17 (2 gefalteten) Kupfertafeln. Titel in Rot und Schwarz. XLIV, 406, [26] S. Index. Lederband d. Z., mit Rückenvergoldung und Rückenschild. Amsterdam, Estienne Roger, 1705. chf 1100.Erste französische Ausgabe von “An Historical and Geographical Description of Formosa”, eine angeblich von einem Einheimischen verfasste Landeskunde, tatsächlich aber aus den wenigen zuvor gedruckten Reiseberichten mit Nachrichten über die Insel Formosa zusammenkompiliert. Ihr angeblicher Verfasser sorgte für Furore und wurde zu einer Celebrität des Londoner Gesellschaftslebens. – Vermutlich in Südfrankreich geboren und bei den Jesuiten ausgebildet, blieb die wahre Identität des Verfassers bis heute unbekannt. Der Schelmenstreich gelang vor allem auch dank der damals in Europa aufkommenden ‘Chinamode’ und auf die Einwände eines Jesuiten, der in China missioniert hatte, wurde nicht eingegangen. Die länderkundlich korrekten Informationen basieren vor allem auf Bernhard Varenius’ Descriptio regni Japoniae et Siam (Amsterdam, 1649). – Eine ausführliche Würdigung dieses Buchs und seines Verfassers findet sich in Justin Stagls, Eine Geschichte der Neugier (2002). – Vereinzelte Braunflecken auf S. 88-89. Provenance: Ex-libris Franz Pollack-Parnau (1903-2002). Bibliographie: Negley 1526; Percy G. Adams 93f.; Lust 236; Löwendahl/von der Burg 291; J. Stagl, A History of Curiosity (1995), 171f.; Conlon, Prélude III, 12874; Cordier, Bibliotheca Japonica 408; E. Butoescu, Psalmanazar’s Formosa, in: Trans – Internet-Zeitschrift für Kulturwissenschaften no. 17 (2010); Baumeler, Psalmanazars Beschreibung von Formosa 1705, in: ZB Zürich – Alte und Neue Schätze (1993), p. 106f. and 222f. 221 RACINE, Jean (1639-1699). Oeuvres. 2 Bde. 12mo (170 x 95 mm). Mit 2 gestochenen Frontispizen nach Charles Le Brun, 10 Kupfertafeln von François Chauveau sowie zahlreichen Kopf- und Schlussvignetten in Holzschnitt. [4] Bl., 371 S.; [6] Bl., 434 S., [2] Bl. Rote Maroquinbände des 19. Jhs., Doublierung aus rotem Maroquin mit Dentelle-Bordüre (signiert Thibaron-Joly), marmorierte Vorsätze, Stehkantenvergoldung, Goldschnitt. Paris, Pierre Trabouillet, 1687. chf 2800.Jansenisteneinband über der zweiten Gesamtausgabe von Racines Werken. Sie erschien in Kooperation der drei Pariser Verleger Denys Thierry, Claude Barbin und Pierre Trabouillet. Der erste Band enthält: La Thébaïde ou les Frères ennemis; Alexandre le Grand; Andromaque; Britannicus; les Plaideurs. Band II: Bérénice; Bajazet; Mithridate; Iphigénie; Phèdre; Discours prononcé à l’Académie française à la réception de MM. de Corneille et de Bergeret; Idylle sur la paix. – Gleichmässig gebräunt, ein vorzügliches Exemplar in Ganzmaroquin. Provenance: Exlibris des Pariser Bibliophilen und Medizinprofessors André Cade (18741961). Bibliographie: Tchermerzine IX, 359; Guibert150/153 ; Rochebilière 423-424. 222 RAIMONDI, Eugenio (tätig um 1620-1630). Delle Caccie ... libri quattro. Aggiuntovi’n questa nuova ‘mpressione altre Caccie che sperse in altri libri andavano. 4to (220 x 149 mm). Kupfertitel gest. von Nicolas Perrey und mit 19 ganzseitigen Kupferstich-Tafeln. [6] Bl. (inkl. Kupfertitel), 512 S., [14] Bl. Pergamentband d. Z., mit handschriftlichem Rückentitel (wenige vereinzelte Wurmspuren im Vorderdeckel unten). [Venezia, o. Dr., 1630]. chf 3800.Die dritte illustrierte Ausgabe dieses Klassikers der Jagdliteratur. Die in Brescia gedruckte Erstausgabe von 1621 enthält nur sieben Textholzschnitte und noch keine Tafeln. Erst die 1626 in Neapel veröffentlichte Version ist komplett wie unsere vorliegende, sehr wahrscheinlich in Venedig aufgelegte, Edition. Die detailreichen Kupfertafeln zeigen verschiedene Jagdarten beim Fisch- und Vogelfang, das Erlegen von heimischem Wild und exotischen Tieren mit Falken, Hunden, Fallen etc.; als Vorlage dienten zweifellos die Illustrationen von Stradanus’ Venationes Ferarum (Antwerpen 1578). – Kleiner Tintenfleck im Aussensteg der S. 23/24, zu Beginn und im Aussensteg der S. 190-448 stockfleckig, die S. 441-448 etwas wasserrandig. Provenance: Gestochenes Wappenexlibris Arthur Hugh Smith Barry, Marbury Hall (18431925). Bibliographie: Ceresoli 442; Souhart 395; Schwerdt II, 123; Brunet IV, 1090; Harting, Bibliotheca accipitraria, 277; Jagdbibliothek Kurt Lindner (2003), 1890; Olschki, Choix de livres anciens (1907), 209 (“C’est un des plus complèts traités de chasse”); ICCU (Online Kat.) 000955. 223 RAMSAY, Andrew Michael (1686-1743). Die Reisen des Cyrus. Aus dem Englischen und Französischen beyden Originalen ... neu übersetzt [von Simon Grynaeus]. Mit Churf[ürstlich] Sächs[ischer] allergnäd[igster] Freyheit. Kl.-8vo (160 x 93 mm). Mit Titelvignette, radiert von Johann August Rossmaessler. [4], 524 S. Roter Maroquinband d. Z., mit dreifacher Goldfilete auf den Deckeln mit floralem Ornament in den Ecken, reicher Rückenvergoldung mit Schild, marmorierte chf 1500.Vorsätze, Goldschnitt. Basel, Johann Jakob Flick, 1779. Edel gebundenes Exemplar in Maroquin der ersten Ausgabe der Neuübersetzung von Ramsays ‘Travels to Cyrus’ (1727) durch den Basler Simon Grynäus (1725-1799). Der Protagonist unternimmt viele Reisen vor seiner Thronbesteigung und trifft dabei auf viele berühmte weise Leute früherer Zeiten, so u.a. den Athener Solon und den Religionsstifter Zarathustra. In den Gesprächen wird Cyrus über die Geheimnisse der Natur sowie über die Aufgaben der Regenten belehrt. Vorausgegangen war 1728 die erste deutsche Uebertragung durch Johann Matthesson. – Minimal gebräunt, ein sehr gutes und dekorativ gebundenes Exemplar. Bibliographie: Fromm 21291; Manuel/Manuel 390; Kirchenheim 154; Leu, Helvetisches Lexikon, Supplement II, p. 636. Not in Bloch. 224 REDI, Francesco (1626-1698). Bacco in Toscana ditirambo ... Con le annotazioni. 4to (230 x 164 mm). Titel in Rot und Schwarz mit gestochener Druckermarke. [4] Bl., 46 S., Zwischentitel (Annotazioni), 264 S. Firenze, 1685. – [Angebunden:] MALATAESTI, Antonio (1610-1672). I brindis de ciclopi sonetti del sig. Antonio Malatesti opera postuma ... [Mit Vorwort hrsg. von Giovanni CinelliCalvoli]. Mit Holzschnitt-Druckermarke auf Titel. 28 S. Firenze, 1673. – Zwei Werke in 1 Bd. Halblederband des 19. Jhs., mit goldgeprägtem Rückentitel. Firenze, Piero Matini all’ Insegna del Lion d’Oro, 1685, resp. Stamperia della stella, 1673. chf 2500.Redis berühmtes Loblied auf die Weine der Toskana in der seltenen Erstausgabe, eines der besten literarischen Werke des Seicento. In seinem aus rund eintausend polymetrischen Versen bestehenden Gedicht rühmt der Dichter sämtliche damaligen Weinsorten seiner Heimatprovinz und übt gleichzeitig auch Kritik an Weinen aus anderen italienischen Regionen. – Gamba 827; Simon 1268; Oberlé 1039 (“Edition originale très recherchée”); Tiraboschi VIII, 468. Nicht in Schoene. Ad II) Erstausgabe der postum veröffentlichten Sonette Antonio Malatestis, der u.a. mit Galileo, Coltellini und Valerio Chimentelli befreundet war. – Titel und Schlussblatt gebräunt und stockfleckig. – Hs. Notizen zu beiden Titeln, datiert 1852, auf fliegendem Blatt. – Ebert I, 21; Tiraboschi VIII/1, 469. 225 REGIMEN SANITATIS – CURIO, Johannes (1510-1561), Hrsg. Conservandae sanitatis praecepta saluberrima : regi Angliae quondam a doctoribus Scholae Salernitanae versibus conscripta, nunc ... rhythmis ... Germanicis illustrata, cum luculenta et succincta Arnoldi Villanovani ... in singula capita exegesi; per Joannem Curionem ... recognita ac locupletata ... Mit 60, teilweise ganz- oder halbseitigen Holzschnitten im Text. Titel in Rot und Schwarz. [12] Bl., 279 Bl., 1 leeres Bl. Frankfurt, 1559. – [Mitgebunden:] EOBANUS HESSUS, Helius (1488-1540). De tuenda bona valetudine ... commentariis doctissimis à Ioanne Placotomo ... Mit ca. 20 kleinen Textholzschnitten. Titel in Rot und Schwarz. [8] Bl. (die letzten 2 leer), 160 Bl. Frankfurt, 1560. – [Und:] KATZSCH, Johannes (1538-1598). De gubernanda sanitate, secundum sex res non naturales, ex Hippocratis & Galeni libris placita quadam desumpta. Mit kleiner Vignette auf Titel. 40 Bl. Frankfurt, (1557). Zus. 3 Werke in 1 Bd. Bindgeprägter Schweinslederband d. Z. über 3 erhabenen Bünden, mit hs. Rückentiteln (ohne die Schliessen). Frankfurt am Main, Chr. Egenolffs Erben, 1557-60. chf 4800.- Sammelband mit drei seltenen gastro-medizinischen Drucken der Frankfurter Offizin von Egenolffs Erben. Ad I) Curios kommentierte und illustrierte Ausgabe der Gesundheitsregeln der Schule von Salerno (‘Regimen sanitatis Salernitanum’), erschien zuerst 1538. Als Verfasser des neolateinischen Lehrgedichts werden manchmal Johannes de Mediolano oder Johannes de Novo Foro genannt. Das in verschiedenen, unterschiedlich umfangreichen, Kodizes überlieferte Poem zirkulierte unter verschiedenen Bezeichnungen wie: Schola Salernitana, Flores Medicinae und Regimen Sanitatis. Den Schwerpunkt des Textes bilden Probleme der Hygiene und der Diät; die anatomischen Hinweise betreffen einzig die Anzahl der Knochen, der Zähne und der Adern, Erwähnung finden auch auch verschiedene Gemütszustände. Schliesslich wird auch die günstigste Jahreszeit für den Aderlass diskutiert. Die, teilweise ganz- oder halbseitigen, Holzschnitte zeigen Heilpflanzen, Genreszenen etc. – VD 16, R-579; Richter, Egenolffs Erben (1965), Nr. 74; Gambacorta/Giordano, Regimen Sanitatis Salernitanum, 80; Adamson, Medieval Dietetics: Food and Drink in Regimen Sanitatis Literature from 800 to 1400 (1995); Bibl. Wapperiana 7819; Horn/Arndt 39; vgl. Schoene 13383 (Ausgabe von 1545). Ad II) Lehrgedichte über verschiedene Gegenstände menschlichen Wissens erfreuten sich im 16. Jahrhundert grosser Beliebtheit, so dass sich der erst seit einem Jahr in Erfurt als Medizinstudent eingeschriebene Dichter Helius Eobanus Hessus nicht scheute, im Sommer 1524 seine – wie sich in der Folge herausstellen sollte – äusserst erfolgreichen, in Form von rund 300 Distichen gehaltenen, Vorschriften zur Erhaltung einer guten Gesundheit im Druck vorzulegen. Die rund zwanzig kleinen Holzschnitte stammen aus dem reichen Fundus des Egenolff Verlages und zeigen Produkte aus Garten und Küche, Badeszenen usw. Die vorliegende Ausgabe enthält noch acht weitere kurze Schriften von Eobanus Hessus (3), Johann Placotomus (3), W. Strabo und Battista Fiera. – VD 16, E-1471; Richter, Egenolffs Erben (1965), Nr. 94; Bibl. Walleriana 2768. Ad III) Gegenüber der Erstausgabe verbesserte zweite Edition des in der Tradition antikmittelalterlicher Gesundheitslehren (‘Regimen sanitatis’) stehenden, aus einer längeren Einleitung, 48 Merksätzen und einem Schlusswort bestehenden Ratgebers zur Erhaltung der Gesundheit, erstmals 1549 von dem Hallenser Arzt aufgelegt. – Stellenweise mit Marginalien von alter Hand. – VD 16, K-538 und K-540; Richter, Egenolffs Erben (1965), Nr. 45; Bibl. Walleriana 5251; Durling 2649; Horn/Arndt 57. Wenige vereinzelte Blätter stärker, sonst kaum gebräunt. Ein vorzüglich erhaltener Sammelband im ersten Einband. Provenance: Gestochenes Wappenexlibris (Wegmann 2839) des 1853 in Bern geborenen, in Deutschland als Leibarzt des Prinzen Albrecht von Solms-Braunfels wirkenden Karl Gerster. Geschenkexemplar im Wappeneinband des Grossherzogs Pietro Leopoldo I. 226 REGOLAMENTO del Regio Arcispedale di Santa Maria nuova di Firenze. [Hrsg. von Marco Covoni-Girolami]. Gr.-4to (281 x 200 mm). Mit Frontispiz, nach Oricellari gestochen von G. B. Cecchi, 1 gef. Kupfertafel mit handkoloriertem Grundriss des Spitals Santa Maria Nuova, 3 gef. Kupfertafeln mit architektonischen Darstellungen nach Luigi Mulinelli gest. von Giovanni Battista Cecchi, 11 gest. ‘Stammbaumtafeln’ [“Prospetto universale di tutti gl’ Impieghi”], gest. Titelvignette [Wappen Erzherzogs Leopold II von Lothringen-Toskana] und 22 (1 gef., 16 doppelblattgr.) Tabellen. XIV, 313 S., [3] Bl. [“Spiegazione delle tavole”], (3) Bl. [“Analisi dell’ Acqua”]. Roter Maroquinband d. Z. mit Wappensupralibros des Grossherzogs der Toskana Pietro Leopoldo I. auf dem Vorderdeckel, bzw. des Spitals auf dem Hinterdeckel, innerhalb einer Dentellebordüre in Goldprägung, mit reicher Rückenvergoldung, Goldschnitt. Firenze, Geatano Cambiagi stampatore chf 4800.granducale, 1783. In Maroquin gebundenes Geschenkexemplar der ersten offiziellen Statuten des Ospedale di Santa Maria Nuova in Florenz. 1774 hatte der Grossherzog das erste Gesetz über die Spitalbehandlung von Geisteskranken in Europa erlassen. Mit Datum vom 17. November 1783 wurde dieses erste offizielle Reglement für das Hospital Santa Maria Nuova in Florenz vom Grossherzog dekretiert. Unter dem reformfreudigen Leopold I. wurde die Toskana im Laufe eines Vierteljahrhunderts zu einem Musterland der europäischen Aufklärung. Verfasser der Statuten war der grossherzogliche Emmissär Marco Covoni-Girolami. Als Direktor des Spitals Santa Maria Nuova war er auch die treibende Kraft in der Reformierung des toskanischen Sanitätswesens. Eine zweite Ausgabe des Nuovo Regulamento wurde zusammen mit den Statuten für das Spital S. Bonifazio von V. Chiarugi 1789 herausgegeben. – Breitrandiges und nahezu gänzlich fleckenfreies Exemplar in einem Prachteinband, mit dem grossherzoglichen Wappen auf dem Vorderdeckel bzw. dem des Spitals auf dem Hinterdeckel. – Einband fachmännisch restauriert, neue Vorsatzpapiere. Bibliographie: ICCU (Online Kat.) 009044; vgl. Zachert/Zeidler 535; Lesky 384 (nur spätere Ausgabe). Early Secular Hollow Earth Fiction in its Scarce First Edition 227 RELATION D’UN VOYAGE du Pole Arctique, au Pole Antarctique, par le centre du monde avec la description de ce périlleux passage, & des choses merveilleuses & étonnantes qu’on a découvertes sous le Pole Antarctique. 16mo (154 x 100 mm). mIT 5 Kupfertafeln (4 gefaltet). Titel in Rot und Schwarz. [6] Bl., 180 S. Kalbslederband d. Z., mit Rückenvergoldung und Rückenschild (Rücken and Kopf und Fuss defekt, kurzer Wurmgang im Hinterdeckel, Kanten beschabt). Amsterdam, N. Etienne Lucas, 1721. chf 2400.Erstausgabe. Anonym veröffentlichte französische ‘Voyage imaginaire’, “said to be the strangest voyage ever related” (Sidney A. Spence). Als erstes fiktives Werk über die eisige Welt der Antarktis war 1605 ‘Mundus alter et idem’ von Bischof Joseph Hall unter seinem Pseudonym Mercurio Brittanico veröffentlicht worden. Als mögliche Quelle für unsere ‘Relation d’un voyage’ kann Simon Tyssot de Patots 1720 in Amsterdam veröffentlichter Roman ‘La vie, les aventures et le voyage de Groenland du R. P. Cordelier Pierre de Mésange’ vermutet werden. Beschrieben wird hier eine phantastische Reise von Amsterdam nach Grönland, während der das Schiff von einem gigantischen Strudel in die Tiefe gesogen wird und im Südkontinent wieder auftaucht. “After encountering a variety of creatures, a volcano, a pyramid with fiery reflections, and a structure of white stones, the whalers set sail for the Cape of Good Hope. The genre of creating a southern continent inhabited by unknown peoples with what the author considered to be proper moral and political persuasions is a popular format which has lasted four hundred years” (F. Lancaster Cordes in: Tekeli-li or Hollow Earth Lives. A Bibliography of Antarctic Fiction, 1993). Das ohne eigentlichen utopischen Entwurf auskommende Werk erschien erneut 1723 in Paris sowie 1734 in Den Haag. CharlesGeorges-Thomas Garnier nahm den Text auf als Teil XIX in seinen Voyages imaginaires, songes, visions et romans cabalistiques (Paris, 1787-89). Manchmal wurde das Werk zu Unrecht dem dänischen Schriftsteller Ludvig Holberg zugeschrieben, dessen 1741 erstmals erschienener Roman ‘Nicolai Klimii iter subterraneum novam telluris theoriam ac historiam ... ‘ sich offensichtlich aber an der ‘Relation d’un voyage’ anlehnt. – Kurzer Wurmgang im Innensteg der S. 127-180 oben, ein sauberes und komplettes Exemplar dieser Rarität. Bibliographie: Versins 729 (“Nous avons là, pour la première fois sans doute, un traitement de l’dée très moderne qui consiste à accepter que, ces choses mystérieuses que l’on voit, elles ne soient pas élucidées”); Spence, Antarctic Miscellany (1980), no. 966; Fausett, Images of the Antipodes in the 18th Century (1994), p. 36f. 228 RIEGER, Christian (1714-1780). Universae architecturae militaris elementa brevibus recentiorum observationibus illustrata conscripta. 4to (232 x 190 mm). Mit allegorischem Titelkupfer, nach F. Mayer gestochen von Mansfeldt, 22 num. und gefalteten Kupfertafeln, 5 gefalteten Tabellen, 3 Textkupfern. 6 Kopfoder Schlussvignette von Ph. Gütl und gest. Titelvignette. [6] Bl., 348 S., [5] Bl. Geglätteter brauner Kalbslederband über 4 erhabenen Bünden, mit goldgeprägter Deckelbordüre und Wappen-Supralibros mit gekröntem österreichischen Doppeladler und Wappen von Habsburg-Lothringen im Zentrum (Vergoldung teilweise oxidiert). Wien, Johann Thomas Trattner, September 1758. chf 1800.Wappeneinband für das Haus Habsburg-Lothringen über der Erstausgabe des Lehrwerks zum Festungsbau, zur Pyrotechnik und die Militärtaktik. Als Komplementärwerk zu seinem zwei Jahre zuvor veröffentlichten Traktat über die bürgerliche Baukunst widmete es der gelehrte Wiener Jesuit Christian Rieger der Kaiserin Maria Theresia, die mit ihrer Heirat mit Herzog Franz I. Stephan von Lothringen am 12. Februar 1736 in Wien das Haus Habsburg-Lothringen begründete. Wie schon die ‘Architectura civilis’ wurde auch das vorliegende Werk an der von den Jesuiten als Seminarium nobilium gegründeten und dann als Collegium Theresianum bekannten Erziehungsanstalt für die adelige Jugend Wiens als Unterrichtsbuch verwendet. 1761 verliess Rieger Wien, um bis 1765 als Professor in Madrid am Colegio Imperial Mathematik zu unterrichten. Später wirkte er u.a. als Rektor in Passau und im slovenischen Laibach (Liubliana). – Stellenwiese wenige kleine Flecken, geringfügige Randbräunung der Tafeln, ein vorzügliches Exemplar im Wappeneinband. Bibliographie: Jordan, Bibliographie zur Geschichte des Festungsbaus (2003), 3130; Jähns 2762; De Backer/Sommervogel VI, 1842, 2; U. Giese, J. Th. Edler von Trattner, Nr. 380. 229 RIVOIRE, André (1872-1930). Il était une bergère ... Conte en un acte en vers. Représenté pour la première fois sur la scène du Théâtre Français, le 7 avril 1905. 12mo (197 x 153 mm). Mit 1 ganzseitigen signierten Original-Aquarell (Darstellung eines jungen Mädchens) auf dem fliegenden Bl. und 11 weiteren, teilweise fast ganzseitigen, Original-Aquarellen von Eugène Grivaz im Text. [6] Bl., 57 S., 1 Bl. Roter Maroquinband d. Z. auf 5 erhabenen Bünden, Deckel mit Dentellebordüre in Goldprägung, Rückenvergoldung, Vorsätze aus Moiréepapier, illustrierter Original-Umschlag miteingebunden, Kopfgoldschnitt (signiert E. T. Pierson). Paris, Alphonse Lemerre, 1905. chf 2800.Mit zwölf Original-Aquarellen im Rokokostil von Eugène Grivaz illustriertes Vorzugsexemplar, gebunden in Ganzmaroquin ‘à la dentelle? durch den in der Zeit von 1870 bis 1905 wirkenden Pariser Meisterbinder E. T. Pierson. Eines von 15 handschriftlich nummerierten und vom Verleger monogrammierten Exemplaren auf holländischem Büttenpapier. – Ein hervorragendes Zeugnis der um die Jahrhundertwende in Frankreich gepflegten “haute bibliophilie”. Provenance: Aus der Bibliothek des Genfer Bibliophilen Silvain S. Brunschwig (1882-1972). 230 ROSENCREUTZER, Marcus Friedrich (Pseud. von Franz RITTER, 1579-1641). Astronomia inferior, Oder: Septem planetarum terrestrium spagyrica recensio. Das ist: Erzehlung und Erwehlung der sieben irdischen Planeten, als da sind: Bley, Zin, Eisen etc. ... Durch Marcum Friedericum Rosencreutzer ... – Anjetzo auffs neu mit Fleiß übersehen, und an vielen Orten verbessert, auch mit ... 2 schönen Tractätlein vermehret. Kl.-8vo (158 x 94 mm). Mit 7 grossen allegorischen Holzschnitten im Text. Titel in Rot und Schwarz. [22], 410 S., [15] Bl. Index. – [Mitgebunden:] [PITHOPOEUS [=Helm], Wilhelm (tätig um 1614)]. Vincedoxicum, das ist, Wie man sich wider hefftige, geschwinde und gefährliche Kranckheit der Pestilentz oder Infection ... curiren könne ... [26], 143 S. – [Und:] [PARACELSUS, A. P. Th. Bombast von Hohenheim (1493-1541)]. Kurtzer und warhaffter Bericht, von der gefährlichen Kranckheit der Pestilentz, wie die aus dem Liecht der Natur zu erkennen ... und ... curiret soll werden. Aus den Büchern ... Theophrasti Paracelsi von Hohenheim ... zusammen getragen und gemehret. Durch Johann Jacob Nietheimer. [12], 91, [1] S. Nürnberg, Christoph Endter, 1674. – [Und:] Cabalae Verior descriptio. Das ist, Gründliche Beschreibung Erweisung aller natürlichen und übernatürlichen Dingen, Die durch das Verbum Fiat alles erschaffen ... Mit ganzseitigem Titelholzuschnitt. 