Mai 2016

Transcrição

Mai 2016
Chrillys Goldpreis-Report
Mai 2016
von
Dr. Chrilly Donninger, Chef für Alles
. Anni Donninger, Illustration&Lektorat.
ZUM LOCHA GEH I NET IN KELLER
Text und Musik: Christa Steinkellner, 2010
Manche Leut glaub´n – i bin a bissal blauäugig,
manche Leut sog´n – di spinnt.
Manche moanan i steh net im Leb´n,
san si sicha – i bin irgendwie daneb´n.
Vielleicht is es deswegn, weil i z´friedn bin,
mit dem wos i hob – wia i bin.
Vielleicht is es deswegn, weil i fost jedn Tog,
draufkumm, dass i mei Leben mog.
Manche Leut schau´n drein als wärn´s schon tot,
waun i si aunloch werdens höchstens rot.
Nit amoi a Lächeln kummt z´ruck zu mir,
I denk ma daun – he Oida, wos is mit dir !
Vielleicht is es deswegn, weil i´s net so schwer nimm,
mei Leben - jo des hot scho so sein Sinn.
Vielleicht kimmts nu so weit, dass i mi schaum für mei Locha,
vielleicht werdn´s a Gesetz gegn gute Laune mocha!
Zum Locha na do geh i net in Keller,
a wauns dir heite gor nit einipasst.
Bleib du nur drinnen in dein oidn Trott,
und schmied mit deine Sorgn a Komplott.
Zum Locha – na do geh i net in Keller,
i möcht jo nu vü mehr noch draußn geh´n.
Möcht singa und locha, weil ma jetzt grod danoch ist,
he kimm loch mit – oder vergiss !
Manche Leit haum Kummer und vü Sorgn,
bei manchen liest ma des Leid sogar im Gsicht.
Manchen is des Locha scho vor Johrn vergaunga,
owa he – a jeda dearf neich anfaunga.
Vielleicht sollt ma vü, vü mehr Vertrauen hobn,
in Gott, doch vor ollem in uns selbst.
Vielleicht warad vü lustiga daun unsere Welt,
vielleicht warad jeder auf sei Art a Held.
Zum Locha na do geh i net in Keller, …
Christa Steinkellner wurde – nach eigener Aussage - wiedergeboren 1970, als Mensch und
Liedermacherin, Ehefrau und Mutter, Oma, Büroangestellte, Lebensraumenergetikerin.
Ich habe sie bei einer Musik-Probe als lebenslustige Frau, von der eine positive Ausstrahlung
ausgeht, kennen gelernt. Diese positive Lebenseinstellung kommt auf der CD sehr schön
rüber.
Christa Steinkellner, Ettenberg 79, A-4391 Waldhausen Tel. 0664 2447 886,
E-Mail: [email protected]
Hier schwieg Zarathustra eine Weile und sah mit Liebe auf seine Jünger. Dann fuhr er also
fort zu reden: - und seine Stimme hatte sich verwandelt. BLEIBT MIR DER ERDE TREU,
meine Brüder, mit der Macht eurer Tugend! Eure schenkende Liebe und eure Erkenntnis
diene dem Sinn der Erde! Also bitte ich und beschwöre euch. Laßt sie nicht davonfliegen vom
Irdischen und mit den Flügeln gegen ewige Wände schlagen! Ach, es gab immer so viel
verflogene Tugend! Führt gleich mir, die verflogene Tugend zur Erde zurück- ja, zurück zu
Leib und Leben: daß sie der Erde einen Sinn gebe, einen Menschen Sinn!
(F. Nietzsche, Also sprach Zarathustra, 1. Teil, Von der schenkenden Tugend)
Der lachende Prophet:
Der iranische Prophet Zarathustra begründete den Zoroastrismus. Sein Name ist in unseren
Breitengraden hauptsächlich durch Friedrich Nietzsches „Also sprach Zarathustra“ bekannt.
Dieses Werk hat jedoch nur indirekt mit dem
Leben und den Lehren des Propheten zu tun. Das
zentrale Prinzip im Zoroastrismus ist der Kampf
zwischen Gut und Böse. Er findet nicht nur zu
ebener Erde, sondern auch im Himmel statt. Der
von Nietzsche propagierte Übermensch ist über
diesen Gegensatz erhaben, er steht Jenseits von Gut
und Böse. Nietzsche macht sich in seinem Werk
auch über den Buddhismus lustig. Am Christentum
lässt der in einem Hort protestantischer Frömmigkeit Aufgewachsene überhaupt kein gutes Haar
(das Bild zeigt ihn mit seiner Mutter). „Also sprach
Zarathustra“ ist jedoch alles andere als aufgeklärte
Religionskritik. Es ist in einem pathetisch-sakralen
Ton geschrieben. Das von meiner Freundin
Diotima ausgewählte Zitat ist ein sehr schönes
Beispiel für Nietzsches Stil und Botschaft. Der
Startschuss für den Staffellauf der abendländischen Vernunft fiel in Platons Akademie. Für
Nietzsche leuchtet die Fackel der Vernunft nicht. Sie ist vielmehr ein dunkler Schatten, den es
zu überwinden gilt. Am Eingang der Akademie war eine Inschrift angebracht „Lasst keinen
der Geometrie Unkundigen hier eintreten“. Nietzsche hätte in der Akademie Lokalverbot
gehabt. Er zeichnete sich bereits sehr früh durch sein sprachliches Talent und durch ein
ebensolches Mathematisches Antitalent aus. Man hat ihn im humanistischen Gymnasium in
Mathematik wohl nur durchgelassen, weil man einem talentierten Altphilologen nicht die
Zukunft verbauen wollte. Sein Übermensch steht auch Jenseits der Religion und der Vernunft.
Er selbst bezeichnete dies als das Dionysische Prinzip. Dionysos ist bei den Griechen der Gott
des Weines, der Freude, der Trauben, der Fruchtbarkeit, des Wahnsinns und der Ekstase.
Nietzsche hatte mit den meisten Propheten eines gemeinsam: Er hat seinen Ruhm nicht mehr
bewusst erlebt. Der Zarathustra besteht aus 4 Teilen. Den 4. Teil hat er – weil der Verleger
abgesprungen ist – im Eigenverlag mit einer Auflage von 40 Stück heraus gebracht. Davon
hat er 7 Stück im engsten Freundeskreis verschenkt. Von den großen Propheten erlangten nur
Mohammed und Buddha zu Lebzeiten eine gewisse Anerkennung. Der Rest starb am Kreuz,
im Kerker, in den Händen der heimtückischen Schwester (Nietzsche) oder einfach nur einsam
und verlassen.
