Ausgabe 50

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Ausgabe 50
Jubiläumsausgabe 50
kostenlos, da unbezahlbar
24. Mai 2006 – Jahrgang 12
Da waren’s nur noch fünf
Nach der Einstellung des Fachbereichs Soziale Arbeit denkt die Uni laut über die Fusion von GGeo und SpLit nach
Meinung
4
Studentenprotest
auf Französisch
Service
7
Sind wir bald alle
Kriminelle?
Sport
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Auch Fußballmuffel
sollen feiern
Von Sven Becker
Noch ist in der Austraße alles wie
immer. Am Anfang der Café-Meile studieren die Geschichts- und Geowissenschaftler in der Fakultät GGeo, weiter
hinten die Sprach- und Literaturwissenschaftler in der SpLit-Fakultät. Doch
bald könnten in der Innenstadt die
Hochzeitsglocken läuten. OTTFRIED
hat erfahren, dass die Strukturkommission die Zusammenlegung der beiden
Fakultäten in Erwägung zieht. In der
Kommission sitzen aktuelle und emeritierte Professoren wie der Soziologe
Laszlo Vaskovics und machen sich Gedanken zur Zukunft der Uni Bamberg.
jedoch die Fakultät KaTheo nicht aufgelöst werden darf (OTTFRIED berichtete in Ausgabe 44), ist eine Lösung
mit zwei Fakultäten nur schwer denkbar. Darüber hinaus fällt es der
Strukturkommission auch thematisch
schwer, die Fächer in zwei Fakultäten
Dafür bekommt unsere Uni unter anderem ein Vollslavistik-Zentrum, naturwissenschaftliche Kompetenzen in der
Lehrerausbildung und exotische Fächer
wie Polonistik und Ukrainistik. Zusammen mit benachbarten Unis wird ein
nordbayerisches Zentrum für die arabi-
Strukturkommission
zur Zukunft der Uni
Da die Kommunikationswissenschaft
nicht mehr in das Profil der neuen
Großfakultät passen würde, denken die
Mitglieder der Kommission laut über
einen Wechsel des Fachs an die SoWiFakultät nach. Dazu passt, dass der
Senat am 8. Februar einstimmig die
Einstellung des Diplomstudiengangs
Germanistik mit Schwerpunkt Journalistik zum Sommersemester 2007 beschlossen hat.
Hintergrund des Neuzuschnitts ist die
Aufforderung der Staatsregierung, die
Zahl der Fakultäten in Bamberg auf
zwei zu reduzieren, um so ihr Profil zu
schärfen. Den Großfakultäten soll je ein
hauptberuflicher Dekan vorstehen. Da
Montage: Ottfried
Fakultäten, mehr Geld bekommen die
Hochschulen nicht.
Das wird sich im Sommersemester
2007 ändern. Am letzten Freitag hat der
Landtag das neue Hochschulgesetz verabschiedet, das auch die Einführung
von Studiengebühren beinhaltet. 500
Euro wird jeder Studierende an seine
Uni überweisen. Da der Etat aus München zumindest bis 2008 nicht gekürzt
wird, hat Bamberg über zwei Millionen
Euro mehr zur freien Verfügung.
Viele Professoren begrüßen die neuen
Mittel: „Auch wenn sich trefflich über
Studiengebühren streiten lässt, bin ich
doch froh, dass wir mit dem Geld aus
den Studiengebühren neue Tutoren und
Lehrbeauftragte einstellen können“,
sagt Professor Houswitschka, Dekan
der Fakultät SpLit.
Uni-Leitung darf
jetzt noch mehr
Kaum von Kowi geschieden, hat die SpLit schon wieder einen Neuen.
zu gliedern. Jetzt sieht es so aus, dass
nur SpLit und GGeo fusionieren.
Nachzulesen sind die Vorgaben aus
München im Optimierungskonzept, das
der Ministerrat schon im August 2005
beschlossen hat. Wer sich für das zukünftige Fächerspektrum der Uni Bamberg interessiert, kann auf der Homepage des Wissenschaftsministeriums einen Blick auf die Vorlage werfen. Beschlossen ist der Wegfall der Sozialen
Arbeit sowie der musik- und rechtswissenschaftlichen Fächer in Bamberg.
sche und islamische Welt aufgebaut. Je
innovativer die Konzepte der Uni Bamberg, desto mehr Stellen bekommt sie
für die schon abgetretenen Fächer wie
Soziale Arbeit wieder zurück.
Am Ende des Prozesses sollen sich die
bayerischen Universitäten klar voneinander abgrenzen und so für potenzielle
Erstsemester attraktiver werden. Für
die meisten Studierenden ändert sich
mit dem Neuzuschnitt aber gar nichts:
Das Optimierungskonzept verlagert nur
einige Stellen zwischen den Unis und
Zusätzlich stärkt das neue Hochschulgesetz die Rechte von Rektor
Ruppert und der Uni-Leitung. Ruppert
wird formal Chef aller Professoren. Er
entscheidet gemeinsam mit seinen Prorektoren über Studien- und Prüfungsordnungen sowie die Berufung von Juniorprofessuren. Die Dekane und Frauenbeauftragte bilden mit der Uni-Leitung die erweiterte Hochschulleitung,
die den Rektor in wichtigen Fragen beraten wird. Kontrolliert wird die HochFortsetzung auf Seite 2
Betreff: „Exmatrikulation“
Vieles erledigt die Uni Bamberg mittlerweile online, aber mitnichten wird dadurch alles besser.
In Deutschland interessieren
sich nur wenige Politiker für die
Uni-Absolventen. In den USA
kommt Präsident Bush zur Diplom-Feier – und sorgt für eine
Massenhysterie unter den Akademikern. Mehr auf Seite 5.
Kultur
10
Wer zuerst kommt,
mahlt zuerst
This Heinz is
Tocotronic
Kultur
(jae) „Ihre Exmatrikulationsunterlagen
sind schon unterwegs!“ Wie selbstverständlich erklärt der Mitarbeiter der
Studentenkanzlei den aktuellen Status
der Studentin. Dabei hat sich Steffi M.
doch nur erkundigt, warum sie ihre
jetztige Online-Studienbescheinigung
nicht ausdrucken kann. Nach längerer
Recherche stellt sie dann fest: Die 108
Euro Semersterbeitrag sind bei der Uni
gar nicht angekommen. Das Problem
dabei: die Studentenkanzlei verschickt
keine Mahnungen. „Wir gehen davon
aus, wer die Studiengebühren nicht
überweist, der will sich nicht mehr
rückmelden“, so Maria Steger, die Leiterin der Studentenkanzlei.
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Der ZÜNDFUNK
darf nicht sterben!
„Die wenigsten Unis verschicken noch
Mahnungen“, erklärt sie. Grund sei der
hohe bürokratische Aufwand: „Das
kostet einen Haufen Geld!“
Also keine Mahnungen – nicht einmal
per E-mail, wo doch heutzutage alles
online passiert? „Es liegt einfach in der
Pflicht der Studenten nachzuprüfen, ob
das Geld weg gegangen ist, oder nicht!“
Die beste Kontrolle sei der Ausdruck
der Studienbescheinigung: „Während
der Rückmeldefrist aktualisieren wir
täglich die Online-Daten“, so Steger.
Eine weitere Falle ist FlexNow. Hier
geht es manchmal zu schnell: keine
fünf Minuten nach Einschreibebeginn
sind die Seminarlisten voll.
Eine verhängnisvolle Klositzung
Wer da nicht rechtzeitig vom Klo zu
seinem Internetzugang kommt, hat
Pech gehabt. Und wer doch schnell
genug war und es bis zum Listeneintrag
geschafft hat, dem stürzt kurz vor dem
„Ok“-Häkchen der Server ab. „Das
technische System hat eben seine
Grenzen“, entschuldigt sich ein Verantwortlicher aus der EDV-Abteilung.
„Ob Listeneintrag in der Uni oder per
FlexNow – wer zuerst kommt, mahlt
zuerst.“ Schließlich läge es in der Hand
des jeweiligen Professors, welches
Verfahren er für die Seminaranmeldung
als geeignet ansieht…
Einige Vorteile hat die „Veronlineisierung“ aber doch: Wir Studierenden
müssen nicht mehr persönlich in die
Blitzgescheite Studis in Hassliebe mit dem Internet
Studentenkanzlei laufen, um unsere
Daten zu ändern. Auch der Papa kann
sich die Studienbescheinigung für die
Krankenkasse selbst ausdrucken und
mit Hilfe des Benachrichtigungsdienstes der Bibliothek verringert sich
der monatliche Mahngebührbetrag.
Im „Virtuellen Campus“ gibt es Seminarskripte zum Download, ein Forum ermöglicht Diskussionen mit
Kommilitonen. Seit dem Sommerse-
Montage: Ottfried
mester gibt es in Bamberg – als Vorreiter in Bayern – sogar eine OnlineEinschreibung. Da werden die Erstsemester gleich auf das vorbereitet, was
sie erwartet: die komplette Vernetzung
ihres Uni-Alltages. Aber Achtung:
immer schön nachprüfen, ob die Studiengebühren auch überwiesen wurden, denn wenn nicht, ist die Überraschung groß, wenn der „Exma“-Schein
im Briefkasten liegt.
PRESSESTELLE.
Fortsetzung von Seite 1
schulleitung von dem neu geschaffenen
Hochschulrat, in dem paritätisch Vertreter der Universität, sowie Externe
aus Politik und Wirtschaft sitzen. Die
genaue Organisation wird in der Grundordnung geregelt. Auch hierüber wird
in der Strukturkommission diskutiert.
Fest steht: In Zukunft wird die Uni im
Detail viel autonomer agieren, während
wichtige Entscheidungen, wie der Neuzuschnitt der Fakultäten oder das Fächerprofil auch weiterhin nicht ohne die
Zustimmung des Ministeriums erfolgen. Deshalb ist auch bei der Anzahl
der Fakultäten das letzte Wort noch
nicht gesprochen: „Wenn das Ministerium verlangt, dass es in Bamberg nur
noch zwei Fakultäten gibt, dann wird
das auch so kommen,“ so ein Professor
aus der SoWi-Fakultät zu OTTFRIED.
siehe dazu auch Seite 4
Kleines Geld, großes Kino
Bamberger Studierende produzieren ihren ersten eigenen Film – Jetzt fehlt nur der letzte Schliff
Studentin, dass eine Ruine in der Nähe
von Seelberg anscheinend mit dem
Mord zu tun hat. In diesem Zusammenhang stellt sich heraus, dass die Vergangenheit des Ortes wichtig für das
Schicksal der Jugendlichen war.
Die Ausgaben für den Film durften bei
einem Null-Euro-Budget nicht hoch
sein. Zum Glück bekamen die Studierenden viel Unterstützung, mussten zum
Beispiel die Drehgenehmigungen und
das Catering nicht bezahlen. Kommilitonen sprangen als Gratis-Schauspieler
ein. Nur die Kosten für die Filmausrüstung mussten sie tragen. Drehbeginn
war am 25. März. Bereits eine Woche
Eine Kameraführung wie Michael Ballhaus
Hilfe für Fotos
(sv) Seit April ist ein neues Standardwerk für Fotojournalisten auf dem
Markt. Verfasst hat es OTTFRIEDRedakteur Julian Rossig, der momentan in Oklahoma sein Auslandsjahr absolviert. Das Buch ist eine wertvolle
Hilfe sowohl für Jungfotografen als
auch für unerfahrene Printjournalisten,
die vor einem Pressetermin eine Kamera in die Hand gedrückt bekommen.
Julian Rossig. Fotojournalismus. UVK
Verlag, 24,90 Euro bei www.libri.de.
www.fotojournalism.us.
Die Hegelwoche
„Europa weiter denken“ lautet das Motto
der 17. Bamberger Hegelwoche vom 27.
bis 29. Juni in der Aula. Dabei diskutieren
namhafte Vertreter aus Politik, Wissenschaft und Kultur die Frage: Ist die Zukunft Europas bereits Vergangenheit?
Am Dienstag, 27. Juni, referiert ab 19.15
Uhr unter anderem Sir Peter Torry, britischer Botschafter in Deutschland, zu „Die
Briten – vorbildliche Europäer“; Dr.
Jacques Santer, ehemaliger Präsident der
Europäischen Kommission, spricht zu
„Die Krise der EU als Chance für neue Lösungen.“ Anschließend führen die beiden
ein Gespräch unter der Moderation von
Rektor Godehard Ruppert.
Schon einen Tag später steht um 19.15 Uhr
der Vortrag „Das Europa der Kulturen“
von Prof. Dr. Olaf Schwencke, Präsident
der Deutschen Vereinigung der Europäischen Kulturstiftung (ECF), auf dem Programm. Am Donnerstag, 29. Juni, beschließt um 19.15 Uhr eine hochkarätig
besetzte Podiumsdiskussion mit dem Titel
„Europa weiter denken“ die diesjährige
Hegelwoche.
Von Esther Stosch
Wenn Studierende zusammenhocken
und verrückte Ideen haben, sind diese
oft schnell wieder vergessen. Anders
bei Oliver Fischer, Heiko Aumüller und
Michael Wild. Den Kowi-Studierenden
kam nach einer Film-Vorlesung die
Idee, einen eigenen Film zu drehen.
Vom Drehbuch bis zur Musik sollte
alles in Eigenregie umgesetzt werden.
Entstanden ist schließlich „Ruina“.
Der Inhalt: Eine Journalistikstudentin,
Kirsten Burkhard (gespielt von Maike
Körber), kehrt nach Bamberg zurück
und erfährt von ihrem Freund, dass
nach Ostern waren alle Einstellungen
im Kasten. „Zu erfahren, wie ein
Filmdreh abläuft, war stressig, aber
auch sehr schön“, beschreibt Maike
Körber die ersten Erfahrungen als
Hauptdarstellerin.
Insgesamt wirkten circa 60 Darsteller
bei dem Projekt mit. Im Moment wird
der Film geschnitten und vertont. Die
Musik wird von Michael Wild in Zusammenarbeit mit Matthias Stocker,
Musikstudent aus Erlangen, selbst geschrieben.
„Ruina“ soll zu Beginn des Wintersemesters in der Uni und in Bamberger
Cafés zu sehen sein.
Fotos: privat
dessen kleine Schwester Steffi verschwunden ist. Die Polizei tappt lange
im Dunklen. Kirsten fängt an, selbst zu
recherchieren und findet heraus, dass
ein Schulfreund des Opfers verhaftet
wurde. Ihr Freund und die Polizei sind
gegen ihre Nachforschungen.
Plötzlich taucht Steffi zwar unversehrt
auf, kann sich aber an nichts erinnern.
Kirsten wartet nicht darauf, dass sie
sich erholt, sondern forscht in
Würzburg auf eigene Faust weiter –
prompt findet sie eine Leiche. Hat
Steffi etwas damit zu tun?
Nach und nach erfährt die neugierige
Super Mario und Luigi kurz vor ihrem Ritt ins zehnte Level.
Otto-Friedrich auf der Brust
Auch die Uni Bamberg hat jetzt eine eigene Kollektion – Entworfen „von Studenten für Studenten“
In- und Ausland finden MerchandisingProdukte rund um die Universitäten reißenden Absatz. Seit diesem Semester
können die Bamberger Studierenden
das Uni Bamberg-Logo ebenfalls zur
Schau tragen. Oliver Lütte und Peter
Thomas haben
sich bei ihrem
Auslandsjahr in
Melbourne dazu
inspirieren lasssen und den
Bamberger Unishop gegründet.
Auf
ihrer
Homepage bieten die zwei
Wirtschaftsinformatik-Studierenden alles,
Foto: privat
was tragbar ist,
Immer neue Kollektionen im Angebot: Oliver und Peter.
vom stinknorma(bim) Wer kennt sie nicht: Die amerikanischen Studierenden von „DeltaKappa-Gamma“, deren stolzgeschwellte Brust das Logo ihrer Universität
ziert. Alles ein Klischee aus amerikanischen College-Filmen? Wohl kaum. Im
len T-Shirt bis hin zum obligatorischen
Bierkrug – natürlich mit dem OttoFriedrich-Universitäts-Logo. Die Produkte können online bestellt oder mittwochs von 12.00 bis 13.30 Uhr im
Foyer an der Feki und von 14.30 bis
16.00 Uhr in der Studentenkanzlei
(Kapuzinerstraße 16) erworben werden.
Die Motive werden stets nur in limitierter Auflage produziert und wechseln
laufend, damit man seinem Pullover
nicht dauernd auf anderen Brüsten wieder begegnet.
Wettbewerb um
neues Design
Bis zum 11. Juni habt ihr Zeit, eurer
Kreativität freien Lauf zu lassen und
selbst in die Logogestaltung einzugreifen. Unter dem Motto „Von Studenten
Juniorprofessur
(sv) Das neue Hochschulgesetz schenkt
den Hochschulen nicht nur mehr
Autonomie gegenüber der Politik und
Geld aus den Taschen der Studierenden,
sondern auch die Juniorprofessur. So
sollen Nachwuchswissenschaftler früher und eigenverantwortlicher in
Forschung und Lehre arbeiten.