64 S. (inkl. Frontispiz). Hamburg, Georg Wolff, 1680. Zus. 4 Titel in 1 Bd. Halbpergamentband d. Z. Nürnberg, Christoph chf 3800.Endter, 1674 und Hamburg, Georg Wolff, 1680 (‘Cabalae’). Sammelband mit zwei alchemistischen Texten und zwei bereits zuvor separat aufgelegten Veröffentlichungen zur Pest. Ad I) Das erstmals 1646 anonym erschienene alchemistische Werk wird allgemein dem 1641 gestorbenen Nürnberger Mathematiker, Sternforscher und Prediger Franz Ritter zugeschrieben. Brüning erwähnt als weiteren möglichen Verfasser den Namen von Marcus Freund (1603-1662), Pfarrer und Kalenderschreiber, der mit Ritter befreundet war. Das mit sieben halbseitengrossen Holzschnittdarstellungen von: ‘De Saturno – Vom Bley, De Jove – Vom Zinn, De Marte – Vom Eisen, De Venere – Oder Kupffer, De Mercurio communi – Vom gemeinen Quecksilber, De Sole – Vom Gold, De Luna, oder vom Silber’ geschmückte Werk behandelt den Einfluss der verschiedenen Planeten auf die einzelnen Metalle und Halbmetalle. “An interesting work dealing with the properties of lead, tin, iron and other metals and their relations to the seven planets. It contains much interesting odd information, e. g., pp. 66 ff., where an explanation of Paracelsus’ theory of the loadstone is given; pp. 280 ff, where an account of the London alchemist Antony’s remedies against the plague is given; pp. 340 ff., where work in the mines is discussed; and p. 263 where methods of preparing artificial mineral waters are dealt with” (Duveen). – Minimal gebräunt, von vorzüglicher Erhaltung. – Sudhoff 402; VD 17 (Online Kat.) 3:604444R; Brüning 2296; Ferchl 455; Kopp II, 365; Duveen 513; Caillet 9593. Ad II/III: Mit je eigenem Titelblatt mitgedruckt sind zwei früher veröffentlichte Pesttraktate von Paracelsus und dem Wiener Hofarzt Wilhelm Helm (latinisiert Pithopoeus). – Sudhoff 402; VD 17 (Online Kat.) 23:243606R und 3:604444R; Brüning 2296; Ferchl 455; Kopp II, 365; Duveen 513; Caillet 9593; Sudhoff 402. Ad IV) Ein in Frag- und Antwortform gehaltener alchemistisch-kabbalistischer Führer für Studenten der höheren Semester, gedruckt mit einem schönen Titelholzschnitt (Figura cabalae), der zuerst 1606 in Franz Kiesers ‘Cabala chymica’ erschien. Eine unveränderte Neuausgabe dieses Textes wurde 1761 in Frankfurt am Main veröffentlicht. Der Titelholzschnitt mit ausführlicher Erläuterung verso, “depicts a bearded figure holding a geometrical compass and square, standing behind a terrestrial globe surrounded by the seven astrological planets, all radiating their energies onto the earth. The relationship between the planets and earth is described by the words Supernaturalis and Naturalis, respectively, at the top and bottom of the engraving, and reinforced by the famous As above, so below message from the Emerald Tablet at the base of the engraving” (Peter J. Forshaw, Cabala Chymica or Chemia Cabalistica. Early Modern Alchemists and Cabala, in: Ambix, Bd. LX [2013], S. 362). – Brüning 2439; VD 17 (Online Kat.) 23:242928F; Sudhoff 277; Rosenthal 2886; Ferguson I, 135; Kopp, Alchemie II, 230. 231 ROUSSEAU, Jean Jacques (1712-1778). Aemil. oder von der Erziehung. Aus dem Französischen übersetzet, und mit einigen Anmerkungen versehen [von Johann Joachim Schwabe]. Erster (-vierter) Theil. 4 Teile in 1 Bd. 8vo (180 x 105 mm). [7] Bl., 328 S., 248 S., [16] Bl. Register, 272 S., 320 S., [11] Bl. Register. Pergamentband d. Z. (berieben). Berlin, Frankfurt und Leipzig, [Weidmanns Erben chf 3800.und Reich], 1762. Sehr seltene erste deutsche Ausgabe von Rousseaus ‘Emile ou de l’éducation’, ein epochales Buch über die Menschwerdung durch Erziehung, mit dem ein neuartiges pädagogisches Denken ins allgemeine Bewusstsein trat. Gedruckt ohne Hinweis auf den von Philipp Erasmus Reich geführten Verlag Weidmanns Erben und Reich, erschien diese vom Leipziger Gelehrten Johann Joachim Schwabe (17141784) besorgte Uebertragung schon kurz nach der im Mai/Juni 1762 (mit Verlagsort La Haye) veröffentlichten Pariser Originalausgabe von Duchesne. Ermöglicht wurde dies, weil Druckbogen des Lyoner Drucks von Jean-Marie Bruyset, der von Duchesne ein Vorausexemplar der Editio princeps für seinen Nachdruck erhalten hatte, an den Geschäftspartner Reich in Leipzig gesandt wurden. “When his printing was nearing its completion in April 1762, Duchesne printed four cancels to be placed in the first two volumes which had been completed and sent to Bruyset by the end of February. He sent copies of the cancels to Bruyset, who reprinted them for his own edition. Thus, like the Paris edition, the completed copies of Bruyset’s edition, which were eventually delivered to Reich for distribution, have four cancelantia in the first two volumes ... (Bruyset) was releasing copies of his sheets to Reich for translation into German.The fact that this German translation gives the text of the cancellanda, rather than that of the cancellantia, strongly suggests that Schwabe translated from Bruyset’s sheets as they arrived, rather than from a finished copy of Bruyset’s edition” (Jo-Anne McEachern). Der Roman löste einen europaweiten Skandal aus. In Paris und Genf wurde das Werk verboten und öffentlich verbrannt. Rousseau entging der Verhaftung durch Flucht in das damals zu Preussen gehörende Neuchâtel. In der Heimatstadt Genf galt er fortan als gefährlicher Denker, so dass Rousseau, tief enttäuscht, auf sein Bürgerrecht verzichtete. Provenance: Hs. Exlibris auf Vorsatz. Bibliographie: Sénelier 858; Dufour 204; McEachern, The Diffusion of Émile in the 18th Century, in: Terrasse, Rousseau et l’éducation (1983), S. 116ff.; Kaldeway, Hehres & Triviales X (1978), 351 (dieses Ex.); Vosskamp, ‘Un livre paradoxal’. J.J. Rousseaus Emile in der deutschen Diskussion, in: Jaumann, Rousseau in Deutschland (1995), 103f. 232 — Die Neue Heloise, oder Briefe zweyer Liebenden, aus einer kleinen Stadt am Fusse der Alpen ... Aus dem Französischen übersetzt [von Johann Gottfried Gellius u.a.]. Neue verbesserte Auflage. Erster (-sechster) Theil. 6 Teile in 3 Bdn. 8vo (156 x 95 mm). Mit Frontispiz von und nach Carl Leberecht Crusius und 12 Kupfertafeln, nach Hubert François Gravelot radiert von Crusius. Drucktitel, IV, 376 S.; XVI, 296 S.; L, 220 S., 1 leeres Bl., 302 S.; 276 S., 264 S. Marmoriertte Kalbslederbände d. Z. über 5 erhabenen Bünden, mit reicher Rückenvergoldung und je zwei Rückenschildchen, Rotschnitt (Kanten berieben, Ecken bestossen). Leipzig, Weidmanns Erben und Reich, 1776. chf 2800.Rousseaus grösster Bucherfolg und einer der meistgelesenen Romane der Aufklärungszeit in der seltenen zweiten und verbesserten illustrierten deutschen Auflage, die 1761 tatsächlich als erste illustrierte Ausgabe dieses Romanwerks erschien. “Ainsi trois ans avant que ne le fasse un éditeur parisien, c’est un éditeur allemand qui réalise, en traduction, le rêve de Rousseau de voir son roman accompagné de ses estampes. La traduction allemande de La Nouvelle Héloïse est donc la première édition illustrée de ce roman” (N. Ferrand). Das in der französischen Ausgabe nicht vorhandene Frontispiz stammt von Carl Leberecht Crusius (1740-1779) “qui introduit un sujet en dehors du projet iconographique de Rousseau” (Nathalie Ferrand). Die Kritik an der schwankenden Qualität der deutschen Uebersetzung von 1761 durch den Leipziger Magister Johann Gottfried Gellius (1732-1781) und weiteren, anonym gebliebenen Personen, wurde von Gellius mit der Bemerkung pariert: “Ihre eigentliche Reife gewinnen sie [die Uebersetzungen] bei der zweiten Ausgabe; und nur bei diesen sollten sie kritisch durchgegangen werden”. – La Nouvelle Héloïse spielt auf die mittelalterliche Liebesund Leidensgeschichte von Héloïse d’Argenteuil und Pierre Abélard an und ihr Verfasser propagiert die Rückkehr zum einfachen Leben und zur Natur. Der von Rousseau verwendete Naturbegriff (Retour à la nature) wird als Idealzustand begriffen, zu dem die Menschen erst wieder hinerzogen werden müssten, denn ihren ursprünglichen Naturzustand hätten sie unwiederbringlich verloren. Rousseaus Naturbegeisterung – die Bergwelt als Ort der wilden Reinheit und natürlichen Freiheit – trug in der Folge wesentlich zur aufkommenden Schweizbegeisterung bei. – Minime Bräunung und vereinzelte kleinere Braunflecken, ein schönes Exemplar. Bibliographie: Dufour I, 106; Cohen/de Ricci 906; Lewine 476; Hayn/Gotendorf VI, 561; Fromm 22783; Ferrand, Traduire et illustrer le roman au XVIIIe siècle (2011), S. 79ff. Nicht in Sénelier. 233 RUCHAT, Abraham (1680-1750), Johann Georg ALTMANN (1695-1758) und Abraham STANYAN (1669-1732). L’état et délices de la Suisse, ou description helvétique [Bde. II-IV: historique] et géographique des XIII. cantons suisses et de leurs alliés. Nouvelle édition, corrigée et considérablement augmentée par plusieurs auteurs célèbres, et enrichie de figures en taille-douce et de cartes géographiques, en IV. volumes. 4 Bde. 12mo (176 x 107 mm). Mit 1 gef. Kupferstichkarte der Schweiz, gest. von M. B. Wachsmuht und 35 (statt 36) gef. Kupfertafeln mit Ansichten etc. nach Emanuel Büchel, J. J. Scheuchzer, gestochen von M. B. Wachsmuht. [2] Bl., XXIV S., 1 Bl., 432 S.; [3] Bl., 444 S.; [3] Bl., 350 S.; [3] Bl., 422 S., 1 Bl. (‘Avis au relieur sur les figures’). Halblederbände des 19. Jhs. über erhabenen Bünden (Rücken geringfügig berieben). Basel, Emanuel Thurneysen, 1776. chf 1800.- Illustrierte Reise- und Staatsbeschreibung der Helvetischen Republik, eine Neuedition der Basler Ausgabe von 1764. Als Grundlage dienten dem Historiker J. G. Altmann vor allem die beiden 1714 erschienenen Werke von Abraham Ruchat (Les délices de la Suisse) und Abraham Stanyan (An Account of Switzerland) sowie die Schriften Johann Jakob Scheuchzers. “Die anstössigsten, unduldsamsten Stellen, alles Abergläubische wurde gestrichen ... die Ortsgeschichte hat wesentliche Verbesserungen erfahren. Alle Probleme der Epoche werden berührt ... Die Kritik an der Aristokratie ist scharf, die Idee der Volkssouveränität aber noch fern” (Feller/Bonjour). – Es fehlt die Ansicht von Solothurn. – Vereinzelte Lagen gebräunt. Bibliographie: Barth 17228; Feller/Bonjour 617; vgl. Haller I, 718; Perret 3824. 234 — DASSELBE. Halblederbände d. Z. über 5 erhabenen Bünden, mit je 2 Rückenschildchen und Rückenvergoldung. Amsterdam, Wetstein & Smith, 1730. chf 1900.Provenance: Hs. Besitzeintrag von J. R. Steiguer de Frienisberg auf allen vier Vorsätzen. Bibliographie: Quérard, La France littéraire VIII, 277; Wäber III/38; DHBS V/583 et VI/322; Perret 3814; Ischer, Johann Georg Altmann, in: Neujahrsblatt der literarischen Gesellschaft in Bern auf das Jahr 1903, S. 3ff. 235 RYCAUT, Sir Paul (1628-1700). The History of the Turkish Empire from the Year 1623 to the Year 1677. Containing the Reigns of the Three Last Emperours, Viz / Sultan Morat or Amurat IV, Sultan Ibrahim, and Sultan Mahomet IV his Son, the XIII. Emperour Now Reigning. Folio (303 x 200 mm). Mit Portrait-Frontispiz nach P. Lely gestochen von R. White, 3 nahezu ganzseitigen Portraits von Sultan Morat, Ibrahim und Mahomet IV. in Kupferstich und 1 ganzseitigen Kupfer (A Turkish Pageant). [4] Bl. (inkl. Frontispiz), 89, [2], 336 S., [8] Bl. Lederband des 18. Jhs., (Rücken erneuert, mit altem Rückenschild, Ecken bestossen, neuere Vorsätze). London, J. M. for J. Starkey, 1680. chf 2100.Erstausgabe. Die unvergleichliche Erfahrung seines siebzehjährigen Aufenthalts im Osmanischen Reich floss hier in das Geschichtswerk des umfassend gebildeten französischen Diplomaten ein. Ursprünglich wollte Rycaut die Geschichte ab dem Jahr 1640 aufrollen, liess sich dann aber durch den Verleger John Starkey überzeugen, sie als Kontinuum des früher erschienenen, bis auf das Jahr 1622 reichenden Werks von Richard Knolles, mit dem Jahr 1623 anheben zu lassen. Rycaut war sich sehr bewusst, dass die ersten Kapitel, bei denen er sich stark auf die Arbeiten von Sagredo und anderer venezianischer Autoren abstützen musste, dem Leser einen unzureichenden Eindruck über seine eigenen Fähigkeiten als Historiker hinterlassen könnten. “He accordingly moved to the middle of the volume, to serve as an introduction to the years after 1660, his original title-page (still dated 1679), his original preface, and a new epistle to the reader distinguishing sharply between the first half of the book, ‘for the most part extracted from Venetian Writers’, and the second half, ‘the Product of my own Observations, being matters transacted in my time, which being part seen by my self, and in part received from good and probable Advices, I call by the Name of my Memoirs ... and therefore by God’s assistance assume the chief Merit of that Work unto my self”. Die erste Ausgabe war bald verkauft und fünf Ausgaben der französischen Uebersetzung wurden allein zwischen 1682 und 1684 aufgelegt. Die englischen Nachdrucke erschienen unter dem abgeänderten Titel: History of the Turks. Erst 1694 erschien schliesslich auch die erste deutsche Ausgabe, zehn Jahre nach der holländischen Version. Die ganzseitige Abbildung auf Seite 320 zeigt eine zur Höhe hin abnehmende, masthohe ‘Hochzeitspalme’, als Sinnbild zeugender, befruchtender Kraft. – Gebräunt und stellenweise schwach stockfleckig. Bibliographie: Wing R 2406; Atabey 1074; Hage Chahine 4197; Anderson, An English Consul in Turkey (1989), 229f. 236 SACHS, Hans (1494-1576). Der Büler Artzney. Mehr die Neun Geschmeck inn dem Ehelichen standt. Kl.-4to (182 x 134 mm). Mit 2 halbseitengrossen Titelholzschnitten. [10] Bl. [A-B4, C2]. Broschur. (Nürnberg, Georg Merckel ... bey der Kalckhütten, [ca. 1553/1554]). chf 1800.Eine von drei Ausgaben der um 1553/54 erschienenen beiden Gedichte, je mit einem schönen Holzschnitt geschmückt. – Durchgehender Wasserrand. Bibliographie: VD 16, S-204; Weller 9; Keller/Goetze, S. 150; Goedeke II, 426, 111. 237 — Der gantz Haußrat, bey dreyhundert stuecken, so ungefehrlich inn ein jedes Hauß gehoeret. Mehr ein nuetzlicher raht, den jungen gesellen die so sich verheiraten woellen. – [Und ab Bl. B2r:] Ein Rat zwischen eynem Alten man, und jungen gesellen dreyer Heyrat halbeen (sic)]. Kl.-4to (181 x 147 mm). Mit 2 halbseitengrossen Holzschnitten (Hochzeitsgesellschaft am Tisch, resp. Darstellung der drei Lebensalter) und 1 Zierleiste (wiederholt) mit Monogramm GM (Georg Merckel) in Holzschnitt. [8] Bl. [A-B4]. Geheftet. (Nürnberg, Georg Merckel, 1553). chf 2400.Eine von drei bekannten Druckvarianten dieser Nürnberger Edition mit zwei verschiedenen Reimgedichten von Hans Sachs. Das zuerst 1544 in der Schreibweise “Der gantz Hawsrat” veröffentlichte Hausratgedicht wird hier erstmals zusammen mit dem “Rat zwischen eynem Alten man und jungen Gesellen” aufgelegt. Die bis ins frühe 14. Jh. zurückreichenden, ursprünglich eher parodistisch gemeinten Hausratsgedichte wurden im Lauf des 15. Jhs. “positiv und ins Ernsthafte gewendet” (De Boor). Als Hilfe für junge Protestanten im heiratsfähigen Alter werden darin sowohl notwendige als auch wünschenwerte Haushaltsgegenstände (darunter auch Karten- und Brettspiele), aufgezählt. Der halbseitengrosse Titelholzschnitt zeigt eine Familie am Esstisch. Das mitgedruckte Liebesgedicht erschien zuerst separat im Jahr 1549. Der nach Virgil Solis geschnittene Holzschnitt verkörpert das Lebensalter des Mannes und zeigt rechts aussen einen kleinen Jungen auf seinem Steckenpferd reitend, neben ihm eine Jünglingsgestalt und in der linken Bildhälfte ein Greis am Tisch sitzend, vor sich ein Rechenbrett und Münzen. – Ein unbeschnittenes Exemplar, erstes und letztes Blatt stockfleckig. Bibliographie: VD 16, S-280; Weller 68; Goetze 202d; Hayn-Gotendorf VII, 16; Maltzahn 10, 7; Geisberg, Bilder-Katalog (1930), S. 227, Abb. 1325. 238 — Des veriagten Frids Klagred, uber alle stendt der Weldt. Mehr ein klagredt der Neün Muse oder kuenst uber Teudtschlandt. Kl.-4to (171 x 140 mm). Mit allegorischem Titelholzschnitt. [10] Bl. Moderner Pappband. (Nürnberg, Georg Merckel. Wonhafft auff dem Newen baw, bey der Kalchhütten, [1553]). chf 2300.Estausgabe. Hans Sachs’ grosses Klagegedicht über den Krieg und die Missachtung der Kunst. Seine Gedichte stellen wahre “Denkmäler volkstümlicher Auffassung der grossen Begebenheiten dar, für welche sonstige Quellen keinen Ersatz bieten” (Wolf, Quellenkunde der deutschen Reformation II, 565f.). Der grosse Titelholzschnitt zeigt den stehenden Dichter vor der sitzenden, allegorischen Gestalt des Friedens, am Boden zwei Echsen und ein kleiner Hund. Der Druckvermerk mit der Querleiste des Druckers darüber, monogrammiert GM. – Minimal gebräunt. Bibliographie: VD 16, S-593; Goedeke II, 425, 76; Weller, Sachs, 93; Kuczynski 2334; Ausstellungskat. Die Welt des Hans Sachs (1976), Nr. 247. 239 — Des veriagten Frids Klagred, uber alle stendt der Weldt. Mehr ein klagredt der Neün Muse oder kuenst uber Teudtschlandt. Kl.-4to (182 x 134 mm). Mit halbseitengrossem Titelholzschnitt. [10] Bl. Broschur (unter Ecke des Vorderumschlags fehlt). (Nürnberg, Georg Merckel. Wonhafft auff dem Newen baw, bey der Kalchhütten, [1553]). chf 2100.Estausgabe. Hans Sachs’ wortmächtige Klage über den Krieg und die Missachtung der Kunst. Seine Gedichte “sind Denkmäler volkstümlicher Auffassung der grossen Begebenheiten ... für welche sonstige Quellen keinen Ersatz bieten” (Wolf, Quellenkunde der deutschen Reformation II, 565f.). Der halbseitige Holzschnitt auf dem Titelblatt zeigt den Dichter vor der sitzenden, allegorischen Gestalt des Friedens, am Boden zwei Echsen und ein kleiner Hund. Der Druckvermerk mit der Querleiste des Druckers darüber, monogrammiert GM. – Titelblatt minimal gebräunt. Bibliographie: VD 16, S-593; Goedeke II, 425, 76; Weller, Sachs, 93; Kuczynski 2334; Ausstellungskat. Die Welt des Hans Sachs (1976), Nr. 247. 240 — Drey guter Nützlicher lehr einer Nachtigal. Kl.-4to (183 x 159 mm). [4] Bl. Geheftet. Nürnberg, Valentin Neuber, (um 1560). chf 2400.Erstausgabe. In Form eines Zwiegesprächs zwischen einem Bauern und einer Nachtigall gehaltenes, um 1560 zu datierendes, allegorisches Reimgedicht. Als Hauptquelle der aus dem Orient stammenden Fabel diente dem Nürnberger Meistersinger Hans Sachs die 1476 in Ulm gedruckte Aesop-Uebertragung Heinrich Steinhöwels. Die Nachtigall – Symbol der Gottsuche – gewährt dem Bauern als Gegenleistung für die Freilassung drei Ratschläge: Erstens soll er nicht alles glauben, was man ihm erzählt, zweitens soll er sich mit den erhaltenen Gottesgaben bescheiden und drittens soll er verlorenen Gütern nicht nachtrauern. Der Titelholzschnitt wurde zuvor als Teil einer Titelbordüre von Eberhard Schön verwendet, sie zeigt drei Putti beim Pflücken von Rosenblättern. – Breitrandiges Exemplar. Bibliographie: VD 16, S-225; Weller 107; Goetze 244; Goedeke II, 430; Röttinger 40; Stiefel, Hans Sachs-Forschungen ... : Festschrift zur 400. Geburtsfeier des Dichters (1894), S. 191. 241 — Kladredt (sic) der waren Freundschafft, uber das volck Christlicher landt, welches sie flüchtig verlassen muß. Wer die brüderlich lieb hat kein Fuß mehr. Kl.4to (183 x 133 mm). Mit 2 halbseitigen Holzschnitten. [8] Bl. Graublaue Broschur. (Gedruckt zu Nüremberg durch Georg Merckel. Wonhafft auff dem newen Baw bey der Kalckhuetten ), [1554]. chf 2200.Einer von drei Drucken die vom VD 16 auf das Jahr 1554 datiert werden, möglicherweise der Erstdruck, der korrigiert als Klagredt, neu gesetzt mit den beiden gleichen Holzschnitten noch mehrfach neu aufgelegt wurde. Die beiden Holzschnitte (Landschaft mit Prunkboot und Jäger, resp. Barmherzigkeit und Eigennutz) sind stark vereinfachte und seitenverkehrte Nachschnitte von Flugblatt-Illustrationen. – Etwas gebräunt und mit Wasserflecken im Fusssteg. Bibliographie: VD 16, S-417; vgl. Fairfax Murray 377; Ausstellungskat.: Die Welt des Hans Sachs. 400 Holzschnitte des 16. Jhs. (1976), Nrn. 138 und 155. 242 — Klagredt der weldt, ob jrem verderben, dargege ein straffredt jrer grundtlosen boßheyt. Mehr ein klagred der wilden Holtzleut vber die vntrewen Welt. Kl.-4to (190 x 152 mm). Mit grossem, allegorischen Titelholzschnitt nach Georg Pencz. [8] Bl. Späterer Pappband. [Nürnberg, Georg Merckel, ca. 1554].chf 1700.- Der Inhalt von Hans Sachs’ Spruchgedicht wird von dem in etwas kleinerem Format nach Georg Pencz (1500-1550) geschnittenem Titelholzschnitt von 1531 erläutert. Er zeigt “Frau Welt” mit Krone auf dem Haupt und Zepter in der Rechten. Sie hat sich in die Höhle eines Zwerges geflüchtet und sitzt nun auf der Weltkugel. Der Alte rechts, Felix Justus, gibt ihr u. a. wegen ihrer Blindheit gegenüber Gott, die Schuld an ihrem Unglück und prophezeit ihr Gottes Strafe. Das eine Auge der “Welt” ist blind, und die zwei Ruten über ihrem Kopf in den Wolken verweisen auf die kommende Strafe. Links zwischen Zwerg und Frau Welt der zuhörende Dichter selbst. – Etwas gebräunt und gegen Schluss braunfleckig, insgesamt ein gutes und breitrandiges Exemplar. Bibliographie: VD 16, S-422; Weller 98, 5. 243 SAINT-ÉVREMONT Charles de Marguetel de Saint-Denis, Seigneur de (1610-1703). Oeuvres meslées. Publiées sur les manuscrits de l’auteur [par Pierre Desmaizeaux, avec une préface biographique par Pierre Silvestre]. 2 Bände. 4to (270 x 216 mm [Papierformat]). Mit Portrait-Frontispiz nach Parmentier gestochen von Pieter Gunst, 3 Kopfvignetten und grosser Titelvignette (wiederholt) in Kupferstich. [17] Bl., 460 S., [4] Bl. Index; [5] Bl., 808 S., [6] Bl. Index. Kalbslederbände d. Z. über 5 erhabenen Bünden, mit sehr reicher Rückenvergoldung und Rückenschild, Rotschnitt. Londres, Jacob Tonson, marchand-libraire, à Grays-Inn-Gate, 1705. chf 1100.Vorzugsausgabe im Quartformat, schönes Exemplar der ersten kompletten Ausgabe der Werke des grossen französischen Skeptikers, Freigeistes und Epikureers. Der GassendiSchüler und grosse Bewunderer Michel de Montaignes wurde nach Veröffentlichung seiner gegen Kardinal Mazarin gerichteten ‘Lettre sur le traité des Pyreénées’ (1661) gezwungen, Frankreich zu verlassen. Ueber Holland ging er nach London, wo er am Hof von James II. und seiner Nachfolger verkehrte. Er lebte sich in England so gut ein, dass er später die von Louis XIV ausgesprochene Begnadigung ablehnte. Den Ruf als Freidenker erwarb sich SaintEvremont mit seiner Ablehnung jeglichen religiösen Fanatismus und durch die Ueberzeugung, dass Angriffe auf die menschliche Vernunft nur von Engstirnigkeit und Widersinn zeugten. Ediert wurde die – manchmal auch in drei Bänden gebundene – Ausgabe von den beiden hugenottischen Flüchtlingen Pierre des Maizeaux (1673-1745) und von Pierre Silvestre (1662-1718), der hier auch die erste Biographie Saint-Évremonts vorlegte. – Titel und Titelei des ersten und ab Seite 225 des zweiten Bandes mit papierbedingter Bräunung, kl. ovaler Bibliotheksstempel auf beiden Titeln und erster Textseite; ein vorzügliches Exemplar, komplett mit dem vom Amsterdamer Stecher Pieter Gunst gestochenen Autorenportrait. Provenance: Gest. Wappenexlibris Charles Cammell und dessen Name, datiert 1918 auf Vorsatz. Bibliographie: Cioranescu (17e), Nr. 60801; Brunet V, 39; Venice under the Interdict 244 SARPI, Pietro (1552-1626). Historia particolare delle cose passate tra ‘l Sommo Pontefice Paolo V. e la Serenissima Republica di Venetia, gl’ anni MDCV, MDCVI, MDCVII ... Divisa in sette libri. 