Ganz privat im Web 2.0
Transcrição
Ganz privat im Web 2.0
foto: IP Deutschland Ganz privat im Web 2.0 Wie Kinder und Jugendliche das Web 2.0 in ihre Lebenswelten integrieren 1 Inhaltsverzeichnis 1 2 3 3.1 3.2 3.3 4 4.1 4.1.1 4.1.2 4.1.3 4.1.4 4.1.5 4.1.6 4.2 5 6 Einleitung Lebenswelten von Kindern und Jugendlichen Motive und Kennzeichen der Mediennutzung von Kindern und Jugendlichen Umfang der Mediennutzung Medienvergleich Fazit: Der Nutzen entscheidet Online-Nutzung von Kindern und Jugendlichen im Detail Nutzungsmerkmale Nutzungsfrequenz Exklusivität der Mediennutzung Nutzungsdauer Aktivitäten im Internet Treiber der Online-Nutzung Instant-Messaging-Programme Online-Communities Videoportale Fansites Lieblingswebsites Merkmale erfolgreicher Kinder- und Jugendwebsites User Generated Content Sicher online: Herausforderungen des Web 2.0 3 5 8 8 8 12 13 13 13 13 13 13 15 16 16 16 16 17 17 20 23 KONTAKT: Carola Krebs (SUPER RTL) RTL DISNEY Fernsehen GmbH & Co. KG Richard-Byrd-Straße 6 | 50829 Köln Fon: +49 (0) 2 21/91 55-13 36 E-Mail: [email protected] 2 foto: pink cherry (photocase.de) Wie gehen eigentlich Kinder und Jugendliche mit diesen Veränderungen um? Einerseits sind Kinder und Jugendliche ja diejenigen, die neue Technologien besonders neugierig und bereitwillig adaptieren, was nicht zuletzt daran liegt, dass sie aus ihrer Entwicklungsstufe heraus grundsätzlich daran interessiert sind, Neues zu erfahren. Andererseits lässt sich aber auch beobachten, dass sich Kinder und Jugendliche – zumindest in ihrer Freizeit – nur mit Dingen beschäftigen, die sie wirklich interessieren. Wie nehmen also die jungen Zielgruppen die neuen Möglichkeiten zu Selbstentfaltung im Web an? Gibt es überhaupt eine homogene junge Zielgruppe – oder ändern sich die Ansprüche an das Internet im Altersverlauf? Last, but not least: Was passiert eigentlich mit anderen Medien, wenn das Internet stärker genutzt wird und – im Gegensatz zu den klassischen Medien – die Möglichkeit bietet, eigene Inhalte einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren? 1 Einleitung Seit mehr als drei Jahren ist nun das Phänomen „Web 2.0“ in aller Munde. Für die einen ist die Möglichkeit, als User selbst Inhalte im Web bereitzustellen, nicht weniger als eine Revolution. Andere merken an, dass das Internet eigentlich schon immer auch ein Ort der individuellen Inhalte war – nur mit dem Unterschied, dass eine Äußerung auf einer privaten Homepage früher eben selten Hunderttausende von Seitenaufrufen zur Folge hatte, während die gleiche Botschaft in einem der führenden Blogs heute locker geeignet ist, ein Thema auf die Agenda zu setzen. Gar nicht zu reden von den Millionen Videoschnipseln auf YouTube und den anderen Videoportalen. Die Websitebetreiber liefern bestenfalls noch die Themenanstöße und beschränken sich ansonsten auf Moderation und Bereitstellung der technischen Plattformen. Ob Blogs, Wikis, Foto- oder Videowebsites – der Wechsel im Verständnis davon, was Internet ist, und in der Art, wie die User damit umgehen, ist angestoßen. Nie war es so einfach, sich selbst zu veröffentlichen. Um diesen Fragen auf den Grund zu gehen, hat SUPER RTL, als führender Anbieter elektronischer Medien für die Kinderzielgruppe, im Jahr 2007 zwei Untersuchungen bei 8- bzw. 10- bis 14-jährigen Kindern und Jugendlichen durchgeführt (siehe auch Abbildung „Methodik“). Die Methodik Quantitative Studie (repräsentativ für Internet-Nutzer) Methode:Repräsentative Face-to-Face Untersuchung in Deutschland mittels standardisiertem Fragebogen (teilstrukturierte, persönliche Inter- views, in Home, Paper & Pencil) Stichprobe:n = 452 8- bis 14-Jährige, die mindestens mehrmals pro Monat das Internet nutzen. In der Auswertung wurde repräsentativ nach Alter gewichtet Interviewdauer: ca. 30 Minuten Feldzeit: August bis September 2007 Durchführung: iconkids & youth, München 3 Die Methodik Qualitative Studie (Internet-Innovatoren) Methode:Qualitative Paarinterviews (Face to Face), teilstrukturierter Gesprächsleitfaden Stichprobe:n = 40 (in 20 Paarinterviews) mit 10- bis 14-Jährigen Kindern und Jugendlichen (20 Jungen und 20 Mädchen) Sonstige Quotenbedingungen:• Besuch der Realschule bzw. des Gymnasiums • Englischkenntnisse • Umfangreiche Ausstattung mit Unterhaltungs- und Kommunikationselektronik • „Internet-Innovatoren“, d.h. häufige Internet-Nutzung, vorhandener Breitband anschluss zu Hause, Kenntnis und Nutzung diverser Web 2.0-Angebote, keine massiven Beschränkungen der Internet-Nutzung durch die Eltern Interviewdauer: pro Paarinterview ca. 75 Minuten Testorte: Köln und München Feldzeit: April bis Mai 2007 Durchführung: iconkids & youth, München Im Rahmen einer qualitativen Studie wurden in PaarInterviews leitfadenorientierte Face-to-Face-Interviews mit insgesamt 40 Probanden durchgeführt. Die qualitative Studie diente dazu, zunächst einmal möglichst viele Informationen über die Lebenswelten und Freizeitbeschäftigungen speziell der Internet-affinen Kinder und Jugendlichen zu sammeln, um dadurch zu erfahren, welche Rolle das Internet für diese Zielgruppen spielen kann. Daher wurden für die qualitative Studie gezielt Kinder und Jugendliche ausgewählt, die über geringe Zugangsbeschränkungen, gute technische Voraussetzungen und gleichzeitig eine hohe Kompetenz im Umgang mit elektronischen Medien und Unterhaltungselektronik verfügten. Denn neue Strategien bei der Nutzung von Medien zeigen sich immer zuerst bei denjenigen, die einerseits problemlos und souverän auf diese zugreifen können und andererseits ein hohes Interesse am jeweiligen Medium an den Tag legen. Die „Internet-Innovatoren“ sind diejenigen in ihrer Altersgruppe, über die sich am ehesten Informationen über künftige Nutzungspotenziale gewinnen lassen. Die Ergebnisse der qualitativen Studie sind daher nicht repräsentativ für die gesamte Altersgruppe der 10bis 14-jährigen Kinder, wohl aber lassen sich hieraus allgemeingültige Grundmuster der Nutzung erkennen. Um die im Rahmen der qualitativen Studie gewonnenen Einsichten zur Online-Nutzung auf eine breitere Basis zu stellen, wurde im Anschluss eine repräsentative quantitative Studie unter 452 Schülern im Alter von 8 bis 14 Jahren durchgeführt. Diese mussten mehrmals im Monat das Internet nutzen, der Besitz einer Spielekonsole oder eines Handys war nicht zwingend Voraussetzung. Die quantitative Studie erfasste detailliert die Online-Aktivitäten der Zielgruppe. Im folgenden Kapitel bieten wir Ihnen zunächst einen Einblick in die Lebenswelt Internet-affiner Kinder und Jugendlicher. Im Anschluss daran werden wir die Bedeutung der unterschiedlichen Medien- und Unterhaltungsangebote für diese Zielgruppe herausarbeiten und aufzeigen, welche Ansprüche und Bedürfnisse sie erfüllen. Schließlich werden wir uns detailliert mit der Internetnutzung und den Erwartungen von Kindern und Jugendlichen an Internetangebote auseinandersetzen. Wir werden anhand ausgewählter Sites zeigen, welche Formen der Interaktivität Kinder und Jugendliche heute im Web schon nutzen und nach welchen Maßstäben sie interessante Angebote selektieren. Denn nur wer weiß, was Kinder und Jugendliche bewegt, kann sie auch effizient und wirkungsvoll ansprechen. 4 foto: mys (photocase.de) ein“, Mädchen nehmen in dieser Altersklasse Klavierunterricht oder gehen zum Geräteturnen. Kinder definieren die Freizeit stets darüber, womit sie sich beschäftigen, und zählen stolz ihre ganzen Aktivitäten auf. Wenn sich Kinder in diesem Alter mit gleichaltrigen Freunden treffen, dann stets, um zusammen zu spielen (z. B. mit der Spielekonsole). Selbst die Zeit mit Freunden soll also sinnvoll ausgefüllt sein. Eine Neigung zum bei den Jugendlichen beliebten „Herumhängen“ verspürten die jüngeren Befragten nicht. 