YolaNDa KaKaBaDSE UNTEr DEr oBErFlächE TUNa

Transcrição

YolaNDa KaKaBaDSE UNTEr DEr oBErFlächE TUNa
GUT GENIESSEN — Die WWF-Beilage in der SonntagsZeitung
3. Juli 2011
soledad rosales foto
Gut
geniessen
Yolanda Kakabadse
Der ständige Kampf der WWFPräsidentin Yolanda Kakabadse für
bewussten und gleichzeitig lustvollen
Konsum – auch im eigenen Alltag
Seite 5
Unter der oberfläche
Meeresfotograf Jürgen Freund
ist der Faszination der farben­
prächtigen Unterwasserwelt im
Coral Triangle erlegen
Seite 6
auf Sparflamme
Eine neue Generation von
effizienten Küchengeräten reduziert
den Stromverbrauch um bis zu
40 % – der Guide des Sparpotenzials
Seite 9
tuna queen
Eine junge Frau engagiert sich mit
ihrem Unternehmen auf den
Philippinen für nachhaltigen Fang
von Gelbflossen-Thunfisch
Seite 11
GUT GENIESSEN — Die WWF-Beilage in der SonntagsZeitung — 3. Juli 2011
WILLKOMMEN — 3
MASSIMO MILANO ILLUSTRATION
Ethik und Ästhetik
Mit diesem Konsumverhalten machen Sie eine besonders gute Figur
corina gyssler Text
The Comet Substance Illustration
EDITORIAL
Intelligent
Einkaufen
1 — Atomausstieg
Der Bundesrat hat den Ausstieg aus
der Atomkraft beschlossen, der Nationalrat ist dem Entscheid gefolgt. Als
Stromkonsumentin können Sie bereits
jetzt schon aus der Atomenergie aussteigen und Naturemade Star zertifizierten Ökostrom beziehen. Auf wwf.ch/
oekostrom finden Sie eine Anleitung
für Ihre persönliche Energiewende.
«Kauf mich!» Pausenlos und überall
lockt uns dieser Aufruf in den Medien
und der Werbung. Wir folgen ihm und
ersetzen Neues mit noch Neuerem – oft
ohne uns bewusst zu sein, was für Konsequenzen unser Verhalten für Natur
und Mensch hat.
Alles, was wir kaufen, braucht für
die Herstellung Boden und Wasser,
benötigt Energie und verursacht Emissionen. So werden für den Anbau der
Baumwolle für nur ein T-Shirt etwa
4000 Liter Wasser verbraucht – das sind
20 volle Badewannen!
Yolanda Kakabadse, Präsidentin
des WWF International, erinnert uns
im grossen Interview (➝ Seite 5) daran,
dass die Natur unser grösstes Kapital
ist. Konsumenten und Konsumentinnen
können dieses bewusster nutzen und mit
ihrem Konsumverhalten darauf Einfluss
nehmen, dass diese Ressourcen geschont
werden. Bewusstes Einkaufen bedeutet, die eingekauften Produkte sowohl
punkto Gesundheit wie punkto Ökologie auf ihre Qualität zu überprüfen.
Spass und Genuss müssen darunter
nicht leiden. Denn Genuss und Nachhaltigkeit schliessen sich nicht aus, wie
die weiteren Artikel in dieser Beilage
zeigen. Gute Produkte sind heute in der
Regel eben auch nachhaltig hergestellte Produkte. Ich wünsche Ihnen eine
spannende Lektüre – und viel Spass
beim lustvollen, guten Geniessen!
2 — Museum im Garten
Mit einem ungewöhnlichen kuratorischen Kniff operiert das Zürcher
Landesmuseum. Für die Ausstellung
«WWF. Eine Biografie», die den 50.
Geburtstag der populären, in Zürich
gegründeten NGO zum Anlass hat,
liess Kurator Alexis Schwarzenbach ge­
meinsam mit den Architekten Ralph
Meudry und Andrin Schweizer im Hof
des Museums einen Schrebergarten errichten. Dort erfahren die Besucher, wie
viele Ressourcen sie mit ihrem Lifestyle
verbrauchen und wie es um unseren
Planeten steht. Im Innern des Museums huldigt die Erfolgsausstellung den
Protagonisten des World Wide Fund
For Nature. «WWF. Eine Biografie»,
Landes­museum Zürich, noch bis zum
18. September. www.landesmuseum.ch
3 — Grösser und besser
Grösser bedeutet normalerweise schlechter, zumindest
aus ökologischer Perspektive. Diese Gleichung muss für einmal neu formuliert werden. Denn die neue Generation von
Flachbildschirmen ermöglicht zwar grössere Bildflächen,
erfüllt aber höchste Ansprüche in Sachen Stromersparnis.
Am sparsamsten im Betrieb sind LCD-Geräte mit LEDHintergrundbeleuchtung. Die besten LCD/LED-Fernseher
werden auf www.topten.ch gelistet. Sie alle erfüllen die
Anforderungen an die Energieeffizienzklassen A+, A und B.
Wer also sein altes Röhrengerät durch einen Flachbildschirm
ersetzt, kann dreifach gewinnen: bessere Bildqualität, grössere
Bildfläche und tieferen Stromverbrauch.
Hans-Peter Fricker
CEO WWF Schweiz
IMPRESSUM
«Gut geniessen»
ist eine WWF-Publikation zu mehr Nach­
haltigkeit im Konsum und wird zweimal
jährlich der SonntagsZeitung beigelegt.
Projektleitung WWF:
Corina Gyssler
Konzept/Redaktion:
Christoph Doswald
4 — Führer für Genussmenschen
Soll es ein einfacher Landgasthof oder ein luxuriöses
Hotel mit Spa sein? Nostalgisch, romantisch oder lieber
preisgünstig? Wer seine Ferien noch nicht gebucht und Lust
auf eine ökologisch geführte Unterkunft hat, bei welcher
auch Soziales, Mitarbeitende, regionale Wertschöpfung
und Kultur eine Rolle spielen, der kann sich seit 2007 auf
ein spezifisches Gütesiegel verlassen: das Steinbock-Label.
