Krankenhausreinigung

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Krankenhausreinigung
aseptica
Das Fachmagazin für Krankenhaus- und Praxishygiene
18. Jahrgang 2012 | Heft 2 www.aseptica.com
Krankenhausreinigung
Desinfektionsmaßnahmen – Aufbereitung von Reinigungstextilien – Zimmerdesinfektion
2             aseptica 18. Jahrgang 2012 | Heft 2 | Editorial
Editorial
Meldung
Liebe Leserinnen und Leser,
bei der maschinellen Aufbereitung von Medizinprodukten spielen neben der
richtigen Prozess-Chemie korrekte Temperatur- und Druckverhältnisse eine
wichtige Rolle. Maßgeblich zur Prozessentwicklung und -überwachung beigetragen haben dazu Entwicklungen wie Temperatur- und Drucklogger. Der
bekannteste unter Ihnen feiert in diesem Jahr seinen zwanzigsten Geburtstag.
Grund genug für uns die Geschichte des »ebro« neu zu erzählen.
Sauberkeit und einwandfreie Hygiene im Krankenhaus sollten eigentlich eine
Selbstverständlichkeit sein. Steigende Raten an nosokomialen Infektionen
und die Hygiene-Skandale der letzten Jahre zeigen weiterhin einen dringenden
Handlungsbedarf und großes Verbesserungspotential. Hardy-Thorsten Panknin stellt in seinem Artikel über infektiöse Durchfälle auf Intensivstationen die
wichtigsten bakteriellen und viralen Erreger, wie Clostridium difficile, Noroviren, EHEC und Co. vor und gibt Handlungsempfehlungen, wie in Zukunft
Ausbrüche verhindert werden können. Wichtige Punkte sind dabei die richtige
Schutzkleidung, Händehygiene und Flächenreinigung.
Passend dazu lesen Sie in den Artikeln über die »Anforderungen an die moderne Krankenhaus- und Altenheimpflege« und die »Hygienische Aufbereitung
von Reinigungstextilien und -utensilien zur Oberflächendesinfektion«, wie und
mit welchen Hilfsmitteln eine hygienisch einwandfreie Reinigung/Desinfektion
im Krankenhaus- und Altenheimbereich durchgeführt werden sollte.
Nur gründliches Garen von Schweinefleisch
schützt vor dem Hepatitis-E-Virus
Schweinefleisch sollte zur Inaktivierung des Hepatitis-E-Virus über 20 Minuten auf wenigstens 71 °C
erhitzt werden. Diese Empfehlung geben französische Wissenschaftler des »Laboratoire de Santé
Animale« in Maisons-Alfort in der Fachzeitschrift
»Applied and Environmental Microbiology«.
Das Hepatitis-E-Virus wird im In- und Ausland immer häufiger in Schweinebeständen gefunden. Eine
aktuelle Studie der Tierärztlichen Hochschule Hannover zeigt, das gut drei Viertel der untersuchten
Schweinebestände (78,1 %) bereits Kontakt zum Virus gehabt haben.
Hepatitis E ist eine selbstlimitierende Leberentzündung beim Menschen, die durch Viren verursacht
wird. Eine fulminante Hepatitis tritt selten auf, allerdings kann die Letalität bei Schwangeren bis zu 25 %
betragen. Die Zahl der in Deutschland gemeldeten
Fälle bei Menschen steigt. (…)
Eingereicht von Ludwig Fesenmeier, Weßling
Ich wünsche Ihnen beim Lesen viele neue Erkenntnisse
Ihr
Dr. Andreas Otte
Inhalt
Schwerpunkt
S. 3
Klinik und Hygiene
S. 12
Anforderungen an die moderne Krankenhaus- und Altenheimreinigung
S. 3
Infektiöse Durchfälle auf der Intensiv-
S. 12
station: Wie werden Ausbrüche verhindert?
Schlussdesinfektion – Wie können wir dieses Ziel besser erreichen?
S. 5
Technik und Hygiene
Hygienische Aufbereitung von Reinigungs-
textilien und -utensilien zur Oberflächendesinfektion
S. 8
Die Geschichte des »ebro-Thermologgers« – S. 16
vom Nobody zum Marktführer
Infektiologie
Alles multiresistent, oder was?