Die Kurzfassung über das historische Leben des
Propheten Zarathustra lautet: Nix Genaues weiß
man nicht. Die Religionswissenschaft ist sich im
Großen und Ganzen einig, dass es die historische
Person gegeben hat. Bei Moses ist selbst dieser
Fakt umstritten. Die Vorsichtigen datieren sein
Leben zwischen 1800 und 600 v. Chr. Die etwas
mutigeren Wissenschaftler grenzen dies auf 1000
bis 600 v.Chr ein. Die Texte sind in einer
altiranischen Sprache verfasst, die als „Avestisch“
bezeichnet wird. Die Sammlung dieser Ritualtexte
heißt „das Avesta“. Dazu gibt es die Gathas. Das
sind in derselben Sprache abgefasste heilige
Gesänge. Avestisch ist um 600 v. Chr. ausgestorben. Die Texte wurden jedoch erst mehr als
1000 Jahre später, im 5. bis 9. Jahrhundert. n. Chr.
schriftlich aufgezeichnet. Man hat dafür eine
eigene Schrift erfunden. Das ursprüngliche
Avestisch war eine rein mündliche Kultur. Es
lernen auch heute die Priester die Texte und
Gesänge auswendig. Ein Priester, der aus einem Buch vorliest, würde jeden Respekt in seiner
Gemeinde verlieren. Nachdem die Texte dunkle Lyrik sind, würde es auch sehr komisch
klingen. Die Ausbildung findet vom 9. bis zum 13. Lebensjahr statt. In diesem Alter lernt man
am leichtesten auswendig. Es sind nur Buben zugelassen. Die Priesterweihe findet aber erst
im Erwachsenen-Alter statt.
Ähnliches gilt auch für den Islam und viele andere alte Religionen. Der Koran ist ebenfalls in
einem Versmaß abgefasst. Verse merkt man sich leichter. Den Koran auswendig rezitieren zu
können, hat ein sehr hohes Prestige. Es gibt in Abu-Dhabi Koran-Rezitier-Bewerbe. Diese
sind etwas schlechter dotiert wie die Formel-1, aber deutlich besser wie das Schachturnier.
Laut dem amerikanische Lyriker Robert Frost ist Poesie das, was bei einer Übersetzung in
eine andere Sprache verloren geht. Es gibt sowohl für den Koran als auch die Avesta eine
Reihe von Übertragungs-Versuchen ins Deutsche oder Englische. Eine definitive, von allen
akzeptierte Übersetzung ist jedoch eine mission impossible. Ich kann mir auch schwer
Nietzsche im Englischen vorstellen.
Die Religionswissenschaft ist sich weitgehend einig, dass Zarathustra im Osten des
altiranischen Kulturkreises gelebt habt. Dieser ist wesentlich größer als das heutige iranische
Staatsgebiet. Zu diesem Kulturkreis gehörten im Osten große Teile des heutigen Afghanistan,
Usbekistan und Turkmenistan. Im Westen das heutige Syrien vulgo Zweistromland. Die
Mutigen grenzen Zarathustras Heimat auf Afghanistan ein. Er war vermutlich ursprünglich
ein vedischer Priester, der zwischen seinem 30. und 40. Lebensjahr seine Gotteserfahrung
hatte. Seine Botschaft kam nicht besonders gut an, er wurde von seinem Stamm vertrieben,
fand bei einem anderen Stammesführer/Fürsten Unterschlupf und verbreitete dort mit eher
mäßigen Erfolg seine Erleuchtung. Der Legende nach wurde er mit 77 von einem ihm Übel
gesinnten Priester ermordet.
Das historische Leben eines Propheten ist relativ unwichtig. Moses ist im Judentum, aber
auch im Islam, eine zentrale Figur. Egal, ob er wirklich gelebt hat oder nicht. Es sind auch
literarische Figuren wie Don Quijote sehr lebendig.
Für seine Gläubigen wurde Zarathustra 6000 v. Chr. geboren. Das ist mit Sicherheit historisch
falsch. Es überlagern bei jedem Propheten Legenden und Mythen die historische Person. Die
biblische Erzählung von der Geburt Jesu ist eine typische Geburtslegende. Das hindert uns
nicht daran, Weihnachten zu feiern. Die Geburt des außerehelichen Prolo-Buams wäre als
Anlass viel zu banal. Der Mythos und die Legende sind interessanter als die schnöde
Wirklichkeit.
Das Buch meines Lebens ist H. Blickensdörfer:
Tour de France. Nüchtern betrachtet ist es solides
journalistischen Handwerk. Es war jedoch mein
erstes Buch, das ich in der 1. Klasse Volksschule
vom Betriebsrat der Chemiefaser Lenzing zu
Weihnachten geschenkt bekommen habe. Dieses
Buch hat meine Bücherliebe entfacht. Mein Held
war Federico Bahamontes, genannt der Adler von
Toledo. Blickensdörfer beschreibt, wie der Adler in
den Pyrenäen am Tourmalet allen davon schwebt
und mit einer Viertelstunde Vorsprung die
Passhöhe erreicht. Er kauft sich von einem
fliegenden Händler ein Eis, setzt sich auf ein Bank
und wartet auf seine Verfolger, um mit ihnen gemeinsam die Abfahrt zu bestreiten. Für mich
war das das Verhalten eines wahren Champions. Ich habe den Adler 50 Jahre dafür verehrt.
Bis ich leider wissen wollte, ob er schon die letzte Ziellinie passiert hat. Die Aufklärung durch
die Wikipedia war grausam. Bahamontes sind beim Aufstieg Speichen gerissen. Eine Abfahrt
wäre viel zu gefährlich gewesen. Heute wäre in Sekundenschnelle der MannschaftsMaterialwagen zur Stelle. Damals gab es nur einen für das gesamte Feld. Bahamontes musste
auf diesen Wagen warten und weil er sonst nichts tun konnte, kaufte er sich ein Eis. Nüchtern
betrachtet ist der Adler nur der beste Bergfahrer aller Zeit. In einer religiösen Tradition hätte
sich die schönere Version von Blickensdörfer durchgesetzt bzw. wäre der Autor der
Wikipedia in Gefahr gelaufen, wegen Blasphemie gesteinigt zu werden.
Laut der Geburtslegende war bei der Geburt Zarathustras das Haus drei Tage und Nächte hell
erleuchtet. Zarathustra hat bei der Geburt gelacht. In seiner früheren Kindheit wollten ihn die
bösen Geister u.A. in Form einer Schlange töten. Er hat aber durch das Wirken des Gottes
Ahura Mazda überlebt. Die Geburtslegende enthält wesentlich Aspekte seiner Lehre. In der
vedischen Tradition ist der Himmel von unzähligen Götter bevölkert. Es herrscht göttliche
Basisdemokratie. Kein Gott ist von vornherein wichtiger als der andere. Es hängt von der
Situation ab. Bei Dürre spielt der Regengott eine größere Rolle, bei einem Kinderwunsch wird
man die Fruchtbarkeitsgöttin vorziehen und bei einem Feldzug den Kriegsgott. Es gibt –
analog zu unseren Landesheiligen – auch regionale Prioritäten und Hausgötter. Aber im
nächsten Tal schaut das schon wieder ganz anders aus. Zarathustra hat diese Götter belassen,
allerdings hat er die Basisdemokratie abgeschafft und eine Götter-Hierarchie eingeführt. Seine
Lehre bildet eine Zwischenstufe zwischen dem Poly- und dem Monotheismus.
