Ursula Pfeiffer Kindheit im Wandel – Zur Genese der Kindheit in der

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Ursula Pfeiffer Kindheit im Wandel – Zur Genese der Kindheit in der
Ursula Pfeiffer
Kindheit im Wandel – Zur Genese der Kindheit in der Moderne und den Bedingungen
des Aufwachsens heute
Vortrag Lutherakademie Sondershausen – Ratzeburg am 7.10.05
Einleitung
Befasst man sich mit einem Thema wie dem der Kindheit, erscheint auf den ersten Blick klar
und deutlich, worum es sich handelt und was damit gemeint ist. Kindheit ist die erste und
grundlegende Phase im menschlichen Lebenslauf (Bründel / Hurrelmann 1996). Kindheit ist
deshalb jedem Menschen vertraut, denn jeder erwachsene Mensch kennt Kinder und war
selber Kind.. Aus der biographischen Perspektive ist Kindheit immer erinnerte Kindheit. In
der Literatur, der Poesie, auch der Malerei gibt es dazu reichlich Beispiele, autobiographische
Rückblicke auf eine vergangene Phase im Lebenslauf. Ihre Bedeutung entsteht in der er­
innernden Rückschau, die als vergangene Zeit häufig mit Wehmut über ihren Verlust, als
verlorenes Paradies, bilanziert wird. Für das Nachdenken über Erziehung hat Siegfried Bern­
feld, psychoanalytisch inspirierter Pädagoge zu Beginn des 20. Jahrhunderts, die Bedeutung
dieser Vergangenheitskindheit deutlich gemacht, indem er die Erziehenden, aber das gilt na­
türlich für jeden Menschen, darauf hinweist, dass sie es immer mit zwei Kindern zu tun
haben: dem Kind vor sich, das konkret da ist, und dem Kind in sich, das sie einmal selber
waren und noch sind.
Kindheit ist in einer zweiten Hinsicht auch Zukunftskindheit. Sie gilt als Zeit des Erwachsen­
werdens und des Lernen für die Zukunft. In dieser Hinsicht ist Kindheit das Thema derer, die
es im generationalen Zusammenhang mit dem Fortbestand der Gesellschaft zu tun haben, un­
ter anderem eben der Eltern, ErzieherInnen und LehrerInnen. Besonders in den Zeiten, die
vom Fortschritt und der Möglichkeit der Vervollkommnung des Menschengeschlechts über­
zeugt waren, lag es nahe, sich die Zukunft der nachwachsenden Generation als Verbesserung
des jeweiligen gegenwärtigen Zustandes vorzustellen, ja darin sogar eine Aufgabe zu sehen,
für die diese neue Generation ausgerüstet werden muss. Der „zukünftig(er) bessere(r) Zu­
stand“ (Kant 1983, 704) des menschlichen Geschlechts – so die Vision Kants – enthält diese
Vorstellung ebenso, wie das weit verbreitete Motiv vieler Eltern der Nachkriegszeit, dass ihre
Kinder es einmal besser haben sollten als sie selber. Dazu bedarf es aber einer gleichsam divi­
natorischen Fähigkeit der Erziehenden, einer Stellvertretung des „künftigen Mann(es, U.P.)
beim Knaben“ (Herbart 1997, 69), wie es der Pädagoge Johann Friedrich Herbart 1806 nennt.
Kindheit als Zukunftskindheit ist das Thema der Erziehung, die sich mit der zukünftigen
Gegenwart der Heranwachsenden, aber auch der Gesellschaft, befasst.
Kindheit ist drittens auch Gegenwartskindheit und das in zweierlei Hinsicht: einmal als aktu­
eller Lebensalltag von Kindern, als „Phänomene des Kinderlebens“ (Lippitz / Rittelmeyer
1990) wie es die neuere Kindheitsforschung nennt, die geprägt sind von den gegenwärtigen
kulturellen und sozialen Rahmenbedingungen und Inszenierungen für das Aufwachsen von
Kindern. In einer zweiten Hinsicht ist Kindheit gleichzeitig auch eine Idee, eine theoretische
Vorstellung dessen, was sie sein soll. Bahnbrechend für das Nachdenken über Kinder und
Kindheit in dieser konstruktiven Hinsicht war beispielsweise Rousseau, der mit seiner Vor­
stellung von der Natur des Kindes dem romantischen Kindbild des 19. Jahrhunderts den Weg
geebnet hat (Bader 1996, Ullrich 1999).
Die pädagogische Kindheitsforschung unterscheidet also zwei Ebenen der Konstitution von
Kindheit, die jedoch in wechselseitigem Zusammenhang zueinander stehen: die soziale und
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die mentale Ebene. „Das Konstrukt Kind steuert die Wahrnehmung und Deutung der Phä­
nomene des Kinderlebens.“ (Ullrich 1999, 13), so die Konsequenz aus diesem angenom­
menen Sachverhalt.
Wenn vor diesem Hintergrund im Titel des Vortrages von der „Genese“ der Kindheit die
Rede ist, ist dabei unausgesprochen eben das enthalten, dass „Kindheit“, besser die Gestaltung
einer bestimmten Altersphase, die wir Kindheit nennen, in vieler Hinsicht kein universeller
und natürlicher Zustand als „bloße Naturtatsache“ (Ullrich 1999, 9) ist, sondern „ein Kon­
strukt der Erwachsenen in einer Kultur, die eine spezifische Lebensform der Kindheit bereit­
stellt“ (ebd. 9). Oder noch anders formuliert: Begreift man Kindheit als soziale Organisation
der Erziehungsaufgabe, so wird damit festgestellt, dass „die gesellschaftliche Positionierung
von Kindern als Bevölkerungsgruppe von der Entwicklungstatsache und die individuellen
Entwicklungsprozesse von Kindern von der Alterzugehörigkeit als Strukturkategorie der
Gesellschaft bestimmt sind“ (Honig 1999, 9). Kindheit oszilliert zwischen den Vorstellungen
von Entwicklungsalter einerseits und kulturellem Konstrukt andererseits. Kindheit ist also ein
„historisch-spezifischer Modus der Vergesellschaftung in Generationenbeziehungen und
Generationenverhältnissen“ (ebd. 10). Genese der Kindheit ist dann gleichsam auch Ge­
schichte der Kindheit als wechselseitiger Zusammenhang von Sozialgeschichte und Ideenge­
schichte.
Im Folgenden werde ich deshalb in drei Schritten vorgehen. Erstens geht es um die wichtigs­
ten Stationen der Idee von Kindheit. Zweitens geht es dann um die Zeit in der Sozialgeschich­
te der Kindheit, in der die moderne Idee von Kindheit mit ihren derzeit immer noch gültigen
Auswirkungen auf heutige Bedingungen entstanden ist. Im dritten Teil stehen dann die gegen­
wärtigen veränderten Bedingungen des Aufwachsens von Kindern im Mittelpunkt.
