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Bohren in hochlegierten Stahl mit Minimalmengenkühlschmierung
Wilhelm Rehbein, Dipl.-Ing. (FH) Chemie
oelheld GmbH, Stuttgart
Abstract
In co-operation with Robert Bosch GmbH and the Institute of Machine Tools,
University of Stuttgart, tests were undertaken to replace the currently used circulating
lubricant, an emulsion of a water miscible metalworking fluid, with a micro lubrication
used for the drilling of highly alloyed steel. Commonly used lubricoolants for micro
lubrication based on hydrocarbons, native or synthetic esters or polyglycols, even
when combined with different anti-wear and extreme pressure additives, did not
reach the results of the emulsifying metalworking fluid. At last, through the application
of newly developed lubricoolants based on solutions of organic salts, the tool life of
the drills increases by more than 60% when compared to the emulsifying
metalworking fluid.
Einleitung
Die Verwendung der Minimalmengenkühlschmierung beim Fräsen und Drehen von
Aluminium- und Buntmetalllegierungen sowie von niedrig legierten Einsatz- und
Werkzeugstählen entspricht bereits dem Stand der Technik. Gegenstand unserer
Untersuchungen waren daher Bohrversuche in einem schwer zerspanbaren,
hochlegierten Stahl im Rahmen des Teilprojektes „Bohren und Gewindeschneiden in
Aluminiumgusslegierungen, Wälzlagerstahl und hochlegierte Stähle“ des
BMBFProjektes "Trockenzerspanung prismatischer Teile" mit dem Ziel, die derzeit in
der Serienfertigung verwendete Kühlschmieremulsion durch eine äußere
Minimalmengenkühlschmierung zu ersetzen (Bild 1). In Zusammenarbeit mit dem
Institut für Werkzeugmaschinen der Universität Stuttgart und der Robert Bosch
GmbH in Schwieberdingen wurden Minimalmengenkühlschmierstoffe (MMKS) nach
dem „Baukasten-Prinzip“ (Auswahl einer geeigneten Grundkomponente; Optimierung
durch Additivzusatz) entwickelt und für diesen Bohrprozess optimiert. Zur Beurteilung
wurde das Standzeitverhalten von Hartmetallwendelbohrern mit TiAlN- und MovicBeschichtung herangezogen.
Bild1: Versuchsmaschine mit MMKS-System und Werkstück
Werkstoff
Der zu bearbeitende hochlegierte Stahl X90CrMoV18, Werkstoffnummer 1.4112, ist
korrosionsbeständig, härtbar und für Teile mit höchster Verschleißfestigkeit geeignet.
Seine maximale Zugfestigkeit Rm beträgt 900 N/mm2, die Legierungsbestandteile
sind in Tabelle 1 aufgeführt.
Element
Gew. %
C
Si
Mn
Cr
Mo
V
P
S
0,85 – 0,95
< 1,0
< 1,0
17 - 18
0,9 – 1,3
0,07-0,12
< 0,045
< 0,03
Tabelle 1: Legierungsbestandteile des Versuchswerkstoffes
Werkzeug
Prinzipiell gehört das Bohren mit Minimalmengenschmierung, besonders wenn die
Zufuhr des Schmierstoffes von außen erfolgt, zu den schwer zu realisierenden
Bearbeitungen. Erfahrungen liegen hier in erster Linie im Bereich der NE-Metalle vor.
Durch die ungleichmäßige Schnittgeschwindigkeit des Werkzeuges, die sich von den
mit maximaler Geschwindigkeit drehenden Schneidenecken bis hin zu Null in der
Bohrermitte reduziert, ergibt sich eine hohe Wärmebelastung der Schneidkanten,
welche bei unzureichender Kühlung überhitzt werden können. Dies führt zu erhöhtem
Verschleiß sowie zu einer plastischen Verformung der Schneiden und letztlich zum
Verlust der Schneidfähigkeit. Die thermische Belastung des Werkzeuges im Versuch
war mit
beim Einsatz von MMKS deutlich höher als bei der
Überflutungskühlschmierung mit KSS-Emulsion (
).