2 L ebenswelten von Kindern und Jugendlichen Fünf Jahrgänge wurden von uns im Rahmen der qualitativen Studie untersucht. Dabei ist die gewählte Altersgruppe zwischen 10 und 14 Jahren insofern besonders interessant, da sie sowohl das Ende der Kindheit als auch den Beginn der Jugend umfasst. Ob Erscheinungsbild, Posing oder die Art, wie sie sich äußerten: Die 10- bis 11-Jährigen wirkten in den Interviews nahezu kindlich, während sich die 13- bis 14-Jährigen deutlich lässiger und unverkennbar jugendlich gaben. Auch mit einem betont coolen Kleidungsstil grenzten sich die Älteren deutlich von den Jüngeren, kindlich Gekleideten ab. Aus diesem Grund ist es legitim, von zwei Zielgruppen zu sprechen, nämlich von Kindern und von Jugendlichen, die sich auch in unterschiedlichen Lebenswelten befinden. Organisierte Freizeit bei den Kindern ... Diese unterschiedlichen Lebenswelten manifestieren sich beispielsweise in den Freizeitaktivitäten: Hier nennen die 10- bis 11-jährigen Jungen häufig „Fußball spielen im Ver- ...spontane Freizeitgestaltung bei Jugendlichen Dagegen stehen Jugendliche dazu, in der Freizeit zu entspannen oder zu relaxen. Sie treffen sich nach der Schule mit der Clique am Stammplatz, um „rumzuhängen“. Organisierte Freizeit ist ihnen ein Graus; so betonen sie etwa, dass sie ins Fitnessstudio gehen, weil sie „keine Lust mehr auf den Sportverein“ haben. Während Kinder die Wochenenden vorwiegend mit ihren Eltern verbringen, ist es für Jugendliche selbstverständlich, sich auch in dieser Zeit mit den Freunden zu beschäftigen. Dabei steht keine bestimmte Aktivität im Vordergrund – Hauptsache, man ist mit der Clique zusammen. Freunde liefern den Werte- und Normenhorizont Die besondere Rolle des Freundeskreises zeigt sich bei den Jugendlichen auch daran, dass dieser ihnen den Werte- und Normenhorizont vermittelt. Für Kinder ist noch meinungsbildend, was die Eltern sagen; die Freunde sind letztlich nur Spielkameraden. Ganz anders bei den Jugendlichen: Die Meinung der Eltern rückt in den Hintergrund, entscheidend ist, was die Peergroup denkt. Während für Kinder die Familie die emotionale Heimat ist, sind es für die Jugendlichen die Freunde. Eltern und Familie werden zwar im Regelfall noch wohlwollend gesehen, stehen aber nicht mehr im Mittelpunkt des Werte- und Normenuniversums. Die veränderte Bedeutung von Freundschaften zu Beginn der Jugend führt zwangsläufig auch zu anderen Ansprüchen an die Kommunikation. Dies schlägt sich unter anderem darin nieder, wie das Internet genutzt wird: Wenn Kinder das Internet benutzen, rufen sie fertige Seiten auf oder lesen bzw. beantworten E-Mails. Im Gegensatz zu die- 5 FBB?BKPTBIQABO¦?FP¦ _EOFDBK BMO_PBKQ>QFS?BCO>DRKDªORKADBP>JQEBFQKQBOKBQ¦RQWBO« O>DB FBPFBEQBPBFDBKQIF@EFKABFKBJFJJBO>RP>PE_KDQABKKA>>IIBP>KABK_KABK DBPQvQWQ¥KD>?BKFKÊ BP>JQ K¼ RKDBK ¦ >EOB¦ >EOB K¼K¼ _A@EBK ¦ >EOB¦ >EOB K¼K¼ FIABOLQLPLII>DBKSLKOBRKABK LPQBOSLKRPFHBOK>KAPLMPQ>OP FBOMLPQBO RP@EBIQFBOB FIABOSLJOI>R?LABORPCIvDBK LPQBOSLK@E>RPMFBIBOKªFKL¦«FIJBK LPQBOSLKMLOQIBOKBOBFKBK>KKP@E>CQBK RBIIBR>KQFQ>QFSBKIFKB¦QRAFB ¥F@LKHFAP®VLRQECvO >PFPK¼FKABORKA RDBKAIF@EBFJIQBOSLK?FP >EOBK ser zeitlich eingegrenzten, strukturierten und zielgerichteten Nutzung der Kinder stehen die Online-Gewohnheiten der Jugendlichen: Diese schalten nämlich zunächst einmal den Rechner ein, loggen sich beim von ihnen bevorzugten Instant-Messaging-Dienst ein und bleiben dann den Nachmittag über im Netz. Denn Kommunikation in Chats setzt die Bereitschaft voraus, immer wieder (bzw. kontinuierlich) zu reagieren. Der Fokus verändert sich so vom Abrufen und Verschicken letztlich statischer Inhalte hin zu einer dynamischen Kommunikation, die die Reaktion des Gegenübers unmittelbar aufgreift. Der Schritt zum Gestalten eigener Inhalte ist dann nicht mehr weit. Persönliches statt Starschnitt Praktisch jedes Kind signalisiert das Ende der Kindheit auch nach außen – zum Beispiel durch die „Umgestaltung“ seines Zimmers. Zehnjährige Jungen haben Fußballposter an der Wand, Fanartikel liegen in Regalen. Bei den Mädchen prägen Tierbilder und Starschnitte von Popbands die Wände. Kuscheltiere und Spielzeug sind überall präsent. Davon wollen 14-Jährige nichts mehr wissen: Der Platz in den Regalen, den zuvor die Kuscheltiere bewohnten, ist nun mit Gegenständen gefüllt, die als Symbol für die persönliche Identität taugen. Gesammelt wird nicht, was in der Peergroup cool ist, sondern was die eigene Persönlichkeit ausdrückt und was einem selbst wichtig ist: Urlaubserinnerungen, Fotos von Freunden und der Familie, Erinnerungen an besondere Erlebnisse. Der einzige, kleine Unterschied zwischen Jungen und Mädchen: Jungen achten nicht besonders auf den Gesamteindruck des Raumes, ihnen kommt es nur darauf an, dass alle Dinge, die ihnen wichtig sind, einen Platz finden. Mädchen haben dagegen eher einen Blick fürs Ganze, achten darauf, dass alles zu- 6 FB?IFKDPCBOKPBEPBKABO BMO_PBKQ>QFS?BCO>DRKDªORKADBP>JQEBFQKQBOKBQ¦RQWBO« O>DB BI@EBOBOKPBEPBKABOFPQBFDBKQIF@EABFKFB?IFKDPPBKABO RKDBPQvQWQ¥KD>?BKFKÊ ¦ >EOB K¼ ¦ >EOB K¼ RBIIBR>KQFQ>QFSBKIFKB¦QRAFB ¥F@LKHFAP®VLRQECvO >PFPK¼FKABORKA RDBKAIF@EBFJIQBOSLK?FP >EOBK sammenpasst – und beginnen, ihr Zimmer bewusst in einem bestimmten Stil zu dekorieren. Auch die vorhandene Unterhaltungselektronik ist ein sicherer Indikator dafür, ob man das Zimmer eines Kindes oder eines Jugendlichen betritt: Ist bei den Zehnjährigen nur vereinzelt ein iPod oder ein anderer MP3-Player zu sehen, gehören diese bei den Jugendlichen neben Stereoanlagen, Computern und Radios zur Standardausstattung. TV-Präferenzen spiegeln die Entwicklung wider Die Veränderung der Lebenswelten von Kindern auf dem Weg zu Jugendlichen lässt sich auch am Fernsehkonsum erkennen. Trotz zunehmender Internetnutzung ist TV in beiden Altergruppen das am meisten genutzte Medium. Allerdings unterscheiden sich die gewählten Formate: Jüngere stehen einerseits auf kindlich orientierte Zeichentrickformate, sehen andererseits aber auch bereits Daily Soaps und nutzen die Musiksender. Zwar haben die 10- bis 11-Jährigen schon klar den Abschied von der Kindheit vor Augen, ihre Verhaltensweisen und ihre Lebenswelt sind aber eindeutig noch kindlich geprägt. Sie schauen allerdings bereits neugierig auf die Verhaltensweisen, Rollen und Statussymbole der älteren Jugendlichen, weil sie eigentlich keine Kinder mehr und stattdessen lieber „cool“ sein wollen. Jugendliche sind stets auf der Suche nach Orientierung. Dies schlägt sich auch in den TV-Präferenzen nieder: Einerseits wählen sie Sendungen, von denen sie sich in „angesagter“ Art unterhalten fühlen. Andererseits halten sie aber auch gezielt Ausschau nach Unterhaltungsund Informationsformaten, die ihnen dabei helfen, den Weg in die eigene Selbstständigkeit zu finden. Die präferierten Unterhaltungsformate der Jugendlichen sind die Primetime-Serien. Sendungen „für die ganze Familie“ interessieren sie eher weniger. Kein Wunder, dass sich auch die Senderpräferenzen mit dem Älterwerden ändern. So wählten die jüngeren Kinder im Rahmen der quantitativen Studie SUPER RTL auf Platz 1 der Lieblingssender. Bei den 12- bis 14-Jährigen nehmen dagegen ProSieben (Jungen) bzw. RTL (Mädchen) diesen Platz ein. 7 foto: IP Deutschland hier die Frequenz, mit der ferngesehen wird, ungefähr in gleichem Umfang wie bei den Jungen, doch ist die Handy-Nutzung bereits bei den 10- bis 11-jährigen Mädchen überaus ausgeprägt. Das Handy dient aber nicht nur der Kommunikation, sondern ist für Mädchen und Jungen gleichermaßen ein wichtiges Statussymbol: Eine große Anzahl von Features ist wichtig, die allerdings in der Praxis kaum genutzt werden. 3 Motive und Kennzeichen der Mediennutzung von Kindern und Jugendlichen „Always on“ für Freunde und Bekannte Mit steigendem Alter übernehmen die Instant Messenger die Funktion von E-Mails, für Letztere wird immer weniger Zeit aufgewendet. Bei jugendlichen Jungen und Mädchen geht der größte Teil der Internet-Nutzung dann auf das Konto der Instant Messenger, insbesondere MSN und ICQ, gefolgt vom Schreiben bzw. Beantworten von E-Mails und dem Downloaden und Hören von Musik. Die in quantitativen Studien dargestellte hohe Internet-Nutzungsdauer Jugendlicher ist also mit Vorsicht zu interpretieren, weil die Messenger oft im Hintergrund laufen, während man sich mit anderen Dingen beschäftigt. Der Messenger ist eben der permanente „heiße Draht“ zu Freunden – kein Wunder, dass alle Befragten ihn täglich oder fast täglich nutzten. Detaillierte Informationen zu den Nutzungsarten des Internets finden Sie auch in Kapitel 4. 