Steuerliche Abziehbarkeit von Krankheitskosten – ein Überblick um

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Steuerliche Abziehbarkeit von Krankheitskosten – ein Überblick um
KMT Treffen
in der Uniklinik Regensburg am 22. Juli 2011
Steuerliche Abziehbarkeit von Krankheitskosten –
ein Überblick um nichts zu vergessen
Steuerliche Abziehbarkeit von Krankheitskosten – ein Überblick um nichts zu vergessen
Der Inhalt
1. Die Grundlagen
2. Die Anrechnung von Erstattungen
3. Ein Krankheitskosten ABC
4. Die Kurkosten
5. Die zumutbare Eigenbelastung
6. Das Berechnungsschema
7. Die Sonderregelungen für Behinderte und für Pflegefälle sowie für
krankheitsbedingte Kinderbetreuung
8. Die haushaltsnahen Dienstleistungen und Handwerkerleistungen
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Steuerliche Abziehbarkeit von Krankheitskosten – ein Überblick um nichts zu vergessen
1. Die Grundlagen
Bei Krankheitskosten handelt es sich steuerlich um sogenannte außergewöhnliche Belastungen
(§33 EStG), die zu einer Verminderung der Steuerlast führen können.
Was sind außergewöhnliche Belastungen?
Außergewöhnliche Belastungen sind Kosten der privaten Lebensführung, die ausnahmsweise – um
die Zwangsläufigkeit dieser Kosten bei der individuellen Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen zu
berücksichtigen – bei der Ermittlung des Einkommens vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen
werden können.
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Steuerliche Abziehbarkeit von Krankheitskosten – ein Überblick um nichts zu vergessen
1. Die Grundlagen
Übersicht über das Steuerberechnungsschema (verkürzt):
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Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft
Einkünfte aus Gewerbebetrieb
Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit
Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit
Einkünfte aus Kapitalvermögen
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
Sonstige Einkünfte
Summe der Einkünfte
Altersentlastungsbetrag
Freibetrag für Land- und Forstwirte
Gesamtbetrag der Einkünfte
Verlustabzug
Sonderausgaben
außergewöhnliche Belastungen
Einkommen
Freibeträge- Härteausgleich
zu versteuerndes Einkommen
u.a. Krankheitskosten; §§ 33, 33b EStG
Bemessungsgrundlage für die festzusetzende
Einkommensteuer (ESt = BMgr. für die
Zuschlagsteuern KiSt, SolidZ)
Grundfreibetrag:
Für Ledige € 8.004, Grundtabelle
Für Verheiratete € 16.008, Splittingtabelle
progressiver Steuertarif
Steuerermäßigungen
LSt, KapESt, ESt-VZ werden angerechnet
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2. Die Anrechnung von Erstattungen
Erstattungen von Krankheitskosten sowie von Dritten gewährte Zuschüsse mindern die abziehbaren
Krankheitskosten.
Es sind auch solche steuerfreie Erstattungen anzurechnen, die erst in einem späteren Jahr ausgezahlt
werden. Anzurechnen sind insbesondere Beihilfen des Arbeitgebers sowie Ersatzleistungen einer
Krankenversicherung; Zahlungen einer Krankenhaustagegeldversicherung werden nur bis zur Höhe der
Kosten des Krankenhausaufenthalts angerechnet; Leistungen einer Krankentagegeldversicherung
mindern die abziehbaren Krankheitskosten nicht.
Der Abzug von Krankheitskosten setzt voraus, dass der Steuerpflichtige andere Ersatzmöglichkeiten
ausgeschöpft hat; z. B. müssen Ersatzansprüche gegen die Krankenkasse erfolglos geltend gemacht
worden sein.
Der Bezug von (gesetzlichem) Krankentagegeld unterliegt dem Progressionsvorbehalt. Die Leistung
einer privaten Krankentagegeldversicherung unterliegt nicht dem Progressionsvorbehalt.
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3. Ein Krankheitskosten ABC
Arznei- und Hilfsmittel
Aufwendungen für Arzneimittel auch für nicht rezeptpflichtige Medikamente sowie für allgemeine
Stärkungsmittel sind abziehbar, wenn eine schriftliche ärztliche Verordnung vorliegt.