Auch neigte der Werkstoff aufgrund der mangelnden Kühlung verstärkt zur
Aufbauschneidenbildung, der Spanbruch wurde durch die heißen und sehr
verformungsfähigen Späne verschlechtert. Durch ungenügende Schmierung rieben
die Führungsfasen des Bohrers an der Bohrungswand und unterlagen einem starken
abrasivem Verschleiß sowie der Adhäsion der Werkstoffes. Die Späneabfuhr durch
die Drallnuten des Bohrers wurde ebenfalls behindert [1].
Da die Werkzeuge bei der Zerspanung des Werkstoffes unter Verwendung der
Minimalmengenkühlschmierung deutlich höheren Belastungen als bei der
Überflutungskühlschmierung ausgesetzt waren, war es erforderlich, die verwendeten
Bohrer hinsichtlich Geometrie, Substrat und Beschichtung zu optimieren. Die besten
Standwegergebnisse konnten durch Verwendung eines TiAlN, TiAlN/MoS2 (Movic) –
beschichteten Bohrers (DP 300 D 220 A der Firma Gühring) aus Feinstkornhartmetall
mit einer angepassten Mikrogeometrie erzielt werden [2].
Minimalmengenkühlschmierstoffe
Die Aufgaben der konventionellen Kühlschmierstoffe bei der spanabhebenden
Metallbearbeitung können folgendermaßen definiert werden:
• Verringerung der Reibung zwischen Werkstück und Werkzeug, dadurch
Reduktion der Reibungswärme und damit Abnahme von Werkzeugverschleiß
und Verbesserung der Oberflächenqualität am Werkstück.
• Ableiten der durch Reibung und Verformungsarbeit des Spans entstehenden
Wärme, somit Vermeidung von Werkstoffgefügeänderungen bzw. von
Aufhärtungen sowie von Maßungenauigkeiten infolge der Wärmedehnung.
• Abtransport der beim Bearbeitungsvorgang entstehenden Späne aus der
Werkzeugeingriffszone, Freispülen der Werkzeuge, Vermeidung von
Ansammlungen heißer Späne.
• Schutz der Werkstücke, Werkzeuge und Anlagenteile vor Korrosion.
Minimalmengenkühlschmierstoffe
können
die
beiden
zuletzt
genannten
Anforderungen nicht erfüllen, die Aufnahme und Ableitung von Reibungswärme kann
nur durch Verdampfung erfolgen. Sie müssen daher möglichst effektiv die Reibung
verringern, also eine optimale Schmierwirkung aufweisen. Zur Ermittlung des am
besten
geeigneten
Minimalmengenkühlschmierstoffes
wurden
sowohl
nichtwassermischbare Produkte als auch Lösungen in Wasser getestet.
Versuche am Institut für Werkzeugmaschinen
Die vom Institut für Werkzeugmaschinen in Stuttgart entwickelte Versuchseinrichtung
ermöglichte bei den gewählten Prozessparametern (Tabelle 2) die Erfassung der
Axialkraft FZ, hier identisch mit der Vorschubkraft Ff, und des Drehmoments um die
Bohrachse MZ, welches im Versuch dem Schnittmoment MC entspricht.
Werkstoff
Werkzeug
Vorschubgeschwindigkeit
Schnittgeschwindigkeit
Bohrtiefe
MMKS-System
MMKS-Menge
Tabelle 2:
X90CrMoV18
Bohrer DP 300 d 220 A (Gühring), D = 8,5 mm
vf = 280 mm/min
vc = 50 m/min
lf = 25 mm
microjet MKS-G260 (Link)
Q = 20 mL/h
Prozessparameter der Bohrversuche am IfW
Zur Auswahl geeigneter Basisflüssigkeiten wurden erste Standzeitversuche mit
folgenden natürlichen oder synthetischen Stoffen durchgeführt:
• Kohlenwasserstoffe
• Polyglykole
• Carbonsäureester
Kohlenwasserstoffe
Produkt:
Dichte bei
kin. Viskosität b.
