Freitag, 11. April 2014 - Internationales Frauenfilmfestival Dortmund
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Freitag, 11. April 2014 - Internationales Frauenfilmfestival Dortmund
Freitag IFFF Dortmund | Köln FESTIVALNEWS Inhalt Nähe zur Protagonistin Bine Jankowski gewinnt den Preis für die beste Bildgestaltung Seite 2 Schüler-Filmprojekt: Bosporus trifft auf Rhein Beispiel den Hennabend vor der Hochzeit, den es nicht nur in der Türkei, sondern auch in Tunesien gibt. Das war toll“, so Neshe Demir. Burlesque - Mehr als nur Ausziehen Was verbirgt sich wirklich hinter der Ausdrucksform Burlesque? Seite 4 Die Nachwuchs-Filmemacher der Konrad-Adenauer-Realschule Köln im Odeon. Girls‘ Focus: Workshop Animation Dreitägiger Film-Workshop für Mädchen beginnt. Seite 5 Unser Blog http://festivalblog.onlineredakteure.com Folgen Sie uns bei Twitter: @IFFFBlog @frauenfilmfest Ob türkisches Essen in der Weidengasse, die Anprobe im Brautmodengeschäft oder eine orientalische Tanzeinlage auf dem Rathenauplatz – fünf Tage lang waren 15 Schülerinnen und Schüler der Konrad-Adenauer-Realschule in Köln der türkischen Kultur auf der Spur. Sie haben versucht herauszufinden, was typisch türkisch ist. Unterstützung bekamen sie dabei von den Kölner Filmemacherinnen Neshe Demir und Lenka Šikulová. Entstanden ist ein Kurzfilm, der am Mittwoch im Odeon Premiere feierte. Das Brautkleid sitzt wie angegossen, der große Tag könnte eigentlich kommen. Doch das Kleid dient Armine nur zur Recherche. Für die 13-Jährige gehören große Hochzeiten und noch pompösere Brautkleider zur Türkei einfach dazu. Was ist typisch türkisch? Mit dieser Frage im Kopf waren 15 Siebtklässler der Konrad-Adenauer-Realschule fünf Tage lang mit der Kamera in ganz Köln unterwegs auf der Suche nach der typischen Türkei. Am Mittwoch feierte der Film Premiere im Odeon. Unterstützung von den Profis Unterstützt wurde das SchülerFilmteam von den Kölner Filmemacherinnen Neshe Demir und Lenka Šikulová. Unter ihrer Anleitung lernten die Jungs und Mädchen die Grundlagen des Filmemachens kennen. Für Neshe Demir war die Arbeit mit den Jugendlichen eine tolle Abwechslung: „Kinder sind im Gegensatz zu den Profis authentischer. Sie sagen, was sie denken und gehen mit einer erfrischenden Naivität an die Sache ran.“ Überraschend für die Jungs und Mädchen: Die Suche nach „typisch türkischen“ Dingen führte sie nicht nur in die Türkei, sondern auch in andere Länder wie zum Beispiel Tunesien, Albanien oder Portugal. „Aus typisch türkisch wurde schnell multikulti, als sie gemerkt haben, dass es kulturelle Parallelen gibt. Zum Gute vier Stunden Filmmaterial haben die Siebtklässler zusammenbekommen. „Die Jungs und Mädels haben alles selbst gemacht – ob Interviews, Kamera, Regie oder Ton – wir haben nur unsichtbar die Fäden gezogen“, erzählt Lenka Šikulová. Die 36-Jährige ist überrascht, mit welcher Lernfähigkeit und mit welcher Ausdauer die Jungs und Mädchen an die Sache rangegangen sind. Fünf Tage langen haben die Schülerinnen und Schüler von morgens bis abends am Film gearbeitet. Film ab! Am Mittwoch präsentierten die 15 Schüler und Schülerinnen ihren Film ihren Klassenkameraden und dem Festival-Publikum. Das Resultat: Viel Applaus und rote Rosen für die Nachwuchs-Filmemacher. Auch Neshe Demir ist mit dem Ergebnis mehr als zufrieden: „Es war toll zu sehen, welche Talente da zum Vorschein kamen und welche Stärken die Kinder für sich entdeckt haben. Beim Film ist Teamarbeit und Zusammenhalt wichtig. Das wollte ich den Jungs und Mädchen vermitteln.