Haben nicht ausgerechnet die Bayern
gegen die Juniorprofessur geklagt?
Genau, aber nur um sich vom Bundesverfassungsgericht bestätigen zu lassen,
dass der Bund den Ländern den Weg
zur Professur nicht vorschreiben darf.
Nichtsdestotrotz findet das Wissenschaftsministerium die Juniorprofessur
als Ergänzung zur Habilitation sinnvoll.
Kosten darf die Juniorprofessur aber
nichts.
„Vollkommen unsinnig”, findet Ulrich
Bauer, Sprecher des Mittelbau-Konvents. Assistenten würden sich um
Juniorprofessuren bewerben, mit der
Folge, dass sich die ohnehin angespannte Personalsituation an den
Lehrstühlen weiter verschlechtere, so
Bauer.
für Studenten“ sind Oliver und Peter im
Rahmen eines Designwettbewerbs auf
der Suche nach neuen Motiven. Ein
Wettbewerb war es auch, der die beiden
Studierenden erst auf die Idee brachte,
den Unishop zu realisieren. Prompt
belegten sie bei „Unternehmen Uni“
den ersten Platz und erhielten von
„Procter & Gamble“ eine kleine Startfinanzierung. Das allein reicht natürlich
nicht. Die Jungs haben auch selbst in
den Shop investiert. Nicht nur Geld,
sondern auch Zeit und echte Leidenschaft. Gelernt haben sie dabei natürlich auch schon eine Menge. Zum
Beispiel, dass Mädchen die Farbe Rosa
bevorzugen und bei Damen-Poloshirts
an den Seiten ein Schlitz sein muss.
Die Beiden suchen übrigens noch
Interessierte zur Verstärkung ihres TShirt Teams. Alle Infos findet ihr auf
www.unishop-bamberg.de.
IMPRESSUM.
OTTFRIED, die Bamberger Studentenzeitung, erscheint zweimal im Semester.
Herausgeber und Redaktion verstehen
OTTFRIED als unabhängiges Organ,
das keiner Gruppierung oder Weltanschauung verpflichtet ist. Für namentlich gekennzeichnete Artikel übernimmt
der Autor die Verantwortung.
Kurz (mnk), Susanne Lilian Martin
(slm), Steffen Meyer-Schwarzenberger
(sms), Bianka Morgen (bim), Katharina
Müller-Güldemeister (müg), Martin
Pyka (mp), Carsten Reichert (cr), Björn
Schimmeyer (bse), Christine Schmäl
(csl), Eva-Maria Spreitzer (esp), Lukas
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Herausgeberin: Kirsten Schlüter
Mitarbeiter dieser Ausgabe:
Marius Balaster (bal), Julian R. Rossig
(jr), Peter Wittkamp (pet)
Chefredakteure: Sven Becker (sv),
Esther Stosch (sto)
Anzeigen: Julia Bockelmann (verantwortlich)
Fotos: siehe Nachweis
Layout und Redaktion: Julia Aden (ja),
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(jub), Julia Anna Eckert (jae), Daniela
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(hhh), Karoline Kessler (kk), Melanie
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OTTFRIED-Briefkästen:
Vor der Mensa in der Austraße und an
der Feki am Fachschaftsbrett SoWi.
Druck: Meister-Druck,
Postfach 1650, 96206 Lichtenfels.
Auflage: 2500 Stück.
REPORTAGE.
Gondoliere aus Leidenschaft
Giorgio und die erste Gondel Deutschlands: Der Bamberger Jürgen Riegel bringt einen Hauch von Venedig auf die Regnitz
sich die alten Holztore ächzend, und
das Wasser fließt langsam ab. Martina
ist längst von der Begeisterung für die
Gondel angesteckt: „So ein Ding zu rudern sieht einfach aus, ist aber sauschwer. Ich übe schon ewig und bin
froh, dass ich stromabwärts geradeaus
fahren kann.“
Jürgen Riegel dagegen beherrscht alle
Tricks, er kann vor-, rück- und seitwärts
rudern. Das muss er auch können, um
die Gondel exakt zu steuern. Unterhalb
des Krans im Haingebiet bringt er das
Boot in Position, denn die Gondel muss
aus dem Wasser, Riegel fährt am nächsten Tag zu einem Fest nach Aschaffenburg.
Von Karoline Keßler
„Auf die Idee mit der Gondel bin ich
am alten Kranen gekommen: Ich habe
mit Freunden dort gesessen und gemütlich Bier getrunken. Dabei haben wir
uns überlegt, wie wir mit dem Kran
unsere eigene Gondel ins Wasser heben
könnten – ein paar Wochen später habe
ich diese Gondel hier gekauft.“ Jürgen
Riegel lacht und streift mit der Hand
vorsichtig über das schwarze Boot. Der
braungebrannte Mittvierziger schlüpft
aus Jeans und T-Shirt in ein blau-weiß
gestreiftes Matrosenhemd sowie eine
weiße Leinenhose und bindet sich eine
rote Seidenschärpe um die Hüfte. Zuletzt setzt er seinen Strohhut mit dem
breiten blauen Band auf: „Der ist original aus Venedig, die anderen Sachen
habe ich nach venezianischem Vorbild
schneidern lassen.“
Schweißtreibendes
Vergnügen
Gondoliere
in Klein-Venedig
Giorgio, wie ihn die Venezianer nennnen, ist mittlerweile ein waschechter
Gondoliere. Seine Gondel war die erste
in Deutschland, sie ist elf Meter lang,
400 Kilo schwer und 30 000 Euro wert.
Majestätisch liegt sie zwischen den
kleinen Plastikbooten am Steg des
Hain-Bootshauses. „Mein Freund Gino,
ein alter Bootsbauer aus Venedig, hat
diese Gondola gebaut.“ Über Gino hat
Fast wie in Venedig: Im Hain fährt „Giorgio“ seine Gäste in einer Gondel spazieren.
Rand der Gondel. Als diese zu schaukeln anfängt, umklammert die Frau den
Arm des Gondolieres. Sie hat zunächst
ein wenig Angst, genießt dann aber
sichtlich die ruhige Fahrt sehr. Mit
sanften Bewegungen rudert der gebürtige Franke das Boot. Stromabwärts genügt ihm ein Arm, erst als es wieder
stromaufwärts geht, benötigt er beide
Arme am Ruder. Der ältere Herr schaut
sich vergnügt um. Er will alles ganz genau wissen, Alter, Gewicht und Herkunft der Gondel. „Sieh nur, die alte
Mühle, wie schön!“ Immer wieder
macht er seine Frau auf Besonderheiten
aufmerksam.
Romantik auf
der Regnitz
So eine Gondel zu heben kostet Kraft.
Jürgen Riegel dann Renaldo kennen gelernt, einen Gondoliere, der in Nürnberg lebt. „Die Leidenschaft für Gondeln verbindet einfach. Renaldo und ich
sind gemeinsam hier auf der Regnitz
gefahren, und er hat mir alles Wichtige
gezeigt.“ Stehend vorwärts Rudern, wie
es in der Fachsprache heißt, ist für
Giorgio schon lange kein Problem
mehr. Und mittlerweile hat der Unternehmer aus dem Hobby auch einen Nebenberuf gemacht.
Attraktion nicht
nur für Touristen
Jeden Freitag schlüpft er in
die Kleidung eines Gondoliere und fährt Touristen auf der
Regnitz spazieren. Ein
altes
Ehepaar
aus Bergdorf in Mittelhessen wartet bereits am Steg. Die Dame ist noch etwas aufgeregt, denn die beiden haben
das Bootshaus nicht gleich gefunden. Jürgen Riegel reicht ihr die
Hand, mühsam steigt sie über den
„Sind Sie der Herr Riegel? Ich muss Sie unbedingt sprechen!“ Ein
junger Mann läuft am
Ufer der Gondel hinterher. Er ist sichtlich aufgeregt: „Wir haben heute schon
mal telefoniert, aber
meine Freundin kann
heute nicht, ich
brauche
unbedingt morgen einen Termin!“
Er
möchte
s e i n e
Freundin
mit einem
Heiratsantrag in
der
Gondel
überraschen.
Die alte Frau sieht ihren Mann an: „Dein Heiratsantrag ist schon lange
her, 42 Jahre, oder?“ „43
Jahre, wir sind im 44.
Ehejahr, meine Liebste.“
„Eine Gondel wäre bei
uns nicht gegangen,
aber schön war es
auch.“ Sie nickt: „Ja,
das war es.“ Er drückt
kurz ihre Hand.
Immer wieder grüßt
Jürgen Riegel die Leute am Ufer. Einige sit-
zen Tag für Tag hier im Hain. „Servus
Paul!“ „Servus Jürgen, na, hast du wieder viel zu tun heute?“ Der junge Mann
mit dem Heiratsantrag hat die Gondel
zu Fuß überholt, er wartet bereits am
Steg. „Was machen wir denn jetzt? Ich
muss morgen einen Termin haben!“
Doch für den Samstag ist die Gondel
für eine Hochzeit gebucht, der Antrag
wird auf den Sonntag verschoben.
Um fünf Uhr sind die letzten Gäste gegangen. Dafür steht Martina, Riegels
Freundin, am Bootssteg, klein und
schmal, in einem schwarzen Kleid. Sie
hilft ihm beim Schleusen. Um in die
Schleuse einfahren zu können, muss
aber erst die über 100 Jahre alte Zugbrücke hochgezogen werden.
„Als ich die Gondel bekommen habe, wusste ich
nicht, dass das eine
Zugbrücke ist, also
habe ich über-
Fotos: kk
Auch die Hebel des alten Krans lassen
sich kaum drehen. Ein paar neugierige
Touristen helfen den beiden beim Kurbeln. Runde um Runde spannt sich die
Kette. Dann endlich schwebt das Boot
über dem Wasser, eine halbe Stunde
später ist die Gondel auf dem riesigen
Autoanhänger festgezurrt. Martina ist
legt, was ich an der Gondel alles abbauen muss, um sie unter der Brücke
durchzubekommen. Dann habe ich
mich zufällig
mit dem alten
Schleusenwärter unterhalten.
Der hat nur mit
dem Kopf geschüttelt und
gemeint: Zieh’
die
Brücke
doch einfach
hoch!“
Der
Schleusenwärter ist im vergangenen Jahr
gestorben,
Riegels Freundin Martina hilft ihm beim Schleusen.
seitdem müsunter dem Anhänger durchgekrabbelt,
sen sich die Bootsfahrer selbst
um die Spanngurte ums Boot zu legen.
schleusen. Jürgen Riegel hat
Jürgen Riegel wischt sich den Schweiß
Glück, Martina übernimmt
von der Stirn, die Haare stehen ihm
heute das Schleusen für ihn.
wirr vom Kopf ab: „Manchmal ist so eiDie kleine Frau kann die schwene Gondel echt verdammt viel Arbeit.
ren Eisenhebel nur unter AnstrenAber sie ist mein Laster und meine
gung bewegen, sie muss ihren ganzen
Leidenschaft.“
Körper einsetzen. Aber dann öffnen
MEINUNG.
Vous-faîtes ça comment?
Warum sind französische Studentenproteste so erfolgreich und unsere nicht? OTTFRIED analysiert.
Von Julian Hamann
Brennende Autos, besetzte Gebäude:
französische Studierende sind bei der
Durchsetzung ihrer Forderungen wenig
zimperlich. Über Monate präsentierten
sich unsere Kommilitonen im Westen
derartig hartnäckig, dass sie die Lockerung des Kündigungsschutzes abwenden konnten. Dagegen wirken die Proteste gegen Studiengebühren in
Deutschland hilflos.
Als die ZEIT vor einigen Wochen einen
Heidelberger Studenten fragte, ob er
neidisch auf die französische Protestkultur sei, antwortete er: „Neidisch bin
ich nicht. Ich bin mal bei einer Demo
mitgelaufen. Aber eher, weil sie direkt
vor meiner Tür entlangging. Gestern
war ich wieder an der Uni. Zum
Studieren, nicht zum Blockieren.“
Touraine so zusammenfasst: „Wie
immer möchten die Franzosen wegen
kleiner Veränderungen gleich einen
Bürgerkrieg anzetteln.“
In Deutschland hat es keine Revolutionen gegeben. Schon in Preußen
blickten die braven Untertanen zu den
Neben der Geschichte gibt es eine
zweite Ungleichheit, die für das gegensätzliche Verhalten der Studierenden
relevant ist. In Frankreich ist die Unilandschaft eine Zwei-Klassen-Gesellschaft. Reiche Kinder besuchen die
Eliteuniversitäten des Landes, so ge-
Écoles die Insel der Seligen. Die
Studierenden der Eliteschmieden sind
auch nicht auf die Straße gegangen.
Der Großteil der französischen Universitäten aber entlässt seine Absolventen
mit Ausbildungen, die kaum noch
gefragt sind. Der Markt für Akademiker
wird immer kleiner, viele Uni-Absolventen müssen sich mit Zeit- und
Aushilfsverträgen über Wasser halten.
Der Illusion, einmal ein hohes Amt zu
bekleiden, gibt sich niemand hin. Diese
tiefsitzende Verunsicherung gepaart mit
der historischen Revolutionsfreudigkeit
erklärt den anhaltenden und entschiedenen Protest in Frankreich.
Französische Lust
auf die Revolution
Studieren
statt Blockieren
Obwohl die Berufsaussichten für Akademiker bei uns nicht besser sind, verspüren nur wenige die französische Wut
auf das System. Die guten Jahre sind
wohl vorbei, denken wir uns in
Deutschland und nehmen stillschweigend noch mehr Mobilität, Flexibilität
und Individualismus in Kauf.
Dass es auch anders geht, haben uns die
Franzosen vorgemacht. Schüler- und
Studentenorganisationen haben live erfahren, dass Streiks und wochenlange
Massendemonstrationen Erfolg haben
können. Trotzdem deutet nichts darauf
hin, dass die Generation Praktikum von
ihrem Nachbarn lernen will, sie
schreibt weiter fleißig Bewerbungen
für unbezahlte Praktika.
Die Proteste gegen die Arbeitsmarktreform in Frankreich haben gezeigt, wie
wirkungsvoll Studentenproteste sein
können. Woher also bezieht die französische Génération Précaire ihr Potenzial, und was kann die Generation Praktikum in Deutschland von ihr lernen?
Zuerst hilft ein Blick in die Vergangenheit, in der sich die Werte der beiden
Gesellschaften generierten. In Frankreich prägt die Revolution von 1789 bis
heute die Menschen. Seither ist dort
eine hohe Bereitschaft zu Protesten zu
beobachten, die der Soziologe Alain
Wie 1789: Französische Studierende widersetzen sich der Macht Foto: Internet
Der Staat profitiert, nicht wir!
Uni Bamberg braucht Alumni
(da/sv) Profilschärfung ist das Wort der
Stunde. Für Bamberg heißt das: Weniger Fakultäten, neue Fächer wie Ukrainistik und ein bisschen Fächerverlagerung. Bauchschmerzen mag manchem
höchstens die schon beschlossene Abschaffung der Diplom-Germanistik mit
Schwerpunkt Kommunikationswissenschaft verursachen. Aber mal ehrlich:
Mit guten Journalistik-Studiengängen
kann unsere notorisch unterbesetzte
KoWi schon lange nicht mehr mithalten.
Eine eher sozialwissenschaftliche Ausrichtung und Verlagerung zu Soziologen und Politologen scheint daher eine
sinnvolle Lösung. Und was stört den
Sozialpädagogen die Einstellung seines
Faches, schließlich darf er doch in
Bamberg fertig studieren.
Profitieren wird die Uni dafür vor allem
in den so genannten Area-Studies wie
Slavistik oder Archäologie. Moment!
Profitiert sie wirklich? Im Sinne von
Geld keineswegs! Für das geplante
Vollslavistik-Zentrum gibt es aus München keinen Cent extra. Nur weil Personal von anderen Unis zu uns verschoben wird, lassen sich noch keine
renommierten Forschungseinrichtungen etablieren oder bessere Studienbedingungen schaffen.
Wenn wir ab 2007 unsere Geldbeutel
für die Studiengebühren öffnen, kriegen
wir also nicht von heute auf morgen ein
besseres Studium. Wir bezahlen für
dringend benötigte Räume, Tutoren und
Lehrbeauftragte, während das Ministerium die Universitäten dazu zwingt,
ihre Stellen wie Chips im Casino hinund herzuschieben. Nicht die Studierenden sind Gewinner der Profilschärfung und Studiengebühren, sondern die
bayerische Staatsregierung, die dank
der Studiengebühren neue Investitionen
auf die lange Bank schieben kann.
