Mit jungen leuten die Next- Generations-it aufbauen - T

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Mit jungen leuten die Next- Generations-it aufbauen - T
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erfahren
cio talk
Mit jungen
Leuten die NextGenerations-IT
aufbauen
Klaus Hardy Mühleck,
Konzern-CIO von
Volkswagen, im Gespräch
mit Hansjörg Meine,
­T‑Systems Global Account
Executive (links), über
den Einzug des Social Web
in die Unternehmen, die
bevorstehende Innovations­
fahrt in der IT-Welt und
die Pole Position der
­Volkswagen Konzern IT in
der Automobilbranche.
Fakten
Der Volkswagen Konzern
Europas größter Automobilproduzent ist eines der
führenden Auto­mobilunternehmen der Welt und beschäftigt
rund 377 000 Mitarbeiter an weltweit 61 Standorten.
Der Volkswagen Konzern erzielte 2009 einen Umsatz von
105,2 Milliarden Euro und lieferte 6,336 Millionen Fahrzeuge
an Kunden in 153 Ländern der Erde aus.
Dabei erreichte das Unternehmen einen Pkw-Weltmarktanteil
von 11,3 Prozent.
Seine neun Marken Volkswagen, Audi, Seat, škoda, Volkswagen Nutzfahrzeuge, Bentley, Bugatti, Lamborghini
und Scania decken das gesamte Fahrzeugspektrum vom Kleinwagen bis zum Luxus-Reisebus und 44-Tonner-Lkw ab.
Best Practice 03 l 2010
Flowerpower do Brasil:
Das bunte Samba-Busmodell
auf seinem Schreibtisch
erinnert Mühleck an eine
Spritztour mit einem original
T2 Kombi, der weiterhin
im Werk Anchieta gebaut wird.
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Herr Mühleck, Sie haben kürzlich gesagt:
„Die IT ist das Nervenkostüm eines
Unternehmens.“ Wann lagen denn Ihre Nerven
das letzte Mal blank?
In einem global ausgerichteten und weltweit vernetzten Unternehmen kann immer etwas schief­
laufen. Das ist normales Business. Dann liegen die
Nerven auch mal blank. Aber wir sind gut vorbe­
reitet, auch kritische Situationen zu meistern. Die
Volkswagen Konzern IT verfügt über ein exzellentes Risikomanagement. So haben wir globale
Steuerungs- und Monitoring-Strukturen sowie Recovery-Prozesse etabliert.
Volkswagen ist deutlich besser durch die Krise
gefahren als andere.
Richtig, im schwierigen Autojahr 2009 haben wir
gegen den Branchentrend zugelegt und Geld verdient. Unsere neun Automobilmarken haben mit
6,3 Millionen Autos einen neuen Auslieferungs­
rekord aufgestellt.
Ihr Unternehmen setzt auf Wachstum.
Wie hält Ihre Konzern IT da Schritt?
Wie halten Sie den Spagat zwischen Kosten­
druck und Innovation aus?
Würden wir mit der Unternehmensentwicklung nur
Schritt halten wollen, hätten wir die Schlüsselrolle
verkannt, die der Konzern IT bei der Umsetzung
unserer Strategie 2018 zukommt. Wir müssen zwei
Dinge zugleich tun: effizient und innovativ sein.
Fotos: Oliver Krato (3), Volkswagen/Kai-Uwe Knoth
„Strategie 2018“ – was ist damit genau
gemeint?
Sie gibt das langfristige Ziel vor, das sich unser
­Unternehmen gesteckt hat: den Volkswagen Konzern bis zum Jahr 2018 zum führenden Automobilunternehmen zu machen. Den Absatz wollen wir
langfristig auf zehn Millionen Fahrzeuge im Jahr
steigern. Darüber hinaus wollen wir aber auch in
der Kundenzufriedenheit und Qualität führend
sein, eine noch ordentlichere Umsatzrendite erwirtschaften und uns zum attraktiven Top-Arbeitgeber entwickeln.
Wo steht Ihre Konzern IT heute?
Da wir keine IT-Company, sondern Automobil­
hersteller sind, ist es unsere vorrangige Aufgabe,
die Informations- und Telekommunikationstechnik
unseres Unternehmens gut zu managen. Das tun
wir im Wettbewerbsvergleich sehr effizient: Nur
rund ein Prozent des Umsatzes fließt jährlich in die
Konzern IT. Das ist im Benchmark der Automobilbranche die Spitzenposition. Und die Pole ­Position
wollen wir halten.
Welche Herausforderungen kommen auf Ihre
Mannschaft zu?