Diverses/Impressum
S. 10
S. 10
S. 16
S. 22
Meldung: Mechanische H2O2-Freisetzung
S. 23
16. Würzburger Infektiologie- und
Hygienekongress
S. 23
aseptica 18. Jahrgang 2012 | Heft 2 | Schwerpunkt             3
Anforderungen an die moderne Krankenhausund Altenheimreinigung
A. Otte
Sowohl Krankenhäuser als auch Altenheime
stehen untereinander im harten Verdrängungswettbewerb. Aus den Patienten von einst sind
zahlende Kunden geworden, die sich frei für das
»Haus ihrer Wahl« entscheiden können. Die optische Sauberkeit des Hauses stellt ein Hauptauswahlkriterium für die Entscheidung dar.
Tariferhöhungen, Gesetzesänderungen, notwendige
Modernisierungsmaßnahmen und Investitionen in
neue Heilverfahren und Techniken führten in den
letzten Jahren bei Krankenhäusern und Altenheimen
zu extremen Kostensteigerungen.
Um diesen Kostensteigerungen unter dem Aspekt
stagnierender Einnahmen zu begegnen, wurden im
Verlauf der letzten Jahre umfangreiche Sparmaßnahmen wie Personalabbau, Zentralisierung von Diensten (Klinikverbände, Einkaufsverbände), Spezialisierung, Reduktion der Verweildauer, Outsourcing von
Unternehmensbereichen und Prozessoptimierung in
allen Bereichen eingeleitet.
Auch bei der hygienischen Reinigung führten diese
Kosteneinsparungen nach und nach zu deutlichen
Zeit- und Leistungskürzungen. Die Personalkosten,
die mit ca. 78 % den größten Anteil an den Gesamtkosten einnehmen, stehen bei der Optimierung der
Reinigungsprozesse im Fokus.
Aufgrund des deutlichen Sparpotenzials (ca.
12–16 % der Reinigungskosten) werden mittlerweile etwa 80 % aller Krankenhaus- und Altenheimflächen einstufig gereinigt. Dabei ist der Einsatz der
richtigen Chemie in Kombination mit innovativen
Mikrofaserbezügen Voraussetzung für eine effektive
Reinigung. Neben den eigentlichen Wischverfahren
haben auch die Rüst- und Wegezeiten einen deutlichen Einfluss auf die Gesamtkosten der Reinigung.
Um den hohen wirtschaftlichen Anforderungen zu
entsprechen, die an eine Reinigung im Gesundheits-
wesen gestellt werden, sollte das zu
wählende Reinigungsverfahren eine
bestmögliche Optimierung der Reinigungsprozesse gewährleisten. Gleichzeitig sollten durch eine einwandfreie
hygienische Reinigung endogene und
exogene Infektionsrisiken für die Patienten minimiert werden.
| Autor
Dr. Andreas Otte
Ecolab Deutschland GmbH
Reisholzer Werftstraße 38–42
40589 Düsseldorf
E-Mail: [email protected]
Anforderungen an die Flächendesinfektion
Zur Vermeidung nosokomialer Infektionen spielt
die Flächendesinfektion eine zunehmend entscheidende Rolle. Die Hartnäckigkeit und das vermehrte Auftreten von pathogenen Erregern im patientennahen Umfeld werden hierbei immer wichtiger.
Jedoch spielt nicht nur die Wirksamkeit, sondern
auch die Materialverträglichkeit der eingesetzten
Wirkstoffe eine Rolle. Dementsprechend groß ist
die Auswahl an Flächendesinfektionsmitteln für
das relevante Erreger- und Materialspektrum, die
auch in unterschiedlichen Applikationsformen wie
Sprays, Schaum oder Tüchern eingesetzt werden.
Gerade der Einsatz von vorgetränkten Tüchern zur
Flächendesinfektion erfreut sich hierbei wachsender
Beliebtheit und ist aus hygienischer Sicht die zu bevorzugende Methode. Die Anwendung gebrauchsfertiger
Desinfektionstücher bietet Vorteile, denn sie reduziert
den Arbeitsaufwand und erhöht die Produktsicherheit, da die Tücher bereits mit der Wirkstofflösung in
der benötigten Konzentration vorgetränkt sind.
Welches Wirksamkeitsspektrum müssen
Flächendesinfektionsmittel abdecken?
Die Auswahl des richtigen Desinfektionsmittels
mit dem für den individuellen Risikobereich angemessenen Wirksamkeitsspektrum ist entscheidend für die Unterbrechung der Infektionskette.
Die Desinfektionsmittel im medizinischen Bereich
4             aseptica 18. Jahrgang 2012 | Heft 2 |Schwerpunkt
(u. a. Krankenhaus, Pflege, Praxen) müssen sowohl gegen Bakterien und Hefen als auch gegen
behüllte Viren (z. B. HBV, HCV, HIV) wirksam
sein. Abhängig von den Übertragungsrisiken für
Tuberkulose und atypischen Mykobakterien, die
seit einigen Jahren immer häufiger auftreten, muss
das Wirksamkeitsspektrum angepasst werden.