Flammpunkt
Typ:
15°C [g/cm3]: 40°C [mm2/s]:
PMCC [°C]:
OH 637
0,775
2,3
110
synth. n-Paraffingemisch
OH 638
0,867
18
195
Mineralöl
OH 639
0,880
100
230
Mineralöl
OH 715
0,841
106
240
PAO
Tabelle 3: Physikalische Daten der als MMKS geprüften Kohlenwasserstoffe
Aus der Gruppe der Kohlenwasserstoffe kamen sowohl zwei Mineralölraffinate als
auch zwei synthetische Produkte (synthetisches niedrigviskoses n-Paraffingemisch
und Polyalphaolefin) mit unterschiedlichen Viskositäten zum Test (Tabelle 3).
Diagramm 1: Bohrerstandwege bei Verwendung von Kohlenwasserstoffen als MMKS im
Vergleich zu Wasser bzw. zum Trockenbohren
Dabei zeigte sich, dass der Standweg der Bohrer unabhängig von Viskosität und
Flammpunkt der getesteten Produkte deutlich geringer war als bei der Verwendung
von Wasser als Kühlmittel bzw. beim Bohren ohne MMKS (Diagramm 1). Der mit
Abstand höchste Standweg dieser Versuchsreihe wurde bei der Benetzung des
Bohrers mit Wasser erreicht. Aufgrund der im Vergleich mit Mineralöl deutlich
stärkeren Kühlwirkung des Wassers (Tabelle 4) wurde die thermische Belastung der
Schneiden verringert, ihr Verschleiß schritt erkennbar langsamer fort.
Mineralöl
Spez. Wärmekapazität cp [J ca. 1,9
g-1 K-1]
Wärmeleitfähigkeit _ [W mK-1] ca. 0,1
Verdampfungswärme r [J g-1] ca. 210
Wasser
ca. 4,2
ca. 0,6
ca. 2300
Tabelle 4: Vergleich der kalorischen Größen von Mineralöl und Wasser
Die Werte von Axialkraft und Schnittmoment bewegten sich bei den
Kohlenwasserstoffen zu Anfang unter denen der Trockenbearbeitung, was auf eine
gewisse Reibungsminderung durch die hydrodynamische Schmierwirkung des
Ölfilms schließen lässt. Mit zunehmender Anzahl der Bohrungen kam es aber
aufgrund der schlechten Kühlwirkung zu einer Temperatursteigerung des Werkzeugs
auf ca. 300°C (Schätzwert nach Auswertung der Anlaß farben der Späne). Der
Schmierfilm brach zusammen, Axialkraft und Schnittmoment stiegen sprunghaft bis
zum Werkzeugbruch (Diagramm 2). Der Einfluß von Viskosität und
Verdampfungsneigung der Kohlenwasserstoffe war dabei offensichtlich gering. Dies
traf in gleicher Weise auf die synthetisch hergestellten Polyalphaolefine zu, ihre
Vorteile hinsichtlich geringerer Verdunstungsneigung und günstigerem ViskositätsTemperatur-Verhalten bewirkten keine Verlängerung des Standweges.
Diagramm 2: Verlauf des Schnittmoments beim Bohren mit Kohlenwasserstoffenals MMKS
und trocken*
Aufgrund ihrer unpolaren Struktur ist die Affinität der Kohlenwasserstoffe zu
Metalloberflächen gering. Sie besitzen daher nur mäßige Benetzungs- und
Schmiereigenschaften
und
erscheinen
als
Basismedien
für
Minimalmengenkühlschmierstoffe, zumindest für die Zerspanung hochlegierter
Stähle, wenig geeignet.