Aufwendungen für Frischzellenbehandlung, Ayur-Veda-Therapien und ähnliche, von der
Schulmedizin nicht einhellig anerkannte Methoden werden nur berücksichtigt, wenn die
medizinische Indizierung dieser Behandlung im Einzelfall durch ein vor Ihrem Beginn erstelltes
amtsärztliches Zeugnis nachgewiesen ist.
Auf Privatverordnung beruhende Aufwendungen für Schmerzmittel in ungewöhnlich großem
Umfang sind nur abziehbar, wenn die Krankenversicherung den Ersatz trotz schriftlicher
Aufforderung abgelehnt hat. Berücksichtigungsfähig sind Aufwendungen für krankheitsbedingte
Sonderformen der Kleidung (z. B. orthopädische Schuhe) sowie für technische Hilfsmittel,
wenn von Ärzten oder anderen zur Ausübung der Heilkunde zugelassenen Personen schriftlich
verordnet (z. B. Prothesen, Einlagen, Brillen, Hörgeräte, Bruchbäder, Zahnprotesten, und
zwar unabhängig von deren Material).
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Die Zwangsläufigkeit von Aufwendungen für medizinische Hilfsmittel, die sowohl von Kranken zur
Linderung ihrer Leiden als auch von Gesunden zur Steigerung des Lebenskomforts angeschafft
werden, ist durch die Vorlage eines vor dem Kauf erstellten amts- oder vertrauensärztlichen Attest
nachzuweisen. Aufwendungen für medizinische Fachliteratur sind nicht abziehbar. Die Kosten
eines Haartoupets werden nur in besonderen Ausnahmefällen anerkannt.
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3. Ein Krankheitskosten ABC
Arztkosten
Aufwendungen für die medizinische Behandlung durch Angehörige der staatlich anerkannten
Heilberufe (Ärzte, Heilpraktiker, Krankengymnastik, Psychotherapeuten) sind abziehbar.
Nicht anerkannt werden daher die Kosten für Wunderheiler. Bei ambulanter Behandlung durch
einen auswärtigen Arzt können auch die Kosten für Fahrt und Unterkunft abziehbar sein, wenn
der Aufenthalt nur der Behandlung der Krankheit dient. Kosten einer Schönheitsoperation oder
einer Haartransplantation werden, soweit nicht ausnahmsweise medizinisch indiziert, nicht
berücksichtigt.
Befruchtung
Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung, die einem Ehepaar zu einem gemeinsamen
Kind verhelfen soll, das wegen Empfängnisunfähigkeit der Ehefrau sonst nicht gezeugt werden
könnte, sind als außergewöhnliche Belastung abziehbar. Neuerdings erkennt der BFH auch
entsprechende Sterilisationsbehandlungen einer unverheirateten Frau an, wenn die in
Übereinstimmung mit den Richtlinien der ärztlichen Berufsordnung vorgenommen werden.
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3. Ein Krankheitskosten ABC
Besuchsfahrten
Aufwendungen für Besuchsfahrten zu nahen Angehörigen sind nur bei Nachweis der
medizinischen Indikation durch ärztliche Bescheinigungen abziehbar (0,30 € pro Kilometer). Siehe
hierzu ausführlicher Punkt „Fahrtkosten“ weiter unten.
Diätkosten
Aufwendungen für eine besondere ärztlich verordnete Krankendiät sind nicht (mehr) abziehbar.
Gleiches gilt für Diätlebensmittel zur Unterstützung einer Heilbehandlung sowie für Diätlebensmittel,
die anstelle von Arzneien verabreicht werden.
Fahrtkosten
Aufwendungen für Fahrtkosten mit dem eigenen PKW werden bei Fahrten zum Arzt, Krankenhaus,
zur Kur usw. i. d. Regel nur in Höhe der vergleichbaren Kosten für ein öffentliches Verkehrsmittel
anerkannt (zur Vereinfachung werden in den meisten Fällen 0,30 € pro Kilometer anerkannt). Bei
Behinderten, die so geh- und stehbehindert sind, dass sie sich außerhalb des Hauses nur mithilfe
eines Fahrzeugs fortbewegen können und denen die Nutzung eines öffentlichen Verkehrsmittels
unzumutbar ist, gehören auch Fahrtkosten mit dem eigenen PKW zu den abziehbaren
Aufwendungen. Hierunter fallen nicht nur die unvermeidbaren Kosten zur Erledigung privater
Angelegenheiten, sondern in angemessenem Rahmen auch Aufwendungen für Erholungs-,
Freizeit- und Besuchsfahrten, und zwar i. H. der für Reisekosten anerkannten Pauschalen.
