Ausbildung türkischer Jugendlichen
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Ausbildung türkischer Jugendlichen
Ausbildung türkischer Jugendlicher in Deutschland “ Meslek Altın Bileziktir!“ (*) (Übersetzung dieses türkischen Sprichwortes: Beruf ist ein goldenes Armband!) 1.Bestandsaufnahme: Im Dezember 2000 lebten ca. 2 Mio türkische Migranten (27,4 Prozent aller Ausländer) im Bundesgebiet. Der Anteil der bereits hier geborenen Türken beträgt 37,4 Prozent. (Quelle:Bericht der Bundesregierung für Auslaenderfragen) Arbeitslosigkeit ist eines der wichtigsten Probleme der türkischen Migranten in Deutschland. Die Arbeitslosenquote der türkischen Bevölkerung ist mit mehr als 21 Prozent doppelt so hoch wie die Arbeistlosenquote insgesamt im Bundesgebiet. Der Grund und die Lösung liegen ineinander: Qualifizierung! Rund 87 Prozent der beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldeten Türken sind ohne abgeschlossene Berufsausbildung. (Quelle:Bundesanstalt für Arbeit, Ref.11165) Wenn sich dieses Problem in bezug auf die Qualifizierung in der nachfolgenden Generationen fortsetzt, kann man davon ausgehen, dass die Arbeitslosigkeit bei Jugendlichen vorprogrammiert ist. Die Anzahl der türkischen Auszubildenden betrug im Jahr 1988 32.435 und stieg bis 1993 kontuierlich auf 56.100 an. In den darauffolgenden Jahren ist diese Zahl bis zum Jahr 2000 auf 39.866 gesunken. Dementsprechend sind auch die Zahlen der Ratsuchenden, Bewerber und noch nicht vermittelten Bewerber türkischer Herkunft gesunken. (Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserie 11) Die im Vergleich zu deutschen Schulabgaengern schlechtere Schulbildung von auslaendischen Jugendlichen hat weitreichende Auswirkungen auf deren weitere berufliche Qualifizierung, die sich seit 1993/94 verschlechtert hat. Waehrend bei deutschen Jugendlichen und jungen Erwachsenen nur ca. 8 Prozent ohne Ausbildung bleiben, liegt die Ungelerntenquote bei türkischen Jugendlichen mit ca. 40 Prozent fünfmal höher. Diese Quote liegt bei Auslaendern bei ca. 30 Prozent.( Quelle: Bericht der Bundesregierung für Auslaenderfragen) -Qualifikation und Integration: Ohne Zweifell gibt es einen engen Zusammenhang zwischen beruflicher Qualifikation und Integration. Berufliche Integration erleichtert die soziale Integration und kann darüber hinaus auch zur Völkerverstaendigung beitragen. Integration bedeutet Anpassung an die jeweilige Mehrheitsgesellschaft ohne Verlust seiner eigenen Identitaet und sie erfordert gegenseitige Mühe und Geduld. (”Das Gras waechst nicht schneller, auch wenn man daran zieht!”) Voaussetzungen für gesellschaftliche Integration; die wechselseitige Akzeptanz und Torelanz zwischen Bevölkerungsgruppen (Integration ist keine Einbahnstrasse!) und Chancengleicheit in Arbeitsmarkt, Bildung und Ausbildung. Ausbildung ist keine rein wirtschaftliche Frage, sondern auch eine gesellschaftliche. Denn wer eine Ausbildung absolviert, lernt neben ökonomischen auch gesellschaftliche Regeln und Gesetze und weiss schliesslich besser, wie er sich in der Gesellschaft bewegen muss, um Erfolg zu haben. Die jungen Menschen ausländischer Herkunft in Deutschland, die eine Ausbildung machen, verbessern ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt und haben ein besseres subjektives Empfinden in Deutschland. Das ist nicht anderes als Integration! Waehrend dieses Prozesses lernen sie andere Mitschüler kennen, sie entwickeln gegeseitiges Verstaendnis im sozialen Zusammenleben und Solidaritaetsgefühl in der Arbeit, sie bauen Vorurteile ab. Das ist nichts anderes als Völkerverstaedigung! 