www.steinbock-label.ch
Analog dazu orientiert das Label «Goût Mieux» über
Restaurants mit umweltgerechtem Angebot. Es zeichnet
Restaurants aus, die täglich ein Mindestanagebot an BioSpeisen und Getränken anbieten. Im Vordergrund steht
eine natürliche, saisonale und regionale Küche sowie die frische Zubereitung von Produkten, die aus tier-, umwelt- und
sozialgerechter Produktion stammen. Während Julia Roberts im Film «Eat, Pray, Love» für nachhaltiges Geniessen
um den Globus reisen musste, sind «Goût-Mieux»-Lokale
in der ganzen Schweiz zu finden. www.goutmieux.ch
Redaktionelle Mitarbeit:
Yannick Andrea, Armin Braunwalder, Thomas
Compagno, Jürgen Freund, Corina Gyssler,
Ronny Hunger, Stefan Inderbitzin, Lukas
Lessing, Karin Messerli, Massimo Milano,
Hansruedi Rohrer, Soledad Rosales, Max
Schlorff, Katharina Serafimova, Martin Suter,
Sabrina Tibourtine, Jennifer Zimmermann
Bildredaktion:
Teresa Salerno
5 — Holzwürfel mit Geschichte
Die Idee klingt simpel: Holzwürfel mit Löchern und Rinnen werden zusammengesteckt und schon ist die Kugelbahn
mit dem Namen «Cuboro» fertig. Was vor 25 Jahren von
Matthias Etter im Hasliberg erfunden wurde, wird heute in
über 30 Länder exportiert. «Cuboro» ist aber nicht nur ein
geniales Spielzeug für Kinder und Erwachsene, sondern auch
das erste FSC-zertifizierte Produkt, das auf den Schweizer
Markt gelangte. FSC (Forest Stewardship Council) steht für
Holz, das aus ökologisch verantwortungsvoll bewirtschafteten
Wäldern und unter sozial gerechten Bedingungen produziert
wurde. www.cuboro.ch, www.fsc-schweiz.ch
Gestaltunskonzept, Art Direction:
Tobias Peier
Bodara, Büro für Gebrauchsgrafik
Layout:
Andrea Müller
Bodara, Büro für Gebrauchsgrafik
Kontakt:
WWF Schweiz
Beilage SonntagsZeitung
Hohlstrasse 110
Postfach
8010 Zürich
Telefon 044 297 21 21
gutgeniessen@ wwf.ch
Geld macht glücklich (Nr. 69), wenn man es in Firmen investiert,
die sich der Umwelt gegenüber verantwortungsvoll verhalten und
gleichzeitig gute Renditechancen ermöglichen. Gerne informiert Sie
der Kundenberater Ihrer Kantonalbank über unsere mehrfach ausge­
zeichneten Nachhaltigkeitsfonds.
Videos zu Fondsthemen:
www.swisscanto.ch/multimedia
GUT GENIESSEN — Die WWF-Beilage in der SonntagsZeitung — 3. Juli 2011
INTERVIEW — 5
«Kein Teil der Welt kann ohne
den anderen überleben»
WWF-Präsidentin Yolanda Kakabadse glaubt an internationale Solidarität
und denkt auch in ihrem persönlichen Alltag an die Umwelt
Martin Suter interview
Soledad Rosales Foto
Ich bin heute mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu Ihnen gefahren, nicht
mit dem Fahrrad oder dem Taxi. Ein
guter Entscheid?
Absolut. Wir sollten immer öffentliche
Verkehrsmittel verwenden, wenn es mit
dem Fahrrad oder zu Fuss nicht geht.
Wie gehen Sie zur Arbeit?
Ich versuche, zu Fuss zu gehen.
Das können Sie sich zeitlich leisten?
Ja, denn ich arbeite zu Hause (lacht). Ich
habe mich für ein Heimbüro entschieden, weil ich alles hasse, was mit Verkehr zu tun hat: Luftverschmutzung,
Verkehrsstaus, Zeitverlust.
Haben wir heute zu viel Mobilität?
In meinem Wohnort Quito leben zwei
Millionen Einwohner in einem sehr engen Tal mit schmalen Strassen. Trotzdem kommen jedes Jahr 30 000 neue
Autos dazu. Die Strassen sind völlig
verstopft.
Die Menschen wünschen sich ein
Auto, weil für sie Mobilität Fortschritt
bedeutet. Ist das falsch?
Nein. In Ecuador und anderen Ländern
des Südens wollen junge Männer und
Frauen ein Auto besitzen, noch bevor
sie eine Wohnung haben. Aber wir haben kein Recht, anderen zu sagen: Kauft
kein Auto!
Was sollen wir also tun?
Wir müssen viel mehr in die Bildung
von Konsumenten investieren, und
zwar schon in der Schule, denn bei Erwachsenen ist es zu spät.
In der Schweiz ist die Umwelt­
erziehung an den Schulen weit ver­
breitet und der öffentliche Verkehr
gut ausgebaut. Dennoch rollen
immer mehr Autos auf den Strassen.
Das Problem ist, dass wir seit vielen
Jahrzehnten eine individualistische Gesellschaft sind. Ich kritisiere das Ziel,
sich alles anzueignen, damit man von
den anderen nicht mehr abhängig ist. Es
fällt uns gar nicht mehr ein, dass wir das
Auto mit dem Nachbarn teilen könnten
– wir wissen nicht einmal mehr, wer die
Nachbarn sind!
Haben Sie ein Auto?
Ja.
Wie oft fahren Sie damit?
Ich brauche es nur am Wochenende,
wenn ich meine Mutter und die Familie
hinten im Tal besuche. Von Montag bis
Freitag versuche ich, das Auto stehen zu
lassen.
Wie wichtig ist für Sie als WWF-Präsidentin, die Vorschläge Ihrer Organisation im eigenen Leben anzuwenden?
Zu predigen, ohne die Predigt selbst zu
befolgen, würde eine falsche Botschaft
vermitteln. Die Integrität der Person
und der ganzen Institution würde leiden.
Wie haben Sie gelernt,
konsequent zu handeln?
Mir hat geholfen, dass mein Vater während des Kriegs in der Sowjetunion lebte. Das machte ihn zu einem fanatischen
Sparapostel. Als Kinder mussten wir
alles auf dem Teller restlos essen. Weggeworfen wurde nichts. Vater sagte:
ausführliche Tipps, wie man seinen
ökologischen Fussabdruck im Alltag
verkleinern kann. Welchen davon
befolgen Sie sonst noch?
Eine meiner Manien ist Papiersparen.
Ich versuche, nichts zu drucken und alle
Dokumente am Schirm zu lesen.
Worauf achten Sie beim Essen?
Ich versuche, den Konsum von Fleisch
zu reduzieren. Ich liebe zwar Fleisch
sehr…
… in Lateinamerika ist das Rindfleisch gut…
… im südlichen Teil des Kontinents,
ja. Sie können keinem Argentinier vorschreiben, dass er kein Fleisch mehr essen soll. Aber wir in den Anden haben
viele andere Proteinquellen. Ich sage
meiner Familie und meinen Freunden
immer wieder, sie sollen nur einmal in
der Woche Fleisch essen.
«Ich kaufe nie
eine Flasche
Wasser.