Zunächst unterscheidet er zwischen den höher gestellten Wohltätigen Unsterblichen und den
Verehrungswürdigen. Die Wohltätigen bilden den Himmels-Vorstand, der Vorstandsvorsitzende ist Ahura Mazda. Ahura Mazda ist in der vedischen Tradition der Gott des
Tageslichtes. Es steht jeder der sieben Wohltätigen sowohl für ein geistiges Prinzip im
Kosmos, aber auch für ein Element der Welt. Die Tabelle zeigt die Zusammensetzung des
Vorstandes. Bis auf Ahura Mazda sind alle anderen gleichberechtigt.
Name
Prinzip
Element
Ahura Mazda
Weise Meister
Mensch
Vohu Manah
Gutes Denken
Wohltätige Tiere
Asha Vahista
Beste Weisheit
Feuer
Xshathra Variia
Wohlverdiente Herrschermacht
Metall
Spenta Armaiti
Wohltätige Fügsamkeit
Erde
Haurwatat
Ganzheit
Wasser
Ameretat
Unsterblichkeit
Pflanzen
Spenta Armaiti, die Wohltätige Fügsamkeit und (Mutter-)Erde, ist eine weibliche Gottheit.
Das Konzept einer „Mutter-Erde“ bildet sich in der Religionsgeschichte erst in sesshaften
agrarischen Gesellschaften heraus. Sesshafte Bauern haben eine weit intensivere Bindung zur
„Scholle“ als Nomaden.
Der große Gegenspieler zu Ahura Mazda ist Ahreman – der Übelriechende Geist. Er ist der
Teufel. Es gibt auch für die anderen Götter jeweils Gegenspieler. So ist druj – die Lüge, der
Trug – der Gegner des Guten Denkens. Im Christentum hat Gott über den Teufel – im
Himmel – endgültig gesiegt. Bei Zarathustra steht das Match hingegen auf des Messers
Schneide. Es müssen auch die Menschen durch ihre guten Taten Ahura Mazda beistehen. Nur
so kann er – am Ende der Tage – die Partie gewinnen. Die Entscheidungsfreiheit zwischen
Gut und Böse, zwischen Aufrichtigkeit und Lüge, ist das zentrale Element der Lehre.
Die Zuordnung der Götter zu den Elementen hat
weitreichende praktische Konsequenzen. Die
Menstruation gilt als „Ahremans Kuss“. Die
Frauen sind durch die Menstruation mit dem
übelriechenden Geist verunreinigt. Sie müssen sich
in der Periode 15 Schritte von Feuer, Wasser,
Ritualrequisiten und Männern fernhalten.
Dieses Konzept hat auch zu einem eigenen
Begräbnisritus geführt. Man kann die Leichen
weder begraben, noch verbrennen, da sie sonst die Erde bzw. das Feuer verunreinigen
würden. Man legt die Leichen auf eine felsige Kuppel und lässt die Geier ihr Werk tun. In
späterer Zeit – bereits unter islamischer Herrschaft – wurden sogenannte Dachmas - Türme
des Schweigens - gebaut. Das Bild oben zeigt den bekanntesten Dachma in Yazah/Iran.
Die übriggebliebenen Knochen werden
eingesammelt und in einem Tongefäß aufbewahrt
(das Bild stammt aus Tibet. Die Geierbestattung
wird auch dort teilweise praktiziert).
Einen Geiermagen überlebt wegen der extrem
scharfen Säure kein Krankheitskeim. Inzwischen
haben – nicht nur - die Zoroastrier ein sehr
ernsthaftes Problem. Seit der Wirkstoff Diclofenac1
(er ist u.A. in der Voltaren-Salbe enthalten) in der
Tierzucht zugelassen ist, sterben die Geier aus. Es
führt auch die Vergiftung von Elefanten durch
Wilderer in Afrika zu einem Geiersterben. Dadurch droht die Ausbreitung von Seuchen2.
Hirtenhunde zählen zu den Wohltätigen Tieren. Wer einen Hund schlägt, schlägt damit auch
den Gott Vohu Manah. Für die schlechte Behandlung eines Hundes hat Zarathustra 200
Peitschenhiebe vorgesehen. Aus der hohen Wertschätzung für den Hirtenhund kann man
schließen, dass neben Ackerbau (siehe Spenta Armaiti) auch die Schaf-Weidewirtschaft eine
zentrale ökonomische Rolle spielte. Seine zänkische Frau zu schlagen ist hingegen Mannespflicht. Der Mann bewahrt sie – falls es ihm gelingt, ihr die zänkische Art abzugewöhnen –
vor den für keifende und zänkische Frauen vorgesehenen Höllenqualen. Wie auch bei anderen
Religionen ist es fraglich, ob diese Vorstellung bereits vom Propheten so formuliert wurde
oder erst später von frauenfeindlichen Theologen eingeführt wurde.
Hunde haben auch bei Übergang ins Paradies eine wichtige Funktion. Von Gipfel des Elbrus
aus spannt sich die Chinwant-Brücke. Das ist der
Zoroastrische stairway to heaven. Ihr Zugang wird
von zwei Hunden bewacht. Man hat es jedoch noch
nicht ins Jenseits geschafft, wenn man die Wächter
passiert. Die Brücke ist für den Frommen so breit wie
eine Heeresstraße, für den Sünder wird sie so schmal
wie eine Schwertklinge. Er stürzt unweigerlich in die
Hölle ab. Das Bild zeigt meinen Freund Charly beim
Chinwant-Probetraining während unserer Expedition
durch das Hochland von Papua-Neuginea. Die
„Brücke“ ist wegen des hohen Niederschlags delikat
rutschig.
Beim Weg ins Paradies muss man ferner einen Fluss, der durch die Tränen der Trauernden
gespeist wird, überqueren. Die Toten sollen nach der Lehre nicht (übermäßig) beweint
werden, da sonst die Flussquerung nicht gelingt. Überhaupt gilt verhärmte Zerknirschung als
etwas Dämonisches. Das für den Österreichischen Katholizismus so typische sich im
Selbstmitleid zu suhlen oder die Protestantisch-Deutsche Lust, sich Asche aufs Haupt zu
streuen, ist den Anhängern Zarathustras fremd. Der Prophet wurde lachend geboren.