2.Gründe für ein geringes Interesse türkischer Jugendlicher an einer Ausbildung Die Teilnahme der jungen Menschen türkischer Herkunft an den beruflichen Ausbildungsmassnahmen in Deutschland ist nach wie vor nicht befriedigend. Die Hauptgründe dafür können folgende sein: -Informationdefizit: Für den Erfolg in der modernen Informations-und Wissensgesellschaft ist die Aus- und Weiterbildung entscheidend. Für die Integration der Jugendlichen sind nicht nur Sprachkennisse, sondern auch eine gute Schul-und Berufsbildung von wichtiger Bedeutung. Die türkischen Jugendlichen und deren Eltern haben noch zu wenige Informationen über das deutsche Bildungssystem bzw. das duale Ausbildungssystem in Deutschland. -Deutsche Sprache Die deutsche Sprachkompetenz ist für den Schulerfolg, das gesellschaftliche Leben und die Integration auf dem Arbeitsmarkt von entscheidender Bedeutung. Insbesonders hat man nach der Pisa-Studie festgestellt, dass Kinder mit Migrationshintergrund über keine guten Deutschkenntnisse verfügen. Ein Dilemma ist, dass vielen türkischen Schülern die Sprachkompetenz fehlt. Das Ergebnis einer Berliner Studie ergab, dass 60 Prozent der Zuwandererkinder einfachste deutsche Saetze nicht verstehen. Selbsverstaendlich kann das Lesen als Mittel für besseres Verstehen nicht funktionieren. Misserfolge können nur durch eine besondere individuelle Förderung abgebaut werden. -Mangel an Ausbildungsstellen Die qualitativ hochwertigen Ausbildungsstellen sind in Deutschland immer knapp. Junge Menschen türkischer Herkunft haben nach wie vor Schwierigkeiten bei der Suche nach einem entsprechenden Ausbildungsplatz. Es gelingt ihnen selten, eine Ausbildungsstelle für sogenannte Traumberufe zu bekommen. -Stellenwert / Über- und Unterforderung der Kinder Aus verschiedenen traditonellen Gründen hat Ausbildung bei türkischen Familien keinen hohen Stellenwert. Die Neigung der Eltern für “Weiss-Kragen-Berufe” ist unvergleichbar hoch, sogar manchmal übertrieben hoch. Erfahrungsgemaess überfordern viele türkische Eltern ihre Kinder mit der Entscheidung, einen akademischen Abschluss zu erreichen. Andererseits gibt es auch Jugendliche, die in der Lage sind, besseres zu erreichen und unterfordert werden. Realistische Entscheidungen über die berufliche Zukunft sind nicht immer der Fall. -Schlechte schulische Voraussetzungen Es gibt noch Kinder türkischer Herkunft, die keinen Kindergarten besuchen. Fast ein Drittel der türkischen Kinder haben keinen Haupschulabschluss. Nach wie vor sind türkische Schülerinnen und Schüler an Realschulen und Gymnasien unterrepraesentiert, waehrend sie an Haupt-und Sonderschulen überpraesentiert sind. Diese Situation erschwert den Einstieg in eine Qualifikation. -Schnelles Geld Sehr viele Jugendliche machen keine langfristige Lebensplanung und bevorzugen sie anstatt einer 3-4 jaehrigen Ausbildung schnelles Geld durch Hilfsarbeit. -Benachteiligung “Benachteiligung” findet nicht nur auf körperlicher oder geistiger Ebene statt, sondern Menschen können auch sozial- und bildungsbenachteiligt sein. Dem Bericht der Beauftragte der Bundesregierung für Auslaenderfragen 2002 zufolge, besteht eine Benachteiligung türkischer Kinder und Jugendlicher im Bildungs-und Ausbildungssystem nach wie vor. Die Bildungslücke zwischen