3.1 Umfang der Mediennutzung TV bleibt meistgenutztes Medium Kindheit und Jugend stehen im Zeichen der permanenten Weiterentwicklung. Dies schlägt sich in allen Bereichen des täglichen Lebens nieder – auch in der Form, wie häufig Medien genutzt werden und welche Angebote bevorzugt werden. So steht bei den jüngeren Befragten unserer qualitativen Studie, die ja Internet-affine Kinder und Jugendliche im Fokus hatte, dennoch Fernsehen an erster Stelle der medialen Freizeitbeschäftigungen. Es wird von allen 10- bis 11-Jährigen mehrfach pro Woche, wenn nicht sogar täglich genutzt. 12- bis 14-Jährige verzichten dagegen durchaus auch mal auf TV. Ein Teil der Nutzung verschiebt sich ins Internet. Jungen spielen, Mädchen telefonieren Bei den Jungen steigt die Nutzung von MP3-Playern, Spielekonsolen oder dem eigenen Handy mit zunehmendem Alter an. Ganz anders bei den Mädchen: Zwar verringert sich 3.2 Medienvergleich Mediennutzung ist für alle befragten 10- bis 14-Jährigen eine Selbstverständlichkeit, man steht den Medienangeboten offen gegenüber und nutzt sie nach Lust und Laune. Natürlich kommen den einzelnen Medien unterschiedliche Funktionen zu. Welche Erwartungen haben Kinder und Jugendliche an Medien – und wie verändern sich ihre Ansprüche mit dem Älterwerden? Fernsehen: Das unkomplizierte Alltagsmedium Fernsehen ist das Alltags- und Familienmedium par excellence. Mit Fernsehen wird man groß, es ist ein Teil der Sozialisation. Die emotionale Nähe lässt sich auch in Zahlen fassen: Fernsehen ist Danach gefragt, ob sie TV insgegut, da kommt samt eher als Freund, Bekannten, jeden Tag was Fremden oder gar Feind wahrnehNeues. (M, 11) men, bezeichneten es 62 Prozent 8 JLQFLK>IB_EB BMO_PBKQ>QFS?BCO>DRKDªORKADBP>JQEBFQKQBOKBQ¦RQWBO« O>DB >PFPQA>PBOKPBEBK¥A>PKQBOKBQ>IIBPFK>IIBJCvOAF@ETFBTvOABPQARBP?BP@EOBF?BK DBPQvQWQ¥KQTLOQBK>RCBO¦H>I>SLK´JBFK?BPQBOOBRKA´?FP´JBFKBFKA´¥KD>?BKFKÊ BOKPBEBKFPQ BP>JQ K¼ ¦ >EOB RKDBK K¼ ¦ >EOB K¼ ¦ >EOB _A@EBK K¼ ¦ >EOB K¼ KQBOKBQFPQ JBFK?BPQBOOBRKA BFKBOJBFKBOOBRKAB BFKBH>KKQBO BFKOBJABO RBIIBR>KQFQ>QFSBKIFKB¦QRAFB ¥F@LKHFAP®VLRQECvO >PFPK¼FKABORKA RDBKAIF@EBFJIQBOSLK?FP >EOBK der im Rahmen der quantitativen Studie befragten Kinder als Freund. Zudem bietet TV vielfältige Nutzungsmöglichkeiten: Anders als z. B. Lesen, das die volle Aufmerksamkeit erfordert, kann die TV-Nutzung auch parallel zu anderen Tätigkeiten oder gemeinsam mit Freunden erfolgen. Über alle Befragten hinweg wird das Fernsehen im Vergleich zu anderen Kommunikations- oder Freizeitmedien daher am häufigsten genutzt. Kindern dient Fernsehen in erster Linie zu Unterhaltungszwecken. Insbesondere die Jüngeren stillen aber auch gerne ihren Wissensdrang im TV. Jüngere Kinder neigen dazu, für sie relevante TV-Formate in ihre Tagesplanung mit aufzunehmen. Man will nichts verpassen – TV-Formate werden zu Eck- und Ankerpunkten der Freizeitgestaltung. An der Schnittstelle zur Jugend wird Fernsehen für Kinder dann zunehmend auch das Fenster zur „großen Welt“, das Rollenvorbilder und Einblicke in die Welt der Älteren liefert. Selektive TV-Nutzung in der Jugend Mit steigendem Alter wird dagegen deutlich selektiver ferngesehen. Jugendliche wählen bewusst aus, welche Formate sie nutzen wollen. Das mediale Erlebnis an sich tritt in den Hintergrund, der erwartete Nutzen in den Vordergrund. So liefern etwa Daily Soaps täglich neuen Gesprächsstoff für die Peergroup. TV wird vorwiegend als Lean-back-Medium passiv genutzt und verliert daher während der erlebnisorientierten Phase der Jugend etwas an Bedeutung. Zwar genießen es Jugendliche, zu relaxen – dennoch möchten sie beim Medienkonsum alle Fäden in der Hand behalten. Darum stört sie auch das feste Raster der Sendezeiten, denn sie sind durch das Internet gewöhnt, das gerade Gewünschte jederzeit zu erhalten. MP3 kontra Radio Ein Radio gehört für alle Befragten zum Leben dazu und war in vielen Kinder- und Jugendzimmern vorhanden. Als Alternative zum klassischen Empfang hören viele Jugendliche auch Radiosender über das Internet. Mit zunehmendem Alter differenziert sich allerdings der Musikgeschmack der Jugendlichen immer weiter aus; die daraus resultierenden Ansprüche können Radiosender naturgemäß nur in begrenztem Umfang erfüllen. So beklagten einige der Jugendlichen, dass sie „ihre“ Musik nicht mehr im Radio 9 finden würden und nunmehr stattdessen Download-Angebote nutzen. Dementsprechend ist der MP3-Player, vorwiegend in Gestalt des iPods von Apple, mittlerweile ein fester Bestandteil im Leben von Jugendlichen. Aber auch immer mehr Kinder besitzen MP3-Player – in der von uns untersuchten Gruppe der Internet-Innovatoren sogar fast alle. Die Geräte werden in erster Linie zum täglichen Musikhören unterwegs benutzt, jüngere Kinder verfolgen damit auch gerne Hörspiele. Unter Jugendlichen gewinnt der MP3-Player zunehmend an Bedeutung als portabler Speicher für Fotos, sie können damit problemlos große Sammlungen an Bildern von Freunden und Bekannten verwalten und jederzeit vorzeigen. Um Videos zu sehen, benutzten die von uns Befragten ihre Player jedoch noch nicht. Auch Podcasts stießen kaum auf Interesse. Handys sichern Jugendlichen den Kontakt zur Peergroup Wohl kein anderes technisches Hilfsmittel hat das Kommunikationsverhalten so grundlegend verändert wie das Handy. Bei den 10- bis 11-jährigen Kindern steht der Kontakt mit dem Elternhaus im Vordergrund. Der Aktionsradius ist klein, mit Freunden trifft man sich am ehesten zu Hause. Für die Jugendlichen ist das Handy dagegen ein unverzichtbarer Alltagsbegleiter: Es ist ideal, um auch unterwegs sein soziales Netz zu pflegen und spontane Absprachen für die Freizeitgestaltung zu treffen. Freizeit vollkommen flexibel organisieren zu können, ist für Jugendliche ein wichtiger Schritt in die Selbstständigkeit. Sofern vorhanden, wird die Fotofunktion der Handys insbesondere von den Mädchen sehr gerne genutzt. MMS werden allerdings aufgrund der damit verbundenen Kosten nur selten versendet; die Aufnahmen verbleiben auf dem Handy und werden damit vorgezeigt oder auf den PC übertragen. Insbesondere die Älteren unter den Befragten nutzen auch die MP3-Funktionen ihrer Handys. Internet via Handy ist kein Thema, einerseits aufgrund der vorhandenen Hardware, andererseits fehlt aber auch das Bedürfnis nach einer mobilen Internetnutzung. Das Internet: Nur ein kleiner Klick mit der Maus, aber ein großer Schritt für Kinder Zum ersten Mal saß die Mehrheit der Kinder im Grundschulalter am Rechner, einige wenige auch bereits zuvor. Wenn Kinder schon vor der Grundschule an den Computer herangeführt werden, dann liegt das zumeist an einem besonde- Also, ohne Internet, ren Engagement ihrer Eltern. das wäre richtig Denn der Einstieg in die PC-Welt fade! (M, 11) erfolgt stets über Dritte: Eltern oder ältere Geschwister zeigen den Kindern, was man alles mit dem PC machen kann, und wecken damit das Interesse. Die Kinder haben Spaß am Ausprobieren und wollen bald mehr kennenlernen. Der spielerische Umgang mit dem Thema vereinfacht Kindern, sich schnell die notwendigen Fertigkeiten anzueignen – Barrieren nehmen Kinder bei der Beschäftigung mit dem PC kaum wahr. Solange aus Sicht der Eltern die Nutzung im normalen Umfang bleibt, gibt es praktisch keine Beschränkungen. Sind die Kinder nicht ausgeprägte Technikfreaks, benutzen sie im Regelfall die älteste Hardware im Haushalt, das aktuellste Gerät ist der gemeinsame Familien-PC. Kinder benutzen den PC zunächst nur offline, etwa für Spiele oder Lernprogramme. Erst nach einiger Zeit erlauben ihre Eltern ihnen dann auch den Zugang zum Internet. Die schrittweise Erschließung des Internets wird von den Kindern stolz als Zeichen dafür wahrgenommen, dass sie älter und erfahrener werden; dementsprechend begeistert