Ihre Dimension für Unternehmen und Konzern IT
wird deutlich, wenn Sie unser langfristiges Jahresabsatzziel von zehn Millionen Fahrzeugen am Auslieferungsrekord von 2009 messen. Hier sprechen
wir von einer Steigerung um rund 58 Prozent über
den Zeitraum von acht Jahren.
Best Practice 03 l 2010
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cio talk
Geschwindigkeit,
Sicherheit und
Verfügbarkeit: Hansjörg
Meine weiß, Volkswagen
hat hohe Ansprüche –
auch bei der Auswahl
strategischer Partner für
seinen globalen
Wachstumskurs.
Setzt die Modulstrategie aber nicht zunächst die Standardisierung
von Prozessen und Systemen voraus?
Richtig. Wir erzielen die größten Effizienzgewinne, indem wir IT-Infrastrukturen über Marken und Regionen hinweg auf einen einheitlichen Technologiestandard heben. Ein Beispiel: Beim „Print Out Management“ haben wir in den
Büros weltweit 52 000 Ausgabegeräte, die entweder faxen, drucken, kopieren oder scannen konnten, durch 17 500 Multifunktionsgeräte ersetzt und in
unser IT-Netz eingebunden. Hier haben wir hier den Energiebedarf um 86 Prozent gesenkt. Unser Unternehmen spart dadurch jedes Jahr mehr als neun
Millionen Kilowattstunden ein. Das entspricht dem jährlichen Energiebedarf
von 1400 Haushalten.
Fotos: Oliver Krato (2), Volkswagen/Kai-Uwe Knoth
Was bedeuten weltweite Effizienzsteigerungen für Ihre Dienstleister?
Auf sie kommt ein Wandel zu. Volkswagen bündelt seine IT-Services heute
überregional und orientiert sich dabei nicht an Ländergrenzen. Das müssen
unsere Dienstleister mittragen, indem sie weltumspannende Konzepte für
Service, Hosting und Betreuung sicherstellen. Wir können es uns heute nicht
mehr erlauben, für jedes Land einen kleinen Service-Provider im Portfolio zu
haben. Da wir beispielsweise unsere Vertriebsregion „Americas“ als Einheit
steuern, muss ein Dienstleister in der Lage sein, Volkswagen von Alaska über
Kanada und Mexiko bis nach Feuerland zu bedienen.
Bei der Auswahl der Partner orientiert sich Volkswagen
vor allem an Kriterien wie Geschwindigkeit, Sicherheit und Verfügbar­
keit. Welche Rolle spielt hier die Telekom Global Network?
Die Deutsche Telekom ist unser Partner im Bereich Wide Area Networks.
Alle Vernetzungen haben wir gemeinsam standardisiert und harmonisiert.
­Damit sind Telekom und ­T‑Systems ein Teil unseres Nervenkostüms.
Wie gehen Sie dabei vor, welche Strategie verfolgen Sie?
Unsere Maxime lautet: mit geringem Aufwand und zu vernünftigen Kosten
größtmögliche Effekte erzielen. Das tun wir in weltweit rund 600 IT-Projekten.
Diese haben wir in marken- und ressortübergreifenden Programmen gebündelt und arbeiten sie nach einem konzernweit gültigen Master Construction
Plan, eine Art IT-Bebauungsplan, ab. Wir haben in drei Phasen große Fortschritte erzielt: Erstens Konsolidierung, hier haben wir in den zurückliegenden
Jahren umfangreiche Restrukturierungen umgesetzt und unsere gesamte IT
auf Effizienz getrimmt. Zweitens Standardisierung von Prozessen, Technologie und Infrastruktur auf Basis konzernweit gültiger IT-Standards. Drittens
­Modularisierung, indem wir unsere IT-Landschaft konsequent umgestalten,
um die Vorteile von IT-Bausteinen nutzen zu können – vergleichbar den modularen Längs- und Querbaukästen in unserer Fahrzeugtechnik.
Wo und wie setzen Sie IT-Module ein, welche Vorteile bringen sie?
Im Zuge unserer Unternehmensstrategie erschließen wir neue Wachstumsmärkte. Hier ist die Konzern IT massiv eingebunden in den Ausbau unseres
globalen Fertigungsverbundes. Für die IT-Erschließung der neuen Werke in
Kaluga (Russ­land), Pune (Indien) und Chattanooga (USA) nutzen wir unser globales Fabrik-Standard-Template UNIT. Mit dieser Kombination von IT-Modulen
decken wir sämtliche Logistik- und Beschaffungsabläufe, Produktionsplanung
und ‑steuerung sowie klassische Querschnittprozesse wie Finanzen, Personal,
Qualitätssicherung und Instandhaltung ab. Damit erreichen wir einen Standardisierungsgrad von bis zu 80 Prozent. UNIT ist bereits an 20 Standorten im
­Einsatz und dient auch der IT-Modernisierung älterer Fabriken. Der modulare
Aufbau erleichtert notwendige Anpassungen an nationale Gegebenheiten wie
unterschiedliche Steuer- und Zollbestimmungen.