Ein zentrales vedisches Ritual ist Soma bzw. Persisch Haoma. Zunächst ist Soma/Haoma ein
berauschendes Getränk. Die Zusammensetzung ist wie so vieles unklar. Die Basis könnte
Haschisch, Fliegenpilz oder das auch in Hustensaft vorkommende Ephedren sein. In diesen
Zustand werden Tieropfer durchgeführt. Soma/Hoama ist jedoch auch der Name des mit
diesen Ritual verbundenen Gottes. In Aldous Huxleys Roman Schöne Neue Welt wird mit
Soma den Menschen jegliches Bedürfnis nach kritischem Denken ausgetrieben. Soma hat
„Alle Vorzüge des Christentums und des Alkohols ohne deren Nachteile“.
Zarathustra war zunächst ein energischer Gegner von Haoma. Damit hat er es sich wohl nicht
nur mit der Priesterschaft sondern auch mit den meisten Mitgliedern seines Stammes angelegt.
Nach seiner Vertreibung und der Aufnahme in eine neue Gemeinschaft wurde er etwas
gemäßigter. Sich weg zukiffen war und ist erlaubt, das Tieropfer wurde jedoch abgeschafft.
Der Zoroastrismus erlangte unter der Dynastie der Achämiden einen gewissen Einfluss. Der
bekannteste Herrscher aus dieser Dynastie ist Xerxes (486-465 v. Chr). Es gibt aus dieser Zeit
noch keine persischen Aufzeichnungen. Zarathustra wird jedoch vom griechischen Historiker
und Geographen Herodot (ca. 480 bis 424 v. Chr) erwähnt. Zur Staatsreligion wurde der
Zoroastrismus erst unter den Sasaniden, die von 224 n. Chr. bis zur Eroberung des Irans durch
die Araber (642 bzw. 651 n. Chr) regierten. Unter Schapur I (241-272 n. Chr.) wurde der
Prophet Mani mit der nach ihm benannten Lehre des Manichäismus eine ernsthafte
Konkurrenz. Teile der Königsfamilie traten zum Manichäismus über. Mani betont so wie
Zarathustra den Kampf zwischen Gut und Böse. Die Lehre breitete sich auch im römischen
Reich aus. Der junge Augustinus war Manichäer. Nach seiner Ernennung zum Bischof ging er
jedoch mit der vollen Härte der römischen Staatsmacht gegen die „Ketzer“ vor. Es lassen sich
aber auch im Spätwerk des Hl. Augustinus deutliche Spuren dieser Lehre nachweisen. Auf
Grund der Verfolgung verschwand der Manichäismus im Westen im 6. Jh. In Indien hielt er
sich bis ins 14. Jh. Mani fiel bei Schapurs Sohn Bahram in Ungnade. Er starb im Kerker an
den Folgen der Haft. Die Zoroastrische Priesterschaft hatte sich durchgesetzt. In diese Zeit
fallen auch die ersten Aufzeichnungen zur Avesta.
Die Araber haben nach der Eroberung Persiens die staatlichen Strukturen nicht zerschlagen,
sondern sie in ihre Dienste gestellt. Der Zoroastrismus wurde toleriert. Im Haus der Weisheit
in Bagdad (siehe den April 2016 Goldreport) forschten eine Reihe von Zoroastrischen
Gelehrten. Die Türme des Schweigens (siehe Bild oben) wurden erst in der Islamischen Zeit
errichtet. Es gab natürlich einen Druck zur Assimilierung. Nur ein Moslem war ein Bürger
erster Klasse, man konnte nur mit Islamischen Bekenntnis in die Elite aufsteigen. Die
systematische Aufzeichnung der Lehre fand erst in dieser Periode statt. Der Islam kennt eine
gewisse Achtung gegenüber anderen Buchreligionen. Naturreligionen müssen hingegen
zerstört werden. Ursprünglich war das eine auf das Judentum abzielende Regelung.
Mohammed war ein pragmatischer Kaufmann. Er hat viel vom Judentum übernommen und
sich in den diversen Stammeskriegen zeitweise mit jüdischen Stämmen verbündet, dann
wieder gegen sie gekämpft, wieder verbündet … . Die Verteuflung des Judentums hätte seine
strategischen Möglichkeiten eingeschränkt.
Im 11. Jahrhundert war die Islamisierung des Irans
weitgehend abgeschlossen. Es kam jedoch auch zu einer
Iranisierung des Islams. So ist z.B. das im Iranischen
Kulturraum (das Bild ist aus Aserbaidschan) gefeierte
Nouruz zur Frühlings Tag- und Nachtgleiche kein
Islamisches Fest. Alle islamischen Feste folgen dem
Mondkalender und wandern daher durch das Sonnenjahr.
Der kulturelle und politische Konflikt zwischen dem
Arabisch-Semitischen und dem Indo-Arischen Islam
dauert bis heute an (Iran kommt von Aryan, dt. Arier).
Die größte Zoroastrische Gemeinde lebt heute in Indien. Sie umfasst rund 75.000 Mitglieder.
Die Zoroastrier werden Parsi (Perser) genannt. Sie gehören typischer Weise zur Oberen
Mittelschicht bzw. zur Elite. Die Bekanntesten sind der Dirigent Zubin Mehta und die
Industriellenfamilie Tata. Die Mitgliederzahlen gehen trotz oder vielleicht wegen dieser
privilegierten Position zurück. Die Ehe und eine zahlreiche Kinderschar sind religiöse Pflicht.
Wie überall auf der Welt lebt jedoch auch der gehobene parsische Mittelstand in einer
Kleinfamilie. Es passen auch die rigiden Vorschriften der orthodoxen Priesterschaft nicht
mehr zum heutigen Leben. Eine gut ausgebildete Frau will sich in der Periode nicht wie eine
Aussätzige verhalten. Es heiraten daher viele einen Ungläubigen. Laut den orthodoxen Regel
sind die Kinder einer „Abgefallenen“ von einem Wiedereintritt ausgeschlossen.
Es gibt eine rund 10.000 Mitglieder umfassende Gemeinde in der
Iranischen Republik. Die Iranische Richtung ist liberaler als die
indische. Im Zuge der weltweiten Wanderbewegungen gibt es
inzwischen auch Gemeinden in London und anderen westlichen
Metropolen. Der bekannteste westliche Zoroastrier war der
Queens Musiker Freddy Mercury. Homosexualität ist in
Zoroastrismus so wie in allen alten Religionen eine schwere
Sünde. Mercury hat sich möglicher Weise auch deshalb öffentlich
nie zu seiner Homosexualität bekannt oder gar – wie andere
Künstler – damit kokettiert.