4to (216 x 154 mm). [2], 328 S. Flexibler Pergamentband d. Z. Lyon (recte Venezia, Antonio Pinelli), 1624 [recte 1625]. chf 1100.Mit Druckort Lyon tatsächlich In Venedig gedrucktes Exemplar, die Erstausabe erschien 1624 mit dem falschen Druckort Mirandola wohl tatsächlich in Genf. Verfasst hat diese häufig gedruckte Geschichte des berühmten Streits der Republik Venedig mit Papst Paul V. (Camillo Borghese, 1605-1621) der Historiker und Politiker Pietro Sarpi, der nach seinem Eintritt 1566 in den Servitenorden den Vornamen Paolo angenommen hatte. 1574 holte ihn Karl Borromäus zur Durchführung der Kirchenreform nach Mailand. Ende März 1606 zum offiziellen Staatstheologen der Republik Venedig ernannt, exponierte er sich in besonderer Weise. Unnachgiebig kämpfte er mit grosser Schärfe für die Wiedereinführung des venezianischen Staatskirchentums, wie es von den Päpsten in der Zeit vor dem Konzil von Trient geduldet worden war. Dieser kirchenpolitische Konflikt, bei dem es zunächst um einzelne Fragen der Jurisdiktionsgewalt und der Durchsetzung einzelner Gesetzesvorschriften ging, weitete sich zu einem Prinzipienstreit über das Verhältnis der geistlichen zur weltlichen Gewalt aus, der in ganz Europa nicht nur bei den Gelehrten Aufmerksamkeit erregte, sondern auch Spanien, Frankreich, England und italienische Staaten zur Intervention veranlasste. Sarpi wandte sich gegen die zentralistischen Tendenzen der nachtridentinischen Kirche, indem er die Gewalt des Staates über alle seine Untertanen als göttlichen Willen postulierte, dem Papst Missbrauch seiner Gewalt vorwarf und zum Widerstand gegen ihn aufrief. – Von diesem wichtigen Werk erschien im selben Jahr noch eine Duodez-Ausgabe mit dem Druckort Mirandola durch P. Alberto gedruckt in Genf. – Vereinzelte Flecken im Kopf- oder Fusssteg. Bibliographie: Graesse VI, 272; Parenti 111. 245 SAUNIER, Jean und Gaspar de (1663-1748). La parfaite connoissance des chevaux, leur anatomie, leurs bonnes & mauvaises qualitez, leurs maladies & les remedes qui y conviennent ... pratiquée, continuée. & donnée au public par son fils Gaspar de Saunier. Folio (389 x 245 mm). Mit 61 num. Kupfertafeln (ohne das Portrait), gest. von Creite, M. la Cave und L. van Bleyswyck sowie 1 grossen, gest. Wappenvignette und 1 gest. Titelvignette von und nach D. Coster. Titel in Rot und Schwarz. [5] Bl. (erstes leer), 256 S., [4] Bl. Index. Gesprenkelter Kalbslederband d. Z. über 7 erhabenen Bünden, mit reicher Rückenvergoldung und Rückenschild (kurzer Einriss im Vordergelenk unten). Den Haag, A. Moetjens, 1734. chf 3700.Frisches und breitrandiges Exemplar der Erstausgabe des reich illustrierten Pferdebuchs, von dem 1767 auch eine deutsche (Vollständige Erkenntniss von Pferden) und 1769 eine englische Uebersetzung (A guide to the perfect knowledge of horses) erschienen. Es ist die einzige zu Lebzeiten Gaspard Sauniers erschienene Veröffentlichung. Gaspard de Sauniers Vater Jean Saunier war Veterinär der Königlichen Stallungen. Als Achtzehnjähriger wurde Gaspard von Bournonville und Duplessis in der korrekten Pferdehaltung unterrichtet und 1688 erhielt er die Stellung eines Stallmeisters bei Duc Henri Jules de Bourbon-Condé. Für seine Verdienste wurde er zwei Jahre später zum Verwalter der Königlichen Pferdezuchtfarm in Saint-Léger by Montfort-l’Amaury ernannt. Einige Jahre später nahm er als Stallmeister des Comte de Montchevreuil auch Teil an militärischen Auseinandersetzungen. Nach dem Friedensvertrag von Ryswick 1697 trat er in die Dienste des Marquis de Courtanvaux, bevor er, wie zuvor schon sein Vater, zum Mitglied der Königlichen Stallungen ernannt wurde. 1706 tötete Gaspard in einem Duell seinen Kontrahenten und flüchtete darauf nach Köln, ab 1710 lebte er in Holland, wo er in Leiden die Pferdeakademie aufbaute, die schliesslich von seinem Schüler Godefroy Boyer übernommen und weitergeführt wurde. – Exemplar ohne Portrait-Frontispiz, das im Verzeichnis der Tafeln allerdings gar nicht aufgeführt wird. Bibliographie: Mennessier de La Lance II, 489; Huth, 31; Brunet V, 149; Nissen 3592; Cohen/ de Ricci 940; Lewin 497f.; Thomas Ritter, The Art of Riding. Classical Quotes Edition Nr. 30 (Online Version). 246 SAUSSURE, Horace Bénédict de (1740-1799). Essais sur l’hygrométrie. Gr.-4to (174 X 220 mm). Mit 2 Tafeln (1 gef.) und 1 Kopfvignette in Kupferstich. XXIV, 367 S. Original-Interimspappband, unbeschnitten. Neuchâtel, Samuel Fauche, 1783. chf 2800.Erstausgabe, erster Druck in einem unbeschnittenen Exemplar im Originalumschlag. Der emminente Genfer Wissenschaftler und Alpenforscher beschreibt hier das von ihm entwickelte erste Haarhygrometer, sicher das bedeutendste unter den von ihm für seine physikalischen und meteorologischen Experimente entworfenen Instrumente. Er nutzte damit als erster die Eigenschaft menschlicher Haare, sich bei Luftfeuchtigkeit auszudehnen, für die Erfindung eines wissenschaftlichen Messgeräts. “Saussure was making his remarkable experiments with human hair as a hygrometric element. It is scarcely surprising that no one before Saussure’s time had thought of using such fragile a fiber as hair ... The ‘Essais’ contain much more than a description of his instruments and their calibration. He made extensive experiments on the vapor pressure of water at various temperatures ... Finally, in the fourth and last essay, he had a great deal to say about the role of water vapor in the atmosphere” (Middleton). Der französische Naturforscher Georges Cuvier lobte die ‘Essais sur l’hygrométrie’ als Frucht einer der grossartigsten wissenschaftlichen Leistungen im 18. Jahrhundert. Im selben Jahr erschien auch noch eine kleinformatige Oktav-Ausgabe. – Minimale Bräunung und vereinzelte schwache Stockflecken, ein vorzügliches Exemplar im ursprünglichen Zustand. Bibliographie: Middleton, Inventions of meteorological instruments (1969), 100f.; Fueter, Grosse Schweizer Forscher, 158; Sparrow, Milestones of Science, 174 und S. 26f.; Sigrist, Les ‘Essais sur l’hygrométrie’ ou l’art de la mesure précise, in: Saussure, un regard sur la terre (2001), S. 109ff. From the library of Baron Joseph Marie de Gérando 247 SAVARY, Claude Etienne (1750-1788). Morale de Mahomet; ou recueil des plus pures maximes du Coran. On ne trouvera dans cet abrégé que des pensées propres à élever l’ame, & à rappeller à l’homme ses devoirs envers la Divinité, envers soi-même & envers ses semblables. 12mo (151 x 92 mm). [2] Bl., 91 S. Olivgrüner Maroquinband d. Z. von [Nicolas-Denis] Derome le jeune (Etiquette), mit Dreifachfilete und Eckstücken in Goldprägung, Rücken-, Steh- und Innenkantenvergoldung, Goldschnitt. A Constantinople [recte Paris]; Et se trouve à chf 2800.Paris, Chez [Pierre Michel] Lamy, 1784. Erstausgabe. Mit irreführendem Druckort Constantinopel tatsächlich in Paris für den Verleger Pierre Michel Lamy (ca. 1755-1809) auf Vélinpapier gedruckter Auszug aus der 1782/83 vorgelegten (zweiten) französischen Koranübersetzung des Orientalisten Claude Etienne Savary, die André Du Ryers Version von 1647 ersetzte. “Je n’ai recueilli dans cet abrégé que la morale la plus pure de Mahomet. J’en ai élagué tout ce qui respire l’erreur ou le fanatisme: on n’y trouvera que des pensées propres à élever l’âme, & à rappeler à l’homme ses devoirs envers la Divinité, envers soi-même, & envers ses semblables” (Vorwort). – In olivgrünes Maroquin gebunden wurde unser Exemplar im Atelier des damals führenden Pariser Buchbindermeisters Nicolas Denis Derome le jeune (1731-1788). Provenance: Aus der Bibliothek des Linguisten und Philanthropen Baron Joseph-Marie de Gérando (1772-1842), Membre de l’Insitut de France und im Jahr 1800 Urheber der ersten Methodologie für die anthropologische Feldforschung (“Considérations sur les méthodes à suivre dans les observations des peuples sauvages”) Bibliographie: Enay, Mohammed und Der Heilige Koran (1995), Nr. 173; Ebert 20381; Pouillon, Dictionnaire des orientalistes de langue française (2008), S. 871. Prachteinband von Chambolle-Duru 248 SCARRON, Paul (1610-1660). The Comical Romance, and Other Tales. [From the French] Done into English by Tom Brown of Shifnal, John Savage, and others. With an introduction by J. J. Jusserand. Illustrated from the designs of [Jean-Baptiste] Oudry. 2 Bde. 8vo (224 x 140 mm). Mit je 3 gestochenen PortraitFrontispizen, 26 Tafeln nach Le Barbier, François Flameng, Buet und L. Menziès gest. von L. Petit, Chapuy, Frig, Léopold Flameng, Baquoy, Hubert, Bovinet u. a. sowie 17 Tafeln in Heliogravure. Titel in Rot und Schwarz. LVIII S., 1 Bl., 340 S.; [4] Bl., 329 S. Nussbrauner Maroquinband d. Z., Rücken über 5 erhabenen Bünden mit reicher Goldprägung, Deckel mit aus zwei Goldfileten gebildetem Rahmen, die Innenlinie in den Seitenmitten oval durchbrochen, mit floralen Eckstücken, Mittelfeld mit grossem, von je zwei goldgeprägten Initialen ‘S’ umrandetem Mittelstück aus stilisierten Blütenranken, der kleine, hochgestellte und in der Seitenmitte halbrund durchbrochene Innenrahmen mit vier nach innen weisenden Lilien, Rückenfelder mit Palmzweigen und ornamentalem Stempel, goldgeprägter Rückentitel und Datum, Steh- und reiche Innenkantenvergoldung, Goldschnitt (Chambolle-Duru). London, (Richard Clay für) Lawrence & Bullen, 1892. chf 2400.Eines von 150 nummerierten Vorzugsexemplaren auf Japanpapier, mit 32 zusätzlichen radierten Tafeln, aufs prachtvollste gebunden vom Pariser Meisterbinder Chambolle-Duru. Noch unvollendet, erschien Paul Scarrons derb-komischer ‘Le roman comique’ zuerst 1651. Die revidierte, endgültige Version wurde schliesslich 1655 (Bd. I) und 1657 (Bd. II) veröffentlicht. Erzählt werden darin in lockerer Folge die Abenteuer einer Gruppe von Provinzschauspielern, ohne dass dabei ein Held im eigentlichen Sinne auftritt und ohne dass sich die Handlung auf ein bestimmtes Ziel hin entwickelt. “Mein Buch ist nur eine Anhäufung von Narreteien, aber ich hoffe, jeder Narr findet ein wenig von seinem eigenen Charakter darin, sofern er nicht vor Eigenliebe blind ist”, – Kurzer Klebstreifen auf Spiegel des zweiten Bandes. 249 SCHELLENBERG, Johann (1740-1806) [und Joseph Philippe de CLAIRVILLE (1747-1830)]. Gattungen der Fliegen in XLII. Kupfertafeln entworfen und gezeichnet von Johann Rudolf Schellenberg und erklärt durch zwey Liebhaber der Insektenkunde. – Genre des mouches diptères représentés en XLII planches projettées et dessinées par J. R. Schellenberg; et expliquées par deux amateurs de l’Entomologie. Gr.-8vo (226 x 145 mm). Mit 42 handkolorierten Kupfertafeln Schellenbergs. XIII, S. 14-95 S. Französisch-Deutscher Text in Paralleldruck. Halblederband d. Z. über 5 erhabenen Bünden, mit rotem Lederrückenschild. Zürich, Orell, Füssli und Compagnie, 1803. chf 3800.Erstausgabe. In Zusammenarbeit mit seinem Freund, dem Botaniker und Insektenforscher Joseph Philippe de Clairville, veröffentlichte Schellenberg hier seine zweite wissenschaftliche Monographie zur Entomologie, mit Paralleltext auf Französisch und Deutsch. Direkt im Anschluss an seine Monographie über “Das Geschlecht der Land und Wasserwanzen” begann Schellenberg Ende 1800 mit der Arbeit zum vorliegenden Buch über die Fliegen. Aus jeder Gattung sind eine oder mehrere Arten abgebildet. Die Divergenz in Zählung und Bezeichnung der Kupfertafeln erklärt sich aus dem Umstand, dass sich De Clairville mit seinem Wunsch nach Beibehaltung der überholten Fliegensystematik des dänischen Zoologen Johann Christian Fabricius gegen Schellenbergs ursprüngliche Absicht, die Fliegen nach seinem eigenen System azuordnen, durchsetzte, und zwar nachdem der Künstler die Tafeln bereits fertig radiert hatte. Von Schellenbergs überaus grossem Interesse an der Welt der Entomologie zeugen mehrere tausend von ihm gefertigte Aquarelle, wovon sich sehr viele in Winterthur erhalten haben. – Ein tadelloses Vorzugsexemplar mit handkolorierten Radierungen und auf besserem Papier. Bibliographie: Thanner, Schweizerische Buchillustration im Zeitalter der Aufklärung (1987), S. 1022; Nissen, ZBI, 3650; Horn-Schenkling 19 217; Junk, 50 Jahre Antiquar, 363; Thanner/ Schmutz/Geus, J. R. Schellenberg. Der Künstler und die naturwissenschaftliche Illustration im 18. Jh. (1987), S. 211ff. 250 SCHELLENBERG, Johann Rudolf (1740-1806). Das Geschlecht der Land und Wasserwanzen. Nach Familien geordnet. 8vo (220 x 146 mm). Mit 14 handkolorierten Kupfertafeln Schellenbergs. 32 S. Original- Interims-Pappband (Ecken und Kanten berieben). Zürich, Orell, Füssli & Co, 1800. chf 1500.Erstausgabe. Schönes und komplettes Exemplar von Schellenbergs erstem wissenschaftlichem Insektenwerk, dem noch weitere folgen sollten. In der Vorrede äussert der Winterthurer Kupferstecher, der sich zeit seines Lebens mit der Insektenkunde auseinandersetzte, “dass es den Liebhabern der Entomologie nicht unangenehm seyn werde, wenn ich von Zeit zu Zeit aus meiner ziemlich zahlreichen Insektensammlung, eine oder mehrere Klassen in systematischer Ordnung herauszugeben gedenke” (S. 3). Etliche Jahre zuvor und in finanzieller Bedrängnis, sah er sich gezwungen, Teile seiner umfangreichen Sammlung von InsektenAquarellen an Kurfürst Carl Theodor von Bayern zu veräussern. Den hier angewandten Bestimmungsschlüssel für Insekten entwarf Schellenberg in Anlehnung an die Arbeiten des dänischen Zoologen und Linné-Schülers Johann Christian Fabricius (1745-1808). Bibliographie: Thanner, Schweizerische Buchillustration im Zeitalter der Aufklärung (1987), S. 1012ff.; Nissen ZBI, 3651 – Horn-Sch.enkling 19215; Thanner/Schmutz/Geus, J. R. Schellenberg. Der Künstler und die naturwissenschaftliche Illustration im 18. Jh. (1987), S. 234. 251 — Recueil de XXIV différens costumes de la ville du canton de Basle choisis dans divers états de la société sur la fin du XVIIe siècle. Gravés d’après les dessins de J. R. Huber par J. R. Schellenberg. Publié par Chrétien de Mechel, Graveur, & Membre de diverses Académies. 4to (260 x 176 mm). 20 Tafeln mit radierten Frauen- und Herrentrachten von J. R. Schellenberg sowie 4 (oben rechts nummerierte) Tafeln mit Frauentrachten nach Hans Holbein. Original-Broschur, mit bedrucktem Vorderumschlag innerhalb klassizistischer Schmuckbordüre. Basel, (Christian von Mechel), 1798. chf 4800.Um vier Tafeln vermehrte Edition von Schellenbergs seltenstem Werk. Das im sehr seltenen Original-Umschlag vorliegende Werk konnte der Basler Kupferstecher und Verleger Chistian von Mechel durch das Entgegenkommen Schellenbergs, mit dem Mechel spätestens seit 1771 beruflich und freundschaftlich verbunden war, erneut auflegen. “Man könnte annehmen, Mechel habe seine Sehnsucht nach dem verlorenen Zeitalter ausdrücken wollen, als er in den kritischen Tagen eine Sammlung von Basler Trachten aus der Mitte des 17. Jhs. herausbrachte” (L. H. Wüthrich). Auf den zwanzig, gegenüber der Erstausgabe mit veränderter Nummerierung und Bildunterschriften in französischer Sprache ausgestatteten Kupfertafeln, führt der Künstler bürgerliche Männer- und Frauentrachten seiner Geburtsstadt vor. Die zusätzlich mitgedruckten vier Kostümtafeln nach Hans Holbeins Vorlagen zeigen vier vornehme, reich gekleidete Damen der gehobenen Gesellschaft des 16. Jhs. Die drei ersten Frauentrachten gehören zu der Folge der “Basler Frauentrachten, die in der öffentlichen Kunstsammlung Basel aufbewahrt werden. Die vierte Tafel ist eine in Federzeichnung ausgeführter Schattenriss mit der Darstellung der hl. Elisabeth von Ungarn. – Die ersten Tafeln im Rand etwas stockfleckig und gebräunt; ein sehr gutes und komplettes Exemplar im sehr seltenen Original-Umschlag. Bibliographie: Thanner 672-682 und 689-695; Brun II, 96-97; Wüthrich, Christian von Mechel I, 240f. und II, 157f. 252 SCHILLER, Friedrich von (1759-1805). Die Braut von Messina oder die feindlichen Brüder. Ein Trauerspiel mit Chören. 8vo (198 x 114 mm). XIV, 162 S., 1 Bl. Errata. Marmorierter Kalbslederband d. Z. mit Deckelfilete und klassizistischer Rückenornamentik in Goldprägung, mit rotem Lederrückenschild, Stehkantenvergoldung, marmorierten Vorsätzen, gelber Schnitt. Tübingen, J. G. Cotta, 1803. chf 1800.Ungewöhnlich frisches Exemplar im feinen Ganzledereinband des ersten Drucks der Erstausgabe auf besserem Druckpapier der im Februar vollendeten und kurz darauf am 19. März 1803 im Weimarer Hoftheater uraufgeführten Tragödie. Schiller zeichnet darin das Schicksal des Menschen als von den Göttern vorherbestimmt. “Mein erster Versuch einer Tragödie in strenger Form, wird Ihnen Vergnügen machen, Sie werden daraus urtheilen, ob ich, als Zeitgenosse des Sophokles, auch einmal einen Preis davon getragen haben möchte. Ich habe es nicht vergessen, dass Sie mich den modernsten aller neuen Dichter genannt, und mich also im grössten Gegensatz mit Allem, was antik heisst, gedacht haben” (Schiller an Wilhelm von Humboldt). – Am Schluss des Textes werden 2 Druckfehler vezeichnet. Mitgebunden ist das nachgereichte Erratablatt mit weiteren Druckfehlern. Die Gesamtauflage betrug 6’150 Exemplare, davon 150 auf Vélinpapier, 2’000 auf Druckpapier und 4’000 auf Postpapier. Bis 1809 erschienen vier Nachdrucke in Augsburg, Frankfurt, Mannheim und Wien. Cottas zweite Auflage erschien erst 1810 und die dritte schliesslich 1818. Provenance: Hs. Name von J(ohann) H(einrich) Günther auf Titel, datiert 1803. Bibliographie: Fischer, Der Verleger Johann Friedrich Cotta, Bd. I (2003), S. 464f., Nr. 412; Marcuse 240; Goedeke V, 227, 255, 9; Schiller-Kat. Marbach (1980), S. 195f. 253 — Don Karlos Infant von Spanien. Mit Kupfern [nach Tischbein und Franz Ludwig Catel]. 8vo (203 x 120 mm). Frontispiz mit ovalem Portrait der spanischen Königin Isabel de Valois, nach J. H. W. Tischbein radiert von Heinrich Schmidt und 5 Kupfertafeln mit Szenenbildern nach Franz Ludwig Catel radiert von Amadeus Wenzel Böhm. Typographischer Titel, 432 S. Klassizistisch ornamentierter Ganzlederband d. Z. aus geflammtem Kalbsleder, mit Perlschnurmotiv in Goldbordüre auf beiden Deckeln, schwarzgefärbter Rücken mit Vasenmotiv und Rosettenverzierungen in Goldprägung und mit rotem Lederrückentitelschild, Stehund Innenkantenvergoldung, marmorierte Vorsatzpapiere, gelber Schnitt. Leipzig, Georg Joachim Göschen, 1802. chf 2200.Wunderbares, klassizistisch gebundenes, Exemplar in Ganzleder von Göschens an ein bibliophiles Publikum gerichteten Prachtausgabe in Grossoktav und auf Vélinpapier von Schillers politischem Ideendrama. 1787 in Hamburg uraufgeführt und im selben Jahr auch erstmals in Buchform veröffentlicht, wurde die langjährige Genese dieser ersten illustrierten Ausgabe des Dom Karlos vom Streit zwischen Schillers altem Verleger J. G. Göschen (1752-1828) und seinem neuen, dem umtriebigen Johann Friedrich Cotta (1764-1832) überschattet. Schiller fühlte sich beiden verpflichtet, “einerseits mochte er den finanzstarken Cotta keineswegs verärgern, anderseits gebot sein freundschaftliches Gefühl für Göschen, diesem die Rechte am Don Carlos zu lassen” (Paul Raabe). Die Deutschen seien närrische Leute, meinte Göschen, der sich auch als deutscher Bodoni verstand, in seinem am 16. Februar 1801 geschriebenen Brief an den Dichter. Die Einen wollten “eine Ausgabe für die Tasche”, die Anderen wiederum verlange es nach einer grossformatigen für ihre Privatbibliothek und während viele die lateinischen Lettern bevorzugten, wünschten andere die Bücher in deutschen Lettern gedruckt. “Es ist möglich, dass Göschen ... mit den Kupfern von Franz Ludwig Catel (1778-1856) nicht recht zufrieden war. Dennoch bleibt diese Prachtausgabe das schönste Buch, das man zu Schillers Lebzeiten von einem seiner Werke hergestellt hat” (Paul Raabe). – Stellenweise (papierbedingte) Bräunung, die den Kupfern vorgeschalteten Seidenpapiere stärker, mit vereinzelten Stockflecken. – Hs. Name auf Vorsatz. Bibliographie: Trömel-Marcuse 229; Rümann 1019; Goedeke V, 181, 10; P. Raabe, Schiller und die Typographie der Klassik, in: Imprimatur, N.F. II (1960), S. 152ff. 254 SCHLARAFFENLAND – ACCURATA UTOPIAE TABULA, das ist Der Neu-entdeckten Schalck-Welt oder des so offt benan[n]ten, und doch nie erkan[n] ten Schlaraffenlandes Neu erfundene lächerliche Land-tabelle Worinnen alle und jede Laster in besondere Königreiche, Provintzen und Herrschafften abgetheilet ... Handkolorierte Kupferstichkarte. Titel innerhalb Kartusche unten rechts. (650 x 730 mm). (Nürnberg), Prostat in Officina Homanniana, (nach 1730). chf 2500.Die amüsante grosse Karte des Schlaraffenlandes, “wegen der Genauigkeit der Zeichnung, der beeindruckenden Zahl von Toponymen und der Qualität der Herstellung einzigartig” (Jan Mokre, Kartographie des Imaginären, in: Petschar). Die Karte wurde in verschiedenen Ausgaben ab 1716 den diversen Homann- und SeutterAtlanten des 18. Jahrhunderts mitgegeben. Die ganz im Stil der Barockkartographie gestaltete Karte zeigt auf dem Festland siebzehn Länder und einige Inselgruppen. Die Karte, als deren Grundlage das Buch “Erklärung der Wunder=seltzamen Land = Charten Utopiae” (Nürnberg, 1694) des österreichischen kaiserlichen Generals Johann Andreas Schnebelin gilt – bietet ca. 1’700 deutsche und lateinische Namen (Toponyme), die die menschlichen Laster und Tugenden als geographische Begriffe in drastischer Manier wiedergeben. Die Darstellung interpretiert das Schlaraffenland in der für das 18. Jahrhundert sehr charakteristischen Form: “Nicht der satirische Zugang zum Land des Ueberflusses ohne Arbeit und Not wird hier dargestellt, sondern die moralische Dimension einer solchen utopischen Vorstellung. Schlaraffia ist das Reich des Lasters, dessen Bewohner, gehen sie nicht den anstrengenden Weg in das unbekannte Reich der Frommen, in Verderben und Verdammnis enden” (Werner Hanak, Die Zeit wird Zukunft, in: Petschar). Der Zweck der Karte ist eindeutig ein moralisierender – als Bezugspunkte der imaginären Halbkugel (350-550°!) dienen Nordund Südpol: als frostiges “Ierusalem nova” und Stadt der Seligen im Norden und als feurige “Gehenna” und Höllenpfuhl im Süden. Es ist klar, dass es die Bewohner von Magenland (Magni stomachi imperium), Trinkland (Bibonia), Faulpelzland (Pigritarium regio), des Landes der Geizigen (Mammonia), Unzuchtland (Respublica Venerea), Spielland (Lusoria), Narrenland (Stultorum regnum), Sauland (Seulandia), Schlemmerland (Lurconia regnum), Verschwenderland (Prodigalia regnum), Fluchland (Iuronia regnum) usw. unweigerlich nach Süden, d.h. in die Hölle zieht. Zur Tugend ist dem anonym gebliebenen Autor sichtlich nichts anziehendes eingefallen – das Land der Tugend ist eine “Terra sancta incognita”! Bibliographie: Hill, Cartographic Curiosities, 70; Petschar, Alpha & Omega (Vienna, 2000), p. 37f. and 226. 