I. Die Idee der Kindheit im historischen Rückblick
1. Kindheit als historisches Phänomen: Die „Entdeckung“ der Kindheit bei Philipp Ariès
Als markantes Datum für die Betrachtung der Kindheit im kulturellen Zusammenhang gilt
Philippe Ariès Buch zur Geschichte der Kindheit, das sich mit dem Familienleben und der
Schule im Ancien Règime befasst. Sein Buch erschien 1960 in Paris und 1975 übersetzt dann
in Deutschland. Seine Thesen blieben nicht unumstritten, gaben aber ungeachtet dessen
wichtige Impulse für die nachfolgende Kindheitsforschung. Ariès beschreibt, wie im Über­
gang vom Mittelalter zur Neuzeit Kinder in ihrer Besonderheit wahrgenommen, ihnen ein
eigener Status als vollwertige Form des Menschseins zuerkannt wird, sie nicht länger als un­
vollständige Erwachsene – was nach Ariès auf ihre Stellung im Mittelalter zutraf– betrachtet
wurden. Die Ursachen dieser veränderten Einstellung der erwachsenen Gesellschaft gegen­
über ihren Kindern sieht Ariès in den gesellschaftlichen Veränderungen begründet, in einer
Doppelbewegung, die man einerseits als Privatisierung und Intimisierung des familialen Zu­
sammenlebens und andererseits als zunehmenden Bedeutung und Ausdifferenzierung von öf­
fentlichen Räumen und Einrichtungen sehen konnte, deren spezifische Aufgabe die Pflege,
Erziehung und Bildung von Kindern war. Sozialgeschichtlich nahmen diese Veränderungen
ihren Ausgang im Adel und dem höheren Bürgertum, dabei vornehmlich bezogen auf deren
männliche Mitglieder (Bader 1996). Ariès spricht von „Familialisierung“ und „Scolarisation“.
Systematisch gefasst beinhaltet die Institutionalisierung beider Phänomene ein widersprüchli­
ches, konträres Signal: einerseits unspezifische Integration durch Intimisierung der Familien­
beziehungen, andererseits soziale Separierung durch Funktionalisierung öffentlicher Erzie­
hung. Diese Entwicklung wird sich im Zuge der Industrialisierung und der damit einherge­
henden Spezialisierung und Differenzierung der ökonomischen und gesellschaftlichen
Verhältnisse fortsetzen, so dass die beiden von Ariès skizzierten Bewegungen dann als ge­
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samtgesellschaftliche Institutionen betrachtet werden können. Die Lebensweise der bürgerli­
chen Familie mit ihrer besonderen Aufmerksamkeit für Kinder und Kindheit als eigenstän­
diger Lebensphase avanciert im 19. Jahrhundert zur normativen Orientierung der Gesellschaft
und blieb es auch bis heute. Laut Umfragen (Wahl 1999) ist das Bild der „heilen Familie“, die
gemeinsam an einem Tisch Geborgenheit, Gemütlichkeit, Nähe und Vertrauen ausstrahlt, als
Wunschvorstellung bei Erwachsenen heute weit verbreitet. Das ist das eine. Das andere, die
Scolarisation, reicht heute über die Allgemeine Schulpflicht bis hin zu einer fortschreitenden
Ausdifferenzierung pädagogischer Räume und Institutionen, die von einer zunehmenden Päd­
agogisierung des gesamten Lebenslaufes Zeugnis geben.
Ariès zentrale Einsicht, dass Kindheit nicht als anthropologische Universalie, sondern als his­
torisch wandelbares Phänomen begriffen werden muss, ist der Gewinn seiner Studien (Honig
1999). Sie eröffnet den Zugang, Kindheit als integralen Bestandteil moderner Gesellschaften
zu sehen. Kindheit gilt als sozial konstituiert, sie ist Ausdruck der Tatsache, wie der Unter­
schied zwischen Kindern und Erwachsenen zu bestimmten Zeiten und in bestimmten Gesell­
schaften praktiziert und institutionalisiert wird. Kindheit ist so gesehen kein deskriptiver, son­
dern ein normativer Begriff. Das soziale Konstrukt Kindheit ist der Versuch, das Verhältnis
zu den Nachkommen zu bewältigen und zu begründen. Diese Aufgabe stellt sich immer
wieder neu und berechtigt aus dieser Sicht, eben vom Wandel der Kindheit als einem Wandel
der Konstruktion von Kindheit unter veränderten sozialgeschichtlichen Bedingungen zu re­
den. Als konsequente Folge dieser Erkenntnis entwickelt sich die Kindheitsforschung in zwei
unterschiedliche Richtungen: einmal in Forschungen zum normativen Kern des Konstruktes
Kindheit und zum anderen in Forschungen zu den sozialgeschichtlichen Bedingungen des
Kinderlebens.
2. Die Herausbildung der Erziehungskindheit als normativer Idee der modernen Gesell­
schaft
In der Forschung zur Idee der Kindheit gibt es zwei unterschiedliche Argumente dafür, dass
Kindheit als „historisches“ Phänomen betrachtet werden muss. Die eine Sicht stützt die These
von Ariès, dass Kindheit als Phänomen erst am Ende des Mittelalters erkennbar wird. Der
„Entdeckung“ der Kindheit voraus ging die durch die Aufklärung möglich gewordene Sicht
auf den Menschen, besser den erwachsenen Menschen, als autonomes, selbstverantwortliches
und vernunftgeleitetes Wesen, als Individuum. Indem die Erwachsenen sich so verändert und
vom Kinde entfernt haben, waren sie gleichsam gezwungen, ihm eine eigene Welt zu schaffen
(Flitner / Hornstein 1964). Unter der Maßgabe dieser Perspektive gewinnt die Frage nach den
Bedingungen für Autonomie, Vernunft und Verantwortung eine neue Qualität, die sich auch
an einer veränderten Sicht auf Kindheit feststellen lässt. Diese veränderte Sicht manifestiert
sich zunächst in der Auffassung der Kindheit als eigene Lebensphase, „der eine längere Dauer
und wachsende Aufmerksamkeit zukommt“ (Bader 1996, 21). Für die aufgeklärte Pädagogik
des 18. Jahrhunderts ist Kindheit ein Zustand, der auf das Leben des Erwachsenen orientiert
ist, ein Übergangsphänomen oder Transitorium. Kindheit ist Lernzeit, zumal dann, wenn
durch die Trennung von Erwerbstätigkeit und Wohnen Kenntnisse und Fertigkeiten nicht
mehr durch Anschauung gelernt werden können. Kindheit als kulturell bestimmte Altersphase
wird Erziehungskindheit, in der die Differenz zum mündigen Erwachsenen durch Lernen be­
arbeitet werden muss.