Polyglykole
Als weitere mögliche Basisflüssigkeit für MMKS wurde ein Polyglykol (OH 716) in
den Test einbezogen. Polyglykole werden durch Polymerisation von Ethylenund/oder Propylenoxid hergestellt und sind im Gegensatz zu Kohlenwasserstoffen
bis auf wenige Ausnahmen gut wasserlöslich. Sie können daher auch als
Basisflüssigkeiten für wasserlösliche Minimalmengenkühlschmierstoffe verwendet
werden. Beim Bohrversuch wurde ein Standweg von 1,65 m (66 Bohrungen) erreicht.
Die Axialkraft verlief bis auf den Bereich von 0,5 bis 1,0 Meter, in dem eine
beidseitige Aufbauschneide eine erhöhte Kraft in Vorschubrichtung verursachte,
nahezu konstant. Beim Schnittmoment war ein leichter, stufenförmiger Anstieg bis
ca. 1,5 m zu beobachten, danach stieg der Werkzeugverschleiß rapide bis hin zum
Bohrerbruch an.
Diagramm 3: Vergleich der Axialkräfte von OH 716 und OH 749*
Zur Verbesserung der Kühlwirkung wurde das Polyglykol in einem weiteren Versuch
mit einer geringen Menge Wasser versetzt (OH 749). Der Standweg wurde so auf
3,9 m (156 Bohrungen) erhöht, bei der Auswertung von Axialkraft und Schnittmoment
war ein gleichmäßigerer Verlauf erkennbar, Sprünge im Kraft- und Momentverlauf,
wie sie durch die Bildung von Aufbauschneiden verursacht werden, blieben aus
(Diagramme 3 und 4). Dies zeigt, dass ein geringer Zusatz von Wasser aufgrund
seines
hohen
Kühlvermögens
einen
erheblichen
Einfluss
auf
das
Verschleißverhalten des Werkzeuges hat, so dass hier mit Recht von
Minimalmengenkühlschmierung gesprochen werden kann.
Diagramm 4: Vergleich der Schnittmomente von OH 716 und OH 749*
Carbonsäureester
Medien für die Minimalmengenkühlschmierung sind häufig auf der Basis von
Carbonsäureestern aufgebaut. Diese können in synthetische Produkte und solche
natürlichen Ursprungs (Pflanzenöle, tierische Fette) unterteilt werden. Ihre Affinität zu
Metalloberflächen und damit ihre Schmierwirksamkeit ist, bedingt durch zwei oder
mehr Sauerstoffatome im Molekül, deutlich höher als die der Kohlenwasserstoffe. Sie
werden daher auch als Reibungsverringerer (Friction Modifier) in Kühlschmierstoffen
verwendet. Carbonsäureester sind meist gut biologisch abbaubar, allerdings ist ihre
Alterungsbeständigkeit weniger gut als die der Kohlenwasserstoffe und ihre
Verträglichkeit mit Dichtungsmaterialien nicht immer gewährleistet.
Die Oxidationsstabilität von Schmierstoffen auf der Basis synthetischer Ester ist bei
geeigneter Auswahl wesentlich besser als die der nativen Rohstoffe, da hier
gesättigte Produkte von hohem Reinheitsgrad verfügbar sind. Die Stabilität gegen
Hydrolyse (in Gegenwart von Wasser spaltet sich der Ester in Alkohol und Säure)
kann durch die Verwendung sterisch gehinderter Ester gesteigert werden.
Synthetische Ester liegen nach Umsetzung mit Ethylenoxid auch in wasserlöslicher
Form vor. In die Bohrversuche am IfW wurden mit OH 231 ein nativer Ester
(Diagramm 5) sowie der synthetischer Ester OH 717 mit annähernd gleicher
Viskosität (Diagramm 6) einbezogen. Der Bohrerstandweg war bei Verwendung des
synthetischen Esters mit 1,675 m (67 Bohrungen) geringfügig besser als beim
Pflanzenöl mit 1,55 m (62 Bohrungen).