Nutzen Sie weitere IT-Module?
In bereits rund 40 Werken setzen wir für die Fertigungssteuerung das Informationssystem FIS ein. Auch hier zahlt sich unsere Modulstrategie aus. Führen wir beispielsweise in Chattanooga innovative Logistikprozesse ein, übernehmen wir diese zügig in den Konzernstandard. Sämtliche Neuerungen werden eingepflegt und stehen mit dem nächsten Release weiteren Standorten
zur Verfügung.
Best Practice 03 l 2010
Als solcher fühlen wir uns auch gut. Diese sehr vitale Nähe schärft unser
Gespür für das, was – oft in kürzester Zeit – von uns gerade gebraucht
wird. Denn ein Kundenproblem betrachten wir immer als unser Problem.
Volkswagen hat einen sehr hohen Anspruch. Auch den, dass ­T‑Systems uns
auf unserem Wachstumskurs um die Welt folgt und künftig auch in Ländern
und Regionen verfügbar ist, in denen das heute noch nicht der Fall ist.
Damit Ihre Autohäuser auch künftig weltweit eine gleich hohe Service­
qualität anbieten können, hat Ihr Unternehmen eine neue
­Fahrzeugdiagnose-Software entwickelt. Welchen Eindruck haben Sie
vom „Offboard Diagnose Informations System“ gewonnen?
Wir haben damit ein System der neuesten Generation mit Online-Anbindung
an die zentralen Konzernsysteme entwickelt. Damit bietet unser Unternehmen
den Servicepartnern aller Konzernmarken sowie freien Werkstattbetrieben
ein Hightech-Tool an, mit dem sie neue und ältere Konzernmodelle noch
­besser warten können. Hier reden wir über ein Projekt von großer Komplexität mit umfangreichen Datensätzen und hoher Variantenvielfalt. Unser Qualitätsanspruch ist klar: Wir rollen dieses innovative Servicetool erst dann in der
Fläche aus, wenn es in der Pilotphase ab November absolut stabil läuft und
performant ist.
Der VW Golf – hier ein Fahrzeug der
sechsten Generation – wurde seit 1974 weltweit
27,4 Millionen Mal gebaut und ist das
erfolgreichste Auto des Volkswagen Konzerns.
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„Ein innovatives
Unternehmen braucht
Digital Natives – junge
Leute, die in der
Welt von Internet und
Consumer-IT denken und
aufgewachsen sind.“
laus Hardy Mühleck,
K
Konzern-CIO der Volkswagen Aktiengesellschaft
Stellt ein Konzern mit mehreren Marken und
Standorten besondere Herausforderungen an
den Konzern-CIO?
Die Vielfalt unseres Mehrmarkenkonzerns ist Herausforderung und Chance zugleich. Den eigenständigen Markenauftritt hegen und pflegen wir.
Gemeinsam mit den CIOs der Marken und der
vier Marktregionen erarbeiten wir Backend-Funk­
tionen. Dafür definieren wir IT-Standards und nutzen sie dann für bis zu neun Marken und 61 Fertigungsstandorte. Beispiele hierfür sind die einheitliche Stückliste und das einheitliche Änderungsmanagement sowie das von allen Marken genutzte
Product-Lifecycle-Management (PLM). So rechnen sich auch anspruchsvolle IT-Programme, die
eine Konzerngesellschaft oder Marke allein nicht
schultern könnte. Dafür wiederum sind Beispiele
unsere Global-Treasury-Plattform und die KonzernBusiness-Plattform der Beschaffung.
Wie finden Sie Ihren
IT-Mitarbeiternachwuchs?
Wir stellen 2010 knapp einhundert Frauen und
Männer ein und planen über die nächsten Jahre
mit weiteren Mitarbeitern. Dabei müssen wir unseren IT-Nachwuchs nicht mit Headhuntern suchen. Im Gegenteil: Volkswagen zählt bei angehenden Ingenieuren zur Top Five im Ranking der
100 beliebtesten Arbeitgeber. Internationale Studien wie jüngst das Center of Automotive Management kommen zu dem Schluss: „Volkswagen ist
der innovationsstärkste Autokonzern.“ Bewerber
wissen die Zukunftsfähigkeit und Stabilität unseres Unternehmens zu schätzen.