Die Wirkung auch gegen unbehüllte Viren und
gegen Sporen kann unter bestimmten Bedingungen relevant werden, insbesondere bei Risikopatienten, die durch eine Grunderkrankung vorgeschwächt sind.
Die Auswahl des richtigen
Desinfektionsmittels mit dem
für den individuellen Risikobereich
angemessenen Wirksamkeitsspektrum ist entscheidend für die
Unterbrechung der Infektionskette.
Dies stellt sich in der Praxis
allerdings oft als große Herausforderung hinsichtlich der Prozesse und der Empfindlichkeit
der zu desinfizierenden Materialien dar, sodass diese Forderungen bisher nur schlecht umgesetzt werden konnten.
Welche Inhaltsstoffe bieten sich an?
Alkoholische Flächendesinfektionsmittel sind
überall dort sinnvoll, wo eine schnell wirkende
Desinfektion notwendig ist oder ein Ersatzverfahren/-mittel nicht zur Verfügung steht. Allerdings sollte die Menge des ausgebrachten alkoho-
lischen Desinfektionsmittels 50 ml Gebrauchslösung
je m2 bzw. 100 ml je m2 Raumgrundfläche aufgrund
möglicher Brand- und Explosionsgefahr nicht überschritten werden. Auch die Wirksamkeit gegen unbehüllte Viren ist mit reinen Alkohollösungen nicht
zu erreichen. Zudem können einige Oberflächen mit
Alkohol nicht behandelt werden, da die wiederholte
Verwendung von alkoholhaltigen Desinfektionsmitteln zu Materialbeeinträchtigungen führen kann.
Um das geforderte Wirksamkeitsspektrum und die
notwendige Materialverträglichkeit zu erreichen, ist
unter bestimmten Bedingungen der Einsatz anderer Wirkstoffe, z. B. quartärer Ammoniumverbindungen (QAV), zweckmäßig. Alkoholfreie viruzide
Desinfektionstücher, die unter realen Bedingungen
getestet sind, geben eine hohe Anwendungssicherheit und sind einfach in bestehende Prozesse einzubinden.
Wirksamkeitsbestimmung bei Flächendesinfektionstüchern
Um eine gesicherte Aussage über die Wirksamkeit
des Desinfektionstuches an der zu desinfizierenden
Fläche zu erhalten, ist es essenziell, bei der Wirksamkeitsprüfung die Untersuchung mit der Lösung
durchzuführen, die von dem Tuch an die zu desinfizierende Fläche abgegeben wird. Alkoholbasierte
Wirkstofflösungen haften in der Regel nicht am ein-
Grundsätzliche Regeln zur Flächendesinfektion
Einige Regeln sollten bei der Krankenhausreinigung immer beachtet werden:
• Es sollten ausschließlich VAH-gelistete Produkte eingesetzt werden, da nur bei diesen Produkten die Wirksamkeit von unabhängiger
Stelle bestätigt werden konnte
• Alle Flächen müssen ausreichend nass desinfizierend gereinigt werden
• Die Desinfektionslösungen sollten wegen möglicher Geruchsbelästigung und möglicher Beeinträchtigung der Desinfektionsleistung in
kaltem Wasser angesetzt werden
• Für ausreichend Raumbelüftung sorgen
• Die Desinfektionsmittel und Reinigungsmittel dürfen nur dann vermischt werden, wenn die Verträglichkeit nachgewiesen wurde
• Unterdosierungen müssen vermieden werden, um die Desinfektion zu gewährleisten und um keine Resistenzbildungen zu erzeugen
• Überdosierungen müssen aus ökonomischen und ökologischen Gründen ebenfalls vermieden werden
• Um Unter- oder Überdosierungen zu vermeiden, sollten Dosiergeräte bzw. Dosierhilfen eingesetzt werden
• Wenn keine Einmalprodukte verwendet werden, sollten gebrauchte Bezüge regelmäßig (z. B. nach jedem Zimmer) getauscht werden, um
einen Kontamination der Reinigungs-/Desinfektionsflotte zu vermeiden und eine Keimverschleppung auszuschließen
• Während der Arbeit mit Desinfektionsmitteln ist geeignete Schutzkleidung zu tragen
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gesetzten Tuchmaterial, sondern werden im Rahmen
der Wischdesinfektion wieder freigegeben. Andere
Wirkstoffe haften an bestimmten Tuchmaterialien
an und sind nicht mehr für die Desinfektion verfügbar. Nur die Begutachtung der Lösung, die aus dem
Tuch abgegeben wird, schützt vor Wirksamkeitslücken und garantiert ein repräsentatives Ergebnis.