Wikipedia beschreibt seine Einstellung zur AIDS-Erkrankung
mit: Dass Mercury trotz allem seinen Humor nicht verloren hatte,
ist sowohl in seinem Song Delilah3, einer Liebeserklärung an eine
seiner Katzen, und in dem Video zu I’m Going Slightly Mad zu
erkennen. Das entspricht der zoroastrischen Einstellung zu Leben
und Tod. Er wurde nach dem Ritus seiner Familie begraben.
Seine Leichnam wurde im West London Crematorium eingeäschert. Es wird vermutet, dass
die Asche in den Genfer See gestreut wurde. Damit wurden die Götter Asha Vahista (Feuer)
und Heurwatat (Wasser) verunreinigt. Die Leiche nach altem Brauch als Geierfrühstück
auszulegen, passt doch nicht mehr zum Leben in einer modernen Metropole. Es wäre
vermutlich auch schwierig gewesen, seinen Fans den Sinn der Aktion zu erklären.
Verwendete Literatur und Links:
Mircea Eliade: Geschichte der religiösen Ideen, Bd. 1, Kap. 8 Die Religion der Indoeuropäer,
die vedischen Götter, Kap. 13. Zarathustra und die iranische Religion. Herder-Spektrum
Micheal Stausberg: Zarathustra und seine Religion. C.H.Beck Wissen
Walter Vogel: Die Religionsstifter, marixverlag.
Burchard Brentjes: Das Alte Persien – Die iranische Welt vor Mohammed. Buchklub ex libris
Zürich.
Ivo Frenzel: Nietzsche, rororo Monographien.
Hans Blickensdörfer, Tour de France. Büchergilde Gutenberg
Kurt Flasch: Logik des Schreckens, Augustinus von Hippo, Die Gnadenlehre von 397.
Dieterich'sche Verlagsbuchhandlung Mainz
1. www.spiegel.de/panorama/mumbai-parsen-erstreiten-zucht-von-geiern-fuer-die-toten-a-870379.html
2. derstandard.at/2000036638870/Das-Verschwinden-der-Geier-kann-verheerende-Folgen-haben
3. www.youtube.com/watch?v=yEYRoXWmWYU
„Übrigens ist Gier in Ordnung. Ich will, dass ihr das wisst. Ich denke, Gier ist gesund. Man
kann gierig sein und dennoch mit sich im Reinen.“
(Rede des Finanzhais Gordon Gekko im Film Wallstreet1)
Leveraged Buyout:
Die Vorbilder für Gordon Gekko waren die beiden Wallstreet-Investoren Ivan Boesky und
Carl Icahn. Das Zitat hat sich Regisseur Oliver Stone nicht aus den Fingern gesogen. Es
wurde wortwörtlich aus einer Rede, die Boesky bei einer Abschlussfeier der „Berkeley
Business School“ gehalten hat, übernommen. Das Publikum hat den Ausspruch mit Applaus
und zustimmenden Lachen quittiert. Boesky wurde 1986 wegen Insider-Geschäften verhaftet.
Carl Icahn2 betreibt bis heute seine Leidenschaft. Er
wuchs im jüdischen Bildungsbürgertum auf, absolvierte
in Princeton ein Philosophie- und begann auf Wunsch
seiner Mutter ein Medizinstudium. Sein Mekka war
jedoch die Wallstreet. In den 1960er Jahren ging es dort
relativ bieder zu. Es steckte den Veteranen noch der
Börsenkrach von 1929 in den Knochen. Icahn stieg
relativ bald in den damals innovativen Optionenhandel
ein. Die Bande frommer Scheu fiel an der Börse und
allgemein im ökonomischen Geschehen Anfang der
1980er Jahre. In der Wirtschaftstheorie wurde der
Keynesianismus von den Chicago-Boys rund um Milton
Friedman abgelöst.
Icahn begründete in dieser Zeit seinen Ruf als „ruthless
corporate raider“ (skrupelloser Unternehmensplünderer). Besondere Aufmerksamkeit erregte seine
feindliche Übernahme der Fluggesellschaft Trans World
Airlines (TWA). Das Geld für diese Übernahme hatte er sich geliehen. Dieses sogenannte
“Leveraged Buyout“ (fremdfinanzierte Übernahme) war eine der Innovationen jener Zeit. Im
Folgenden verkaufte Icahn systematisch wertvolle Anteile von TWA, um das aufgenommene
Geld zurückzahlen zu können. Der Fachausdruck dafür ist “asset stripping” vulgo filetieren.
Das wertvollste Asset (Vermögen) einer Fluglinie sind die Flugrechte. Icahn verscherbelte als
erstes die Transatlantik-Konzessionen. Es sind oft derartige Rechte wertvoller als Gebäude,
Maschinen oder Flugzeuge. Die traditionsreiche Waldviertler Textilfirma Backhausen wurde
2013 von der Investmentfirma Cudos rund um den Spekulanten Alon Shklarek und den ExBundeskanzler Alfred Gusenbauer übernommen3. In diesem Fall ging es um die Markenrechte
auf klassische Stoffmuster.
Nachdem Icahn TWA ausgesaugt hatte, schickte er die Firma in Konkurs. Icahn gelang es,
immer wieder mit relativ kleinen Anteilen wichtige Entscheidungen in seinen Sinn
durchzubringen. So wurde – obwohl er nur 2,5% der Anteile hatte – auf sein Betreiben und
gegen den Willen des Managements, der Bezahldienst Paypal von Ebay ausgegliedert. Auf
Webseiten, die sich an Privatinvestoren richten, ist er nicht die Heuschrecke, sondern der
“Starinvestor”. In dieser Rolle versucht er, durch spektakuläre Medienauftritte den Markt zu
beeinflussen. In letzter Zeit warnte er immer wieder vor einem Börsencrash. So titelte im
Nov. 2013 der Spiegel4: “Niedrigzinsen: Großinvestor Icahn warnt vor Börsencrash”. Im Dez.
2015 posaunte der “Business Insider5” aus; Der Meltdown kommt gerade erst in Schwung:
Carl Icahn warnt vor einer Kernschmelze an den Finanzmärkten.
So etwas ist an der Börse immer möglich, allerdings hat man bis jetzt noch nichts davon
bemerkt. Die Kernschmelze dürfte jedoch in Icahns Börsenreich stattgefunden haben. Die
Ratings-Agentur „Standard & Poor’s“ (S&P) hat am 16. Mai 2016 die von Icahn kontrollierte
Investmentfirma „Icahn Enterprises” (IEP) auf Ramsch-Niveau abgewertet6. S&P hatte vor
diesen Schritt bereits im Februar gewarnt. Der Grund ist eine massive Verschlechterung der
„Loan to Value”-Ratio. Icahn ist seinem Stil der 1980er Jahre treu geblieben und hat auf
Pump manisch gekauft, was es zu kaufen gab. Er hat sich dabei insbesondere bei der ÖlHolding „CVR Energy” übernommen. Durch den niedrigen Ölpreis verzeichnet die gesamte
Ölförderbranche heftige Verluste. Durch Pump finanzierte Übernahmen geht in einem solchen
Umfeld das Geld aus. Es wird vermutet, dass Icahns Firma das noble „Fontainebleau”-Ressort
in Las Vegas verkaufen könnte, um die Kassen wieder zu füllen. Doch selbst mit dem
Notverkauf wäre die Krise nicht ausgestanden. S&P befürchtet, dass Icahn flüssiges Geld
sofort wieder in andere Firmen investieren könnte, anstatt es als Geld-Reserve zu halten.