“ Und die 35-jährige Filmemacherin wurde nicht enttäuscht: Entstanden ist eine 25-minütige abwechslungsreiche Reise durch das türkische Köln. Lien Herzog IFFF Dortmund | Köln 2014 2 Rebellion gegen die glattpolierte IKEA-Gesellschaft Sebastian liebt Andreas. Und Andreas liebt Sebastian. Doch Andreas ist hetero. Und Sebastian wäre gerne Ellie. Aber so einfach ist es natürlich nicht. Das sensible Drama „Something Must Break“ des Schweden Ester Martin Bergsmark handelt von Selbsfindung und des gegenwärtigen Stockholms. Ganz zu Anfang tauchen wir ein in die Lebenswelt des jungen .Sebastian (Saga Becker). Der androgyne Mittzwanziger lebt mit seiner Mitbewohnerin Lea (Shima Niavarani) in Stockholm. Er arbeitet in einem Lager, sein Alltag erscheint trist und repetitiv. Um auszubrechen, gibt er sich Drinks und Drogen hin, ab uoder verabredet sich zum Sex mit anderen Männern. Und dann gibt es da noch Ellie. Ellie ist Sebastians Alter Ego, die Frau, die er gerne sein möchte, als die er sich identifiziert. Was sofort auffällt, wenn man „Something Must Break“ betrachtet, ist seine formale Andersartigkeit. Das ungewöhnliche Erzähltempo – immer wieder durchbrochen von stilllebenartigen Landschaftsaufnahmen – stellt zuweilen die eigenen Sehgewohnheiten auf die Probe. Man lernt eine Seite von Stockholm kennen, die man so sonst nie sieht: verwaiste Industriegebiete, ungepflegte Parks und schmuddelige Clubs. Der großartige Soundtrack unterstreicht die Handlung fast immer perfekt. Seine Vielseitigkeit reicht von Peggy Lee über leichte Elektropop-Nummern und schwedischsprachige Songs bis hin zu düsterem Techno, der in den Hallen der Underground-Clubs widerhallt. Ester Martin Bergsmark und sein Co-Drehbuchautor Eli Levén haben hier einen Roman des letztgenannten adaptiert und auch autobiographische Ein sensibler Film in bester Coming-of-Age-Manier Elemente der beiden verarbeitet. Entstanden ist ein sensibler Film der die verquere Gefühlswelt des Protagonisten in bester Coming-of-Age-Manier nachzeichnet: Sebastian lernt, mit den meist negativen Reaktionen der Anderen auf sein eigenwilliges Auftreten umzugehen. Man begleitet ihn, wie er an sich wächst, wieder zerbricht und sich in bedingungsloser Hingabe völlig selbst verliert. Bis er schließlich den Mut findet, Ellie, die Frau die er eigentlich ist, frei zu lassen, sein Glück von anderen unabhängig zu machen und sich selbst so zu lieben, wie er ist. Stefan Winopal „Something Must Break“ läuft am Freitag, 11. April 2014, um 22:30 Uhr im Filmforum Bestechende Nähe zur Protagonistin Mit ihrem Abschlussfilm „Rebecca“ gewinnt Bine Jankowski den Preis für den besten Spielfilm im Nationalen Wettbewerb für Bildgestalterinnen. Viele Nahaufnahmen verstärken die Nähe zum Protagonisten. Etwa ein Jahr lang arbeitete Bine Jankowski mit ihrem Team am Film „Rebecca“. Das Team bestand aus Studenten der Internationalen Filmschule in Köln und umfasst Regie, Schnitt, Kamera und Produktion. Der Spielfilm erzählt die Geschichte der jungen Frau Rebecca, die durch die Trennung von ihrem Freund aus dem Leben gerissen wird. Sie kommt in der WG von Freunden unter und führt von nun an ein rastloses Leben in den Straßen von