Autoritäten auf, Traditionalismus und
Romantizismus beherrschten das Denken. Bis heute ist das Verhältnis zwischen Regierung und Bevölkerung autoritär-hierarchisch geblieben: Die Regierung verkündet, was zu tun ist und
die Bevölkerung beeilt sich, den Anweisungen Folge zu leisten. Nur die
68er-Generation probte in Zeiten sozialer Sicherheit für einige Jahre den Aufstand. Heute zucken die Studierenden
nur noch mit den Schultern, der Aufschrei bleibt aus.
nannte Grandes Écoles. Die Kaderschmieden bilden ein in sich geschlosssenes System, in dem die Elite des
Landes produziert und reproduziert
wird. An den vier großen Grandes Écoles können sich die 3000 Studierenden
nach ihrem Abschluss aussuchen, in
welcher Spitzenposition sie arbeiten
wollen. In einer ansonsten trostlosen
Landschaft der französischen Universitäten, die ebenso aus allen Nähten
platzen und ebenso wenig Geld haben
wie die deutschen, sind die Grandes
Noch steckt BALU, das Bamberger Alumni-Programm, in den Kinderschuhen.
(sv) Zwölf verschiedene Absolventenvereinigungen aus allen Fakultäten gibt
es an der Universität Bamberg und alle
haben das gleiche, hehre Anliegen: Ihr
Verein soll den Kontakt zwischen den
Ehemaligen („Alumni“) pflegen und
sie gleichzeitig mit den Studierenden
von heute vernetzen. Doch bislang kümmert sich in Bamberg
jede Absolventenvereinigung vor allem um
die eigene Klientel – ein umfassendes, fächerübergreifendes
Alumni-Programm
gab es an der Universität Bamberg bislang
nicht.
In der Tat gibt es zwischen Sozialpädagogen und Informatikern nur wenige
berufliche Schnittstellen. Doch bringt
nicht gerade die Otto-Friedrich-Universität Bamberg mit ihren Stärken in
den Sozial-, Wirtschafts- und Kulturwissenschaften jedes Jahr Hunderte
Absolventen verschiedener Fachrichtungen auf den Markt, die oft sehr ähnliche Berufsfelder wie beispielsweise
Journalismus oder Marketing anstreben
und guten Rat gebrauchen könnten?
Traditionelle Universitäten wie die Oxford University haben schon lange die
Möglichkeiten erkannt, die von Alumni
ausgehen. Sie bieten ihren Zöglingen
eine hervorragende Ausbildung und geben ihnen auch hinterher noch das Gefühl, Teil ihrer ehemaligen Lehranstalt
zu sein. Wie selbstverständlich können
Ehemalige auch nach Ende ihres
Studiums die Bibliothek benutzen oder
sich im Sportzentrum fit halten. Auf der
ganzen Welt gibt es Verbindungsbüros,
die Kontakt zu den Alumni halten und
sie in die Uni-Arbeit integrieren.
Kurz gesagt, andere Hochschulen haben etwas, wovon die Universität Bamberg noch Lichtjahre entfernt ist: Identifikation.
Im Gegenzug spenden die Alumni gewaltige Summen an ihre Ausbildungsstätte und verschaffen den Hochschulen
exzellente Verbindungen zu Wirtschaft
und Politik. In einer Zeit, in der sich der
Freistaat immer stärker aus der
Finanzierung der Hochschulen zurückzieht und die Unis
an der
Anwerbung von
Drittmitteln gemessen
w e r den,
könnte
unsere Uni
mehr UnterQuelle: Internet
stützung von Ehemaligen sehr
gut gebrauchen.
Es liegt in der Natur der Sache, dass nur die Uni selbst
ein umfassendes Alumni-Programm
initiieren kann. So sehen das auch die
Absolventenvereine. Tatsächlich hat
die Universitäts-Leitung schon 2003
das Projekt Alumni/Ehemalige ins Leben gerufen. Doch erst seit wenigen
Wochen kommt Bewegung in die Sache. Seit der unglücklich agierende,
frühere Verantwortliche, Günther Barthenheier, der ein fächerübergreifendes
Alumni-Projekt aufzubauen versuchte,
in den vorzeitigen Ruhestand gegangen
ist, hat Pressesprecherin Monica
Fröhlich das Ruder übernommen.
Nun hat das Alumni-Kind einen Namen: BALU, das Bamberger Alumni
Netzwerk. In Kürze soll als Basis eine
Datenbank für jetzige und ehemalige
Mitglieder der Uni Bamberg
geschaffen
werden.
Für
Fröhlich geht es nicht nur
um Vernetzung und gelegentliche Newsletter.
Sie hat erkannt, dass die
Uni Bamberg auf Dauer
nur von ihren Alumni
profitieren kann, wenn
man stärker um diese
Gruppe wirbt. Also solllen auch bei uns die Ehemaligen die Ressourcen der
Uni benutzen, an wissenschaftlichen Weiterbildungen
teilnehmen und eine AlumniCard erhalten.
Das Alumni-Programm ist dabei
nur ein Teil der neuen Marke OttoFriedrich-Universität Bamberg, die
sich mit eigenem Logo und neuem
Profil selbstbewusst nach außen hin
präsentiert und so auch die Wirtschaft
und zukünftige Studierende ansprechen
will. Doch Vorsicht: Bislang konnte die
Universität kein eigenes Logo präsentieren. Und auch BALU ist bis jetzt
immer noch ein Findelkind, das nur mit
viel Unterstützung auf die Beine
kommt. Es wäre also viel zu früh, in
die Hände zu klatschen.
Ab dem Sommersemester 2007 bezahlen wir die Uni. Spätestens dann könnnen die Studierenden verlangen, dass
BALU schon mächtig gewachsen ist.
NACHGEFRAGT
Jetzt ist es amtlich, ab Sommer 2007
müssen wir Studiengebühren bezahlen. OTTFRIED fragt Studierende,
wie sie das Geld aufbringen wollen,
um die Gebühren von 500 Euro zu
berappen.
Oliver
Fischer (23, Diplom
Germanistik/
Journalistik):
Eine Möglichkeit wäre es
tatsächlich, innerhalb der Familie nach einem
Kredit zu fragen, etwa bei den
Großeltern. Das wäre aber nur der
Notfallplan. Ansonsten muss ich zusehen, mit genügend Arbeit das Semester über das Geld beiseite zu legen. Etwa 150 Euro in Monat. Bereits jetzt habe ich schon drei Jobs
neben der Uni. Außerdem muss ich
dann wohl Luxusgüter, oder größere
Anschaffungen in Zukunft weglasssen. Vor allem wird es dann wohl
keinen Urlaub mehr geben. Wichtig
ist dann aber vor allem eines: Es
darf nichts Unvorhergesehenes
mehr passieren, wie beispielsweise
Reparaturen am Auto.
Verena
Kirchner (20,
Lehramt
Gymnasium
Englisch,
Latein):
Zurzeit beziehe ich noch
Bafög. Aber ich überlege mir natürlich, einen Bildungskredit aufzunehmen. Ich habe mich zwar noch
nicht ausführlich informiert, die
Sparkasse wäre für mich aber die
erste Wahl – wenn es dort ein gutes
Angebot gibt. Prinzipiell sehe ich
bis jetzt noch kein Problem. Ich geh
eh nicht so viel aus und schätze,
dass es erst einmal so weiter gehen
wird wie bisher.
Kathrin
Mayer (22,
Lehramt
Gymnasium
Deutsch, Religion):
Jobben! Im
Moment habe
ich bereits 3 Mini-Jobs und erhalte
etwas Unterstützung durch meine
Eltern. Ich will versuchen, dass ich
jeden Monat 50 Euro fest zur Seite
legen kann. Natürlich hoffe ich,
dass ich keinen Kredit brauchen
werde. Nur im absoluten Notfall
gehe ich zu einer Bank.
Xaver Hergenröther
(21, Spanisch
auf Magister):
Ich weiß noch
nicht so genau, wie ich
das Geld aufbringen werde. Natürlich ist meine erste Adresse meine
Familie. Obwohl ich schätze, dass
ich da nicht so viel bekommen
werde. Die zweite Alternative wäre
ein Kredit. Allerdings habe ich mich
noch nicht entschieden, und werde
mich erst mit dem Thema beschäftigen, wenn es soweit ist. Vielleicht
schaffe ich es noch, sparsamer zu
leben, aber das fällt wohl nicht ins
Gewicht.
Fotos: sto
CAMPUS.
„Ich finde, Bush ist ein Volltrottel“
OTTexklusiv: Bush zu Besuch an der Oklahoma State University – Borderline-Syndrome zwischen Ablehnung und Hype
Von Julian R. Rossig
ma State University! Wenn sich der
Man könnte meinen, aus Versehen in
todernste Ausdruck auf den Gesichtern
ein Robbie Williams-Konzert gerader Secret-Service-Agenten steiten zu sein – mindestens. Oder
gern ließe, wäre das jetzt das
vielleicht in eine AutogrammKommando dazu. „Ausweis!“,
stunde von Schweini und
schnarrt mich eine dieser
Poldi, mit Freibier für
Gestalten mit Knopf im
alle: Teenager tanzen
Ohr und Colt im Schaft
wild auf ihren Stühan. „Hat man Ihnen
len, erwachsene
denn nicht gesagt,
Menschen brüllen
dass Sie Ihren Pressesich an wie Affen,
ausweis
jederzeit
schwenken dabei
offen sichtbar tragen
Flaggen und bemüssen?!“ Die Panehmen sich, als
ranoia ist so groß,
hätten sie den
dass rund um das StaVerstand verlodion ein 50 Meter
ren. Dabei gibt es “Yes, I’m a cowboy!”
Fotos: jr breiter „Sicherheitsnur einen übergürtel“ abgesperrt
großen Videoschirm zu bewundern,
wurde.
über den verzerrte Satellitenbilder einer
Dutzende Studenten protestieren friedblau-weißen Boeing 747 ruckeln.
lich gegen Cowboy-Politik und Irak„President Bush has just arrived in
Krieg. Banner und Plakate hat der SecOklahoma“, gibt der Stadionsprecher
ret Service zwar verboten – aber welunter allgemeinem Jubel von 20 000
ches Kraut ist schon gegen dekorativ
Kehlen bekannt. Verrückte Welt? Willgeschmückte Doktorhüte gewachsen?
kommen zur Diplomfeier der Oklaho„No to Bush“ und „Peace“ sind die bei-
Na ihr Schein-Terroristen, wo habt ihr euch denn diesmal wieder versteckt?
Engagement lohnt sich
Studierende erforschen Antisemitismus in der EU
(jul) „Die Diskussionen mit euch haben
mir noch einmal vor Augen geführt,
wie ernst das Thema Antisemitismus zu
nehmen ist“, sagte Marcel, Mitglied einer antirassistischen Gruppe in Budapest. Vor einigen Wochen machte sich
die studentische Forschungsgruppe
„Jugend gegen Antisemitismus und
Rassismus in Europa“ (Jugare) von der
Universität Erlangen-Nürnberg auf den
Weg nach Budapest, um die Struktur
des Antisemitismus in Ungarn mit der
in Deutschland zu vergleichen. Die 16
Mitglieder knüpften Kontakte zu Wissenschaftlern und Studierenden, sie
führten Interviews mit Akademikern,
Radiomoderatoren und dem Herausgeber eines jüdischen Magazins.
Laut János Kis, Politikprofessor an der
Central European University in Budapest, unterscheidet sich Deutschland
von Ungarn in der Frage hauptsächlich
darin, dass es in in seinem Land keinen
explizit linken Antisemitismus gibt,
während in Deutschland Antiamerikanismus, Israelkritik und Globalisierungskritik auch für linke Positionen
ein Deckmantel für antisemitische
Ressentiments sein kann.
Offene Äußerung
von Antisemitismus
Dazu Kis: „Es ist nicht auszuschließen,
dass auch bei uns die politische Linke
den Antisemitismus noch für sich entdeckt. Momentan herrscht aber gerade
dort ein ausgesprochener Proamerikanismus vor, außerdem bewertet man
auch die Globalisierung positiver.“
Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal
ist die Offenheit, in der Antisemitismus
geäußert wird. Durch die deutsche
Tabuisierung des Themas seit 1945
sind solche Standpunkte in der Bundes-
republik nicht mehr salonfähig, oder
werden indirekt geäußert. In Ungarn
gehen die Menschen mit Antisemitismus offener um.
Das gesammelte Material wird ausgewertet, um eine Radiosendung, einen
Reader und eine Homepage zu erstelllen. Darüber hinaus ist ein Netzwerk
zwischen den deutschen und den ungarischen Studierenden entstanden. Marcel wird im Herbst Jugare besuchen.
Gefördert wird der Austausch durch die
Europäische Union.
Einsatz ist
politisch erwünscht
Jugare hat bereits Erfahrung mit Arbeit
zum Thema Antisemitismus: Im Juni
letzten Jahres zeigte die Gruppe die
Ausstellung der Amadeo Antonio Stiftung „In Antisemitischer Gesellschaft“
in Erlangen und organisierte begleitende Vorträge und Diskussionsrunden.
An diesem Beispiel wird deutlich, wie
einfach gesellschaftspolitisches Engagement sein kann. „Um Fördergelder
von der EU zu bekommen, muss man
natürlich einige bürokratische Hürden
überwinden. Diese Anstrengung lohnt
sich aber, weil die Möglichkeiten an einem Thema zu arbeiten, durch die finanzielle Förderung steigen“, sagt Kris,
Mitglied bei Jugare. Die Gruppe zeigt,
wie viel man mit Interesse und Einsatz
erreichen kann. Auch von politischer
Seite wird Engagement gewürdigt.
Grund genug, auch in Bamberg gegen
den in Deutschland immer noch virulenten Antisemitismus und Rassismus
aktiv zu werden.
Weiterführende Informationen unter
www.jugendfuereuropa.de/programm/
oder direkt bei der Arbeitsgruppe unter
www.jugare.de
den populärsten Parolen,
die farbenfroh aus dem
schwarzen Hüte-Meer
hervorstechen. Endlich
tritt der selbsternannte
„Leader of the Free
World“ auf die Bühne –
und die Massenhysterie
erreicht beängstigende
Ausmaße. „Ich finde,
Bush ist ein Volltrottel“,
ruft mir ein Student zu
und schwenkt begeistert
seine Amerika-Fahne:
„Aber es ist trotzdem toll,
ihn heute mal zu sehen –
Mensch, das ist der Präsident!“ Während fleißige
Hände überdimensionale
Müllsäcke gegen den unverhofften Tropenregen
austeilen, hat sich Bush Dieser Patriot ärgert mit seiner kleinen Flagge mächtig seinen schlecht gelaunten Hintermann.
in eine Art Erzengel verganzen Sache ausmacht. So folgt der
lischkenntnisse!“
wandelt: Blaues Gewand, wölfisches
„Erzengel“ brav dem vorgeschriebenen
Der Abspann hingegen fällt ein bissGrinsen – fehlt nur noch das FlamDrehbuch und sagt Sätze die er sich
schen hektisch aus – Air Force One
menschwert.
sonst vielleicht verkniffen hätte: „Ja,
wartet schon. Praktisch im VorübergeStattdessen predigt er vom Katheder ein
ich bin ein Cowboy und stolz darauf!“
hen darf der Rektor der Hochschule
ellenlanges Reden-Ungetüm, das sich
auch noch ein paar Worte sprechen und
ungefähr so spannend liest wie das
dem „Erzengel“ schließlich einen
Drehbuch einer drittklassigen Sitcom.
Ehrendoktorwürde
Holzrahmen in die Hand drücken:
Sogar die Stellen, an denen das Publiin 20 Minuten
„Hiermit überreiche ich George W.
kum bitte zu klatschen habe, hat der
Bush die Ehrendoktorwürde unserer
fleißige Redenschreiber schon vorgegeSogar einen Schimmer Selbstironie hat
Universität!“
ben (viermal Gelächter und 18 Mal
ihm der Regisseur verpasst: „Eines TaDie Studenten im Parkett haben für ihr
Szenenapplaus). Fehlt eigentlich nur
ges werdet ihr eure Ausbildung schätAbschlusszeugnis vier Jahre lang arbeinoch das Konservengelächter vom
zen und eure Lehrer stolz machen! Ich
ten müssen – der Präsident musste nur
Band. Und wie bei Sitcoms üblich, tauweiß, dass meine Professoren bestimmt
20 Minuten lang reden. Jedem seine
gen auch hier die Schauspieler nichts –
platzen vor lauter Stolz auf meine EngBewährungsprobe.
was diesmal vielleicht erst den Reiz der
Bayerns Nr. 1
(sv/slm/mp) In diesem Fall ist ein
bisschen Eigenlob durchaus berechtigt: Als einzige Studentenzeitung
aus Bayern wurde der OTTFRIED
beim MLP Campus Presse Award
2006 unter die Top 10 der Studentenzeitungen Deutschlands gewählt.
Insgesamt haben 33 Medien an dem
Wettbewerb teilgenommen, der in
diesem Jahr zum zweiten Mal stattfand.
Der Jury gehören renommierte Journalisten und Kommunikationswissenschaftler wie Christoph Keese
von der Welt am Sonntag, Per
Hinrichs vom Spiegel sowie
Professor Siegfried Weischenberg
von der Universität Hamburg an. Zu
den Bewertungskriterien zählen die
Vielfalt journalistischer Darstellungsformen, die redaktionelle
Struktur und der Nutzwert des Mediums.
