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Mandantenbrief
Human Resource Services
Mai 2010
Übernahmen von
Steuerberatungskosten
als Arbeitslohn bei
Vorliegen einer
Nettolohnvereinbarung
In seinem Urteil vom 21. Januar 2010 (VI R 2/08), veröffentlicht Ende März 2010
(BFH/NV 2010, 998), hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass die
Übernahme von Steuerberatungskosten für die Erstellung von
Einkommensteuererklärungen für Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber bei
Vorliegen einer Nettolohnvereinbarung zu Arbeitslohn führt.
Sachverhalt
In dem entschiedenen Fall ging es um Steuerberatungskosten für Mitarbeiter,
die von einer japanischen Muttergesellschaft ins Inland entsandt und bei der
inländischen Tochtergesellschaft beschäftigt wurden. Zwischen den entsandten
Mitarbeitern und der inländischen Tochtergesellschaft bestanden Nettolohnvereinbarungen, wonach der inländische Arbeitgeber Steuern und
Sozialversicherungsbeiträge trägt. Die Mitarbeiter traten dem Arbeitgeber
unwiderruflich alle Erstattungen von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen
ab. Die Kosten für die Erstellung der Einkommensteuererklärungen 2001
wurden von dem inländischen Arbeitgeber getragen.
Im Rahmen einer im Jahr 2004 durchgeführten Lohnsteueraußenprüfung für das
Jahr 2003 vertrat der Lohnsteueraußenprüfer die Auffassung, dass es sich bei
den Kosten für die Erstellung der Einkommensteuerklärungen 2001 um
steuerpflichtigen Arbeitslohn handele. Das Finanzamt erließ einen
entsprechenden Lohnsteuerhaftungsbescheid. Einspruch, Klage und Revision
hatten keinen Erfolg.
Streitig war, ob die Übernahme der Steuerberatungskosten im ganz
überwiegenden Interesse des Arbeitgebers erfolgt war und der dadurch
gewährte Vorteil keinen Arbeitslohn darstelle oder ob die Übernahme der
Steuerberatungskosten auch im Interesse der Arbeitnehmer erfolgte und damit
als Arbeitslohn zu qualifizieren ist.
Begründung
Der BFH entschied, dass die Übernahme der Steuerberatungskosten zu
steuerpflichtigem Arbeitslohn führt. Der aus der Übernahme der
Steuerberatungskosten resultierende Vorteil werde nicht im "ganz
überwiegenden" eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers, sondern
vielmehr auch im Interesse des Arbeitnehmers gewährt.
Ein Vorteil werde nur dann aus ganz überwiegenden eigenbetrieblichen
Interessen gewährt, wenn im Rahmen einer Gesamtwürdigung aus den
Begleitumständen zu schließen ist, dass der jeweils verfolgte betriebliche Zweck
im Vordergrund stehe.
Das Finanzgericht (FG) hat es im Rahmen dieser vorzunehmenden
Gesamtwürdigung für maßgeblich erachtet, dass die Nettolohnvereinbarung im
(überwiegenden) Interesse des ausländischen Arbeitnehmers abgeschlossen
wurde und dabei unberücksichtigt gelassen, dass eine Steuererstattung
wirtschaftlich beim Arbeitgeber verbleibt. Dieses Ergebnis ist nach Ansicht des
BFH revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Nach Meinung des BFH spreche
für die Auffassung des FG, dass die Nettolohnvereinbarung für den Arbeitgeber
unzweckmäßig ist, da der Arbeitnehmer die Lohnkostenbelastung von in seiner
Sphäre liegenden individuellen Umständen beeinflussen kann und sich
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Beitragserhöhungen zu Lasten des Arbeitgebers auswirken. Zudem erhalte der
ausländische Arbeitnehmer im Falle der Nettolohnvereinbarung eine
handhabbare Entscheidungs- und Vergleichsgröße, die es ihm ermöglicht, den
wirtschaftlichen Nutzen des Auslandsaufenthalts zu bewerten. Auch müsse sich
der Arbeitnehmer bei Vorliegen einer Nettolohnvereinbarung nicht mit steuerund sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften einer ausländischen
Rechtsordnung beschäftigen. Im Ergebnis treten nach Auffassung des BFH die
eigenbetrieblichen Interessen des Arbeitgebers an der Übernahme der
Steuerberatungskosten gegenüber dem offenkundigen Interesse der
ausländischen Arbeitnehmer jedenfalls nicht evident hervor.
