Kaiserin Josèphine
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Kaiserin Josèphine
Sandra Gulland Kaiserin Josèphine Preis: EUR 9,90 Broschiert - 496 Seiten - Fischer (Tb.), Frankfurt / Krüger- Verlag, Frankfurt (Der- Club Edition) Erscheinungsdatum: Nov. 2002 ISBN: 3596152984 Übersetzt aus dem Englischen durch Sigrid Gent 1794: Revolution! In Frankreich herrscht der Jakobiner- Klub und ihr Terrorregime. Ihm zum Opfer fällt der Offizier der Rheinarmee Vicomte Alexandre de Beauharnais; er war der erste Mann der Frau, die bald die First Lady Europas werden sollte. Sie, Josèphine, Tochter eines Plantagenbesitzers lernt noch während ihrer Ehe mit de Beauharnais den jungen Brigadegeneral Bonaparte kennen, der zum 1. Konsul und später zum Kaiser der Franzosen avanciert. Josèphine, bereits seit 1796 mit Napoleon Bonaparte verheiratet wird damit zur damalig einflussreichsten Frau Europas und erlebt Höhen und Tiefen des Lebens am Hofe hautnah mit. Sandra Gulland hat die Geschichte dieser Frau in einer Trilogie historischer Romane gebannt; nach „Josèphine“ und „Josèphine und Napoleon“, setzt der dritte Teil „Kaiserin Josèphine“ direkt in der Zeit an, in der Sie sich auf der Stufe zur Kaiserin bewegt, bis hin zur Scheidung und ihrem Tod in Einsamkeit. Das 496-seitige Buch erschien im November 2002 im Fischer- Verlag zum Preis von € 9,90. Hier im März 1800 setzt sie die Geschichte dieser schillernden Frau wieder an, als sie sich in der Tuillerien, dem alten Königsschloss, niederlässt. Nach der Übername der Macht regiert Napoleon durch Kriege ein immer größer werdendes Reich; Josèphine, die Vertraute und Geliebte, eine geschätzte Ratgeberin und manchmal Trösterin ist immer an seiner Seite. Aus der Liebe aus alten Tagen wird jedoch bald eine „Nutzliebe“. Josèphine wird zum Teil der Politik ihres einflussreichen Mannes, indem sie ihm- als Verbindung zwischen alter aristokratischer und moderner Ordnung- nötige politische Akzeptanz im Volk verschafft; er bezahlt im Gegensatz ihre Schulden. Sie lässt ihre Finger aus dem Spiel der Politik, verheiratet jedoch ihre Tochter Hortense aus der ersten Ehe mit dem Bruder Napoleons, Louis, aus der der spätere Kaiser Napoleon III. hervorgeht. Josèphine erfreut sich zunehmender Popularität, nachdem sie von ihrem Mann 1804 zum Kaiser gekrönt wird, doch ihre Ehe wird durch die Unfähigkeit Kinder zu gebären überschattet. 1809 ist Napoleon mit ihr am Ende: Er scheidet sich nach dem von ihm im Code Civil gestaltetem Recht von Josèphine „im beidseitigen Einvernehmen“ zum Wohl des Volkes und heiratet daraufhin die österreichische Kaisertochter Marie- Louise von Habsburg. Von ihr erhält er schließlich das erwünschte Kind, während sich Josèphine zusehends mit dem Titel einer Kaiserinnenwitwe in ihr persönliches Anwesen Malmaison zurückzieht. Dort lebt sie noch einmal ein einsames, zurückgezogenes aber verschwenderisches Leben und verstarb schließlich am 29. Mai 1814 an einer Grippeinfektion in ihrem goldenen Käfig. Auch wenn sie sich mit Gegnern „ihres Bonaparte“, wie Zar Alexander I., den sie „Alex“ nennen durfte bis zuletzt traf, so war sie doch bis an ihr Lebensende einsam und verliebt in Napoleon. Ihre Liebe hat Betrug, Verbannung und selbst den Tod überdauert. Diese einzigartige Liebesgeschichte und ihre Wandlung sind bis zum bitteren Ende festgehalten in diesem einen Buch. Die Autorin, Sandra Gulland, eine kalifornische Lehrerin und Lektorin hat sich mit ihrer Trilogie und besonders mit diesem dritten Band einen Spitzenplatz unter den Autoren, gerade von historischen Romanen, gesichert: Es ist ein Buch in der Ich- Perspektive, wie von Josèphine persönlich geschrieben und in Tagebuch- Form verfasst worden. In langjährigen Quellenstudien hat Gulland das Leben der Josèphine de Beauharnais rekonstruiert. Sie sammelte dazu Briefe, Tagebuchaufzeichnungen, sonstige Notizen und Dokumente zahlreicher ihrer Angehörigen und versuchte- Tag für Tagsich in die Kaiserin Josèphine hineinzuversetzen. Zahlreiche Briefeinsbesondere von Napoleon fließen ungekürzt in das Buch mit ein. Der Versuch ist ihr gelungen: Es ist ein in sich abgeschlossener Roman, der das Leben einer einzigartigen Frau in einer der interessantesten Zeiten Europas rekonstruiert und eine sagenhafte Liebesgeschichte dokumentiert. Das war es wohl auch, was die britische Zeitung „The Guardian“ dazu brachte zu schreiben: „Josèphine ist die Jackie O. ihrer Zeit“. Gulland schuf um Josèphine einen Mythos und sie muss durch ihre Recherchen die Person sehr gut kennen gelernt haben, da sie Josèphine genau so charmant darstellt, wie der bekennend in sie verliebte Biograf André Castelot. Zudem hat sie keinen tristen, sondern einen temporeichen Roman geschrieben, der mit vor Leben sprühenden Personen bestückt ist. Viele Kritiker jedoch stören sich an dem tagebuch- ähnlichen Aufbau, wobei Josèphine doch eine „schreibfaule“ Persönlichkeit gewesen ist. Doch besser hätte man diesen Roman nicht aufbauen können. Wer das Buch erstmalig in der Hand hält geht mit der Erwartung an das Buch, eine Mischung aus Tragödie und Liebesgeschichte, gewürzt mit historischem Hintergrund zu bekommen. Der historische Hintergrund überwiegt- wohl auch durch die gewaltigen Studien zu Josèphine, doch der Leser kommt nicht zu kurz. Eingangs sind zahlreiche Namen und Charaktere verwirrend, doch im Anhang lassen sich neben einer Chronik der wichtigsten Geschehnisse, ein ausführliches Namensverzeichnis, ein Stammbaum der Linien Beauharnais und Bonaparte ebenso finden wie das Schreiben von Eùgene, dem Sohn Josèphines aus erster Ehe an Napoleon über den Tod seiner Mutter; ein Epilog klärt über jegliche Geschehnisse um Napoleon, ihrer Familie und Frankreich nach Josèphines Tod auf. „Kaiserin Josèphine“ ist eine aufregend schillernde und packende Lektüre. Wer auf der letzten Seite angekommen ist, denkt sich tatsächlich, dass man selber eine Freundin verloren hat, mit der man noch vor wenigen Kapiteln am Tisch mit der Familie gesessen hat. Martin Knust