255 SCHÖNSGIBL, Simon (tätig um 1790/1795). Grund-Riss über dessen Plan, welches den 26 July [1]792 ist beleuchtet worden. Nun aber von ihro Gnaden dero Hoch und Wohl gebohrenen Frauen Maria Theresia Veteranin gebohrene Gräfin von Koschinsky ist eingetheilet worden ... und Simon Schönsgibl Amtsmeister allda [hs. Text in brauner Tinte unten rechts]. 965 x 225 mm. Federzeichnung und Gouache auf festem Papier. Dreifach gefaltet. (Oesterreich), 1792. chf 1500.Der anschauliche Plan zeigt die Illumination einer kanalartigen Beckenanlage, die in einem aus Bogen gebildeten, achteckigen Bassin endet. Zum Bassin führt eine halbkreisförmige Freitreppe von einer Terrasse herab. Am Ende des Langbeckens befindet sich eine Art Grotte, in welcher ein Feueraltar steht. Zur rechten und linken Seite dieses Aufbaus befinden sich zwei Zypressen. – Zu der Auftraggeberin, Gräfin Maria Theresia Veterani, geborene Koschinsky (Österreich) und dem ausführenden Baumeister Simon Schönsgibl liessen sich keine biographischen Angaben eruieren. – Mit teilweise alt hinterlegten Randeinrissen, minimale Stockflecken. Deluxe-Exemplar in Ganzmaroquin 256 SCHREINER, Franz Xaver Josef (tätig um 1810-1837) und Albrecht ADAM (1786-1862). Die Reitkunst theoretisch und praktisch dargestellt. – Mit IX. Zeichnungen und Grundrisse[n] auf Stein zu Schreiners Reitkunst. Nach A. Adam von Joseph Pähringer u.a. lithographiert. 2 Bde. 8vo (213 x 130 mm) und Quer-Folio (273 x 440 mm). Mit lithographiertem Portrait-Frontispiz des Widmungsempfängers, Oberstallmeister Baron Carl Ludwig Philipp von Kesling und lith. Titelblatt mit Vignette im Textband sowie 9 röm. nummerierte, lith. Tafeln im Atlas. XVI, 407 S. Dunkelroter Maroquinband über flachem Rücken, Deckeleinfassung aus Godlfilete, Rückentitel und -ornament in Goldprägung, Stehkantenvergoldung, Goldschnitt, blaue Vorsätze mit 2 verschiedenen, oval eingefassten lithographierten Vignetten, die Tafeln in hellrotem Pappband d. Z., mit Titel (‘IX Zeichnungen und Grundrisse’) auf Vorderdeckel innerhalb Bordüre in Goldprägung. München, Joseph Lindauer chf 4800.[und J. Pähringer (Lithographien), 1820-] 1821. Erstausgabe. Deluxe Emplar auf Vélinpapier und in Ganzmaroquin des Textbandes, die Pferde- und Grundrissdarstellungen Albrecht Adams im einfacher gebundenen Tafelband. Als Summe seiner Erfahrungen als erster Oberbereiter des 1822 neu auf der Rückseite des Residenzkomplexes in München erstellten Marstalls, veröffentlichte Schreiner sein erschöpfendes Lehrwerk. Von seinem Vater Valentin Schreiner und anderen vorzüglichen Lehrern ausgebildet, konnte der Verfasser seine Kenntnisse auf diversen Amtsreisen vertiefen. Im ersten, aus 278 Abschnitten bestehenden Teil behandelt Schreiner die physischen Aspekte des Pferdes, äussert sich über dessen Vorzüge und Fehler, beschreibt Stellungen, Gangarten und Farben sowie die korrekte Zäumung und Sattelung. Danach folgt der umfangreichere Teil über den Reitunterricht, der vom Verfasser in 429 prägnannt gefasste Abschnitte gegliedert wurde. Die im separaten Tafelband enthaltenen Zeichnungen Albrecht Adams, dem Stammvater der Münchner Künstlerdynastie, wurden von Seitz und Langlois gestochen und von Joseph Pähringer lithographiert. Nebst einem ganzseitig dargestellten Araberhengst zeigen die Tafeln Details von Zaumzeug und Sätteln, ein Pferd in der Karriere, im Schritt, Galopp oder Trab, sowie Grundrisse mit Quadrillen, Gangarten etc. Schreiner veröffentlichte 1837 nebst einer unveränderten Neuausgabe seiner ‘Reitkunst’ auch noch als Komplementärwerk ‘Die Fahrkunst, theoretisch und praktisch dargestellt’. Der Widmungsempfänger, der königliche Oberststallmeister Baron von Kesling (17631843), zählte zu den bedeutendsten und einflussreichsten Persönlichkeiten am Hof von König Maximilian I. Joseph von Bayern (1756-1825). – Tafelband mit minimalen Stockflecken. Provenance: Hs. Name von ‘Graf zu Hagenberg-Diez, Oberst’ auf Frontispiz verso. Bibliographie: Winkler, Die Frühzeit der deutschen Lithographie (1975), Nr. 604, 14-22 (unter Pähringer); Pergamentexemplar 257 SCHRÖDER, Rudolf Alexander (1878-1962). Elysium. Ein Buch Gedichte. Kl.-4to (245 x 160 mm). [17] Bl. Flexibler Pergamentband d. Z., Rückentitel in Goldprägung. In Pappschuber. Leipzig, (Poeschel & Trepte für) Insel Verlag, 1906. chf 2900. Eines von nur 25 Vorzugsexemplaren der Erstausgabe, gedruckt auf Antik-Schafpergament, aus einer Gesamtauflage von 300. Schröders Liederzyklus ‘Elysium’ steht, wie schone seine früheren Gedichte (“Unmut”, “Empedokles” oder “An Belinde”) ganz im Zeichen des Skeptizismus und eines romantisierenden Ästhetizismus. Gewidmet ist das Werk dem befreundeten Komponisten Felix vom Rath (1866-1905). Bibliographie: Adolph 7; Sarkowski 1535; Wilpert/Gühring 12. On the Fraunhofer Diffraction 258 SCHWERD, Friedrich Magnus (1788-1860). Die Beugungserscheinungen aus den Fundamentalgesetzen der Undulationstheorie. Analytisch entwickelt und in Bildern dargestellt. 4to (259 x 216 mm). Mit 168 Figuren (davon 11 handkolorierten) auf 18, teilweise gefalteten Tafeln, lithographiert von L. Hussler sowie F. M. und L. Schwerd. XII, 143 S., [4] Bl. (Tabellen und Errata). Grüner Halblederband des 19. Jhs., mit Rückenvergoldung und Rückenschild, marmorierte Vorsätze. Mannheim, (August Osswald, Heidelberg für) Schwan & Götz, 1835. chf 2400.Erstausgabe in einem breitrandigen Exemplar des Klassikers zur Optik, verfasst von dem während sechzig Jahren als Lehrer wirkenden Friedrich Magnus Schwerd, der sich daneben grosse Verdienste auf den Gebieten der Physik, Astronomie und Geodäsie erwarb. Mit Hilfe des von Joseph von Fraunhofer entwickelten Beugungsgitters konnte Schwerd das Spektrum von Farben genau vermessen und beweisen, dass rotes Licht eine kleinere Wellenlänge als blaues Licht hat. Mit unscheinbaren Vorrichtungen und Hilfsmitteln gelang es Schwerd, die schönsten Farbenphänomene darzustellen, die sich ergeben, sobald Lichtstrahlen durch Hindernisse von ihrem gradlinigen Weg abgelenkt, gebeugt und zum gegenseitigen Interferieren gebracht werden. Als Beobachtungs- und Hilfsmittel benutzte er dazu allein ein mit Asphaltlack geschwärztes Uhrglas, eine innen mit Russ belegte Glasröhre sowie eine Vogelfeder. “Schwerd, though not well known to modern students, has had a great influence on optics through his monumental book on diffraction ... Die Beugungserscheinungen which he wrote in two years’ spare time, is the classic comprehensive treatise on Fraunhofer diffraction ... Fraunhofer gave the laws which follow from his experiments but neither he nor J. F. W. Herschel developed the theory. This was done first by Schwerd and was viewed as a great triumph for wave theory over the emission theory of light. Schwerd made calculations of the amplitudes and intensities of the diffraction produced by various geometric openings with straight sides, also circular openings and combinations of openings. He treated two dissimilar-sized circular openings, a bird’s feather, and, finally, the effect of inhomogeneous (white) light and several sources ... Schwerd presented the results of his calculations in graphical form of 168 elaborated drawings. Eleven of these illustrations are in full color ... They show the Fraunhofer pattern that would result if the aperture or array were illuminated with sunlight. Since this work appeared in 1835, all of these figures had to be hand painted in every copy of the book. This must have severely limited the number of copies of Die Beugungserscheinungen produced, which may explain why this beautiful book is so little known today” (R. B. Hoover/F. S. Harris). – Stellenweise Stockflecken, ein schönes und komplettes Exemplar im dekorativen Einband. Bibliographie: Roller/G. II, 417; Poggendorff II, 878; Darmstädter 418; E. H. Schmitz, Handbuch zur Geschichte der Optik (1983), A, 32; Hoover/Harris, Die Beugungserscheinungen: a Tribute to F. M. Schwerd’s Monumental Work on Fraunhofer Diffraction, in: Applied Optics (1969), S. 1261f. Nicht in der Faber Birren Collection. 259 SCOTTI, Ranuccio (1597-1666). Helvetia profana. Relatione del dominio temporale de’ potentissimi XIII Cantoni svizzeri detti della Gran Lega. – Helvetia sacra. Relatione de’ Vescovati, Abbatie et altre dignità subordinate alla Nuntiatura Helvetica. Parte prima [-seconda]. 2 Teile in 1 Bd. 4to (210 x 148 mm). [6] Bl., 85 S., 1 leeres Bl.; 140 S., 1 Bl. Errata. Etwas späterer flexibler Pergamentband mit hs. Rückentitel. Macerata, Agostino Grisei, 1642. chf 1200.Erstausgabe. Der aus Piacentino stammende R. Scotti lebte von 1630 bis 1639 als Nuntius in der Eidgenossenschaft, ehe er nach Frankreich versetzt wurde. Die Helvetia profana verfasste er am Ende seiner Nuntiatur, die Helvetia sacra zwei Jahre später. In seinem Bericht, den er mit einer lesenswerten Charakterisierung der Schweizer beginnt, stützt er sich auf Tschudi und vor allem auf Ascanio Marsos ‘Discorso de i Suizeri’ von 1557/1558. Wie Marso versuchte auch Scotti die militärischen Tugenden der Eidgenossen psychologisch zu erklären und erwähnt dabei die Vollblütigkeit, den Kinderreichtum sowie die Sitte der Mütter, ihre Kinder selber zu nähren. Nach der Gesamtschweiz behandelt Scotti die einzelnen Regionen und ihre Geschichte, wobei er zwei Gruppen von Kantonen, nämlich die demokratischen und die aristokratischen unterscheidet. Alle seien jedenfalls davon beseelt, ihre Freiheit zu wahren. Gewidmet hat der Verfasser seinen zweiteiligen Bericht Kardinal Francesco Barberini (15971679). – Etwas gebräunt und minimal stockfleckig. Provenance: Exlibris von Baron Horace de Landau (1824-1903) und kleiner Stempel auf Titel in Blau: Gvst. C. Galletti Flor. (Gustavo Camillo Galletti, patrizio fiorentino e medico 1805-1868). Bibliographie: Haller I, 695; Barth 17195; Feller/Bonjour 465f.; ICCU (Online Kat.) 003506. 260 SEMLER, Johann Salomo (1725-1791). Allgemeine Geschichte der Ost- und westindischen Handlungsgesellschaften in Europa. Aus dem Englischen übersetzt. Unter der Aufsicht und mit einer Vorrede herausgegeben. 2 Bde. 4to (244 x 197 mm). Mit gest. Frontispiz und 6 gefalteten Kupfertafeln (mit Karten, Plänen etc.). Titel, 300 (recte 600) S.; 6 S., 1 Bl., 706 S. Kalbslederbände d. Z. über 6 erhabenen Bünden, mir reicher Rückenvergodlung, Rotschnitt. Halle, J. J. Gebauer, chf 2500.1764. Materialreiche Geschichte der grossen europäischen Handelskompanien, ein schönes Exemplar dieses bedeutenden frühen Beitrags zur Kenntniss der aussereuropäischen Welt im Europa der Aufklärungszeit. Der Text der beiden Bände entspricht Bd. XIII (Teile 25-27) der von Baumgarten und Semler edierten “Allgemeinen Welthistorie”, die sich als anfänglich deutsche Uebersetzung der 1747-68 von George Sale in London veröffentlichten ‘Universal History’zum grössten deutschen Geschichtswerk nicht nur des 18. und 19. Jahrhunderts entwickeln sollte, mit insgesamt über siebzig Bänden, die während sechzig Jahren erschienen. Anonymer Verfasser des englischen Originaltextes über die British und Dutch East India Company sowie die weiteren Handelsgesellschaften war der schottische Historiker John Campbell (1708-1775). “It was the first analitycal history of all the countries which European colonialism was able to conquer. The point of view of the main compilers ... was openly and brutally justificatory of the preminence of Europe and of its right to dominate the other continents” (G. Ricuperati, Time and Periodisation in the Western Universal Histories: from Eusebius to Voltaire. Online paper University of Oslo). Das radierte Frontispiz gibt eine allegorische Darstellung des Welthandels, die erste gefaltete Karte zeigt Afrika und Ostindien mit Australien, danach folgen Pläne der indischen Städte Diu in Gujarat und Goa, letztere mit einer Generalansicht im oberen Teil der Tafel. Die letzte Kupfertafel des ersten Bandes zeigt das in Ozeanien weit verbreitete Auslegerboot (Proa). Der zweite Band enthält nebst einem Faltplan von Batavia (heute Jakarte) noch eine gefaltete Kupferstichkarte des südindischen Distrikts Tharangambadi (Tranquebar). – Kl. Stempel auf beiden Titeln und dem nachfolgenden ersten Blatt, Name von alter Hand sowie ein ausgeschnittener Name auf beiden Titelblättern, minimale Bräunung; ein vorzügliches Exemplar. Bibliographie: Hornig, Johann Salomo Semler (1996), S.322, Nr. 87a und b; Meusel XIII, 101-102; Gollwitzer, Vom Zeitalter der Entdeckungen bis zum Beginn des Imperialismus (1972), S. 223. 261 SÉVIGNÉ, Marie de Rabutin-Chantal, Marquise de (1626-1696). Lettres de Madame de Sévigné, de sa famille et de ses amis. Avec portraits, vues et facsimile. Tome premier (-dixième). – [Und:] Mémoires de M. [Philippe Emanuel] de Coulanges, suivis de Lettres inédites de Madame de Sévigné, de son fils, de l’abbé de Coulanges, d’Arnauld-d’Andilly, d’Arnauld de Pomponné, de Jean de La Fontiane, et d’autres personnages du même siècle. Publiés par M. de Monmerqué. Zus. 11 Bde. 8vo (293 x 125 mm). Mit 9 gest. Portrait-Tafeln, 2 heraldischen od. Münz-Tafeln, 15 gest. Ansichts-Tafeln und 12 (10 gef.) Faksimiles von Briefen. 319 S.; [4], 474 S.; 478 S.; 483 S.; 479 S.; 480 S.; 476 S.; 495 S.; 535 S.; 664 S.; XII, 512 S. Rote längsgenarbte Maroquinbände d. Z. von Fauchet, Deckel mit goldgeprägter Doppelfilete mit Eckornamenten, reicher Rückenvergoldung, Stehund Innenkantenvergoldung, marmoriere Vorsätze, Goldschnitt. Paris, (P. Didot l’ainé, imprimeur du roi, pour) J. J. Blaise, Libraire de S.A.S. Madame la Duchesse chf 2800.d’Orléans Douarrière, 1818 et 1820. Erste kritische Gesamtausgabe mit dem selten beigegegebenen Komplementärband mit den Erinnerungen von Philippe Emanuelle de Coulanges (1633-1716), Cousin und Vertrauter der Mme. de Sévigné. Sie enthält die Notice bibliographique des différentes éditions von Louis Jean Nicolas de Monmerqué (1780-1860) und die Notice sur Madame de Sévigné, sur sa famille et ses amis von Pierre Tiffon de Saint-Surins (1768-1848). Der Herausgeber Monmerqué fügte eine bedeutende Zahl bis dahin ungedruckter Briefe hinzu und ergänzte die in früheren Editionen aus Rücksichtnahmen purgierten Stellen. Eines der seltenen Exemplare auf Vélinpapier und luxuriös in Maroquin gebunden von Fauchet, der zwischen ca. 1820 und 1850 in Paris als Meisterbinder tätig war, zuerst 11 rue des Mathurins und dann 66 rue de Harpe. Bibliographie: Quérard, La France littéraire IX, S. 104; Brunet V, S. 323f. (“Edition la meilleure que l’on eût jusqu’alors de cette immortelle correspondance”); Vicaire, VII, S. 478481; 262 SEYSSEL, Claude de (1450-1520) und Johannes SLEIDANUSS (15061556), Uebers. De republica Galliae et regnum officiis, libri duo. Ioanne Sleidano, Interprete. Adiecta est summa doctrinae Platonis & Legibus. Kl.-8vo (164 x 105 mm). Mit Holzschnitt-Druckermarke auf Schlussblatt verso. [8], 110, [2] Bl. Flexibler Pergamentband d. Z. (bestaubt, kurzer Wurmgang im Vorderdeckel, ohne chf 1200.die Schliessbänder). Strassburg, Wendelin Rihel, 1548. Erste von Johann Sleidan für eine gebildete Leserschaft ins Latein übersetzte Edition von Seyssels ‘La Grande monarchie de France’ (1519). Die mehrseitige Widmung des Uebersetzers richtet sich an Prinz Edward, einziger legitimer Sohn des englischen Königs Henry VIII. Der aus Aix-les-Bains stammende Historiker und ‘Conseiller du roi Louis XII’ Claude de Seyssel zeichnet ein positives Bild der Monarchie und räsonniert auch über die denkbar beste Regierungsform. – Zeitgenössischer Besitzeintrag auf dem Titel und späterer Eintrag auf dem Vorsatz, loses Exlibris der Bibliothek Hammer, Stockholm beiliegend. Bibliographie: VD 16, S-617; Ritter 2123; Muller III, 410,150; Van der Vekene, Johann Sleidan – Bibliographie (1996), F/a 007. 263 SFONDRATI, Coelestino (1644-1696). Innocentia vindicata, in qua gravissimis argumentis ex S. Thoma petitis ostenditur, Angelicum Doctorem pro immaculato conceptu deiparae sensisse & scripsisse. Pars prior theologica ( – posterior symbolica). 2 Teile in 1 Bd. Folio (324 x 201 mm). With engraved frontispiece and 46 emblematic full-page engravings by Gabriel Ehinger. [4] leaves, 119, [1] pp.; title, [46] leaves (verso lemma and commentary). Contemporary sprinkled calf, gilt border around sides, back on six raised bands gitl with label, edges in red (upper corner of front cover and lower corner of back cover worn). St. chf 4800.Gallen, Printing Press of the Monestary (Jacob Müller), 1695. Erstausgabe. Bedeutendstes Schweizer Emblembuch und eines der schönsten St. Galler Druckwerke der Barockzeit. Die verschwenderisch reich illustrierten philosophischen Betrachtungen in emblematischer Form zur Unbefleckten Empfängnis Mariae verfasste der Fürstabt Cölestin Sfondrati, der durch seine Gelehrsamkeit und vorbildliche Lebensführung zu den bedeutendsten Vertretern der St. Galler Aebte zählt. Er argumentiert, dass das ganze theologische System und die verschiedenen Aussagen über die Muttergottes, wie sie bei Thomas von Aquin zu finden sind, logisch zu Ende gedacht, die Anerkennung des Glaubensdogmas der Unbefleckten Empfängnis (‘Immaculata Conceptio’) eigentlich ergeben oder geradezu fordern würden. Die nicht in der Schweiz sondern in Augsburg gestochenen Emblemkupfer stammen von Gabriel Ehinger (1652-1736), bedeutender Schüler und Mitarbeiter Johann Heinrich Schönfelds. In ihrer charakteristischen Verbindung mit mariologischen Themen dienten sie sehr gerne als Vorlage für die sakrale Baukunst des Spätbarock. Bemerkenswert auch die von Sfondrati verwendete Schiffs-Symbolik: “He very explicitly connected Mary with the ship symbol, comparing her to Ferdinand Magellan’s ship Victoria which alone resisted the tempests that destroyed the other ships of the expedition. Sfondrati explains that, just as Magellan’s ship brought precious spices from the East, the holy Virgin brought God from Heaven to Earth. In the name of God she became the ship Victory which helped to save the world. Her womb was the ship and the world the sea. She alone could avoid the rocks of sin in hwich all the other vessels were wrecked” (M. Russell, Visions of the Sea [1983], S. 68f.). Andere Kupfer zeigen u.a. Astrologen beim Beobachten des Himmels mit dem Teleskop, ein Vogel im Nachflug über einer Burgruine, ein Phönix auf der Blitze werfenden Wolke etc. Das gefaltete Frontispiz zeigt das mit allegorischen Figuren ornamentierte Innere einer Kirche. Das prochtvoll gestaltete Emblembuch erschien kurz vor Sfondratis Abreise nach Rom, wo er kurz nach seiner Ernennung zum Kurienkardinal am 4. September 1696 verstarb. Der Titelauflage von 1698 folgte 1702 eine zweite, gänzlich neu gesetzte Ausgabe und eine dritte erschien 1708 in St. Gallen, die erste deutsche Uebersetzung folgte schliesslich 1717 in Graz. – Einriss im Titelkupfer hinterlegt, vereinzelte schwache Flecken, ein schönes Exemplar dieser Rarität. Bibliographie: Landwehr, German, 544; Praz 496f.; Stirling Maxwell Coll. 1507; VD 17 (online cat.) 12:122628F; Wunderlich, St. Gallen (1999), I, 400; Helvetia Sacra III/1, 1335f.; Strehler, Ein Emblembuch aus der St. Galler Stiftsdruckerei, in: Gutenberg Jahrbuch 1968, 251f.; Reallexikon zur deutschen Kunstgeschichte V, col. 257f. Die erste Eisenbahnstrecke auf Schweizer Boden 264 SIMON, [Frédéric] Emile (1805-1886) und Thomas MÜLLER. Panorama des Vosges & du chemin de fer de Strasbourg à Bâle. Dessiné d’après nature. Quer4to (200 x 220 mm). Mit 14 lithographierten und gefalteten Ansichtstafeln (je ca. 150 x 770 mm). Pappband d. Z., illustrierter Originalumschlag auf Vorderdeckel montiert (Rücken mit eingerissener Stelle). Strasbourg, E. Simon fils et au Magasin chf 2400.Bernard Simon & Cie., (1844/1845).s Seltenes Album mit vierzehn lithographierten Panoramen, die die zwischen 1840 und 1844 eröffnete Bahnstrecke zwischen Strassburg und Basel zeigen. Die knapp 150 Km lange Eisenbahnlinie war damit die allererste, die auch Schweizer Boden berührte. Die erste, ganz auf Schweizer Boden liegende, Eisenbahnstrecke von Zürich nach Baden wurde am 7. August 1847 eröffnet. Im ersten der beiden Teile wird der Abschnitt zwischen Strassburg und Colmar dokumentiert, deren erstes Teilstück bereits Ende Oktober 1840 dem Verkehr übergeben wurde. Der letzte Abschnitt der Bahnlinie betraf die Strecke zwischen St. Louis und dem Bahnhof St. Johann in Basel. – Papierbedingte Stockflecken hie und da, ein sehr gutes und komplettes Exemplar. Bibliographie: NDB Alsacienne VII, 3649. 265 [SINOLD VON SCHUETZ, Philipp Balthasar (Pseud: Faramund, 1657-1742)]. Die glückseeligste Insul auf der gantzen Welt, oder Das Land der Zufriedenheit, Dessen Regierungs-Art, Beschaffenheit, Fruchtbarkeit, Sitten derer Einwohner, Religion, Kirchen-Verfassung, und dergleichen, Samt der Gelegenheit, wie solches Land entdecket worden, ausführlich erzehlet wird. Mit Kupfern versehen. Kl.