den deutschen und türkischen Jugendlichen ist sehr gross. Diese Jugendlichen zeichnen sich zumeist durch einen oder mehrere der folgenden Punkte aus; fehlende grundlegende Kulturtechniken, fehlende Deutschsprachigkeit, Herkunft aus sozial schwachen Familien, fehlender Schulabschluss. (Quelle: Bundesanstalt für Arbeit, ibv) Sie sind stark in jenen Berufen vertreten, die schlechte Arbeitsbedingungen, niedrigen Lohn und geringe Aufstiegschancen bieten (Quelle: BIBB, Kompetenzen fördern) Die allgemeine Ausbildungssituation ist schwierig, zumal die Jugendlichen mit Migrationshintergrund unter einem staendigen Verdraengungswettbewerb stehen. Sie haben wenig Chancen, in den neu geordneten Berufszweigen einen Ausbildungsplatz zu bekommen. (Quelle: IG Metall, Betriebl.Qualifizierung) In allen Ausbildungsbereichen werden Jugendliche türkischer Herkunft im Vergleich zu ihrem Bevölkerungsanteil unterdurchschnittlich ausgebildet. Türkische Jugendliche, die eine betriebliche Ausbildung machen, sind vor allem in den Bereichen des Handwerks sowie Industrie u. Handels beschaeftigt. Vor allem sind sie im Öffentlichen Dienst sehr benachteiligt. Der Anteil der Auslaender am Öffentlichen Dienst liegt nach Angaben des Statistischen Bundesamtes unter ca. 2,6 Prozent (Den Anteil der türkischen Migranten schaetzt man unter 1 Prozent!) - Keine Vorbilder Um junge Menschen für eine Ausbildung zu motivieren, ist es sinnvoll, Ihnen gute Vorbilder der eigenen Ethnie bzw. der eigenen Community aufzuzeigen. Gerade in der türkischen Gesellschaft in Deutschland fehlen solche Vorbilder. -Fragen bei den Beratungsdiensten Fachpersonal (Berater, Betreuer, Beauftragte, Lehrer usw.) für türkische Jugendliche und Familien sind meistens nicht aus diesem Kreis gewählt und haben keine ausreichende Informationen über die kulturellen Hintergründe, was für die berufliche Beratung und Förderung dieser Zielgruppe nicht immer optimal ist. -Rückkehrorientierung Die Rückkehrorientierung mancher türkischer Eltern bis in die 80er Jahre bedingt eine ungewisse Aufenthaltsdauer in Deutschland, so dass allein aus diesem Grund oft auf den Anfang einer “langen” beruflichen Qualifizierung verzichtet wird. -Das enge Berufsspektrum Im Gegenteil zu deutschen Jugendlichen sind türkische Jugendliche auf wenige Berufe beschränkt. Beispielsweise wählen Mädchen häufig den Beruf der Friseurin und Jungen den Beruf des Kfz-Mechanikers. Das führt zu einer geringeren Ausbildungsbeteiligung. -Nachholbedarf bei Maedchen Auslaendische Maedchen/Frauen beendeten Bildungs-und Ausbildungsgaenge im Vergleich zu ausländischen Männern erfolgreicher. 31 Prozent der Auslaenderinnen gelang es nicht, im Jahre 2000 ein Abschlusszeugniss zu erwerben; bei den maennlichen Auslaendern waren es 38 Prozent! Obwohl Maedchen in der Schule erfolgreicher und motivierter sind als die Jungen, werden sie aus verschiedenen Gründen nicht genug gefördert bzw. vernachlaessigt. (Quelle: Bundesanstalt für Arbeit, ibv) -Andere Gründe -Kulturspezifische Testfragen beim Eintritt in eine Ausbildung, -Auslaenderrechtliche Beschraenkungen für auslaendische Jugendliche und Heranwachsende mit begrenzter Aufenthaltsgenehmigung bei der Teilnahme an beruflichen Massnahmen 3.Gründe für den Rückgang Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes ist seit 1993 die Zahl auslaendischer (türkischer) Azubis rücklaeufig! Es gab im Jahr 1993 in Deutschland insgesamt 126.072 Azubis mit