sammeln sie auch die ersten Online-Erfahrungen. Im Gegensatz zur allgemeinen PC-Nutzung wird die Zeit, die Kinder mit dem Internet verbringen dürfen, in dieser Altersgruppe noch stark von den Eltern reglementiert. Eine Einschränkung oder Kontrolle der Inhalte erfolgt hingegen kaum. Ab der 5. Klasse wird das Internet dann auch für die Schule relevant und beispielsweise bei der Erstellung von Referaten zu Hilfe genommen. Lernprogramme spielen in diesem Alter allenfalls noch eine untergeordnete Rolle. Für die Orientierung im Web sorgen die Suchmaschinen, genau wie bei den Erwachsenen steht Google bei Kindern an erster Stelle. Ich hätte gerne ein neues Handy. Meines hat kein Foto und kein MP3, aber meine Freunde alle - aber dafür muss ich sparen. (J, 12) 10 Was nimmt man mit auf die einsame Insel? Den Fernseher, dann wird‘s nicht langweilig. (M, 10) Mein Handy, da kann ich anrufen und die holen mich ab. (M, 11) Das Internet, wegen Lokalisten und iCQ, da kann ich mit meinen Freunden chatten. (M, 14) Das Internet, da ist alles drin: Man kann chatten mit Freunden, erfährt Neuigkeiten, kann Musik hören und sich unterhalten! (J, 13) Das Internet, da hat man alles zusammen. (J, 14) PCs ohne Onlinezugang: Bei Jugendlichen nicht gefragt Für Jugendliche ist das Internet ein selbstverständliches Alltagsmedium. Der Computer wird mit dem Internet gleichgesetzt, er ist das Synonym für das Chatten via MSN und ICQ. Jugendliche sehen für Stand-alone-PCs kaum noch Anwendungsmöglichkeiten, die Vernetzung steht im Vordergrund. Offline werden allenfalls noch CDs und MP3Dateien abgehört, Computerspiele gespielt (vorwiegend durch Jungen) oder es wird kreativ mit Fotos gearbeitet (vorwiegend durch Mädchen). So verwundert es nicht, dass bei den von uns befragten Jugendlichen der PC an sich auf kein besonderes Interesse mehr stieß. Er wird lediglich als Mittel zum Zweck angesehen, um das Internet zu benutzen. Insbesondere bei den Mädchen gewinnt das Internet mit zunehmendem Alter massiv an Bedeutung. Die Bandbreite an Informations-, Kommunikations- und Unterhaltungsmöglichkeiten, die das Internet bietet, fasziniert Kinder wie Jugendliche gleichermaßen. Jugendliche schätzen insbesondere die Flexibilität: Das Gewünschte ist immer und jederzeit verfügbar, ganz entsprechend der persönlichen Stimmung. Die regelmäßige Benutzung einer Spielekonsole war ein Selektionsmerkmal bei der Auswahl der Probanden für die qualitative Studie. Wie sich zeigte, blickten alle Befragten Internet, Handy, Digicam- da kann ich bei Langeweile Fotos machen. (M, 14) auf eine gewisse Konsolenbiografie zurück, hatten also auch schon Erfahrungen mit älteren Geräten gemacht. In jedem Haushalt fanden wir mindestens eine Konsole vor, in einigen auch mehrere. Jungen und Mädchen haben hier unterschiedliche Präferenzen. Die Spielekonsole verliert für ältere Mädchen an Relevanz – aus ihrer Sicht mangelt es an passenden Anwendungen für sie. Jungen hingegen benutzen ihre Konsolen deutlich länger und verabreden sich auch häufiger mit Freunden zum gemeinsamen Spielen. Doch das Internet übernimmt mit steigendem Alter einen Teil der Unterhaltungsfunktionen von der Konsole. Wir fragten die Kinder und Jugendlichen danach, wie sie die zukünftige Bedeutung der Spielekonsole für sich selbst einschätzen. Das Ergebnis: Jungen wie Mädchen aller Alterklassen gehen davon aus, dass sie in Zukunft eher seltener zur Konsole greifen und sich dafür ausgiebiger mit dem Internet beschäftigen werden. Zeitungen: Kaum Relevanz für Jugendliche Von allen betrachteten Medien spielt die Tageszeitung bei unseren Befragten die geringste Rolle und wird auch kaum genutzt. Sie wird zwar insgesamt wohlwollend betrachtet, aus Sicht der Jugendlichen fehlen aber die für sie relevanten Inhalte. Am ehesten wird sie noch von den Jungen für die aktuellen Sportergebnisse aufgeschlagen. Impulse zum Austausch innerhalb der Peergroup liefert die 11 Verzichtbarkeit von Medien und Unterhaltungselektronik Qualitative Studie (Internet-Innovatoren) Unbedingt auf die einsame Insel soll mitgenommen werden (Top 5 in der Reihenfolge der Beliebtheit): Fr 1. Internet: • jederzeit verfügbar • erfüllt verschiedenste Kommunikations- und Unterhaltungsbedürfnisse • Generalist 2. Handy: • ermöglicht die für Jugendliche „fast überlebenswichtige“ Funktion der Kommunikation mit der Außenwelt • schafft den Kontakt zu den Eltern (für Kinder) bzw. zu der Peergroup (für Jugendliche) 3. Fernsehen: • ist vor allem für die Jüngsten das „gewohnte“ Medium (persönliche Bindung) • Ältere vermissen die Möglichkeit zur (inter-)aktiven Nutzung wie beim Internet • informiert und unterhält 4. Spielekonsole: • dient vor allem der Unterhaltung und dem Zeitvertreib (Informationsund Kommunikationsfunktion wird vermisst) • spricht eher die Vorlieben der Jungen im „Hardcore-Gaming“-Alter an • für Mädchen weniger von Interesse 5. MP3-Player: • bedient den individuellen Musikgeschmack • kann zudem auch persönliche Fotos, Videos etc. enthalten Quelle: Qualitative Online-Studie 2007/iconkids & youth für SUPER RTL Basis: n=40 Kinder und Jugendliche im Alter von 10 bis 14 Jahren Tageszeitung aus Sicht der Befragten nicht. Hier zeigt sich ganz besonders die nutzenökonomische Strategie der Jugendlichen im Umgang mit Medien: Angebote werden nur dann genutzt, wenn ein persönlicher, unmittelbarer Nutzen erkennbar ist. Für ihr Leben relevante Informationen glauben Kinder und Jugendliche am ehesten im Fernsehen oder im Internet zu finden. 3.3 Fazit: Der Nutzen entscheidet Über alle betrachteten Jahrgänge und Medien hinweg zeigt sich: Die Relevanz eines Medienangebots bestimmt sich ausschließlich durch den persönlichen Nutzen. Kinder und Jugendliche gehen insgesamt sehr bewusst mit Medien um. Genau darum werden Medien von Kindern und Jugendlichen in den allermeisten Fällen eben nicht genutzt, weil sie verfügbar sind oder um „Zeit totzuschlagen“, sondern weil sie konkrete Bedürfnisse erfüllen. Dabei können je nach Entwicklungsstand durchaus unterschiedliche Be- dürfnisse in den Vordergrund treten und die Medienauswahl bestimmen. Insgesamt scheint aber das Internet für Jugendliche, die eine gewisse Online-Erfahrung erworben haben, das Universalmedium zu sein, das die Benefits vieler anderer Medien bietet, ohne dabei über nennenswerte Einschränkungen zu verfügen. Denn insbesondere die Kommunikation mit Gleichaltrigen ist den Jugendlichen extrem wichtig. Am besten geeignet hierfür ist aus heutiger Sicht der Jugendlichen das Internet, das quasi nebenbei auch noch den Informations- und Unterhaltungsbedarf bedient. 12 foto: Juttaschnecke (photocase.de) werden diese beiden Zielgruppen auch weiterhin getrennt betrachtet. Ein Blick auf die Nutzungsfrequenz zeigt: Jugendliche im Alter von 12 bis 14 Jahren sind deutlich häufiger im Internet als Kinder zwischen 8 und 11 Jahren. Insbesondere der Anteil derjenigen, die das Internet täglich oder fast täglich nutzen, steigt rapide an: So sind 30 Prozent der 12- bis 14-jährigen Jungen praktisch täglich im Internet (8- bis 11-Jährige: 15 Prozent), bei den Mädchen steigt der Anteil von 9 Prozent bei den 8- bis 11-Jährigen sogar auf 50 Prozent bei den Jugendlichen. 4.1.2 Exklusivität der Internetnutzung 4 O nline-Nutzung von Kindern und Jugendlichen im Detail 4.1 Nutzungsmerkmale Für die qualitative Studie, die sich vorwiegend mit den Lebenswelten und Motiven der Mediennutzung bei Kindern und Jugendlichen auseinandersetzte, wurden besonders Internet-affine Kinder und Jugendliche rekrutiert, denn wer das Internet viel und gerne nutzt, kann besonders gut Auskunft über Motivationen, Likes und Dislikes geben. Um jedoch eine Vorstellung davon zu erhalten, wie die Gesamtheit der Kinder und Jugendlichen ihre OnlineZeit verbringt, wurden für die quantitative Studie bewusst weniger restriktive Quotenbedingungen definiert. Die im Folgenden präsentierten Ergebnisse sind daher repräsentativ für alle Kinder und Jugendlichen im Alter von 8 bis 14 Jahren, die das Internet nutzen. Je älter die Befragten waren, umso eher übten sie parallel zur Internetnutzung noch andere Beschäftigungen aus. Dies deckt sich mit den Beobachtungen bei den InternetInnovatoren der qualitativen Studie. So sagen 80 Prozent der Kinder, dass sie meistens keine andere Nebentätigkeit ausüben, während sie im Internet sind. Dieser Anteil reduziert sich bei den Jugendlichen auf 71 Prozent (Mädchen) bzw. 66 Prozent (Jungen). Mädchen telefonieren nebenbei mit Freunden (57 Prozent der Nennungen), machen Hausaufgaben (46 Prozent) oder sehen fern (39 Prozent). Bei den Jungen führen Radio- bzw. Musikhören und Telefonieren mit 40 bzw. 39 Prozent die Rangliste der Nebentätigkeiten an, gefolgt vom Fernsehen (34 Prozent). 