-8vo (170 x 100 mm). Mit 2 doppelblattgrossen Kupferstich-Karten, 6 Kupfertafeln und radiertem Frontispiz. [10], 250 S., [6] S. Index. Pergamentband d. Z. mit Ueberstehkanten, hs. Rückentitel. Frankfurt am Main und Leipzig, P. C. Monath, 1728. chf 4800.Schönes und komplettes Exemplar der äusserst seltenen zweiten Ausgabe einer “der interessanteren Barockutopien mit Amerika als Schauplatz” (Haase/Jantz). Die 1723 unter dem Pseudonym Constantino von Wahrenberg in Königsberg erschienene deutschsprachige Utopie christlicher (pietistischer) Prägung nimmt tatsächlich bereits einige (hauptsächlich geografische) Merkmale der 1731 erscheinenden Insel Felsenburg von Schnabels ‘Wunderliche Fata einiger Seefahrer’ vorweg. Das mit zu den frühesten deutschen Utopien zählende Buch wurde hier von dem in Nürnberg wirkenden Verleger Peter Conrad Monath (1683-1747), aber mit Druckort Frankfurt und Leipzig, ediert. Nach einer einleitenden Kritik an der europäischen Eroberungs- und Kolonialpolitik folgt eine Darstellung der Zerfallserscheinungen und Verfehlungen der christlichen Kirchen in Europa. “Von ihren kritischen Ansätzen her kann die Utopie Sinolds z. T. als deutsches Gegenstück zu den libertinistischen Utopien in Frankreich seit Foigny angesehen werden” (M. Winter). Sibolds “Land der Zufriedenheit” wird häufig als frühkommunistischer Idealstaat fehlinterpretiert (z.B. von Faber du Faur), seine Brüdergemeinschaften sind aber nicht als güterkommunistische Formen des Zusammenlebens zu verstehen, “sondern als rein geistliche, moralische Frömmigkeitsgemeinschaften, wie sie in pietistischen Zirkeln üblich waren ... Wir haben es hier mit einem utopischen Ideal zu tun, das mehr als andere Utopien in die zeitgenössischen politischen und geistigen Tendenzen integriert ist” (M. Winter). Das Werk spiegelt die pietistische Kritik am Luxusleben der französisch orientierten Höfe, ohne aber die gegebene Staatsform der Monarchie in Frage zu stellen. Die beiden doppelblattgrossen Kupfertafeln zeigen die “Insel der Zufriedenheit” sowie “Die Königliche Residenz Stadt”, die anderen, ebenfalls unsignierten Kupfer illustrieren u.a. die Kostüme der Insulaner. – Die vorliegende zweite Ausgabe diente auch als Vorlage für den 1970 erschienenen Nachdruck. – Die doppelblattgrosse Karte im Innensteg minimal gebräunt, ein sehr gutes Exemplar dieser Rarität. Bibliographie: Winter 142 (nur andere Ausgaben); Brüggemann 176f.; Faber du Faur 1638; Gibson/Patrick 771; Alden/Landis 728/176; Haase/Jantz, Die Neue Welt in den Schätzen einer alten europäischen Bibliothek (Ausstellungskat. HAB Wolfenbüttel), Nr. 132. 266 SOLÍS Y RIVADENEYRA, Antonio de (1610-1686). Historia de la conquista de México, población, y progresos de la America septentrional, conocida por el nombre de Nueva España ... dedicada al rey nuestro señor Don Fernando VI. Folio (292 x 205 mm). [14] Bl., 548 S., [7] Bl. Index. [Paginierung 383/384 doppelt, dafür 399/400 übersprungen]. Flexibler Pergamentband d.Z., mit 1 Schliessband (von 2, der Vorderdeckel stark fleckig). Barcelona, Lucas de Bezàres y Urrutia, 1756. chf 1500.Berühmte Geschichte der ersten drei Jahre der Eroberung Mexikos durch die Spanier, in einem stilistisch vielbewunderten Spanisch verfasst durch den offiziellen Chronisten von König Carlos II. (1661-1700). Der Erstausgabe der ‘Historia de la conquista de México’ von 1684 folgten alleine bis zum Druck unserer vorliegenden Edition über fünfundzwanzig Nachdrucke und Uebersetzungen. “Undoubtedly the most popular history of America that had then been written; and the number of editions published even up to the 19th century, in Spanish, French, Italian, English and German, testify to its popularity long after the initial interest of its historical information had passed” (Cox). Als Hauptquelle seines Geschichtswerks dienten Antonio de Solis nebst den Darstellungen von Francisco López de Gómara und Bernal Diaz del Castillo und vor allem die Briefe Hernan Cortéz sowie weitere handschriftliche Dokumente. Nebst der detaillierten Schilderung der Beziehung zwischen Cortéz und dem Atztekenherrscher Montezuma bietet das Buch auch aufschlussreiche Einsichten in die Lebenswelt der Azteken. – Nur wenige Bl. papierbedingt gebräunt, ein sauberes und komplettes Exemplar. Provenance: Hs. Exlibris Jacobi Pelaikner (?) von alter Hand auf Vorsatz. Bibliographie: Palau 318613; Cox II, 694; Prescot, History of the Conquest of Mexico (1864), S. 223-229. 267 SOMMERLATT, Christian Vollrath von (tätig von 1820-1840). Beschreibung der XXII. Schweizer-Kantone, zu dessen in dreizehn Karten (zwölf kleine und eine grössere Karte) erschienenen kleinen Atlas der Schweiz. Komplett in 2 Bdn. (Textband und Atlas mit gefalteter: “Carte de la Suisse ajoutée au petit Atlas, avec la description des curiosités de ce pays. Dessinée par R[obert] Nick). Folio (355 x 445 mm) und 8vo (200 x 125 mm), Atlas mit 1 grossen gef. Gesamtkarte der Schweiz mit 22 Randbildern der 22 Kantonshauptorte (Stans, Altdorf, Bern, Zürich, Luzern, Schwaz, Zug, Basel, Freiburg, Appenzell, Chur, Aarau, Sion, Lausanne, Genf, Bellinzona, Frauenfeld, St. Gallen, Schaffhausen, Solothurn und Glarus), 12 lith. Karten von R. Nick mit Grenzkolorit auf 8 Bl. (Kantone Bern, AargauSolothurn-Basel, Zürich-Schaffhausen, Luzern-Zug, St. Gallen-Appenzell, Thurgau, Uri-Unterwalden, Schwyz-Glarus, Tessin, Freiburg-Neuenburg-Waadt-Genf, Graubünden sowie Wallis). – Textband mit lith. Frontispiz von Pattegay (Denkmal) und 1 gef. Distanz-Tabelle. VII, 524 S., [2] Bl. Uniform gebundene Halblederbände d. Z., Textband mit goldgeprägtem grünem Lederrückenschild (Vordergelenk oben kurz eingerissen). Basel, Seul und Mast (Textband) und Bern, Jakob Schmid und Samuel Selhofer (Atlas) für C. Sommerlatt, 1838/39. chf 3200.Erstausgabe. Frisches Exemplar dieser komplett ungemein seltenen kartographischgeographischen Darstellung der Schweiz und ihrer damals 22 Kantone. Verfasst und herausgegeben wurde das Werk durch den in den 1830er Jahren aus dem Badischen Lahr nach Bern übersiedelten Christian Vollrath von Sommerlatt, der zwischen 1820 und 1840 als Publizist und Herausgeber wirkte und 1836 das ‘Adressenbuch der Republik Bern: für Wissenschaft, Kunst, Handel und Gewerbe’ herausgegeben hatte. Der tadellos saubere Atlas enthält zu Beginn die grosse dekorative Gesamtkarte der Schweiz auf festem Papier und mit Grenzkolorit. Im Unterrand finden sich nebst dem Schweizer Wappen die zweiundzwanzig Kantonswappen. Das Kartenbild wird dekorativ eingerahmt von Ansichten der 22 Kantonshauptorte. Jede der zwölf auf acht Blättern lithographierten Kantonskarten erwähnt auch die damalige Bevölkerungszahl, wobei Bern mit 408’529 Bewohnern der bei weitem bevölkerungsreichste Kanton war, gefolgt vom Kanton Zürich mit 231’576 Einwohnern. Die Angabe des Maßstabs erfolgt in Schweizer Reisestunden, die Ortssignaturen sind nach der jeweiligen Bedeutung abgestuft. – Von Sommerlatts Buch verlegte Haller in Bern 1840 auch eine von C, Hebler übersetzte französische Ausgabe (‘Description des 22 cantons de la Suisse, accompagnant le petit atlas composé de 12 petites cartes spéciales’). – Textband zu Beginn und Schluss geringfügig stockfleckig, ein vorzügliches Exemplar dieser Rarität. Bibliographie: Graf 49 (und vgl. 87); Grob, Geschichte der schweizerischen Kartographie (1941), 181; Graf 87; Grob, Geschichte der Schweizer Kartographie, 181. 268 STAHL, Georg Ernst (1660-1734). Chymia rationalis et experimentalis: Oder gründliche Einleitung zur Chymie ... Nebst einer Zugabe Von Denen Mercuriis Metallorum, Mercurio animato, und Lapidi philosophorum ... Zweyte Auflage welche ... mit Jsaac Hollands Tractat Von den Saltzen und Oehlen der Metallen vermehret worden. Kl.-8vo 175 x 110 mm). [8] Bl., 560 S., [16] Bl. Index. Kalbslederband d. Z. über 4 erhabenen Bünden. Leipzig, Caspar Jacob Eyssel, 1729. chf 1500.Stahls bekanntestes Werk erschien erstmals 1720, hier mitgedruckt sind die beiden alchemistischen Texte von Stahl selbst sowie jener des zwischen 1572 und 1610 aktiven flämischen Alchemisten Johann Isaak Hollandus. “The alchemical nature of the body of the textbook is not as obvious as that of its two supplements ... While the forewords of the German and Latin editions indicate nothing explicitly abouth the authorship of the first supplement, their silence simply implies that Stahl was its author” (L. M. Prinicipe). Stahl war u.a. auch der Urheber der während rund hundert Jahren höchst populären ‘Phlogiston Theorie’. Der Verfasser, seit 1715 Leibarzt des ‘Soldatenkönigs’ Friedrich Wilhlem I. von Brandenburg, nahm an, dass die Funktionen des menschlichen Körpers, den er einen “mechanischen Apparat” nannte, direkt von der Seele gesteuert werden. Demzufolge träten Krankheiten dann auf, wenn die Überwachung der Seele nachgelassen habe und diese würde sich dann in chemischer Zersetzung und Fäulnis äussern. Aus diesem spekulativen Krankheitskonzept zog Stahl dann allerdings gleichwohl sinnvolle therapeutische Konsequenzen. So waren ihm vor allem diätetetische Massnahmen wichtig. – Geringfügige Bräunung. Bibliographie: Brüning II, 4056; Hirsch/Hübotter V, 384; Duveen 560; Poggendorff II, 980; Ferguson II, 397; Ferchl 513; Principe, New narratives in 18th century chemistry (2007), 25f. 269 STUCKI, Johann Wilhelm (1542-1607). Antiquitatum convivialium libri III. In quibus Hebraeorum, Graecorum, Romanorum aliarumque nationum antiqua conviviorum genera, mores, consuetudines, ritus ceremoniaeque conviviales atque etiam alia explicantur ... Editio secunda, Auctoris ipsius cura[m], melior & longe emendatior. Folio (305 x 195 mm). Mit Holzschnitt-Druckermarke auf Titel. [20], 419 Bl. Pergamentband d. Z. mit Blindprägung (ohne die Schliessbänder). Zürich, chf 1100.Johannes Wolff, Typis Christpherus Froschauer, 1597. Ergänzte und überarbeitete zweite Ausgabe von Stuckis zuerst 1582 aufgelegtem Quellenwerk zur Schweizer Sprach- und Volkskunde. Der Zürcher Philologe gründete sein Werk, in dem er Ess- und Trinksitten in der Antike in Beziehung setzt zu den Sitten seiner eigenen Zeit, vor allem auf Athenaios’ 1514 in Venedig erschienenes Werk ‘Deipnosophistai’ (Das Gelehrtenmahl), das bedeutendste Quellenwerk zum Thema Kochen und Essen im alten Griechenland. Daneben griff der Gelehrte auf seine umfassende Kenntnis von gegen fünfhundert griechischen, hebräischen, lateinischen, persischen sowie arabischen Autoren zurück, wobei er die wichtigsten Stellen paraphrasierte. Saturnalia Praktiken vergleicht er mit ihren christlichen Entsprechungen, ein eigenes Kapitel behandelt die Verpflegung während den militärischen Feldzügen, desweiteren werden die antiken Gepflogenheiten der Gastfreundschaft, die Namen und Bezeichnungen der Lebensmittel und Speisen, aber auch die Handhabe der verschiedenen Küchen- und sonstigen Haushaltgeräte erläutert. “Ein merkwürdiges Buch, wie es nur ein Polyhistor des 16. Jahrhunderts verfassen konnte” (E. A. Gessler in seiner erschöpfenden Rezension des Werks). – Titel beschmutzt und mit Papierfehlstelle sowie zwei Namen von alter Hand, Feuchtigkeitsspuren zu Beginn, gelöschter Bibliotheksstempel auf Titel verso. Bibliographie: VD 16, S-9771; Vischer N-73; Adams S-1961; Cagle 1230; vgl. B.IN.G. 1870; Simon, Bibl. Bacchica II, 629; Vicaire 805; E. A. Gessler, “Gastmahls-Altertümer” von J. W. Stucki, in: Zürcher Taschenbuch (1926), S. 106-172. 270 STUDER, Gottlieb Samuel (1804-1890). Die Eis-Wüsten und selten betretenen Hochalpen und Bergspitzen des Cantons Bern und angränzender Gegenden (lith. Titel). – Topographische Mittheilungen aus dem Alpengebirge. Eingeführt von Professor Bernhard Studer. [Und:] Erste Sammlung von Bergprofilen. 2 Bde. 8vo (181 x 115 mm). Mit 8 (4 farblith.) gef. Panoramablättern im Atlas. Mit lith. Frontispiz. XII, 172 S. Blaue Original-lithographierte Pappbände. In OriginalPappschuber. Bern und St. Gallen, Huber und Comp. (Körber), 1843. chf 1200.Seltene Erstausgabe in einem frischen Exemplar. Studers Klassiker des frühen Alpinismus erschien als erster (und einziger) Band einer ursprünglich auf mehrere Titel geplanten Folge von ‘Topographischen Mittheilungen aus dem Alpengebirge’. Nur eine knapp 40-seitige Fortsetzung aus der Feder des Berner Juristen wurde 1854 im ‘Berner Taschenbuch’ veröffentlicht. Die sechs Panoramen auf acht Tafeln zeigen die Aussicht vom Sidelhorn, der GamchiLücke am Tschingelgletscher, dem Juchlistock, der Jungfrau, dem Eggishorn (als dreiteiliges Vollpanorama) und dem Mährenhorn. Der lithographierte Vorderdeckel des Textbandes und die Titelvignette zeigen Episoden der Besteigung der Jungfrau, der Hinterdeckel des Atlasbandes hält Hugis Nachtlager über dem Aaregletscher im Bild fest. Eine unveränderte zweite Auflage erschien 1844. – Minimist stockfleckig. Bibliographie: Perret 4157; Jahrbuch des S.A.C. Bd. XXVI (1891), S. 305ff. One of the First Grand Plans and Ancestors for the European Union 271 SULLY, Maximilien de Béthune, duc de (1560-1641). Mémoires des sages et royalles oeconomies d’estat, domestiques, politiques et militaires de Henry le Grand, l’Exemplaire des Roys, le Prince des Vertus, des Armes & des Loix, & le Pere en effet de ses peuples François ... 2 in 1 Bd. Folio (360 x 225 mm). Beide Titel mit halbseitengrosser, handkolorierter Holzschnitt-Vignette. [8], 535 S. (recte 435, Paginierung springt von 193 auf 294); [8], 459 (recte 463) S. Roter Wappeneinband im Maroquin d. Z. mit Goldprägung, signiert von Jean-Édouard Niédrée, Stehund Innenkantenvergoldung, Goldschnitt. Amstelredam, Chez Alethinosgraphe de Clearetimelée, & Graphexechon de Pistariste, A l’enseigne des trois Vertus couronnées d’Amaranthe [recte Rouen, ohne Drucker, 1649]. chf 3800.Prachtexemplar in Maroquin des in Rouen veröffentlichten Nachdrucks der ersten beiden Teile der berühmten Memoiren des Herzogs de Sully. Darin breitet er u.a. auch einen Plan aus, der die Schaffung von fünfzehn etwa gleich grossen europäischen Staaten vorsah, die in einem ständigen Fürstenkongress vertreten sein sollten. Das Titelblatt wurde jenem der äusserst seltenen, von dem aus Auxerre stammenden Buchdrucker Jacques Bouquet auf Château de Sully gedruckten Erstausgabe von 1638 nachempfunden und zeigt wie jene die grün und rot kolorierte halbseitige Titelvignette mit den drei V (“vertus couronnées”), ebenso weist der Druck den selben fiktiven Druckort auf: Amstelredam, Alethinosgraphe de Clearetimelée Graphexechon de Pistariste (= “Ecrivain véridique de gloire et vertu Secrétaire émérite de haute probité”). “À propos de l’édition de Rouen, le médecin Guy Patin a laissé, dans sa correspondance, un témoignage instructif. Le 27 novembre 1649, il annonce la parution des Mémoires de Sully, ‘qui n’ont jamais été vus que très peu’. À le lire, il semble que le château de Sully-sur-Loire était déja connu comme lieu d’édition des tomes I et II. Le 10 janvier suivant, il indique qu’ ‘on vend ici fort librement et publiquement les Mémoires de M. de Sully’. Enfin, le même épistolier déclare: ‘J’ai appris que cette dernière édition avoit été châtrée par ordre de M. le Prince’, c’est-à-dire de l’ancien époux de Charlotte de Montmorency, Henri II [de Bourbon, duc] de Condé, qu’à deux reprises Sully avait conseillé de faire enfermer à la Bastille, en 1609, puis en 1616. Condé était mort en 1649. Il avait toutes les raisons de garder rancune à l’ancien ministre de Henri IV. Par contre, la nature de son intervention contre les Mémoires de ce dernier reste inconnue” (Laurent Avezou). Die ersten beiden Teile der Oeconomies umfassen den Zeitraum von 1570-1605, wobei der zweite Abschnitt “relevait clairement de l’utopie politique: la carte de l’Europe serait entièrement redessinée pour être ramenée à quinze ‘dominations’ de proportions voisines – onze royaumes et quatre républiques”. Die Editio princeps der Teile III und IV für die Jahre 1606-1610 wurde erst 1662 von Augustin Courbé in Paris gedruckt. – Ein wunderbares, gänzlich fleckenfreies Exemplar. Provenance: Gebunden für die Bibliothek von François-Florentin-Achille de Seillière (18131873). Bibliographie: Cioranescu 63703; Kress 537; Einaudi 5506; Goldsmith’s 686; L. Avezou, Sully à travers l’histoire (2001), S. 119f.; Rahir 649; Leblanc, De Thomas More à Chaptal (1961), 8. A pioneer in the study of entomology 272 SWAMMERDAM, Jan (1637-1680). The Book of Nature, or the History of Insects: Reduced to distinct classes, confirmed by particular instances, displayed in the anatomical analysis of many species ... With the life of the author, by Herman Boerhaave. Translated from the Dutch and Latin original edition, by Thomas Flloyd. Revised and improved by notes from Reaumur and others by John Hill. Folio (400 x 245 mm). Mit 53 in der Platte röm. nummerierten Kupfertafeln. Titel in Rot und Schwarz. [4] Bl. (erstes leer), XX S., [3] Bl. (Elegia in honorem D. J. Swammerdamii), 236 S., 153 S., LXIII S., [6] Bl. Index. Gesprenkelter Kalbslederband d. Z. (405 X 260 mm), Rücken über 6 erhabenen Bünden, mit floraler Rückenvergoldung und Rückenschild (Rücken fachgerecht hinterlegt). London, Christlieb Gottreich chf 2800.Seyffert, 1758. Erste englische Ausgabe. Das von Swammerdam während den letzten vier Jahren vor seinem frühen Tode für die Veröffentlichung vorbereitete Manuskript blieb bis 1727 in französischem Privatbesitz, ehe es vom herausragenden Arzt und Botaniker Herman Boerhaave (1668-1738) erworben wurde. 1737/38 liess er die ‘Bybel der natuure – Biblia Naturae; sive historia insectorum’ mit holländisch/lateinischem Paralleltext veröffentlichen. “A magnificent folio work which contains perhaps the finest collections of microscopic studies ever produced by a single observer” (Dance, The Art of Natural History [1978], S. 183f.). Für diese englische Folioausgabe übernahm der Herausgeber John Hill (1716-1775), ein umtriebiger Londoner Arzt, Apotheker, Botaniker, Publizist und Romancier, sowohl Boerhaaves wichtige Biographie Swammerdams, als auch das lateinische Lobgedicht auf den Verfasser von dessen besten Freund in Amsterdam, dem Arzt Mattheus Sladus (16281689). Der spätestens seit 1757 im prosperierenden London wirkende deutsche Buchhändler Christlieb Gottreich Seyffert (tätig um 1757-1764) verlegte das kostspielige wissenschaftliche Buch auf Subskriptionsbasis. Alle 53 Kupfer der Originalausgabe von 1737/38 wurden von dem in Hamburg geborenen Kupferstecher Johann Christian Gottfried Fritsch (17201802) nachgestochen, “and clearly represented an ambitious and expensive initial project” (Graham Jefcoate in: Oxford DNB). Hill widmete die Ausgabe dem Präsidenten der Royal Society, George Parker, 2nd Earl of Macclesfield (1695-1764). – Der Tafelteil gleichmässig schwach gebräunt und minimal stockfleckig, ein vorzügliches Exemplar im zeitgenössischen Ledereinband. Provenance: Gekröntes Bibliotheksschild “Chiswick – Bookcase – Shelf “ [Chiswick House, London]. Bibliographie: Nissen, ZBI, 4057; Darmstaedter 35f.; vgl. Dibner, Heralds of Science, 191; Norman 2037; Lindeboom, Boerhaave, 568; G. Jefcoate 273 SWIFT, Jonathan (1667-1745). Reise des Capitain Lemuel Gulliver nach dem Lande der kleinen Lilliputier. Mit 16 illuminirten Kupferstichen [von Richter] geschmückt. Dritte unveränderte Ausgabe. Kl.-Quer-8vo (96 x 155 mm). Mit 16 handkolorierten Kupfertafeln von Richter. 40 S. Halbleinenband des 19. Jhs. Leipzig, (Friedrich André für) Baumgärtners Buchhandlung, (1840). chf 1250.Ein ebenso charmantes wie seltenes illustriertes Kinderbuch aus Baumgärtners Leipziger Verlag, zuvor 1838 und 1839 aufgelegt. Der Jurist Friedrich Gotthelf Baumgärtner (17591843) gründete den schliesslich bis 1939 bestehenden Verlag 1792. Im Jahr 1825 hatte dessen Sohn Julius Alexander Baumgärnter (1797-1855) die Leitung des Unternehmens übernommen. Die von einem von uns nicht näher zu identifizierenden “Richter sc.” radierten und kolorierten Kupfer zeigen Szenen aus dem zweiten Teil von Jonathan Swifts unsterblichem Klassiker von 1726, der in das Land Brobdingnag führt, wo nicht nur dessen Bewohner sondern die gesamte Natur überirdische Dimensionen aufweisen. Bibliographie: Wegehaupt 2110. 274 LE TABLEAU DE LA CROIX representé dans les cérémonies de la S[ain] te messe ensemble le tresor de la devotion aux soufrances de N[ot]re S[eigneur] I[esus] C[hrist] le tout enrichi de belles figures. Kl.-8vo (168 x 113 mm). Mit Kupfertitel, 1 Portraitkupfer Charles de L’Aubespine, marquis de Chateauneuf und 96 Illustrationen. Alles in Kupferstich gestochen von oder nach Jean Collin, Guillaume de Gheyn, I. Durant u.a. [52] Bl. Brauner Kalbslederband d. Z. über 6 erhabenen Bünden, Deckel mit 4 ineinandergesetzten Fileten-Rahmen mit Eckfleurons, marmorierte Vorsätze, zwei intakten Schliessen, hs. Name “Beaufort” im Kopfteil des Vorderdeckels (kurzer Wurmgang im Rückenfuss, Kapitale lädiert, untere Ecken bestossen). Paris, François Mazot, 1651 (achevé d’imprimer ce 20 Septembre 1653). chf 2500.Ganz in Kupfer gestochenes Andachtsbuch aus dem Barockzeitalter. Das erstmals 1651 von dem Stecher und Verleger François Mazot veröffentlichte Buch ist Marquis de Chasteauneuf, Gouverneur der Touraine, gewidmet. Die nach Vorlagen von Jean Collin, J. Durant, Guillaume de Gheyn und anderen radierten Kupfer zeigen den Verlauf der Eucharistiefeier sowie gegenüberliegend Bildnisse von Heiligen und den dazugehörigen Litaneien. Die anschliessenden Busspsalmen und Offizien sind von biblischen Darstellungen umrahmt. Eines der beiden im NUC verzeichneten Exemplare trägt den handschriftlichen Vermerk, wonach dieses Gebetbuch von Guillaume Perrier aus Mâcon (1600-1656) gestochen wurde. Die erratische Pagination sowie der Umstand, dass die wenigen in Bibliotheken nachzuweisenden Exemplare in der Kollation stark voneinander abweichen, lässt die Vermutung zu, dass die Ausgaben in unterschiedlicher Zusammenstellung auf den Markt kamen. – Stellenweise geringfügig bestaubt oder minimal stockfleckig; von zwei, drei kleinen Flecken abgesehen ein gutes Exemplar. Provenance: Aus der Bibliothek des Genfer Bibliophilen Silvain S. Brunschwig (1882-1972). Bibliographie: Duportal 244; Goldsmith 1654; Brunet V, 624; Inventaire du fonds français: graveurs du XVIIe siècle, Bd. III: Jean Colin, S. 91-92 ; Duportal, Etudes sur les livres à figures, S. 244-245. First Printed Monograph on Colors 275 TELESIO, Antonio (1482-1534). De coloribus libellus. S. 305-323. – [Enthalten in:] Lazarus BAIF (1490-1547). Annotationes in legem II. De captivis & postliminio reversis, in quibus tractatur de re navali ... Eiusdem annotationes in tractatum de auro & argento legato, quibus vestime[n]toru[m] et vasculoru[m] genera explica[n]tur. His omnibus imagines ab antiquissimis monumentis desumptas ... subiunximus. Item Antonii Thylesii De coloribus libellus, à coloribus vestium non alienus. [Herausgegeben von Charles Estienne]. Kl.