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3. Ein Krankheitskosten ABC
Auch die Kosten für den Erwerb des Führerscheins gehören bei diesen Personenkreis zu den
abziehbaren Aufwendungen. Abziehbar sind auch Aufwendungen für einen Krankentransport, selbst
wenn hierfür nicht ein Krankenwagen, sondern ein Taxi benutzt wird.
Besucht ein Steuerpflichtiger erkrankte Angehörige, sind die Kosten i. d. Regel nicht
berücksichtigungsfähig. Etwas anderes gilt lediglich dann, wenn die Besuche aus medizinischen
Gründen erforderlich sind, insbesondere wenn sie vom Arzt angeordnet wurden.
Aufwendungen für Fahrten zur krankheitsbedingten Betreuung der pflegebedürftigen Eltern
sind insoweit abziehbar, als sie die Aufwendungen für Besuchsfahrten überschreiten, die der
Steuerpflichtige auch ohne die Erkrankung der Eltern üblicherweise ausgeführt hätte. Abziehbar sind
auch die Fahrten zum Besuch einer Gruppe der anonymen Alkoholiker. Erforderlich ist ein im Voraus
ausgestelltes amtsärztliches Attest.
Folgekosten
Müssen nach einer Krankheit, Abmagerungs- oder Entziehungskur oder wegen besonderer
Körpergröße neue oder ungewöhnliche Kleidungsstücke beschafft werden, gehören die
Aufwendungen als bloße Folgekosten nach der bisherigen Rechtsprechung nicht zu den
außergewöhnlichen Belastungen.
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3. Ein Krankheitskosten ABC
Geburt
Arzt- und Krankenhauskosten wegen der Geburt eines Kindes sind abziehbar. Aufwendungen für
eine Säuglingsschwester oder eine Amme dagegen nur, wenn ihre Notwendigkeit durch
amtsärztliche Bescheinigung nachgewiesen ist. Ausstattung generell nicht (ggf. bei
Mehrerlingsgeburten) abziehbar.
Krankenhauskosten
Krankenhauskosten auch für Einbettzimmer einschließlich der eigenen Beiträge sind
abziehbar,
soweit
nicht
eine
Erstattung
aufgrund
von
Krankenund
Krankenhaustagegeldversicherungen erfolgt. Krankentagegelder werden nicht angerechnet,
ebenso wenig die Haushaltsersparnis. Trinkgelder an das Krankenhauspersonal sind nicht
mehr abziehbar. Aufwendungen für die Benutzung eines Telefon- oder Fernsehapparates im
Krankenzimmer sind als bloße Folgekosten einer Krankheit nicht abziehbar.
Legasthenie
Soweit Legasthenie Krankheitswert hat und durch ein vor der Behandlung ausgestelltes amtliches
Attest nachgewiesen wird, werden die Aufwendungen für die Therapie anerkannt. Aufwendungen
der auswärtigen Unterbringung jedoch nur, wenn dies für eine medizinische Behandlung
erforderlich ist.
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3. Krankheitskosten ABC
Leihmutterschaft
Aufwendungen für eine Leihmutterschaft sind nicht abziehbar.
Logopädische Therapie
Aufwendungen hierfür sind bei krankheitsbedingten Störungen abziehbar, wenn im Einzelfall ein
vor Durchführung der Behandlung ausgestelltes amts- oder vertrauensärztliches Zeugnis
nachweist, dass die Maßnahme zur Heilung oder Linderung der Krankheit erforderlich ist und eine
andere Behandlung nicht oder kaum erfolgsversprechend erscheint.
Sport
Aufwendungen für Kranken- und Heilgymnastik sind bei ärztlicher Verordnung abziehbar, nicht
hingegen die Aufwendungen für die Ausübung eines normalen Sports, auch des Besuchs eines
Fitnessstudios; anders dann, wenn eine amts- oder vertrauensärztliche Bescheinigung über die
Notwendigkeit sowie über Art und Umfang der sportlichen Betätigung vorliegt und der Sport unter
ärztlicher Anleitung und Aufsicht ausgeübt wird.