Materialien und Verfahren zur Flächendesinfektion
Die eingesetzten Wischutensilien sollten auf das
verwendete Desinfektionsmittel abgestimmt sein,
da unterschiedliche Materialien einen absorbierenden Effekt auf das Desinfektionsmittel ausüben
können. In der Regel werden Flächendesinfektionsverfahren unter Einwirkung eines mechanischen Effektes (mit Mechanik) als Scheuer-Wischdesinfektionsverfahren eingesetzt. Sofern aufgrund
der Oberflächen keine Scheuer-Wischdesinfektion
möglich ist, wird das Desinfektionsmittel ohne
mechanischen Einfluss auf die Oberfläche aufgebracht, z. B. als Sprühdesinfektion. Diese eignen
sich aufgrund ihrer toxikologischen Eigenschaften allerdings nur für kleine Flächen. Des Weiteren
muss bei der Auswahl der Produkte auch die orga-
nische Grundbelastung (Bioburden) berücksichtigt
werden. Auf vorgereinigten Flächen reicht ein Desinfektionsmittel, das unter geringer organischer Belastung seine Wirksamkeit nachweisen konnte, bei
Blutkontaminationen sollte ein Produkt verwendet
werden, dessen Wirksamkeit unter hoher organischer Belastung getestet wurde. Ob ein Desinfektionsmittel diese Kriterien erfüllt, kann in der aktuellen Desinfektionsmittelliste des VAH (Verbund für
Angewandte Hygiene e. V.) nachgesehen werden. |
Quellen
1.Linke T., Kröcker U.: Healthguard – Moderne
Reinigung für das Gesundheitswesen. IDTM 2007.
2.RKI Empfehlung: Anforderungen an die Hygiene bei
der Aufbereitung von Medizinprodukten. Bundesgesundheitsbl – Gesundheitsforsch – Gesundheitsschutz. 2001; 44: 1115-1126.
3.Gebel J.: Desinfektionsmittel: Übersicht der
Wirkstoffe, Prüfungen und Listungswesen. Institut
für Hygiene und Öffentliche Gesundheit der Universi tät Bonn – Verbund für Angewandte Hygiene e. V.
4. Desinfektionsmittel-Liste des VAH, Stand
01.01.2012.
Schlussdesinfektion – Wie können wir dieses
Ziel besser erreichen?
B. Wilbrandt
Konsequent umgesetzte basishygienische
Maßnahmen verhindern nosokomiale Infektionen. Eine durchaus bekannte Tatsache. Natürlich steht die Händedesinfektion ganz oben in
der Reihenfolge der notwendigen Hygienemaßnahmen. Der krankenhaushygienische Alltag
zeigt uns aber, dass auch weitere Maßnahmen
von Bedeutung sind.
Die stark angestiegenen Zahlen isolierpflichtiger Erkrankungen stellen in diesem Zusammenhang eine
besondere, schwer kalkulierbare Herausforderung an
die Kliniken.
Festlegungen in den Hygieneplänen
und den QM- Handbüchern definieren den Umgang mit Infektionen/
Kolonisationen von isolierpflichtigen
Erkrankungen. Schulungen und die
umfangreichen Erfahrungen mit dem
Isolationsmanagement sichern ein
gutes Basiswissen bei den beteiligten
Mitarbeitern, das jedoch sehr unterschiedlich umgesetzt wird.
Jede Isolationsmaßnahme im Zusammenhang mit übertragbaren Infektio-
| Autorin
Dr. Barbara Wilbrandt
Hygieneärztin
Sana Klinikum Lichtenberg
Fanningerstr. 32
10365 Berlin
Tel.: 030 55182437
E-Mail: [email protected]
www.sana-kl.de
6             aseptica 18. Jahrgang 2012 | Heft 2 |Schwerpunkt
nen wird mit einer Schlussdesinfektion beendet. Die
Schlussdesinfektion verfolgt das Ziel, einen Raum
oder Gebäudeabschnitt durch Desinfektionsmaßnahmen in einen Zustand zu versetzen, aus dem bei der
weiteren Nutzung dieser Bereiche keine Infektionsgefährdung für die nachfolgenden Patienten resultiert.
