Festpredigt Goldene Konfirmation

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Festpredigt Goldene Konfirmation
Festpredigt Goldene-, Diamantene-, Eiserne Konfirmation und
Gnadenkonfirmation. Eppelheim, 3. April 2011
„Der Herr hat Gefallen an denen, die ihn fürchten,
die auf seine Güte hoffen!“ Psalm 147, 11
Liebe Festgemeinde,
liebe Jubilare und Verwandte,
liebe Klassenkameradinnen und Klassenkameraden!
Was kommt da heute alles zusammen! Siebzig Jahre Geschichte spiegelt sich in
unseren Lebensläufen seit der Konfirmation, an sieben Jahrzehnten haben wir
mitgeschrieben, wenn man vom Konfirmationsjahr unserer ältesten Jubilare
ausgeht - wenn man das Lebensalter als Ganzes nimmt, dann noch um einiges
länger. Oder wenn ich es noch etwas anschaulicher sagen darf: Wir haben
miteinander und mit den Fäden unseres Lebens einen Teppich geflochten,
keinen einfarbigen, monoton aussehenden Teppich, sondern einen bunten und
vielfältigen. Schauen wir einfach mal zurück auf die Konfirmationsjahre:
1941: Der Krieg im dritten Jahr – die Zeit der Siege neigt sich dem Ende zu. Die
Todesnachrichten häufen sich. Die Wahrheit des Wortes wird immer spürbarer:
Wer Wind sät, wird Sturm ernten.
1946: Deutschland am Boden. Die großen Städte, Mannheim in der
Nachbarschaft weitgehend zerstört, Millionen Flüchtlinge und Vertriebene
suchen eine neue Heimat.
1951: Noch sind nicht alle Kriegsgefangenen zu Hause, aber der Wiederaufbau
ist in vollem Gange. Deutschland – Wirtschaftswunderland, aber immer noch
viel Elend, Städtetrümmer, persönliche Trümmer.
1961: Man kann wieder leben, man kann sich wieder was gönnen: Auto, Ferien.
Nicht zu vergessen: Deutschland war einige Jahre vorher Weltmeister
geworden! Die Nachkriegsordnung hat sich etabliert. Doch wie labil sie ist, zeigt
sich in Berlin. Die Mauer wird gebaut.
1961, das war mein Konfirmationsjahr. Ich will jetzt, liebe Jubilare, ganz
persönlich sprechen, hoffe aber dabei, dass Sie alle, dass Ihr alle merkt:
So oder so ähnlich war es auch bei uns! Oder aber auch: Das habe ich anders
erlebt!
Wir waren ein großer Jahrgang, denn Eppelheim war enorm gewachsen.
Und wir waren nicht sonderlich brav. Als Gemeindepfarrer habe ich 23
Konfirmandenjahrgänge gehabt. Da waren manche dabei, die nicht so einfach
waren. Nicht selten musste ich an uns damals denken. Das hat gewirkt, das hat
mich dann mild und versöhnlich gestimmt.
Den Konfirmandenspruch durften wir im Gegensatz zu der heute geübten Praxis
damals nicht selber aussuchen. Pfarrer Ohngemach hat ihn uns gegeben.
Bei den Pfarrern der vierziger und fünfziger Jahre, Pfarrer Kölle und Pfarrer
Hees, wird es ganz ähnlich gewesen sein.
Eine ganze Reihe von uns hat richtig schöne Worte bekommen. Worte, die ich
auch gerne gehabt hätte. Doch es war anders. Ich bekam einen Spruch, der mir
zunächst recht fremd war. Wir haben Jahre gebraucht, der Spruch und ich, um
uns aneinander zu gewöhnen. Und wir haben es geschafft. Es ist ein Wort aus
dem 147. Psalm:
„Der Herr hat Gefallen an denen, die ihn fürchten, die auf seine Güte
hoffen!“
Der Herr hat Gefallen an denen, die ihn fürchten!
Das vor allem war das Problem für mich damals: Gott fürchten? Soll ich
wirklich Gott fürchten müssen? Geht es nicht vielmehr darum Gott zu lieben?
Im Katechismus, aus dem wir damals viel zu lernen hatten – ich habe hier ein
Exemplar mitgebracht- wird beides miteinander verbunden. Da heißt es bei der
Auslegung der Gebote unter Rückgriff auf Martin Luther: Du sollst Gott
fürchten und lieben! Beides zusammen, beides eng miteinander verbunden.
Das bedeutet: Es kann nicht darum gehen, Gott so zu fürchten, dass man vor ihm
Angst hat. Gott will uns als seine Kinder, als seine Töchter und Söhne, als Erben
seiner guten Gaben, aber nicht als Knechte haben!
Wir haben keinen Gott, der es gern hat, wenn wir so richtig unten sind.
Es kann andererseits aber auch nicht darum gehen, Gott so zu lieben, dass wir
abheben und die Wirklichkeit nicht mehr wahrnehmen – und die ist schon so,
dass man manchmal an Gottes Liebe und Erbarmen zweifeln kann, dass man zu
schwer zu kauen hat an dem, was das Leben so mit sich bringt. Nein beides!
Fürchten und lieben / Furcht und Liebe. Wenn man es zusammennimmt, dann
wird daraus die Ehrfurcht, die Ehrfurcht vor Gott!
Ehrfurcht vor Gott – das mag zunächst einmal alt und verstaubt klingen. Aber
genau das ist es nicht. Ehrfurcht vor Gott, das ist auch und gerade heute
hochaktuell und sehr konkret. Denn wer Ehrfrucht vor Gott empfindet, der wird
spüren und wissen: Es sind uns Menschen Grenzen gesetzt, Grenzen, die wir
nicht mutwillig überschreiten sollten. Und da, wo wir sie überschreiten, laufen
wir Gefahr, dass das Erforschte, das Errungene auf uns wieder zurückfällt, so,
dass es unser Leben bedroht. Die aktuellen Ereignisse führen uns das
nachdrücklich vor Augen!