Icahn gilt als zwanghafter Investor. Laut dem oben abgebildeten Forbes-Titelblatt verkündet
der damals 77-Jährige: „The biggest scores lie ahead“. Möglicher Weise wird vom großen
Fang des alten Mannes nicht viel übrig bleiben.
In die Geschichte eingehen möchte Icahn als Treasury
Secretary (Finanzminister) unter Präsident Donald
Trump7. Icahn gehört bisher zur kleinen Minderheit in
der Wallstreet, die offen für Trump wirbt. Falls ihm das
Geld ausgeht, wäre das eine wichtige Vorentscheidung
im US-Wahlkampf. Donald Trump ist gegenüber Hillary
Clinton eine relativ arme Kirchenmaus. Nicht, was den
persönlichen Reichtum anbelangt. Die Clintons hatten
zuletzt ein versteuertes Jahreseinkommen von 28,3 Millionen $8. Die Familie Sanders ist mit
270.000$ vergleichsweise ein Sozialhilfe Fall.
Anmerkung: Es wird in den Pressemeldungen immer das Familieneinkommen angegeben.
Vermutlich ist es im amerik. Recht die steuerliche Basis.
Hillarys Jahreseinkommen dürfte Trump auch schaffen. Allerdings könnte man auch bei der
US-Präsidentschaft von einem leveraged-buyout sprechen. Die Auszahlung an die Geldgeber
erfolgt in Form von günstigen bzw. der Abwehr von ungünstigen Gesetzen, Regierungsaufträgen, aber auch mit Ämtern. Ein Teil der US-Botschafterposten ist für diesen Zweck
reserviert. Ronald Lauder9 erhielt für seine Unterstützung von Ronald Reagan die Wiener
Dependance. Nachdem er an österreichischer Kunst und insbesondere an deren Ausfuhr
interessiert war, dürfte er sein Geld gut angelegt haben. Sein Einsatz für die Restituierung von
Bildern war auch nicht ganz uneigennützig. Die besten hängen heute in seiner Galerie. Die
aktuelle Botschafterin Alexa Wesner hat für Barack Obama Geld gesammelt.
Bei diesem leveraged-buyout ist bisher die Bietergruppe um Hillary Clinton im Vorteil. Hillarys
wichtigster Freund aus alten Tagen (das Bild entstand
2004) ist George Soros. Auch der Bua, Alex Soros, hat
inzwischen sein Scherflein für die Übernahme des
Weißen Hauses beigetragen. Weitere sogenannte Super
PACs (Political Action Committee) sind u.A. der
Medienmogul Haim Saban oder der Slim-Fast Gründer Daniel Abraham10.
Verwendete Links:
1. de.wikipedia.org/wiki/Wall_Street_(1987)
2. en.wikipedia.org/wiki/Carl_Icahn
3. www.wienerzeitung.at/nachrichten/wirtschaft/oesterreich/566012_Die-Kaeufer-des-Erbes.html
4. www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/grossinvestor-carl-icahn-warnt-vor-boersencrash-a-934519.html
5. www.businessinsider.de/carl-icahn-warnt-vor-einer-boersen-kernschmelze-2015-12
6. de.finance.yahoo.com/nachrichten/star-investor-stolpert-holdingfirma-carl-202759936.html
7. money.cnn.com/2015/08/07/investing/donald-trump-2016-carl-icahn/
8. www.theatlantic.com/politics/archive/2015/07/hillary-clinton-releases-her-tax-returns/457896/
9. de.wikipedia.org/wiki/Ronald_Lauder
10. finance.yahoo.com/news/big-names-big-cash-pro-172107498.html#
Jeder, sieht man ihn einzeln, ist leidlich klug und verständig; sind sie in corpore, gleich wird
euch ein Dummkopf daraus.
(Friedrich Schiller)
Eine Götterspeise ist kein Schweindlfutter:
Sag, Chief, laufen leicht die Geschäfte nicht mehr so gut?
Seniora, wie kommst denn darauf?
Weil es jetzt schon dreimal hintereinander Polenta gegeben hat. Das ist doch ein arme LeuteEssen. Bei uns sind damit die Schweindl gefüttert worden.
Seniora, ich kann mich nicht erinnern, dass ich in den letzten 35 Jahren Polenta gekocht hätte.
Chief, da schlägt der Alzheimer aber schon grausam zu. Es hat heute zu Mittag Polenta
gegeben.
Nein und abermals nein, Seniora: Das war Ugali und keine Polenta.
Ah, und wie hast du das Ugali gemacht?
Ich habe drei große Haferl Wasser aufgekocht, ein Haferl Kukurruzmehl hinein gegeben, das
kurz aufkochen lassen und auf kleiner Flamme noch 10 Minuten ziehen lassen. Man muss
aufpassen, es soll fest sein und unten eine leichte Kruste bilden, darf aber nicht anbrennen.
Chief, wenn etwas aus den Zutaten von Polenta besteht, wie Polenta gemacht wird und wie
Polenta schmeckt, dann ist es Polenta.
Seniora, hast du einen Programmierer als Liebhaber?
Chief, erstens genügt mir ein solcher Narr im Haus und zweitens was hat die Polenta mit der
Programmiererei zu tun?
Seniora, du hast gerade ein Grundprinzip der Programmierung formuliert: Man nennt es ducktyping. Wenn etwas wie eine Ente watschelt, wie eine Ente schwimmt und wie eine Ente
schnattert, dann ist es eine Ente.
Chief, Polenta-Typing würde mir aber besser gefallen.
Seniora, du bist verwöhnt. Du glaubst, nur weil dein Göttergatte kochen kann, deswegen
können alle Programmierer kochen. Bei Polenta-Typing hätten die meisten nicht gewusst, um
was es geht. Mit Donald Duck sind alle aufgewachsen.
Gut, Chief, ich will jetzt nicht streiten, ob es Polenta- oder Duck-Typing ist. Nach deinen
eigenen Kriterien hast du doch eindeutig Polenta und nicht – wie heißt das noch – gekocht.
Seniora, es heißt Ugali. Und wie kommst du auf die Idee, dass Duck-Typing meine Kriterien
sind?
Chief, weil du ein alter Hacker bist der sonst eh nix im
Schädel hat.