-4to (209 x 155 mm). Mit 36 meist ganzseitigen Text-Holzschnitten nach Geoffroy Tory, 13 grösseren Metallschnitt-Initialen sowie Holzschnitt-Druckermarke auf Schlussblatt verso. 299 S., S. 305-323, (4) Bl. Flexibler Pergamentband d. Z. mit hs. Titel auf dem Vorderdeckel (Pergamentbezug des Vorderdeckels im Gelenk gerissen). Basel, Hiernoymus Froben und Nicolaus Episcopus, 1537. chf 4500.Seltener Basler Druck von Telesios berühmter erster Monographie zum Phänomen Farbe (“De coloribus libellus” [1528]), der lateinische Text wurde auch von Goethe 1810 in dessen “Zur Farbenlehre” komplett nachgedruckt. Die drei mit Holzschnitten illustrierten mitenthaltenen Werke von Lazare Baïf über Schiffe, antike Kleidung und Vasen waren im Jahr zuvor als erstes illustriertes Buch des Pariser Druckers Robert Estienne verlegt worden. Für diese Froben-Ausgabe wurden alle meist ganzseitigen Holzschnitte nachgeschnitten. – Geringfügig gebräunt und minimal stockfleckig. Provenance: Eigenhändiger Besitzeintrag des Mailänder Arztes und “Protophysicus” Zaccaria Caimo (1516-1596) auf Titel und letztem Blatt und eigenhändigen Marginalien im Traktat des Telesio. Bibliographie: Adams B-35; Index Aurel. 111.639; Berlin Kat. 884; Bernard, Tory, 208; Lipperheide Ba 1; vgl. Crone 76; The Faber Birren Collection of Books on Color (Online), ND1486 T49;1529 (Ausgabe von 1529). 276 TESAURO, Emanuele (1592-1675). Inscriptiones, quotquot reperiri potuerunt. Opera olim & diligentia Emmanuelis Philiberti Panealbi ... Cum eiusdem notis & ill. Editio tertia ... Folio (311 x 190 mm [Papiergrösse]). Titel in Rot und Schwarz. [24] Bl., 478 S., [21] Bl. Index. Roter Maroquineinband d. Z. über 6 erhabenen Bünden, mit goldgeprägter Deckelbordüre und Raute im Zentrum beider Deckel, mit reicher Rücken- und Stehkantenvergoldung. Goldschnitt. Coloniae Brandenburgicae (=Berlin), Georg Schultze, 1671. chf 2500.Prachtexemplar der Folio-Ausgabe im reich verzierten barocken Ganzmaroquineinband. Gewidmet ist diese vom Turiner Professor für römisches Recht und Freund Tesauros Emanuele Filiberto Panealbo zusammengestellte und erläuterte Sammlung der meistern der höfischfeierlichen Inscriptiones des Turiner Jesuiten dem Grossen Kurfürst Friedrich Wilhelm I. von Brandenburg (1622-l688). Dieser ersten ‘offiziellen’ Sammlung von 1666 ging mindestens eine nicht autorisierte Version (Venedig, 1654) voraus. Das Zeitalter des Barock und Absolutismus wird als das epigraphische Jahrhundert par excellence angesehen, belegt durch die zahlreichen Inschriftenwerke und die 1663 durch Colbert veranlasste Gründung der Académie des inscriptions et belles lettres. Im Vorwort lobt Panealbo den Freund überschwenglich, Tesauro sei es in seinen Inscriptiones gelungen, zwei für die (argute) Inschriftenkunst wesentliche, aber auch äusserst schwierige Aspekte, nämlich argute Spielereien (“deliciae argutiarum”) mit thematischer Ernsthaftigkeit zu verbinden. Dadurch habe er die einst schmucklose und rohe “ars lapidaria” mit einem neuen Geist erfüllt. Der Herausgeber gibt auch Einblick in seine Vorgehensweise bei der Auswahl, indem er sich auf die ephemeren Inschriften Tesauros beziehe, wie Inschriften für Beerdigungen, Geburten, religiöse Feierlichkeiten, Festzüge etc., habe er die überragende epigraphische Leistung seines Freundes für die Nachwelt retten wollen. Unverständliche Stellen und Sentenzen habe er zu erläutern versucht. Eingeteilt hat Panealbus die Inschriften in die folgenden elf Rubriken: 1) Fúnebres Apparatus; 2) Natalitiae Pompae. 3) Sacrae Celebritates. 4) Literarii Apparatus, id est Caesares. 5) Publicae Principum Receptiones. 6) Regiarum Aedium Ornamenta. 7) Thesium Publicarum Parerga. 8) Illustrium Virorum Elogia. 9) Rerum, Locorumque Inscriptiones, et Monimenta. 10) Inscriptiones Historicae, id est, Patriarcharum Genealogia. 11) Inscriptiones adsctrictae numeris. Das vorliegende, auch in einer kleinformatigeren Quart-Ausgabe gedruckte Werk, stellt die bekannteste Sammlung von Inscriptiones argutae des 17. Jhs. dar, und mit ihr erlangte Tesauro europäische Berühmtheit als Meister der scharfsinnigen Epigraphik. – Diverse Unterstreichungen von alter Hand. – Vorsätze und Titelblatt geringfügig gebräunt, ein sehr schönes Exemplar. Bibliographie: VD 17 (Online Kat.) 1:085573A; Paisey T-210; Emblembücher in Münchner Bibliotheken S. 102; Neukirchen, Ad aeternam auctpros celebritatem ... , in: Marburger Jb. für Kunstwissenschaft XXIV (1997), S. 191f.; Ders., Inscriptio (1999), S. 54 und 58f.; Sparrow, Visible Words (1969), S. 118. 277 THÉVENOT, Jean de (1633-1667). The travels of Monsieur de Thévenot into the Levant. In Three Parts. Viz. into I. Turkey. II. Persia. III The East-Indies. Newly done out of French [by Archibald Lovell]. 3 Teile in 1 Bd. Kl.-Folio (317 x 198 mm). Mit gest. Portrait-Frontispiz und 3 Kupfertafeln. [19] Bl., 291 S.; 200 S. (recte 202 [Seitennummern 105-108 doppelt benutzt, Seitennummer 177-178 ausgelassen]); Titel, 114 S. (recte 120 [Seitennummern 63-64 und 91-94 doppelt benutzt]), [2] Bl. Kalbslederband des 18. Jhs., mit Namen von Carolus Porcher de Clyffe in Blindprägung auf Titel (stärker berieben, Ecken bestossen, Vorsätze erneuert). London, Printed by H. Clark for H. Faithorne, J. Adamson, C. Skegnes, chf 2700.and T. Newborough, 1687. Erste englische Augabe übersetzt durch Archibald Lovell. Thévenots Reisebericht markiert den Beginn der grossen Epoche von Reisen und Entdeckungen in der Levante. Seine ausserordentlichen Sprachkenntnisse (u.a. Türkisch, Arabisch und Persisch) ermöglichten ihm einen ganz direkten Zugang zur orientalischen Welt, die er genau und detailliert beschreibt, was seinen Bericht zu einer reichen und verlässlichen Quelle macht. Als vielleicht erster Europäer reiste Thévenot auch nicht zu Handelszwecken oder mit missionarischen Absichten, sondern allein um seine Kenntnisse der orientalischen Kultur zu vertiefen. Von dem aus einer wohlhabenden Pariser Familie stammenden Thévenot wird auch überliefert, dass er bei der Rückkehr von seiner ersten Nahostreise erstmals Kaffee in die französische Hauptstadt mitbrachte. Der erste Teil berichtet von Thévenots zwischen 1655 und 1659 unternommenen ersten Reise, die ihn nach Konstantinopel, dem Aegäischen Archipel, nach Kleinasien (Anatolien) und Aegypten führte. 1663 verliess er erneut die Heimatstadt Paris und reiste über Damaskus, Aleppo, durch die Wüste nach Bir, Orfa, Mosul und nach Bagdad. Fünf Monate verbrachte er in Isfahan, reiste im Gefolge Jean-Baptist Taverniers weiter, erforschte die alte persische Kaiserstadt Persepolis und segelte von Basra nach Indien. Auf seiner Heimreise erkrankte er tödlich und starb 1667 im persischen Tabriz. Die postum veröffentlichten Teile des Reiseberichts edierten Petis de la Croix 1674, respektive Sieur de Luisandre im Jahr 1684. – Exemplar ohne separates Titelblatt zum zweiten Teil, minimale Bräunung. Provenance: Wappenexlibris des US-amerikanischen Diplomaten und Kunstsammlers Burton Yost Berry (1901-1985) ‘Representative of the United States in Rumania’. Bibliographie: Wing T887; Atabey 1217; Blackmer 1650 (franz. Ausgabe); Pouillon 922f.; vgl. Schnyder-von-Waldkirch, Wie Europa den Kaffee entdeckte, 188f. 278 THYRAEUS, Petrus (1546-1601). De apparitionibus spirituum tractatus duo: quorum prior agit de apparitionibus omnis generis spirituum, Dei, angelorum, daemonum, et animarum humanarum libro uno. Cum duplici appendice de spirituum imaginibus & cultu, deque purgatorii veritate. Posterior continet divinarum seu dei In veteri Testamento apparitionum & locutionum tam externarum, quam internarum libros quatuor nunc primum editos. 4to (195 x 145 mm). Mit halbseitiger Holzschnittmarke des Jesuitenordens auf Titel. [8] Bl. (das letzte leer), 486 S. Kalbslederband um 1800, mit Deckelbordüre in Goldprägung, rotes Lederrückenschild, Rotschnitt (kleineres Loch im Rücken). Köln, Goswin Cholinus, 1600. chf 1100.- Erstausgabe. Das Buch von Peter Dorkens über Geistererscheinungen und Visionen, wie sie sich im Alten und Neuen Testament als Engel, Teufel, unter eigener und fremder Gestalt und als Seelen Verstorbener darstellen, fand im gelehrten Publikum grosse Aufmerksamkeit, so dass 1605 eine zweite Ausgabe erschien. Der aus Neuss stammende christliche Dämonologe war 1561 in den Jesuitenorden eingetreten. Als Lehrer und Prediger genoss er auch die höchste Wertschätzung des seit Dezember 1573 als Fürstbischof von Würzburg und Herzog in Franken amtierenden Julius Echter von Mespelbrunn (1545-1617), ein bedeutender Vertreter der Gegenreformation und Gründer der Würzburger Universität. – Durchgehende Bräunung, zu Beginn stärker, mit hs. Notiz im Kopfsteg des Titelblattes. Provenance: Auf Titel verso montierter Besitzvermerk der Biblioteca Marqués de Astorga. Bibliographie: Coumont, Demonology and Witchcraft. An annotated Bibliography (2005), Nr. T27.15; De Backer-Sommervogel VIII, S. 16, Nr. 21; VD 17 23:324457V; Golden, Encyclopedia of Witchcraft. The Western Tradition IV (2006), 1122; O’Neill/Dominguez, Diccionario historico de la Compania de Jesus IV, 3794. 279 [TIPHAIGNE DE LA ROCHE, Charles-Ferdinand (1722-1774)]. Amilec ou la Graine d’hommes qui sert à peupler les planètes, par l’A. D. P. ***. Troisième édition, augmentée très considerablement. 3 Teile in 1 Bd. 12mo (230 x 78 mm). 120 S.; 144 S.; 156 S. (Der Text durchgehend innerhalb einer typographischen Schmuckbordüre gedruckt). Roter Maroquinband d. Z., Deckelnordüre aus goldgeprägter Dreifachfilete mit Herzornamenten in den Ecken, vierblättriges Kleeblattornament im Zentrun, Steh- und Innenkantenvergoldung, Goldschnitt (Kanten minimal berieben). Luneville, aux dépens de Chr. Hugene, à l’enseigne de Fontenelle [i.e. Paris, Michel Lambert, 1754]. chf 2800.Tiphaigne de la Roche zählt zu den weniger bekannten französischen Autoren, die für die grosse Zunahme utopischer Texte, imaginärer Reiseberichte und exotischer Evasionsliteratur im Jahrhundert der Aufklärung verantwortlich waren. Der hier in der massgebenden, auf drei Teile vermehrten, dritten Ausgabe vorliegende antiutopisch-satirische Roman Amilec erschien erstmals 1753 und erneut 1754. Wohl noch im gleichen Jahr – aber ohne Datum – erschien die hier vorliegende Ausgabe letzter Hand. Sie enthält fast den gesamten Text der ersten Version und führt ihn mit weiteren satirischen Episoden fort. Tiphaigne entwirft in seinem Roman keine Utopie im traditionellen Sinn, sondern er konfrontiert den Leser mit einer moralisch-sozialkritischen Satire. Statt utopischen Paradiesen nachzutrauern, so die Botschaft des Textes, sollte sich der Mensch besser mit realistischen, seiner Natur gerecht werdenden, Reformvorschlägen befassen. – Titel minimal gebräunt mit hs. Datum von 1753; sehr schönes Exemplar. Provenance: Unidentified bookplate with motto: “peu à peu”. Bibliographie: Soboul/Hartig 54; cf. J. Marx, Tiphaigne de la Roche: Modéles de l’imaginaire au XVIIIe siècle (1981). Authoritative Edition of the First Spanish Treatise to Explain Figured Bass 280 TORRES, José de (1670/72-1738). Reglas generales de acompañar, en organo, clavicordio, y harpa, con solo saber cantar la parte, o un baxo en canto figurado. Distribuidas en tres partes. En la primera, se enseñan los fundamentos que deben preceder al acompañar; en la segunda. el modo de acompañar, usando solo de especies consonantes, y en tercera, el modo de practicar las especias falsas, assi dentro de la ligadura, como fuera de ellas. Añadido aora un nuevo Tratado, donse se explica el modo de acompañar las Obras de Musica, segun el estilo Italiano. Quer-Kl.-Folio (205 x 287 mm). [4] Bl., 124 (recte 126) S., [2] Bl. Flexibler Pergamentband d. Z. (etwas fleckig), mit Fragmenten von Schliessbändern. Madrid, Imprenta de Música, chf 4800.1736. Erste komplette Ausgabe, gegenüber der kleinformatigen Erstausgabe neu im QuerGrossformat gedruckte vermehrte zweite Ausgabe von José de Torres ‘Allgemeinen Regeln für das Begleiten auf der Orgel, dem Cembalo und der Harfe’. In seiner Einleitung zum neuen vierten Teil, der die Begleitung von Kompositionen im italienischen Stil lehrt, schreibt der Verfasser, dass seit der Erstausgabe von 1702 so viele italienische Werke in Spanien eingeführt wurden, und im Land selbst so viel im italienischen Stil komponiert wurden, dass die Hinzufügung sich aufgedrängt hatte. Die von Torres beschriebene ‘italienische Art’ des Continuospiels entspricht den Darstellungen, die sich italienischen oder italienisch beeinflussten Theoretikern wie Francesco Gasparini oder Johann David Heinichen finden. Torres weist auch explizit auf eine weitere Neuerung hin, wurden doch in dieser vorliegenden Ausgabe – erstmals in einem spanischen Werk – die Notenbeispiele in Klaviersystemen gedruckt, was auch das hier verwendete Querformat erklärt. “Insgesamt ist die zweite Edition aufgrund ihres Formats, der zusätzlichen Notenbeispiele und der Notation besser geeignet, um direkt als Spielvorlage für den angehenden Begleiter zu dienen” (Astrid Nielsch). – Titel im Aussensteg etwas fleckig, insgesamt ein sehr sauberes und gepflegtes Exemplar im ersten Einband. Bibliographie: Palau 337036; RISM BVI/2, S. 838; Astrid Nielsch, Spanischer und italienischer Stil in der Continuopraxis am Beginn des 18. Jhs., S. 16; Nielsch, Spanischer und italienischer Stil in der Continuopraxis am Beginn des 18. Jhs. (1997); P. Murphy, J. de Torre’s Treatise of 1736 General Rules for Accompanying on the Organ (2000). 281 TURCICA – OTTOMAN-SAFAVID WAR (1578-1590) – Belli Persici cum Turcis anno superiore gesti, Historia. Catalogus provinciarum seu regnorum Imperii Turcici ... 4to (200 X 156 mm). [4] Bl. Blaue Broschur. O.O u. Drucker, 1583. chf 2800.Seltene Flugschrift zum osmanisch-safawidischen Krieg von 1578 bis 1590 zwischen den Persern, zunächst unter Mohammed Khodabanda, später unter Abbas I., und dem osmanischen Reich unter Murad III. Dabei wurde Georgien als abhängiger Vasallenstaat dem osmanischen Reich eingegliedert und führte zur Beherrschung Aserbaidschans und dem Kaukasus bis zum Kaspischen Meer. Am Schluss findet sich ein Verzeichnis der Provinzen des Osmanischen Reichs. Bibliographie: VD 16 (Online Kat.) ZV-1237. Nicht in Göllner. 282 [TYSSOT DE PATOT, Simon (1655-1738)]. Voyages et aventures de Jacques Massé. 12mo (160 x 92 mm). Mit Titelvignette (Armillarsphäre) in Holzschnitt. [8], 508 S. Kalbslederband d. Z., mit Rückenvergoldung und Rückenschild. A Bourdaux, Chez Jacques L’Aveugle, 1710 [recte The Hague, Le Vier, um 1714/1717]. chf 4800.Erstausgabe, erster Druck der anonym veröffentlichten Aufzeichnungen einer ‘Voyage imaginaire’, aus der Feder des radikalen hugenottischen Freigeistes Simon Tyssot de Patot. Entgegen dem Druckdatum erschien das Buch tatschlich erst um 1714/17: “Predated to coincide with the millenarianism of 1710, the book was actually published between 1714 and 1717. Utopia proper is consigned to a limited space – fittingly located on the Australian hemisphere, somewhere in the vicinity of the as-yet-undiscovered Kerguelen – where an ideal republic unfolds its methodical geometry on a rigorously flat landscape that recalls the polders of Holland” (F. Lestringant, Utopia and the Reformation, in: Schaer/Claeys/Sargent). Ein zweifacher Schiffbruch führt den Protagonisten auf die Insel Bustrol südlich von Madagaskar, die in egalitäre und symmetrische Kantone eingeteilt ist. Im Mittelpunkt der höchst realistisch geschilderten – und deshalb auch lange als authentisch angesehenen – Lebensgeschichte des freidenkerischen Arztes Jacques Massé, steht dessen abenteuerliche Reise, die am 5. Juni 1644 mit der Einschiffung nach Ostindien beginnt. Nach einem Schiffbruch werden die Protagonisten auf einen unbekannten Kontinent (= Australien) verschlagen, wo Massé in Begleitung zweier Mitreisenden das Landesinnere erkundet. Höchst realistisch wird dann der vorgefundene utopische Staat geschildert. Der fiktive Reisebericht wird immer wieder durch philosophische Dialoge unterbrochen, die dem Verfasser die Gelegenheit zu seiner Gesellschaftskritik bieten. Tyssot de Patots Meisterwerk realistischen Erzählens beeinflusste Jonathan Swift und gehört zu den interessantesten fiktionalen Reiseberichten, die als Gattung vor allem im 17. Jh. die dominante Form der literarischen Utopie darstellten. – Geringfügige Bräunung hie und da, ein gepflegtes Exemplar. Bibliographie: Rosenberg, Tyssot and his Works, 84-85 (Ausgabe A); Schaer/Claeys/Sargent 173; Soboul/Hartig 38; Weil, Livres interdits, livres persécutés (1999), Nr. 557; Fortunati/ Trousson 679ff.; A. Stroup, Massé’s Haircut, in: Studies in Early Modern France V (1999), S. 1ff. 283 ULRICH, Johann Jacob (1798-1877). Die Schweiz in Bildern nach der Natur gezeichnet von Prof. J. Ulrich Landschaftsmaler, in Stahl gestochen von Caspar Ulrich Huber, mit erläuterndem Text [von Johann Jacob Reithard]. QuerFolio (300 x 395 mm). Kupfertitel mit Vignette und 45 Stahlstich-Radierungen nach J. J. Ulrich gestochen von C. U. Huber. Mit je einem Textblatt von J. J. Reithard mit drei bis sechs Stahlstich-Vignetten, 8 S. (“Ergänzender Anhang [und] Register)”. Halblederband d. Z., Titel innerhalb ornamentaler Bordüre in Goldprägung auf Vorderdeckel, auf Rückendeckel innerhalb gleicher Roccaillbordüre Widmung an Goldschnitt (Rücken etwas berieben, die Deckel etwas stockfleckig). Zürich, (David Herter für J. J. Ulrich und) Henri Fuessli & Cie., G. H. Baer, [1850/51-56]. chf 3500.Erstausgabe. Die Veduten in klaren Abdrucken und mit breitem Rand. Abbildung fanden nebst den markanteren Städten der Schweiz in der Mitte des 19. Jahrhunderts auch Brienz, das Jungfraumassif, der Oeschinen- und der Sempachersee, die Kirche St. Maria bei Seelisberg, der Vierwaldstättersee, die Insel Ufenau, das berühmte Bergsturzgebiet von Goldau, den Schaffhauser Rheinfall, der Walensee, das bei Ragaz gelegene Schloss Wartenstein, das Oberengadin, Schloss Gottlieben am Bodensee usw., desweiteren auch eher seltener dargestellte Ortschaften wie Hausen am Albis, Teufen, Klosters, Mesocco oder Inden bei Leuk. Den Begleittext steuerte der aus Küsnacht stammende Dichter und Mitbegründer des Zürcher Freitags-Blatts, Johann Jakob Reithard (1805-1857) bei. – Vereinzelte Stockflecken, ein schönes Exemplar, komplett mit allen 45 Ansichtstafeln. Provenance: Konstantin Schlottmann (1819-1887), Zürcher Theologieprofessor, mit Schenkungseintrag von seinen Studenten. Bibliographie: Lonchamp 2432; Weber, Graubünden in alten Ansichten, 183; Brun III, 349; Wäber 84; Leemann-van Elck, Druck, Verlag, Buchhandel im Kanton Zürich (1950), 105f.; HBLS VI,198. “The most intelligent book on perspective by a practising painter” 284 VALENCIENNES, Pierre-Henri (1750-1819). Élémens de perspective pratique, à l’usage des artistes, suivis de reflexions et conseils à un élève sur la peinture, et particulièrement sur le genre du paysage. Deuxième édition, revue, corrigee et augmentée par l’auteur. Gr.