4.1.3 Nutzungsdauer Betrachtet man nur die Zeit, die aktiv im Internet verbracht wird, dauern die Sitzungen bei knapp der Hälfte der Befragten zwischen 31 und 60 Minuten. Dabei surfen Kinder mit durchschnittlich 48 Minuten pro Sitzung deutlich kürzer als Jugendliche (63 Minuten). Auffällig: Der Anteil derjenigen, die länger als 90 Minuten pro Sitzung aktiv surfen, verdreifacht sich nahezu von 6 Prozent bei den Kindern auf 17 Prozent bei den Jugendlichen. 4.1.4 Aktivitäten im Internet 4.1.1 Nutzungsfrequenz Wie im Rahmen der qualitativen Studie bereits festgestellt wurde, gibt es grundlegende Unterschiede zwischen der Mediennutzung von Kindern und Jugendlichen. Daher Welchen Aktivitäten gehen die Kinder im Internet eigentlich nach? An erster Stelle wird von Jungen (27 Prozent) bzw. Mädchen (34 Prozent) der Besuch von speziellen Websites für Kinder genannt. Ein Fünftel der Jungen gibt 13 RQWRKDPCOBNRBKWABPKQBOKBQP BMO_PBKQ>QFS?BCO>DRKDªORKADBP>JQEBFQKQBOKBQ¦RQWBO« FBLCQDBEPQARBFDBKQIF@EFKPKQBOKBQ O>DB DBPQvQWQ¥KQTLOQBK>RCCvKCPQRCFDBOH>I>¥KD>?BKFKÊ BP>JQ K¼ RKDBK _A@EBK ¦ >EOB K¼ ¦ >EOB K¼ ¦ >EOB K¼ GBABK¥C>PQGBABK>D ¦ >EOB K¼ BQT>BFKJ>IMOLL@EB JBEOJ>IPMOLL@EB JBEOJ>IPMOLLK>Q RBIIBR>KQFQ>QFSBKIFKB¦QRAFB ¥F@LKHFAP®VLRQECvO >PFPK¼FKABORKA RDBKAIF@EBFJIQBOSLK?FP >EOBK HQFSBRQWRKDPA>RBOMOLFQWRKD BMO_PBKQ>QFS?BCO>DRKDªORKADBP>JQEBFQKQBOKBQ¦RQWBO« O>DB BKKARFJKQBOKBQ?FPQFBI>KDB?FPQARA>KKFJKQBOKBQ RKDBPQvQWQ¥KD>?BKFKÊ HQFSB BP>JQ RQWRKDPA>RBO K¼ RKQBOFKRQBK ¦ >EOB K¼ ¦ >EOB K¼ RKQBOFKRQBK RKQBOFKRQBK ¦FKRQBK ¦FKRQBK ¦FKRQBK ¦FKRQBK ¦FKRQBK ¦FKRQBK ¦FKRQBK ¦FKRQBK ¦FKRQBK I_KDBO>IPFKRQBK I_KDBO>IPFKRQBK I_KDBO>IPFKRQBK FKRQBK FKRQBK FKRQBK RBIIBR>KQFQ>QFSBKIFKB¦QRAFB ¥F@LKHFAP®VLRQECvO >PFPK¼FKABORKA RDBKAIF@EBFJIQBOSLK?FP >EOBK B?BK?BP@E_CQFDRKDBKT_EOBKAABOKQBOKBQKRQWRKD BMO_PBKQ>QFS?BCO>DRKDªORKADBP>JQEBFQKQBOKBQ¦RQWBO« O>DB KAT>PJ>@EPQARCvO>KABOB>@EBKKB?BK?BFTBKKARFJKQBOKBQ?FPQ KQBOKBQKRQWBOJFQB?BK?BP@E_CQFDRKDRKDBPQvQWQ¥KD>?BKFKÊ BP>JQ RKDBK_A@EBK ¦¦ >EOB >EOB >RP>RCD>?BKJ>@EBK¥T>PCvOAFB@ERIBJ>@EBK RPFHEpOBK¥>AFLEpOBK BIBCLKFBOBKJFQOBRKABK BOKPBEBK PPBKRKAOFKHBK B?BKQ_QFDHBFQBKWRJFKABPQJ>K@EJ>IDBP>JQ LM¦B?BKQ_QFDHBFQBK RBIIBR>KQFQ>QFSBKIFKB¦QRAFB ¥F@LKHFAP®VLRQECvO >PFPK¼FKABORKA RDBKAIF@EBFJIQBOSLK?FP >EOBK BKKRKDBKKãÊKF@EQ>RPDBTFBPBK 14 HQFSFQ_QBKFJKQBOKBQ BMO_PBKQ>QFS?BCO>DRKDªORKADBP>JQEBFQKQBOKBQ¦RQWBO« O>DB @EIBPBAFOGBQWQBFKM>>O>@EBKSLOAFBJ>KFJKQBOKBQJ>@EBKH>KK RKAARP>DPQJFOTFBLCQARA>PGBTBFIPJ>@EPQ DBPQvQWQ¥KD>?BKFKÊ BP>JQ K¼ ¦ >EOB K¼ ¦ >EOB K¼ ¦>FIPP@EOBF?BK SBOP@EF@HBKLABO?BHLJJBK B?PFQBPCvO FKABOKRQWBK FIJB¥FABLP>KP@E>RBK LEKBFBEBORKQBOWRI>ABKWLRQR?B KCLPCvOAFB @ERIBPR@EBK >IIBFKBFJKQBOKBQ MFBIBPMFBIBK RPFH>KEpOBK LEKB>QBFBKEBORKQBOWRI>ABK @E>QQBKv?BO LABO>KABOBKKPQ>KQ¦BPPBKDBO LCQ>IPLJFKABPQBKPBFKJ>IMOLL@EB J>K@EJ>I RBIIBR>KQFQ>QFSBKIFKB¦QRAFB ¥F@LKHFAP®VLRQECvO >PFPK¼FKABORKA RDBKAIF@EBFJIQBOSLK?FP >EOBK zudem an, gerne alleine im Internet Spiele zu spielen. Doch schon bei den 8- bis 11-Jährigen steht die Suche nach Informationen für die Schule an zweiter (Mädchen) bzw. dritter Stelle (Jungen). Instant Messenger werden von Kindern kaum genutzt. Im Gegensatz zu den InternetExperten schreibt die Gesamtheit der Internet-erfahrenen Kinder auch nur selten E-Mails. manchmal. Musik wird von 16 Prozent aller Befragten oft und von 42 Prozent zumindest manchmal direkt auf Websites angehört. Dagegen haben Downloads von Musiktiteln einen deutlich geringeren Stellenwert: Nur 6 Prozent der Befragten laden oft Musik herunter, weitere 21 Prozent tun das zumindest manchmal. Ganz anders bei den Jugendlichen: Immerhin 27 Prozent der Jungen und 53 Prozent der Mädchen geben an, mindestens einmal pro Woche E-Mails zu versenden. Im Gegensatz zu den Internet-Experten hat der Messenger bei der Gesamtheit der Jugendlichen allerdings der E-Mail noch nicht den Rang abgelaufen. Knapp ein Drittel der Mädchen chattet mindestens einmal pro Woche, doch nur 19 Prozent der Jungen. Chatten scheint also insbesondere den Kommunikationsbedürfnissen der Mädchen entgegenzukommen. Einen bedeutenden Stellenwert haben auch Musik- und Videoangebote im Web: Rund ein Fünftel aller Befragten schaut oft Filme bzw. Videos online im Web, weitere 41 Prozent nutzen diese Möglichkeit zumindest 4.1.5 Treiber der Online-Nutzung Anders als vielleicht zu erwarten, surfen Kinder und Jugendliche sehr gezielt im Internet. Sie steuern dabei eine relativ beschränkte Anzahl von Websites an, auf denen sie für sich relevante Inhalte erwarten. Das „Treibenlassen“ im Internet spielt in diesen Altersklassen kaum eine Rolle. Im Folgenden stellen wir einige Kategorien von Web-Angeboten vor, die für einen großen Teil der Internet-Nutzung in dieser Zielgruppe verantwortlich sind. Dabei wird kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben – die ausgewählten Angebote sollen lediglich der Illustration der typischen Nutzung dienen. 15 Instant-Messaging-Programme Unter den Internet-Experten waren die allermeisten Jugendlichen Mitglieder von MSN oder ICQ und nutzten diese Angebote extensiv. Auch zu Hause blieben die Befragten damit permanent in Kontakt mit ihren Freunden. In der Gesamtheit der Internet-Nutzer hat allerdings InstantMessaging derzeit noch einen geringeren Stellenwert: So nutzten 19 Prozent der Jungen und 31 Prozent der Mädchen zwischen 12 und 14 Jahren mindestens einmal pro Woche diese Dienste. Das könnte sich allerdings in nächster Zeit ändern, denn entscheidend für die generelle Nutzung von Instant Messaging und die Auswahl des jeweiligen Dienstes ist die Anzahl der Freunde und Bekannten, die darüber erreichbar sind. Es ist daher zu erwarten, dass mit einer steigenden Verbreitung die Beliebtheit von Instant Messaging auch bei den durchschnittlichen Internet-Nutzern ansteigt, denn sobald ein Großteil des Freundeskreises darüber erreichbar ist, werden andere Kommunikationswege obsolet. Verbreitung zieht hier also fast zwangsläufig auch Nutzung nach sich. Die jungen Nutzer erwarten, dass die Messenger einerseits unkompliziert zu bedienen sind, andererseits aber auch vielfältige Möglichkeiten zur Individualisierung ermöglichen. Neben einem zu geringen Funktionsumfang bemängelten die Befragten so etwa die Anmeldeprozeduren bei ICQ und MSN. Die Technik soll schnell und reibungslos funktionieren, denn sie ist nur Mittel zum Zweck – anders als etwa bei den Online-Communities, bei denen von den Nutzern auch für sie relevanter, aufbereiteter Content erwartet wird. Die Nutzung von Messengern erfolgt nur selten exklusiv: Während man im Messenger eingeloggt ist und dort Dialoge mit Freunden führt, schaut man sich z. B. parallel diverse Lieblingswebsites an, hört Musik oder macht Hausaufgaben. Eine Online-Sitzung kann so durchaus mehrere Stunden andauern, der Messenger bleibt dabei permanent geöffnet. Online-Communities Der wichtigste Grund für die Mitgliedschaft in einer Online-Community ist, sein soziales Netzwerk zu pflegen und ggf. zu vergrößern. Den jüngeren Nutzern geht es dabei primär darum, die bestehenden Kontakte aus der realen Welt auch im Internet fortzuführen. Je älter die Befragten waren, umso wichtiger war ihnen, auch neue Kontakte über die Community zu finden. Die Pflege der Offline-Kontakte Und da hat einer stand aber stets im Vorderzu mir gesagt: Was, grund. Die Mitgliedschaft du hast kein ICQ? in einer