Berlin. Einzig bei ihrem dementen Vater, den sie täglich im Pflegeheim besucht, findet sie Rückhalt. Als ihr Vater stirbt, beginnt Rebecca, ihr Leben in ein neues Gleichgewicht zu bringen. Intensive Stadterkundung Für die Macherinnen des Films war es besonders wichtig, den Film in Deutschlands Hauptstadt zu drehen. „In Berlin ist die Architektur ganz anders als in Köln, die Straßen sind breiter und offener. Wir wollten das Gefühl vom Sommer in Berlin erzählen“, beschreibt Bine Jankowski. Aus diesem Grund erkundete sie die Stadt bereits fünf Wochen vor dem Dreh intensiv: tagsüber und nachts, zu verschiedenen Lichtverhältnissen in verschiedenen Blickwinkeln. Inspirationen findet die junge Kamerafrau auch in anderen Filmen und Fotografien. Die Produktionsphase mit vielen Locations und wenig Zeit war für die Kamerafrau anstrengend. „Wir mussten schnell sein und oft umziehen“, sagt Jankowski. Dabei war ihr das Feedback der Darsteller des Films sehr wichtig. Spröde Bilder Kennzeichnend für den Film ist vor allem die schlichte, fast spröde Gestaltung der Bilder. „Wir haben die Locations nicht allein der Schönheit wegen gewählt“, sagt Bine Jankowski. „Der Film sollte vor allem echt wirken.“ Von der Entscheidung der Jury des IFFF war die Bildgestalterin überrascht. „Das bedeutet wohl, dass wir was richtig gemacht haben“, freut sich Jankowski. Der Jury fiel vor allem die Nähe des Zuschauers zum Protagonisten auf. Auf dem Festival will sie mit Leuten über den Film sprechen, Kontakte knüpfen und auch an neue Projekte kommen. Jungen Filmemacherinnen rät sie vor allem, sich praktisch auszuprobieren und auch mal Fehler zu machen. „Das ist nützlicher, als konstant auf der Stelle zu treten“, so die Gewinnerin Jankowski. Victoria Kunzmann IFFF Dortmund | Köln 2014 3 Was Gewalt mit einem anstellt In ihrem Film Festung thematisiert Regisseurin Kirsi Marie Liimatainen Gewalt gegenüber Frauen. meisten Kinder die sich damit konfrontiert sehen, neigen dazu später selbst gewalttätig zu werden. „Die Kinder identifizieren sich mit dem Aggerssor, meist dem Vater. Aber wenn gerade das nicht vorkommt und es jemand schafft, der als Kind Gewalt erlebt hat, später nicht gewalttätig zu werden, das sollte untersucht werden“, meint Reddemann. Die despressive Erika (Ursina Lardi) muss regelmäßig Roberts (Peter Lohmeyer) Gewaltausbrüche ertragen. Im Anschluss an den Film „Festung“, der das Thema häuslicher Gewalt behandelt, fand die Diskussion „Sichtbar machen! Aber wie?“ statt. Moderiert durch Bettina Braun und Anke Schäfer – beide Mitglieder von LaDOC, dem Kölner Dokumentarfilm-Frauen-Netzwerk – stellten sich Kirsi Marie Liimatainen – Regisseurin von Festung – und die Psychoanalytikerin Luise Reddemann – die mit betroffenen Frauen arbeitet – den Fragen des Publikums. aus dem Weg war“, erzählt Liimatainen. „Doch ich wollte wissen wie meine Großmutter und meine Mutter sich dabei fühlten, wie sie die Situationen wahrnahmen. Auch was es für die Zukunft meiner Mutter bedeutete, diese Gewalt miterlebt zu haben ohne selbst geschlagen worden zu sein.