Ich trinke
Hahnenwasser»
«Sie können keinem Argentinier
vorschreiben, dass er kein Fleisch
mehr essen soll.» Yolanda Kakabadse,
Präsidentin WWF International
YOLANDA KAKABADSE
Yolanda Kakabadse (1948) präsidiert seit
Januar 2010 den WWF International. Die
ehemalige Umweltministerin von Ecuador
kämpft seit Jahrzehnten für den Umweltschutz. 1979 hat sie in Quito die «Fundacio
Natura» gegründet, heute eine der einflussreichsten Umweltschutzorganisationen
Lateinamerikas. Zudem leitete sie von
1996 bis 2004 die Weltnaturschutzunion
(IUCN), die die Roten Listen mit den
gefährdeten Tier- und Pflanzenarten führt.
Schalte das Licht aus! Warum brauchst
Du ein zweites Paar Schuhe, wenn Du
schon eines hast?
Wie haben Sie das empfunden?
Zuweilen machte es mich wütend. Doch
heute weiss ich, dass man früh verinnerlichen muss, die Welt weise zu nutzen
und nichts zu verschwenden.
Sie zählen zu denen, die beim Gang
durch die Wohnung ständig das Licht
ein- und ausschalten?
Absolut.
Was tun Sie sonst noch, um
glaubwürdig zu leben?
Ich kaufe nie eine Flasche Wasser. Ich
trinke immer Hahnenwasser.
Wie viele Kilometer fliegen Sie
im Jahr?
Enorm viele.
Wie können Sie das rechtfertigen?
Ich kann es nicht.
Müssten Sie nicht mehr Konferenz­
gespräche führen?
Nach diesem Interview habe ich eine
Skype-Konferenz, und nachher noch
eine. Ich skype immer häufiger, um
die Zahl der Flüge zu minimieren.
Aber manchmal braucht es Treffen von
Angesicht zu Angesicht. In Telefon­
gesprächen hat man zu wenig Zeit zum
Nachdenken.
Auf seiner Website gibt der WWF
Was sagen Sie zu Leuten, die von all
den Vorschriften und Ratschlägen
genug haben?
Ich würde darauf bestehen, dass der
Wandel beim Einzelnen beginnen
muss. Wir müssen als Individuen unser
Verhalten ändern. Nur dann kommen
politische Schritte zu Stande. Der Prozess verläuft von unten nach oben.
Früher, als der WWF noch World
Wildlife Fund hiess, stand der
Tierschutz im Zentrum. Heute nicht
mehr?
Absolut nicht! Die Schönheit am WWF
liegt darin, dass die Organisation mit
Tierschutz begann, sich aber jetzt mit
vielen zusätzlichen Themen beschäftigt, auch mit dem Handel, der Nahrungsproduktion, der Energie. Die Natur ist unser Kapital, und alles gehört zu
einem grösseren Ganzen.
Was wollen Sie tun, damit Sie zufrieden sein können, wenn Sie ihr Amt
dereinst an ihren Nachfolger oder ihre
Nachfolgerin übergeben?
An erster Stelle wäre ich glücklich, wenn
der WWF in südlichen Kontinenten
wachsen würde. Es gibt den WWF in
Brasilien, Südafrika, Indien. Aber die
Menschen in den südlichen Ländern
müssen stärker beteiligt werden, damit
ein Gefühl der Solidarität zwischen allen Menschen entsteht, nicht nur von
Nord nach Süd, sondern auch von Süd
nach Nord. Es gibt nur einen Planeten,
und kein Teil der Welt kann ohne den
anderen überleben.
GUT GENIESSEN — Die WWF-Beilage in der SonntagsZeitung — 3. Juli 2011SÜDOSTASIEN — 7
Weichkoralle: Korallen filtern mit ihren Tentakeln kleine Schwebestoffe aus dem Wasser.
Sie sind für die Reinigung der Gewässer von grosser Bedeutung
Lukas Lessing Text
JÜRGEN FREUND/WWF Canon Fotos
S
pätestens seit Jules Vernes Berichten über Kapitän Nemos
Reisen in seinem U-Boot wissen wir, dass die Welt von unterhalb der
Wasseroberfläche betrachtet ganz anders aussieht als aus der Per­spektive gemeiner Landbewohner: bunt, fantastisch
und mit magischer Aura umwoben. Seit
den spektakulären Aktionen von Green­
peace und Co ist uns klar, dass diese
bizarre Welt durch den immer grösseren Einfluss des Menschen und seine
hemmungslose Ausbeutung der maritimen Reserven bedroht ist. Seit Frank
Schätzings Roman «Der Schwarm» befürchten wir endlich, dass diese Welt
nicht nur von wohlmeinenden Zierfischen bevölkert ist, sondern sich durch
gut organisierte Wale, Quallen und
Würmer sehr gut gegen deren menschliche Eroberer zur Wehr setzen kann.
Es ist dieser Thriller, der auf die
schleimigen, gallertigen und klebrigen Häute der Meeresbewohner aufmerksam machte, die mit ihren Eigenschaften Schiffe zum Kentern bringen
können – schwermütige Weltuntergangsphantasien, die unser Augenmerk
auch auf reale Bedrohungen der Unterwasserlebewesen richten sollten sollten.
Denn viele wertvolle Meeresgebiete wie
zum Beispiel der Coral Triangle sind
heute stark gefährdet.
Blasenkoralle: Die Farbe der grosspolypigen Steinkorallen variiert zwischen
transparent und weiss, changiert manchmal sogar ins grün oder blau
Grosser Kissenstern: Dieser Seestern kann bis 30 Zentimeter Durchmesser erreichen.
Er lebt auf Korallenriffen
Hirnkoralle: fluoreszierende Steinkoralle
Weichkoralle: Drei Viertel aller bekannten Korallenarten
der Welt leben im Coral Triangle
Oberflächen unter
der Oberfläche
Der HalsbandAnemonenfisch,
einer von mehr
als 3000 Fischarten
im Coral Triangle
Der Coral Triangle in Südostasien ist
das artenreichste Meeresgebiet
der Erde – ein Fundus von Funktionen,
Formen und Farben, von dem auch Wissenschaft
und Technik viel lernen können
JÜRGEN FREUND
Perfekt designte Oberflächen
Tatsächlich ist diese Welt unter dem Meerespiegel ein Pendant zu unserer Erde auf
der anderen Seite. Und tatsächlich sind
wir Menschen von deren Bewohnern
weniger bedroht als vielmehr inspiriert
– haben die ihre Häute, Geflechte, Membranen, Tentakel und Netze, kurz, ihre
gesamten Oberflächen, doch so perfekt
an das Leben unter Wasser angepasst,
dass wir Menschen nur lernen können
von deren überraschenden Eigenschaften: Im neuen Wissenschaftszweig der
Nanobionik, die den Bauplänen der Natur auf der Spur ist, arbeiten sich Forscher unter anderem an den perfekt designten Oberflächen von Meerestieren ab.