Migrationshintergrund (davon Türken: 56.100, 44,5%). Im Jahr 2000 nahmen nur ca. 96.666 junge Auslaender an einer Ausbildung teil (davon Türken: 39.850, 41,2%). Im Vergleich dazu hat die Anzahl der Schüler zugenommen und aufgrund der langen Aufenthaltsjahre der Migranten haben sowohl Eltern als auch Jugendliche in der Relation zwischen früher und heute mehr Informationen über die Ausbildung erhalten. Auch können schulische Probleme nicht mehr wie in früheren Jahren als Argumentation angeführt werden. Denn diese Jugendlichen sind in den allgemeinbildenden Schulen erfolgreicher als früher. Jeweils ein Drittel legte die Haupt-oder Realschulreife ab, jeder siebte Schulabgaenger hatte Abitur. Das heisst, für die Aufnahme einer beruflichen Ausbildung sind die heutigen Voraussetzungen besser als vor einigen Jahren! Der Grund für diesen bedenklichen Rückgang ist bis heute noch nicht empirisch untersucht worden! Die Vermutungen für diese negative Entwicklung sind wie folgt: -Integration auf Nulltarif In der Zeit, als sich Deutschland wiedervereinigte, war die Auslaenderpolitik nicht Thema Nummer eins und damit auch die Ausbildungsprobleme türkischer Jugendlicher nicht. In diesen Jahren wollte man hier sparen . Zuerst wurde bei Migranten (Berater, Betreuer, Lehrkraefte, Dienststellen usw.) gespart. Erst in den letzten Jahren hat man begriffen, dass sich durch den langen Aufenthalt die Probleme nicht von selbst auflösen und Integration auf Nulltarif nicht möglich ist. -Statistik Aufgrund der zahlreichen Einbürgerungen in den letzten Jahren wurde es schwierig, Migranten nach ihrer Herkunft statistisch zu erfassen. Die amtlichen Statistiken geben keine klare Auskunft über Personen mit Migrationshintergrund, die die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen haben. D.h. die Personengruppe “verschwindet” aus der Statistik und wird lediglich als deutsche Staatsbürger erfasst.(Diese Unklarheiten werden uns vielleicht in der Zukunft mehr beschaeftigen.) -Türkei -EU Beziehungen Die türkisch-europäischen Beziehungen waren in den letzten Jahren nicht sehr optimal. Eine positivere Entwicklung der Beziehungen haette zum Beispiel die direkte Anwendung der Türkei-EWG Assoziationsratsbeschlüsse 1/80,3/80 ermöglicht, was viele Benachteiligungen türkischer Staatsangehöriger –auch im Bildungsbereich- haette verhindern können. Andererseits haette es Begrenzungen beim Erhalt des BaföG, Teilnahme an EU-Programmen wie Sokrates, Leonardo da Vinci, Europäisches Jahr der Sprachen usw. aufgehoben, sowie mehrere Schüleraustauschprogramme ermöglicht usw. Letzendlich haette es die Bildungsund Ausbildungsbereitschaft der jungen und heranwachsenden türkischen Staatsangehörigen sehr positiv beeinflusst. -Fremdenfeindlich motivierte Gewalt Fremdenfeindliche Straftaten gegen Menschen auslaendischer (türkischer) Herkunft erreichten in den Jahren 1993-94 ihren Höhepunkt (Quelle: Bericht der Beauftragten der Bundesregierung für Auslaenderfragen 2002). Dies hatte zur Folge, dass ausländische bzw. türkische Familien wieder “ein rückkehrorientiertes Leben” führten. Das heisst, sie haben sich aus dem gesellschaftlichen Leben zurückgezogen und ein kurzfristiges Leben geplant, was weniger Investition in Bildung / Ausbildung, weniger Aufgeschlossenheit sowie keinen Dialog mit Einheimischen und Behörden sowie erhöhte Sparsamkeit bedeutete. -Bedeutung der türkischen Sprache Aufgrund der