“ Der Einfluss dieser Lebenserfahrung trug unter anderem dazu bei, dass der Spielfilm „total authentisch und erschütternd wirkt“, so Reddemann. Fokus auf die Familie Neben Fragen zum vorher gezeigten Film kam auch der thematische Schwerpunkt der Gewalt gegenüber Frauen nicht zu kurz. Nicole Armbruster, die gemeinsam mit Liimatainen studierte, mailte ihr eines Tages den ersten Drehbuchentwurf einfach zu und war somit die Ideengeberin für den Film. Da Liimatainen in ihrer Kindheit selbst Erfahrungen mit häuslicher Gewalt gemacht hatte, begab sie sich zur Recherche in die eigene Familie. „Ich weiß noch wie das früher war, wenn mein Großvater schlecht gelaunt auf das Haus zukam und meine Großmutter mich schnell in den Schrank sperrte, damit ich Der Film stelle die Gewaltsrukturen und die Auswirkungen der Gewalt auf Frau und Kinder auf sehr subtile Weise dar, es sei jedoch schade, dass nicht gezeigt werde, wie man helfen könne, so die Psychoanalytikerin. „Vielleicht wäre das etwas für einen zweite Film“, schlug sie vor. „Ich wollte mich tatsächlich drauf konzentrieren, was in der Festung, also in der Familie passierte. Bei 90 Minuten Laufzeit können wir nicht alles zeigen, außerdem ist die Einmischung von außen sehr schwierig“, erwiderte Liimatainen daraufhin. Sie verriet: „Eigentlich sollte der Film noch düsterer werden und endete in der ersten Drehbuchfassung auch ohne Ausblick. Aber das konnte ich dann doch nicht machen. Ich habe mich damit nicht wohl gefühlt, denn es gibt viele Johannas auf der Welt und auch denen wollte ich eine Perspektive bieten.“ Gewalt macht gewalttätig Reddemann gab zu Bedenken, dass der Film zwar für Jugendliche durchaus geeignet sei, aber nur wenn sie danach auch die Gelegenheit hätten über ihn zu sprechen. Laut einer aktuellen Studie der EU werde dort jede dritte Frau ein Opfer von Gewalt. Gerade dort wo die Frauen sich eigentlich sicher fühlen sollten, Zuhause, nimmt die Gewalt immer mehr zu. „Das es häusliche Gewalt gibt ist bereits seit den 70er Jahren bekannt“, so Reddemann. „Aber ich halte es für grotesk dafür immer neue Studien zu machen. Das ist rausgeschmissenes Geld, das lieber in die Prävention gesteckt werden könnte.“ Die Beobachtung von Gewalt ist für Kinder beinahe so schlimm wie die selbst erlebte, das ist wissenschaftlich anerkannt. Und die Gewalt wird heutzutage oft in Filmen thematisiert, meist jedoch dadurch, dass sie häufig dargestellt oder bagatellisiert wird. Das festigt das Opferbild der Frau und beschreibt eine mögliche Entwicklung dieses Bildes hin zum Gesellschaftsbild. „Leider heißt sich viel mit Dingen zu beschäftigen nicht, dass man sie einfach los wird“, sagt die Psychoanalytikerin. Sie ist auch der Meinung, es habe sich zwar schon einiges getan. Die Öffentlichkeit mische sich eher ein als früher, aber nach rund 5000 Jahren Patriarchat, in denen Männern durchaus erlaubt war ihre Frauen mit Schlägen zurechtzuweisen, dürfe man keine schnelle Veränderung erwarten. Hörbare Gewalt In „Festung“ hingegen ist nicht eine Szene zu finden, in der Gewalt bildlich dargestellt wird, man hört sie nur. „Ich habe mich gefragt wie ich über Angst sprechen kann, ohne sie zu zeigen“, so die Regisseurin. „Ich wollte, dass die Zuschauer sie über eine emotionale Ebene vermittelt bekommen. Das ist uns besonders durch die Musik gelungen. Der Film stellt das gängige Verständnis eines Familienbildes dar: Jede noch so kaputte Familie ist besser, als aus ihr herausgerissen zu werden. Das ist es, was die Kinder denken, deshalb schweigen sie. Corinna Faißt IFFF Dortmund | Köln 2014 4 Burlesque – weit mehr als Striptease Was verbirgt sich hinter der Ausdrucksform Burlesque wirklich? den „British Blondes“, durch ganz Amerika und ist für ihre außergewöhnliche Sinnlichkeit bekannt. Sie zeigte stets sexuelle Over-The-Top-Darbietungen, die aber niemals einen vulgären Charakter hatten. Wer an Burlesque denkt, assoziiert damit meist die rote Mühle des „Moulin Rouge Theaters“ in Paris, glitzernde Brustwarzen-Pasties, Dita von Teese in engen Corsagen, bunte Straußenfeder-Fächer und übergroße Champagnergläser. Doch was sich wirklich hinter der freizügigen Ausdrucksform Burlesque verbirgt, wie sie entstanden ist und welche Unterformen es eigentlich gibt, wissen die wenigsten. Wir möchten diese Lücke füllen – oder wussten Sie was Neo-Burlesque ist? Der Begriff Burlesque stammt vom italienischen Wort „burla“ ab, was soviel bedeutet wie „Schabernack“. Womit wir dann auch schon beim Thema sind: Der Begriff Burlesque stand zunächst für eine frühe Form von Theaterkomödien. Die Theatervorlage des bekannten Fernsehsketchs „Dinner for One“ ist beispielsweise eine Art von Vaudeville, ein enger Verwandter des Burlesque, dem jedoch eine familienfreundlichere Art angehaftet wird. Anfang des 17. Jahrhundert verstand man in Europa unter Burleske ebenfalls eine derbe Bühnenaufführung. Auch erste amerikanische Theater-Unterhaltungsshows, die aus einer rasanten Mischung von diversen Zirkusnummern bestanden, wurden als Vaudeville oder auch Burlesque bezeichnet. Später wurden in diese Ankettung von Einzeldarbietungen erotische Tänze und Stripshows einbezogen, wodurch beide Begriffe im allgemeinen Sprachgebrauch einen anrüchigen Charakter bekamen. In der historischen Popkultur wurde Burlesque zum Symbol des Aufstandes der Arbeiterklasse gegen den vornehmen Adel. Noch heute taucht Marine- und Militärsymbolik in vielen Shows auf und wird regelrecht gefeiert. In den USA wurden BurlesqueShows oftmals als Gastspiel in Travestieshows benutzt. Dort traten Frauen in Hosenanzügen auf und rauchten ungehemmt Zigaretten. In der damaligen Zeit war dies undenkbar und galt als tabu – trotzdem (oder gerade deswegen) aber immer auch als reizvoll. In der (musikalischen) Revue gibt es zwischen diesen unterschiedlichen Beiträgen selten einen gemeinsamen Handlungsstrang, sondern eher ein gemeinsamen Thema, was sich im Burlesque ebenfalls widerspiegelt. Gerade die Mischung aus Musik-, Tanzund Wortbeiträgen macht Burlesque aus. Mitte des 19. Jahrhunderts wurden dann einzelne Tänzerinnen zu gefeierten Stars: Lydia Thompson war 1868 der Star der New Yorker Burlesque-Szene. Sie tourte mit ihrer Schar Mädels, Die heutigen Burlesque-Bühnenshows wurden stark durch die berühmt-berüchtigten Varietétheater in Paris geprägt. Daher auch die „rote Mühle“ als Sinnbild zum Burlesque. Die Performances zitierten oft das US-Vaudeville und griffen Themen aus den Zirkus-Sideshows auf. Somit entstand dann eine eigenständige Gattung der Unterhaltungskunst. Burlesque, wie wir es heute kennen, war geboren. Einen Höhepunkt als alleiniges Genre erlebte die Tanzkunst in den 30er und 40er Jahren. Nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelten sich dann sogar unterschiedliche Formen der Burlesque. In den 50er Jahren wuchs es dicht mit der PinUp-Kultur zusammen. Bekannte Figuren sind dabei beispielsweise Betty Page und Lili St. Cyr. Neo-Burlesque Einige Jahre wurde es dann etwas stiller um Burlesque, doch ganz verschwunden ist es nie. Zu Beginn der 