Seniora, das bin ich aber nur, wenn ich in dem Raum mit
dem Schild „Achtung Irrenhaus“ bin. In der Küche bin
ich ein anderer Mensch und da ist Ugali Ugali und keine
Polenta.
Nein, und abermals nein Chief. Du bleibst auch außerhalb
deines Narrenturmes ein Narr. Ugali ist Ugali, so ein
Blödsinn.
Seniora, Ugali ist die Speise der Kenianischen Laufgötter. Nur mit Ugali im Tank kann man
so wie die federleicht dahin schweben. Mit Schweindlfutter Polenta geht da gar nix.
Jessas Chief, du bist ja noch verrückter wie ich geglaubt hat. Du kochst drei Mal in der
Woche Ugali und bildest dir ein, dass du so zum Wunderläufer mutierst.
Seniora, ich seh beim Ugali kochen und beim Ugali essen vor meinem geistigen Auge diese
wunderbaren Läufer und ich lauf mit ihnen mit.
Chief, und du siehst nicht, wie du hoffnungslos hinter her watschelst?
Nein Seniora, ich bin nicht katholisch. Ein Katholerer sudert den Lieben Gott an, weil er ihn
nicht so leichtfüßig geschaffen hat. Ich stell mir lieber vor, dass er uns Ugali geschenkt hat,
damit jeder beim Laufen einen Hauch vom Paradies spüren kann.
Chief, und funktioniert es oder solltest du dir nicht lieber bei Amazon einen Talisman
bestellen?
Na ja, Seniora. So halb, halb.
Chief, wahrscheinlich bist auch so halb halb ein sudernder Katholerer.
Nein, Seniora, Ugali ist nur die Hälfte des
Kenianischen Esszaubers. Die andere Hälfte ist
Sukuma-Wiki1. Das fehlt mir.
Chief, was ist denn das schon wieder?
Seniora, einfach gestrickte Gemüter für die Ugali
Polenta ist, würden Grünkohl dazu sagen.
Chief, es hat doch heute zu Mittag Grünkohl mit
Paradeiser und Polenta gegeben. War sogar
überraschend gut.
Seniora, Sukuma gibt’s bei uns nicht. Der wächst
nur in Ostafrika. Es war Grünkohl mit Ugali.
Ah, Chief, und was ist der Unterschied?
Sukuma schmeckt ein bisserl bitter. Es ist eine Mischung aus Grünkohl und Spinat, gehört
aber zu den Kohlgewächsen. Vielleicht so mehr in Richtung Mangold.
Und daran scheitert deine große Laufkarriere?
Seniora, du solltest meine Hartnäckigkeit kennen. Von so einer Kleinigkeit hab ich mich noch
nie abschrecken lassen.
Ja, Chief, ich kenne deine Hartnäckigkeit. Jessas, nicht zum Ankriegen und dann kriegt mich
dieser Provinzfrosch auch noch herum. Es wär mir viel erspart geblieben, wenn ich
hartnäckiger gewesen wäre und ihm nicht zum Provinzprinzen wach geküsst hätte.
Seniora, du hast noch vor 2 Minuten mein gutes Essen gelobt. Wer weiß, was dir sonst über
den Weg gelaufen wäre.
Ja eh Chief, ich glaub wir lassen das. Bei aller Hartnäckigkeit, wie willst du es ohne SukumaWiki zu einer ganzen Laufkarriere bringen? Geht das überhaupt?
Seniora, was heißt ohne Sukuma-Wiki. Ich habe schon die Afrika-Korrespondentin darauf
angesetzt.
Chief, du bist verrückt. Verlangst du wirklich von der Petra, dass sie dir kenianische
Kohlhäupl einfliegen lässt?
Nein, Seniora. Ein Packerl Sukuma-Samen genügt mir. Die Petra hat gemeint, das ist für die
Afrikakorrespondentin mit ihren kenianischen Verbindungen no problem.
Chief, und der Sukuma wächst im Hochland?
Seniora, die kenianischen Wunderläufer wohnen auch im Hochland. So um die 2000m.
Außerdem hab ich eh das Erdglashaus für die Chilis. Wenn es die Chilis derpacken wird’s für
einen Kohl doch gut genug sein.
Chief, da bin ich jetzt aber froh, dass es bei uns kein Kaff auf 2000m Höhe gibt. Du würdest
noch glatt dorthin ziehen, um dein Laufglück perfekt zu machen.
Seniora, da kommt nur St. Moritz in Frage. Das ist mir zu chic.
Chief, du könntest zur Kathi in Trafoi charmant sein. Vielleicht nimmt sie dich als
Kostgänger. Das Kinderzimmer steht eh schon ein Zeitl leer.
Seniora, bring mich nicht auf Ideen. Du würdest ohne Koch ganz schön blöd dastehen und in
Witwenmanier jammern „Wenn der Chief noch da wär, und wie hab ich sein Ugali gern
gegessen. Und erst das Sukuma-Wiki“.
Chief, du bist eh ein brauchbarer Narr. Aber manchmal wärs besser, du würdest dich ein
bisserl zurückhalten. Kannst du dich noch an den Fettnapf beim Wien-Marathon erinnern?
Natürlich, Seniora. Ich betreu den Willi. Hat alles super funktioniert, der Willi ist neue
persönliche Bestzeit gelaufen. Nachher sitzen wir noch in politischer korrekter Runde
zusammen.
Ja, Chief, und vor lauter kindlicher Begeisterung sagst du „a Wahnsinn wie die Nega schön
grennt sind“. Da ist die ausgelassene Stimmung in eisiges Schweigen umgeschlagen. Du
redest doch jetzt auch von den Kenianern, warum musst du dort unbedingt Nega sagen?
Seniora, es war auch ein Äthiopier dabei. Und außerdem, ich war von denen so begeistert wie
ein Kind vom ersten Christbaum. Wenn ich in kindlicher Begeisterung ausbrech, dann red ich
so, wie ich als Kind geredet habe. Neger haben damals auch die feinen Leute gesagt.
Trotzdem, Chief, ich hoff, du hast daraus was gelernt.
Ja, Seniora, seither meide ich politisch korrekte Menschen, wenn sie in corpore sind.
Chief, du könntest aber auch aufpassen, was du sagst.
Seniora, ich mag mir nicht dauernd in die Zunge beißen.
Chief, du passt doch auch bei deinen Weibsen auf, was du sagst. Statt Pfaffen-Sing-Sang
schwärmt der aufgeklärte Atheist auf einmal für die frommen Liedln von der Christa.
Seniora, so fromm sind die Liedl von der Christa wieder auch nicht. Sie wäre einst als Hexe
verbrannt worden.
Chief, was heißt so fromm sind die Liedl von der Christa wieder auch nicht. „We are God's
children but we can't see him. But can you see his love in your eyes“.