Unsere Herausgeberin, Kirsten
Schlüter, freut sich sehr über das Ergebnis: „Der Wettbewerb war ein
enormer Ansporn für die Redaktion,
den OTTFRIED inhaltlich und thematisch besser zu machen. Beim
nächsten Mal wollen wir unter die
Top 3 kommen.”
Besonders freut sich die Redaktion,
dass uns diese Ehrung pünktlich zur
50. Ausgabe des OTTFRIED erreicht. Mit dem Jubiläum gibt es
einige Neuerungen: Mit gesteigerter
Auflage (2 500) haben wir die Meinungsseite eingeführt, auf der wir
zu Campus-Themen Stellung beziehen. In wenigen Wochen wird der
Relaunch
unserer
Homepage
www.ottfried.de abgeschlossen. Mit
größerer Redaktion und tagesaktuellen Berichten wollen wir euch
dann noch besser informieren.
Aber erstmal könnt ihr mit uns feiern: 24. Mai, 22 Uhr, Morph Club.
Trickser oder Einstein?
Prof. Schmid über Plagiate und Studiengebühren
(sv) OTTFRIED: Hallo Herr Schmid,
ihre VWL-Studierenden nicht gut geSie wollen mit uns über das Problem
nug auf die Bachelor-Arbeit vor? Bei
Copy & Paste sprechen. Sie zielen daden Kommunikationswissenschaftmit auf das Kopieren fremder Arbeilern üben Tutoren mit Erstsemestern
ten aus dem Internet ab?
das Verfassen wissenschaftlicher ArSchmid: Genau. Was unsere Studierenbeiten ein.
den in ihrer BA-Arbeit abgeben, ist in
Schmid: Diese Kultur hat bei unserem
vielen Fällen entweder ein totales DeBachelor bislang gefehlt. Das würde
saster oder so extrem gut, dass ich mich
unseren jungen BA-Studierenden ganz
frage: Ist das der kommende Einstein?
sicher helfen. Seminar- und DiplomDann haben wir das überprüft und sind
arbeiten wurden früher ja erst im
vielfach auf Plagiate gestoßen. Mir geht
Hauptstudium angefertigt. Doch veres jetzt aber um die Signalwirkung.
gessen sie nicht: Die Kowi ist – mit
Verlaub gesagt – ein kleiner Haufen.
OTTFRIED: Wie sollte man denn mit
Wir haben mitunter 500 Studierende in
den Betrügern verfahren?
einer Veranstaltung. Hoffen wir, dass
Schmid: In Europa werden manche exmit den Studiengebühren
matrikuliert. Es wersolche Tutorien und Einden sogar Fotos veröffführungsveranstaltungen
entlicht. Ich persönlich
auch bei den Wirtbin nicht so streng. Ich
schaftswissenschaften
sage den Tricksern,
finanziert werden.
dass sie das mit mir
nicht machen können
OTTFRIED: Sie werund beende das Beden bald emeritiert.
treuungsverhältnis.
Was geben Sie den StuWir denken darüber
dierenden mit auf den
nach, dass Studierende
Weg?
demnächst ihre Arbeit
Schmid: Ich möchte sie
verteidigen müssen.
zum Nachdenken anreFoto:Internet
gen. In der Wissenschaft
OTTFRIED: Wo liewerden immer andere
gen die Ursachen
Professor Michael Schmid
Theorien und Texte
für die Probleme,
herangezogen. Dennoch sollte man sich
eigenhändig eine gute Arbeit abzueigene Gedanken zu dem Thema
geben?
machen. Die Studenten müssen lernen,
Schmid: Die jungen Leute haben noch
nicht alles in ihren Zettelkasten aufzuwenig Abstand von der Schule, wo sie
nehmen und unverdaut niederzuschreigelernt haben, wie man aus dem Interben. Viele sagen: „Ist mir egal, ob ich es
net abkupfert. Dann kommen sie an die
verstehe oder nicht.“ Für die jungen
Uni und machen das einfach weiter. Ich
Leute hört sich das gut an und deshalb
weiß nicht, was sie sich dabei denken.
schreiben sie es ab. Ich wünsche mir,
Vielleicht sind die gestresst und suchen
dass sich das wieder ändert – auch
leichte Auswege. Wenn erstmal alle
schon auf BA-Niveau.
Fächer auf Bachelor umgestellt werden,
Am 21. Juni, um 18 Uhr, hält Prof.
könnte eine Lawine von Plagiaten auf
Schmid seine Abschiedsvorlesung in
die Unis zukommen.
Raum 137 in der Feldkirchenstraße.
OTTFRIED: Vielleicht bereiten Sie
SERVICE.
Immer auf die kleinen Zocker
Raubkopierern droht der Knast: Neues Urheberrechtsgesetz stärkt vehement die Rechte der Film- und Musikindustrie
Von Torsten Weller
Eine einfache Frage für einen Einbürgerungstest in Deutschland: Wen sollen
Recht und Gesetz beschützen? Die Allgemeinheit oder die Starken im Lande?
Wer jetzt schon die deutsche Flagge
schwenkt und sich eine Monatsration
Sauerkraut bestellt, sollte sich nicht zu
früh freuen.
Denn Bundesjustizministerin Brigitte
Zypries scheint Antwort Nummer zwei
zu favorisieren. Mit der geplanten
Urheberrechtsnovelle wird ein Großteil
der Betroffenen kriminalisiert, während
sie einer kleinen, aber lauthals plärrenden Minderheit unter die Arme greift.
Einmal kopiert,
zwei Jahre Knast
Hier geht es nicht etwa um Mord, Kindesmissbrauch oder schwere Körperverletzung. Nein, es geht darum, ob
Kultur Geld kosten darf und wer einen
Anspruch auf dieses Geld hat.
auch der einmalige Raubkopierer, für
bis zu zwei Jahre in den Knast wandern. Dass Raubkopierer zivilrechtlich
belangt werden können, hätte noch eine
weitere Folge, die sich hinter dem
Begriff „zivilrechtlicher Auskunftsanspruch” versteckt. So ist es den Unternehmen erlaubt, von den Internetprovidern die genauen Daten eines Delinquenten zu erfragen. Bisher durfte
das nur die Staatsanwaltschaft.
Schlupflöcher im
neuen Gesetz
Demnächst: eine Handvoll Tickets für den Knast
Was Zypries darunter versteht, legte sie
am 22. März dem Bundeskabinett mit
einer Urheberrechtsnovelle vor.
Dieser so genannte „Zweite Korb” regelt unter anderem das Kopieren via
neuentwickelter Speichermedien, bei
Foto: tow
denen es sonst zu Rechtslücken gekommen wäre. Privatkopien bleiben weiterhin legal, es sei denn, man umgeht einen Kopierschutz. Wirklich neu ist aber
der Wegfall der Bagatellfallregelung. In
Deutschland kann ihr zufolge jeder,
Bibel einer Generation?
Nachschlagewerk Praktikumsknigge gibt altbekannte und neue Tipps
(esp) „Früher waren Praktika ein Plus,
heute sind sie ein Muss”, erklärt das
Hochschulteam der Arbeitsagentur im
Praktikumsknigge. Was der Leitfaden
zum Berufseinstieg vermitteln will, ist
für viele Studierende nichts Neues.
Dennoch kommen bei einigen immer
noch Zweifel an der geforderten Arbeitspraxis: Was will der Arbeitsmarkt
eigentlich von mir? An dieser Stelle
knüpft das Handbuch Praktikumsknigge an: Er will ein Begleiter auf dem
Weg zum erfolgreichen Praktikum sein.
dar. Wer bereits in Unternehmen Praktika absolviert hat, wird bestätigen können, dass sie nur unter bestimmten
Voraussetzungen zum Erfolg führen.
Da wären ein qualifizierendes Aufgabenspektrum, eine angemessene Ent-
Berufseinstieg
beginnt schon jetzt
Mit konkreten Beispielen und allgemeinen Grundregeln soll der Studierende
von heute über alles Wissenswerte zum
Thema Praktikum aufgeklärt werden.
Ein lobenswerter Vorsatz, schließlich
beginnt laut Ratgeber der Berufseinstieg unserer Generation nicht mehr erst
nach dem Studium, sondern schon jetzt.
Wir haben also verstanden, dass Praxiserfahrung sinnvoll ist.
Die nächste Grundsatzüberlegung stellt
die Frage nach dem geeigneten Platz
Praktikum in Sicht...
Foto: sto
lohnung und verfügbare Ansprechpartner während des Praktikums.
Doch damit ist die Frage nach dem
„Wie” nicht beantwortet. Nicht verwunderlich, gleichen doch manche
Praktikumsprofile eher der Stellenausschreibung für einen Vollprofi. Die Unternehmen sitzen am längeren Hebel,
doch ist laut Praktikumknigge mit der
richtigen Selbstvermarktung einiges zu
erreichen. Denn wer nicht gerade das
Glück hat, auf ein gut funktionierendes
Netzwerk zurück greifen zu können,
sollte an seiner Eigenvermarktung und
den beliebten Soft Skills erheblich arbeiten. Einer der großen Pluspunkte des
Buches ist die Erklärung, wie eine solche „Eigen-PR“ aussehen kann; zum
Beispiel durch Aufpolieren der schriftlichen Visitenkarte.
Der eigentliche Knigge steht nach der
überstandenen Einstellung aber erst bevor. Ein angemessenes Verhalten während des Praktikums ist ebenfalls von
großer Bedeutung und gar nicht so einfach. Wie man sich Kollegen über verhält oder Kontakte dauerhaft knüpft
und was ein Praktikumzeugnis wirklich
verrät, beschreibt der Praktikumsknigge
mit anschaulichen Beispielen. Aspekte,
die nicht vernachlässigt werden sollten,
denn nach dem Praktikum ist vor dem
Job!
Obwohl eher für Einsteiger interessant,
ist der Praktikumsknigge auch für erfahrene Praktikanten ein gelungenes
Nachschlagewerk. Weitere Infos unter
www.praktikumsknigge.de oder unter
www.clash.de
Interessanterweise sollten die Ansprüche der Künstler gegenüber der Industrie bei der Vergünstigung für Kopiergeräte auf fünf Prozent beschränkt
werden. „Die in dem Entwurf vorgesehenen Regelungen, insbesondere im
Bereich der Vergütungen für die private
Vervielfältigung, würden zu einer massiven Einkommenseinbuße für Musikautoren in Deutschland führen”, entrüs-
tete sich der Deutsche Musikrat, mit Erfolg. Dieser Teil des Gesetzes wurde
schon verhindert. Bei Brigitte Zypries
hört sich das dann so an: „Kein Gesetzentwurf ist betoniert!.”
Auch die Piraterie bei Filmen soll mit
der Urheberrechtsnovelle eingedämmt
werden. Dabei wurde selbst Hollywood
von Produktpiraten gegründet, so Lawrence Lessig, Vordenker der Free-Culture-Bewegung in seinem neuen Buch
„Freie Kultur – Wesen und Zukunft der
Kultur.” Wer dennoch dem Staat ein
Schnippchen schlagen will, muss Flexibilität und Ausdauer beweisen. Noch
sind die Tauschbörsen der Industrie
meist einen Schritt voraus. Doch diese
schläft keinesfalls. So zahlt die Tauschbörse Bearshare 30 Millionen US-Dollar an die Musikindustrie, um eventuelle Klagen abzuwenden.
Einbürgerungswillige sollten also nicht
nur die dritte Strophe des Deutschlandliedes auf den Lippen haben, sondern
auch folgende Liedzeile: „Die Industrie, Industrie, hat immer Recht...”.
An der GEZ führt nix vorbei
Studentenwerk Bamberg verweigert Hilfe
„Alter, ich scheiß auf den Staat“: Schwarzhören und Schwarzsehen Foto: sto
(cr) Die Regale sind gerade aufgestellt,
die letzten Kisten noch nicht ausgeräumt, schon klingelt es an der Tür:
„Guten Tag, GEZ. Halten Sie Rundfunkgeräte zum Empfang bereit?” Zugegeben, nach dem Umzug steht nicht
sofort ein GEZ-Vertreter vor der Wohnung. Aber spätestens mit der Ab- oder
Ummeldung beim Einwohnermeldeamt
erhält die Kölner Behörde die Information, dass neuer Wohnraum bezogen
wurde.
Fakt ist auch, dass jeder – welcher
gesellschaftlichen Schicht er auch
angehört – seiner Meldepflicht nachkommen muss, wenn Endgeräte zum
Empfang von öffentlich-rechtlichen
Programmen bereitgehalten werden.
Hinter dieser groben Umschreibung
verstecken sich nicht etwa nur Fernseher und Stereoanlagen, sondern zum
Beispiel auch Autoradios und in
Zukunft zusätzlich Handys und PCs mit
Internetzugang.
Seitens der GEZ geht man von der
„Trägheit des Kunden” aus, deshalb
meldet sich die Behörde nach wenigen
Wochen meist selbstständig per Post.
Man wird schriftlich aufgefordert, seiner Meldepflicht nachzukommen.
Dennoch bittet die Verwaltung nicht
jeden zur Kasse, wenn die Entrichtung
von circa 17 Euro monatlich eine überdurchschnittliche Härte für den
Betroffenen darstellt. Im Klartext: Das
monatliche Einkommen muss unter
dem Regelsatz für Sozialhilfe liegen.
Deswegen können sich Hartz IV- und
Arbeitslosengeld II-Empfänger, Asylbewerber, Bafög-Bezieher und Behinderte von der Rundfunkgebührenpflicht befreien lassen.
Die Befreiungen werden auf Antrag erteilt und sind zeitlich begrenzt. Für Studierende genügt es deshalb nicht, einmal nachzuweisen, dass Bafög bezogen
wird. Der Antrag ist jährlich neu zu
stellen. Doch Vorsicht: Eine rückwirkende Befreiung ist nicht möglich! Wer
beispielsweise ab Oktober bei der GEZ
gemeldet ist, muss bis dahin auch den
Antrag gestellt haben. Ist der aktuelle
Bafög-Bescheid bis dahin noch nicht
zugestellt, kann er nachgereicht werden. Versäumt man doch einmal die
Meldepflicht oder den Befreiungsantrag, steht man meistens alleine auf
weiter Flur.
Rechtsberatung
fällt zur Zeit flach
Theoretisch könnte man die Rechtsberatung des Studentenwerks in Anspruch nehmen. Doch leider ist die
Stelle immer noch nicht nachbesetzt.
Der Rechtsweg wird in der Regel auch
nicht eingeschlagen, weil viele die
hohen Prozess- und Anwaltskosten
scheuen. Internetforen zu diesem
Thema sind jedenfalls prall gefüllt. Für
die Korrespondenz mit der GEZ empfiehlt sich das Einschreiben mit
Rückschein. Dies hat den Vorteil, dass
man im gerichtlichen Streitfall handfeste Beweise liefern kann. Außerdem
ist der Postweg günstiger, als sich in der
kostenpflichtigen Hotline in die Warteschleife einzureihen. Und wer sich
doch einmal in Köln aufhalten sollte:
Mit einem persönlichen Vorsprechen
kann man seinen Anträgen oft noch
mehr Nachdruck verleihen.
SERVICE.
Graue Herren stehlen Zeit
Rechtshirner, Linkshirner oder doch Naturbegabung: Mit der richtigen Lerntechnik fit für den Alltag
Von Eva Maria Spreitzer
Wer kennt solche Situationen nicht: Die
Recherche für die Seminararbeit hat zu
lange gedauert, das Referat muss noch
ausgefeilt werden und der Prüfungsstoff sollte besser sitzen. Stress pur!
Spätestens jetzt kommt der Vorsatz, das
eigene Zeitmanagement besser zu
strukturieren. Oder liegt es am Ende
nur daran, dass die anderen schlauer
sind und ihre Aufgaben anders angehen? Ist Zeitmanagement nur eine Frage des Typs oder sind solche Talente erlernbar?
Trainerin und Autorin Cordula Nussbaum ist überzeugt, dass die Art, wie
man Alltagsaufgaben meistert, viel mit
der Gehirnhälfte zu tun hat, die uns dominiert. „Es gibt Dominanzen der rechten oder linken Gehirnhälfte. Rechtshirner, die eher Querdenker sind und
mit To-Do-Listen nicht wirklich effektiv arbeiten können, müssen mit anderen Methoden arbeiten als Linkshirner,
die systematisch an ihre Herausforderungen herangehen“, weiß sie. Hilfreich für die kreativen Rechtshirner sei
alles Bildhafte und Unstrukturierte.
Nussbaum: „Mit Mind-Maps können
Querdenker besser arbeiten.“ Ob eine
solche Einteilung der Begabungen in
die beiden Gehirnhemisphären über-
haupt sinnvoll ist, bezweifelt dagegen
der Bamberger Psychologie-Professor
Stefan Lautenbacher: „Es gibt einseitige Begabungen, aber keine Hemisphärendominanzen.“ Falsch sei es auch, zu
behaupten, dass Rechtshirner kreativer
und emotionaler seien. „Bei jeder höheren Leistung besteht stets die Notwendigkeit der Kommunikation beider
Hälften“, so der Neuropsychologe.
