Aktuelles Rechtsprobleme im Zusammenhang mit dem
Transcrição
Aktuelles Rechtsprobleme im Zusammenhang mit dem
Rechtsanwalt Jochen Waldenmaier Robert-Bosch Straße 19, 73117 Wangen fon 07161 – 95 65 21 fax 07161 – 95 65 22 [email protected] Aktuelles Rechtsprobleme im Zusammenhang mit dem Aufhebungsvertrag 1. Einleitung Wer einen Arbeitsvertrag abgeschlossen hat, kann ihn auch einverständlich wieder aufheben. Der Aufhebungsvertrag hat sich in der Praxis als gängiges Instrument erwiesen, Arbeitsverhältnisse kurzfristig und aus der Sicht des Arbeitgebers weitgehend risikofrei zu beenden. Für Arbeitgeber bietet der Aufhebungsvertrag folgende Vorteile: das Arbeitsverhältnis kann ohne Einhaltung gesetzlicher, tariflicher oder einzelvertraglicher Kündigungsfristen beendet werden. Allgemeiner und besonderer Kündigungsschutz (Betriebsrat, Schwangere und junge Mütter, Schwerbehinderte, Unkündbare) greifen nicht. Der Betriebsrat braucht nicht beteiligt werden. Für den Arbeitnehmer bietet der Aufhebungsvertrag den Vorteil, dass er mit seiner Hilfe Kündigungsfristen abkürzen kann, die der sofortigen Arbeitsaufnahme bei einem anderen Arbeitgeber entgegenstehen. Bei schweren Verfehlungen des Arbeitnehmers, die auf eine außerordentliche Kündigung hinauslaufen, lassen sich über den Aufhebungsvertrag und unbezahlte Freistellung von der Arbeitspflicht „unverdächtige“ Beendigungstermine für das Arbeitsverhältnis vereinbaren. 2. Abschluss Seit 1. Mai 2000 bedürfen alle „Auflösungsverträge“ zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Die Schriftform kann durch notarielle Beurkundung und durch gerichtliche Vergleich ersetzt werden. Der Aufhebungsvertrag kommt - wie jeder Vertrag – durch Angebot und Annahme zustande; er muss von beiden Parteien auf einer Urkunde unterzeichnet sein. 3. Abgrenzung Aufhebungsvertrag, Kündigungsfolgenvereinbarung Abwicklungsvertrag, a) Aufhebungsvertrag Durch den klassischen Aufhebungsvertrag wird das Arbeitsverhältnis einverständlich beendet mit konstitutiver Wirkung, d.h. die Vereinbarung selbst beendet das Arbeitsverhältnis. Der Aufhebungsvertrag hat schwerwiegende arbeitsförderungsrechtliche Folgen. (1) Sperrzeit So tritt nach § 144 SGB III eine Sperrzeit ein, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst hat, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben. Als wichtiger Grund wird von der Rechtsprechung nach wie vor anerkannt: Die Vermeidung einer zum Beendigungszeitpunkt drohenden rechtmäßigen Kündigung sowie gesundheitliche oder sonstige Gründe, die es dem Arbeitnehmer unzumutbar machen, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen. Die von den Arbeitsämtern an den Nach- Rechtsanwalt Jochen Waldenmaier Robert-Bosch Straße 19, 73117 Wangen fon 07161 – 95 65 21 fax 07161 – 95 65 22 [email protected] weis des wichtigen Grundes gestellten Anforderungen haben sich zunehmend verschärft. Zum Vorliegen eines wichtigen Grundes sollten deshalb im Aufhebungsvertrag zum Beispiel in einer Präambel möglichst konkrete Angeben gemacht werden unter Berücksichtigung des jeweils aktuellen Vorgaben der Arbeitsverwaltung. (2) Anrechnung von Abfindungen, sonstigen Vergütungen auf Arbeitslosengeld Nach § 143 Abs. 1 SGB III können Arbeitsentgelte, auch verdeckte in Form einer Abfindung, und Urlaubsabgeltungen, die wegen der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses gezahlt werden oder zu beanspruchen sind, zu einem Ruhen des Arbeitslosengeldes führen. Dasselbe gilt für Abfindungen nach § 143a SGB III, wenn die vertragliche, tarifvertragliche oder gesetzliche Kündigungsfrist nicht eingehalten wird sowie bei zeitlich begrenztem oder unbegrenztem Ausschluss der ordentlichen Kündigung, wenn die dafür geregelten Fristen überschritten werden. (3) Erstattungspflicht