Seniora, wenn früher jemand gesagt hat, er kann den
lieben Gott nicht sehen, aber man spürt ihn in den vor
Freude und Lachen strahlenden Augen der Menschen,
dann ist er als Ketzer verbrannt worden. Bei den
zwiederen Katholerern ist das doch eine glatte
Gottesleugnung. Und erst bei den frommen Protestanten.
Ich glaub nicht, dass in Nietzsche Fritzl seine fromme
Mama viel gelächelt hat. Von der strammen Schwester
Liesl erst gar nicht zu reden. Da braucht man sich über
sein Gott ist Tot nicht wundern.
Chief, er hätte das göttliche Lächeln doch bei anderen
Frauen suchen können. Machst du ja auch.
Seniora, dazu war der Fritz viel zu schüchtern und wenn
er es einmal probiert hat, hat sofort die Liesl dazwischen
gefunkt und aus war der göttliche Zauber.
Chief, ich weiß, du kommst vor lauter Küche putzen am Sonntag nicht unter die Leut. Die
Katholerer schauen vielleicht zwieder drein, wenn sie aus der Kirche herauskommen. Die
Auferstehung findet beim Kirchenwirt statt. Da haben auch die, die zuerst in der Kirche
dauernd auf die Uhr schauen, auf einmal unendlich viel Zeit und es tut ihnen auch das Kreuz
vom Sitzen nicht weh.
Seniora, die Pfarrer sollten von den alten Brahmanen lernen. Warum bis zum Kirchenwirten
warten. Gleich zu Beginn beim Eingang statt des Weihwassers ein bisserl Soma verteilen und
selbst die frommste Betschwester wird gleich ein bisserl lockerer.
Chief, du trommelst doch jetzt bei einem vedischen
Agnihotra mit. Wie schaut es denn da mit dem Soma
aus?
Seniora, die Wissenschaft rätselt über die Inhaltsstoffe
von Soma. Ich glaub, das ist bei uns nach einem alten
rituellen Rezept. Is aber eh wurscht. Wenn 15 Leut
ordentlich trommeln, ist das das beste Soma. Des geht
voll eini.
Chief, und ein vedisches Feuerritual ist auch nix Frommes und Heiliges?
Seniora, ich bin mir nicht sicher, ob es was Vedisches ist. Agni ist die vedische Feuergöttin.
Das Feuerritual war ein notarieller Akt beim Erwerb oder bei der Eroberung von Land. Aber
wir trommeln auch indianische Mantras und außerdem räumen wir anschließend ganz brav
wieder den Grund vom Leimlehner Hans. Keine Spur von Besitznahme.
Chief, ich weiß, du bist jetzt der große Religionsgelehrte geworden der Vorlesungen über die
Agni halten könnte und welche Karriere die beim Zarathustra gemacht hat. Die Frage ist nicht
Indianisch oder Indisch, sondern ob du Geschmack am heiligen Zauber gefunden hast.
Seniora, auch wenn du keine religionsgeschichtlichen Vorträge hören willst. Laut dem Eliade
zeichnet das Sakrale ein eigener abgetrennter Raum und eine abgetrennte Zeit aus. Wenn 15
Leut ein paar Minuten im selben Takt trommeln, synchronisiert sich ihr Pulsschlag. Man spürt
über die Trommel den Herzschlag von den andern und lebt in diesem Moment in einem
eigenen Raum und in einer eigenen Trommelzeit. In diesem Sinn ist es was Heiliges.
Chief, wenn die Leute in der Kirche auf die Uhr schauen, beim Kirchenwirt aber nicht, dann
wäre nach deiner Theorie der Kirchenwirt der wahre Priester.
Ja, Seniora, auf die Uhr schauen ist was sehr Profanes. Die Messe ist nur die Aufwärmrunde
für den Kirchenwirten.
Chief, du läufst nun jeden Tag in der Früh durchs nasse Gras. Hat das was mit deinen
Kenianern oder den vedischen Riten zu tun?
Seniora, wie spielen schon ein indianisches Mantra.
Muada Erd, I fühl di unta de Fias,
Muada Erd, I fühl dein Herzschlag.
Ich glaub eher nicht, dass das von den Indianern ist. Die Indianer waren Jäger und Sammler.
Die Idee von der Mutter Erde haben erst Ackerbauern.
Chief, du hast kein Maß und Ziel. Erst der mystische Trommler, vom Herzschlag fühlen und
dann wieder der aufgeklärte Religionsgelehrte.
Seniora, es ist ein abgetrennter Raum und Zeit. Das wird auch bei den alten Indern nicht
anders gewesen sein. Eine mystische Orgie und dann war man wieder sehr handfest praktisch
nach dem Motto die Mystik vergeht, Hektar besteht unterwegs.
Chief, ich hab dich eigentlich gefragt, was dein durch das nasse Gras Laufen in der Früh soll.
Seniora, es hat weder was mit den Indern, noch mit den Indianern und nur sehr am Rande mit
den Kenianern zu tun. Es ist nüchterne Heilgymnastik für die Plantarfaszie.
Chief, du solltest auf den Boden der Realität zurück kommen. Aus dir wird kein kenianischer
Wunderläufer mehr, soviel Ugali und Sumuka-Wiki kannst gar nicht essen. Du ruinierst dir
vom Laufen nur die Füß.
Seniora, am meisten tut mit die Plantarfaszie aber in der Früh beim Aufstehen weh. Wenn ich
die nasse Muada Erd gespürt hab, gehts mir gleich besser.
Chief, die Faszie tut dir in der Früh weh, weil du am Abend Ugali-Kenianer gespielt hast.
Seniora, ich glaub in unserem Alter tut einem einfach ab und zu was weh.Wurscht, ob man
herumsitzt oder Kenianer spielt. Du jammerst ja auch über dies und das.
Na gut, Chief, der Staffellauf der Vernunft hat dich nie erreicht. Es ist sinnlos, wenn man dir
gut zuredet. Ich hab auch nix dagegen wenn du ab und zu Sukuma-Wiki mit Ugali kochst. Hat
eh ganz gut geschmeckt. Die Betonung liegt aber auf ab und zu.
Ja Seniora, denn Liebe ist, wenn ihr ab und zu sein Ugali schmeckt, obwohl sie Polenta für
ein Schweindlfutter hält.
Ja, Chief, denn Liebe ist, wenn ihr ab und zu sein Ugali schmeckt, weil sie schon froh ist, dass
er in seinem Läufer-Wahn nicht jeden Tag Schweindlfutter kocht.
Verwendete Literatur:
Jan Fitschen: Wunderläuferland Kenia, Unimedia.
Mircea Eliade: Das Heilige und das Profane. Vom Wesen des Religiösen. Insel Taschenbuch.
1. Das kenianische Ugali/Polenta ist weißlich und nicht gelb wie bei uns.