Diagramm 5: Schnittmomentverlauf für OH 231*
Diagramm 6: Vergleich der Schnittmomente von OH 717 und OH 750*
Weiterhin wurde ein ethoxylierter Ester, dem eine geringe Menge Wasser zugesetzt
wurde (OH 750), getestet. Auch hier zeigte sich mit einer Standwegverlängerung auf
2,7 m (108 Bohrungen) der positive Effekt der zusätzlichen Kühlwirkung des
Wassers.
Additive
Ohne weitere Zusätze waren die geprüften Basisflüssigkeiten nicht als echter Ersatz
für eine Überflutung mit Kühlschmierstoff geeignet. Daher wurde in weiteren
Versuchen angestrebt, die Eigenschaften der erprobten Basisflüssigkeiten durch
Zusatz verschiedener Additive zu optimieren:
• Verschleißschutzwirkstoffe (Anti-Wear-Additive) bilden durch Reaktion mit der
Metalloberfläche plastisch deformierbare Schichten, welche den Verschleiß
des Werkzeugs vermindern. Sie sind beispielsweise auf der Basis
aminneutralisierter Phosphorsäurepartialester oder Alkyldithiophosphate
aufgebaut.
• Hochdruckwirkstoffe (Extreme-Pressure-Additive) bilden durch Reaktion mit
Metalloberflächen Verbindungen mit geringerer Scherfestigkeit und verhindern
so Mikroverschweißungen zwischen den Oberflächen bei hohen Drücken und
Temperaturen [5]. Hier sind saure Phosphorsäureester, Polysulfide und
Schwefelverbindungen auf Esterbasis gebräuchlich.
• Oxidationsinhibitoren sind zumeist aromatische Amine oder sterisch
gehinderte Phenole. Sie verhindern oxidationsbedingte Verharzungen und
Säurebildung durch Eliminierung von Sauerstoffradikalen.
• Korrosionsinhibitoren schützen Metalloberflächen mittels Filmbildung vor dem
Angriff durch Säuren oder Sauerstoff, bilden eine Barriere gegen Wasser bzw.
bewirken in wässrigen Systemen einen basischen pH-Wert. Alkali- bzw.
Erdalkalisulfonate und Halbester der Bernsteinsäure können in
nichtwassermischbaren, Verbindungen primärer und tertiärer Amine in
wassermischbaren Minimalmengenkühlschmierstoffen eingesetzt werden.
Im folgenden wurde mit dem Produkt SPL ein handelsüblicher MMKS auf Esterbasis,
enthaltend Phosphor- und Schwefelverbindungen als EP- und AW-Additive, getestet.
Das Versuchsergebnis (Standweg 4,475 m; 179 Bohrungen) ist mit einem im
Vergleich zu den Resultaten nichtadditivierter Ester nahezu verdreifachten Standweg
wie auch durch den gleichmäßigeren Anstieg von Schnittmoment und Axialkraft ein
Beleg für die Wirksamkeit dieser Zusätze (Diagramm 7).
Diagramm 7: Schnittmomentverlauf bei Verwendung des Produktes SPL
als MMKS*
Versuche bei der Robert Bosch GmbH
Die weiteren Untersuchungen zur Entwicklung des optimal geeigneten
Minimalmengenschmierstoffes wurden unter praxisnahen Bedingungen im
Zerspanungslabor der Robert Bosch GmbH in Schwieberdingen auf einer Deckel
FP5CC
Fräsmaschine
mit
veränderten
Prozessparametern
(Vorschubgeschwindigkeit vf =224 mm/min, Schnittgeschwindigkeit vc = 40 m/min)
durchgeführt. Vergleichende Versuche zeigten aber, daß die Ergebnisse vom IfW
durchaus übertragbar waren. Schnittmoment und Axialkraft konnten unter den neuen
Versuchsbedingungen nicht gemessen werden.