Eine zweite Argumentation zur veränderten Betrachtung der Kindheit geht davon aus, dass
auch das Mittelalter die Besonderheiten des kindlichen Lebens gekannt hat. So weist die Vor­
stellung verschiedener Lebensalter als spekulative Ordnung, beispielsweise im Orbis pictus
des Comenius oder in der mittelalterlichen Kunst, auf eine solche Betrachtung hin. Mit den
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Lebensphasen in Zusammenhang zu denken ist auch die allmähliche Altersgliederung der
Schule, die didaktisch begründet einen systematischen Aufbau des Unterrichtes ermöglichen
sollte. Moralpädagogisch gesehen, sollte sie die Kinder davor schützen, beliebig dem
Erwachsenenleben ausgesetzt zu sein (Flitner/Hornstein 1964). Beide Strömungen, die Hoch­
schätzung der Eigentümlichkeit des Kindes und die Sorge für Schutz und Ordnung im alltägli­
chen Leben sind Voraussetzungen für das Kindheitsideal, das sich als „Natur“ des Kindes am
Ausgang des 18. Jahrhunderts herausbildet.
Vorherrschend wird im 18. Jahrhundert mit Rousseau (Honig 1999) die Zuschreibung einer
bestimmten Vorstellung von der Natur des Kindes. Natur bei Rousseau ist als physische
Anlage ein eigener Modus des Menschseins und verweist als moralische Bestimmung auf die
Differenz zwischen der Unschuld des Kindes und der Amoralität der Gesellschaft. Die sittli­
che Bestimmung des Menschen als Ausdruck seiner unverdorbenen, eigentlichen Natur wird
zur pädagogischen Aufgabe. Diese Idee der sittlichen Natur des Kindes rechtfertigt es, die
Differenz der empirischen Kinder zu diesem Ideal durch Erziehung zu beseitigen. Seine radi­
kalisierte Fortsetzung findet Rousseaus Naturvorstellung in der Reformpädagogik im „My­
thos“ der Kindheit als teleologischem Naturkonzept (Honig 1999, Lenzen 1985, Oelkers
1989, Bader 1996), im Ideal des sich selbst zur Vollkommenheit entwickelnden Kindes. Diese
Erziehungskindheit der Reformpädagogik ist jetzt Entwicklungszeit. Gleichzeitig ist sie damit
Gesellschaftskritik, indem sie eine Reform der Erziehung als Nichterziehung durch die
Gesellschaft fordert.
Die Sozialforschung des 20. Jahrhunderts geht dann wie selbstverständlich davon aus, dass
Kindheit als Entwicklungsphase und als Vorbereitung verstanden werden muss. Dabei geht es
jedoch nicht mehr um ein angenommenes allgemeines Ideal als Natur des Kindes an sich und
Ziel der natürlichen Entwicklung, sondern um Kindheit als Entwicklungsalter im Hinblick auf
das je individuelle Kind und seine werdende Persönlichkeit. Dennoch entgeht auch der
moderne Entwicklungsgedanke nicht der Gefahr, einen linearen Prozess der Vervollkomm­
nung oder Höherbildung zu suggerieren, und so, auch unter dem Einfluss von Darwins Evolu­
tionstheorie, „die kindliche Entwicklung … als individualgenetische(r)n Nachvollzug der zi­
vilisatorischen Entwicklung“ (Honig 1999, 61) aufzufassen. Und so, wie der Gang der Evolu­
tion von einfachen zu komplexen Formen und Funktionsweisen fortschreitet, enthält der evo­
lutionistische Entwicklungsgedanke die Vorstellung, dass die Entwicklung des Individuums
ein gesetzmäßiger Wachstums- und Reifungsprozess ist, der relativ unabhängig von den äuße­
ren Bedingungen sich als Abfolge endogener Stufen vollzieht. Kritisch anzumerken bleibt
dabei, dass in diese Vorstellung gleichzeitig „ein teleologisches Verständnis von Entwick­
lung“ einerseits „und eine Vorstellung von ‚Großwerden’ als Übernahme einer historisch spe­
zifischen Erwachsenenkultur“ (ebd. 62) andererseits zusammenfallen, die es erlauben, aus der
Beschreibung der Entwicklung eine Normierung der Entwicklung abzuleiten.
In der neueren an die Stelle des linearen Entwicklungsgedankens die Vorstellung, dass
Entwicklung ein lebenslanger Prozess der Interaktion ist, der von Erfolg und Misserfolg,
Rückschritt und Fortschritt, geprägt ist. In den neunziger Jahren erfährt auch der Gedanke, der
Kinder als noch nicht erwachsen und integrationsbedürftig und Kindheit als Lern- und In­
tegrationszeit konstruiert, erneute Kritik (Honig 1999). Sie argumentiert mit dem Vorwurf,
dass Sozialisation das Funktionieren des Erwachsenen intendiere und am Leben der Kinder
selber kein Interesse habe. Kindheit interessiere nur um der Bedeutung willen, die sie für die
erwachsene Gesellschaft hat. Das soziologische Konzept der Sozialisation verrate eine Vor­
eingenommenheit für die Reproduktion der sozialen Ordnung der Erwachsenen (Thorne 1987
in Honig 1999). Demgegenüber sollen Kinder als „Personen aus eigenem Recht“ (ebd. 79)
und nicht nur als zukünftige Erwachsene anerkannt werden. Dieses kindliche Eigenrecht
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realisiert sich in der Vorstellung einer wachsenden Handlungskompetenz von Kindern. Als
„soziale Akteure“ tragen sie damit auch der gesellschaftlichen Notwendigkeit Rechnung, dass
die Individuen heute gezwungen sind, autonom zu handeln und ihren eigenen Lebenslauf in
Auseinandersetzung mit den gesellschaftlichen Bedingungen aktiv zu gestalten. Nicht
Erwachsen oder Kind ist die entscheidende Differenz, sondern die Fähigkeit, sich als Akteur
oder Konstrukteur seiner selbst den je kontingenten gesellschaftlichen Bedingungen ge­
wachsen zu zeigen, jenseits aller traditionellen Muster von Normalbiographie.