Sie untersuchen die speziellen Grenzschichtwellen der Haifischhaut, um mit
einer nanobionischen Haifischoberfläche aerodynamischere Beschichtungen
für Flugzeuge oder Autos zu konstruieren und so zur Reduktion von Treibstoff
beizutragen. Sie entwerfen Formeln für
die Zusammensetzung neuer Lacke, die
der Haut des Sandfisches nachempfunden sind und genauso wie die unter allen
nur denkbaren Bedingungen fein metallisch glänzen soll.
Futuristisch anmutende Wissenschaft, die uns über dem eigenen Nutzen, den wir aus der Unterwasserfauna
ziehen können, freilich nicht die Faszination dieser Welt rauben soll. Einer
Welt, deren Wunder für uns vor allem
aus dem fremdartigen Schillern, Verschachteln und Pulsieren ihrer Oberflächen bestehen. Aus der Mystik schuppiger, wabernder, schimmernder und
phosphorisierender Flächen, denen jede
Entsprechung fehlt – auf unserer, der
oberen Seite der Wasseroberfläche.
Um ein besonderes Bild vom Kopf eines Buckelwals schiessen zu können, schwamm
der deutsche Tierfotograf Jürgen Freund (52) dem gigantischen Meeressäuger
auch schon mal auf Kürzestdistanz vor der Nase herum. Der Arbeitsplatz des
mehrfach ausgezeichneten Fotografen ist jedoch nicht immer so spektakulär, und
häufig auch von langen, geduldig ertragenen Wartezeiten erfüllt. Denn bis sich
die Gelegenheit für ein tolles Bild aus der Unterwasserwelt ergibt, verstrei­
chen oft Tage. Freund, der mit seiner Frau Sally in Australien lebt, gilt aus ausgewiesener Kenner des Coral Triangle. Er arbeitet eng mit dem WWF zusammen,
und liefert viele Sujets für die Artenschutz-Kampagnen.
www.jurgenfreund.com
CORAL TRIANGLE
PHILIPPINEN
MALAYSIA
INDONESIEN
Federsterne: Die langen, gefiederten Arme
des farbenprächtigen Seesterns dienen der Aufnahme von Plankton und
können explosionsartig ausgefahren werden
OSTTIMOR
Der Coral Triangle ist ein rund 6 Mio. Quadratkilometer grosses, äusserst artenreiches
Meeresgebiet, das sich von Malaysia über Indonesien, die Philippinen, Osttimor und Papua
Neuguinea bis zu den Salomonen erstreckt. Drei Viertel aller bekannten Korallenarten
und sechs der sieben Meeresschildkrötenarten sind dort zu Hause. Zusammen mit 3000
Fischarten und vielen anderen Meerestieren leben auch zahlreiche Hai- und Walarten,
Delfine und Dugongs (Seekühe) im Coral Triangle. Doch das Paradies ist akut bedroht. In
den letzten 40 Jahren wurde fast die Hälfte der Riffe zerstört. Brutale Fischfangmethoden setzen den Fischen und anderen Meerestieren zu: Dabei werden auch Dynamit
und das Gift Zyanid eingesetzt und riesige Mengen von Beifang über Bord gekippt. Und
der wachsende Druck der boomenden Tourismusindustrie bringt das Gleichgewicht noch
stärker ins Wanken.
Gefährdet ist nicht nur ein einzigartiges Naturparadies, sondern die ganze Region. Mit
seinem Fischreichtum bildet das Korallendreieck die Lebensgrundlage für über 120 Millionen Menschen. Bedroht werden diese heiklen Ökosysteme auch durch die globale
Klimaerwärmung. Wegen der Zunahme der Treibhausgase in der Atmosphäre steigen die Temperaturen des Meerwassers. Gleichzeitig führt
die ungebremste CO2-Zufuhr zu einem Anstieg des Säuregehalts. Es
kommt zur gefürchteten Korallenbleiche, die das Absterben von Korallenstöcken anzeigt. So verlieren die Korallen ihre Funktion als Laichplätze für wirtschaftlich wichtige Fischarten.
Der WWF setzt sich aktiv für den Erhalt des Coral Triangle ein. Dazu
gehört die Errichtung von Meeres-Schutzgebieten, die Förderung von
Beifang reduzierenden Fischfangmethoden und eine nachhaltig zertifiPAPUA
zierte Thunfischerei gemäss den MSC-Kriterien.
NEUGUINEA
SALOMONEN
Pfister ist Partner von:
SWITZERLAND
e n s ie si c
o ll
ete
bi
p
its
ht
un
h als Möglichkeit, Stellung zu
c
u
a
bez
rn
e bestehen, sonde
nd e d e r T h e o r i
rn sicht iehen. St
o
s
e ll u
ba r s e
on , n u r i n
i
i
n
t
.
a
witzerland. Ver
Un ng b
l cht
S
k
r
o
u
w
t
d z ez
t
ant wo
i
r tu n
e Ne
w a ie h
Gra lso n
d
r
a
r
gs v
u sa
rn e
T
z
&
ol l e
liche und la
g
ä
s un
t
r
t
ic h n z
r
s
e
s
v
l
e
r
ia
n
z
r
la e i
o
g
o
F
tn ue
f
s
U
n
rist
b
e,
m
h
ba l
i
a
ur t w
g
o
s A s o ll
n
l
ga
re n
G
af f t. Das trifft
tur
h
a
sy as
F
c
s
n
n
it
s
r
t ab
a
W
ü
a
g
f
w
m ,
u
,
s
n
W
ch
m
le
b
r
hre
n un
a
a
e
e
w
i
r
W
e
tH
uf
fister dam
B
P
d
.
ie
n
t
a
r
e
g
d
un
it n
ah
ld
ga
r fen,
be
i
o
bew
s
c
w
n
s
r
e
h
a
te
e
0
0
t
0
r
w
n
L
0
i
t
u
2
,
e
e
a
f
r Di
n
e3
au
ese uss
n di
ffe
reisl
A
a
K
.
n
lö
h
m
chaf t m
s
rgie
t
r
e
in e
i
n
e
W
E
öc
lt
al er
are
e
b
h
b
o
l
r
g
e
d
W
n
u
u
r
r
e
e
U
l
e
l
l
mg
vo
rn
lok a
an
ungs
t
r
t-e eber,
o
g
w
t
n
a
r
n
i
s
a
e
a
tg
t i on
rg
V
fe.
ad e - O
ST
r
f
t
r
i
o
a
t
E
F
s
r
h
e
i
n
h
d
e
e
b
r
d
d
te M
n
ed
ke u
e
n
a
t
v
a
i
kr
e
h
l
eG
keit
e
tl ig
hen .
ac
uf
er P ar t ne
r
i
m
ng jährig
E
ngag
als la
ketten v
e
o
n
R
e
öpfungs
ihm
ssou ment für
r
ter Wer tsch
c
e
n
, K l i m r ü c k s ic
Pfis
a
d en
u
hte
nd M htsvol
r für Ergebniss
e
.