des Arbeitgebers Bei Entlassung älterer Arbeitnehmer ist der Arbeitgeber grundsätzlich nach § 147a SGB III verpflichtet, das Arbeitslosengeld für die Zeit nach Vollendung des 58. Lebensjahres längstens für 24 Monate an das Arbeitsamt zu erstatten, wenn die Mindestbeschäftigungszeiten und die Mindesbetriebsgröße entsprechend der Regelung in § 23 KSchG gegeben sind. Die Erstattungspflicht entfällt nur unter engen, im Gesetz kasuistisch geregelten Ausnahmefällen. b) Der Abwicklungsvertrag Im Gegensatz zur konstitutiven Beendigungswirkung des Aufhebungsvertrages setzt der Abwicklungsvertrag eine Kündigung voraus. Das gesamte Kündigungsschutzrecht ( Kündigungsfristen, tarifliche Unkündbarkeit, Sonderkündigungsschutz, Beteiligung des Betriebsrates, Zustimmung des Integrationsamtes usw. ) muss beachtet werden. Die wirksame Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Kündigung ist Bedingung für den Abwicklungsvertrag, der damit hinsichtlich der Beendigungswirkung nicht die insbesondere für den Arbeitgeber notwendige Sicherheit für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bietet wie der konstitutive Aufhebungsvertrag. Wurde zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer keine Vorabsprache getroffen und ist die arbeitgeberseitige Kündigung nicht offensichtlich rechtswidrig, findet die Sperrzeitregelung in § 144 SGB III keine Anwendung. Der über den Abwicklungsvertrag ausscheidende Arbeitnehmer kann nahtlos mit dem Ende seines Arbeitsverhältnisses, sofern die übrigen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, Arbeitslosengeld in Anspruch nehmen. Die derzeitige, verschärfte Praxis der Arbeitsämter aufgrund neuer Weisungslagen geht dahin, nur noch bei Abwicklungsverträgen von Sperrzeitanordnungen Abstand zunehmen. Aufhebungsverträge führen zu einer dreimonatigen Sperrzeit. Jedoch gibt es auch Stimmen, vor allem des Bundessozialgerichts und Dienstanweisungen des Arbeitsamtes, wonach ein Abwicklungsvertrag als nachträgliche einvernehmliche Lösung gewertet wird mit Sperrzeitfolge. c) Kündigungsfolgenvereinbarung Wenn eine Kündigung im Hinblick auf die Sperrfristregelung und die Erstattungspflicht des Arbeitgebers geboten erscheint, sollten die Folgen der Kündigung wegen der vorstehenden Bedenken gegen den Abwicklungsvertrag in Rechtsanwalt Jochen Waldenmaier Robert-Bosch Straße 19, 73117 Wangen fon 07161 – 95 65 21 fax 07161 – 95 65 22 [email protected] Form einer Kündigungsfolgenvereinbarung geregelt werden, die schon durch ihre Bezeichnung deutlich macht, dass die vorangegangene Kündigung das Arbeitsverhältnis rechtswirksam beendet hat und die von den Parteien lediglich bestätigt und außer Streit gestellt wird in Verbindung mit einer Regelung der Kündigungsfolgen. 4. Steuerrechtliche Behandlung von Abfindungen Abfindungen sind bis zu einem gewissen Betrag steuerfrei. Die Steuerfreiheit von Abfindungen nach § 3 Nr. 9 EStG 1999 setzt voraus: - Eine vom Arbeitgeber veranlasste oder gerichtlich ausgesprochene Auflösung des Arbeitsverhältnisses unabhängig von der Beendigungsmodalität wie Kündigung, Aufhebungsvertrag. - Ein kausaler Zusammenhang zwischen Auflösung des Arbeitsverhältnisses und Abfindung. Der Umfang der Steuerfreiheit ist ab 01.04.1999 nach Lebensalter und Dauer des Arbeitsverhältnisses wie folgt geregelt: - Grundsätzlich bis 8.161 EUR - Ab Vollendung des 50. Lebensjahres und 15 Jahren Beschäftigung 10.266 EUR - Ab Vollendung des 55. Lebensjahres und 20 Jahren Beschäftigung 12.271 EUR. Soweit die Steuerfreigrenzen überschritten werden, kommt auch nach der Neuregelung ab 01.04.1999 eine Steuerermäßigung nach §§ 24 und 34 EStG in Frage, aber nicht mehr wie bisher mit dem halben Steuersatz, sondern variabel nach der so genannten Fünftel-Regelung.