Zusammenfassend weist diese Entwicklung darauf hin, dass heute in der Forschung der Be­
griff „Kindheit“ als ein soziales Programm betrachtet wird, das unter den je kontingenten Be­
dingungen der Gesellschaft und ihrer normativen Vorstellungen den Kontext des Alltags­
lebens von Kindern bildet. Die moderne Gesellschaft, die ihre Reproduktion anstelle durch
Geburt und Klasse durch das aktive autonome Individuum reorganisiert, das die schwindende
Stabilisierung durch die Außenwelt durch eine Ich-starke Persönlichkeit kompensieren muss,
steht deshalb vor der paradoxen Aufgabe, Individualisierung und Sozialisation zu verbinden.
Mit dem Konzept des Kindes als selbständigem Akteur wird Kindheit als sozialer Handlungs­
raum gedeutet, in dem Kinder aktiv und kooperativ an der Gestaltung ihres Lebenslaufes in
Auseinandersetzung mit ihrer Sozialwelt beteiligt sind. Diese Sichtweise der Kindheit als
dialektischer Prozess von Umweltaneignung und Selbstkonstitution wird in der Forschung als
„Sozialökologie der Kindheit“ (Wissenschaftlicher Beirat für Familienfragen 1998, 13) be­
zeichnet.
II. Die „Entdeckung“ der Kindheit in der Moderne
Die bürgerliche Kindheit ist anfangs eine schichtbezogene Vorstellung von Kindheit, die sich
von der proletarischen oder bäuerlichen Kindheit abhebt, die jeweils eigene Strukturen haben.
Die maßgeblichen Modernisierungsprozesse im 19. Jahrhundert gehen von den ökonomischen
Bedingungen aus: der Industrialisierung einerseits, die die Arbeitsteilung und damit eine
Form der zunehmenden beruflichen Spezialisierung erforderlich macht, und vom Aufbau
eines modernen Verwaltungsstaates andererseits. Die Differenzierung und Funktionalisierung
der gesellschaftlichen Produktions- und Reproduktionsaufgaben führen zu einer Trennung
von Erwerbsarbeit und Familienleben. Diese Trennung ist zum einen eine räumliche, indem
Wohnraum und Arbeitsstätte auseinander gelegen sind, sie ist eine funktionale, indem die ver­
schiedenen Aufgaben in der Gesellschaft in Form von Berufs- und Funktionsrollen verteilt
werden und sie ist eine mentale, indem sich mit der Zuschreibung der Aufgaben die Entwick­
lung der Vorstellung von unterschiedlichen Geschlechtscharakteren ergeben. So entstehen die
männliche außerhäusliche und öffentliche Erwerbstätigkeit im produktiven Sinn und komple­
mentär dazu die weibliche häusliche und private Familientätigkeit im reproduktiven Sinn.
Im Bereich dieser reproduktiven häuslichen Sphäre findet ein Teil der modernen Kindheit
statt. Dass die moderne Kindheit gerade dort eine besondere Bedeutung gewinnt, ist dem Um­
stand geschuldet, dass in dieser Schicht der Erhalt und die Weitergabe des gesellschaftlich Er­
reichten weder durch Geburt noch durch Erbe gewährleistet war, sondern der besonderen In­
vestition in die Nachkommen bedurfte.
Diese Kindheit wird zu einer Aufgabe der Familie: Kindheit ist Erziehungskindheit, um die
eine eigene „kindgerechte“ Sozialisationswelt entsteht. Drei Merkmale kennzeichnen die neue
Kindheit: die bewusste Wahrnehmung der kindlichen Besonderheiten, die das Kind vom
Erwachsenen unterscheidet. Äußerer Anlass dafür ist auch, dass in der industrialisierten
Gesellschaft die aufkommende Kritik der Kinderarbeit als industrielle Lohnarbeit einer Neu­
definition der Lage der Kinder und ihrer Eigenheiten bedurfte (Flitner/Hornstein 1964). Zwei­
tens: eine räumliche Separierung und optische Unterscheidung von Erwachsenen und
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Kindern: Kinderzimmer, Kinderkleidung, Kinderbücher und Kinderspielzeug sind äußere
Zeugen dieses eigenen Sozialraums, der sich auch inhaltlich, durch thematische Aus­
grenzungen aus der Erwachsenenwelt, durch Tabus, konstituiert. Und drittens herrschte eine
intensive emotionale Beziehung zwischen Eltern und Kindern, besonders der Mutter zu den
Kindern, die die Grundlage einer bewussten Erziehung in der Familie bildet (Rosenbaum
1981). Die familiäre Aufmerksamkeit auf das Kind bedeutet äußere und innere Zuwendung,
Versorgung und Ernährung einerseits, Erziehung und Emotionalität andererseits. Dieser Teil
der Kindheit ist das, was Ariès mit „Familialisierung“ bezeichnet.
Der andere Teil der modernen Kindheit findet außerhalb der Familie, in einem eigenen So­
zialisationsraum für Erziehung und Lernen statt. Anfänglich elitär schicht- und geschlechtsbe­
zogen, vor allem in den höheren Qualifikationsstufen, ist die Durchsetzung der Schulpflicht
für alle das Ergebnis dieses Teils der Erziehungskindheit als Antwort auf die arbeitsteilige,
spezialisierte Gesellschaft und die neue nachaufklärerische Sicht auf den Menschen als auto­
nomem Individuum. Die Herausbildung pädagogischer Spezialeinrichtungen und die Sepa­
rierung der Kinder als Schüler zum Zweck der moralischen Belehrung und zur Entwicklung
ihrer Vernunft sind einerseits Zwangseinrichtungen, andererseits Schutzraum. Darin zeigt sich
noch einmal die Widersprüchlichkeit der modernen Kindheit: Ihre Zweckmäßigkeit für den
Fortbestand der Gesellschaft und ihr besonderer Schutz vor dem vorzeitigen Zugriff der
Gesellschaft, ihre Anpassung an künftige gesellschaftliche Anforderungen, wie ihre Offenheit
gegenüber den gegenwärtigen Neigungen der heranwachsenden Persönlichkeit. Diesen
Widerspruch kleidet schon Schleiermacher 1826 in die bekannte Frage danach, ob man in der
Erziehung den gegenwärtigen Augenblick für einen zukünftigen aufopfern dürfe (Schleierma­
cher 2000).
Das 20. Jahrhundert setzt in dieser Hinsicht einen eigenen Akzent, indem es als „Jahrhundert
des Kindes“, angelehnt an den gleichnamigen 1900 erschienenen Roman von Ellen Key, in
die Geschichte der Pädagogik eingeht. Die Beachtung der kindlichen Bedürfnisse als Eigen­
rechte von Kindern wird zum Thema der sogenannten Reformpädagogik an der Wende ins 20.