öc e i t i n
E
e
r
g
n
Pfiste
e bn
s c l en U
i
s
s m ig k
s
h
e
sich
,
e
die in
n. mg
las alt
er t
de
r
D
Z
agi
A n hh
u
ere Möbe
ie s a
l
k
–
k
u
l
a
ac
e ng
r
,
n
für uns
dass w
ft i
em N
ir
a lb
stoff
r
e
m
s
h
s
c
hü
Roh
m
fü
es
t
z
e
gste
e
nw
t. D
o die Bäume. Spenden Ro
chti
w
i
h
s
o
r
s
t
tä
o
l
ff,
rw
l en
a nd e
E
n
de
sich
er g
hren
tskreislauf zurück. De
or
f
i
e
e
n
a
m
h
n
un
na
ir t s c
t
, so
W
ü
0
0
0
0
1
0
h
0
c
r lic
K
ilom
en
n den
jährli
e
ieder i
: Mit
t
e
rn
fe w
ugung
t den Menschen
?
of
s ist mi
erze
D
ie W
Üb Aber wa itskräf te sind f
ür u
r be
er
r.
u
n
t
s
ere A
er
ein
Na uns st verständlichkeit. Und
n
s
o
m
elb
wie ges
c
h
ü
it
t
l so
zte
de
A
rb
Wiedereingl
e
i
e
d
er
Der W WF feier t
Glocke
s
e
s
s
o
r
g
hängt hat: d ein 50 e
g
e
i
r
d
o
F
e
n
t
r
a
j
as ja
icht e, wo die Wo
hrze ährige
n
r
e
ig
hnt s B
m e n a n ne h me
ish r Anze
r
e la e s
e
b
v
t
s
n . So
r ese
b
l
e
ng teh
S
e
e
t
i
n
n
i
eE e
e
s
d
d
s
e
fi uf
n
r
u
d
n
l
n
ä
i
ng n. Z
c
t
s
r
h
P
k
ü
ei t , d
auc
d
f
n
s ha
t
ag u
U
.
s
a
enn
hi
ri
ung
d isc
em di
z
e
t
i
u
n
H
n
p
z
l
o
d
a
o
en es
l
h
r
e
ä
ol
n
w
z
H
d
e
P
h ie r d
r
d
i
e
r
s
t
n
d
t
s
t
Re
ie W
nac
n
gu
Pfi
n
t
u
r
a
o
u
hw
h
r te
z
li
aft
e 1800 Tonne
h fü
ol
t
s
t
c
i
h
i
i
e
l
e
c
r
c
K
n ve
hm
v
– jäh
stikr we
i
r ts
u
g
i
z
o
e
L
e
t
e
s
in weit
w
r tb
hr
re
. i
ff
e re
u ng
to
nse
a
n
U
s
r
r
.
n
eS
h
Tei
ss t
bre
ä
s
r
r
i
c
h
W
l
t
l
ü
e
Ro
t
u
z
V
t
en a
d
r
n
e
n
h
d
u
s
ls o
Ac
n so
ar k
t
e
r
s
d
u
n
s
d
e
h
h
g
alten
e
ie
falls
t f ür
tge
n
s
.
i
e
n
D
b
en
le
ns eine weit en
u
ir e
ih n
e
t
h
i
w
e re
ic
n
S
h m h Tepp
te
c
f
a
s
i
u
r
u
e
a
c
m
t
i
a
u
m
Ha
en
Pa
n
h
c
s
s
s
u
i
cht
A
n
ter
a
h
c
si
– w ir w
ba r m
ga
n. Nachha
en .
h gratulier Das W WF-Jubiläu
m
erzlic
ur h sich mit dem Wor t Nachhaltigkeit nehm
Nat
,
e
z
u
s
ch m n w ir
der ufrisch
a
rden. Bereits seit 12 Ja
en
a
ü
t
e
h
w
c
r
e
r
n
k
urc ehr
ist P
e n be r n
bare
.
fi
s so t m
s
N
pür
ter
ach icht
Re ich
hs
a
ch Holzprodukte mit
n
k
d
h
e
t
en s n
m
auc
i
w ir au
a l ur a
ve
F
S
t
s
®
nd
i
C
it d t e
ieten
g
Mi
ke l
La
ru
m e is
nd b
t
b
g
e
are
l ie
ch e
ng Tag
la
t, Ring für Ring. Das ist Nach
tb
d
pre
n
für Wor
er
h
u
a
ich
nts
l
Wor t
t
nd
.
e
i
f
g
f
rs
ke
em
rsto
i
as Klima, der For
t
t
e
b
e
.
s
chaf t, d
Sc
.D
t an
au
W ir t s
d
dS
d
mte
er
a
s
c
e
h
s
o
n
e
n wi
ges
er Stras
r
n
au f d
die
ic h
tatt
st
en s
Arbeitnehmer,
A
hi
n
r
o
v
b
hien
ei
ette
f Sc
k
w
i
e
l
a
d
t
s
i
i
e
au
Ro
e s K ap
fung
p
ö
chtig ündungsm
t s ch
r
o wi
i
t
er
als G
gli
ens
w ir
psyc
eb
r
h
n
ü
i
s
ch
ze f
lät
Sichtbar nachhaltig.
www.pfister.ch/umwelt
GUT GENIESSEN — Die WWF-Beilage in der SonntagsZeitung — 3. Juli 2011
SERVICE — 9
Kochen auf
Sparflamme
Bis zu 40 Prozent Energie-Einsparungen – optimieren Sie
den Gerätepark in der Küche
stabmixer
bis
50%
EINSPARUNG
MIKROWELLE
bis
20%
Kühlschrank
55%
EINSPARUNG
EINSPARUNG
pfannen
tiefkühler
55%
EINSPARUNG
bis
70%
EINSPARUNG
Kochherd
TOASTER
Kaffeemaschine
75%
20%
bis
20%
EINSPARUNG
EINSPARUNG
EINSPARUNG
Backofen
25%
EINSPARUNG
GeschirrSpüler
30%
EINSPARUNG
Armin Braunwalder Text
Sabrina Tibourtine Illustration
Die Experten der Stromspar-Website
www.topten.ch* haben berechnet, dass
sich im Haushalt rund 40 Prozent des
Stromverbrauchs einsparen lassen. In
einem typischen Vierpersonen-Haushalt mit 4000 Kilowattstunden (kWh)
Jahresverbrauch ergibt das eine Ersparnis von über 300 Franken pro Jahr.
Erzielt wird diese Stromeinsparung
hauptsächlich, wenn Geräte und Lampen beim notwendigen Ersatz durch die
effizientesten Produkte ersetzt werden.
