Erfahrungsbericht La Sapienza- Università di Roma, Rom WS 2012
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Erfahrungsbericht La Sapienza- Università di Roma, Rom WS 2012
Erfahrungsbericht La Sapienza- Università di Roma, Rom WS 2012/2013 von Silvia Stollenwerk, BA Medien- und Kulturwissenschaft Das Wintersemester 2012/2013 habe ich als Erasmusstudierende an der Sapienza Universität in Rom verbracht. Rom war meine erste Wahl bei der Bewerbung, teilweise wegen der romantischidealisierten Vorstellung dieser Stadt, die durch viele Filme, Zeitschriften und Artikel vermittelt wird, aber auch durch Touristen, die nach einer Sightseeingtour die ewige Stadt als die Schönste der Welt bezeichnen. Wer einmal bis an die Endstadtion der Metro gefahren ist, muss darüber wahrscheinlich schmunzeln. Rom ist ein Chaos, aber ein spannendes Abenteuer zugleich. Für mich war es eine große und prägende persönliche Bereicherung, ein Semester in der italienischen Hauptstadt zu verbringen. Neben den glanzvollen und repräsentativen Seiten der Metropole, die in diesen Bericht Erwähnung finden sollen, möchte ich auch auf einige Überraschungen und Herausforderungen aufmerksam machen, die man wahrscheinlich nicht auf einem Schnappschuss eines Reisemagazins findet. Vorbereitungen Wenn man sich für ein Erasmusstipendium interessiert, kann man sich auf der jeweiligen Institutsseite über die Bewerbungsformalien, Fristen und angebotenen Gastuniversitäten informieren. Wenn das eigene Institut keine Gastuniversität im gewünschten Land anbietet, ist es wie in meinem Fall möglich, sich über ein anderes Institut zu bewerben. Als Studentin der Medienund Kulturwissenschaft durfte ich das Angebot der Romanistik in Anspruch nehmen. Der jeweilige Erasmus Koordinator eines Instituts kann aufgesucht werden, um die individuellen Möglichkeiten zu besprechen. Für die Bewerbung sind folgende Unterlagen einzureichen: Ein Bewerbungsformular, ein Motivationsschreiben (ca. 1 Seite) auf deutsch, ein Lebenslauf, ein Empfehlungsschreiben eines/r Dozent/in und als Nicht-Romanist sollte man einen Nachweis seiner Sprachkenntnisse erbringen. Bei einer erfolgreichen Bewerbung wird ein vorläufiges Learning Agreement erstellt, d.h. man fertigt eine Liste der Kurse an, die für einen interessant sein könnten und die man sich evtl. auch anrechnen lassen kann. Dieses Agreement muss vom Koordinator an der Heimatuniversität und vom International Office unterschrieben werden, um es dann an den Erasmuskoordinator der Gasthochschule zu senden. Die Kurse des vorherigen Semesters findet man im Internet; leider muss ich dazu sagen, dass die Homepage der Sapienza sehr unübersichtlich ist und es erstaunlicherweise sehr viel Geduld kostet ein paar Kurse herauszusuchen, die für einen in Frage kommen könnten. Bevor es ins Ausland geht, sollte man eine Auslandsversicherung abschließen. Ich habe mich für die Gruppenversicherung der DAAD entschieden. Es ist es ratsam, sich die e-Mail Adresse eines Studenten zu besorgen, der im vorherigem Semester an der Gastuniversität studiert hat. So kann man sich über den Beginn der Kurse informieren, evtl. schon vor der Reise ein Zimmer organisieren und allgemeine Fragen stellen, da die Kommunikation mit dem Koordinator der Sapienza ziemlich uneffektiv und langwierig ist. Im Internet findet man auch viele Erfahrungsberichte über die Sapienza, die sehr lesenswert sind. Vor Semesterbeginn erhält man eine Mail von der Sapienza mit dem Termin des „Welcome Erasmus Day“, einem offiziellen Termin, bei dem die Universität vorgestellt wird. Nach der Ankunft in Rom sollte man das Erasmusbüro aufsuchen, das sich direkt am Eingang der „Facoltà di Lettere e Filosofia“ befindet. Mitzubringen sind zwei Passfotos und das Bestätigungsschreiben der Heimatuniversität. Dort wird einem der Erasmus- Studierendenausweis ausgestellt. Mit dem „Codice Fiscale“ (Steuernummer), den man entweder bereits in Deutschland im italienischen Konsulat in Köln beantragen lassen kann oder erst in Italien machen lässt, und dem 1 Studierendenausweis kann man sich eine Mensakarte ausstellen lassen. Ein üppiges Menü in der Hauptmensa (Via Cesare de Lollis 20), das aus mehreren Gängen und Getränken besteht, kostet nur 2,10 Euro und ist sehr zu empfehlen. Unterkunft Durch private Kontakte hatte ich das Glück, schon vor meiner Ankunft ein Zimmer organisieren zu können, was allerdings 10 km von der Uni entfernt war. Viele Studenten, die sich bei ihrer Ankunft ein Zimmer gesucht haben, brauchten ungefähr zwei bis drei Wochen, um eine Bleibe zu finden. Beliebt ist das Studentenviertel San Lorenzo, das in Uninähe liegt, aber auch tolle Kultur- und Ausgehmöglichkeiten bietet. Der Preis für ein WG-Zimmer liegt bei durchschnittlich 