intensiveren Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei in allen Bereichen brauchen vor allem Unternehmer Fachkraefte, die Sprachen beider Laender gut beherrschen. Diese Fachkräfte sind jedoch schwierig zu finden, da die Mehrsprachigkeit in Deutschland bzw. das Beherrschen beider Sprachen (hier:Türkisch) noch nicht als ein Vorteil bewertet wird. Die türkische Sprache ist nicht nur ein Gewinn für die in Deutschland lebenden Kinder und Jugendlichen türkischer Herkunft, sondern auch für die deutsche Gesellschaft und die exportorientierte Wirtschaft. 4. Konkrete Lösungsvorschlaege Berufliche Ausbildung ist für jeden wichtig. Das ist für jungen Menschen mit Migrationshintergrund wichtiger, da sie dadurch zusaetzliche Vorteile (gegen überpropotionale Arbeitslosigkeit ,gegen Chanchenungleichheit usw. ) schaffen. Folgende Massnahmen können die Problematik mildern: -Informationen für Jugendliche und Elternarbeit Für die Motivation und Beratung der Jugendlichen ist die Elternarbeit sehr wichtig. Dies ist aus bestimmten traditionellen Gründen bei türkischen Familien wichtiger als bei deutschen Familien. Den Verantwortlichen ist es bis heute nicht ganz gelungen, die türkischen Familien zu erreichen und einzubeziehen. Ohne Unterstützung der Eltern kann man wenig erreichen, da die türkische Gesellschaft anders organisiert ist als die deutsche . Berufsentscheidungen werden bei türkischen Familien oft mit den Eltern zusammen getroffen. Zumindest eine höfliche Zustimmung ist gefragt. Da wir in einer Informations-und Wissensgesellschaft leben, müssen Jugendliche und ihre Eltern zunaechts über deren vorhandene Rechte und Pflichten sehr gut informiert werden. Für ihre Sensibilisierung soll ihnen zur Kenntnis gegeben werden, dass junge Menschen türkischer Herkunft beim erfolgreichen Abschluss einer beruflichen Ausbildung zum Beispiel gute berufliche Chancen und Chancen auf dem Arbeitsmarkt auch in der Türkei haben können, oder sich selbstaendig machen können usw. Ausserdem muss ihnen das breite Berufsspektrum in Deutschland bekannt gemacht werden, damit sie es für sich entdecken und nutzen können. Ausbildung liegt im Interesse der BRD und der Türkei und das Informationsdefizit kann nur durch gute deutsch-türkische Zusammenarbeit schneller behoben werden. -Gleichstellung/Gezielte Massnahmen “Der demografischen Entwicklung entsprechend wird der Anteil der Menschen mit Migrationhintergrund an der erwerbsfaehigen Bevölkerung steigen. Daher sind Anstrengungen zur Verbesserung der Aus- und Weiterbildung dieses Personenkreises erforderlich.”(Quelle : Bundesinstitut für Berufsbildung, Kompetenzen fördern) Gleichstellung , Akzeptanz und Toleranz sind die wesentlichsten Voraussetzungen für soziale und berufliche Integration der Migranten in jedem Land. Nach der Pisa-Studie wurde erst die Bildungspolitik in Deutschland – auch aus der Perspektive der Migrantenkinder - ausführlich diskutiert. Diese Diskussion führte uns u.a. zu einem wichtigen Ergebnis: Zwischen Chancengleichheit und Herkunft gibt es einen Zusammenhang. Die Schere zwischen leistungsstarken und leistungsschwachen Schülern in Deutschland ist sehr gross. Die Studie zeigt, dass es die Zuwandererkinder in Deutschland schwerer haben gute Leistungen zu erbringen als in anderen Staaten.Es ist vor allem die Aufgabe der Politik, die Bildungs-und Ausbildungssituation für türkische Kinder durch gezielte Massnahmen zu verbessern. Daher muss Chancengleichheit im deutschen