Um einen Vergleich zwischen Überflutungs- und Minimalmengenkühlschmierung zu
erhalten, wurde vor Beginn der MMKS-Untersuchungen ein Test mit einer 5 %igen
Emulsion eines mineralölhaltigen EP-Kühlschmierstoffkonzentrates durchgeführt.
Der Standweg der Emulsion war mit 15,275 m (611 Bohrungen) deutlich besser als
die am IfW erhaltenen Ergebnisse. Die folgenden Testreihen wurden mit einem
nativen Ester mit EP-Zusätzen (EPX), einem Polyglykol, welchem Wasser und ein
AW-Additiv zugemischt wurden (OH 751) sowie einem synthetischen Ester mit
Zusatz von Wasser und EP-Additiv (OH 752) durchgeführt [6]. Der Standweg des
wassergemischten Kühlschmierstoffes in Umlaufkühlschmierung wurde aber nicht
erreicht (Tabelle 5).
Auch zeigte sich die Notwendigkeit der Zugabe von Verschleißschutzadditiven zu
den MMKS, welche den Standweg bei Verwendung der Polyglykol-Wasser-Mischung
erhöhten bzw. deren Abwesenheit zu einer Standwegreduktion führten (im Vergleich
SPL / EPX). Der Zusatz von EP-Additiven hingegen bewirkte in dieser Versuchsreihe
eher eine Verringerung des Bohrerstandweges (Vergleich OH 750 / OH 752).
MMKS
EPX
OH 751
Standweg [m]
0,45
4,60
Anzahl Bohrungen
18
184
Chemischer Aufbau
nativer Ester mit EP-Zusätzen
Polyglykol mit AW-Zusatz
und Wasser
OH 752
0,975
39
synth. Ester mit EP-Zusatz
und Wasser
OH 791
19,925
797
Lösung organischer Salze
in Wasser
OH 794
20,225
809
Lösung organischer Salze,
AW-Additive
OH 795
24,675
987
Lösung organischer Salze,
AW- und EP-Additive
Tabelle 5: Bohrversuche mit MMKS bei der Robert Bosch GmbH in Schwieberdingen
Diagramm 8: Standwege der bei der Rob. Bosch GmbH getesteten MMKS
Da die bisher getesteten Minimalmengenschmierstoffe in ihrer Leistung nicht an die
konventionelle Überflutungskühlung heranreichten, wurden neue MMKS auf der
Basis wasserlöslicher organischer Salze getestet (Diagramm 8). Diese bewirkten
durch ihren hohen Wassergehalt eine gute Kühlung des Werkzeuges, die nach
Verdunstung des Wassers verbleibenden Salze bildeten auf dem Werkzeug einen
reibungsverringernden Film mit hoher Haftfestigkeit. Durch den Zusatz
wasserlöslicher AW-Additive (OH 794) konnte der Verschleiß der Bohrer weiter
gesenkt werden, in Kombination mit einem EP-Additiv wurde letztlich ein Standweg
von nahezu 1000 Bohrungen erreicht.
Untersuchungen an Schmierstoffprüfmaschinen
Parallel zu den Tests in den Zerspanungslaboratorien wurde das Verhalten der
Minimalmengenkühlschmierstoffe auf den Schmierstoffprüfgeräten nach Brugger
(DIN 51347 T2) und Reichert untersucht. Beide Methoden messen den
Reibverschleiß, der beim Kontakt eines stationären Stahlkörpers mit einem
rotierenden Stahlring entsteht, wobei der letztere entweder mit dem zu prüfenden
Schmierstoff benetzt wird (Brugger) oder in eine mit dem Schmierstoff gefüllte
Wanne eintaucht (Reichert). Die Ergebnisse der Prüfungen nach Brugger (Diagramm
9) und Reichert (Diagramm 10) zeigten die im Vergleich zu Kohlenwasserstoffen
bessere Schmierwirkung der Polyglykole und Ester.