Querdenker in
kreativen Berufen
Er stellt zwar unterschiedliches Lernund Zeitmanagement seiner Studierenden fest, jedoch führt er dieses auschließlich auf die eigene Stresstoleranz
und Fähigkeit sich selbst zu motivieren,
zurück. Auch Nussbaum hält dies für
entscheidend: „Ich muss mir überlegen,
ob ich das wirklich will, was ich derzeit
mache, oder ob der Stress nur davon
kommt, dass ich stets einen Zwang verspüre, und mich deshalb nicht motivieren kann“. Nussbaum hingegen hält
eine Differenzierung in links- und
rechtshirnige Dominanzen für beobachtbar: „Das eigene Alltagsverhalten
verrät schon viel darüber, wie ich
ticke.“
Stressverhalten sei ebenfalls
differenzierbar: Bei Rechtshirnern haben alle gegenwärtigen Aufgaben gleiche
Priorität, was zum klassischen
Chaos
führt.
Linkshirner kämen mit ihrer
Tendenz Dinge zu „überplanen“ nicht zurecht. Sogar bei
bestimmten Berufsgruppen
ließen sich diese Unterschiede beobachten: „In
Branchen wie dem Journalismus oder der Werbung gibt
es mehr Querdenker.“ Auch
dem Klischee, dass Frauen
anders „funktionieren“ als
Männer, kann die Trainerin
etwas abgewinnen: „Frauen
sind Multitasking fähig, da
sie eher Rechtshirner sind,
Männer sind hingegen analytischer und damit tenFoto: photocase.com
Zeit im Bild
denzielle Linkshirner“.
Lautenbacher stimmt nicht zu: „Frau
aus diesem populärwissenschaftlichen
und Mann ähneln sich mehr, als dass sie
Persönlichkeitstraining für sich etwas
sich unterscheiden“. Dennoch kann er
abgewinnen können, ist es für sie
Cordula Nussbaum in einem Punkt
erfreulich. Wenn nicht, werden sie solzustimmen: „Eigenbeobachtungen helche Tipps früher oder später wieder
fen, uns zu orientieren. Die Alltagspsybleiben lassen. Gewisse Talente sind
chologie funktioniert mit dieser Art von
auf diese Weise jedoch nicht erlernbar.“
Generalisierung ganz gut. Wenn Leute
Eigentlich schade...
Your home is my castle
Durch Betrug resozialisiert
Wohnungstausch als Urlaubsalternative
Wie man Trickbetrügern (nicht) auf den Leim geht
(slm) Ein Diplomatenkind hat enorme
Vorteile. Es kann mindestens vier Sprachen sprechen und hat Freunde überall
in der Welt, bei denen es jederzeit kostenlos wohnen kann.
Aber nicht jedem ist so ein Glück vergönnt. Trotzdem stehen seit der Einführung des World Wide Web alle Türen
offen: Wohnungstausch ist die Lösung.
Seit sich einige Internetportale darauf
(cr) Gerhard Spießl, seines Zeichens
Ex-Junkie aus Österreich, klappert derzeit systematisch die Wohnheime ab.
Sein Ziel ist es, so viele Zeitungsabos
wie möglich zu verkaufen. Dabei appelliert er kräftig an das Mitgefühl und
den Solidaritätsgedanken: Für jedes
verkaufte Abo werden ihm Punkte gutgeschrieben. Hat er innerhalb einer gewissen Zeit eine bestimmte Anzahl gesammelt, kommt der (vermeintlich) soziale Verlag für seine Resozialisierung
in Form von Ausbildung, Unterhalt, etc.
auf.
Hat man erst einmal unterschrieben,
darf man sich auf ein Zweijahres-Abo
der Hörzu (oder anderer Magazine)
freuen. Doch was tun, wenn man auf
solche Trickbetrüger hereingefallen ist?
Hans-Wolfgang Micklitz, Professor am
Bamberger Lehrstuhl für Privatrecht,
weiß Rat: Haustürgeschäfte sind grundsätzlich und ohne Ausnahme binnen 14
Tagen nach Vertragsabschluss kündbar.
Um den Eingang der Kündigung sicherzustellen, sollte man ein Einschreiben
mit Rückschein senden.
Schneller und kostengünstiger ist es,
den Vertreter sofort rauszuwerfen.
Folgt dieser der Aufforderung nicht,
macht er sich strafbar: „Im Grundgesetz
existiert das verbriefte Grundrecht auf
Schutz der Privatsphäre, das nicht verletzt werden darf“, erklärt Micklitz.
Dennoch führen Anzeigen wegen
Hausfriedensbruch oder Betrug nicht
zu einer Verurteilung des Verlags oder
Vertreters. Die deutsche Staatsanwaltschaft ist so überlastet, dass sie die
Sachverhalte bagatellisiert und letztlich
fallen lässt.
geweckte Bamberger Studierende mag
zu Recht einwenden, dass Bamberg
nicht unbedingt immer das auserwählte
Reiseziel von Millionen Menschen ist,
ein Tausch nach Dubai etwa schwierig
werden könnte. Hier schlägt Pelzmann
vor „den Reiz der unberührten Natur,
kulturelle beziehungsweise geschichtliche Sehenswürdigkeiten“ zu erwähnen,
einfach von seiner Heimat zu schwär-
Für Liebhaber moderner Architektur: „extraordinaires“ Wohnen
spezialisiert haben, kann man sich ohne
großen Aufwand bei Fremden in der
ganzen Welt einnisten. Der einzige Haken ist aber auch gleichzeitig ein Plus:
Wer Gast sein will, muss Gastgeber
werden. Entweder simultan oder zeitversetzt.
Vertrauen ist
die Grundlage
Ein Anbieter ist beispielsweise das Internetportal www.spaceXchange.de.
Hier tummeln sich 800 internationale
Wohnungstauschwütige, im ersten Jahr
noch kostenfrei, später für 30 Euro. Der
Vorteil des Portals liegt in der „bewusst
ausführlichen“ und zeitintensiven Registrierung, die eventuelle Betrüger abwehren soll, so die Gründerin Miriam
Pelzmann zu OTTFRIED. Aber natürlich ist wie bei jedem anderen Wohnungstausch Vertrauen und Ehrlichkeit
die Basis, auf der das Konzept fußt.
Letztendlich bleibt einem nur der Glaube an das Gute im Menschen. Der auf-
Foto: slm
men und auf „nächstgelegene Städte
hinzuweisen.“ Da wäre Nürnberg mit
seinem Stadion und der nahenden
Fußballweltmeisterschaft. Das Internet
bietet noch mehr: Pünktlich zur WM
gibt es spezielle Gastfreund-schaftsangebote wie bei www.homelink.de. Hier
kann man für zehn Euro Fans aus der
ganzen Welt bei sich aufnehmen und –
wenn man schon zahlen muss – auf eine
Gegeneinladung hoffen. Das funktioniert garantiert auch in Bamberg.
Ebenso nützliche Gelegenheiten zum
Wohnungstausch bietet www.homepswopping.de, das langfristig Suchende
zusammenbringt.
Seine alten gegen vier neue Wände einzutauschen ist völlig kostenfrei, kommt
aber nur für endgültige Umzüge in Frage. Trotz des Nervenkitzels ist Wohnungstausch eine echt kostengünstige
Urlaubsalternative, vor allem für Studierende, die selten die Ligne-RosetCouch im Wohnzimmer stehen haben.
Und sollte trotz aller Vorkehrungen
etwas schief gehen, hat man immerhin
etwas zu erzählen.
MP3-Player
für lau?
Ein anderes Beispiel: Wer dieser Tage
eine Rechnung von tricky.at im Briefkasten hatte, darf sich freuen: Innerhalb
weniger Tage sind 120 Euro fällig,
sonst droht gerichtlicher Vollzug. Was
ist passiert? Vor wenigen Wochen habt
ihr eine Werbemail erhalten, in der zu
Micklitz weiß Rat.
Foto: Internet
einer Umfrage auf www.tricky.at aufgerufen wurde. Gerne habt ihr daran teilgenommen, schließlich bekommt jeder,
der mitmacht, einen MP3-Player. Verdächtig schien nichts. Lediglich statistische Datenerhebung. Die Fragen sind
schnell abgehandelt, man freut sich auf
die Bestätigungsmail und das Bonbon.
Trügerische
Fußnoten
Hätte man sich die Website genauer angeschaut, wäre aufgefallen, dass das
Design der Seite am unteren Rand des
Bildschirms nur scheinbar aufhört. Unterhalb befindet sich eine kleine, aber
feine Fußnote: „Durch Betätigen des
Buttons „anmelden“ beauftrage ich
Tricky.at, mir einen Account einzurichten, mit dem ich Zugriff auf Gutscheine
im Wert von mindestens 200 Euro erhalte. Die einmalige Einrichtung eines
Accounts kostet 120 Euro und wird Ihnen in Rechnung gestellt. Sie können
die Anmeldung innerhalb von zwei Wochen widerrufen. Die Sonderaktion gilt
nur für Tricky.at-Mitglieder.“
Leider fehlt in den AGB die vom Gesetzgeber geforderte Widerrufsklausel.
Für den reingefallenen User eröffnet
das die Möglickeit, ewig widerrufen zu
können. Schwein gehabt!
Möchte man sich jedoch an der Verfolgung solcher Unternehmen beteiligen,
sollte man sich unter Angabe des Namens von Vertreter und Verlag an die
Wettbewerbszentrale in Bad Homburg
und den Bundesverband der Verbraucherzentralen in Berlin wenden. Infos
unter: www.verbraucherzentrale.de
Partysommer
in Franken
(da) OTTFRIED hat sich für euch
umgeschaut, damit keiner etwas
Wichtiges verpasst.
Vom 25. bis 28. Mai findet auf dem
Festivalgelände Mainwiesen in
Würzburg mit dem „Africa Festival“ das größte afrikanische Musikund Kulturevent Europas statt. Die
Tageskarte gibt es für 19,50, die
Dauerkarte für 68 Euro. Vom 2. bis
4. Juni kann man sich für läppische
131 Euro bei „Rock im Park“ im
Volkspark
Dutzendteich
in
Nürnberg austoben. Wem das zu
teuer und zu mainstream ist, begibt
sich dieser Tage für fast 100 Flocken weniger zum „Passauer
Pfingst OpenAir“ auf den Hauzenberg.
Im verschlafenen Eichstätt rocken
jedes Jahr immerhin 4000 Hartgesottene ohne fließend Wasser beim
„OpenAir am Berg“. Das Ganze
geht am 9. und 10. Juni über die
Bühne und kostet 20 Euro. Außerdem okkupiert MTV am 10. Juni
mit der „Campus Invasion“ das
Uni-Gelände in Würzburg. Die
schlappen 18 Eusen im Vorverkauf
sind gegen folgendes Angebot
jedoch immer noch ein Vermögen:
Wiederum auf den Würzburger
Mainwiesen findet zwischen 16.
und 18. Juni das legendäre
„Umsonst & Draußen Würzburg“
statt.
Für den mittelalterlichen Musikgeschmack hat das „Feuertanz
Festival“ am 24. Juni auf der Burg
Abenberg das Richtige zu bieten.
Am 22. Juli heißt es „Waldstock“
auf der Schlossbergwiese Pegnitz,
ganz ohne Eintritt. Und am 28. Juli
lohnt sich bei 16 Euro im Vorverkauf noch mal die Reise nach
Würzburg zum „AKW OpenAir“.
Ersatzveranstaltungen für die Sandkerwa wären: „Dä Berch“! Die berüchtigte Erlanger Bergkirchweih
ist in den ersten beiden Juniwochen.
Und zuletzt das Schmankerl: Wer
unter Kultur und Kunst nicht nur
Musik versteht, sollte die „Blaue
Ball Nacht 2006“ am 27. Mai auf
keinen Fall verpassen. Jedes Jahr ist
die Blaue Nacht in Nürnbergs Altstadt die größte Kunst- und Kulturnacht Deutschlands; diesmal mit
WM-Einschlag. Alles wird in blaues
Licht gehüllt, Museen haben bis tief
in die Nacht geöffnet, in den Straßen überraschen PerformanceKünstler über 100 000 Besucher.
Insgesamt locken 65 verschiedene
Angebote und alles für 10 Euro.
Also, auf geht’s! Studieren kann
man unter der Woche doch genug.
BAMBERG.
Adele, schöne Ehehygiene
Ein Traditionshaus in der Sandstraße verabschiedet sich von Bamberg
Von Melanie Kurz
sein Hobby zum Beruf gemacht und
überwiegend zu. Ihm zufolge gibt es
Im Oktober schließt ein Bamberger
viel Freude daran hat. Was den Arbeitsdrei Typen von Kunden: Die Einen
Traditionsgeschäft nach über 36 Jahren
alltag betrifft, unterscheide sich dieser
empfinden Scham, stehen vor der Tür
für immer seine Pforten. Diskret weist
kaum von dem eines anderen Jobs, sagt
und haben Angst, beim Betreten des
der Ausdruck „Ehehygiene“ auf die
er. Man wartet auf zahlende KundLadens gesehen zu werden. Die andeArtikel hin, welche sich im Inneren des
schaft, spielt währenddessen Spiderren sind die Neugierigen, die „nur mal
Ladens verbergen. Der Name ist ein
Solitair und wimmelt gelegentlich kleischauen wollen“ und dann gibt es da
Relikt aus den sechziger Jahren und ist
ne Kinder ab, die zum x-ten Mal einen
noch die Offenen, die entweder schon
zurückzuführen auf die findige GeTelefonstreich spielen.
Stammkunde in zahlreichen Erotikschäftsfrau Beate Uhse, welche 1962
Im „Fachgeschäft für Ehehygiene“ ist
geschäften sind oder einfach nur ein
das weltweit erste „Fachgeschäft für
für jeden etwas dabei: von DVDs über
gutes Pokerface auflegen können. Die
Ehehygiene“ eröffnete. Acht Jahre späSpielzeug, bis hin zu Hilfsmitteln mit
Kunden, und daran hat sich seit 20
ter kam die Welt der Erotik
Jahren nichts geändert, kaufen
auch nach Bamberg. Und
natürlich nie für den Eigendort war es manchen ein
bedarf. „Alle brauchen etwas
Dorn im Auge, während
für die Freundin, den Nachandere es schätzen und
barn, oder den Kollegen. Am
lieben lernten.
besten wird noch eine
Das „Fachgeschäft für
Quittung verlangt“, erzählt
Ehehygiene“ ist bei allen
der
Geschäftsführer
Ortsansässigen für seine
schmunzelnd. Diese TarVielfalt bekannt. Warum
nung braucht der Interviedann jetzt die Geschäftswer von OTTFRIED natüraufgabe nach so vielen
lich nicht, denn die ReJahren? „Die Leute hacherche erfolgt im „Fachben einfach kein Geld
geschäft für Ehehygiene“
mehr für Erotikartikel.
nur aus rein professionellEs ist ihnen zu teuer.
len Gründen.
Und deswegen habe
ich in den letzten JahBis 80
ren bis zu 80 Prozent
geht alles
meiner Kunden verloren. Außerdem sind
die Mietpreise in der
Noch ein letztes FirSandstraße
auch
mengeheimnis lüftet
nicht gerade nieder nette Herr: „Das
drig“, erklärt der GeAlter spielt keine
schäftsführer Edgar
Rolle, der älteste
Wohlpart, der den
Kunde war über 80
Laden vor fünf JahJahre alt.“ Und
ren übernommen
wie das so ist im
hat. Schade für die
Leben, irgendwann
treuen Stammkunmuss jeder einmal
Eure Gewinnchance: Wenn ihr den korrekten Namen des Artikels nennt,
den, die dem Gegehen. Es ist Zeit,
gibt es im Laden weitere fünf Prozent auf alle reduzierten DVDs. Foto: mnk
schäft schon seit
Abschied zu nehvielen Jahren die
men von einem
Stange halten.
Fachtermini wie „Ring aus ZiegenleFachgeschäft mit langer Tradition, das
der“, „männliche Gummipuppe“ oder
eigentlich zu Bamberg gehört wie der
„Verzögerungsspray“ für ein längeres
Dom, das Bier und das Schäuferla.
Treue Kunden
Vergnügen. Was die Geschlechterquote
Wer vor der Schließung noch einmal
halten die Stange
angeht, stimmt das altbekannte Klizuschlagen möchte: Einfach mal vorbei
schee: „Über 90 Prozent der Kunden
schauen. Edgar Wohlpart ist ein sehr
„Das Angenehme mit dem Nützlichen
sind in der Tat Männer“, bestätigt
kompetenter und freundlicher Berater.
verbinden”, so beschreibt Wohlpart seiWohlpart. Auch die landläufige MeiUnd beißen wird er auch nicht - außer
ne Arbeit. Anders ausgedrückt: Er hat
nung bezüglich der Kundschaft trifft
ihr wünscht euch das.