Grosse Einsparungen sind bei Kühlund Gefriergeräten möglich. Werden
Altgeräte (15 Jahre und älter) durch Geräte der Energieeffizienzklassen A+++
oder A++ ersetzt, sinkt der Stromver-
brauch um mehr als 50 Prozent. Bei
noch älteren Geräten lässt sich sogar
noch weitaus mehr sparen. Das gilt
auch für Kaffeemaschinen mit automatischer Abschaltfunktion. Im Vergleich
zu herkömmlichen Maschinen, die ohne
diesen Sparmodus meist stundenlang
warmgehalten werden, reduziert sich
der Stromverbrauch um rund 75 Prozent. Bei Kochherden, Backöfen und
Geschirrspülern liegen jeweils 20 bis 30
Prozent Einsparung drin.
Doch nicht nur die Technik hilft,
den Stromverbrauch zu reduzieren. Besonders in der Küche schlägt das eigene
Verhalten unmittelbar auf den Stromverbrauch durch. Warum Wasser für
den Tee auf der Kochplatte erhitzen,
wenn der Wasserkocher halb so viel
Strom braucht? Ob man mit oder ohne
Pfannendeckel kocht, ob man IsolierKochgeschirr verwendet oder nicht, ob
man den Backofen dosiert oder sehr viel
nutzt: Der Verbrauchsunterschied liegt
schnell bei 50 Prozent.
Grundsätzlich gilt: je länger ein
Gerät eingeschaltet ist, desto höher der
Stromverbrauch und die möglichen Einsparungen. Ebenfalls ins Gewicht fällt
die Leistung eines Geräts. Es macht einen Unterschied, ob eine Knetmaschine
1000 Watt Leistung hat oder nur 500
Watt. Gemessen am gesamten Haushaltstromverbrauch spielen aber Kleingeräte eine untergeordnete Rolle – wenn
sie mit Vernunft eingesetzt werden.
* Die unabhängige Online-Suchhilfe www.topten.ch listet
stromsparende Geräte aus den Bereichen Beleuchtung,
Haushalt, Büro und Unterhaltung auf. Mit Topten finden
Sie die effizientesten Produkte auf einen Klick.
Die WWF-App für iPhone
und Android enthält
neu auch einen Ratgeber
mit den stromsparendsten
Haushalt- und Elektrogeräten von Topten
(Suchwort: WWF Ratgeber)
Für kontrollierte Fischbestände:
Gelbflossen-Thunfisch aus WWF Förderprojekt.
Coop, als Partner der WWF-Seafood Group, setzt sich auch unter Wasser für bessere Lebensbedingungen ein. Im Korallen-Dreieck in Südostasien sind wir Partner des WWF Projekts für nachhaltigen Thunfisch-Fang. Gemeinsam wollen wir
dabei die Bestände der bedrohten Thunfische langfristig sichern, verbindliche Fangquoten festlegen und das Ökosystem schützen. Davon profitiert nicht nur die Natur, sondern es sichert auch die Lebensgrundlage der Menschen vor Ort.
Den Gelbflossen-Thunfisch aus diesem Projekt finden Sie bei Coop. Und mit Ihrem Kauf finanzieren Sie das Projekt mit.
Denn die einzige Welt, die wir haben, muss man nicht irgendwann schützen, sondern jetzt.
Für die einzige Welt,
die wir haben.
GUT GENIESSEN — Die WWF-Beilage in der SonntagsZeitung — 3. Juli 2011REPORTAGE — 11
Stolz posiert
die Tuna Queen
mit zwei ihrer
Angestellten
Die junge Frau und das Meer
Als Händlerin ist die Tuna Queen dick im Thunfisch-Geschäft. Und sie kämpft dafür,
dass dies dank nachhaltiger Fischerei auch in Zukunft so sein wird
thomas compagno Text
yannick andrea fotos
A
b acht Uhr in der Früh kommen die Fischer zurück. Manche waren drei, manche fünf
oder sechs Tage und Nächte auf See
vor der philippinischen Küste. In ihren
Booten führen sie edle Ware mit, ausgewachsene Gelbflossen-Thunfische. Die
Tiere wiegen 30 Kilo und mehr. Ein
Exemplar bringt sogar über 100 Kilo
auf die Waage.
Wo immer Thunfische angelandet
werden, ist die Tuna Queen nicht weit.
Mit bürgerlichem Namen heisst sie Marites. Hier nennen sie alle Abelle oder
mit Ehrentitel Eki Abelle, Schwester
Abelle. Die 38-Jährige ist eine zierliche
Person. Aber im von Männern dominierten Thunfisch-Geschäft der Region
ist sie ein Schwergewicht. Marites ist
die Besitzerin einer Thunfisch-Casa.
Neun Boote nennt sie ihr Eigen, darüber hinaus finanziert sie weitere 30 bis
40 Boote. Das heisst, sie übernimmt die
Kosten für Treibstoff, Eis, Essen und
Bootsmiete und trägt so das Risiko der
Unternehmung. Dafür bleibt ihr vom
Fang der Löwenanteil. Fangen die Fischer jedoch nichts, muss sie den Verlust verkraften. Das clevere System hat
den Vorteil, dass die Fischer nicht gezwungen sind, sich zu verschulden. Sie
haben im schlechtesten Fall ein mageres
Einkommen.
Mit einem Kiemenschnitt werden
die Thunfische getötet
Für Meeresschildkröten ist der
Rundhaken ungefährlich, weil sie
ihn nicht verschlucken können
Jeder Fisch wird mit
dem Gewicht und
der Fleischqualität
gekennzeichnet
«Das ist ein Projekt für Euch»
Thunfische werden in zu vielen Meeren
noch rücksichtslos gefischt. Die Bestände der Gelbflossen-Thunfische der
Philippinen gelten als gesund, sie stehen
aber unter Druck. «Schreitet die Ausbeutung zu weit fort, drohen auch diese
Bestände innert kurzer Zeit überfischt
zu werden», sagt WWF-Mitarbeiter
Jose Ingles (55), der für das Thunfischprojekt auf den Philippinen verantwortlich ist. Der Thunfisch sei der grösste
Exportartikel der Philippinen. Deshalb
gelte es, diesem Wirtschaftszweig Sorge zu tragen. «Wir wollen die Bestände
auf dem jetzigen Stand stabilisieren, um
langfristig eine Erholung anzustreben.»
Diese Meinung teilt auch die Tuna
Queen. Und das motiviert die junge
Unternehmerin, sich in einem WWFFörderprojekt zu engagieren. Das Projekt will die Handleinen-Fischerei erhalten, die Qualität des Fischfleisches
verbessern und mittelfristig Fangquoten für die Region festlegen, so dass die
«Den Leuten
hier fehlt das
Verständnis
dafür, dass wir
die Natur
schonen müssen»
Nachhaltiger
Thunfisch-Fang:
Von Auslegerbooten aus wird
mit Handleinen
gefischt
Ausgewachsene GelbflossenThunfische wiegen
30 Kilogramm und mehr
DIE WWF SEAFOOD GROUP
Die Partner der WWF Seafood Group engagieren sich für den Schutz der Meere. Sie verpflichten
sich, ihr Angebot schrittweise auf nachhaltig bewirtschaftete Bestände und umweltverträgliche Zuchten umzustellen. Sie bieten keine vom Aussterben bedrohte
Fische an und fördern gezielt Produkte mit MSC und Biolabel.