90er Jahre haben einige Theatergruppen aus New York der freizügigen Show neues Leben eingehaucht. Unter dem Namen Neo- oder auch New Burlesque werden die erotischen Aspekte des klassischen Varietés aufgegriffen und mit einer Prise Selbstironie, dafür nicht allzu sexistisch verballhornt. Neo-Burlesque wird nicht mehr nur von Männern gesehen. Immer mehr Frauen, Paare und Menschen anderer Geschlechter mit Orientierungen aller Art sind Fans der „neuen“ Stilrichtung. Neben Striptease und Gesang sind auch Comedyeinlagen, Ausdruckstanz und Schauspiel Teil des neuen Burlesque geworden. Galionsfigur in der breiten Öffentlichkeit ist hierbei natürlich Dita von Teese. Doch es gibt darüber hinaus viele weitere bekannte und weniger bekannte Akteure. Beth B gab mit ihrem Film „Exposed“ genau diesen Underground-Stars eine Stimme. Bunny Love, Dirty Martini oder Bambi the Mermaid leben für die Performance. Sie verbreiten ein Gefühl von Individualität in allen Farben und Formen des Lebens. Ein Mensch ist ein Mensch, auch wenn er nicht der Norm entspricht. Für die Künstler und Künstlerinnen des New Burlesque stellt ihre Show die Wirklichkeit dar – leicht übertrieben und oft karikaturistisch. Viele Showacts bilden sich ihre eigenen Identitäten durch Kostüm, Name und Performance. Alles im Einklang können sie ihr Inneres nach Außen wenden. Das ist New Burlesque. Jan Blatzheim Bunny and Me Nach der Vorstellung von Exposed und dem fulminanten Auftritt der Burlesque-Künstlerin Bunny Love konnte sich kaum jemand zurückhalten. Vom Festivalteam über Kinozuschauer bis zu uns Bloggern: Alle wollten ein Foto mit der extrovertierten und mutigen Burlesque-Tänzerin. Die vollständige Selfie-Galerie gibt‘s auf unserem Festivalblog unter: http://festivalblog.online-redakteure.com/2014/ IFFF Dortmund | Köln 2014 5 Girls‘ Focus: Workshop Animation Im Trickfilmstudio können Mädchen drei Tage lang ihrer Kreativität freien Lauf lassen. Bei jedem Festival hat der Girls‘ Focus einen anderen Schwerpunkt. 2013 war das Thema Tongestaltung, in diesem Jahr führt die Filmemacherin Kerstin Unger in den Animationsfilm ein. Fotos: Julia Reschucha Der Girls’ Focus zählt seit 2006 zum Programm des Internationalen Frauenfilmfestivals. Der Wochenendworkshop dient zur Berufsorientierung in der Filmbranche und richtet sich an alle medieninteressierten Mädchen ab 16 Jahren. „Animate: Fremde – Heimat“ ist das Thema des 9. Workshops, der vom 11. bis 13. April 2014 in Köln stattfindet. Mädchen, die sich für das Filmemachen mit professionellem Anspruch interessieren und etwas Neues ausprobieren wollen, konnten sich im Vorfeld anmelden. Eva-Maria Marx, Organisatorin des Girls’ Focus, erklärt die Bedeutung dieses besonderen Programmpunkts: „Seit der Zusammenlegung der beiden Festivals sollte es ein filmpraktisches Angebot speziell für Mädchen geben, um ihnen in einem reinen Mädchenkreis den Zugang zu allen Filmgewerken zu ermöglichen, vor allem die hinter der Kamera und nicht nur die üblichen schauspielerischen.