Handlungsempfehlung/Konsequenzen aus dem Urteil
Die Entscheidung des BFH bestätigt die Auffassung der Finanzverwaltung, dass
die Übernahme der Steuerberatungskosten im Rahmen einer
Nettolohnvereinbarung zu Arbeitslohn führt.
Steuerberatungskosten als Arbeitslohn dem Grunde nach
Das Urteil des BFH hatte allein "klassische" Steuerberatungskosten zum
Gegenstand, die also unmittelbar mit der Erstellung der
Einkommensteuererklärung in Verbindung stehen. Nicht entschieden hat der
BFH über sonstige, nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit der
Einkommensteuererklärung stehende Kosten. Bei diesen Kosten bedarf es einer
gesonderten Einzelfallprüfung, ob sie im überwiegenden Interesse des
Arbeitgebers liegen. Dies können z.B. Beratungen des Arbeitgebers im
Zusammenhang mit lohnsteuerlichen Fragen einer Entsendung oder auch
Unterstützung des Arbeitgebers bei der Kalkulation der Entsendungskosten
sein. Gleiches gilt, sofern ein "Paketpreis" vereinbart wurde, der Arbeitgeber
also neben Leistungen für die Erstellung der Steuererklärungen noch weitere
Leistungen einkauft, die nicht in unmittelbaren Zusammenhang mit der
Erstellung der Einkommensteuererklärung stehen. Liegt demnach nur teilweise
Arbeitslohn vor, muss ein sachgerechter Aufteilungsmaßstab ermittelt werden.
Aufgrund der vorliegenden Entscheidung empfehlen wir den
Aufteilungsmaßstab gegenüber dem Finanzamt im Rahmen einer sog.
Anrufungsauskunft offen zu legen, sofern nicht sämtliche
Steuerberatungskosten als Arbeitslohn dem Lohnsteuerabzug unterworfen
werden oder Paketpreise in steuerfreie und steuerpflichtige
Vergütungsbestandteile aufgeteilt werden sollen. Gute Argumente dafür, dass
kein Arbeitslohn vorliegt, können sich unseres Erachtens beispielsweise auch
für Kosten eines Gesprächs zu Beginn einer Entsendung ergeben, bei der der
entsandte Arbeitnehmer im Interesse der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers über
die im Gastland bestehenden steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen
Regelungen informiert wird.
Steuerberatungskosten als Arbeitslohn der Höhe nach
Bei den vom Arbeitgeber übernommenen Steuerberatungskosten handelt es
sich um einen Sachbezug, der grundsätzlich mit den um übliche Preisnachlässe
geminderten üblichen Marktpreisen am Abgabeort zu bewerten ist. Dabei ist es
von dem FG und dem BFH nicht beanstandet worden, dass die tatsächlichen
Kosten des Arbeitgebers (brutto einschließlich Umsatzsteuer) zur Bewertung
des Sachbezugs herangezogen wurden.
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Lohnsteuereinbehaltungspflicht des inländischen Arbeitgebers
Sofern ein inländischer Arbeitgeber zum Lohnsteuereinbehalt verpflichtet ist, ist
dieser vom Bruttovorteil einschließlich Umsatzsteuer vorzunehmen. Wird die
Lohnsteuer auf die Steuerberatungskosten durch den Arbeitgeber übernommen,
hat eine entsprechende Hochrechnung des Vorteils zu erfolgen.
Wurden die Steuerberatungskosten bisher nicht dem Lohnsteuerabzug
unterworfen, empfehlen wir, dies den Finanzbehörden im Wege einer Anzeige
über zu geringen Lohnsteuereinbehalt umgehend mitzuteilen.
Soweit der Arbeitgeber für Sachzuwendungen an seine Arbeitnehmer die
Pauschalregelung des § 37b EStG anwendet, kann in Ausnahmefällen die
Zulässigkeit der Einbeziehung der übernommenen Steuerberatungsleistungen
in diesen Regelungskreis in Betracht kommen.
Nach unserer Auffassung steht die Übernahme der inländischen und
ausländischen Steuerberatungskosten im Zusammenhang mit der Entsendung.
Die Beurteilung, ob steuerpflichtiger Arbeitslohn vorliegt, ist daher sowohl für die
inländischen als auch für die ausländischen Steuerberatungskosten einheitlich
vorzunehmen. Liegt demzufolge eine Entsendung in das Inland mit deutscher
(Lohn-)steuerpflicht vor, ist davon auszugehen, dass sowohl die inländischen
als auch die ausländischen Steuerberatungskosten im Inland steuerpflichtig sind
und der Lohnsteuer unterliegen.