Diagramm 9: Prüfung der MMKS im Mischreibungsgebiet mit dem Schmierstoffprüfgerät
nach Brugger (DIN 51347-2)
Auch stieg die Belastbarkeit der mit EP-Additiven versetzten Produkte deutlich an,
die Zugabe von Verschleißschutzzusätzen hatte hingegen nur geringe
Auswirkungen. Eine Korrelation mit den Resultaten der Bohrversuche war nur
bedingt möglich, insbesondere war die Belastbarkeit der organischen Salzlösungen
deutlich schlechter, als die Resultate beim Bohren erwarten ließen. Die Ursache für
die abweichenden Ergebnisse ist neben den technologischen Unterschieden
zwischen der Bohrbearbeitung und den Prüfmethoden auch in der mangelnden
Berücksichtigung der Werkzeugbeschichtung zu suchen.
Diagramm 10: Reibverschleiß der MMKS nach Reichert
Zusammenfassung der Ergebnisse:
Im Rahmen der am Institut für Werkzeugmaschinen (IfW) und bei der Robert Bosch
GmbH durchgeführten Bohrversuche in hochlegierten Edelstahl zeigte sich, daß die
Werkzeugstandzeiten beim Einsatz konventionell aufgebauter MMKS auf der Basis
von Mineralölen, Estern oder Polyglykolen nicht an die Ergebnisse einer
Überflutungskühlung mit Kühlschmieremulsion heranreichten. Erst mit Hilfe neu
entwickelter wässriger Lösungen organischer Salze konnte der Standweg der Bohrer
im Vergleich zur überflutenden Kühlschmierung mit KSS-Emulsion um über 60 %
erhöht werden. Problematisch bleibt die Entfernung der entstehenden Späne aus
dem Arbeitsbereich der Maschine, hier kommen für eine Serienfertigung nur speziell
für die Trockenbearbeitung konstruierte Maschinen in Betracht. Weiterhin ist der
Einsatzspezieller Bohrer erforderlich, deren zusätzliche Kosten berücksichtigt werden
müssen. Auf den gefertigten Werkstücken konnten beim Test der Lösungen
Rückstände festgestellt werden. Diese ließen sich leicht mit Wasser entfernen, eine
Weiterverwendung der Teile ohne Reinigung ist aber nur bedingt möglich.
_________________________
[1]
König, W.: Fertigungsverfahren, Band 1, Drehen, Fräsen, Bohren, 3. Auflage,
VDI Verlag, Düsseldorf 1990
[2] Hockauf, W., Pröll, H., Bäuerle, R., Eisenblätter, G., Rehbein, W.: Trockenbohren und gewinden von hochlegierten Stählen und Aluminiumgußlegierungen, Trockenbearbeitung
prismatischer Teile, VDI-Berichte 1375, VDI Verlag, Düsseldorf 1998
[3] Bruder, B.: Standzeituntersuchungen beim Bohren mit Minimalmengenkühlschmierung,
Studienarbeit, Institut für Werkzeugmaschinen, Stuttgart 1996
[4] Liebherr, R.: Untersuchung des Standzeitverhaltens von Wendelbohrern beim Einsatz von
Minimalmengenkühlschmierung, Studienarbeit, Institut für Werkzeugmaschinen,
Stuttgart 1996
[5] Mang, T.: Die Schmierung in der Metallbearbeitung, Vogel-Verlag, Würzburg 1983
[6] Klocke, F., Lung, D., Eisenblätter, G., Müller-Hummel, P., Pröll, H., Rehbein, W.: Minimal
mengenkühlschmierung - Systeme, Medien, Einsatzmöglichkeiten, Trockenbearbeitung
prismatischer Teile, VDI-Berichte 1375, VDI Verlag, Düsseldorf 1998
*Quelle: IfW Stuttgart

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