Ehrfurcht vor Gott, damit Leben erhalten bleibt, Ehrfurcht vor Gott, damit
Leben lebenswert ist und bleibt. Ehrfurcht vor Gott, Ehrfurcht vor dem Leben –
es sind zwei Seiten ein und derselben Medaille!
Der Herr hat gefallen an denen, die ihn fürchten,
die auf seine Güte hoffen!
Wo Leben ist, da ist auch Hoffnung. Und wo Hoffnung ist, da ist auch Leben!
So wie unser Leib Nahrung braucht, so wie es wichtig ist, dass wir genug zu
essen und zu trinken haben, so braucht auch die Seele Nahrung. Wie viel innere
und auch nach außen wirkende Störung und Zerstörung gibt es doch, wenn die
Seele keine oder die falsche Nahrung bekommt.
Die Hoffnung ist das Brot der Seele.
Viele Hoffnungen, kleinere und größere sind es, die uns im Leben Flügel
verleihen. Die uns weiterhelfen, die uns eine Krankheit überwinden helfen, die
uns wieder froh sein lassen, wenn wir traurig sind. Aber wie oft gehen
Hoffnungen auch nicht in Erfüllung, wie oft erweisen sie sich als trügerisch und
vordergründig, wie oft halten sie nicht, was sie versprechen.
Deshalb ist es wichtig, dass wir unser Leben nicht auf diese irdischen,
begrenzten Hoffnungen bauen, so hilfreich sie im Einzelnen oft auch sein
mögen.
Deshalb ist es wichtig, dass wir unser Leben auf die eine Hoffnung bauen,
die Hoffnung, die uns trägt und hält, im Leben und im Sterben,
die Hoffnung, die uns zuwächst, wenn wir auf Gott vertrauen, darauf vertrauen,
dass er in allem und trotz allem es gut meint mit uns. Das ist dann auch das
dritte Wort aus unserem Katechismus. Wie sollen wir uns gegenüber Gott
verhalten? Wir sollen Gott fürchten, Gott lieben und Gott vertrauen!
Der Herr hat gefallen an denen die ihn fürchten,
die auf seine Güte hoffen!
Worauf gilt es zu hoffen? Was ist das Ziel und damit auch der Grund der
Hoffnung? Es ist Gottes Güte. Nicht immer spüren und erfahren wir sie in
unserem Leben, Manchmal geht es uns so, dass wir uns fragen: Wie steht es
denn mit Gottes Güte in meinem Leben? Oder noch radikaler: Gibt es denn
diesen Gott überhaupt, der die Güte als sein Wesensmerkmal hat?
Doch mit Gott ist es wie mit der Sonne.
Oft genug verbirgt sie sich hinter dicken Wolken, hinter bedrohlichen Wolken,
die sich manchmal heftig entladen. Aber trotzdem, die Sonne ist da und sie
bleibt da. Auch im Verborgenen und aus dem Verborgenen heraus spendet sie
Leben.
So steht es auch mit Gott selber. Oft verbirgt er sich, oft macht er es uns schwer,
Oft müssen wir ihn richtig suchen, aber er ist da und er bleibt da, nicht weil er
erhaben und ungerührt über allem schwebt, sondern weil er für uns Menschen da
sein will, weil er uns Menschen liebt. In Jesus Christus hat er uns sein wahres
Gesicht und mit diesem wahren Gesicht gleich auch sein Herz gezeigt.
Gnadenkonfirmation, Eiserne-, Diamantene-, Goldene Konfirmation:
Heute haben wir eine wichtige Station auf unserem Lebensweg erreicht.
Dankbar schauen wir zurück, dankbar den Menschen, die mit uns unterwegs
sind oder unterwegs waren – manch einer/manch eine ist uns ja schon den Weg
in die Ewigkeit vorangegangen – dankbar vor allem aber Gott, der uns in seiner
Güte bis hierher geleitet und begleitet hat.
Doch der Blick zurück ist nur das eine. Dieser Tag lässt uns auch nach vorne
blicken, in die Zukunft. Was mag sie uns bringen, was mag sie jedem
einzelnen, jeder einzelnen von uns bringen? Manches ist ja vorgezeichnet, aber
nur bruchstückhaft, nicht vollkommen. Die Zukunft als Ganzes, das bleibt uns
verborgen, und das ist auch gut so, wie unruhig wären wir sonst. Wie sehr
würden wir versuchen alles so zu regeln, wie es uns von Vorteil sein könnte.
Die Zukunft bleibt uns verborgen, verborgen in Gottes Hand und zugleich
geborgen, geborgen in der Hand dessen, der es gut mit uns meint, der die Güte
selber ist. Das lässt uns getrost sein, und getrost in die Zukunft schauen und in
die Zukunft gehen.
Früher war er oft gelesen, wurden seine Gedichte auswendig gelernt, Eduard
Mörike. Mit einem Gedichtvers von ihm möchte ich meine Predigt beschließen.
Es sind Worte, aus denen dieser Dreitakt spricht, von dem wir gehört haben,
dieses „Gott fürchten, lieben und vertrauen!“
Du Vater, Du rate!
Lenke Du und wende!
Herr, Dir in die Hände
Sei Anfang und Ende
Sei alles gelegt
Amen.
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Diese Predigt hielt Prälat Hans Pfisterer am 3. April 2011 anlässlich der
Jubelkonfirmation in der Pauluskirche Eppelheim

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