Luitpold kommt zum Ende
Busse sollen zur Weihnachstzeit wieder rollen
Über sieben Brücken musst du gehen...
(csl) Sieben dunkle Jahre müssen wir
nicht mehr überstehen, bis die Luitpoldbrücke in neuem Glanz erstrahlt
und wir sie wieder betreten können.
Noch vor dem Ersten Advent soll dort
der Verkehr bereits über den Main-Donau-Kanal fließen.
„Durch den langen Winter wurde der
Bauzeitplan negativ beeinflusst“, so
Claus Reinhardt von der Stadt Bamberg. Um die Zeit wieder aufzuholen,
forderte man als Beschleunigungsmaßnahme personelle Verstärkung an. Und
genau diese emsig schuftenden Bauarbeiter wird der neugierige Spaziergänger entdecken, wenn es ihn trotz verwirrender Umleitungen und Straßensperrungen ans schöne Kanalufer verschlägt.
Eröffnung vor dem
ersten Advent
Denn gerade in diesen Tagen beginnt
eine neue Bauphase an der Luitpoldbrücke. Mit bis zu 36 Meter langen
Tiefladern werden die einzelnen Bauteile zum Brückenkopf am Heinrichsdamm transportiert. 550 Tonnen schwe-
Foto: csl
re Autokräne rücken die Stahlsegmente
für das neue Bogengerüst in die richtige
Position. Sobald die Vorlandbrücke
über dem Adenauerufer fertig gestellt
ist, beginnt auch auf dieser Seite des
Kanals der Freivorbau auf die selbe
Weise. Der Lückenschluss über dem
Kanal erfolgt dann im Herbst.
Brückenbaustelle
zieht weiter
Nach dem letzten Schliff sollten also
rechtzeitig zur Weihnachtszeit die Busse wieder ohne Umwege in die Innenstadt fahren können. Dann brauchen
wir auch keine Angst mehr zu haben,
dass der Bus in der Kurve hinter der
Aushilfsbrücke die gegenüberliegende
Hauswand rammt.
Zu früh freuen sollte man sich allerdings nicht: Kaum ist die Luitpoldbrücke fertig, geht es im nächsten Jahr
der Löwenbrücke an den Kragen! Also
wer weiß, vielleicht dauert es doch
noch sieben Jahre, bis wir getrost über
alle der sieben Brücken, die über den
Main-Donau-Kanal führen, gehen
können.
„Gebe Erba noch nicht auf”
Der neue OB von Bamberg über Entwicklungschancen, Raumnot und Studiengebühren
(bal) OTTFRIED: Sie sind mit überwältigender Mehrheit gewählt worden. Wie haben Sie sich, in einer
Stadt mit konservativer politischer
Tradition diesen Vertrauensvorschuss erarbeitet?
Starke: Es hat sich als richtig erwiesen,
in diesem Wahlkampf auf Sachthemen
zu setzen. Und dahinter verbergen sich
ja nicht nur Lippenbekenntnisse. Das,
was ich in einem Zehn-Punkte-Programm formuliert habe, habe ich mir
sehr genau überlegt und gemeinsam mit
den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
der Stadt bin ich bereits dabei, einzelne
Punkte zu verwirklichen, beziehungsweise zu planen.
OTTFRIED: Was meinen Sie damit
konkret?
Starke: Zum Beispiel die Parkplätze
am Forum oder die Sicherung der Landesgartenschau 2012. Daran wird fieberhaft gearbeitet. Aber auch eine Ausbildungsplatzoffensive und die Schaffung ausgezeichneter Möglichkeiten,
junges Wissen in der Stadt zu behalten.
Zum Beispiel durch die enge Verzahnung von Wirtschaft und Universität.
OTTFRIED: Sie sprechen die Uni an.
Welchen Einfluss können Sie über-
haupt auf die Bamberger Hochschulpolitik nehmen?
Starke: Die Universität birgt enorme
OB Starke im Interview Foto:Privat
Entwicklungschancen. Nach aktuellen
Schätzungen soll sie bis zum Jahr 2020
auf bis zu 14 000 Studenten wachsen.
Dieses Kultur- und Bildungspotenzial
ist auch für die Ansiedlung von Firmen
und Unternehmen als Standortfaktor
von großer Bedeutung.
Die Stadt soll zum Beispiel helfen, dass
sich der auch jetzt schon vorhandene
Raumbedarf vernünftig decken lässt.
OTTFRIED: Wie stellen Sie sich das
angesichts des offenbar gescheiterten
Projekts, eine Campus-Uni auf dem
ehemaligen Erba-Gelände zu etablieren, vor?
Starke: Die Raumnot an der Universität Bamberg wird uns über kurz oder
lang zum Handeln zwingen. Es gibt etliche Flächen in Bamberg, die für eine
Erweiterung der Universität geeignet
wären. Das ist zu prüfen. Das Erba-Gelände gebe ich übrigens noch lange
nicht auf.
OTTFRIED: Die Erhebung von Studiengebühren wurde von vielen Studierenden bekämpft. Wie stehen Sie
zu diesem Konflikt?
Starke: Bedauerlicherweise haben wir
als Kommune nur bedingt Einfluss auf
das Hochschulgesetz. Nur darf es nicht
so aussehen, dass sich in Zukunft nur
noch die Kinder reicher Eltern ein Studium leisten können. Die Universitäten
können Studiengebühren in frei wählbarer Höhe festlegen. Ich werde mich
dafür einsetzen, dass dies in Bamberg
in einem verträglichen Maß geschieht.
Verhindern kann ich es allerdings nicht.
OTTFRIED: Wofür sollten die Gebühren denn verwendet werden?
Starke: Die Gebühren könnten konkret
zur Lösung des Raumproblems dienen.
SPORT.
Vom Knacki zum Knackarsch
Mit Capoeira Dampf ablassen – 350 Sit-Ups zum Aufwärmen machen unseren Redakteuren mächtig Feuer unterm Hintern
Foto: privat
Von Katharina Müller-Güldemeister
und Lukas Wehner
SIE: Zunächst einmal erwartet mich eine
Sexualproportion von 19:1 – Neunzehn
Studentinnen, ein Student. Ich bin
erstaunt, habe ich doch eher mit dem
Gegenteil gerechnet. Der Kurs ist zwar
für Anfänger, aber wir steigen gleich mit
100 Prozent ein. Bei den 350 Sit-Ups
zum Aufwärmen frage ich mich, wie
viele das Unisportprogramm nach Alternativen absuchen werden. Am nächsten
Tag gibt es keinen Muskel, der nicht verkatert ist. Ob ich lache oder mir eine
Haarsträhne aus dem Gesicht streiche:
jedes Mal erinnert mich mein Körper an
die gestrigen Anstrengungen. Doch ich
werde es wieder tun. Denn selbst wenn
mir mittwochs oft gar nicht nach Veraus-
gaben zumute ist, ich werde dafür belohnt. Man vergisst was vorher war und
später sein wird, man schwitzt zusammmen mit 19 und Einem, lernt, seinen
Körper zu beherrschen und freut sich,
zwei Sachen gleichzeitig zu machen,
zum Beispiel Brücke und Lachen.
Wer den Film Ocean’s Twelve kennt, hat
wahrscheinlich, ohne es zu wissen, auch
schon mal Capoeira gesehen. Hier besiegt der Antiheld das Lichtschrankenalarmsystem mit Hilfe der Tanzkunst und
erbeutet einen Diamanten. Aber so etwas
lernen wir dann wohl erst im Fortgeschrittenenkurs.
ER: Ich bin ein Mann! Und seit neustem
auch Student auf der Suche nach Beschäftigung. Eine Kommilitonin zerrt
mich mit: Man trägt weiße Hosen und
bewegt sich adrett, barfuß. Nach einer
Weile Hüpfen und Im-Kreis-Laufen machen wir was fürs Waschbrett. Es sind
viele Mädels da. Mein Hintern wird langsam knackig. Der von dem Mädel vor
mir auch. Brasilianisches Bauch-BeinePo, leider ohne Körperkontakt.
Bei all den portugiesischen Begriffen bin
ich etwas überfordert und kann nicht
mehr richtig zuhören. Härter als mein
Abitur ist der Mittwochabend. Tags darauf mein Sixpack: Er gedeiht – langsam.
Es ist Tanz, ist Magie. Der Zauber beginnt, wenn mein Geist für das Gegenüber präsent wird. Capoeira heißt zwei
Stunden spielen. Und manchmal will ich
gar nicht mehr aus dem Kinderparadies
abgeholt werden.
Capoeira – Hintergrund
(müg/mnk/sto) Was hat Kampf mit Tanz zu tun? Eine Symbiose aus beidem
ist Capoeira. Sie entstand vor etwa 400 Jahren, als Afrikaner von Spaniern,
Portugiesen und Holländern für Sklavenarbeit nach Brasilien verschleppt
wurden. Während ihrer Gefangenschaft lag ihre einzige Ausdrucksmöglichkeit angesichts der Torturen in religiösen Tänzen und Ritualen. Also
wurde Kampf durch Tanz getarnt. Mit der Verschmelzung dieser beiden
Elemente entwickelte sich ein Grundschritt, aus dem alle Bewegungen hervorgehen, kombiniert mit Instrumenten und Gesang. Der Charakter
der Capoeira hat sich stark verändert.
Was früher Vorbereitung auf Widerstand war, ist heute spielerische Herausforderung. Sie zielt nicht darauf
ab den Gegenpart zu überwältigen,
sondern ihm seine Verwundbarkeit zu
Foto: Internet
zeigen und ihm zu imponieren.
Die Torheit rennt, die Weisheit geht
Kein Grund zur Torschusspanik: OTTFRIED weiß, wo es sich auch ohne die Fußball-Weltmeisterschaft gut leben lässt.
(slm) Es ist zum Rasen rollen! Die
Weltmeisterschaft geht in die Offensive
und kein Forrest Gump in Sicht, der
sich den Ball schnappt, das Weite sucht
und dem Zirkus ein Ende bereitet.
Gefährlicher Weg in
die Höhle des Löwen
Während für die einen ein Traum in Erfüllung geht und der Fernseher mit dem
Grill um die Wette glüht, bleibt für die
Anderen nur die Flucht. Oder, aus der
Not eine Tugend zu machen! Und da
gibt es mehr Möglichkeiten als man
denkt. Allerdings muss sich der
Fußball-Desinteressierte in die Höhle
des Löwen wagen: Da wäre das Mitternachts-Shopping in Nürnberg, wo die
Ladenschlusszeiten aufgehoben werden. Einkaufen soll sogar an Sonn- und
Feiertagen möglich sein.
Davon profitieren nicht allein die Fans,
sondern erst recht die Fußballhasser,
die während der Spiele durch die menschenleere City schlendern. Nürnberg
bietet sich vor allem an, weil in
Bamberg zur gleichen Zeit ein „Schaufenster-Wettbewerb” stattfinden wird,
mit dem Thema – Überraschung –
„Fußball“!
Fußballfreie
Zone in München
München ist der nächste Geheimtipp,
was zunächst grotesk anmutet, denn
schließlich wird hier das Eröffnungsspiel ausgetragen. Vielleicht existiert
deshalb gerade dort die „fußballfreie
Zone”, die vom Theater über Sonnenstudios und Biergärten reicht.
Die fränkisch-bayerischen Metropolen
Gesucht: Jubel-Rudel
OTTFRIED weiß, was Bamberg zur Fußballmeisterschaft zu bieten hat
(bg) Wenn man in wenigen Wochen
Am City-Beach am Adenauerufer wereine Riesenleinwand auf dem Grünen
durch unsere Stadt geht, wird man sich
den alle Spiele live auf GroßbildleinMarkt ist im Gespräch, allerdings nur
verwundert die Augen reiben: Auf den
wand übertragen. Auch am Ende der
wenn es Klinsis Jungs weit genug
Straßen ist niemand zu sehen, menGeyerswörthstraße, im alten Sozialschaffen. Natürlich sind alle diese Anschenleere Cafés reihen sich an gerathaus, wird es einen riesigen Fernsehgebote kostenlos.
schlossene Geschäfte, Kinos bleiben
schirm geben. Wer an der Feki wohnt
Wer wissen möchte, ob die Spiele auch
zu. Ausnahmezuin der Lieblingsstand? HorrorszeKneipe zu sehen
nario? Heino zu
sind, kann sich auf
Besuch? Ach was,
w w w. b a m b e r g es ist nur die Fußweltmeisterlich.de
ball-WM, die uninformieren.
ser Land für einen
Aber nicht nur mit
Monat regiert!
Live-ÜbertragunSpätestens
mit
gen kann der Interdem Eröffnungsessierte seine weltspiel wird beinahe
meisterliche Fußjeder zum Fan.
ballleidenschaft in
Wer jedoch das
Bamberg in vollen
Pech hat, entweZügen auskosten.
der keinen FernBeispielsweise mit
seher zu besitzen,
den in der Inneneinen fußballhassstadt wehenden
Foto: Internet
senden Nachbarn
Fahnen der 32 teilzu haben oder aus
nehmenden NatioWollen wir hoffen, dass der Bub auch am 9. Juli noch so jubeln kann.
anderen Gründen
nen oder dem
befürchtet, seinen Fanpflichten nicht
„Schaufenster-Wettbewerb“ zum Theoder wem der Weg in die Stadt zu weit
nachkommen zu können, hat in Bamma „Fußball“ wird sichergestellt, dass
und das Wetter zu schlecht ist, für den
berg die Chance, die Spiele auch öffentman auf jeden Fall an nichts anderes
präsentiert feki.de die Spiele der deutlich zu verfolgen.
mehr denken kann.
schen Mannschaft im Audimax. Auch
sind noch nicht weit genug weg?
Durchaus reizvoll ist das Programm der
„Nicht-unbedingt-Fußballnation”
Schweiz, speziell für die Damenwelt.
Abgesehen von den besonderen Reiseangeboten sind in der Schweiz, das
sollten die Herren der Schöpfung wisssen, die Männer noch echte Kerle. Sie
gabeln Heu im angesagten „nude look”
oder tragen zumindest Matrosenanzüge
und ihre Frauen auf Händen. So heißt
es jedenfalls im Slogan. Auf diesen
Dampfer sind bereits einige Reiseunternehmen aufgesprungen und bieten
Lady-Specials an, mit dem Frau beson-
ders kostengünstig in die Türkei oder
nach Spanien schippern kann.
Ist der WM-Rasen jedoch einmal ausgerollt, lauern die Tretminen à la Fernsehgerät überall. Ein ruhiges Plätzchen
findet sich kaum, da nahezu jedes
Restaurant, jede Kneipe und erst recht
jeder Biergarten mit Stolz geschwellter
Brust seine Kiste aus dem Hinterzimmer holt. Einzig der „Wilde Rose“
Keller hat bis jetzt noch keine Pläne.
Das Leben ist eben doch nicht immer
wie eine Pralinenschachtel...
Weitere Infos findet ihr unter www.
fussballfreiezone.de
KULTUR.
This boy is Tocotronic!
Bamberger DJ Thorsten Heinz schreibt Magisterarbeit über Trainingsjacken und die Postmoderne
Pommes mit
Eis – lecker!
Von Marc Hohrath
Das Studium neigt
sich dem Ende zu,
die Geduld auch.
Es wird Zeit, sich
an die Arbeit zu
machen, für Diplom und Magister,
Glanz und Glorie.
Doch was die
Meisten in eine
ernste
nervliche
Krise stürzt und
ihren Kaffee- und
Schokoladenkonsum in nie geahnte
Höhen treibt, lässt
Thorsten
Heinz
völlig kalt. Denn
der Bamberger DJ
schreibt derzeit an
einer der wohl ungewöhnlichsten
Magisterarbeiten
unserer Uni und
macht damit zugleich den Anfang
der neuen OTTFRIED-Serie, in
der außergewöhnliche Abschlussar- Hat sichtlich Spass an seiner Magisterarbeit: Thorsten Heinz im multimedialen Arbeitszimmer
ungen zunehmend Gestalt an. Denn tatLyotard und eben seine Hamburger
beiten präsentiert werden. Sein Arbeitssächlich haben die Mitglieder von ToLieblingsband berichtet. Allgemein, so
titel: „Postmoderne und Popkultur –
cotronic, sozusagen der „Rolls Royce
Heinz, gehe es in seinem „Werk“ daDie Ästhetik des Vertrauten in den
unter den deutschen Studentenbands“,
rum, den doch recht inflationär geSongtexten von Tocotronic.“ Und im
Lyotards Buch „Das postmoderne Wisbrauchten Begriff „Postmoderne“ etwas
Gegensatz zu den meisten Studierenden
sen“ gelesen und die in dieser Epoche
greifbarer zu machen und zugleich derist dieses Kapitel seiner akademischen
gängige These, es sei ohnehin nichts
en herausragende Bedeutung für heutiLaufbahn für den leidenschaftlichen
Neues mehr machbar, bestenfalls gute
ge kulturelle Strömungen, besonders in
Gitarrensammler („ich sammle sie
Kopien, in ihrer Musik zum Teil adapder Musik, herzuleiten. Und dafür seien
nicht, sie sammeln sich bei mir an“)
tiert. Nur, dass sie sich, so Heinz, „bisdie Wegbereiter des Trainingsjackenund Halter einer Wasserschnecke naweilen sogar selbst kopierten.“
kultes eben prädestiniert. Was dem Laimens Josef mehr Kür als Pflicht.