400-500 Euro im Monat. Die Studenten Roms strömen aus allen Stadtvierteln zur Universität, die man unter anderem durch die Metro Linie B Haltestelle Policlinico erreichen kann. Ein Monatsticket für die öffentlichen Verkehrsmittel liegt bei 35 Euro. Weder bei der Wohnung noch beim öffentlichen Transport sollte man den gewohnten Standard erwarten. Weitere Informationen zu Verbindungen des öffentlichen Verkehrs sind zu finden unter: www.atac.roma.it Universität Nachdem die italienische Bürokratie abgehakt ist und man eine Bleibe gefunden hat, müssen die Kurse gewählt werden, und ein aktuelles Learning Agreement muss erstellt werden. Es gibt zwar vereinzelt die Möglichkeit, sich aktuelle Kurse im Internet anzuschauen, doch es gibt kein vereinheitlichtes System, wie das HisLSF in Düsseldorf. Das heißt: Anfang Oktober läuft man durch die verschiedenen „Dipartimenti“ (Fachbereiche) und sucht nach aufgehangenen Kurslisten, wo auch noch einige Exemplare aus dem Jahr 2009 hängen. Das Problem ist, dass es keine Einzelperson gibt, die einen berät und sich verantwortlich fühlt, auch nicht der Koordinator der Gasthochschule. Das bedeutet: viel Rumlaufen, viel Nachfragen und Geduld mitbringen und sich von dem allgemein herrschenden Vertrauen anstecken lassen, dass alles gut gehen wird. Ein Kurs dauert 4-6 Stunden in der Woche und ist sechs Credits wert. Ein Semester ist in zwei Hälften aufgeteilt. Ein Kurs geht zweieinhalb Monate und dann beginnt die zweite Hälfte. Es werden auch Kurse mit 12 Punkten angeboten, die sich dann über das ganze Semester ziehen. Ich habe 3 Kurse á 12 Punkte gewählt: Storia del Cinema, Storia del Teatro und Letteratura italiana. In den ersten beiden Kursen hab ich Prüfungen abgelegt. Es werden keine Hausarbeiten geschrieben, sondern mündliche Prüfungen und Klausuren sind zu erwarten. Von den Studenten wird verlangt, kostspielige und prüfungsrelevante Bücher zu kaufen, die größtenteils von den Professoren selbst verfasst wurden. Das Lehrsystem ist sehr verschult, größtenteils gibt es stundenlange Vorlesungen. Eine schöne Abwechslung dazu bietet der angebotene Sprachkurs, der sehr interaktiv gestaltet wurde. Teilweise verstehen die italienischen Studenten an der Sapienza die verworrenen Strukturen selbst nicht, deswegen stellten sie sich meiner Erfahrung nach als sehr hilfsbereit heraus, da sie wissen, wie schwierig es sein kann, sich durch dieses alte und nicht ganz nachvollziehbare System zu kämpfen. Alltag und Freizeit Die Freizeitangebote in Rom sind unerschöpflich und es gibt jeden Tag etwas Neues zu entdecken. In der ganzen Stadt sind Museen, die von Ausstellungen zum Römischen Reich bis modernen interaktiven Museen alles abdecken. Film und Fotoausstellungen von berühmten Künstlern werden regelmäßig in die Stadt geholt. Mein persönliches Highlights diesbezüglich waren ein Rundgang in der Cinecittà und eine Fotoausstellung des Pariser Fotografen Robert Doisneau. Die Viertel Monti, 2 Trastevere und die kleinen Straßen rund um die Piazza Navona sind voller Lokale, individueller kleiner Geschäfte und charmanter Restaurants. Beliebt bei den jungen Leuten ist der Aperitivo. Bei einem Preis von 6-10 Euro bieten viele Lokale ein Getränk und ein Buffet an, das oft in Verbindung mit einem DJ Set oder Livemusik zu einer schönen Abendgestaltung wird. Wenn man mal eine Auszeit von dem vielen Verkehr und Menschenmassen haben möchte, gibt es schöne Parks wie z.b die Villa Borghese oder Villa Ada. Es gibt ebenfalls die Möglichkeit sich beim „Erasmus Student Network“ registrieren zu lassen, um an organisierten Ausflügen, Party- und Kulturangeboten teilzunehmen. Fazit Ich kann empfehlen, das Auslandssemester in Rom zu verbringen, doch hauptsächlich weil die Stadt so viel zu bieten hat und nicht wegen der Universität. Es gibt unendlich viel zu entdecken, viele überraschende Momente des Staunens und man freundet sich im Rahmen des Erasmusprogramms mit jungen Leuten aus der ganzen Welt an. In Rom leben Menschen, die aus ganz Italien stammen und so ist ein Wohnen in dieser Stadt schon wie eine praktische Lektion in der Vielfalt italienischer Kultur. Die Bürokratie, der öffentliche Verkehr und das Universitätssystem fordern einen zwar regelmäßig immer wieder zu Geduldsproben heraus, doch durch die vielen neuen Bekanntschaften lernt man Tipps und Tricks, die es einem leichter machen. Man kann wohl in keiner anderen Stadt, die Anwesenheit so vieler Epochen spüren, alleine wenn man durch eine Straße spaziert, was die allgemeine Wahrnehmung stark sensibilisiert. Man erhält eine andere, neue Sicht auf die Dinge und schärft seine Aufmerksamkeit. Eine wichtige Eigenschaft, die man nach Deutschland mitbringen kann, ob seine alte Umgebung neu zu entdecken. 3