Bildungssystem gründlich überprüft werden. Für die Umsetzung der Chancengleichheit ist es nicht notwendig solange zu warten, bis ein Antidiskriminierungsgesetz nach europaeischen Richtlinien im Jahr 2003 verabschiedet wird. Vor allem kann der Öffentliche Dienst mit gutem Beispiel voran gehen, indem er seine Türen auch für junge Menschen mit Migrationshintergrund öffnet. Jeder, unabhaengig davon ob stärker theoretisch oder praktisch begabt, muss die bestmögliche Bildungschance nach seinen individuellen Faehigkeiten erhalten. -Multiplikatorenpotential Jede türkische Familie und jeden türkischen Jugendlichen einzeln erreichen zu wollen, ist unrealistisch. Eine ungenutzte Potential sind die Multiplikatoren türkischer Herkunft. Durch die Motivation der Multiplikatoren wie türkische Lehrer, die Hodschas in den Moscheen, die Vereinsvorsitzenden und weitere wichtige Persönlichkeiten kann die türkische Gesellschaft besser angesprochen und für die Sache sensibilisiert werden. -Fachpersonalfrage bei Beratungsdienste Es ist empfehlenswert, Fachpersonal für die Beratungsdienste türkischer Jugendliche und Familien auch aus diesem Kreis zu wählen. Türkische Jugendliche werden selbstverstaendlich besser beraten, da sie meist den selben Werdegang haben und/oder die kulturellen Hintergründe besser kennen. Ausserdem wird immer positive Wirkungen haben, wenn die Zielgruppe selbst in die Entscheidungsebene einbeziehen bzw. Bestandteil derer sein kann. -Türkisch als Fremdsprache bzw Handelssprache endecken Die Chancen auf dem internationalen Arbeitsmarkt werden durch Sprachkenntnisse erhöht. Sprachkenntnisse werden im Beruf immer wichtiger und eröffnen auf der ganzen Welt neue Chancen! Die schnell wachsende Bedeutung von Internationalisierungs- und Globalisierungsprozessen in der Wirtschaft zwingt Unternehmen dazu, mehrsprachige Fachkraefte einzustellen. Obwohl Türkisch eine der meistgesprochensten Sprachen der Welt ( in Deutschland die zweite) ist, wird sie nicht genügend berücksichtigt. Hier wird ein wichtiges vorhandenes Potential bis jetzt ignoriert. Die Anerkennung der Muttersprache würde einerseits die Identitaet bzw. Persönlichkeitsbildung staerken und andererseits die jungen Leute fürs Lernen stärker motivieren. In der Zukunft werden sprachlich gewandte Fachkraefte noch mehr benötigt. Ausserdem ist Deutschland der wichtigste Handelspartner der Türkei. Mann kann auch von dieser sprachlichen Möglickeit Gebrauch machen und somit den bestehenden Handel weiter ausbauen. Ferner wird Türkischsprachiges Fachpersonal insbesonders in der Kranken –und Altenpflege dringend benötigt. Daher sollten hier Fremdsprachen u.a. Türkisch staerker waehrend der Ausbildung vermittelt werden. -Türkische Unternehmen Türkische Migranten haben in zweifacher Hinsicht Anteil an der Berufsausbildung im dualen System: Als Auszubildende und als ausbildende Unternehmer. In beiden Gruppen liegt ein grosses Potential. Es gibt bundesweit rund 281.000 Unternehmen, deren Besitzer ausländischer Herkunft sind (ca. 60.000 türk. Unternehmen mit ca. 250.000 Beschaeftigten). Rund 30 Prozent der deutschen Unternehmen bilden aus, jedoch nur 6 Prozent der auslaendischeUnternehmen. Auslaendische Unternehmen könnten mehr als 10.000 zusaetzliche Ausblidungsplaetze bereit stellen. Ein Hindernis dafür ist, dass viele potenzielle Ausbildungsbetriebe wenig über das deutsche Berufsausbildungssystem wissen. Sie müssen über die Vorteile für