Info: wwf.ch/seafoodgroup
Fischerei der Region schliesslich die
Zertifizierung nach dem Umweltstandard MSC erreicht. So entsteht eine
nachhaltige Fischerei, die nur so viel
fängt, dass sich die Art regenerieren
kann. «Am MSC-Label orientieren sich
Konsumenten, die umweltverträglich
gefangenen Fisch kaufen wollen. Die
Zertifizierung gibt den Produzenten
Gewähr, dass die Thunfische auf dem
europäischen Markt verkauft werden
können. Dies erlaubt den langfristigen
Zugang zum europäischen Markt für
die Fischer», sagt Fisch-Expertin Mariann Breu vom WWF Schweiz.
Die Fischer stehen der Sache noch
skeptisch gegenüber. «Ich sage ihnen
immer: Das ist ein Projekt für euch», erklärt Abelle. Und sie ködert die Fischer
mit guten Preisen: Für einen Thunfisch
der höchsten Qualitätsstufe zahlt sie bis
zu 50 Prozent mehr. Kaufen kann man
die Thunfische übrigens schon jetzt bei
Coop. Das Projekt wird einerseits durch
den Mehrpreis für den Thunfisch hier
in der Schweiz und andererseits durch
Beiträge von Coop und Bell finanziert.
Bei der Fischerei mit Handleinen
legen die Fischer lange Nylonschnüre
aus, die vom Boot ins Meer hängen. Mit
dieser Fangtechnik fangen die Fischer
gezielt einzelne, erwachsene Tiere und
nicht Jungfische, wie das bei der Netzfischerei oft der Fall ist. Sie lassen die
Köder in jene Wasserschichten, in denen die erwachsenen Thunfische jagen.
Auch Beifang wird weitgehend ausgeschlossen, denn die Haken sind unter
anderem für Meeresschildkröten keine
Gefahr. Die knabbern zwar manchmal
den Köder ab, bleiben aber nicht am
Haken hängen. Das passiert nur den
Thunfischen, die den Köder samt Haken verschlucken. Ein Fischerboot läuft
ein, das seit fünf Tagen unterwegs war.
17 900 Pesos, das sind rund 400 Franken, hat die Tuna Queen hier investiert.
Doch die Handzeichen der Fischer lassen nichts Gutes erahnen. Abelle sieht
nur zwei Finger in die Höhe gestreckt.
«Zwei Thunfische in fünf Nächten,
das bringt maximal 20 000 Pesos». Das
kann nicht aufgehen. Damit für die
Tuna Queen auch noch ein Gewinn herausschaut, hätten die Fischer mindestens vier Fische heimbringen müssen.
Abelle bleibt ein Verlust von rund 5000
Pesos. Sie nimmt es mit einem Lächeln
zur Kenntnis. «Das ist unser Geschäft»,
sagt sie.
Solche geschäftlichen Misserfolge
können der Tuna Queen ihre Überzeugung nicht nehmen, mit nachhaltigem
Thunfisch-Fang auf dem richtigen Weg
zu sein. Zwei Ziele stünden im Vordergrund: «Wir schonen die ThunfischBestände und wir helfen den Fischern,
ein besseres Einkommen zu erzielen»,
sagt sie. Es ist ihr ein echtes Anliegen,
dass «ihre» Fischer gut leben können.
Dazu gehöre aber mehr als Fangglück.
Obwohl die Fischer oft ein gutes Einkommen erwirtschafteten, seien die
meisten knapp bei Kasse, weil sie keine
Reserven angelegten, kritisiert Abelle.
Und noch etwas will sie ändern: Den
Respekt vor der Natur, vor dem Kapital ihrer Wirtschaft. Das achtlose
Wegwerfen von Müll ärgert sie. «Den
Leuten hier fehlt das Verständnis dafür, dass wir die Natur schonen müssen, denn wir leben von ihr», sagt die
Tuna Queen. Deshalb organisiert sie
immer wieder Strandputzaktionen und
versucht, schon die Jüngsten so zu erziehen, dass sie den Abfall nicht einfach
liegen lassen. Sie säubert gemeinsam
mit Kindern aus dem Dorf den Strand.
«Damit schaffen wir Verständnis für einen schonenden Umgang mit der Natur
als Ganzes», erklärt sie und klaubt dabei
den nächsten Plastiksack vom Sand auf.
FISCHGENUSS MIT KÖPFCHEN
—Fisch als nicht alltägliche Delikatesse
geniessen
— Einheimische Seefische bevorzugen
— Bei Zuchtfisch auf Bioproduktion achten
—
Bei Fisch aus Wildfang
MSC wählen
—Info: wwf.ch/fisch, oder als App für
iPhone und Android (WWF Ratgeber)
Fassaden
Holz/Metall-Systeme
Fenster und Türen
Briefkästen und Fertigteile
Sonnenenergie-Systeme
Beratung und Service
Der WWF dankt der
Ernst Schweizer AG für
das Klima Engagement.
Ein Glücksfaktor, der lange währt.
Sonnenkollektoren von Schweizer nutzen die Energiequelle der Zukunft.
Ästhetisch, flexibel in der Anwendung, unabhängig von anderen Energiesystemen: Mit Sonnenkollektoren von Schweizer treffen
Sie die richtige Wahl. Unsere Sonnenkollektoren passen zu jedem Architekturstil und glänzen mit hervorragendem Energieertrag und erstklassiger Qualität. Mehr Infos unter www.schweizer-metallbau.ch oder Telefon 044 763 61 11.
Ernst Schweizer AG, Metallbau, CH-8908 Hedingen, Telefon +41 44 763 61 11, [email protected], www.schweizer-metallbau.ch
50 Jahre WWF – Gemeinsam für unseren Planeten
Spenden Sie per SMS mit Panda (Betrag) an 488 oder wwf.ch/spenden.