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3. Ein Krankheitskosten ABC
Suchtkrankheiten
Aufwendungen zur Therapie von Suchtkrankheiten sind i. d. Regel abziehbar, soweit medizinisch
indiziert; z. B. bejaht für Alkoholismus, für den Besuch einer Anonymen Alkoholikergruppe, für
Spielsucht.
Psychoanalyse, Psychotherapie
Die Analyse- und Therapiekosten sind wie Aufwendungen für die Teilnahme an
Selbsterfahrungsgruppen als Krankheitskosten abziehbar, wenn die Teilnahme ärztlich verordnet
wird.
Umbaumaßnahmen/Behindertengerechte Ausstattung
Krankheitsbedingte Umbaumaßnahmen können abziehbar sein, soweit wie z. B. in einer
Mietwohnung verlorener Aufwand vorliegt. Baumaßnahmen im eigenen Haus sind i. d. Regel
nicht abziehbar;
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3. Ein Krankheitskosten ABC
Besuchsfahrten des Ehegatten bzw. von Angehörigen
BFH Urteil vom 2. März 1984 – VI R 158/80 (Leitsätze)
1.
Aufwendungen für Besuchsfahrten zum Ehegatten sind nicht schon wegen der zurückzulegenden
größeren Entfernung des Besuchers und des mehrmonatigen Krankenhausaufenthalts des
Patienten eine außergewöhnliche Belastung.
2.
Aufwendungen für medizinisch veranlasste Besuchsfahrten können jedoch eine außergewöhnliche
Belastung darstellen. Hierfür bedarf es einer Bescheinigung des behandelnden Krankenhausarztes,
aus der hervorgehen muss, dass bei der konkreten Krankheit gerade der Besuch des Ehegatten zur
Heilung oder Linderung entscheidend beitragen kann.
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3. Ein Krankheitskosten ABC
Besuchsfahrten des Ehegatten bzw. von Angehörigen
FG München Urteil vom 24. September 2002 – 6 K 2412/01 (Leitsatz)
Aufwendungen für Besuchsfahrten zu einem erkrankten Angehörigen können nur dann als
außergewöhnliche Belastung abgezogen werden, wenn aus einem Attest des behandelnden Arztes
hervorgeht, dass die Angehörigenbesuche zur Heilung oder Linderung der Krankheit entscheidend
beitragen können.
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3. Ein Krankheitskosten ABC
Besuchsfahrten des Ehegatten bzw. von Angehörigen
ABER: FG München, Urteil vom 22. September 2008 (Leitsätze)
1.
Zwar sind die Aufwendungen für Fahrten zum Besuch erkrankter Angehöriger ausnahmsweise
außergewöhnlich i. S. d. § 33 Abs. 1 EStG, wenn sie u. a. zum Zwecke der Heilung oder
Linderung der Krankheit durchgeführt werden. Diese Voraussetzung ist jedoch nicht erfüllt, wenn
sich aus dem zum Nachweis der Erforderlichkeit der Besuche vorgelegten Attest allenfalls eine
psychische Unterstützung des erkrankten Angehörigen ableiten lässt.
2.
Die Aufwendungen sind nicht zwangsläufig i. S. des § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG, wenn der
Steuerpflichtige von vornherein darauf verzichtet, eine ihm zumutbare Ersatzmöglichkeit (hier:
Aufwendungsersatzanspruch gegen den Angehörigen gemäß § 670 BGB) in Anspruch zu
nehmen.
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3. Ein Krankheitskosten ABC
Immunbiologische Krebsabwehrtherapie
BFH Urteil vom 2. September 2010 Az. VI R 11/09 (Leitsätze)
1.
Krankheitskosten, denen es objektiv an der Eignung zur Heilung oder Linderung mangelt, können
zwangsläufig erwachsen, wenn der Steuerpflichtige an einer Erkrankung mit einer nur noch
begrenzten Lebenserwartung leidet, die nicht mehr auf eine kurative Behandlung anspricht.
2.
Dies gilt selbst dann, wenn sich der Steuerpflichtige für eine aus schulmedizinischer oder
naturheilkundlicher Sicht nicht anerkannte Heilmethode entscheidet.
3.
Ihre Grenze findet die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für Außenseitermethoden nach § 33
EStG allerdings, wenn die Behandlung von einer Person vorgenommen wird, die nicht zur
Ausübung der Heilkunde zugelassen ist.
