Blut, Schweiß und Strähnen: Unser Autor trinkt Cola
Transcrição
Blut, Schweiß und Strähnen: Unser Autor trinkt Cola
Blut, Schweiß und Strähnen: Unser Autor trinkt Cola, um seinen Kreislauf vor dem Kollaps zu bewahren. 84 Wissen Aus einem Stück Kopfhaut werden die Haare für die Transplantation entnommen. Oben ohne Text: Felix Hutt Fotos: Daniel Delang Wenn der Kopf kahl wird, muss ein Mann mutig sein. Entweder hat er den Mut zur Lücke. Oder er unterzieht sich einer blutigen Haarverpflanzung. Unser Autor legte sich unters Messer. Wissen 85 Wieso braucht man ein neues Leben, wenn das alte doch sehr schön ist? Die Linie: Unser Autor wollte ohne Geheimratsecken heiraten. Ein halbes Jahr vor meiner Hochzeit schneidet mir der Schönheitschirurg Bruce Reith einen daumendicken Streifen aus meinem Hinterkopf. Das Skalpell fährt über meinen Schädelknochen, ganz langsam, von Ohr zu Ohr, und macht dabei ein Geräusch wie ein Messer, das Moos von einem Stein schabt. Ich spüre nichts. Krankenschwestern wuseln herum. Ich trinke Cola. Auf einem Flatscreen läuft »Fear and Loathing in Las Vegas«. Den Film durfte ich mir vor der Operation aussuchen. Johnny Depp ist high auf Meskalin, ich auf Valium, fast habe ich das Gefühl, mein Trip sei stärker: Am 16. August 2014 werde ich heiraten, sie ist sieben Jahre jünger. Wenn alles gut geht, wird der Streifen von meinem Hinterkopf in viele kleine Transplantate zerteilt und auf meinem Kopf wachsen bald neue Haare. Ich möchte Ja sagen – ohne Geheimratsecken. Aber natürlich geht es auch um mehr. Es ist gar nicht lange her, dass ich über Schönheitsoperationen gelacht habe, ohne mir Sorgen über Lachfalten zu machen. Mittlerweile bin ich 35 Jahre alt und das Älterwerden fühlt sich manchmal so schwer an, als säße ein fauler, fetter Rabe auf meiner Schulter. War ich früher stolz auf meinen Sportlerkörper, hangle ich mich heute von Übergewicht zu Low-Carb-Diät zu Rückfall und zurück. Meine Tennismannschaft spielt in der Kategorie »Jungsenioren«. Vor ein paar Jahren habe ich über Schönheitsoperationen noch gelacht Bruce Reith empfängt Patienten gern in seiner Luxuswohnung. Hier schmeißt er auch Partys, auf denen Frauen seine OP-Kunst präsentieren. Wie einst Siegfried und Roy: Der Chirurg mit seinem Tiger-Toy. 86 Ich weiß nicht mehr genau, wann die Zweifel begannen, den Optimismus abzulösen, und mein Rabe das erste Mal auf mir Rast machte, aber ich weiß, dass ich zur gleichen Zeit eine körperliche Veränderung bemerkte: Ich verliere seitdem Haare da, wo sie als Ausdruck von Jugend und Energie gelten (Kopf), stattdessen wachsen mir neue Haare an Stellen, wo ich sie so gut brauchen kann wie Dauerregen im Urlaub (Rücken, Schultern). Nun kann so eine Ich-hinterfrage-mich-und-das-Leben-Krise durchaus reinigende Wirkung haben, Stichwort: Perspektivwechsel, Neuordnung der Prioritätenliste. Ich bin mir nicht sicher, ob man wirklich unbedingt Daimler und Toskana-Villa braucht, um von einem gelungenen Leben sprechen zu können. Aber meinem Spiegelbild und den deutlichen Geheimratsecken kann ich nichts Positives abgewinnen. Anfang 2013 beschließe ich, dass ich mich weder Gott noch den Hormonen – oder wer auch immer sonst für diese biologische Ungerechtigkeit verantwortlich ist – beugen werde. Ich