-4to (264 x 200 mm). Mit 36 gefalteten Kupfertafeln mit geometrischen Figuren. [2] Bl., XXI S., 1 Bl., 573 S. Marmorierter Kalbslederband d. Z. mit reicher Rückenvergoldung. Paris, Aimé Payen, 1820. chf 1500.Der im Languedoc geborene Pierre-Henri Valenciennes war der einzige französische Maler des 18. Jahrhunderts, der über die Perspektive ein Buch veröffentlichte (EA 1799). Geschrieben hat er es in der Ueberzeugung, dass die von Mathematikern und Architekten vorgelegten Abhandlungen für die Maler nicht wirklich geeignet seien. “His particular complaint was that the authors were mathematicians and architects who did not understand what young painters needed ... He thus spent some three hundred pages on teaching them the art of perspective and instructing them in how to apply a distance point method, but without giving any mathematical explanations of why the method worked” (K. Andersen). Im Jahr 1812 ernannte man Valenciennes zum Professeur de perspective an der Ecole Impériale des Beaux-Arts, wo er grossen Einfluss auf spätere Künstler ausübte. So gilt er auch als Vorläufer der Stimmungsmalerei der Romantik und der Freilichtmalerei des Impressionismus. – Zu Beginn schmaler Wasserrand auf wenigen Blättern. Provenance: Exlibris mit Monogramm JLP und zwei Wappen (mit Turm, resp. mit drei Schildern) sowie auf Vorsatz Name B. Pollioz von alter Hand. Bibliographie: Quérard, La France littéraire X, 15f. (“Aussi cet ouvrage est-il deveu classique”); Andersen, The Geometry of an Art (2007), 485; Vagnetti, De naturali et artificiali perspectiva (1979), FIb2 (466); Kemp, The Science of Art (1990), 227f. First Italian edition of the first Renaissance dictionary of symbols and hieroglyphs 285 VALERIANO BOLZANI, Pierio (1477-1558). Ieroglifici, overo, Commentari delle occulte significationi de gli Egittij, & d’altre nationi. ... accresciuti di due libri dal Sig. Celio Augustino CURIONE [De i trattati de gieroglifici ... libro primo ... Il quale contiene quelle cose che per le varie statue, & imagini de i dei son significate (und:) Sopra i commentarii de’ gieroglifici ... libro secondo ... (Di alcuni animali, & herbe)]. ... Et hora da varii ... leterati [Belisario Bulgarini, Felice Fiogliucci, Scipione Bargagli e altri] ... tradotti, etc. Con due indici, uno de nomi de gli authori, & l’altro delle cose trattate, & notabili in questi sessanta libri ... Folio (315 x 215 mm). Mit 300 emblematischen Texholzschnitten und halbseitengrosser Holzschnitt-Druckermarke auf dem Titel. [12] Bl., 919 S. Moderner Pergamentband (unleserliche hs. Zeilen auf Vorderdeckel). Venezia, Giovanni Antonio & Giacomo De Franceschi, 1602. chf 1500.Erste italienische Ausgabe des reich illustrierten Weltalbums, das als wichtigstes literarisches Zeugnis der produktiven Rezeption der Hieroglyphik alle Bestrebungen der RenaissanceHieroglyphik zusammenfasste und durch seine rund dreihundert Bilder zur massgebenden “Quelle und Fundgrube der gesamten späteren Hieroglyphik wurde” (L. Volkmann). Valeriano schuf darin ein symbolisches Universum, das die ganze antike Welt von Teuth (Thot), dem sagenhaften Erfinder der Schreib- und Rechenkunst, bis Claudian und von Hermes Trismegistos bis zum Heiligen Augustinus mit einschliesst. Die mit dem Begriff Hieroglyphen verknüpften Vorstellungen verdankt die italienische Renaissance vor allem den spätantiken ‘Hieroglyphica’ des Horus Apollo (Horapollo), einem ins Griechische übersetzten Verzeichnis enigmatischer Hieroglyphen oder Bilderrätselschrift, samt Auslegungen. Valerianos über einen langen Zeitraum verfassten Deutungen der Hieroglyphen zirkulierten in Gelehrtenkreisen bereits in Manuskriptform ehe sie schliesslich zuerst in fragmentarischer Form (nur die ersten acht Bücher) Ende Januar 1556 in Florenz und einige Monate später komplett in 58 Büchern in Basel gedruckt wurden. Jedes Buch oder Kapitel ist je einem symbolischen Bildgegenstand in Form eines Tieres, eines menschlichen Körperteils, einem Werkzeug oder Gebrauchsgegenstand, einem Gestirn, Element oder einer Pflanze gewidmet, wobei Valeriano jedes Buch auch je einem anderen bekannten Humanisten zueignete. Kapitel II beschäftigt sich mit der hieroglyphischen Bedeutung des Elephanten, dessen Eigenschaften unter Rückgriff auf ägyptische Hieroglyphen und römische Münzen vorgestellt werden. Der zweiten Basler Edition von 1567 wurden neu zwei methodisch dem Vorbild nachgebildete Bücher von Celio Agostino Curione (1538-1567) hinzugefügt, womit Valerianos Buch seine endgültige Form erhielt. Die vorliegende, anonym von Sienenser Gelehrten wie Belisario Bulgarini, Felice Figliucci und Scipione Bargagli übersetzte erste italienische Ausgabe – “particolarmente fortunata la traduzione italiana a opera di alcuni letterati senesi e Accademici Intronati” (Floriana Calitti) – enthält alle sechzig Bücher oder Kapitel. Die dreihundert emblematischen Holzschnitte wurden nach jenen der Basler Erstausgabe fein nachgeschnitten. Eine direkte Fortsetzung und Ausweitung fand Valerianos Bedeutungskunde im erstmals 1653 aufgelegten ‘Mondo simbolico o sia università d’imprese’ des Mailänder Kanonikers Filippo Picinelli. – Die beiden Seiten 844 und 849 sind hier als Fehldrucke unbedruckt geblieben (Text als Photokopie beiliegend). – Unterer Eckabriss auf Titelblatt alt ersetzt und im Innensteg unterlegt, schwacher ovaler Braunflecken auf den S. 61 bis 66, unleserliche Fehldrucke der beiden S. 844 und 849, unbedeutender schmaler Wasserrand unten zu Beginn im Index und untere Ecke wasserfleckig gegen Schluss ab S. 839. Provenance: Im vorderen Spiegel hs. Name von Karl Jakob Lüthi (1876-1958), Bibliophiler, Buchdruckforscher und Bibliothekar der Schweizer Landesbibliothek in Bern. Bibliographie: Olschki, Choix de livres IX, 13617; ICCU (Online Kat.) UBOE\001801; Praz 521; vgl. F. Govi, I classici che hanno fatto l’Italia (2010), Nr. 96; Mortimer, Italian, 511; Keiner, Hieroglyphenromantik: zur Genese und Destruktion eines Bilderschriftmodells (2003), S. 64f.; Volkmann, Bilderschriften der Renaissance (1962), 35f.; Iversen, The Myth of Egypt and its Hieroglyphs (1993), 70ff.; D. Pfeil im Nachwort zur Faksimile-Edition der Basler EA, 2005. Nomenklatur brasilianischer Pflanzen 286 VANDELLI, Domenico (1735-1816). Florae Lusitanicae et Brasiliensis specimen et epistolae ab eruditis viris Carolo à Linné, Antonio de Haen, ad Dominicum Vandelli scriptae. Kl.-4to (204 x 142 mm). Mit 5 gefalteten Kupfertafeln mit Blumen- und Blütenabbildungen. Titel, 96 S. (wie üblich ohne das leere Bl. i4). Marmorierter Kalbslederband d. Z., mit Rückenvergoldung, Rotschnitt. Coimbra, Ex Typographia Academico-Regia, apud Antonio Barneoud, 1788. chf 2800.- Erstausgabe. Mit diesem botanischen Werk wurde in Portugal Carl von Linnés epochales taxonomisches Sysem eingeführt. Der aus Padua stammende Botaniker und Arzt Domenico Vandelli ging 1764 auf Linnés Rat nach Portugal, wo es auf Grund der Pombal’schen Reformen galt, die naturhistorischen Sammlungen aufzubauen sowie Vorlesungen zu halten. Portugal besass einen einzigartigen Reichtum an Pflanzen aus Brasilien, Afrika und Indien, die der modernen Klassifizierung harrten. 1766 gründete Domenico Vandelli hiezu den botanischen Garten des königlichen Palastes von Ajuda in Lissabon und 1772 auch den der Universität von Coimbra. Durch seine Lehrtätigkeit bildete Vandelli eine neue Generation von Naturalisten aus, darunter auch Padre Joaquim Veloso de Miranda, der sich 1779 nach Minas Gerais begab und seinen Lehrer mit wertvollen Informationen zur Flora Brasiliens belieferte. Aus Vandellis reichhaltiger Korrespondenz mit den grossen Wissenschaftlern Europas sind am Schluss des vorliegenden Werks zwei Briefe des berühmten Begründers der Wiener Medizinischen Schule, Anton de Haen und 22 von Linné abgedruckt. Ein Nachdruck der Florae Lusitanicae erschien in Johann Jakob Römers, Scriptores de plantis Hispanicis, Lusitanicis, Brasiliensibus im Jahr 1796 in Nürnberg. Bibliographie: Stafleu/Cowan VI, 15.870; Pritzel 9682; Borba de Moraes II, 875; Soulsby 2465; Inocêncio da Silva II, 201 und 337; Cat. of the Linnean Society of London (1925), 786; Grande Enciclopédia Portuguesa e Brasileira XXXIV, S. 109f. Nicht in Nissen und Hunt. 287 [VEIRAS, Hans Franz (1576/77-1672)]. Heutelia, Das ist: Beschreibung einer Reiß, so zween Exulanten durch Heuteliam gethan ... Kl.-8vo (152 X 95 mm). Mit Kupfertitel. [6], 297 S. [recte 295, die Seitennummern 235-236 übersprungen], 1 leeres Bl., [3] S. (“Clavis Heuteliae”). Pappband des 18. Jhs., mit Rückenschild. Lutetiae [recte Ulm, ohne Drucker], 1658. chf 2400.Erstausgabe. Ein seltenes, zwischen Reisebeschreibung, Satire und Utopie angesiedeltes Werk aus der Barockzeit, dessen Verfasserschaft nie restlos geklärt werden konnte. Allgemein nimmt man aber an, dass das Buch von dem in der protestantischen Schweiz im Exil lebenden Glaubensflüchtling Hans Franz Veiras verfasst wurde. Sofort nach Erscheinen wurde das Werk durch die Obrigkeit verboten, denn die gesellschaftlichen Zustände des Landes wurden aus reformiert-aristokratisch-humanistischer Warte kritisch beleuchtet. Beschrieben wird die Reise von zwei deutschen Glaubensflüchtlingen vor allem durch das Berner Hoheitsgebiet. – Komplettes Exemplar mit dem Schlüssel (Clavis Heutelia) für die zahlreichen Anagramme und Verballhornungen. Provenance: Matthias Usteri, mit hs. Notizen, datiert 1703. Bibliographie: Haller V, 1195; Faber du Faur 448; Jantz, 2572; VD 17 (Online Kat.) 23:299560W (unter Gravisset). The Most Accomplished of All Romantic Utopias Australian Shangri-La and the VOC 288 [VEIRAS D’ALLAIS, Denis (1630-1672)]. A. Roberts Historie der Neugefundenen Völcker Severambes, Welche einen Theil des Dritten festen Landes, so man sonsten das Sud-Land, nennet, bewohnen ... Beygefügt Die Seltzamen Begebenheiten Herrn T[homas] S[kinners]. Eines Englischen Kauff-Herrens: Welcher von den Algierischen See-Räubern zum Sclaven gemacht, und in das Inwendige Land von Africa geführet worden ... Kl.-4to (213 x 160 mm). Kl-4to (213 x 160 mm). Mit allegorischem Fronispiz in Kupferstich. Titel in Rot und Schwarz. [2] Bl. (inkl. Titelkupfer). 362 S. (recte 360, S. 176/177 in der Paginierung übersprungen), 100 S. Halblederband des 19. Jhs. (Rückenkopf beschabt). Nuremberg, Johann chf 1200.Friedrich Rüdiger, 1717. Neu gesetzte dritte Ausgabe der ersten deutschen Version von 1689 durch einen unbekannt gebliebenen Uebersetzer, mit nur minimalen orthographischen Eingriffen. Stark durch Thomas Mores Utopia beeinflusst, enthält Denis Veiras’ (oder Vairasse) berühmte “History of the Sevarites or Sevarambi” einige gewagte philosophische Ideen. Während die vier ersten Bände noch mit dem königlichen Privileg erschienen, musste der fünfte und letzte Band, der heftige Angriffe auf die Religion enthält, ohne offizielle Genehmigung veröffentlicht werden. Veiras’ Werk markiert den Beginn einer neuen, weniger didaktischen und mehr fiktionalen, Form der utopischen Literatur, “but also more linked to reality and its geographical likelihood” (Fortunati/Trousson). Die sevarambische Sprache wird in dieser deutschen Uebersetzung so ausführlich wie im französischen Text behandelt. Im Unterschied zu der 1783 erschienenen deutschen Neuübersetzung durch Johann Gottwerth Müller von Itzehoe ist hier nicht gekürzt worden und Fachbegriffe werden sogar zusätzlich erläutert. – Ein frisches Exemplar. Bibliographie: Winter 105; Fortunati/Trousson 279f.; Gibson/Patrick 782; Gove 43; Schaer/ Claeys/Sargent 173f.; Atkinson 19f. 289 — Geographisches Kleinod, Aus Zweyen sehr ungemeinen Edelgesteinen bestehend, Darunter der Erste Eine Historie der Neu-gefundenen Völcker Sevarambes genannt ... Der Ander aber vorstellet, Die Seltzamen Begebenheiten Herrn T[homas] S[kinners]. Eines Englischen Kauff-Herrens: Welcher von den Algierischen See-Räubern zum Sclaven gemacht ... Anjetzo in Hoch-teutscher Sprache mit vielen schönen Kupfern denen Liebhabern mitgetheilet. 2 Teile in 1 Bd. 4to (190 x 155 mm). Mit Titelkupfer und 16 Kupfertafeln. [4], 362 S. (recte 360), 100 S. Lederband d. Z. (Ecken minimal bestossen). [Sulzbach], In Verlegung des Uebersetzers, gedruckt bey Abraham Lichtenthaler, 1689. chf 3800.- Erste deutsche Ausgabe von Veiras’ The History of the Sevarites or Sevarambi: A Nation inhabiting part of the third Continent, eines der besten Werke der französischen Utopienliteratur, das im 17. und 18. Jh. grosse Popularität genoss und etwa von Pierre Bayle, Montesquieu, Leibniz oder Voltaire gelesen und anerkennend zitiert wurde. Der erste Teil (in zwei Kapiteln) des fiktiven Reiseberichts war 1675 auf Englisch erschienen, der Rest – zusammen mit den beiden ersten Kapiteln – komplett dann in französischer Sprache zwischen 1677 und 1679. Der illustrierte Bericht des Ich-Erzählers Kapitän Siden mündet über eine Robinsonade der an der Küste der Terra Australis incognita gescheiterten Schiffsbesatzung in die Beschreibung des im Landesinnern entdeckten Idealstaats Sevarambien, eine zentralistisch-theokratische Wahlmonarchie, deren Verfassungsgrundsätze in den Maximen des Staatsgründers Sévaria (Anagramm für Veiras) fixiert sind. Die gattungsgeschichtliche Innovation dieser berühmten Reiseutopie liegt im Umstand, dass ihre literarische Absicht, den fiktiven Staat der Sevaramben als vernünftig und wirklich, d.h. empirisch erfahrbar zu imaginieren, gelingt. Die utopische und die erfahrene Welt sind hier nicht mehr radikal voneinander getrennt, was man über Staat und Gesellschaft erfährt, ist die frühaufklärerische Idealisierung eines Absolutismus Colbert’scher Prägung. Veiras zeichnet gleichsam ein korrigiertes und weiterentwickeltes Bild des zeitgenössischen Frankreich im Sinne von Colberts merkantilistischer Reformpolitik. Der Uebersetzer dieser seltenen deutschen Ausgabe ist unbekannt geblieben, möglicherweise wurde sie durch den ein Jahr vor Erscheinen in Sulzbach weilenden Leibniz angeregt oder gar in Auftrag gegeben. Veiras’ Text wurde vom Uebersetzer gegenüber der französischen Ausgabe neu gegliedert; nicht Merkwürdigkeiten und Abenteuer an exotischen Orten stehen im Vordergrund, sondern die Organisationsformen von Regierung, Religion, Sitten und Sprache des fremden Volkes. Der Leser soll zu einem Vergleich mit seinen eigenen Lebensverhältnissen angeregt werden. Von der vorliegenden deutschen Erstausgabe erschienen 1710 und 1717 praktisch unveränderte Neuausgaben. – Titel und Frontispiz minimal beschädigt, alt hinterlegt, zu Beginn etwas gebräunt, acht Tafeln im Unterrand beschnitten (alt restauriert), insgesamt ein gutes Exemplar. Provenance: Exlibris “Bibliothèque de Spietz” und Stempel “Privatbibliothek Jürgen L. Fischer, Tegna” auf Vorsatz. Bibliographie: Winter 105; Paisey V-15; Seebass/Edelmann 1051; Faber du Faur 1229; Fortunati/Trousson 279; VD 17 (Online Kat.) 39:131551R. 290 VERGILIO, Polidoro (1470-1555). De rerum inventoribus libri octo. Eiusdem in orationem Dominicam commentariolum. Omnia nunc demum ab ipso auctore perfecte aucta ... Cum Indice et rerum et verborum ... Kl.-8vo (168 x 105 mm). Mit Holzschnitt-Druckermarke auf Titel und Schlussblatt verso. [16] Bl., 578 S., [46] Bl. Index. Flexibler Pergamentband d. Z. mit Überstehkanten (ohne die Schliessbänder, Rücken etwas fleckig). Basel, Thomas Guarin, 1563. chf 1200.Basler Druck von Thomas Guarin. Nach seiner Übersiedlung nach Basel 1557 und Heirat mit der Tochter des Druckers Michael Isengrin, begann er ab 1561 unter eigenem Namen zu Drucken. Die 1499 erstmals veröffentlichte enzyklopädische Abhandlung über die Ursprünge der Sprachen, Nationen, Mathematik, Architektur, Medizin, Literatur usw., begründete das neue Interesse der Moderne an der Figur des Erfinders, wobei Vergilio ‘Erfindung’ als schöpferischer kultureller Akt der Selbstbehauptung des Menschen verstand. Während sich die ersten Teile vorab mit den Erfindern der antiken Welt befassen, widmen sich die 1521 hinzugekommenen und zuerst durch Johannes Froben gedruckten Kapitel den Anfängen (d. h. Erfindungen) der christlichen Institutionen. – Notiz von alter Hand auf den Vorsätzen. Bibliographie: VD 16, V-759; vgl. B.IN.G. II, 2019; Simon, Bibliotheca gastronomica, 144. 291 [VILLENEUVE, Daniel Jost de; pseudonym Listonai (fl. 1750-1764)]. Le voyageur philosophe dans un pais inconnu aux habitants de la terre. 2 Bde. 12mo (165 x 105 mm). Titel in Rot und Schwarz. XXIV, 339, [1] S.; VI, 384 S. Pappbände d. Z. mit Rückenschild, Rotschnitt. Amsterdam, l’éditeur, 1761. chf 1800.Erstausgabe. Seltenes aufklärerisches Werk, in dem eine utopisch-philosophische Reise auf den Mond und zu dessen Hauptstadt Sélénopolis geschildert wird, an dessen Ende sich der unter Pseudonym schreibende Verfasser aus seinem Traum erwachend, am Fussende seines Bettes wiederfindet. Eröffnet wird das Buch mit einem Brief des unter dem Pseudonym ‘De Listonai’ schreibenden Verfassers an sich selbst, eine veritable Hymne auf den Egoismus, “qui est un pur sentiment naturel, que tout être organisé éprouve machinalement, du génie le plus sublime à l’animal le plus borné dans ses sensations, de Newton à l’huitre” (S. IV). Besonderes Interesse verdient Villeneuves Schilderung der Navigation seines interplanetarischen Raumschiffs und der im 24. Jahrhundert angesiedelten Erfindungen. In Uebereinstimmung mit den seit Cyrano de Bergerac (“La lune est un monde comme celui-ci, à qui le nôtre sert de lune”) geläufigen Spekulationsprinzipien schildert Villeneuve die Gesellschaft auf dem Mond im Spiegel der irdischen Gesellschaft. Seinem beruflichen Wirken als ‘Intendant des finances de Toscane’ entsprechend, akzentuiert Villeneuve die wirtschaftlichen Fortschritte der Séléniten, “résultant de quelques mesures ponctuelles: liberté du commerce, délivré des taxes sur les denrées, alimenté grâce à l’éxtension du crédit, favorisé par la construction de canaux et de routes entretenues et signalisées; encouragement à l’agriculture, devenue une profession honorable après avoir été longtemps méprisée; uniformation des poits et mesures; réforme fiscale, la ‘taille réelle’ formant la base des revenus publics; développement démographique obtenu par la lutte contre le célibat ... C’est en effet une sorte de vulgate des Lumières, celle qui inspirera la première révolution bourgeoise avant que celle-ci ne soit débordée par des aspiration plus radicales, que propose Le Voyageur philosophe” (J.-M. Racault). Provenance: Exlibris with unidentified coat-of-arms and of F. Pollack-Parnau (1903-2002). Bibliographie: Negley 1141; Conlon 61:1110; Racault, L’utopie narrative en France et en Angleterre 1675-1761 (1991), 265f.; Fortunati/Trousson 683f.; C. Imbroscio, Le voyageur philosophe: alterità e specularità nel viaggio lunare di Listonai, in: Minerva, La luna allo specchio (1990), p. 55ff. 292 VITRUVIUS POLLIO, Marcus (ca. 85-20 v. Chr.) und Daniele BARBARO (1513/14 – 1570), Uebers. I dieci libri dell’ architettura di M. Vitruvio, tradotti & commentati da Mons. Daniel Barbaro ... da lui riveduti & ampliati; & hora in piu commoda forma ridotti. 4to (247 x 178 mm). Mit Titel-Holzschnitt (Trajansbogen von Ancona mit Allegorien des Quadrivium im oberen Fries und Architektur-Allegorie im Zentrum), 121, teilweise doppelblatt oder blattgrosse Holschnitte nach Andrea Palladio und Giuseppe Porta und diversen, teilweise grossen ornamentalen Holzschnitt-Initialen. [4] Bl., 248 S., 1 Doppelblatt “149”, S. 250-257, 1 Doppelblatt “258”, S. 259-506. [a4, A-Z4, AA-.HH4, II2, KK4, LL2, MM-ZZ4, AAA-TTT4]. Pergamentband des 17. Jhs. mit Rückentitel in Goldprägung. Venezia, apresso Francesco de’ Franceschi senese, & Giovanni Chrieger [i.e. Johann chf 4800.Krüger] alemano compagni, 1567. Wesentlich erweiterte Ausgabe von Daniele Barbaros gefeierter italienischer Uebersetzung von 1556. Deren Holzschnitte nach Andrea Palladio wurden hier in etwas kleinerem Format von Giovanni Chrieger (Johannes Krüger, aktiv 1565-1584) akkurat nachgeschnitten. “Die Vorlagen der neu hinzugekommenen Holzschnitte wurden wiederum von Palladio gezeichnet, wie man aus ihrer nur leicht veränderten Wiederbenutzung in seinen ‘Quattro libri’ (1570) sehen kann” (H. W. Kruft). Diese italienische Fassung erschien kurz vor der gleichfalls von Barbaro verantworteten, auf ein gesamteuropäisches Publikum zielende lateinische Ausgabe (‘De architectura libri decem, cum commentariis D. Barbari’), die nebst der neuen Abbildung einer vitruvianischen Figur auf Seite 89 zusätzlich noch eine Vogelschau-Ansicht von Venedig (S. 204)enthält, die sehr wahrscheinlich beim Druck der italienischen Ausgabe noch nicht druckbereit war. Diese beiden Ausgaben von 1567 “sind nach dem Willen des Verlegers in ‘forma commoda’ und waren sehr wahrscheinlich preiswerter; in der künstlerischen Qualität stehen die Holzschnitte hinter der Ausgae von 1556 zurück. Da jedoch zahlreiche neue Erfahrungen Barbaros in den späteren Ausgaben verarbeitet sind, empfiehlt es sich, diesen für sein Vitruv-Verständnis den Vorzug zu geben” (H. W. Kruft). – Holzschnitt auf S. 147 mit wenigen hs. Ergänzungen einer modernen Architektenhand, Fusssteg von Bl. a2 ausgerissen und fachgerecht restauriert (ohne Beeinträchtigung des Textes), minime Bräunung zu Beginn und gegen Schluss, ein sauberes und komplettes Exemplar. Bibliographie: BAL IV, 3523; Kruft, Geschichte der Architekturtheorie, S. 95; Kat. Papierpaläste (2005), Nr. VI; Cocognara 717; Riccardi II 615; Adams V-917; L. Cellauro, D. Barbaro and his Venetian editions of Vitruvius of 1556 and 1567, in: Studi Veneziani XL (2000), S. 87ff. First Systematic Application of Trigonometry to Surveying 293 VOIGTEL, Nicolaus (1658-1714). Vermehrte Geometria Subterranea, oder Marckscheide-Kunst, darinnen gelehret wird, Wie auff Bergwercken alle Klüffte und Gänge in Grund und an Tage gebracht, und solche von einander unterschieden werden sollen; so wohl Was bey Durchschlägen in Ersparung Kosten, ... mit zu beobachten ; Item, Wie Streitigkeiten, ... dem Maaße nach auseinander zu setzen ... , zum andern mahl herausgegeben. Folio (345 x 213 mm). Mit Kupfertitel (Unterrand eingefaltet) und 10 doppelblattgrossen Kupfertafeln, gestochen von Christian Romstedt. [4] Bl., 228 S. Pergamentband d. Z. (Rücken stark beschädigt [muss restauriert werden], chf 1100.Deckel fleckig). Eisleben, Gottfried Andreas Leg, 1713. Erstes auf Deutsch veröffentlichtes Unterrichtswerk für die Vermessungen und Zahlen im Bergbau. Erstmals 1686 gedruckt, stellt dieses Lehrwerk für bergmännische Geometrie einen wichtigen Schritt in der Entwicklung der Markscheidekunst dar. Voigtel führte hier zum ersten Mal die systematische Anwendung der Trigonometrie als Unterrichtsstoff ein. Eine Titelauflage erschien von unserem Druck eine Titelauflage. – Hs. Notiz auf Vorsatz, Papier teilweise stärker gebräunt, mit Gebrauchsspuren, Vorsatz unten mit Papierausriss, hs. Notiz von alter Hand im Kopf des Vorsatzes. Bibliographie: Hoover Collection 839; vgl. Poggendorff II, 1226; Libri Rari 293; Sotheran 14257. Voltaire’s example of Science Fiction ‘Avant la Lettre’ 294 VOLTAIRE, [François Marie Arouet de (1694-1778)]. Le Micromégas. Avec une Histoire des croisades & Un ouveau plan de l’histoire de l’esprit humain. Kl.