Und überhaupt: Was meinen wir eigenten ein wenig weit hergeholt erscheinen
Im Interview strahlen seine Augen, als
lich mit dem mittlerweile universell
mag, nimmt im Verlauf seiner Ausführer über Leslie Fiedler, Jean-Francois
verwendeten
Wörtchen „Pop“?
Ist es die Abkürzung für populär?
Ein eigenständiges Genre? Oder
nur Notbehelf für
zum Verrecken
nicht klassifizierbare Songstrukturen? Oder gar
ein zum Kult aufgeblähtes,
im
Grunde aber sinnentleertes Modewort?
All jenen Phänomenen versucht
der
angehende
Germanist Thorsten Heinz, der sogar über dieses
Thema promovieren will, in seiner
Magisterarbeit
auf den Grund zu
gehen. Auf die
Frage, warum er
überhaupt
den
Bereich „PostmoFoto: hhh derne und Popkultur“ ausgesucht hat, lautet seine entwaffnende Antwort: „Ich verstehe gar
nicht, warum man darüber bisher noch
NICHTS geschrieben hat!” Das Herzblut, das in dieser Arbeit steckt, ist unübersehbar. Der für das Interview eingeplante Zeitrahmen wird locker gesprengt. Die Kaffeemaschine geht in
die zweite Runde, dasselbe gilt für Josef in seinem Wasserglas.
Wäre ich ein Prof, Thorsten Heinz hätte
sein Magisterzeugnis schon jetzt in den
Händen!
Küken vom Fließband
Hardcore-Canalissimo
„We feed the world“ – Für jeden, der wissen will, wo sein Essen herkommt
Die Folgen der
Maßlosigkeit
Es geht um den ganz alltäglichen
Wahnsinn unserer Ernährung, die weltweiten Auswirkungen unserer Maßlosigkeit, die abenteuerliche Herkunft
unserer Lebensmittel, um Fischer, Bauern, Fernfahrer und Konzernchefs. Mit
seinem in Österreich bereits mehrfach
ausgezeichneten Dokumentarfilm hat
sich Regisseur Erwin Wagenhofer ein
hohes Ziel gesetzt: Die Bevölkerung
Strauch Ade – Fabrik-Tomaten sind prall und knallig rot.
der westlichen Welt aufzuklären. Zum
Beispiel darüber, dass in Wien tagtäglich dieselbe Menge Brot vernichtet
wird, die alle Menschen in Graz zum
Überleben benötigen.
Oder dass es Menschen gibt wie Peter
Brabeck, Konzernchef von Nestlé, der
Quelle: Internet
selbst dem Trinkwasser der Ärmsten
noch einen „Marktwert“ abgewinnen
will.
Der Zuschauer erfährt von gigantischen
Fließbandanlagen, auf denen hunderttausende Küken pro Tag in Hallen
transportiert werden, die so gigantisch
groß sind, dass dort auch locker der
Airbus A380 hätte parken können. Nur,
damit sie in Rekordzeit auf dem Teller
landen – direkt neben dem künstlich bewässerten Treibhausgemüse aus Spanien, von dem jeder Europäer pro Jahr
ca. zehn Kilogramm verzehrt. Mahlzeit!
Die Berichte dieser Dokumentation
sind erschreckend. Um es mit den Worten eines im Film gezeigten französischen Lebensmittelgutachters zu sagen:
„Wenn wir so einen Fisch hier haben,
sagen wir, der ist nicht zum Essen, der
ist nur zum Verkaufen!“
Ein absoluter Pflichtfilm! Wahrscheinlich der Wichtigste des Jahres.
Experimentieren
ist erwünscht
„YoYoYoYoYo“ ist wie Pommes
mit Eis: Erst denkt man „Was soll
das?“ Danach läuft das Wasser im
Mund zusammen. Die Jungs aus
Baltimore lassen die Atari-Synthies kreischen und decken enorme musikalische Bandbreiten ab.
Die vom Hip Hop bekannten Anzüglichkeiten hören nicht beim
Bandnamen („to spank“: auf den
Hintern klapsen) auf. Sie werden
von einem MC präsentiert, der
stimmlich stark an Q-Tip erinnnert. Mit musikalischer Experimentierfreude schmeckt Spank
Rock hervorragend und anfängliche Irritation weicht einem zufriedenen Kopfnicken. Es keimt
die Hoffnung, dass der innovative
Electro-Hip Hop seinen GenreKollegen kräftig den Hintern versohlt.
Blaubar bereichert die Kulturszene Bambergs
(sto) Jeder in Bamberg kennt die Flyer
oder die Konzerte von Blaubar. Doch
wer und was steckt eigentlich dahinter?
Wolfram „Wolfi“ Losgar, Gallionsfigur
der Agentur, hat eine Reihe engagierter
Musikliebhaber um sich geschart, die
mit Herzblut die Kulturszene Bambergs
bereichern.
Erstmals in Erscheinung trat Blaubar
mit einer Bar während der Sandkerwa
1998. Motto des Stands: „The music
makes the difference.“
(hhh) „Ein Kind, das heute an Hunger
stirbt, wird ermordet“, sagt Jean Ziegler, UN-Sonderberichterstatter für das
Menschenrecht auf Nahrung in Brüssel, und fasst damit unfreiwillig schon
den Inhalt des Films „We feed the
world – Essen global“ zusammen.
(jul) In den letzten Jahren haben
Synthie-Sounds im Hip Hop wieder Bedeutung erlangt. Man denke nur an den Südstaaten Crunk
á la Lil' Jon oder natürlich die
Neptunes. Auch vom englischen
Label Big Dada ist man durch
Acts wie Roots Manuva unkonventionellen Hip Hop gewöhnt. Doch was von Spank Rock
serviert wird, ist anders. Das ist
keine Novelle Cuisine von Pharell
Williams, kein Gaumenschmeichler von Roots Manuva oder leckeres Fast Food von Lil' Jon.
Die Mischung
macht’s
Auch bei der Entwicklung zur Eventagentur ist die Gruppe dem Motto treu
geblieben. Wolfi bringt Musik von
Northern Soul bis Dancehall, von
Samba bis Punkrock, nach Bamberg –
Genre, die man ohne Blaubar in der
Stadt nur selten zu hören bekäme.
Schnell hat sich um die Agentur eine
treue Fangemeinde gebildet. Zur Sandkerwa organisiert Blaubar seine größte
Party. Und von Jahr zu Jahr wächst der
Andrang. Neben der Woche im August
ist ein weiteres Highlight das HardcoreFußballturnier mit eigener Party und
Konzert. In diesem Jahr findet das
Turnier zum 16. Mal statt. Ort und
Datum: 3. Juni im Morph Club.
Letztes Jahr wurde auf den etwa 30
Konzerten vor allem Punkrock, aber
auch Hip Hop und Samba gespielt. Bei
den Veranstaltungen denkt Blaubar immer auch an fränkische Nachwuchsbands. Sie sollen die Chance erhalten,
Auftrittsmöglichkeiten vor größerem
Publikum zu bekommen. Die Musikrichtung spielt nur eine untergeordnete
Rolle, Hauptsache, die Band rockt.
Für internationale Bands sei die Provinzialität Bambergs laut Losgar nur
ein kurzzeitiges Problem. Sobald sie
die wunderschöne Altstadt mit ihren
netten Kneipen entdeckt hätten, wandele sich ihre Stimmung in Rekordschnelle. „Vollkommen begeistert“ wären
viele Bands von dem „geilen Publikum,
der coolen Location und dem guten
Sound“, meint Losgar.
Blaubar hatte bereits Gruppen aus aller
Welt zu Gast, beispielsweise aus den
USA, Uruguay (Abuala Coca, OTTFRIED berichtete) oder Norwegen. Bei
den Amerikanern ist die Geschichte von
Kunigunde besonders beliebt. Die Holländer von „Peter Pan Speedrock“ entdeckten ihre Vorliebe für Gerstensaft
und durch einen Besuch bei der Brauerei Mahr wurde ihre Weiterfahrt zum
nächsten Konzert um Stunden hinauszögert.
Neues Großevent:
Canalissimo
Worauf dürfen sich die Fans dieses Jahr
noch freuen? Vor allem auf Canalissimo, ein Festival am alten Kanal
vom 25. bis 28. Mai. Dazu organisiert
Blaubar täglich Konzerte mit
Rock’n’roll-, Surf-, Sechziger- und
Jazzbands im Hof der Handwerkskammer.
Weitere Infos unter www. blaubar.com.
KULTUR.
Mit Herz und Seele DJane
„Think. Dance. Love. Soul-Music.“ – OTTFRIED traf die international bekannte DJane Malayka der SoulShakers Bamberg
Von Julia Aden
Soul ist nicht nur Musik. Soul ist ein
Lebensgefühl. Genau das hat Malayka
im Blut. Bereits mit sieben Jahren war
es für sie das Größte, die Beatles- und
Boney-M-Schallplatten ihrer Eltern in
voller Lautstärke zu hören. Sie selbst
spielt Klavier, Schlagzeug und Bassgitarre. Als Teenie spielte sie sogar in
einer Punkband, aber diese Karriere
verlief im Sande. Malaykas Liebe zum
Soul begann, als sie durch ihre Vespa
fahrenden, pilzköpfigen „Mod“Freunde vom Kult der 60er Jahre angesteckt wurde.
Dem Vinyl schon
früh verfallen
Die 28-jährige Schweizerin kam vor
sieben Jahren nach Bamberg. Nach
Abitur und Ausbildung zur Zahnarzthelferin, entschied sie sich für das Studium der Russistik in Bamberg.
Mit dem Auflegen begann Malayka zuerst in ihrer Heimat, nachdem sie
schon früh angefangen hatte,
Schallplatten zu sammeln. Später legte
sie zum Beispiel in Manchester und
Birmingham, aber auch in Rimini,
Frankfurt und Paris auf. Die sympathische DJane spielt keine
Mainstream-Musik,
sondern Stücke der
unbekannten,
meisterhaften
Musiker der
Untergrundbewegung
des Northern
Soul.
Musik und
Bildung sind
Malayka gleichermaßen
wichtig.
Stets
versucht sie
Herz und
Kopf
wie dem Hip Hop als Ursprung.
Malayka legt also nicht nur auf, sondern betreibt „Musikgeschichtsvermittlung.“
Die junge Schweizerin steht zweifellos
mit Herz und Seele hinter dem, was sie
tut und denkt. Es begeistert sie, zu sehen, wie sich ihre eigene Euphorie
durch die Musik auf die bis zur völligen
Erschöpfung Feiernden überträgt. „Es
wäre unehrlich, nicht zu sagen, dass das
Balsam für die Seele ist“, gesteht Malayka mit einen Lächeln. Die Soul-Expertin hat ein gesundes Selbstbewusstsein. Es macht ihr Freude, im Rampenlicht zu stehen, aber sie bleibt dabei
maßvoll, bescheiden und bodenständig.
Soul-Zigeunerin
auf Weltreise
Malayka braucht Abwechslung und
Flexibilität. „Es ist gut, einen Plan vom
Leben zu haben, aber man sollte nicht
jeden Schritt planen.“ Sie liebt es, um
die Welt zu reisen. Ihre Philosophie ist,
das Leben und die Welt in allen bunten
Facetten zu betrachten und bewusst Höhen und Tiefen ihres Lebens auf zu nehmen, um sich selbst immer wieder neu
zu definieren. Ihr Motto: „Kritik ja,
aber bitte nur konstruktive.“
Malayka hat es durch ihre Natürlichkeit, Offenheit und Leidenschaft gemeistert, sich in der männerlastigen
Szene international zu etablieren. Sie
ist sich selbst immer treu geblieben und
hat bewiesen, was sie kann.
Es ist bemerkenswert, dass sie neben
ihrer aufwendigen DJane-Karriere ihre
Zwischenprüfung bestanden und ein
Stipendium an der Universität Oxford
bekommen hat. Der spontane Umzug
nach England ermöglicht ihr, Studium,
Musik und Privatleben zu vereinen.
Denn hier ist nicht nur ihr Bekanntheitsgrad am größten, auch ihr Freund
lebt dort.
Doch Bamberg muss die DJane nicht
missen, da sie weiterhin alle zwei Monate hier auflegt. Wie Samstag, 1. Juli
2006, im Morphclub anlässlich des
vierjährigen Jubiläums des SoulShakers Club! Weitere Informationen
gibt es unter www.soul-shakers.de.
Kunst, Kultur und Politik
Demokratie ist Kritik!
Der Zündfunk ist zu rebellisch für den BR
(tow) Wo Zensur verboten ist, wird sie
durch die erzwungene Bedeutungslosigkeit ersetzt. Dieses hässliche Phänomen unserer Demokratie, die doch so
stolz auf ihre freiheitlich-demokratische Grundordnung ist, ereilt derzeit
das Magazin Zündfunk beim Bayerischen Rundfunk.
In einem Interview mit dem Rheinischen Merkur ließ der Intendant des Bayerischen Rundfunks, Thomas Gruber,
in Einklang zu halten. Sie spricht fünf
Sprachen und ist an der Kulturgeschichte vieler Länder interessiert, da
sie deren Gegensätzlichkeit fasziniert.
Malaykas vor Glück
sprühender Enthusiasmus ist unübersehbar. Sie
ist äußerst bewandert in
der
Geschichte der
Soulmusik.
Als deren
Botschafterin ist Malayka darum
bemüht, die
Philosophie
und Wurzeln
der Bewegung
fortzuführen.
Denn Soul
diente vielen anderen
MusikFoto: privat
typen
1956, als erstmalig ein „Magazin für
junge Leute“ gesendet wurde. Der
Zündfunk verbreitet bis heute die Popkultur, die der Hörer auf den gängigen
Einheitssendern nicht zu Gehör bekommt, und ist so dem Trend meist ein
paar Schritte voraus. „Der Zündfunk
war Mitte der 80er in meinem kleinen
bayerischen Kaff nahezu der einzige
Kontakt zur großen weiten Welt der
Subkultur und damit eine heilsbringen-
Das Kontakt-Festival 2006 überzeugte mit vielseitigem Programm
(hhh) Sieben fette, giftgrüne Lettern
vor der Skyline der Stadt fluten optisch
den Platz vor der Aula. Studierende,
Einheimische und Touristen lassen sich
gleichermaßen ködern, schauen „einfach mal rein“ – kostet ja nichts!
Eine gute Entscheidung, denn die Organisatoren des Festivals haben erwartungsgemäß ganze Arbeit geleistet. Das
erklärte Ziel: Ein dreitägiges Programm
aus Kunst, Kultur und Politik. Fazit
vorab: Ziel professionell umgesetzt!
Im Doppelpack
erfolgreich
Dunkle Häscher beim BR: Kritische Meinung unerwünscht!
verlauten: „Wir bräuchten eine eigene
Jugendwelle im Radio.“ Zündfunk soll
in dieser aufgehen, das jetzige Format
in den neuen Sender integriert werden.
Fans befürchten, dass die kritischen Inhalte von Zündfunk im Mainstream
einer Jugendwelle untergehen. Selbst
wenn Zündfunk in der neuen Welle eine
Rolle spielen sollte, steht noch nicht
fest, ob die Mehrheit der Leute das
überhaupt hören wird. Die nötigen Sendeplätze hätte Bayern 4 Klassik abgeben müssen, welches stattdessen über
Digital Audio Broadcasting (DAB) zu
hören gewesen wäre. Doch Mozart und
Co. ließen sich das nicht bieten. Nach
massiven Protesten revidierte Gruber
seine Meinung. Nun soll statt der Klassik die Jugendwelle auf DAB laufen.
Das Problem beim DAB besteht darin,
dass es zwar absolut rauschfrei ist, die
Empfänger aber sehr teuer sind und nur
in Autos standardmäßig installiert werden. So kann man zum Beispiel schon
jetzt Zündfunk über DAB hören. Doch
nur 900 Hörer machen dies tatsächlich.
Zündfunk selbst gibt es seit dem 2. Januar 1974. Vorläufer, wie „Pop Sunday“, reichen bereits zurück bis ins Jahr
Foto: tow
de Alternative zu Bierzelt und Dorfdisco“, erinnert sich Markus Kavka,
heute Instanz auf MTV.
Nicht nur Musik steht
im Mittelpunkt!
Schon früh befasste sich der Zündfunk
mit deutschsprachigem Rap oder der
heute geliebt-gehassten „Hamburger
Schule.“ Aber nicht nur die Musik
stand im Mittelpunkt. Elfriede Jelinek
war dem Zündfunkhörer ein Begriff,
lange bevor sie den Literaturnobelpreis
bekommen hat.