Jahrhundert. Sie ist darin Gegenbewegung und Ablösung eines pädagogischen Programms,
das auf die zweckmäßige Anpassung der Kinder an die gesellschaftlichen Bedürfnisse aus­
gerichtet war. Die autoritäre Buchschule der Aufklärungspädagogik, die als Symbol einer
gesellschaftlichen Zwangsveranstaltung zum Gegenmodell einer kindorientierten freien Lern­
kultur stilisiert wurde, ist das Angriffsziel einer am Kindeswohl ausgerichteten Zeit vielfäl­
tiger schulischer und außerschulischer Reformmodelle. Gleichwohl paart sich bei nicht
wenigen Reformern der Eifer für die kindlichen Eigenrechte mit der kulturkritischen Partein­
ahmen für antiintellektuelle und antirationale Strömungen, so dass der weltoffene Humboldt’­
sche Bildungshumanismus vom Nahraum einer kindgemäßen Sozialwelt als idealem Lernund Erfahrungsraum abgelöst wird, der ganzheitliches Erleben unter der Prämisse von Kopf,
Herz und Hand verspricht. Auf das Zeitalter der Differenzierung und Spezialisierung in Indus­
trie und Wirtschaft antworten die Schulreformer im Namen des Kindes mit Ganzheitlichkeit
und Handwerk. So könnte es etwas überspitzt und plakativ zusammengefasst werden, ohne je­
doch verkennen zu wollen, dass aus dieser Bewegung Reformimpulse bis in die gegenwärtige
Diskussion um Schule und guten Unterricht reichen (Flitner 1992).
Die moderne bürgerliche Erziehungskindheit, die mit der Aufmerksamkeit auf die kindlichen
Bedürfnisse, dem biologischen und psychologischen Wissen um die Eigenarten dieser Leben­
sphase und den veränderten gesellschaftlichen Produktions- und Reproduktionsverhältnissen
als ein eigener sozialer Raum der Kindheit konstituiert ist, enthält in sich den Widerspruch
zwischen Anpassung und Autonomie, Zwang und Freiheit, informellem Eigenrecht und kon­
ventioneller Zuschreibung. Sie ist einerseits im Privatraum der Familie und andererseits im
Bereich der öffentlichen Institution Schule verankert. Und gleichzeitig setzt sich dieser
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Widerspruch zwischen privat und öffentlich, unspezifisch und funktional in beiden Bereichen
fort: die Familie übermittelt den kulturellen Habitus und die öffentlichen Moral und ist zu­
gleich Anwalt für die unspezifischen Bedürfnisse des Individuums. Die Schule ist als gesell­
schaftliche Sozialisationsagentur maßgeblich für die Allokation in die Gesellschaft und
organisiert zugleich die individuellen Bildungsprozesse. Meine These ist, dass sich auch unter
den gewandelten soziokulturellen Bedingungen des ausgehenden 20. Jahrhunderts diese
Grunddifferenz durch die Kindheit zieht. Was im 19. Jahrhundert für die bürgerlichen Kinder
gilt, wird im 20. Jahrhundert, vor allem auch nach dem II. Weltkrieg, Modell für die ganze
Gesellschaft.
III. Die Lebenssituation von Kindern heute
In Anlehnung an das Thema des 12. Kinder- und Jugendberichtes, der erst vor wenigen Wo­
chen veröffentlicht wurde, will ich die Ausführungen zu den sozialen Bedingungen des Auf­
wachsens heute mit einer These beginnen, die den Zusammenhang mit der historischen
Entwicklung kennzeichnet. War es das Kennzeichen der modernen bürgerlichen Kindheit als
Erziehungskindheit, dass sie sich in zwei Bereichen institutionalisierte, nämlich als Familien­
kindheit und Schulkindheit, mit je unterschiedlicher institutioneller Form und je spezifisch
eigenen Aufgaben, so scheint mir das Kennzeichen der nachindustriellen, gegenwärtigen
Kindheit zu sein, dass diese beiden Sozialisationsinstanzen ihre spezifisch zugeschriebene
Funktionalität verlieren. Beide sind, zumindest in der medialen Öffentlichkeit, in die Kritik
geraten. Von der „Krise der Familie“ war nach Erfurt ebenso die Rede wie von der „Krise der
Schule“ nach Pisa. Als eine Konsequenz dieser Kritik scheint sich anzudeuten, dass die ehe­
mals zugeschriebene Spezialisierung, die mit der Familie die Erziehung und mit der Schule
die Bildung von Kindern und Jugendlichen verbunden hat, im Rückzug begriffen ist. Mit den
Slogans „Bildung von Anfang an“ und „Bildung ist mehr als Schule“, die der 12. Kinder- und
Jugendbericht an den Anfang stellt, wirbt er für ein neues Zusammenspiel von privater und
öffentlicher Erziehung und Bildung. Die Trias von „Bildung. Betreuung und Erziehung“ soll
Kennzeichen aller Bildungsbemühungen werden, der familiären wie der staatlichen. Nicht
funktionale Differenzierung, sondern qualifizierte Partnerschaft ist die neue Tendenz. Was
sind nun die sozialstrukturellen Veränderungen, der Wandel der sozialen Bedingungen der
Kindheit, auf die diese neue Zusammenarbeit eine Antwort sein soll?
Auf vier Stichworte will ich mich begrenzen, die meines Erachtens auch die wichtigsten Ver­
änderungen der sozialen Bedingungen für Kinder abbilden.
1. Kindheit als Familienkindheit
Die primäre Lebenswelt von Kindern ist immer noch die Familie. Dies drückt sich nicht nur
statistisch aus, wenn man bedenkt, dass etwa 80% aller Kinder und Jugendlichen unter 18
Jahren bei ihren beiden leiblichen Eltern aufwachsen (Engstler/Menning 2004,), sondern auch
darin, dass für Kinder die Bedeutung ihrer Familie und die Zustimmung zu ihr in den letzten
Jahren ständig zugenommen hat. Noch nie seit der Nachkriegszeit war die Zustimmung der
Kinder zu ihren Eltern so hoch wie heute (Zinnecker 2000). Kinder und Jugendliche wachsen
überwiegend mit einem Geschwisterkind in Lebensformen auf, die dem „Normalentwurf“ der
ehelichen Zwei-Eltern-Familie entsprechen. Trotzdem leben sie seit etwa zwei Jahrzehnten
häufiger in „alternativen Lebensformen“ (Engstler/Menning 2004)). Die Definition von Fa­
milie, die dieser Entwicklung weitgehend Rechnung trägt, weist als definitorisches Haupt­
merkmal „die feste Beziehung zwischen mindestens einem Elternteil und mindestens einem
Kind aus (Hurrelmann / Bründel 2003, 80). Im Unterschied zu früheren Generationen erleben
die meisten Kinder heute noch ihre Großeltern und nicht selten auch noch Urgroßeltern, zwar
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nicht mehr in einer Großfamilie, aber doch jedes zweite Kind im gleichen Ort oder weniger
als eine Fahrstunde entfernt.