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4. Die Kurkosten
Aufwendungen für eine Heilkur sind abziehbar, wenn und soweit die Reise nachweislich zur Heilung
oder Linderung der Krankheit notwendig ist und eine andere Behandlung nicht oder kaum
erfolgversprechend erscheint und die verordneten Kurmaßnahmen am Kurort unter ärztlicher Aufsicht
verabreicht werden. An den Nachweis der medizinischen Notwendigkeit werden hohe Anforderungen
gestellt, da die Abgrenzung zu den ebenfalls gesundheitsfördernden, jedoch steuerlich nicht
abziehbaren Aufwendungen einer Erholungsreise oder eines Badeurlaubs nicht abziehbar sind.
WICHTIG:
Eine Bescheinigung des Hausarztes ist nicht ausreichend. I. d. Regel verlangen Finanzverwaltung und
Rechtsprechung ein vor Antritt der Heilkur ausgestelltes amtsärztliches Zeugnis. Hiervon kann
abgesehen werden, wenn eine gesetzliche Krankenkasse aufgrund der Prüfung durch ihren
medizinischen Dienst einen Zuschuss zu den Kosten der Unterkunft und Verpflegung für den
Kuraufenthalt gewährt. Notwendigkeit und Dauer der Reise, das Reiseziel sowie die Art der
Kuraufwendungen müssen sich aus der amtsärztlichen Bescheinigung ergeben.
Bei Kinderkuren muss i. d. Regel zusätzliche der Nachweis erbracht werden, dass die Kinder in einem
Kinderheim/Sanatorium untergebracht werden. Andernfalls muss durch ein ebenfalls vor Antritt der Kur
ausgestelltes amtsärztliches Attest nachgewiesen werden, dass der Kurerfolg auch bei Unterbringung
außerhalb eines Kinderheims gewährleistet ist.
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4. Die Kurkosten
Besonderheiten gelten für:
Klimakuren: Bei diesen bewirkt allein der Klimawechsel die Heilung oder Linderung der Krankheit.
Aufwendungen hierzu werden wegen ihrer Nähe zu Erholungsreisen nur in Ausnahmefällen als
abziehbar angesehen. Für den Nachweis der Zwangsläufigkeit wird hier verlangt, dass die vor
Reiseantritt ausgestellte amtsärztliche Bescheinigung den aus medizinischen Gründen gebotenen
Kurort ausdrücklich nennt. Anerkannt wurden die Aufwendungen für Klimakuren insbesondere bei
schweren Erkrankungen der Luftwege, bei Neurodermitis sowie Schuppenflechte.
Vorsorgekuren:
Aufwendungen hierfür sind, soweit sie der allgemeinen Gesundheitsvorsorge dienen, nicht abziehbar.
Soweit die Aufwendungen nachweislich der Abwendung einer konkreten Gesundheitsgefahr dienen,
müssen sie abziehbar sein.
Nachkuren / Reha:
Aufwendungen hierfür sollen im Allgemeinen nicht als außergewöhnliche Belastung abziehbar sein,
selbst wenn die Nachkur amtsärztlich verordnet ist. Eine Ausnahme muss für die Aufwendungen einer
unter ständiger ärztlicher Aufsicht in einer besonderen Reha-Klinik im Anschluss an einen
Krankhausaufenthalt durchgeführte Anschlussheilbehandlung gelten.
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4. Die Kurkosten
Abziehbare Kurkosten:
Abziehbar sind die durch das Heilverfahren selbst veranlassten Aufwendungen, d. h. die Kosten für Arzt,
Kurmittel, Kurtaxe. Sie sind ebenso wie zwangsläufige Krankheitskosten allgemein auch dann
berücksichtigungsfähig, wenn die Kurkosten im Übrigen nicht als außergewöhnliche Belastungen
anerkannt werden. Darüber hinaus sind die Kosten der Unterbringung und Verpflegung abziehbar.
Trinkgelder werden nicht (mehr) anerkannt. Anders als bei einen Krankenhausaufenthalt ist eine
Haushaltsersparnis abzuziehen, diese beträgt i. d. Regel 1/5 der Aufwendungen.
