9783941216129_Vorwort

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9783941216129_Vorwort
Vorwort
„No book or film of the postwar era promoted the U-Boat’s image
more successfully than Lothar-Günther Buchheim’s literary memoir
Das Boot (1973)”1. Dieser Einschätzung des Germanisten Michael
Hadley schließt sich der Germanist Hans Wagener an: „Der spektakulärste internationale Erfolg eines deutschen Kriegsromans über
den Zweiten Weltkrieg war zweifellos Lothar-Günther Buchheims
U-Boot-Roman Das Boot (1973) [...].“2
Dem Erfolg von Buchheims Debüt-Roman entsprach durchaus
die Startauflage von 150.000 Exemplaren des Nachfolgers „Die
Festung“.3 Buchheim steht also — zumindest was den Auflagenerfolg betrifft — bezüglich der seriösen fiktionalen Literatur über
den Zweiten Weltkrieg unter den deutschen Autoren einzigartig
da. Dennoch kam mein Kontakt zu seiner Literatur, wie bei so vielen, zunächst indirekt zustande, nämlich über die Ausstrahlung
der Fernsehfassung von Wolfgang Petersens Verfilmung von „Das
Boot“. Jahre später fiel mir durch puren Zufall endlich ein Exemplar von Buchheims Roman in die Hände. Ich war beeindruckt, auch
durchaus fasziniert, aber noch nicht begeistert. Mein Interesse an
Buchheim war allerdings geweckt, und als im Jahre 1995 „Die Festung“ erschien, dämmerte mir mehr und mehr, dass ich es hier mit
Literatur zu tun hatte, für die das Adjektiv „außergewöhnlich“ ganz
sicher nicht zu hoch gegriffen ist.
Der Beginn der Vorarbeiten zu diesem Buch ergab dann eine
faustdicke Überraschung: Eine erste Recherche nach wissenschaftlicher Literatur zu Buchheims Romanen führte zu einer hundertprozentigen Fehlanzeige. Niemand hatte sich bisher mit dem Schriftsteller Buchheim beschäftigt, mit einer einzigen Ausnahme: Aus
dem Jahre 1975 stammt „Von der Wirklichkeit des Krieges“ von
Michael Salewski. Ein erster Versuch, sich Buchheim analytisch zu
nähern, der nach wie vor gültig ist und dem ich viel verdanke, wel1
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Hadley 1995, S. 140
In: Wagener 1997, S. 325.
In: Wagener 1997, S. 326.
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cher aber die Arbeit eines Historikers ist, nicht diejenige eines Literaturwissenschaftlers.
Im Verlaufe der weiteren Arbeit stieß ich dann auf Michael
Hadley‘s „Count Not the Dead“ (1995), worin ein Überblick über
die deutsche U-Boot-Belletristik geboten wird. Ein längeres Kapitel beschäftigt sich mit Buchheim, allerdings nur bezüglich „Das
Boot“ („Die Festung“ erschien erst im selben Jahr). Außerdem konzentriert sich Hadley viel zu sehr auf Rezeptionsgeschichte, als dass
seine Arbeit zu einer Analyse Buchheims Wesentliches hätte beitragen können.
Im Jahre 1997 erschien dann in der Reihe „Amsterdamer Beiträge
zur neueren Germanistik Bd. 42“ ein Beitrag von Hans Wagener,
der schon deutlich weiter ging und nunmehr auch beide Romane
Buchheims zum Gegenstand hatte. Allerdings muss eine gewisse
Oberflächlichkeit Wageners konstatiert werden, die dann zwangsläufig zu Irrtümern führt, wie dieses Beispiel zeigt: „Neben der
Simone-Handlung ist das zweite Motiv für die Reisen des Romanhelden [...] seine Zeugenschaft, sein Bemühen, möglichst viel zu
sehen, zu erfahren [...] Solche immer neuen Beteuerungen sind im
Grunde nichts anderes als die fadenscheinige Simone-Handlung:
War jene ein mageres Handlungssubstitut, so ist die oft wiederholte
Versicherung der notwendigen Zeugenschaft eine Begründung für
die Detaileinsichtnahme [...] und letztlich für die [...] Beschreibung
des deutschen Zusammenbruchs; eine Begründung und Rechtfertigung des Erzählens.“4
Wie wenig fadenscheinig, sondern zentral für Buchheims erzählerische Absicht dieses Handlungsmotiv ist, wird sich im Folgenden
zeigen.
In jedem Fall aber ist seit Mitte der neunziger Jahre ein allmählich
aufkommendes Interesse der Germanistik an Buchheim zu erkennen, so dass die Zeit der völligen Nichtbeachtung offensichtlich
vorüber ist. Es erscheint nunmehr angebracht, mit der vorliegenden
Arbeit auf einer breiteren Grundlage den Versuch einer ersten echten Analyse von Buchheims schriftstellerischer Arbeit anzubieten,
auf der eine zukünftige Forschung aufbauen kann. Dabei liegt der
Schwerpunkt der Betrachtung auf „Das Boot“ und „Die Festung“,
da — soviel kann an dieser Stelle bereits festgestellt werden — diese
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Ebenda, S. 342f.
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beiden ersten Romane von Buchheims Trilogie seine Literatur konstituieren, während „Der Abschied“ eher den Charakter eines Epilogs hat.
Die vorliegende Arbeit wurde ursprünglich als Dissertation verfasst und im Jahre 2000 an der Humboldt-Universität zu Berlin
eingereicht und dort angenommen. Für die Buchfassung wurden
einige sprachliche Veränderungen vorgenommen sowie Buchheims
dritter Roman „Der Abschied“ (2000) einbezogen.
Mein herzlicher Dank für die Hilfe, ohne die eine solche Arbeit
nicht zustande kommen könnte, geht an: Horst Bredow vom
U-Boot-Archiv Cuxhaven; Wolfgang Brune für Hilfe bei der Endfertigung des Manuskripts; Prof. Dr. Gert König, Ruhr-Universität Bochum, für wichtige Anregungen; die Mitarbeiter der Stadtbücherei Hattingen; cand. phil. HG z. S. d. R. Michael Probst für
Anregungen, kritische Durchsicht und Hilfe bei der Endfertigung
des Manuskripts; Oberst d. R. Prof. Dr. Volker Schmidtchen, RuhrUniversität Bochum, für wertvolle Tipps und Literaturhinweise; Dr.
Clelia Segieth, Buchheim-Stiftung, die als Ansprechpartner immer
zur Verfügung stand; Egon Wittwar und Rudolf Wittwar (†), ohne
deren Hinweise ich kaum einen Zugang zu Buchheims Malerei
gefunden hätte.
Ganz besonders danke ich Prof. Dr. Friedrich A. Kittler, Humboldt-Universität zu Berlin, der diese Arbeit betreute und bereit
war, sich auf dieses Thema einzulassen.
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