“ Das Ziel sei es, den weiblichen Nachwuchs zu ermutigen. Von Regie über Kamera bis hin zum Schnitt – der Schwerpunkt ist jedes Jahr ein anderer. In diesem Jahr dreht sich alles um den Animationsfilm. Unter der Leitung von Kerstin Unger geht es ins Trickfilmstudio. Unger ist eine junge, begabte Künstlerin und Filmemacherin, sie zeichnet, animiert und entwickelt Workshops für Kinder und Jugendliche. Ihre Haltung zum Trickfilm beschreibt sie folgendermaßen: „Ein Standbild ist für die Ewigkeit, die Bewegung für den Moment. Die Methode des Animationsfilms gibt der Filmemacherin die Möglichkeit, ganz neue Welten zu erschaffen, Schöpferin zu sein – um dann festzustellen, dass man den agierenden Objekten, Figuren und ihrer Umgebung nur dienen kann. Ihren Charakter besitzen die Akteure bereits, sobald sie ausgewählt werden. Ich habe festgestellt, dass ich als Animatorin zum Werkzeug werde, das dazu da ist, das Wesen der Bewegung in die Welt zu heben. Die Geschichte und die Wahl der Animationstechnik ist unser schöpferischer Akt.“ 15 Mädchen können während des Workshops ein eigenes Projekt entwickeln. Die Teilnehmerinnen bringen dafür ein Objekt ihrer Wahl mit und untersuchen, in welcher Beziehung es zu seiner Umwelt steht. Die Objekte werden ins Leben gerufen, verwandeln sich oder wandern durch neue Welten. Beim Trickfilmemachen arbeiten die Mädchen mit iPads, iStopmotion und iMovie. Die Geräte setzen geringe Einarbeitungszeit voraus und ermöglichen flexibles Arbeiten, auch im Freien. Bei der Ideenentwicklung steht das Thema „Fremde – Heimat“ im Vordergrund, das passend zum diesjährigen Länderschwerpunkt Türkei gewählt wurde. „Für viele Menschen in Deutschland ist Heimat etwas Fremdes geworden, sich zu verorten fällt ihnen schwer. Vielleicht hat jeder Mensch Zeiten, in denen die Heimat gefühlt zur Fremde wird oder man sich in der Fremde erst richtig zu Hause fühlt? Das wollen wir mit den Teilnehmerinnen animierend erforschen.“, begründet Organisatorin Eva-Maria Marx die Wahl des Themas. Der Girls’ Focus macht es den Mädchen möglich, praktische Erfahrungen zu sammeln und sich mit anderen kreativen Mädchen und professionellen Filmemacherinnen auszutauschen. Die Teilnehmerinnen dürfen auch an anderen Programmpunkten des Festivals teilnehmen, so können sie unter anderem Filmvorstellungen und Werkstattgespräche besuchen und die Festivalatmosphäre in Köln hautnah erleben. Der Workshop findet in Kooperation mit der Kunsthochschule für Medien, dem LVR-Zentrum für Medien und Bildung und dem jfc Medienzentrum e.V. statt. Alina Drechsler Gucken mit Gästen Anhand verschiedener Charaktere thematisiert Pelin Esmer in 10 to 11 den Übergang von Tradition zu Moderne in Istanbul. 10 to 11 17.30 Uhr, Filmforum Matei Child Miner von Alexandra Gulea läuft im DebütSpielfilmwettbewerb. Durch die Augen des elfjährigen Matei zeigt die Regisseurin die Welt eines einsamen Jungen in Rumänien. Matei Child Miner 18.00 Uhr, Odeon Für ihren Dokumentarfilm The Forest Is Like The Mountains begleitete Regisseurin Christiane Schmidt ein Jahr lang die Roma Familie Lingurar. Der Film zeigt den täglichen Kampf ums Überleben in der rumänischen Dorfgemeinschaft. The Forest Is Like The Mountains 16.00 Uhr, Odeon IFFF Dortmund | Köln 2014 6 Switch of Generations Deniz Akçay Katıksız was born 1981 in Izmir. In 2006, she went on to attend film-making and editing courses at New York Film Academy. In 2012, she wrote and directed her first feature film: Köksüz (Nobodys Home). While we‘re talking your movie is shown at the IFFF. How many times did you watch it? During the production I saw the movie for 2 months frame by .frame. Then I went to festivals and watched it several times. I think I‘ve seen it thousands