will neue Haare. Volle Haare. Will sie mir wachsen lassen und mir einen Pferdeschwanz binden, einfach so, weil ich es kann. Als ich den Kampf beginne, trage ich Glatze. Der Look steht Bruce Willis, Pep Guardiola und Paul Kalkbrenner, bei mir steht er für blanke Verzweiflung. Im Internet stoße ich auf ein Präparat namens Propecia, das den Haarausfall aufhalten soll, allerdings gibt es Nebenwirkungen: Erektionsprobleme. Teuer ist es außerdem. Ich entdecke Pauschalangebote in der Türkei: Urlaub am Meer inklusive Haartransplantation, was sagenhaft unseriös klingt. Trotzdem beginne ich mich über die Methoden und Erfolgsaussichten einer Haartransplantation zu informieren. Ich zögere, weil ich Silvio Berlusconi und Wayne Rooney vor Augen habe, die sich ebenfalls Haare transplantieren ließen und heute aussehen wie Wachsfiguren, als hätte man ihnen Pudelhaare auf ihre lichten Stellen operiert. Dann lese ich in der Zeitung, dass sich Jürgen Klopp, der Trainer von Borussia Dortmund, ebenfalls einer Haar-OP unterzogen hat. Klopp ist zwar Trainer der völlig falschen Mannschaft, aber er hat nach der OP nicht nur natürliche, volle Haare, sondern scheint mir ein pragmatischer Typ zu sein, der sich auf so etwas nicht einlassen würde, Wissen wenn es Mist wäre. Ich schöpfe Hoffnung und lasse mir meine verbliebenen Haare schon einmal wachsen. Im Zusammenhang mit dem Eingriff bei Klopp fällt ein mir bekannter Name: Bruce Reith. Der Schönheitschirurg ist in München, wo ich wohne, eine kleine Berühmtheit, weil er in seiner obszön großen Wohnung gerne Partys veranstaltet, auf denen Frauen tanzen und posieren, die nicht viel von natürlichem Aussehen und flachen Schuhen halten. Lothar Matthäus soll auf diesen Partys gleich mehrere Gattinnen gefunden haben. Ich habe ein gutes Gefühl. Vielleicht wegen Klopp, vielleicht, weil einige Bekannte mir erzählen, dass Bruce Reith zwar ein herausragendes Geltungsbedürfnis habe, jedoch auch ein exzellenter Chirurg sei. Ich rufe ihn an. Reith hat noch mehr Termine als Mick Jagger Falten. Wenn er nicht in Düsseldorf operiert, dann besucht er Kongresse oder feiert auf Ibiza. Ich warte. Die Haare wachsen. Im Herbst 2013, elf Monate vor der Hochzeit, treffe ich Reith in seiner Münchner Wohnung und merke schnell, dass ich durch meine Entscheidung für eine Operation einen ziemlich seltsamen Kosmos betreten habe: Die Wohnung geht über drei Stockwerke, die Fernseher sind mit Schlangenleder verkleidet. Auf dem Bett liegt ein lebensgroßer Kuscheltiger. Reith bietet mir sofort das Du an. Bruce also erzählt, dass er am Asperger-Syndrom leidet. Er habe kein Empathievermögen, sei ein rationaler Mensch, mathematisch extrem begabt. Er redet und redet. An Selbstzweifeln, das wird sehr schnell klar, leidet er nicht. Aber einen Chirurg mit Selbstzweifeln brauche ich auch nicht, davon habe ich selbst genug. Bruce erklärt, was er mit mir vorhat: An meinem Hinterkopf, wo die Haare noch dicht wachsen, entnimmt er einen Gewebestreifen, aus dem er Transplantate gewinnt, sogenannte Grafts, die in meine kahlen Stellen eingesetzt werden. Jedes Graft, erfahre ich, enthält zwischen einem und drei Haare. Um die kahlen Stellen auf meinem Kopf zu füllen, benötige man ungefähr 2000 Transplantate. Schon nach einem