ihren eigenen Betrieb informiert werden. (z.B: motivierte Mitarbeiter gewinnen, Aufwertung des Image sowie Diziplin und Selbstkontrolle im Betrieb haben..), wenn sie ausbilden. -Selbstorganisationen/Vereinigungen Die von türkischen Bürgern gegründeten Selbstorganisationen (Dachverbaende/Vereine), können praktisch zwei wichtige Aufgaben übernehmen: Erstens können sie als soziale Traeger Massnahmen anbieten, zweitens können sie eine Brückenrolle zwischen den Institutionen/Projekten und den jungen Migranten und deren Eltern übernehmen. Ausserdem ist es heutzutage Aufgabe jedes modernen Staates, die Selbstorganisationen über ihre Angelegenheiten mitreden und mitgestalten zu lassen. Um ein größtmögliches Maß an Effektivität erreichen zu können, müssen diese Organisationen finanziell und materiell unterstützt werden. -Notwendigkeit der Deutsch-Türkischen Zusammenarbeit Die Problematik ist bilateral und erfordert eine enge Zusammenarbeit, denn: Die Erhöhung der Bildungsbeteiligung türkischer Jugendlicher würde nicht nur die Integration in die Gesellschaft erleichtern, sondern auch künftig den Fachkraeftemangel der deutschen Wirtschaft mindern. Es müssen mehr Netzwerke unter den jeweiligen deutsch-türkischen Institutionen gebildet werden, die gute Massnahmen ( good practice-Angebote) bei türkischen Familien bekannt machen. -Gesellschaftliche Aufgabe Bildung und Ausbildung der türkischen Jugendlichen ist nicht allein die Aufgabe der Eltern oder Schulen, sondern sie ist eine gesellschaftliche Aufgabe. Institutionen, Vereine, Gewerkschaften, Auslaenderbeirate, Presse, Konsulate, Unternehmer .. müssen dafür zusammen arbeiten. 5.Zukunftsmusik -Anerkennung der türkischen Diplome Mit der Anerkennung der in der Türkei erworbenen Berufszertifikate oder Zeugnisse gibt es grosse Probleme, die ein Hindernis für viele Jugendliche oder Heranwachsende türkischer Herkunft darstellt. Die Lösung dieser Frage könnte eine größere Motivation für die Weiterbildung bedeuten und darüber hinaus einen Zugewinn neuer qualifizierter Fachkraefte für die deutsche Wirtschaft. -Rechtsanspruch auf Ausbildungsstellen Mangel an Ausbildungsstellen ist seit Jahren das grösste Handikap für viele Jugendliche. Die Lösung könnte darin liegen, dass alle Jugendliche einen Rechtsanspruch auf einen Ausbildungsplatz haben könnten, wie dies seit einigen Jahren für Kindergartenplätze der Fall ist. Davon werden vorallem die benachteiligten Gruppen profitieren. (*) Bemerkung: “Meslek Altın Bileziktir!” (Deutsch: Beruf ist ein goldenes Armband!) ist ein sehr bekanntes türkisches Sprichwort und weist auf die grosse Bedeutung einer Ausbildung bzw.das Erlernen eines Berufes hin. Mit diesem bedeutsamen Sprichwort wollen wir als Türkisches Generalkonsulat in Zusammenarbeit mit deutschen Institutionen gelegentlich bei allen Veranstaltungen für die türkische Gesellschaft “die Seele der Eltern” ansprechen, damit sie ihre Kinder bei deren beruflichen Bestrebungen unterstützen. In Köln haben sich seit Maerz 2002 namhafte türkischeVereinigungen (25 verschiedene Dachverbaende/Vereine) in Deutschland zu einer Arbeitsgruppe unter selbem Motto “Meslek Altın Bileziktir!” zusammengeschlossen und arbeiten gemeinsam vorbildlich für die Förderung der Ausbildung türkischer Jugendlicher. Köln,17.11.2002 Metin ERDOĞAN Arbeits-u.Sozialattaché Im türkischen Generalkonsulat Köln Lüxemburger Str.285 50354 Hürth Tel/Fax:02233/76732 e-Mail:[email protected]