Den größten Unterschied im familialen Alltagsleben der heutigen Kinder in den alten und den
neuen Bundesländern bewirkt die Erwerbsbeteiligung der Mütter. Sie hängt, abgesehen von
der Arbeitsmarktsituation, deutlich von der Anzahl und vom Alter der Kinder ab. Beide Fak­
toren sind im Westen mehr als im Osten für Erwerbslosigkeit, zeitweilige Beurlaubung oder
Teilzeitarbeit ausschlaggebend. Je jünger die Kinder, desto geringer die Zahl der vollzeit­
arbeitenden und teilzeitarbeitenden Mütter. Dennoch zeichnet sich ab, dass die traditionelle
Rolle der Hausfrau als lebenslange Rolle von immer weniger Frauen gewählt wird. Vergli­
chen mit der Generation ihrer Mütter treten die jüngeren vor allem westdeutschen Frauen in
einem höheren Alter ins Berufsleben ein, bleiben aber dann als Mütter häufiger erwerbstätig,
bzw. unterbrechen kürzer (Engstler/Menning 2003). Die Erwerbsbeteiligung von Müttern
steigt dann, wenn sie als Alleinerziehende für den Lebensunterhalt sorgen müssen. Gleichzei­
tig erreicht ihr Anteil an der Armutsquote mit rund 30% mehr als das dreifache des Bundes­
durchschnitts (ebd.). Insgesamt gilt, dass unter Berücksichtigung der zu versorgenden Haus­
haltsmitglieder das Einkommen der Paare mit Kindern etwas, das der Alleinerziehenden
erheblich unter dem Durchschnittswert liegt. Damit ist ein Thema angesprochen, das
zunehmend Bedeutung gewinnt, dass nämlich Kinder als Armutsrisiko gelten, bzw. Kinder­
armut ein steigendes Phänomen in Deutschland darstellt. Rund eine Million Kinder sind Sozi­
alhilfeempfänger und knapp 13% der Kinder und Jugendlichen unter 18 Jahren lebten am
Ende der 90er Jahre unter der Armutsgrenze, nach einer Armutsdefinition, die als Maßstab die
Hälfte des durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen des Landes zugrunde legt (Klocke 2004).
Zum Thema Kindheit in der Wissensgesellschaft als Familienkindheit gehört auch die
steigende Tendenz von Ein-Kind-Familien und Kinderlosigkeit. Die jüngste Forschung (Bert­
ram 2005) benützt zur Erklärung dieser Phänomene den Begriff der „rushhour“. Roushhour
meint das Zusammendrängen von Ausbildung, Berufsstabilisierung und Fruchtbarkeitsphase
auf einem sehr engen Zeitraum. Ausbildung und Existenzsicherung erfolgen, wenn überhaupt,
bis Mitte/Ende 30. Danach ist die biologische Uhr für Frauen weit vorangeschritten. Dass
diese These vom engen zeitlichen Zusammenfallen wichtiger biographischer Ereignisse hohe
Plausibilität besitzt, zeigen Untersuchungen, aus denen hervorgeht, dass Frauen mit akade­
mischen Berufsabschlüssen und beruflichen Führungspositionen die größte Gruppe der
kinderlosen Frauen darstellen (Engstler/Menning 2003). Da der Kinderwunsch heute nur ein
Bestandteil unter anderen in der Lebensplanung junger Menschen ist, lässt die Frage nach
dem richtigen Zeitpunkt als oftmals unlösbare Problematik erscheinen.
2. Kindheit als Institutionenkindheit
Der Kinderalltag bzw. die Biographien von Kindern sind heute mehr als je zuvor institutionell
strukturiert. Dazu tragen einmal die Vermehrung von Betreuungsangeboten, vor allem durch
Kindergartenplätze, und die Verlängerung der Schulzeit bei. Darum herum rankt sich eine
Fülle von Freizeitangeboten, die jeweils selektiv wahrgenommen werden können. Die Konse­
quenz daraus ist, dass sich die Trennung der unterschiedlichen Lebenswelten von
Erwachsenen und Kindern deutlich festigt, aber auch die Tages- und Lebensläufe von Kindern
untereinander erhebliche Differenzen aufweisen. Die „normale“ Kindheit, die mit geringen
Abweichungen oder schichtbezogenen Unterschieden geteilte Alterserfahrungen ermöglicht,
weicht einer Vielfalt von unterschiedlichen Lebens- und Alltagsverläufen. Diese örtliche und
zeitliche Partikularisierung alltäglicher Lebensführung wird als „Verinselung des
Kinderlebens“ (Zeiher 1983) in der Kindheitsforschung bezeichnet. Die zeitliche und räumli­
che Koordination dieser Vielfalt an außerschulischen Betreuungs- und Betätigungsmöglich­
keiten erfordert bereits von Kindern eine anspruchsvolle Zeitmanagementkompetenz und von
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Eltern, in der Regel von Müttern, die Bereitschaft, die individuellen Interessen aller Familien­
mitglieder mit den vorhandenen Ressourcen an Zeit, Geld und Mobilität in Einklang zu
bringen.
Was einerseits Freiheitsgewinn und Entwicklungschance ist, erfordert auf der anderen Seite
Integrationsleistungen und Zugangsmöglichkeiten. Nicht alle Angebote sind für Kinder glei­
chermaßen zugänglich. Nicht erst seit Pisa weiß man, dass soziale, ökonomische und
kulturelle Ressourcen sowie Milieuzugehörigkeit die Zugangsmöglichkeiten zu den unter­
schiedlichen institutionalisierten Angeboten kanalisieren und dadurch in der Regel einerseits
zu homogenen Gruppen beitragen und andererseits die bestehenden Ungleichheiten verstär­
ken. Insgesamt fällt auf, dass die Verschulung der Kindheit innerhalb und außerhalb der
Schule zunimmt (Zinnecker 1990), was sich quasi im Krebsgang vom Schulbeginn zurück in
die Kleinkindphase verfolgen lässt. Damit wird Kindheit doppeldeutig: Die frühe Bildungs­
kindheit beschleunigt die kindlichen Lebenszeit, die folgende Verlängerung der Lernzeit für
Bildungsabschlüsse verlangsamt sie wieder und schiebt die ökonomische Selbständigkeit weit
hinaus.