Online-Community Bist du von gestern? hilft einerseits dabei, sich (J, 13) mit Gleichgesinnten im Chat auszutauschen, aber auch seine Individualität darzustellen. Der Zugang kann dabei über gemeinsame Interessen, aber auch über regionalen Bezug (wie etwa bei Lokalisten.de) erfolgen. Sowohl Kinder als auch Jugendliche ziehen in den meisten Fällen private Chats den öffentlichen vor. Wird ein öffentlicher Chat genutzt, dann häufig, um sich dort für private Chats zu verabreden. Um sicher zu sein, dass die gewünschten Chatpartner dann auch wirklich am PC sitzen, vereinbaren manche der Befragten auch bereits in der Schule einen Termin für den nachmittäglichen Chat. Videoportale Insbesondere Jungen besuchen gerne die Seiten der Videoportale. Sie suchen dabei tendenziell etwas andere Inhalte als Mädchen: Während diese z. B. bevorzugt nach Mitschnitten ihrer Lieblingsstars suchen und ansonsten eher harmlose, unterhaltsame Clips gewählt werden, stehen Jungen eher auf eine rauere Art von Humor. Jungen fühlen sich auch (und gerade) dann gut unterhalten, wenn auf Kosten anderer gelacht wird – die von uns befragten Mädchen konnten solchen Clips eher weniger abgewinnen. Vor die Wahl gestellt, ob sie lieber kurze Ausschnitte oder ganze Folgen sehen möchten, bevorzugten die meisten Befragten den Abruf kompletter Folgen. Fansites Praktisch alle Befragten schwärmen für etwas: die Jungen eher für Fußballvereine, die Mädchen eher für Popbands. Auch TV-Formate besitzen ein hohes Fanpotenzial – genannt seien hier stellvertretend nur GZSZ oder „Deutschland sucht den Superstar“. Fansites liefern das Material für die Gespräche mit Freunden und befriedigen die Neugier an allem, was Lieblingsband oder -verein betrifft. 16 4.1.6 Lieblingswebsites Auf die ungestützte Frage nach der Lieblingswebsite nannten 23 Prozent der Jungen und 22 Prozent der Mädchen im Alter zwischen 8 und 11 Jahren spontan TOGGO.de, gefolgt von der Online-Präsenz des Kinderkanals. Daneben gehören GEOlino.de und Bravo.de zu den Favoriten der Jüngsten. Bei den Jugendlichen stehen dagegen die Videoportale besonders hoch im Kurs, 20 Prozent der Jungen und 24 Prozent der Mädchen stimmten allein für YouTube.com. Neben YouTube.com schafften es mit MyVideo.de und clipfish.de noch zwei weitere reine Videoportale in die Top 5 der Jugendlichen. Überraschend: Immerhin 12 Prozent der Stimmen der älteren Jungen konnte Wikipedia auf sich vereinen. Danach gefragt, was ihnen bei ihrer LieblingsWebsite besonders wichtig ist, nannten Kinder an erster Stelle die Online-Spiele. Bei den Jugendlichen hingegen tritt die Spielfunktion fast völlig in den Hintergrund. Wichtig sind Mädchen wie Jungen dagegen Fan-Informationen über Lieblingsvereine oder -Bands sowie die Möglichkeit, sich Videos anzusehen. Insbesondere die Mädchen legten Wert auf eine Chat- bzw. Forenfunktion. 4.2 Merkmale erfolgreicher Kinder- und Jugendwebsites Kinder wie auch Jugendliche sind vom Internet fasziniert. Wird bei den Jüngeren zunächst der Spieltrieb befriedigt, ist bei den Älteren die Vielfalt an unterhaltenden, informativen und kommunikativen Nutzungsmöglichkeiten der treibende Faktor dafür, dass das Internet aus Sicht der Jugendlichen absolut unverzichtbar ist. Das Internet ist Generalist und ermöglicht zugleich eine hochgradig individualisierte Nutzung. Damit kommt es den Bedürfnissen der Jugendlichen sehr entgegen. Doch was sind die gemeinsamen Determinanten der OnlineNutzung? Nach welchen Kriterien entscheidet man sich für bestimmte Online-Angebote, warum fallen scheinbar vergleichbare Sites dagegen durch? Um dies zu erfahren, wurde mit den Kindern und Jugendlichen in den Leitfadeninterviews der qualitativen Studie über ihre konkreten Erfahrungen, über Likes und Dislikes einzelner Online-Angebote gesprochen. Hierbei ging es nicht um ein Ranking der einzelnen Angebote, sondern darum, Faktoren aufzu- decken, die für die Erstellung von Angeboten für junge Zielgruppen von Bedeutung sind. Im vorhergehenden Kapitel wurde gezeigt, was Kindern und Jugendlichen bei ihrer Lieblings-Website besonders wichtig war. Heißt das nun, dass die „ideale“ Website einfach nur diese Elemente kombinieren muss? Leider nein! Das wichtigste Ergebnis aus den Leitfadeninterviews mit den jungen Online-Experten könnte lauten: Wer alles will, macht nichts richtig. Angebote, die möglichst viele Bedürfnisse gleichzeitig erfüllen wollen, können zwangsläufig nicht genauso in die Tiefe gehen wie Spezialisten. Im Internet ist der Spezialist aber immer nur einen Klick entfernt. So scheint es ratsam, Angebote daraufhin zu untersuchen, welche Kompetenzen die jungen Nutzer dort erwarten – und unnötigen Ballast über Bord zu werfen. Websites wurden von den Befragten immer dann besonders gelobt, wenn die aus Sicht der Nutzer wichtigste Funktion völlig durchdacht und möglichst einfach zu finden war. Das setzt natürlich voraus, dass dem Anbieter diese Funktion auch bewusst ist. Den Jugendlichen erschloss sich etwa der Sinn einer Website nicht, die begleitend zu einem jugendaffinen TV-Format eingerichtet worden war, aber keine Möglichkeit zum Austausch unter Fans vorsah. Unnötig erschwert wird die Nutzung auch, wenn den Benutzern bei einem Messenger statt eines weitgehend frei wählbaren Usernamens (MSN) eine neunstellige Usernummer (ICQ) zugeordnet wird. Gerade Jugendliche wollen mehr sein als eine Nummer und nutzen gerne die Möglichkeiten, ihre Online-Präsenz auch im Nickname zu individualisieren. Individualisierung ist generell das wichtigste Bedürfnis Jugendlicher: sich mit Gleichaltrigen mit ähnlichen Interessen auszutauschen, dabei aber seine ganz persönliche Sichtweise einbringen zu können. Erfolgreiche jugendaffine Online-Angebote unterstützen dies, indem sie den passenden Rahmen hierfür bieten. Dabei überschneiden sich die Ansprüche von Mädchen und Jungen nur zum Teil. Zwar wollen beide Spaß, Unterhaltung und Information – aber auf unterschiedlichen Wegen! 17 FB?IFKDPTB?PFQBP BMO_PBKQ>QFS?BCO>DRKDªORKADBP>JQEBFQKQBOKBQ¦RQWBO« O>DB BI@EBFPQABFKBFB?IFKDPTB?PFQB RKDBPQvQWQ¥KD>?BKFKÊ ¦ >EOB K¼ ¦ >EOB K¼ LDDL LRR?B VFABL O>SL O>SL LRR?B IFMCFPE FHFMBAF> IFKL ¥ VFABL KRAABIP FHFMBAF> RBIIBR>KQFQ>QFSBKIFKB¦QRAFB ¥F@LKHFAP®VLRQECvO >PFPK¼FKABORKA RDBKAIF@EBFJIQBOSLK?FP >EOBK Kommunikation vereinfachen Am ehesten noch werden beide Geschlechter von Websites angesprochen, die nicht bestimmte Inhalte, sondern die Kommunikationsfunktion in den Vordergrund stellen und den Kontakt mit Freunden und Gleichgesinnten vereinfachen. Ein Beispiel hierfür ist Lokalisten.de als ein Angebot, das den Kontakt mit Freunden und potenziellen neuen Kontakten in der Region vereinfacht und so in der virtuellen Welt hilft, die reale Welt besser zu organisieren. Jungen sind stolz darauf, sich selbst mit möglichst vielen Kontakten zu präsentieren, Mädchen schätzen die Möglichkeit, eine eigene Seite nach ihrem Geschmack einzurichten. Die Umsetzung ist verständlich, aber nicht kindisch. Jugendliche, die die Site kannten, fühlten sich dort ernst genommen. Entdeckerdrang befriedigen Kinder und Jugendliche sind immer auf der Suche nach Neuem – ein Bedürfnis, das etwa die Videoportale optimal erfüllen. Aber auch Fansites oder Online-Communities leben davon, dass sich der regelmäßige Besuch für den Nutzer auch lohnt: Anders als bei der Benutzung von Instant-Messaging-Programmen erwarten die Besucher dieser Websites, dass sie einen aktuellen Überblick über die relevanten Themen bekommen. Dies kann einerseits über vom Betreiber der Site redaktionell aufbereitete Inhalte erfolgen, andererseits durch Hinweise auf besonders interessante neue Inhalte, die von den Benutzern der Site hochgeladen wurden. Hitlisten zeigen, was heute gefragt ist und morgen vielleicht Gesprächsstoff in der Schule liefert. Unterstützung bieten Die Jugend ist die Phase der Selbstfindung. Die Kindheit ist abgeschlossen, auf dem Weg zum Erwachsenwerden weiß man aber noch nicht wirklich, was von einem erwartet wird. Einerseits sucht man Gleichgesinnte, andererseits