Bei Fahrtkosten werden normalerweise die Kosten der öffentlichen Verkehrsmittel angesetzt. Höhere
Kosten des eigenen PKW´s werden anerkannt, wenn dem Steuerpflichtigen wegen seiner Krankheit,
insbesondere wegen schwerer Geh- und Stehbehinderung, oder aus sonstige Gründen die Benutzung
öffentlicher Verkehrsmittel nicht zugemutet werden kann.
Bei einer Kur im Ausland können i. d. Regel nur die Kosten in der Höhe abgezogen werden, wie sie bei
einer entsprechenden Kur im Inland entstanden wären (Ausnahme: Klimakuren). Aufwendungen für
Besuchsfahrten zu einem Angehörigen, der eine Kur durchführt, sind abziehbar, wenn Besuche aus
medizinischen Gründen erforderlich sind, z. B. bei einem Kind oder bei einem psychisch erkrankten
Angehörigen.
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5. Die zumutbare Eigenbelastung
Nach Kürzung um Versicherungs- oder sonstige Erstattungen sind die angefallenen Eigenkosten als
außergewöhnliche Belastungen nur in der Höhe abziehbar in der sie die zumutbare Eigenbelastung
übersteigen.
Die Höhe der zumutbaren Eigenbelastung ist abhängig:
- von der Höhe des Gesamtbetrags der Einkünfte
- vom Einkommensteuertarif (Grundtabelle oder Ehegattensplitting)
- von der Anzahl der Kinder für die der Steuerpflichtige einen Kinderfreibetrag
oder das Kindergeld erhält
Der anzuwendende Prozentsatz kann der nachstehenden Tabelle entnommen werden:
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5. Die zumutbare Eigenbelastung
Die zumutbare Eigenbelastung beträgt
bei einem Gesamtbetrag
der Einkünfte
1.
bis € 15.340
über € 15.340
bis € 51.130
über € 51.130
a) bei getrennter Veranlagung
5%
6%
7%
b) bei Zusammenveranlagung
4%
5%
6%
a) einem Kind oder zwei Kindern
2%
3%
4%
b) drei oder mehr Kinder
1%
1%
2%
Steuerpflichtige ohne Kinder
2. Steuerpflichtige mit Kinder
des Gesamtbetrages der Einkünfte
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5. Die zumutbare Eigenbelastung
noch verfassungsgemäß ?
• Bundesverfassungsgericht verlangt zunehmend das Steuerrecht an das Sozialhilferecht orientiert
auszugestalten
• möglicher Verstoß:
die zumutbare Belastung berücksichtigt nicht die steigenden nicht abgedeckten
Krankheitsaufwendungen ausreichend (Zuzahlungen, Eigenanteile, ... )
Soweit ersichtlich aber noch kein Verfahren anhängig
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6. Das Berechnungsschema
Entstandene Krankheitskosten
- abzüglich Erstattungen
- abzüglich zumutbare Belastung
= abziehbarer Betrag (sog. Überbelastungsbetrag)
mindert in der Steuerberechnung das Einkommen
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7. Sonderregelungen für Behinderte und für Pflegebedürftige sowie für
krankheitsbedingte Kinderbetreuung
Die
Regelungen
zur
zumutbaren
Belastung
greifen hier
nicht
Übersicht über die Behindertenpauschbeträge (anstelle einer Steuerermäßigung nach § 33 EStG):
Grad der Behinderung in %
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jährlicher Pauschbetrag
25 – 30
310 €
35 – 40
430 €
45 – 50
570 €
55 – 60
720 €
65 – 70
890 €
75 – 80
1.060 €
85 – 90
1.230 €
95 – 100
1.420 €
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7. Sonderregelungen für Behinderte und für Pflegebedürftige sowie für
krankheitsbedingte Kinderbetreuung
Zusätzlich zum Behindertenpauschbetrag können folgende Fahrtkosten angesetzt werden:
Bei geh- und stehbehinderten Steuerpflichtigen (GdB von mindestens 80 oder GdB von mindestens 70 und
Merkzeichen G):
Aufwendungen für durch die Behinderung veranlasste unvermeidbare Fahrten sind als außergewöhnliche
Belastungen anzuerkennen, soweit sie nachgewiesen oder glaubhaft gemacht werden und angemessen
sind.
Aus Vereinfachungsgründen kann im Allgemeinen ein Aufwand für Fahrten bis zu 3.000
km im Jahr als angemessen angesehen werden (0,30 € pro km).