Wo sehen Sie aktuell Innovationsschwerpunkte in der IT?
Einerseits fahren wir eine klassische IT. Andererseits investieren wir massiv in Web-2.0-Technologien. Ein innovatives Unternehmen wie Volks­
wagen braucht Digital Natives, junge Menschen,
die in der Welt von Internet und Consumer-IT denken und aufgewachsen sein. Sie holen wir ins
­Unternehmen, um mit ihnen die Next-GenerationsIT aufzubauen.
Vita
Klaus Hardy
Mühleck, 55
Seit 2004 leitet Klaus Hardy
Mühleck die Konzern IT und
ist heute auch Generalbevollmächtigter der Volkswagen
Aktiengesellschaft. Der
Diplomingenieur mit MBAAbschluss in Process Design
und Auto­mation Engineering
kam 2001 als Leiter
Informationstechnologie und
Organisation der Audi AG
zum Volkswagen Konzern.
Zuvor arbeitete Mühleck
in leitenden Positionen bei
DaimlerChrysler und
Mercedes-Benz sowie als
Projetmanager bei Siemens.
Sie benötigen aber nicht nur junge Talente, sondern auch
ausgewiesene Spezialisten.
Wir brauchen einen Mix aus zukunfts- und gegenwartsorientierten Kompetenzen. So müssen wir beispielsweise unser IT-Backbone, mit dem wir unsere Massenapplikationen betreiben, flexibler ausgestalten. Die massiv ins Unternehmen drängende Social-Web-Welt erfordert hier vielfältige Anpassungen. Ebenso bauen wir unser Cloud Computing aus, mit dem wir die
­neuen mobilen Welten gestalten wollen. Hier stehen wir angesichts neuer Entwicklungen vor einer Fülle von Fragen: iPads plus iPhones plus sonstige Mobile Devices, wie werden die Applikationen der Zukunft aussehen? Ist der
Thin Client out, oder ist er durch das iPad schon wieder in? Wie werden die
„Mobilen Dienste“ im Fahrzeug aussehen? Wie werden unsere Kollegen in
­Zukunft arbeiten? Wir befassen uns intensiv mit diesen Themen, da wir bei
dieser Innovationsfahrt eine wesentliche Rolle spielen wollen.
Wie wirkt sich die „Innovationsfahrt“ auf mobile Arbeitsprozesse aus?
Wir werden künftig mehr flexible und mobile Geräte einsetzen. Für umfangreiche Arbeiten bleiben klassischer PC und Laptop aktuell. Zurzeit erleben
wir, wie mit dem iPad ein innovatives IT-Gesicht auf den Markt drängt, das mit
den ingenieurgetriebenen Desktops nicht mehr viel zu tun hat. Das heißt für
die Konzern IT, dass wir im Backend, in den Netzwerken und Rechenzentren
allerhand Kompliziertheiten zu lösen haben. Aber damit brauchen sich unsere Kunden nicht zu beschäftigen.
Sehen Sie in der Business-IT Korrekturbedarf?
Ja, im Rückblick hat sich die IT-Branche zu viel Komplexität geleistet. Früher
sagten Entwickler, wenn sie die ganze Technik beisammenhatten: „Da muss
ich nur noch eine Oberfläche drauflegen.“ Immer mehr Komplexität ist auf die
Benutzermasken übertragen worden. Viele Softwaresysteme sind viel zu
überladen. Ergebnis: mehr Verwirrung und Suchen als Finden und Nutzen.
Und was macht Steve Jobs? Er dreht die Welt einfach um. Mit sich selbst erklärenden Oberflächen macht IT auf einmal Spaß. Ein gutes Beispiel hierfür
sind auch unsere Radionavigationssysteme mit Touchscreen.
Ich bin mir sicher, dass die hohe Akzeptanz intuitiv zu bedienender Oberflächen
dazu führen wird, dass andere Anbieter nachziehen. Dann erleben wir ein Déjàvu aus den 1980er Jahren, als mit dem Desktop Publishing das „What you see is
what you get“-Prinzip und die ersten Pulldown-Menüs auf den Markt kamen.
Ist das für einen gestandenen ITler wie Sie nicht eher frustrierend?
(lacht) Nein, ganz und gar nicht. Das zeigt doch gerade, wie spannend IT sein
kann. Zu Hause erlebe ich diese spannende Welt mit drei Digital Natives. Für
meine Söhne ist das alles etwas Selbstverständliches.
Kontakt: [email protected]
Links: www.volkswagenag.de
www.t-systems.de/automotive
Best Practice 03 l 2010

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