halben Jahr Vor der Entnahme des Haarstreifens wird das Areal mit Jod desinfiziert. Um der Wunde die Spannung zu nehmen, fixiert Reith sie mit Klemmen. Erst nach sechzig Minuten näht er sie zu. Einen Chirurg mit Selbstzweifeln kann ich nicht brauchen könne man das Ergebnis sehen. Bruce ist ein guter Verkäufer, es gelingt ihm, meine Zweifel schnell auszuräumen. Das mag daran liegen, dass er auf jede Frage eine plausible Antwort zu haben scheint. Oder daran, dass ich so besessen von meinem Wunsch bin, die Zeit zurückzudrehen, dass ich Verstand und Misstrauen abgestellt habe. Meine Entscheidung ist eigentlich schon lange gefallen, ich möchte zurück in die Zukunft. Schmerzen? Klar, ein paar Tage, aber nicht schlimm. Die Narbe am Hinterkopf? Bald nicht mehr zu sehen. Risiken, Langzeitfolgen? Praktisch keine. Erfolgsaussichten? Fast hundert Prozent. Kosten? 1000 Euro Grundgebühr und 3,50 Euro pro Graft, aber kein Stress, die 8000 Euro kann man auch in Raten zahlen. OP-Termin? 16. Februar 2014, Kö-HairKlinik, Düsseldorf. In den Wochen vor der Operation bin ich zwar aufgeregt, rede mir aber ein, ich hätte eine Art Zahnarzttermin, ambulante Behandlung, Routine, oder? Ich erzähle meinen Freunden von dem Projekt. Ich komme mir erst komisch vor, beim Sport oder in der Bar von Grafts und Haarlinie zu reden, habe Angst, dass mich meine Kumpels als metrosexuelles Opfer verspotten und mir ein »InStyle«-Abo schenken. Stattdessen: Verständnis. Fragen. Neid. Einige meiner Freunde denken selbst über operative Verschönerungen nach. Aber vielleicht sollte mich das gar nicht überraschen. Wenn sich sogar in der Fußballszene, die sozialpolitisch immer noch in den 50er Jahren unterwegs ist, Leute wie Rooney und Klopp neue Haare kaufen, ohne die Schmährufe der Während der OP darf man einen Film gucken. Soll von Spritzen und Schmerzen ablenken. Hat nicht funktioniert. Die Transplantate werden unterm Mikroskop zugeschnitten und in Petrischalen gelagert. Wissen 87 Tief durchatmen: Unser Autor genießt die Frischluft in einer kurzen OP-Pause. 88 Wissen Fankurve fürchten zu müssen, dann scheint die Selbstoptimierung des Körpers mithilfe der plastischen Chirurgie wirklich in der Mitte der Gesellschaft angekommen zu sein. Am Morgen des 16. Februar 2014 nehme ich das erste Flugzeug nach Düsseldorf und treffe dort zufällig Bruce. Er sitzt auf Platz 1A, trägt Sonnenbrille und sieht nach schwerer Party aus. Irrtum. Er hatte sich nur kürzlich die Lider straffen lassen. Nach der Landung fahren wir zur Königsallee, durch eine Einkaufspassage gelangen wir in die Klinik. Alles weiß, alles clean. Ich bekomme Valium, Schmerzmittel, OP-Shirt. Und Panik. Die erste OP meines Lebens. Auch Bruce trägt nun Kittel und Hornbrille, ein Bilderbucharzt. Ich werde in den OPSaal gebracht, bekomme Cola, die den Kreislauf stabilisieren soll, darf mir den Film wünschen. Bruce rasiert den Streifen frei, dann setzt er sechs Spritzen, die meinen Kopf betäuben. Mein Kopf fühlt sich plötzlich so tot an wie ein Stein mit Moos. Was machen die da hinter mir? Ich höre, wie das Skalpell über den Stein schleift. Mir ist schwindlig. Ich trinke Cola und schaue Johnny Depp zu, wie er durch Las Vegas Ich sehe aus wie nach einer Tracht Prügel von Mike Tyson torkelt. Zum