Und noch etwas gehörte ins Programm:
politische Reportagen. Die Redakteure
scheuten weder vor Themen wie Wackersdorf, noch vor Berichten über das
Erstarken der Neonazis nach der Wende
zurück. Dabei vertraten sie nicht selten
eine höchst kritische Protestkultur. Das
könnte dem Zündfunk nun zum
Verhängnis geworden sein. Bleibt nur
zu hoffen, dass Kampagnen wie
www.zuendfunk-retten.de
Erfolg
haben. Vielleicht auch dank eurer
Unterstützung.
Bis auf monsunartige Regenfälle am
Samstag, die ein Outdoorprogramm unmöglich machten, waren keine größeren Pannen zu vermelden. Und das, obwohl die Hauptverantwortung für den
gesamten Ablauf diesmal bei nur zwei
Leuten lag: Sebastian Schlockmann
und Iris Gabber vom Sprecherrat der
Uni Bamberg. „Genau das war aber ein
Vorteil“, so Iris. „Vergangenes Jahr
waren wesentlich mehr Leute involviert, was oft zu Problemen in der Absprache geführt hat. Diesmal fielen die
Entscheidungen viel schneller!“
Eine Ausstellung kreativer Beiträge
Sebastian und Iris haben gut lachen: Kontakt war ein voller Erfolg!
von Bamberger Studierenden der
Kunstpädagogik eröffnete die vielseitige Veranstaltung. Die „Anonymen Improniker“ stellten mit einer kleinen
Kostprobe ihre Situationskomik unter
Beweis, das Publikum kam allerdings
nur gemächlich in Schwung. Dafür hatten die Künstler, die am abendlichen
„Poetry Slam“ teilnahmen, einen umso
leichteren Stand.
Auch Laien konnten sich in Workshops
Foto:hhh
als Jongleure oder im Improvisationstheater versuchen. Ein wirkliches Highlight des Programms war die von Lisa
Badum (Grüne Hochschulgruppe) organisierte Podiumsdiskussion zum Thema
„Integration von Ausländern“ in der
Domstadt. Mit dabei waren neben
Oberbürgermeister Starke auch Vertreter von Schulen, Arbeiterwohlfahrt
und Ausländerbeirat. Ein Treffen, das in
dieser Form Seltenheitswert hat.
KEHRSEITE.
We can’t get no satisfaction
OTTextreme: Vier geile Säcke auf Testosteron-Tour im Bamberger Nachtclubleben
Von Marc Hohrath, Steffen Meyerlangen Beine
Zwei passable Tanzeinlagen später
Schwarzenberger und Torsten Weller
auf die Bühne.
steht fest: Wir brauchen noch was
Schlag Mitternacht: Rendezvous vorm
Doch die FreuExtremes. Ab zum Puff! Doch leichter
Rendezvous. Vier OTTFRIED-Jungs
de hält sich in
gedacht als getan. An Steffens Rad, das
Grenzen: Die
er an ein Gittertor im Hauseingang
treffen sich, um im Rudel ihre niederen
Stange, um die
nebenan gekettet hat, ist ein zweites
Triebe zu befriedigen: Alkohol, Drogen
sich die TanzSchloss befestigt. In unserer Verzweifund nackte Weib- äh...nette Mädchen.
tussi schlänlung klingeln wir an der Haustür. Eine
Start im Foyer des Rendezvous. Erstmal
gelt, quietscht
äußerst unsympathische Nase kommt
Fotos machen. Nach dem zweiten
dermaßen laut,
heraus und pisst uns richtig übel an:
Blitzlicht öffnet sich die Tür: Der erste
dass
einem
Was uns denn einfiele, unser Rad einKontakt mit einem „netten Mädchen“!
wirklich Angst
fach an sein heiliges Tor zu ketten! „Die
Und das, obwohl wir doch noch gar
und
Bange
Maßnahme ist ja wohl ziemlich exnicht die obligatorische Klingel am
werden kann.
trem“, ranzt Steffen zurück. „Ich kann
Eingang geläutet haben. „Ihrrrr wischt
Die OTTband „The Prostitutes“ vor ihrem ersten Gig
Aber immernoch viel extremer!“, erwidert Mr. Nase
schon, dass fotografieren hier verrrbohin: Die Bewegungen der Dame zeugen
und verschwindet im Haus. Mist, was
ten ist!“, raunzt uns eine leicht bekleiAn der Bar sitzen geschätzte fünf Davon einer gewissen Professionalität.
jetzt? Wir befürchten das Schlimmste.
dete Dame mit osteuropäischem Akzent
men, der Laden ist etwas größer. „Aber
Circa fünf Minuten nach ihrer Nummer
Doch statt einem Pitbull schlurft nur ein
an. „Ja, äh, sorry, wir machen hier
ohne Schampus ausgeben läuft hier gar
(yeah, sie war wirklich nackt!) setzt
Zuhälter-Typ heraus und schließt betont
Recherche“, stammeln wir. Scheiße,
nichts“, warnt uns Marko. Die Flasche
sich Lea aus Bratislava zwischen uns.
lässig das Schloss auf. Kein weiterer
das war wohl nix. Aber das Bier für
kostet schlappe 550 Euro! Na ja, weOb wir sie
Kommentar – unser Fahrrad ist frei.
8,50 Euro war
nigstens kann Torsten hier mal das Klo
nicht zu eiJetzt aber schnell zum Flugplatz Krauns eh zu teuaustesten. Auch dieser Besuch hat sich
nem Piccolo
mersfeld. „Tuff tuff tuff, wir fahren in
er.
insofern gelohnt.
einladen wolden…“, trällern wir durch die Nacht.
Also für einen
Wieder draußen, plärrt Marko über die
len – für geraAm Eingang angekommen, die herbe
Preisvergleich
Straße: „Ich war nur grad onanieren,
de mal 30
Enttäuschung: Das Einzige, was wir in
zur nächsten
weil’s so schön war!“ Ja ja, der Marko
Euro! „Nee
dieser gottverlassenen
Location: Das
aus Frankfurt… auf Benee“, winken
Ecke vorfinden, ist ein
Intermezzo in
triebsauflug mit seinen
wir dankend
Schild an einer Tür:
der NürnberKumpels. „Und morgen
ab. Jetzt aber
„Wegen Renovierung
ger
Straße.
geht’s auf Brauereibemal schnell
bis zum 08.06. geDieser „Klassuch!“, lallt Olaf noch,
zahlen und
schlossen!“ Shit. Das
siker“
war
bevor die drei ins Taxi
Fotografieren verboten!
Fotos: sms
raus hier!
war’s dann wohl. Torsfrüher übristeigen.
Beim Zahlen noch ein kurzer Smalltalk
ten geht erst nochmal
gens gegenüber vom Rendezvous – man
Zurück im Rendezvous.
mit Arlette, der Barfrau. Sie erzählt uns
pinkeln. „Ey, die Baukennt sich halt aus, gell.
Wow! Die erste Bude,
vom Rendezvous, dessen Besitzerin das
ern, die hierher komWieder die obligatorische Klingel. Und
die
sich
halbwegs
„alte“ Intermezzo in der Königstraße
men, haben bestimmt
rein ins Rotlicht-Getümmel. Denkste!
„Nachtclub“
nennen
übernommen hat. Seitdem stünde dies
genug von ihren horiAußer zwei alten Säcken an der Bar –
darf: Lange Bar, entEin Piss vorm Puff
leer. „Die Geschäfte laufen nicht gut“,
zontalen Scheunen-Pareiner davon ist Tänzerin – absolut tote
spannte Atmosphäre,
meint Arlette. „In den ersten Tagen
ties“, meint Marc kennerhaft-lapidar.
Hose. Erstmal hinhocken und Bier
keine
„Piccolo“-Masche.
Dafür
musste ich gleich drei Mädchen entlassWir holen uns ein „Brötla“ bei der nettbestellen. Kostet hier „nur“ 6,50. Der
schlechte Musik und kitschiges Insen.“ Ein hartes Business.
ten Frau an der nächsten Tanke. „Fei
Weg hat sich gelohnt!
terieur. Die Mädels sitzen schon alle bei
Raus aus dem Intermezzo und ab nach
ganz frisch von mir höchsdbersönnlich
Nach fünf Minuten doofen Rumsitzens
gruseligen Typen auf dem Schoß. Was
nebenan – zum Marretin. Felix verabgebaggn!“ Oh mein Gott.
der erste Lichtblick des Abends: Drei
die wohl von uns denken? Die „Bedieschiedet sich: „Mir zu teuer, die Story!“
Fazit unserer Testosteron-Tour: Jungs,
weitere Herren betreten lautstark den
nung“ jedenfalls nichts Gutes: sie kassWieder die Klingel. Am Eingang komgeht lieber in den Morph Club und
mickrigen Raum, die Disco-Kugel besiert uns sofort ab, bevor sie zurück auf
men uns Marko, Mike und Olaf entgeschleppt irgend’ne Indie-Ische ab! Ist
ginnt sich zu drehen, ein italienischer
den Schoß ihres Verehrers mit der riesigen, die drei Herren von vorhin – allebilliger, musikalisch besser – und
Schlager tönt aus den Boxen, und die
gen Plauze steigt. Torsten lässt wissen,
samt schon ziemlich gut beieinander.
Piccolo ist eh nur was für Mädchen!
Tänzerin von der Theke schwingt ihre
dass er jetzt erstmal schiffen geht.
Grüß’ OTT an alle Chucks!
Bamberger Fashion-Experte erklärt, ob unsere Studis diesen Sommer modisch im Trend liegen
(lw) Dass Kleider Leute machen, kann
ich nicht mehr hören. Und außerdem:
Was ist überhaupt Mode? Wie weit ist
das studentische Lebensgefühl von der
Modewelt 2006 wirklich entfernt?
Ich will mir nicht anmaßen, modische
Empfehlungen zu geben, zumal ich
wohl selbst eine bräuchte. Denn braune
Schuhe und schwarze Jacke, geht ja
mal gar nicht – das sagt zumindest Ali.
Ali Ergin ist mit seinem Laden an der
Oberen Brücke eine Bamberger Institution mit dem Anspruch, Junge und
Junggebliebene stilgerecht zu kleiden.
OTTFRIED ging mit dem Profi auf
Campusvisite und nutzte die Chance
zum Expertengespräch. Auf die erste
Frage, was Mode eigentlich sei, antwortet Ali kurz: „Ein Lebensgefühl.“
An der U5 geht es los: Ein, sagen wir,
recht extravagantes Modell läuft vorbei: Verknittertes Leinenoutfit, schäbigbraune Tasche – an sich nicht verkehrt.
„Was ist damit“, frage ich Ali. „Stehen
geblieben“, schmettert dieser die Kombination ab. Doch an der Uni wird wegen schlechter Kleidung niemand schikaniert – eher wegen nicht bestandenem Bierdiplom!
Wir sitzen und schauen: Überall legere
Sportswear, die meisten tragen UsedLook. „Es gilt: Vintage ist weiterhin angesagt, aber die Jeans erlebt eine Renaissance in clean.“ Das heißt: Sie ist
ohne Verwaschungen wieder tragbar.
Nur bis zu den Studentinnen ist das
Ich lerne viel über Mode: Die Hose in
wohl noch nicht vorgedrungen.
ihrem figurbetonten Röhren-Schnitt
Was Ali von seiner Umwelt erwartet?
sympathisiert wieder mit
Morgens in den Spiegel
den 60ern. Die 70er mit
zu schauen und sich zu
ihren knalligen Farben
fragen, ob das wirklich
waren letztes Jahr. Der
passt. „Denn ModebeSommer wird weicher
wusstsein setzt keinen
und gedeckter: Erdfardicken Geldbeutel vorben, Schwarz, Oliv oder
aus“, sagt Ali. Aber
Beige inszenieren Amiwann bin ich modisch?
style und Cargohosen.
„Orientiere dich am
Und dazu back to
Zeitgefühl und bleib dir
Rock’n’Roll – ein kräftitreu.“
Foto: lw
ges „Grüß’ OTT“ an alle
Interessanterweise ist
Ali – der Modeguru
Ali auch für SchuluniChucks! Bequeme und
formen, wie sie in seiner Heimat Türkei
pflegeleichte Schuhe regieren. Weil
von klein auf getragen werden. In einTextil den Schuh ansagt, schreit die
em sind wir uns einig: Bamberg auf der
schmale Röhre der Damen nach kurzen
Brust zu tragen ist ein bis dato unBallerinas. Accessoires wie Gürtel,
verbreitetes Muss. Doch offenbar wird
Taschen und Tücher sind dazu farblich
der neue Unishop bei den meisten bloß
abgestimmt, so will es die Modewelt.
als ein vor sich hin kursierendes Gerücht gehandelt.
An alle studierenden Flaneure, Schwestern und Brüder im Geist der modischen Dürftigkeit, liebe Freunde des
schlechten Geschmacks: Wir haben
nicht gerade gut abgeschnitten. Die fesche Garderobe ist nur vereinzelt dabei
gewesen. Aber das mit dem Spiegel...?
Doch der bunte Hund aus Bamberg sagt
auch, das Gefühl für modebewusstes
Kleiden müsse von Haus aus viel intensiver anerzogen werden. Klasse, wir
können also nicht mal was dafür!
Aber keine Panik: Leger ist in. Und vor
allem ist es eine Lebenseinstellung. Leger heißt Gemütlichkeit, Wohlbefinden.
Ich glaube, wenn wir glücklich sind,
haben wir den richtigen Weg gefunden... für meine Kleidung heißt das: je
länger ungewaschen, desto gemütlicher. Ali sei Dank!
Der Student
im System
(pet) „Oh Gott, morgen Erdkitsch
beim cholerischen Meier. Dann noch
die sauschwere Mathe-Klausur bei
Schröder am Donnerstag und der
fucking Vokabeltest bei der pedantischen Schulze-Schnarrenbirg. Ich
wette, das einzige Fremdwort, das sie
nicht kennt, heißt Penetration.“
Erinnert ihr euch? Angst vor der
Schule! Wie lächerlich! Besonders,
wenn man ein, zwei Semesterchen
an einer handelsüblichen Universität hinter sich gebracht hat.
Das schüchterne Mädchen da vorne
soll später eine dieser Deutsch-Imperatorinnen werden, die ganze Generationen von Schülern glauben lässt,
Diktat und Diktatur seien Synonyme.
Nur, dass sie antizipatorisch schon
jetzt modische Trends als irrelevant
betrachtet, wenn später eh alles von
Kreidestaub bedeckt werden wird,
scheint Vorbote ihrer späteren Profession zu sein.
Statt der Kinder-Uni sollten Schüler
Einblick in ein ganz normales Pädagogik-Seminar bekommen: So wie man
sich nicht mehr vor Knecht Ruprecht
fürchtet, wenn man erst einmal herausgefunden hat, dass es nur Papas Arbeitskollege ist, der jedes Jahr in diese
Rolle genötigt wird, so sollte man Heranwachsenden die Schulangst nehmen, indem man ihnen zeigt, dass die
unnahbaren Tyrannen von heute
schüchterne Studis von gestern sind.
Ich wusste das nicht. Ich habe gelitten.
Aber heute bin ich klüger. Wenn mir
wieder ein Schrieb vom Finanzamt oder einer anderen steifen Behörde
Handlungsanweisungen nahe legt, die
zur Umgehung „rechtlicher Schritte“
unumgänglich seien, stelle ich mir den
Menschen und damit den ehemaligen
Studenten hinter diesem unpersönlichen Stück Papier vor. Finanzbeamter? War bestimmt schon früher ne
graue Maus! Rufe also bei ihm im
Büro an und schlage vor, ihn am
Wochenende mal zu einer dieser
Parties mitzunehmen, zu denen er
schon damals nicht eingeladen war.
Nach zwölf Slivovitz lässt er endlich
durchblicken, dass da auf dem unbürokratischen Weg doch noch was zu
machen sei. Ich schleiche mich zufrieden davon, wie zu Unizeiten, nachdem
ich das Skript in der Tasche hatte.
Hat man es erst erkannt, lässt sich mit
der Devise SDSIS, „Sieh den Studenten im System“, nun unbeschwert
durchs Leben ziehen.
Für psychologische Beratung werde
ich nie zahlen müssen, seit ich weiß,
dass die Redewendung „Den Bock
zum Gärtner machen“ erst für diesen Studiengang erfunden wurde.
Die gesamte Globalisierung verliert
ihre Scheu, wenn ich daran denke,
dass auch die kapitalistischste aller
Firmen von so einer Tröte geleitet
wird, die sich den Hemdkragen hochgestellt hat oder die Farbkombination
rosa-rosa für gelungen hält. Einen
Nachteil hat das Ganze jedoch:
Das Vertrauen in die Heilkraft der
Ärzte habe ich genau an dem Tag verloren, als ich meinen Bruder auf eine
Mediziner-Fete begleitete.