-8vo (165 x 105 mm). Titel, 40 S. (Micromégas), S. 41-257 (Vortitel: Histoire des croisades). Moderner Halblederband, mit reicher Rückenvergoldung und Rückenschild. Londres [recte Gotha, J. C. Dieterich und Christian Mevius, April], 1752. chf 2200.Erste in Deutschland erschienene Ausgabe von Voltaires utopischer Erzählung, mit fingiertem Druckort London tatsächlich auf Ostern 1752 in Gotha gedruckte, . “An der Spitze der Planetenreisen, die in der Nachfolge Godwins und Cyranos geschrieben wurden, steht – gemessen an ihrem Niveau und am Gewicht des Verfassers – der Micromégas von Voltaire” (Martin Schwonke). Bereits im April 1739 hatte Voltaire eine erste Fassung seiner utopischen Erzählung – noch unter dem divergierenden Titel: Voyage du Baron de Gangan – an Friedrich den Grossen gesandt. Der Druck (respektive die drei Drucke) von 1752 erschien(en) ohne Voltaires Autorisation, vielmehr formulierte dieser seinen Zorn in einem Brief vom 5. Juni 1752 an Jean Henri Samuel Formey: “Man hat soeben, ich weiss ja nicht wo, unter dem Impressum London einen Micromégas gedruckt. Soll sich in diesem alten Spässchen vergnügen wer will, aber man hat eine Geschichte der Kreuzzüge hinzugefügt, und einen Ueberblick über die Geschichte des menschlichen Geistes. Wer diese Schnipsel gedruckt hat, hat offenbar keinen grossen Anteil am Fortschritt des menschlichen Geistes genommen”. Die Erzählung steht in der Tradition der Voyages imaginaires eines Francis Godwin und Cyrano de Bergerac. Darin wird der Raum der Handlung über das Sonnensystem hinaus erweitert. Geschildert wird der Aufenthalt auf der Erde des wegen der Publikation eines missliebigen Buchs von seinem Heimatstern Sirius verbannten Riesen Micromégas. Voltaire übernimmt dabei das Grundprinzip der Relativierung menschlicher Verhältnisse und der Verfremdung durch die distanzierte Sicht wie sie Jonathan Swift in Gulliver’s Travels anwandte. Der Text “erweist Voltaires Meisterschaft bei der witzigen und satirischen Vereinfachung philosophischer Systeme, sein streitbares Selbstbewusstsein sowie die Wendung seines dem englischen Empirismus zugetanen Denkens zur Skepsis” (F. Volpi, Grosses Werklexikon der Philosophie, 1550f.). Die hier erstmals in Buchform erschienenen Essays Histoire des Croisades und Histoire de l’Esprit humain waren zuvor im Mercure de France veröffentlicht worden. – Durchgehend leicht gebräunt. Provenance: Ex-libris Franz Pollack-Parnau (1903-2002). Bibliographie: Bengesco I, 1429; Negley 1146; Soboul/Hartig 53; Versains 592 and 939940; Roberts, The History of Science Fiction (2006), p. 72; D. W. Smith, The publication of Micromégas, in: Studies on Voltaire vol. 219 (1983), p. 78, no. 4; A. Simoson, Voltaire’s riddle: Micromégas and the measure of all things (2010), p. 7ff. 295 — Oeuvres complètes. Avec des remarques et des notes historiques, scientifiques et littéraires. Deuxième édition. 75 Bände. 8vo. Mit gest. PortraitFrontispiz von Hopwood. Halbkalbslederbände d. Z., mit klassizistischer Rückenvergoldung (teils etwas beschabt und bestossen, Kapitale teilweise etwas beschädigt). Paris, (Rignoux pour) Baudouin Frères, 1828. chf 5000.Mit dem stereotypierten Satz von Didot gedruckte zweite Baudouin-Ausgabe. “Les mille exemplaires que MM. Baudouin frêres faisaient tirer sur les formes du Voltaire imprimé chez M. Didot ainé ayant été promptement épuisés, et ces libraires n’ayant pu obtenir la permission de faire un nouveau tirage, ils se décidèrent à faire stéréotyper tout Voltaire dans le format in-8vo” (Bengesco).- Etwas gebräunt und stockfleckig. Bibliographie: Bengesco IV, 2159; Quérard, La France littéraire X, 382f. Meistereinband von Otto Blazek 296 WEINER, Richard (1884-1937). Usmevavé odríkání. [Lächelnde Entsagung – in tschechischer Sprache]. 8vo (197 X 150 mm). 97 S., [2] Bl. Art Deco Einband von Otto Blazek (1906-1967), in hellbraunbraunem Maroquin, mit Linienornament in Gold- und Braunprägung. Original-Broschur integral mitgebunden. Pappschuber chf 3800.mit lederverstärkten Kanten. Prag, Nakladem vlastním, (1914). In Gold- und Blindprägung ornamentierter Art Déco Einband in Maroquin des Prager Meisterbinders Otto Blazek (1906-1967). Ausgelöst wurde diese Moderne in der Einbandkunst durch den Pariser Meisterbinder Pierre Legrain, in dessen Atelier Otto Blazek von 1927 bis 1929 wirkte. Legrain wurde denn auch zum grossen Leit- und Vorbild für viele der bedeutendsten Einbandkünstler des 20. Jahrhunderts. Blazeks Art Déco Einbände entstanden alle im 1931 eröffneten eigenen Atelier, das er dann aber zugunsten einer pädagogischen Tätigkeit an der Graphischen Schule in Prag fünf Jahre später wieder aufgab. Erstausgabe der Erzählung “Lächelnde Entsagung” des auch als “tschechischer Kafka” apostrophierten jüdischen Dichters Richard Weiner, der in Paris lebte und Umgang mit den Malern der Avant-Garde pflegte. – Beiliegend eine Pariser Ansichtskarte, die Weiner an den Dichter Josef Palivec (1886-1975) und dessen Frau Helena richtete. Palivec wurde vom stalinistischen Prager Regime zu zwanzig Jahren Gefängnis verurteilt, 1959 aber frei gelassen. Bibliographie: Zu Blazek vgl.: Jiri Plátek, Otto Blazek (1906-1967) in: Kniharsky bulletin 1996, S. 3-6. 297 WEISS, N[ikolaus (tätig um 1840-1850)]. Le Marché à Bâle. Gouachierte und aquarellierte Original-Lithographie des Basler Marktplatzes im Jahr 1840. (Bildausschnitt 375 x 490 mm [bis zum Bildrand beschnitten, mit schmalem schwarz goauchiertem Rahmen). Gerahmt (605 x 735 mm). [Basel, Lithographische Anstalt chf 2800.[Johann Gottlieb] Hasler und Cie., 1840(?)]. Wunderbar handkoloriertes Exemplar dieser grossformatigen, sehr seltenen Darstellung und lebendigen Momentaufnahme des Marktgeschehens vor dem Basler Rathaus und dem Haus zum Pfaueneck im Jahr 1840, zu Beginn der grössten Umwälzungen im Städtebau Basels. Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts verzeichnen die Basler Adressbücher den im Volksmund längst zum ‘Märtblatz’ mutierten Platz noch immer als ‘Kornmarkt’, dies, weil hier während Jahrhunderten und bis ins 19. Jahrhundert hinein neben Holz, Wein, Heu und anderen Dingen auch das Getreide vermarktet wurde. Bei der Umgestaltung des Platzes 1891/92 wurde der nur 2’340 Quadratmeter messende Markplatz auf nahezu den doppelten Umfang der Fläche vergrössert und erhielt so seine heutige Gestalt. – Das Stadtbasler Staatsarchiv besitzt unter der Signatur Wack. D 161von dieser sonst von uns nicht nachzuweisenden Vedute ein unbeschnittenes Exemplar in Schwarz/Weiss und dem Verlagsvermerk Lith. Anstalt Hasler Cie. unten rechts. Der aus Aarau stammende Basler Lithograph Johann Gottlieb Hasler (von Mechel, 1805-1864) erlernte die Kunst der Lithographie bei Gottfried Engelmann (1788- 1839), einem Schüler von Alois Senefelder, der dieses erste Flackdruckverfahren 1796 entwickelt hatte. 1832/33 eröffnete Hasler in Basel seinen schnell florierenden Kunstverlag mit angeschlossener lithographischer Anstalt, für die u.a. Künstler wie Hieronymus Hess, Anton Winterlin, Johann Jakob Falkeisen sowie E. und G. Wolf eine grosse Anzahl von Stadtansichten, Kostümbildern, Bildnissen und Karikaturen schufen. Ueber Nikolaus Weiss sind keine biographischen Daten zu eruieren. 298 WESENDONCK, Mathilde (1828-1902) und Ernst SCHWEINFURTH (1818-1877). 14 Original-Federzeichnungen zum Kinderbuch von M. Wesendonck [Erstauflage veröffentlicht als: Deutsches Kinderbuch in Wort und Bild von Mathilde Wesendonck, mit Holzschnitten (von Louis Ruff) nach Zeichnungen von E. Schweinfurth, [gedruckt durch E. Greinersche Hofbuchdruckerei und] verlegt durch G. J. Göschen’sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart 1869]. Folio (490 x 375 mm). 15 Tafeln unter Passepartoutrahmen. Mit rautenförmig bedruckten Seidenvorsätzen. Beiger, blind- und goldgeprägter Maroquinband d. Z., Titel auf Vorderdeckel in Goldprägung, Innenkantenvergoldung, rautenförmig bedruckte Seidenvorsätze (braunflecki,g Kanten etwas berieben). [Rom, 1868/69). chf 4500.Für die Verfasserin Mathilde Wesendonck (geborene Agnes Luckemeyer) aufwendig gebundener Kleinfolioband mit den 14 Original-Federzeichnungen, die der aus Karlsruhe stammende Landschafts- und Genremaler Ernst Schweinfurth in ihrem Auftrag in Rom für die Erstausgabe des Deutschen Kinderbuchs in Wort und Bild schuf. Die Bekanntschaft Mathilde Wesendoncks mit dem seit 1852 in Italien lebenden deutschen Maler ging auf den Italienaufenthalt des Ehepaars Mathilde und Otto Wesendonck im Winter 1859/1860 zurück. In allgemeiner Erinnerung geblieben ist die Verfasserin vor allem für ihre, erst später ihren Namen tragenden, von Richard Wagner vertonten ‘Wesendonck-Lieder’ und als dessen Muse und Geliebte. Mathilde Wesendonck war eine talentierte Dichterin und Dramaturgin, die in ihren literarischen Versuchen früh vom Komponisten bestärkt und unterstützt wurde. Als Schriftstellerin trat sie – noch anonym unter dem Kürzel ‘M.W.’ – erstmals 1861mit den ‘Gedichte, Volkslieder, Legenden, Sagen’ als Autorin in Erscheinung. “Erst das Deutsche Kinderbuch von 1869, dem siebenjährigen Sohn Hans gewidmet, trägt den vollen AutorinnenNamen und ist Zeichen eines gewachsenen Selbstbewusstseins” (Langer/Walton). Desweiteren entwickelte sie eine bemerkenswerte Uebersetzertätigkeit, mit Uebertragungen aus dem Altgriechischen, Italienischen, Französischen und Mittelhochdeutschen. “Die Wesendonckschen Werke, die ihrem Selbstverständnis nach dem Genre der Kinderliteratur, und zwar im Sinn von ‘Literatur für Kinder’, zuzurechnen sind, können unter gegenwärtig gewandeltem Rezeptionsinteresse besondere Aufmerksamkeit beanspruchen” (Heinz Rölleke im Vorwort der Neuausgabe der Märchen und Märchenspiele von 2002). Der Maler Ernst Schweinfurth, ein Vetter des Afrikaforschers Gustav Schweinfurth, begann seine künstlerische Ausbildung mit vierzehn Jahren im Atelier des Kupferstechers, Zeichners und Radierers Karl Ludwig Frommel in Karlsruhe. Nach einer Studienreise durch den Schwarzwald liess er sich erst in München und 1845 in Baden-Baden nieder. Anfang der fünfziger Jahre beauftragt ihn der Oesterreichische Lloyd (Lloyd Austriaco), die grösste Schifffahrtsgesellschaft Österreich-Ungarns und des Mittelmeers, mit einer Künstlerreise durch den Balkan. Nach Abschluss der Arbeiten entschloss er sich, in Rom zu bleiben, wo er auch starb. Provenance: Aus dem Besitz von Mathilde Wesendonck Bibliographie: Lange/Walton, Minne, Muse und Mäzen. Otto und Mathilde Wesendonck und ihr Zürcher Künstlerzirkel (2002), S. 87 und 182. 299 [WIMPFFEN, François Louis Alexandre, Baron de (1752-1820]. Lettres d’un voyageur. 2 parts in 1 vol. Kl.-8vo (165 x 101 mm). XV, 131 S.; [2] Bl., 152 S. Pappband d. Z. (Kanten berieben und Ecken bestossen). Amsterdam and Paris, De Bure l’aîné, 1788. chf 1800.Erstausgabe. Anonym veröffentlicht von dem Offizier und elsässischen Adligen Baron François Louis Alexandre de Wimpffen, der noch im selben Jahr 1788 zu einer Reise in die Antillen aufbrach, über die er in seinem 1797 veröffentlichten Buch Voyage à St Domingue pendant les années 1788, 1789 et 1790 Bericht erstattete. Während der erste Teil des vorliegenden Werks die Erfahrungen seiner Reise nach London und zurück nach Paris schildert, berichtet Wimpffen im zweiten Teil von einer wohl imaginären Reise auf eine Insel, “presque inconnue, et d’un peuple presque sauvage”, wo er einem einheimischen Schwarzen mit Namen Annobon begegnet. Die vorgefundene Gesellschaft gibt dem Verfasser Gelegenheit, über den europäischen Kolonialismus zu reflektieren. Auf der Rückreise – die Reise endet am “Kap der Hoffnung” – erlebt er u. a. einen Kampf zwischen Schwertfisch und Wal. Eine deutsche Uebertragung erschien 1814 unter dem Titel: Briefe eines Reisenden,geschrieben aus England und Frankreich,einem Theil von Afrika, und aus Nord-Amerika. Aus der französischen Handschrift übersetzt und herausgegeben von P. J. Rehfues ... Darmstadt, Heyer und Leske. – Ein sauberes Exemplar auf bläulichem Papier. Bibliographie: Conlon XXIII, 88:4178; Cf. Quérard, La France littéraire X, 521 (cited as: Lettres d’un voyageur sur l’Angleterre, la France etc.”). Not in Soboul/Hartig, Messac, NUC or BLC. 300 WINCKELMANN, Johann Joachim (1717-1768). Histoire de l’art de l’antiquité. Traduit de l’allemand de M[ichael] Huber. 3 Bde. 4to (236 x 195 mm). Mit Portrait-Frontispiz, 54 Textvignetten und 3 Titelvignetten nach Oeser gest. von Geyser u.a. [4] Bl., CLXXXCIII (“Mémoires pour servir à l’histoire de la vie et des ouvrages de Winkelmann”), 212 S.; Titel, 376 S.; [4] Bl., CLXXXVIII, 212 S.; Titel, 366 S., 1 Bl. Errata. Marmorierte Halbkalbslederbände um 1900, mit Rückenvergoldung im Stil d. Z. (Vorderdeckel von Bd. I lose, Gelenk von Bd. III eingerissen). Leipzig, chez l’auteur et chez J. G. I. Breitkopf, 1781. chf 1200.- Erste von Winckelmann autorisierte französische Ausgabe in der Uebersetzung durch Michael Huber (1727-1804), der in einem Brief von 1779 an den Kupferstecher Johann Georg Wille darüber schrieb: “Mon Winckelmann sera en trois volumes in-4. Du premier volume de l’original qui et d’une grosser démesurée, j’en ferai deux: le premier contiendra, avec les préfaces, la vie de l’auteur, les trois chapitres, de l’origine de l’Art, de l’Art des Egyptiens et des Etrusques: le second renfermera l’Art des Grecs et des Romains: le troisième traitera de la partie historique de l’Art et contiendra le second de l’original ... Les autres changements que j’y ferai sont relatifs aux embellissement typographiques: j’y ferai faire, aidé de mon ami [Adam Friedrich] Oeser, des gravures plus analogues aux différents styles des différentes nations “ (E. Decultot Hrsg., Johann Georg Wille – Briefwechsel [1999], S. 55). Die vorausgegangene Version durch G. Sellius und J.-R. Robinet de Chateugiron von 1766 wurde von Winckelmann als völlig unzulänglich abgelehnt. – Mehrere Lagen gebräunt, stellenweise stockfleckig. Provenance: Exlibris Paul Scherrer-Bylund (1900-1992), von 1963 bis 1971 Direktor der Zentralbibliothek Zürich. Bibliographie: UCBA 2152; Goedeke IV, 1 310, 12. 301 WOOD, William (1774-1857). Index testaceologicus; or A Catalogue of Shells, British and Foreign, arranged according to the Linnean System; with the Latin and English names, references to authors, and places where to found. – [Und:] Supplement to the Index Testaceologicus; Or a Catalogue of Shells. 2 Werke in 1 Bd. 8vo (198 x 127 mm). Mit zus. 46 gestochenen und handkolorierten Tafeln mit Abb. von Muscheln. XXXII (recte XXXIV inkl. ‘Abbreviations’), 188, [3] S.; IV S., 1 Bl. (‘Abbreviations’), 59, [1] S., 34 S. (‘A List of the Plates’). Roter Maroquinband d. Z. (singiert Gloss), mit Decken- und Rückenvergoldung, Steh- und Innenkantenvergoldung, Goldschnitt. London, (Richard Taylor for) W. Wood, 182528. chf 1800.Komplettes, mit dem Ergänzungsband zusammengebundenes, Exemplar des Hauptwerks des ursprünglich als Arzt ausgebildeten britischen Zoologen, “who adhered to the Linnaean system, well aware that its defects had been recognised by most competent conchologists; and his Preface he said, ‘it still remains to be proved whether the present innovators had not better have trusted to the Linnaean method, with such additions and divisions as its great author might be supposed to have made had he now been living’. Nevertheless, with obvious reluctance, he decided ‘in some measure to accommodate those who have adopted the French arrangement’ by providing a table equating the Linnaean and Lamarckian genera” (S. P. Dance). “With some reluctance Wood acknowledged the advances made by Lamarck by providing a table in the third edition (1828) of the Index testaceologicus which equated the Linnaean and Lamarckian genera” (Peter Davis). – Abgesehen vom etwas gebräunten Titel ein sehr schönes Exemplar in Ganzmaroquin der Titelauflage des erstmals 1818 aufgelegten Werks. Bibliographie: Nissen, ZBI, 4459; Dance, A History of Shell Collecting (1986), 83f.; Savage, Cat. of the Printed Books and Pamphlets in the Library of the Linnean Society of London (1925), 835; Oxford DNB LX, 152. 302 ZELLWEGER (-GESSNER), Johann Caspar (1768-1855). Geschichte des Appenzellischen Volkes. Neu bearbeitet. 4 in 3 Bdn. 8vo (216 x 135 mm). Mit 1 lith. gefalteten “Charte der Vogteien und Pfarreien in welche im 14. Jh. der jetzige Kanton Appenzell eingetheilt war” von Johann Ludwig Merz. XV, 570, [18] S.; VIII, 471, [12] S.; XVI S., 1 Bl., 462 S., [5] Bl.; Titelblatt, 473 S., [2] Bl. Bedruckte Original-Broschuren, unbeschnitten (Umschläge etwas beschmutzt). Trogen, Meyer und Zuberbühler (Bd. I) sowie Joh. Schläpfer, 1830-40. chf 1100.Erstausgabe. Ungeöffnetes Exemplar von Zellwegers Geschichte Appenzells von den Anfängen bis zur Landteilung in ein katholisches Innerrhoden und ein reformiertes Ausserrhoden im Jahr 1597. Der seit 1790 mit Salomon Gessners Tochter Dorothea verheiratete mehrsprachige Textilkaufmann und Philanthrop zog sich als knapp Fünfzigjähriger aus dem Geschäftsleben zurück, um sich fortan der Geschichtswissenschaft und der Förderung des öffentlichen Schulwesens zu widmen. Die enge Verflechtung der Zellweger mit dem Geschick der Region bewog ihn bald, statt eine Familiengeschichte eine fundierte mehrbändige Geschichtsdarstellung des gesamten Appenzellerlandes vorzulegen. 1840 lagen schliesslich nicht nur die hier im Originalzustand vorhandenen vier Geschichtsbände, sondern noch sieben separat edierte Urkundenbände vor. Zellweger gehört mit seiner “dokumentarischen Beglaubigung der kommenden kritischen, mit seiner schonenden Behandlung der Ueberlieferung der vergehenden Epoche an” (Feller/Bonjour). Der Verfasser erwarb sich auch grosse Verdienste als Präsident der 1841 gegründeten Allgemeinen Geschichtsforschenden Gesellschaft der Schweiz, deren Organ, das ‘Archiv für schweizerische Geschichte’ er initiierte. – Etwas stockfleckig, ein in diesem ungeöffneten Zustand kaum zu findendes Exemplar. Bibliographie: Feller/Bonjour 710ff.; Barth 19962; Wolf, Geschichte der Vermessungen in der Schweiz (1879), S. 201; Graf 125. SACHREGISTER – SUBJECT INDEX Afrika 44, 72, 176, 203 Ägyptologie 205 Alchemie 230, 268 Almanach 75 Alpinism – Mountaineering 98, 162, 270 Alsatica 9, 114, 264 Americana 101, 266 Appenzell 302 Architektur 28, 54, 82, 114, 145, 208, 218, 228, 255, 292 Asia 260 Astrologie 55 Atlases 75, 267 Australia 81 Aviation – Aeronautics 175, 218 Balneologie 202 Bamberg 169 Basiliensia 108, 251 Bergbau – Hüttenwesen 293 Bibeln 29-35 Bibliographie 121-123, 125 Bibliophilie der Moderne 84, 131, 184, 190, 257, 296 Bindings 31, 56, 84, 86, 131, 149, 182, 186, 190, 192, 207, 214, 226, 229, 248, 253, 256, 276, 296 Biographies – Memoires 18, 57, 176, 181 Botanik 90, 147, 213, 286 Cartography 254 Children’s Books 90, 273 China 6, 172, 220 Chroniken 195 Classical Philology 14, 107, 148, 165, 216 Colour Theory 4, 95, 126, 258, 275 Conchologie 301 Costumes 151, 251, 275 Cryptography 71 Danish Literature 135 Deutsche Literatur 7-9, 20, 46-48, 60, 73-74, 100, 110-113, 115, 131, 144, 154, 156, 164, 180, 210, 219, 236-240, 242, 252-253, 257, 265, 287 Deutschland 12, 45, 116 Domestic economy, Agriculture & Forestry 11, 59, 150 Economics – Trade 63, 260, 271 Egyptology 205 Einbände 31, 56, 84, 86, 131, 149, 182, 186, 190, 192, 207, 214, 226, 229, 248, 253, 256, 276, 296 Einsiedeln 127, 130 Eisenbahnen 264 Emblemata 7, 130, 189, 263, 276, 285 Encyclopaedias 19, 142-143, 181, 209, 290 English Literature 76, 137 Entomologie 104, 126, 191, 249-250, 272 Farbenlehre 4, 95, 126, 258, 275 Feldmesskunst 21 Festbücher 45 Fête Books 45 Florence 226 France 1, 57, 101, 166 French Literature 3, 10, 16-17, 22-23, 62-63, 66, 69-70, 77, 138-139, 152, 177, 185, 192, 204, 221, 227, 229, 232, 243, 248, 261, 279, 282, 291, 294-295 Fürstenspiegel 99, 206, 223 Gardening History 90, 218, 255 Gartenkunst 90, 218, 255 Gastronomie 2, 11, 59, 78, 224-225, 269 Genealogie 50 Geographie – Topographie – Rreisen 44, 68, 72, 75, 81, 89, 92, 172, 176, 179, 188, 195, 201, 203, 220, 226, 233235, 264, 277, 299 Geologie 128, 140 German Literature 7-9, 20, 46-48, 60, 73-74, 100, 110-113, 115, 131, 144, 154, 156, 164, 180, 210, 219, 236-240, 242, 252-253, 257, 265, 287 Germany 12, 45, 116 Geschichte 1, 12, 45, 50, 56-57, 80, 89, 116, 125, 127, 169, 195, 217, 244, 259260, 266, 302 Glaciology 117 Gletscherkunde 117 Graphik 52, 134, 157, 255 Graubünden 35 Greece 217 Greek Printing 132 Handschriften 108 Haus- Land- & Forstwirtschaft 11, 59, 150 Helvetica 15, 35, 51, 89, 92, 98, 108, 108, 117, 125, 127-128, 130, 142, 150151, 156, 162, 179, 187, 233-234, 251, 259, 263-264, 267, 270, 283, 287, 302 Hippology – Equestrianism – Riding 245, 256 History 1, 12, 45, 50, 56-57, 80, 89, 116, 125, 127, 169, 195, 217, 244, 259260, 266, 302 Humanism 2, 85-88, 141, 269 Hunting 11, 198, 222 Incunables 40 Italian Literature 2, 5, 18, 38, 118, 143, 174, 206-207, 224 Italy 82, 226, 244 Jagd 11, 198, 222 Japan 172 Jesuitica 6, 172, 278 Judaica – Hebraica 32 Kartographie 254 Kinderbücher 90, 273 Klassische Philologie 14, 107, 148, 165, 216 Kostümwerke 151, 251, 275 Law 15, 51, 96, 108, 149, 166 Lexika 19, 142-143, 181, 209, 290 Luftfahrt 175, 218 Manuscripts 108 Mathematics 42, 83, 102, 155, 208 Medizin 26, 67, 102, 121-124, 202, 225-226 Meteorologie 100 Mexico 266 Milano 182 Militaria 41, 186, 228 Mineralogie 49, 293 Minining – Metallurgy 293 Mirrors of Princes 99, 206, 223 Musik 77, 280 Napoli 188 Naturwissenschaften 4, 25, 49, 55, 90, 100, 126, 163, 173, 175, 186, 191, 194, 198, 214-215, 222, 224-225, 230, 245, 249-250, 256, 258, 268, 272, 286, 290, 293, 301 Neerlandica 80 Neolatinists 276 New Zealand 81 Nürnberg 195 Occulta – Freemasonry – Magic 164, 193, 230, 278 Oenology – Viticulture 150, 224 Optik 258 Orientalistik 94, 106, 136, 247 Ornamentwerke 28, 82, 158 Ornithologie 163 Pacific 81 Panoramas 264 Paris 54 Persia 277, 281 Perspective 21, 42-43, 79, 91, 103, 145, 153, 212, 284 Pferdekunde – Reitkunst 245, 256 Philosophie 3, 5, 13, 15, 41, 55, 61, 6364, 154, 160, 170, 231 Physik 95, 246 PMM 15 Portuguese Literature 58 Pressendrucke 184, 190, 257 Prints & Drawings 52, 134, 157, 255 Private Press Books 184, 190, 257 Psychologie 211 Railways 264 Recht 15, 51, 96, 108, 149, 166 Reformation 119, 199-200, 236-237, 240-241 Reisen 44, 68, 72, 81, 140, 176, 179, 201, 203, 213, 220, 235, 277, 299 Renaissance & Humanism 2, 5, 34, 38, 118, 174, 206, 238-239, 242, 269 Russia 201 Sankt Gallen 130, 187 Science & Natural History 4, 25, 49, 55, 90, 100, 126, 163, 173, 175, 186, 191, 194, 198, 214-215, 222, 224-225, 230, 245, 249-250, 256, 258, 268, 272, 286, 290, 293, 301 Surveying 21 Theater 174 Theologie 6-7, 13, 24, 29, 33, 35, 3940, 119, 132, 146, 176, 189, 247, 263, 274 Ticino 179 Topography 233, 264, 283 Travel – Voyages – Exploration 44, 68, 72, 81, 85-88, 140, 141, 176, 179, 201, 203, 213, 220, 235, 269, 277, 299 Turcica 56, 65, 68, 106, 281 Turkey 235 Utopia 10, 13, 16, 22-23, 36, 38, 53, 60-62, 70, 74, 99, 118, 135, 137-138, 152, 170-171, 177, 180, 183-185, 220, 223, 227, 254, 265, 279, 282, 287-289, 291, 294, 299 Wein 150, 224 Wirtschaft – Handel 63, 260, 271 Zoologie 194, 301 Zürich 89 INTERMEZZO 49 Erasmus_intermezzo49_U4+U1.indd 1 31.03.15 10:36