Glück sehe ich nicht, wie meine Kopfhaut abgelöst wird, das Blut in meinen Nacken läuft. Als Bruce das Stück Hinterkopf auf dem OP-Tisch ablegt, kräuselt es sich zusammen wie eine Locke, die lebt. Vier Schwestern zerteilen das Material unter Mikroskopen. Bruce fixiert die Wunde mit Klemmen. Ich werde kurz in den Warteraum geschickt, bin total verschwitzt. Ich öffne ein Fenster und atme tief ein. Frischluft tat noch nie so gut. Im OP-Saal näht Bruce die Wunde zu. Dann zeichnet er meine neue Haarlinie auf den Kopf, betäubt die Stellen, an denen die Grafts eingesetzt werden. Um das Gewebe nicht zu verletzten, unterspritzt er die Haut mit einer Kochsalzlösung. Mir ist das jetzt zu viel Gespritze, zu viele Nadeln, mir wird schwarz vor Augen. Die Schwestern lagern mich auf den Rücken, halten meine Beine in die Höhe. Nach dem Blackout stanzt Bruce gut 2000 Löcher in meine Kopfhaut und verlässt den Raum. Zwei Stunden lang setzen mir nun zwei OP-Schwestern mit Pinzetten die Grafts ein. Die beiden kommen aus Kroatien, unterhalten sich, als wären wir beim Friseur. Entspannte Atmosphäre. Dann sagt mir eine der Schwestern, dass man sich sicher in der Klinik wiedersehen werde. Bei meinem Haarausfall reiche eine OP nicht aus. Zum Abschied bekomme ich eine Tüte mit Schmerzmitteln. Im Taxi lässt die Betäubung nach. Ich sehe Schmerzen auf mich zukommen. Zu Hause in München ist an Schlaf nicht zu denken. Schmerzen! Hölle! Die frisch genähte Wunde pulsiert, droht zu explodieren. Die Schmerzmittel helfen nicht. Das Kissen ist voller Blut. Liegen geht nicht. Stehen aber auch nicht. Denn vom Hals über den Hinterkopf, lerne ich bei dieser Gelegenheit, verlaufen Nervenstränge, die nun durchtrennt sind. Gleichgewichtsprobleme! Ein befreundeter Chirurg empfiehlt mir ein Schmerzmittel, das er nach Notoperationen verabreicht. Ich nehme dreimal täglich die Höchstdosis. Ich kann den Kopf nicht ablegen. Döse im Sitzen. Nach drei Tagen beginnt mein Kopf anzuschwellen, das Kochsalzwasser läuft über die Stirn ab. Bald sehe ich aus, als hätte mich Mike Tyson verprügelt. Und fühle mich auch so. Der einzige Lichtblick in diesen Tagen ist eine Arztpraxis in der Innenstadt. Engel in weißen Kitteln waschen mir dort den Kopf, salben die Operationsnaht ein. Sie lachen mich nicht aus, sondern trösten mich mit Geschichten von Frauen, die nach einer Brustvergrößerung drei Wochen vor Schmerzen nicht gehen konnten. Eine Schwester setzt ein Transplantat ein. Der Chirurg stanzte gut 2000 Löcher in den Kopf unseres Autors. Hoch die Beine: Unserem Autor wird nach einer der vielen Spritzen schwarz vor Augen. Auf dem Weg zum Flughafen lässt die Betäubung langsam nach. Nicht gut. Drei Tage später schwillt das Gesicht an. Einziger Lichtblick: die Engel aus der Hautarztpraxis. Wissen 89 VO RHER Vorher I: Unser Autor leidet unter Haarausfall und fühlt sich alt. Vorher II: Aber er will das nicht hinnehmen, entschließt sich zur OP. Ich verfluche Bruce, dass er mir diese Körperverletzung als Routine verkauft hat. Noch mehr aber verfluche ich mich und meine schwachsinnige Idee: Wie konnte ich mich von dem fetten, faulen Raben zu so etwas verleiten lassen? Wie konnte ich daran zweifeln, dass ich genug bin? Felix Hutt, 35 Jahre alt, ein netter Kerl mit