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7. Sonderregelungen für Behinderte und für Pflegebedürftige sowie für
krankheitsbedingte Kinderbetreuung
Bei außergewöhnlich gehbehinderten (Merkzeichen aG), blinden (Merkzeichen Bl) und
hilflosen (Merkzeichen H) Menschen:
In den Grenzen der Angemessenheit dürfen nicht nur die Aufwendungen für durch die Behinderung
veranlasste unvermeidbare Fahrten, sondern auch für Freizeit- und Besuchsfahrten eingezogen
werden. Die tatsächliche Fahrleistung ist nachzuweisen oder glaubhaft zu machen. Eine
Fahrleistung von mehr als 15.000 km im Jahr liegt in aller Regel nicht mehr im Rahmen des
Angemessenen. Die Begrenzung auf jährlich 15.000 km gilt ausnahmsweise nicht, wenn die
Fahrleistung durch eine berufsqualifizierende Ausbildung bedingt ist, die nach der Art und Schwere
der Behinderung nur durch den Einsatz eines Pkw durchgeführt werden kann. In diesem Fall
können weitere rein private Fahrten nur noch bis zu 5.000 km jährlich berücksichtigt werden.
Im Rahmen des § 33 EStG wird ein Betrag von € 0,30/km gewährt. Ein höherer Betrag ist
unangemessen und darf nicht berücksichtigt werden.
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7. Sonderregelungen für Behinderte und für Pflegebedürftige sowie für
krankheitsbedingte Kinderbetreuung;
Die
Regelungen
zur
zumutbaren
Belastung
greifen hier
nicht
Pflege-Pauschbetrag
Wegen der außergewöhnlichen Belastungen, die einem Steuerpflichtigen durch die Pflege einer Person
erwachsen, die nicht nur vorübergehend hilflos ist, kann er anstelle einer Steuerermäßigung nach § 33
EStG einen Pauschbetrag in Höhe von € 924 pro Kalenderjahr geltend machen (Pflege-Pauschbetrag),
wenn er dafür keine Einnahmen erhält.
Krankheitsbedingte Kinderbetreuungskosten
Nicht erwerbsbedingte Kinderbetreuungskosten können bei Kindern, die das 14. Lebensjahr noch nicht
vollendet haben in Höhe von 2/3 der Aufwendungen (max. € 4.000) als Sonderausgaben abgezogen
werden, wenn sich der Steuerpflichtige in Ausbildung befindet, körperlich, geistig oder seelisch
behindert oder krank ist. Bei zusammenlebenden Ehegatten ist der Sonderausgabenabzug nur zulässig
wenn bei beiden Elternteilen die oben genannten Voraussetzungen vorliegen oder ein Elternteil
erwerbstätig ist und der andere Elternteil sich in Ausbildung befindet, körperlich, geistig oder seelisch
behindert oder krank ist. Erwachsen die Aufwendungen wegen Krankheit des Steuerpflichtigen,
muss die Krankheit innerhalb eines zusammenhängenden Zeitraums von mindestens drei
Monaten bestanden haben, es sei denn der Krankheitsfall tritt unmittelbar im Anschluss an eine
Erwerbstätigkeit oder Ausbildung ein.
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8. Die haushaltsnahen Beschäftigungsverhältnisse, Dienstleistungen
und Handwerkerleistungen
Haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse und Dienstleistungen:
Bei geringfügigen Beschäftigungen bis € 400/mtl. Lohn beträgt die Steuerermäßigung 20% der
Aufwendungen (Lohn und Sozialversicherung), aber höchstens € 510.
Für Beschäftigungsverhältnisse ab € 400/mtl. Lohn beträgt die Steuerermäßigung 20% der
Aufwendungen (Lohn und Sozialversicherung), höchstens € 4.000.
Haushaltsnahe Handwerkerleistungen:
Lohnanteil von Handwerkerrechnungen bei Instandsetzungen und Modernisierungen im und ums
eigene Haus, 20% der Aufwendungen, höchstens € 1.200.
Im Gegensatz zu den Krankheitskosten handelt es sich hierbei um Steuerermäßigungen (direkte
Anrechnung auf die festgesetzte Steuer) und nicht nur um Minderungsbeträge für das zu
versteuernde Einkommen
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