möchte man mit einer persönlichen Meinung seiner Individualität Ausdruck verleihen. Special-Interest-Portale, wie etwa elementgirls.de, ermöglichen es, sich unter Gleichaltrigen auszutauschen, die vor den gleichen Herausforderungen stehen. Zu sehen, wie andere mit Problemen umgehen 18 oder wofür sich andere begeistern, hilft bei der eigenen Einordnung. Wichtig dabei ist, dass man „unter sich“ ist. So begrüßten etwa die befragten Mädchen, dass sie bei elementgirls.de nicht auf „pubertierende Jungs“ treffen. Jugendliche User ernst nehmen Die heute jugendlichen Internet-Nutzer sind mit dem Internet groß geworden. Sie gehen souverän mit der Angebotsvielfalt um und haben daher ein gutes Gespür dafür, was eine gute Website ausmacht. Sie sind selbstbewusst genug, um eine schlechte Menüstruktur, komplizierte Bedienung oder unausgereifte Funktionen zu durchschauen und Probleme nicht als Zeichen der eigenen Unzulänglichkeit anzusehen. Die Toleranz gegenüber Mängeln ist sehr gering, wie zahlreiche Detailbewertungen von Websites in unserer Befragung verrieten. Dabei sind die Ansprüche der Jugendlichen keineswegs überzogen: Vieles, was von den Befragten kritisiert wurde, sollte eigentlich unter Usability-Aspekten selbstverständlich sein. Unnötig zu erwähnen, dass Features schnell und reibungslos funktionieren sollen. Mädchen störten sich übrigens besonders häufig daran, wenn Websites chaotisch oder unruhig wirkten. Bei den Jungen liegt die Toleranzgrenze höher, sie nehmen auch Einschränkungen in Kauf, wenn sie dafür bestimmte Features gewissermaßen als Gegenleistung erhalten. Umfeldqualität sichern Ohne bereits zu viel vom folgenden Kapitel vorwegzunehmen: Jugendliche kommunizieren gerne im Web – aber sie möchten selbst entscheiden, mit wem. Oft kritisiert wurden daher offen sichtbare Profile, Massenmails oder auch scheinbar willkürlich zustande kommende Kontakte. Erwünscht ist allenfalls noch, im Bekanntenkreis der eigenen Freunde neue Kontakte zu finden. Gleichzeitig sollen aber alle relevanten Kontakte aus der realen Welt verfügbar sein, weil man ungern in mehreren Portalen aktiv ist – eine Gratwanderung für die Anbieter. Bei den MessagingPortalen nutzen immerhin 69 Prozent der männlichen und 67 Prozent der weiblichen User die Möglichkeit, sich im offenen Chat für einen privaten Chat zu verabreden. So bleibt die potenzielle Erreichbarkeit hoch, ohne Vertrauliches zu breit zu streuen. Erst mit zunehmendem Alter steigt auch das Interesse daran, in der Online-Welt völlig neue Kontakte zu knüpfen. OvKABCvOAFBFB?IFKDPTB?PFQB BMO_PBKQ>QFS?BCO>DRKDªORKADBP>JQEBFQKQBOKBQ¦RQWBO« O>DB >ORJFPQA>PABKKABFKBFB?IFKDP¦B?PFQB RKDBPQvQWQ¥KD>?BKFKÊ BP>JQ K¼ RKDBK ¦ ¦ >EOB >EOB K¼K¼ _A@EBK ¦¦ >EOB >EOB K¼K¼ FDBKP@E>CQ ªIRPQFDDBC_IIQ>IIDBJBFKR>« 42 30 37 42 MFBIB 32 12 25 1 >KPFQBP 17 26 7 22 RPFH¥IFKDBIQpKB¥FABLP 10 19 7 20 ¦BKARKDBK 15 4 19 12 BRFDHBFQBK 19 9 9 12 E>QQBK¥LOBK¥LJJRKFQV 6 12 6 18 @ERIB¥BOKBK 11 8 10 5 RBIIBR>KQFQ>QFSBKIFKB¦QRAFB ¥F@LKHFAP®VLRQECvO >PFPK¼FKABORKA RDBKAIF@EBFJIQBOSLK?FP >EOBKª>RPDBT_EIQBBKKRKDBK« 19 foto: Juttaschnecke (photocase.de) Angst vor der Blamage Diese Zurückhaltung im Bezug auf persönliche Informationen schlägt sich zwangsläufig auch in einem anderen Verständnis der Möglichkeiten des Web 2.0 nieder, als man vermuten würde. Kinder und Jugendliche haben im Regelfall kein Interesse daran, Websites kostenlos mit Content für unbekannte Besucher zu füllen. Sie lieben es, Fotos von sich oder Freunden im eigenen Freundeskreis auszutauschen, wollen dabei aber sicher sein, dass diese nicht öffentlich zugänglich sind. Die Befürchtung, zu viel über sich selbst preisgeben zu können, ist fest verankert. Jugendliche bemühen sich intensiv darum, eine eigene Identität zu finden – Blamagen sind dabei nicht hilfreich. Oft genug lacht man gemeinsam mit Freunden über „peinliche“ Fotos oder Clips von anderen. Daher überwiegt die Furcht, sich bloßzustellen, bei den meisten Befragten gegenüber der Befriedigung, sich im selbst gedrehten Clip öffentlich im Netz zu präsentieren. Mein Leben gehört mir – und meinen Freunden Ein eigenes Internet-Tagebuch führten nur 10 Prozent der männlichen Jugendlichen und 11 Prozent der Mädchen. Das Interesse an fremden Tagebüchern war dagegen deutlich B@EKFP@EBRPPQ>QQRKDWR>RPB BMO_PBKQ>QFS?BCO>DRKDªORKADBP>JQEBFQKQBOKBQ¦RQWBO« O>DB 5 User Generated Content @EIBPBAFOSBOP@EFBABKBBO_QBSLORKAAR P>DPQJFO?FQQBL?FEOPLBQT>PWR>RPBE>?Q DBPQvQWQ¥KD>?BKFKÊ LJMRQBOLABO>MQLM Wie in Kapitel 3.2 bereits angedeutet, unterliegen die Internet-Aktivitäten der Kinder und Jugendlichen kaum inhaltlicher Kontrolle; allenfalls die tägliche Nutzungsdauer wird bei den jüngeren Kindern reglementiert. Daraus ist aber nicht zu schließen, dass die Befragten unbekümmert mit dem Internet umgehen – im Gegenteil: Zwar werden bei Online-Communities, bei denen der Zugang zu den eigenen Profilseiten nur persönlich eingeladenen Bekannten möglich ist, täglich Fotos aktualisiert, das eigene Profil wird gepflegt oder es werden neue Informationen zu aktuellen Hobbys eingestellt. Bei öffentlich zugänglichen Seiten verhalten sich die Kinder und Jugendlichen aber deutlich restriktiver. Hier wird nur genau so viel bekannt gegeben, wie unbedingt zur Anmeldung notwendig ist. Es besteht kein Bedürfnis daran, sich generell einer möglichst großen Öffentlichkeit zu präsentieren – vielmehr soll die Präsenz im Internet ausschließlich dazu dienen, den Kontakt zu Freunden auf einer zusätzlichen Ebene aufrechtzuerhalten. FDFQ>IH>JBO> >KAVJFQ>JBO> ¦I>VBO LCQT>OBRJFIABO RKAFABLPWR?B>O?BFQBK FABLH>JBO> BM>O>QBMBF@EBOJBAFBKCvO FABLPRKAFIABO B?@>J RBIIBR>KQFQ>QFSBKIFKB¦QRAFB ¥F@LKHFAP®VLRQECvO >PFPK¼FKABORKA RDBKAIF@EBFJIQBOSLK?FP >EOBK 20 KQBOBPPB>KBFKBOBFDBKBKB?PFQB FKKBOE>I?BFKBPLOQ>IP BMO_PBKQ>QFS?BCO>DRKDªORKADBP>JQEBFQKQBOKBQ¦RQWBO« O>DB LIIJ>K>RCAFBPBOB?PFQBKROFKDBJ>@EBK HpKKBKAFB>KDB?LQBKTBOABKLABOPLIIGBABO ABOJp@EQB>R@EBFKBHIBFKBB?PFQBBOPQBIIBK HpKKBK RKDBPQvQWQ¥KD>?BKFKÊ BP>JQ K¼ ¦ >EOB K¼ ¦ >EOB K¼ ¦ >EOB K¼ ¦ >EOB K¼ >?BKQBOBPPBA>O>K PBI?BOBFDBKBB?PFQBWRBOPQBIIBK RBIIBR>KQFQ>QFSBKIFKB¦QRAFB ¥F@LKHFAP®VLRQECvO >PFPK¼FKABORKA RDBKAIF@EBFJIQBOSLK?FP >EOBK ausgeprägter: Doppelt so viele Jungen (20 Prozent) und knapp dreimal so viele Mädchen (29 Prozent) stöberten häufig oder manchmal in fremden Online-Tagebüchern. Die – oft genug problemlos einzuschränkende – Profilpräsenz in Portalen reichte dem Großteil der Befragten aus. Das ändert sich bei Jungen auch im Altersverlauf kaum. Die Möglichkeit, eine eigene Website innerhalb eines Portals zu erstellen, möchten nur 19 Prozent der Jungen im Alter zwischen 8 und 11 Jahren und 23 Prozent der Jugendlichen nutzen. Deutlich mitteilungsfreudiger sind die Mädchen: 23 Prozent von ihnen möchten bereits im Alter zwischen 8 und 11 Jahren eine eigene kleine Präsenz einrichten, dieser Wert schnellt bei den 12- bis 14-Jährigen sogar auf 39 Prozent hoch. Insgesamt also schlechte Aussichten für das Web 2.0? Keineswegs! Denn wer Interesse an einer eigenen kleinen Präsenz hat, möchte diese gerne möglichst individuell gestalten: Eine Chatfunktion im eigenen Bereich ist 64 Prozent der Befragten wichtig, 59 Prozent möchten eigene Bilder einstellen können. Immerhin 40 Prozent hätten gerne die Möglichkeit, eigene Videos hochzuladen. Technische Ausstattung vorhanden Um eigenes Material veröffentlichen zu können, müssen natürlich auch die technischen Voraussetzungen vorhanden sein und die Kinder bzw. Jugendlichen müssen in der Lage sein, damit umzugehen. Ein Blick auf die Haushaltsausstattung zeigt: vier Fünftel der Befragten haben Zugriff auf eine Digitalkamera, in knapp der Hälfte der Haushalte wartet eine Videokamera nur darauf, Szenen aus dem Alltag der Kinder und Jugendlichen aufzunehmen. 