(Bsp. Spende 9 Fr.: Panda 9 an 488)
GUT GENIESSEN — Die WWF-Beilage in der SonntagsZeitung — 3. Juli 2011
SERVICE — 13
Das erste Kapitel der Frigo-Rätsel-Serie: «Gut geniessen» lässt den dipl. Psychologen und
Ernährungsberater Max Schlorff über den Besitzer eines Kühlschranks spekulieren
KOLUMNE
Ökologisch
vorsorgen
Max Schlorff TEXT
Hans-Ruedi Rohrer FOTO
Karin Messerli STYLING
A
uf den ersten Blick sieht es in
diesem Prachtstück von Kühlschrank – steht so ein Gerät
in einer Mietwohnung? – recht ordentlich aus. Kühltechnisch perfekt lagern
die Dinge an ihrem richtigen Ort. Die
Person findet vermutlich schnell, was
sie sucht und nichts vergammelt in einer Ecke. Allerdings kann auch nicht
viel vergammeln. Hier lebt jemand von
schnellem Essen. Deckel ab, Löffel einstippen und rein in den Schlund. Aber
immerhin ist der Mann ein Ovo-LactoVegetarier: kein Fleisch, dafür vegetarische Fertig-Burger. So was kauft kein
Fleischesser!
Ja, ein Mann. Oder glauben Sie eine
Frau trinkt so viel Cola mit Jim B. oder
Johnny W., die vermutlich schon in der
Hausbar warten? Oder setzt die TortillaChips in eine Pampe, die 100-ProzentSchmerz verspricht?
Bioburger und Dosen-Coke
Doch schauen wir etwas genauer hin:
Im vierten Fach steht selbstgemachte
Konfitüre. In der Schranktüre erdulden
etliche Gewürzpasten und -saucen ihren
Einsatz als Geschmacksveredler in einem selbstgekochten Essen. Dies und
die drei Sirupflaschen lassen die Behaup­
tung «Mann» schmelzen wie Glacé bei
offener Türe. Doch eine Frau?
Ernährungsphysiologisch sehen wir
gewöhnlichen Schweizer Ernährungsalltag. Viele Milchprodukte liefern
hinreichend Protein und Calcium. Die
Fertigprodukte sprechen für eine eher
hohe Fettzufuhr von ungünstiger Qualität. Das sparsam bestückte Gemüsefach lässt auf wenig Nahrungsfasern
und seltenen Klo-Besuch schliessen.
Dafür liebt die Person Süsses und wir
hoffen mit den Zähnen, dass noch andere Kohlen­hydratlieferanten den Weg in
die Küche finden.
Die Person ist sowohl Coop- wie
auch Migros-Kundin und kauft auch
in Fachgeschäften ein. Bioburger und
Dosen-Coke vereinen sich in ihrem
Kühlschrank. Hier herrscht eklektischvielfältiges Nebeneinander.
Aus diesem Kühlschrank lebt ein
Mensch, der sich nicht leicht einordnen
lässt. Als Persönlichkeit flexibel oder
sich anpassend, wie man es lieber auslegt. Die Person ist ordentlich, vielleicht
schon ein wenig zwanghaft, aber nur soviel, dass man von gut strukturiert sprechen würde. Das Essen scheint ihr nicht
übermässig wichtig zu sein, ein paar
Prinzipien verfolgt sie aber dennoch.
MASSIMO MILANO ILLUSTRATION
Der Mensch ist,
was er isst
Kleiner Tiefkühler: Frischprodukte brauchen weniger
Energie als tiefgekühlte
Bioprodukte: Sie garantieren
naturnahe, umweltgerechte
Produktion
Dieses Jahr war für mich finanziell
so erfolgreich, dass ich gerne einen
Teil des verdienten Geldes in die Säule
3a investieren möchte. Allerdings
würde ich dabei gerne nachhaltige
Investitionen berücksichtigen. Was
raten sie mir? Fritz Müller, Bern
Bei nachhaltigen Anlagen fliesst Geld
in Technologien und Unternehmen, die
auch für Umwelt und Gesellschaft Sinn
machen. Wer für das Alter vorsorgt,
setzt gleichzeitig auf langfristige Sicherheit. Welche Vorsorge für Sie die richtige
ist, hängt deshalb auch davon ab, welche
Risiken Sie eingehen können und auf
wann Sie den Bezug planen.
Knapp 60% der Schweizerinnen
und Schweizer zahlen freiwillig in die
Säule 3a ein. Am beliebtesten sind Vorsorgekonten oder Lebensversicherungen. Nachhaltigkeitsberichte oder ein
Gespräch mit dem Kundenberater geben Aufschluss, welchen Stellenwert die
Nachhaltigkeit bei ihrer Bank oder Versicherung hat. Bei den Vorsorgefonds
wird heute bereits jeder achte Franken
nachhaltig angelegt.
Wer sich für eine nachhaltige FondsLösung entscheidet, kann zwischen
verschiedenen Anbietern wählen: beispielsweise Swisscanto mit Vertrieb über
Kantonalbanken und Bank Coop sowie
Raiffeisen oder Sarasin. Übrigens: Es
kann durchaus eine sinnvolle Alternative
sein, in die energetische Sanierung seines Hauses zu investieren. Denn durch
Energie sparen lassen sich Lebenshaltungskosten im Alter reduzieren.
Katharina Serafimova
WWF Schweiz
Vegetarische Gerichte:
Dreimal weniger Treibhausgase als Fleischmenüs
Mineralwasser: Leitungswasser wäre ökologischer
und günstiger
RATGEBER
Tipps fürs
Stromsparen
☛ Achten Sie beim Kauf von Haushaltgeräten immer auf die Energieetikette und geben Sie Produkten mit
der höchst möglichen Bewertung den
Vorzug. In jedem Fall empfehlenswert
sind alle Geräte, die auf www.topten.ch
gelistet sind.
☛ Wählen Sie für all Ihre Leuchten
LEDs, Sparlampen oder Leuchtstoffröhren und schalten Sie beim Verlassen
des Raumes das Licht aus.
☛ Vermeiden Sie Standby-Stromverbrauch. Trennen Sie Ihre elektronischen Geräte wie Fernseher, Stereoanlage, Computer, Laptop etc. nach dem
Ausschalten per schaltbarer Steckerleiste komplett vom Stromnetz. Auch Kaffeemaschinen sollten nach Gebrauch
immer ausgeschaltet werden.
☛ Füllen Sie Geschirrspüler und
Waschmaschine immer ganz und trocknen Sie Ihre Wäsche an der Leine statt
im Wäschetrockner.
Weitere Tipps für den Alltag: www.wwf.ch/tipps
Auflösung: Das ist der Kühlschrank von «Shibby».
«Kochen mit Shibby» ist die wohl
populärste Internet-Kochsendung der Schweiz.
Jung, schrill und schnell geschnitten nimmt
die schräge Sendung auch Kochmuffeln die Schwellen-­
angst vor dem Herd. Christina Schmid alias
Shibby lebt in Zürich. Ihre Rezepte und Koch-Talks
finden sich unter: www.shibbycooks.ch
Der WWF dankt folgenden Partnerfirmen, dass sie sich für unseren Planeten engagieren.
WWF GFTN Switzerland:
WWF Climate Group:
WWF Seafood Group:
Sonnenenergie-Systeme
Weitere Informationen: wwf.ch/zusammenarbeit

Documentos relacionados