Die Entscheidung des BFH führt auch dazu, dass der aus der Übernahme der
Steuerberatungskosten resultierende geldwerte Vorteil als
sozialversicherungspflichtiges Arbeitsentgelt einzustufen ist und daher
möglicherweise zu einer Belastung mit zusätzlichen
Sozialversicherungsbeiträgen führen kann.
Schließlich ist arbeitgeberseitig zu beachten, dass die Übernahme der
Steuerberatungskosten aufgrund der Zuwendung eines Vorteils an den
Arbeitnehmer auch Umsatzsteuer auslöst.
Steuerberatungskosten als Werbungskosten
Mit einem weiteren Urteil vom 04.02.2010 (X R 10/08), veröffentlicht Anfang April
2010, hat der BFH grundsätzlich bestätigt, dass die ab dem Jahr 2006 geltende
gesetzliche Regelung, wonach Steuerberatungskosten keine Sonderausgaben
darstellen, sondern nur noch insoweit abziehbar sind, als sie mit einzelnen
Einkunftsarten in Zusammenhang stehen, nicht gegen das Grundgesetz
verstößt.
Demnach mindern Steuerberatungskosten, die nicht mit der Erzielung von
Einkünften in direktem Zusammenhang stehen (z.B. für den Mantelbogen der
Erklärung) weder die Einkünfte noch das Einkommen.1
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In dem Koalitionsvertrag von CDU/CSU und FDP ist allerdings vorgesehen,
das Einkommensteuergesetz zu ändern und den Abzug der
Steuerberatungskosten als Sonderausgaben wieder zuzulassen, soweit diese
nicht bereits als Werbungskosten oder Betriebsausgaben berücksichtigt
werden können. Nach Auskunft des Bundesfinanzministeriums ist eine
entsprechende Änderung des Einkommensteuergesetzes geplant, wobei diese
voraussichtlich nicht bereits mit dem Jahressteuergesetz 2010 erfolgen wird.
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Im Falle der Übernahme der Steuerberatungskosten für auf Nettolohnbasis
entsandte Arbeitnehmer im Gastland kann nach Literaturauffassung eines
Richters am BFH allerdings davon ausgegangen werden, dass die
Steuerberatungskosten regelmäßig in vollem Umfang insoweit als
Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu
qualifizieren sind und diese die Einnahmen des Arbeitnehmers demzufolge
mindern, sofern sie auch als steuerpflichtige geldwerte Vorteile qualifiziert
werden (so: Geserich in: NWB, Eilnachrichten, S. 952, NWB 13/2010). Der
Arbeitnehmer ist nämlich aufgrund der Nettolohnvereinbarung zur Erstellung
einer Einkommensteuererklärung verpflichtet. Daneben dient die
Steuererklärung der Ermittlung der Höhe des zurückzuzahlenden Arbeitslohns
(so auch: Geserich, a.a.O.). Daher sind die Steuerberatungskosten in vollem
Umfang - und nicht nur soweit sie auf die Anlage N entfallen- als
Werbungkosten zu berücksichtigen. Zur Vermeidung einer Belastung mit
Lohnsteuer durch die Hochrechnung der Steuerberatungskosten auf einen
Bruttobetrag kann die Eintragung eines Freibetrags auf der Lohnsteuerkarte in
Höhe der voraussichtlichen Steuerberatungskosten in Betracht kommen.
Fazit
Aus der Entscheidung des BFH ergibt sich dann dringender Handlungsbedarf,
wenn die Steuerberatungskosten bisher nicht dem Lohnsteuerabzug
unterworfen wurden. Zur Vermeidung von Rechtsnachteilen empfehlen wir,
einen unterlassenen Lohnsteuereinbehalt für die als Arbeitslohn zu
qualifizierenden Vergütungsbestandteile gegenüber dem Finanzamt anzuzeigen
und die Lohnsteuer nachzuentrichten. Daneben sollte für zukünftige
Veranlagungszeiträume die Eintragung eines Freibetrages auf der
Lohnsteuerkarte in Erwägung gezogen werden.
Bei Rückfragen steht Ihnen Ihr lokaler PwC Ansprechpartner gerne zur
Verfügung.
© Mai 2010
PricewaterhouseCoopers bezeichnet die PricewaterhouseCoopers AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und die anderen selbstständigen und rechtlich
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