31 Prozent der Befragten verfügen über eine Webcam, die sich natürlich besonders gut dazu eignet, auf einfache Weise kurze Videoausschnitte zu erstellen. Grundlegende Unterschiede zwischen Haushalten, in denen Mädchen und solchen, in denen Jungen lebten, gab es dabei übrigens kaum. Den jüngeren Mädchen stand häufiger eine Webcam zur Verfügung (33 Prozent vs. 23 Prozent bei den Jungen), dafür hatten Jungen eher Zugriff auf Digitalkameras. Dass von den Möglichkeiten auch rege Gebrauch gemacht wird, zeigen die Angaben zur Nutzung dieser Geräte. So greift knapp ein Fünftel der Befragten, gleich welchen Alters oder Geschlechts, mindestens einmal im Monat zur Videokamera. Und die Webcam wird von 20 Prozent der 12- bis 14-jährigen Jungen und 27 Prozent der Mädchen sogar mindestens einmal pro Woche aktiviert! Liebstes Gerät zum Aufnehmen von Fotos und Videos ist aber das Handy. Dabei wird nicht nur geknipst und gefilmt, sondern das Material wird auch kreativ nachbearbeitet. Ein Drittel der befragten Jugendlichen benutzt regelmäßig die entsprechende Software hierfür. Keine Scheu vor Technik! Bei soviel Routine ist es kein Wunder, dass die Befragten sich ihrer technischen Fähigkeiten im Umgang mit diesen Geräten durchaus bewusst sind. Danach gefragt, welche Schulnote man sich selbst für die Kenntnisse geben würde, stuften 63 Prozent der Befragten ihr Wissen über die Fotofunktion des Handys als gut oder sehr gut ein. Immerhin 27 Prozent zeigen sich souverän im Umgang mit der Videokamera, und 20 Prozent beherrschen mehr als sicher den Umgang mit Software zur Bild- und Videobearbeitung. Fazit: Schon jetzt sind etwa ein Viertel aller Kinder und Jugendlichen problemlos in der Lage, Material für ihre Uploads zu erstellen. Das Nutzerpotenzial für Web-2.0-Angebote, die sich an Kinder und Jugendliche wenden, ist also gewaltig. Doch diese Zielgruppen wollen nicht „irgendwo“ publizieren, sondern nur dort, wo sie Freunde und Bekannte treffen und ihre Bilder und Videos vor unerwünschten Besuchern sicher sind. 21 BTvKP@EQBBPQ>IQRKDPJpDIF@EHBFQBK BMO_PBKQ>QFS?BCO>DRKDªORKADBP>JQEBFQKQBOKBQ¦RQWBO« O>DB KAT>PPLIIJ>KABKK>RCABKBFDBKBKB?PFQBP>IIBPIBPBKLABOJ>@EBKHpKKBK ªDBPQvQWQ«¥BO¦H>I>¥KD>?BKFKÊ AFBB?PFQBSBOWFBOBK RKADBPQ>IQBKHpKKBK TFBJ>KTFII >@EOF@EQBK>KAFBBRQB P@EF@HBKHpKKBK BQT>Pv?BOAFBBRQB BOC>EOBKW>JBK L??VPBQ@ JFQABKBRQBK@E>QQBK PBEBKTBOTBK A>SLKHBKKQ BFDBKBFIABO EL@EI>ABKHpKKBK BFDBKBFABLP EL@EI>ABKHpKKBK PBEOTF@EQFDªBOQ« BEBOTF@EQFDªBOQ« RBIIBR>KQFQ>QFSBKIFKB¦QRAFB ¥F@LKHFAP®VLRQECvO >PFPK¼FKABORKA RDBKAIF@EBFJIQBOSLK?FP >EOBK AFBPBI?BOBFKBLJBM>DBBOPQBIIBKTLIIBK RQWRKDABOQB@EKFP@EBKBO_QB BMO_PBKQ>QFS?BCO>DRKDªORKADBP>JQEBFQKQBOKBQ¦RQWBO« O>DB KATFBLCQJ>@EPQART>PJFQAFBPBKBO_QBK >PFPIIBAFBAFBGBTBFIFDBKBO_QBWR>RPBE>?BKKD>?BKFKÊ ¦ >EOB ¦ >EOB LJMRQBOLABO>MQLM ¦I>VBO >KAVLQLDO>CFBOBK¥FIJ@EBKAOBEBK B?>J FDFQ>IH>JBO> PBM>O>QBMBF@EBOJBAFBKCvOFABLPRKAFIABO LCQT>OBRJFIABORKAFABLPWR?B>O?BFQBK FABLH>JBO> JFKABFKJ>IMOLL@EB JFKABFKJ>IMOLLK>Q RBIIBR>KQFQ>QFSBKIFKB¦QRAFB ¥F@LKHFAP®VLRQECvO >PFPK¼FKABORKA RDBKAIF@EBFJIQBOSLK?FP >EOBK 22 foto: © Bernd Sterz / PIXELIO 6 S icher online: Herausforderungen des Web 2.0 Kinder und Jugendliche nutzen gerne und intensiv die Möglichkeiten des Web 2.0. Das Internet ist dabei ein willkommenes Mittel, um die Kontakte aus der realen Welt kontinuierlich zu pflegen. Erst später sind die Jugendlichen daran interessiert, unter kontrollierten Bedingungen reine Offline-Kontakte zu knüpfen. Mit dieser Zielsetzung vor Augen nehmen viele die Möglichkeiten des Web 2.0 begeistert auf: Eigene Bilder oder Videos werden hochgeladen, persönliche Homepages werden innerhalb von Portalen gestaltet, eigene Chats werden eröffnet – allerdings alles stets innerhalb des „Walled Garden“, den nur gute Freunde betreten dürfen. Ein unreflektierter Umgang mit dem neuen Medium kann den jungen Internetnutzern also nicht pauschal unterstellt werden. Ganz gleich, ob es sich bei den von uns befragten Kindern und Jugendlichen um besonders oder durchschnittlich erfahrene Internet-User handelte: Sie überlegten überwiegend sehr sorgsam, welche Informationen sie über sich selbst im Internet preisgaben. Trotz dieser Erkenntnis darf nicht vergessen werden, dass längst nicht alle Kinder und Jugendlichen die Gefahren im Internet erkennen und einschätzen können. Deshalb fordern die zusätzlichen Möglichkeiten im Web 2.0 den Jugendmedienschutz und die Medienpädagogik neu heraus: Eltern, Erziehende, aber auch Anbieter sollten aufmerksam beobachten, wie Kinder und Jugendliche damit konfrontiert sind und im Umgang mit den neuen Diensten systematisch fit gemacht werden können. Dabei gilt es stets zu differenzieren zwischen Anfängern im Netz und bereits erfahrenen Nutzern sowie zwischen jüngeren und älteren Kindern. Eltern gehen bisher sehr blauäugig an den Schutz ihrer Kinder im Internet heran. Nur sehr wenige Eltern haben technische Schutzmaßnahmen installiert, den meisten reicht die Kontrolle durch gelegentliches Hinschauen. In ungefähr der Hälfte der Fälle gibt es Regeln für den Internet-Konsum, deren Einhaltung die Eltern mehr oder weniger strikt kontrollieren. Die Errungenschaften des Web 2.0 mit der Möglichkeit, eigene Inhalte zu veröffentlichen, verlangen nun nach einer anderen Herangehensweise. Für den Jugendschutz ergeben sich daraus verschiedene Herausforderungen. Während bei den unerfahrenen Nutzern technische Schutzmechanismen (SUPER RTL engagiert sich z. B. bei www.fragfinn.de) noch 23 sehr sinnvoll sein können, geht es bei den erfahrenen Usern darum, sie im Umgang mit der neuen Technologie zu schulen und sie zu kritischen Verbrauchern zu erziehen. Der Jugendschutz wird hier sehr stark durch medienpädagogische Angebote ergänzt. Folgende Bereiche sind relevant: • Umgang mit persönlichen Daten: Die Nutzer sollten ein Bewusstsein dafür entwickeln, was mit persönlichen Daten im Netz passieren kann und welche Konsequenzen ein zu laxer Umgang mit den eigenen Daten haben kann. Die Bedeutung der Privatsphäre muss auch für den Umgang mit dem Internet gelernt werden. Die Ergebnisse unserer Studien zeigen allerdings, dass viele der Kinder und Jugendlichen intuitiv sehr zurückhaltend mit der Preisgabe persönlicher Informationen sind. Medienerziehung kann hierauf aufbauen. • Umgang mit Werbung: Kinder und Jugendliche im Netz sollten Werbeformen kennen und lernen, damit umzugehen. Sie sollten auch den Zusammenhang kennen zwischen der Veröffentlichung ihrer eigenen Daten im Netz und der an sie kommunizierten Werbung. Hierfür setzt sich auch die von SUPER RTL in Deutschland initiierte Initiative Mediasmart ein (mehr hierzu unter www.mediasmart.de). • Kriterien für nutzergenerierte Inhalte: Wenn ein User eigene Inhalte ins Netz stellt, ist er neben dem Webseiten-Betreiber auch für diese verantwortlich. Das bedeutet, dass die Inhalte nicht gegen die Bestimmungen des Jugendschutzes und anderer gesetzlicher Bestimmungen (z. B. Wettbewerbsrecht, Urheberrecht) verstoßen dürfen. Hier gilt es, bei den Jugendlichen ein Bewusstsein für problematische Inhalte zu schaffen, da sie die Gestaltungsmöglichkeiten des Web 2.0 stark nutzen, die relevanten Gesetze aber kaum kennen werden. Deshalb gilt es, den jugendlichen Nutzern einfache und nachvollziehbare Kriterien für die Partizipation am Internet an die Hand zu geben. Das Internet ist für die Jugendlichen der Generalist unter den Medien, sie nutzen es souverän für Unterhaltung, Information und insbesondere zur Kommunikation mit ihren Freunden. Die Kombination aus sicheren Umfeldern und einer adäquaten Medienerziehung sorgt dafür, dass mit den faszinierenden Möglichkeiten des Web 2.0 kein Verlust an Privatsphäre einhergeht. 24 IMPRESSUM: Herausgeber: Projektleitung: Grafik: Text: RTL DISNEY Fernsehen GmbH & Co. KG Richard-Byrd-Straße 6 | 50829 Köln Carola Krebs (SUPER RTL) Barbara Wirtz (SUPER RTL) Markus Wucherer (SUPER TL) Carsten Breinker (media relevant) Durchführung der Studie und Datenanalyse: iconkids & youth international research GmbH, München Zitate aus diesem Studienbericht sind uneingeschränkt zulässig, sofern sie mit der eindeutigen Quellenangabe „Online-Studie 2007, Medienforschung SUPER RTL“ versehen sind. Urheber: © Mai 2008, RTL DISNEY Fernsehen GmbH & Co. KG Alle Rechte vorbehalten. Alle Angaben ohne Gewähr. 25