of time. So it‘s enough. (laughs) You‘re a director, writer, producer... I‘m not a producer, but I had to produce the film. That‘s because the film was funded by the ministry of cultural affairs. But you liked to be the producer? No, I hated it. I just wanted to be in the artistic part of the film. Do you think it‘s good to have a system like that for aspiring filmmakers? No, it‘s completely demotivating. Basically you have to start and run a company to produce your first film. It‘s tons and tons of paperwork. But I‘m an artist, I don‘t like paperwork besides writing. What did you love the most workin on your movie, maybe you have a specific scene in mind? There is a scene where the mother and daugther talk about an adress over the phone. Both almost have a nervous breakdown. Here I wanted to show that it‘s a very simple situation that normally isn‘t deep at all, but with all the things that happen between the characters I tried to point to a whole nother level and still create a depth. Let‘s jump into your movie. It seems that details are very important to you. For example the „Scarface“-poster in the son‘s room or how you placed the mp3-player in his room. Did you just take something or did you put a lot of thoughts in this? We chose the details in the son‘s room very carefully, so it fits exactly to the character. First while watching your movie I thought there would be no music at all. Finally there is a soundtrack that consists of six songs by the band „123“. Deniz Akçay Katıksız hates it to be a producer. She prefers spending her time in working on every detail of her films. How did you get to know that band? I knew before that I didn‘t want a lot of music, but I wanted it fo fit. „123“ I really liked a lot and as it turned out my director of photography was a close friend of the lead-singer. In the end the band really liked the idea and wanted to put music everywhere, it was hard to stop them. (laughs) In the movie it seems that there is a switch of generation. The mother is a typical housewife and the daughter is working while the husband stays at home. Is this a change you also see in Turkey? Generally in Turkey there are more women that work and more women that graduates from college, too. There is been a big change. The family in my movie has its own dynamic, it‘s like every generation switches a role: The grandmother is an extroverted, open and very activ character. This is a reason why she kept the mother little and she became almost the opposite: very passive and introverted. Her daughter is again active and extroverted like the grandmother. Interview: Tobias Wilinski Noch mehr Antworten von Deniz Akçay Katıksız lesen Sie im Festival-Blog. Raten Sie doch mal! Wir haben heute wieder ein äußerst spannendes Bild-Rätsel auf für euch. Auch heute gilt wieder: Wer erkennt, welcher Filmtitel auf diesem Bild dargestellt ist, kann zwei Freikarten für einen Festival-Film nach Wahl gewinnen. Bitte Lösung an presse@ frauenfilmfestival.eu schicken oder an der Infotheke im Al- ten Pfandhaus abgeben. Des Rätsels Lösung findet ihr in der morgigen Ausgabe der FestivalNews. Viel Erfolg beim Rätseln wünschen euch Sandra Lutz, Tobias Wilinski, Jan Philip Linkersdörfer und Lena Plönnes. In unserer letzten Ausgabe suchten wir übrigens den Filmtitel: “The Magnetic Tree”. Um welchen Film könntes es sich handeln?