Geheimratsecken, ist doch okay. Eine Woche später sind die Schwellungen ziemlich abgeklungen. Bruce zieht mir die Fäden und lobt sein Werk. Meinen Schmerzalbtraum bezeichnet er locker als Einzelfall, meint sogar, meine Unsicherheit sei dafür mitverantwortlich. Ich meine: Bullshit! Er hat mir einen dicken Streifen aus meinem Hinterkopf geschnitten. Solche Schmerzen sind da doch die logische Konsequenz. Schönheitsoperationen sind – trotz der gesellschaftlichen Akzeptanz – eben Operationen. Und keine Wellnessbehandlung. Langsam verheilen die roten Flecken auf meinem Kopf, manchmal jucken die Grafts. In der Öffentlichkeit trage ich eine Mütze. Zu Hause stehe ich vor dem Spiegel und warte. Und tatsächlich, nach drei Monaten sprießen die ersten Härchen. Sechs Wochen vor meiner Hochzeit stehen in meinen Geheimratsecken viele neue Haare, wachsen aber Kein Kommentar zu den Haaren – keine Kritik, keine Komplimente N AC HHE R Nachher I: Ein paar neue Haare holen die Jugend nicht zurück. 90 Nachher II: Aber das ist nicht schlimm. Sieht doch trotzdem gut aus. leider nicht dicht genug, um die kahlen Stellen ganz aufzufüllen. Ich bin enttäuscht. Bruce meint, der Prozess sei erst nach einem Jahr abgeschlossen. Meine Traumhochzeit, das steht nun fest, werde ich ohne Traumfrisur feiern müssen. Was tun, frage ich die Frau meines Lebens, sie fragt zurück: »Wieso rasierst du sie dir nicht einfach wieder ab?« »Abrasieren? Nach den Schmerzen, dem ganzen Aufwand?« »Steht dir sowieso besser, jetzt im Sommer. Du bist so schön braun.« »Hättest du das nicht vorher …?« Ich bin nicht einmal sauer auf sie, sondern erleichtert, froh, dass der Kampf vorbei ist. In den Monaten nach der Operation wandelte sich meine Wut auf mich selbst langsam zu funktionaler Selbstironie. »Ja, schau ihn dir an, den Hutt, jetzt steht er wieder vor dem Spiegel und hofft auf ein paar neue Haare«, sagte ich zu mir. Es kam mir zunehmend albern vor, mein Glück von der Länge und Dichte meiner Haare abhängig zu machen. Oberflächlich. Naiv. Ich könnte natürlich auch sehr gut ohne den Haarausfall leben, habe aber verstanden, dass der Optimierungswahn, der jeden Mangel ausmerzen will, mich auch nicht glücklich machen wird. Den Kampf gegen die Zeit, den verlieren wir am Ende alle. Das Einzige, was man verändern kann, sind Haltung und Einstellung. Ich habe versucht, die Zeit zurückzudrehen, und bin gescheitert. Na und? Ich bereue die Operation nicht, bedaure eher, dass ich die Prozedur gebraucht habe, um zu akzeptieren, wie ich aussehe. Noch mal würde ich das nicht mit mir machen. Wenige Tage vor der Hochzeit gehe ich zum Friseur und lasse mir den Kopf rasieren. Im Spiegel sehe ich die Narbe. Mein Hinterkopf sieht aus, als hätte man mir eine Stahlplatte eingesetzt. Am 16. August 2014 sage ich Ja, mehr Liebe als an diesem Tag geht nicht. Ich trage Sechstageglatze, auf den Hochzeitsfotos sehe ich aus, als hätte es die Operation nie gegeben. Niemand spricht mich auf die Haare an, keine Kritik, keine Komplimente. Nur ich erkenne im Spiegel den leicht verschobenen Haaransatz. Ab und zu begrüße ich ein paar neue Freunde auf meinem Kopf. Ich freue mich, aber ich brauche sie nicht für mein Glück. Vielleicht, weil er weitergezogen ist, mein Rabe. • Wissen Anzeige 1/1