3. Die Erosion der Kindheit
Zu dieser Sicht auf die Entwicklung der Kindheit heute gibt es ganz unterschiedliche Stich­
worte, die nicht unmittelbar miteinander im Zusammenhang stehen. Ich will sie nacheinander
aufzeigen.
In den achtziger Jahren hat Neill Postmann mit seinem aufsehen erregenden Buch vom
„Verschwinden der Kindheit“ (Postmann 1983) darauf aufmerksam gemacht, dass ein um­
fangreicher zeitlicher Anteil kindlicher Freizeitaktivitäten außerhalb von Familie und anderen
Institutionen auf den Bereich der neuen Medien entfällt. In diesen medialen Lebenswelten
verlieren die bisher geltenden altersspezifischen Strukturierungen weitgehend ihre Geltung.
Diese medialen Räume sind von der Lebenswelt der Familie und der außerfamiliären Institu­
tionen für Kinder entweder weit entfernt oder – so die These Postmans – sie sind mit den
Lebenswelten und den Themen der Erwachsenen identisch und lösen die kindlichen Eigen­
welten auf. Der vom Entwicklungsgedanken motivierte und legitimierte Unterschied in den
Themen und dem Wissen von Kindern und Erwachsenen ist damit verschwunden und mit ihm
eben die Kindheit, die durch dieses auch so gewollte Nichtwissen als Schutzraum definiert ist.
75 % der 6-13-Jährigen gaben 2003 bei einer Umfrage an, dass sie am wenigsten von allen
Medien auf Fernsehen verzichten können (Politik und Unterricht 3/2004). Mediale Räume
sind für Kinder einerseits auch Lernräume, andererseits aber auch Gefährdungspotentiale, von
denen die Erwachsenen oftmals nicht einmal richtig wissen. Und es besteht die Gefahr, dass
sie zur Verschärfung bestehender oder zur Entstehung neuer Ungleichheiten beitragen, weil
einerseits der Zugang zu ihnen sozial, kulturell und ökonomisch selektiv strukturiert ist,
andererseits ein ausgedehnter Medienkonsum keine Zeit für andere Bildungserfahrungen
lässt. Eine erst vor wenigen Tagen veröffentlichte Studie aus Niedersachsen weist den Zu­
sammenhang zwischen hohem Fernsehkonsum und mangelnder Schulleistungen nach.
Ein weiteres Stichwort gehört für die Forschung zum Thema „Erosion der Kindheit“. Sie hat
dafür eine einprägsame These formuliert: „Vom Befehls- zum Verhandlungshaushalt“. Unter­
suchungen haben erwiesen, dass bei wichtigen Entscheidungen Eltern nicht mehr einfach nur
anordnen, was sie für sich oder ihre Kinder für richtig erachten, sondern darüber mit ihren
Kindern reden. Dass Kinder heute mit ihrer eigenen Meinung ernst genommen werden, zeigt
sich darin, dass sie schon früh in wichtige biographische Entscheidungen einbezogen werden
und ihrer Meinung dabei Bedeutung beigemessen wird. Aus der traditionellen Befehlsgemein­
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schaft zwischen Kindern und Eltern ist der so genannte „Verhandlungshaushalt“ (Büchner
1983) geworden. Diese Entwicklung weist darauf hin, dass Kinder zunehmend selbstständig
als Akteure in ihrem sozialen Umfeld akzeptiert werden, und deshalb partizipative und demo­
kratische Elemente im Umgang zwischen Eltern und Kindern Bedeutung gewinnen. Obwohl
durch die genannten Veränderungen die zeitliche und soziale Intensität der Kontakte zwischen
Eltern und Kindern im Vergleich zur kindzentrierten Familie der Nachkriegszeit weiter nach­
lässt, verstetigt sich dennoch die Eltern-Kind-Beziehung zunehmend. Im Gegensatz zur ab­
nehmenden Tendenz der Paarbeziehungen bleibt die Eltern-Kind-Beziehung eine Dauerbe­
ziehnung. Eltern sind nach wie vor die wichtigsten Vertrauenspersonen ihrer Kinder (Hurrel­
mann/Bründel 2003). Kehrseite dieser steigenden Notwendigkeit biographischer Weichenstel­
lungen ist der Anteil von Kindern und Jugendlichen am „Scheiternsrisiko“ (Zinnecker 1990,
31), bzw. steigt auch die Notwendigkeit, einmal getroffene Laufbahnentscheidungen wieder
zu revidieren. Zwar zeigt sich darin auch eine gewisse Unabhängigkeit gegenüber Traditionen
und familiären Vorgaben, aber eben auch der Zwang, schwindende Normalbiographien durch
Aushandeln biographischer Weichenstellungen zu kompensieren. Eltern erscheinen dabei
zunehmend als „Laufbahnberater“ (Zinnecker 1990, 34), die weniger den gelungenen Zugang
zum örtlichen Sozialmilieu im Blick haben, sondern ihre Erziehung quasi „auf Vorrat“ (ebd.
35) für mögliche künftige soziokulturelle Laufbahnen konzipieren. Der Liberalisierung der
Erziehung in der Familie steht die Übernahme von Erziehungsfunktionen durch Institutionen
gegenüber.
Ein drittes Stichwort gehört noch zum Thema „Erosion der Kindheit“. Es ist als Phänomen
sehr alt, seine Abschaffung galt als soziale Errungenschaft und es kehrt unter verändertem
Vorzeichen wieder. Ich meine das Phänomen, dass bereits schon ältere Kinder, aber dann vor
allem Jugendliche in der Arbeitswelt der Erwachsenen erscheinen. Laut Shell-Studie 2002
sind insgesamt 32% der 12-15 Jährigen in ihrer Freizeit erwerbstätig. Sie verdienen ihr
eigenes Geld, jobben neben der Schule, agieren gleichzeitig als eigenständige Konsumenten
und werden darin von der Geschäftswelt auch als solche registriert und angesprochen. Im Un­
terschied zu früher oder im Gegensatz zur Dritten Welt arbeiten in Deutschland nur wenige
Kinder und Jugendliche aufgrund familiärer Notlagen, sondern investieren Zeit und Energie,
um ihre über die alltäglichen Notwendigkeiten hinausgehenden Bedürfnisse zu decken. Die
Ursachen für die „Kinderarbeit in der ersten Welt“ (Hollenbach 2004) liegen vor allem im
jugendlichen Konsumbedürfnis. Gleichwohl steckt dahinter oft eine andere Notwendigkeit,
nämlich die, den Anschluss an den sozialen Status und das Image der Gleichaltrigen halten,
soziale Identität ausbilden und von den Eltern unabhängig sein zu können.
4. Kindheit als Problemkindheit
In diesem letzten Abschnitt will ich Tendenzen andeuten, von denen zwar nicht alle Kinder
bedroht sind, von denen aber dennoch zunehmend mehr betroffen sind. Ich werde aus Zeit­
gründen alle Aspekte nur noch kurz anreißen.
Die Bewältigung der Anforderungen des Aufwachsens ist für Kinder und Jugendliche mit
Migrationserfahrung mit spezifischen Problemen belastet. Die PISA-Ergebnisse haben ge­
zeigt, dass Schulerfolg und Migrationshintergrund in einem deutlichen Zusammenhang
stehen. So ist Migration eine belastende Komponente im Hinblick auf die altersspezifische
Sprachkompetenz, die wiederum auch Anteil an den Leistungen in anderen Bereichen als dem
sprachlichen hat. Insgesamt sind vom Migrationshintergrund die ökonomischen, sozialen und
kulturellen Ressourcen von Kindern und Jugendlichen beeinflusst, die wiederum für die Parti­
zipation an den verschiedenen gesellschaftlichen Institutionen ausschlaggebend sind.
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Nicht unterschätzt werden dürfen die zunehmenden Entwicklungs- und Gesundheitsprobleme
von Kindern. So geht man heute davon aus, dass etwa 10% aller Kinder- und Jugendlichen
unter chronischen Krankheiten leiden. Chronische Krankheiten wirken fast wie Be­
hinderungen und zeigen sich durch schleichende und fortdauernde Beeinträchtigung aus, die
ansteigen und abfallen kann. Neben den körperlichen chronischen Krankheiten wie zum Bei­
spiel Krebserkrankungen, Zuckerkrankheit, Hautkrankheiten, Allergien oder Ernährungsstö­
rungen sind es zunehmend auch schon psychologische Auffälligkeiten. „Viele Kinder sind mit
Konflikten und Schwierigkeiten konfrontiert und zeigen in Form von „Verhaltensauffälligkei­
ten“, dass ihnen die Bearbeitung dieser Probleme schwer fällt.“ (Hurrelmann/Bründel 2003,
171). Wahrnehmungsstörungen, Konzentrationsschwächen, Hyperaktivität oder Lese-/Recht­
schreibschwäche sind heute Bezeichnungen für diese Art von Verhaltensauffälligkeiten, die
im Kinder- und Jugendalter zugenommen haben. Dazu kommen auch bei Kindern schon psy­
chosomatische und affektive Störungen, wie Angstsyndrome, Medikamenten- und Drogen­
konsum oder Depressivität. Schätzungsweise 20% der Kinder im Grundschulalter nehmen
regelmäßig, mindestens wöchentlich Schmerzmittel oder andere Medikamente zu sich. Bis
zum Alter von 12 Jahren sind 36% der Kinder regelmäßige oder gelegentliche Alkoholkonsu­
menten (Kolip 1995).
Nicht zuletzt muss an dieser Stelle auch auf die Probleme und Störungen der Sozialentwick­
lung hingewiesen werden. Bei den Formen von sozialer Abweichung fallen Gewalt und
Kriminalität besonders ins Gewicht. Körperliche, verbale, psychische und sexuelle Gewalt
sind die Formen von Gewalt, die in unserer Kultur als nicht akzeptable Ausdrucksformen von
Aggression angesehen werden und dennoch in der heutigen Gesellschaft in beträchtlichem
Ausmaß vorkommen. Kinder sind dabei in unterschiedlicher Weise als Opfer und Täter be­
troffen, wobei dabei besonders auch geschlechtsspezifische Unterschiede auffallen.
Wenn ich abschließend auf einen Aspekt hinweise, den die Fachliteratur als „gemeinsamen
Nenner“ für die vielfältigen Störungssymptome bei Kindern und Jugendlichen anführt, er­
kennen Sie die hohe Interdependenz der Faktoren, die das Aufwachsen von Kindern und
Jugendlichen ausmachen. Fehlernährung und Bewegungsmangel sind die „Schlüsselproble­
me“ und Ausgangsfaktoren für kindliche Entwicklungsstörungen, so die Meinung ausge­
wiesener Forscher zu dieser Frage. Als gegenläufiger Lichtblick in dieser eher düsteren
Entwicklung kann gelten, dass der Forschung Kinder auffallen, die auch unter extrem wid­
rigen Umständen nicht erkranken. Unter dem Stichwort der „Resilienz“ (Asendorpf 2003)
wird dieses auffällige Phänomen erforscht. Trotzdem wird deutlich, dass es beim Thema
Gesundheit nicht bei individuellen Lösungsversuchen bleiben kann, sondern es einer Politik
für Kinder als Querschnittsthema aller politischen Dimensionen bedarf.
Schluss
Mit diesem Gedanken will ich abschließen, indem ich darauf hinweise, dass Kindheit in der
nachindustriellen Gesellschaft eine politische Dimension hat, sie ist spätestens in der
globalisierten Wissensgesellschaft nicht länger Privatsache, so sie es je vorher gewesen sein
sollte. Und dies hauptsächlich deshalb, weil Kinder wie Erwachsene ähnlichen Formen, Aus­
prägungen und auch Paradoxien moderner Zivilisation ausgesetzt werden, und damit
denselben Chancen und Risiken, die mit einer so ja auch gewollten Individualisierung zu­
sammenhängen, ausgesetzt sind. Wo die gesellschaft durch die Pluralität ihrer instituionellen
Angebote, aber auch durch ihre Verknappung, eine oft unvorhersehbare Verknappung, ein ho­
hes Maß an eigener Verantwortung für die eigene Lebensplanung voraussetzt, ist Erziehung
so etwas wie Entscheidungshilfe als Hilfe beim Umgang mit „Widerfahrnissen“ (Nipkow in
diesem Band).
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„Ja zum Kind“ könnte dann heißen.
Erziehung in einer Welt mit Kontingenz, Zufälligkeiten und Wandel ist nicht mehr Vorbild
und erwartete Nachahmung, sondern Modell und einladendes Angebot.
Erziehung unter den Bedingungen von Kontingenz, Zufälligkeit und Wandel heißt aktivpassive Präsenz und Verlässlichkeit, nicht quantitativ, sondern qualitativ, als wache Aufmerk­
samkeit ohne Dauerpräsenz.
Erziehung unter den Bedingungen von Kontingenz, Zufälligkeit und Wandel heißt Stärkung
der kindlichen Lebensenergie, die seinen Lebensoptimismus begründet.
Erziehung unter den Bedingungen von Kontingenz, Zufälligkeit und Wandel braucht Unter­
scheidungsfähigkeit und das, so haben wir eben gelernt (Lexutt in diesem Band) ist Bildung.
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