Abklatschprobe: Haut- und Umgebungskeime auf der
Armlehne eines Patientensessels nach abgeschlossener
Schlussdesinfektion
Ein großes Ziel!
Die Durchführung der Schlussdesinfektionsmaßnahmen ist sehr unterschiedlich geregelt. Ein im
Krankenhaus angestellter Desinfektor, der ausbildungsbedingt über die besten Voraussetzungen verfügt, wird nur noch in großen Kliniken angetroffen.
In einigen Kliniken wird das Stationspersonal mit
der Durchführung der Schlussdesinfektion beauftragt, dies wird jedoch immer schwerer umsetzbar,
Sekretreste auf dem Telefonkabel am Patientenbett nach
Desinfektion
da das notwendige Zeitkontingent nicht immer zur
Verfügung steht. Die Delegation dieser Arbeiten an
die vertraglich gebundenen Reinigungsfirmen ist die
häufigste Methode, die Schlussdesinfektionsmaßnahmen umzusetzen. Diese Unternehmen weisen
bei Vertragsabschluss die Tätigkeit eines Desinfektors nach. Er ist Multiplikator des Wissens zur
Schlussdesinfektion und für fachliche Anleitung,
Schulung und Kontrolle der ausführenden Mitarbeiter verantwortlich. Seine regelmäßige Teilnahme
an Fortbildungsveranstaltungen auf diesem Gebiet
muss definiert und nachweisbar sein. Protokolle zur
Schlussdesinfektion werden geführt und liegen in
der Regel vor. Die Voraussetzungen für eine adäquate Schlussdesinfektion sind somit nachvollziehbar
vorhanden und reflektieren das Bewusstsein für die
Wichtigkeit dieser Maßnahme.
Bei Analysen der objektiven Situation der Schlussdesinfektionen zeigt sich in den Kliniken, dass die
große Selbstverständlichkeit, mit der die Schlussdesinfektion in perfekter Qualität angenommen wird,
nicht immer gerechtfertigt ist. Bei der Befragung der
Mitarbeiter auf den Stationen wird vom »Putzen«
oder »Schrubben« der Isolierzimmer gesprochen
und die Bedeutung der Schlussdesinfektion unterbewertet. Eine kritische Überprüfung der Ergebnisse
der Schlussdesinfektion wird nicht wie erforderlich
als Aufgabe der Station betrachtet.
In der Regel gehen die Kliniken von der qualifizierten Durchführung aus und verlassen sich auf die
Protokolle zur Schlussdesinfektion. Ratsam ist es,
diese »Automatismen« regelhaft in die krankenhaushygienischen Kontrollen einzubeziehen, bevor z. B.
Ausbruchssituationen auftreten.
Haare im Patientenschrank nach Desinfektion
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Wie kann eine solche Kontrolle stattfinden?
Voraussetzung für eine effektive Kontrolle seitens
des Krankenhauses ist das Wissen um die prinzipiellen Inhalte der Festlegungen zur Schlussdesinfektion
in den unterschiedlichen Dokumenten des Klinikhygienehandbuches und die Inhalte des Reinigungsvertrages zu diesem Thema. Eine frühzeitige Einbindung der Krankenhaushygiene in diese Thematik
vermeidet Diskrepanzen zwischen den Inhalten der
klinikeigenen Hygiene- und Desinfektionspläne und
den Reinigungsverträgen.
Die Unterweisungen der zur Schlussdesinfektion eingesetzten Mitarbeiter müssen namentlich dokumentiert sein. Detaillierte Festlegungen zur Durchführung
der Schlussdesinfektion können eindeutig die Schnittstellen zu den Aufgaben der Station definieren. Die
Abstimmung zu den Inhalten der »Schlussdesinfektionsprotokolle« sollte dahingehend genutzt werden,
dass inhaltliche Aspekte abgebildet werden, wie z. B.
Dauer der Maßnahme, das eingesetzte Desinfektionsmittel mit Konzentration und Einwirkzeit, Bezeichnung der isolierpflichtigen Erkrankung usw. Die
regelmäßige Überprüfung dieser Protokolle kann zumindest grundsätzliche Qualitätskriterien reflektieren:
• Gehört der ausführende Mitarbeiter zum geschulten Personenkreis?
• Wie lange dauerte die gesamte Maßnahme?
• Kam das richtige Desinfektionsmittel mit korrekten Anwendungsparametern zum Einsatz?
• Gab es Auffälligkeiten?
Die Ergebnisse dieser Protokollkontrollen können gezielte Ansätze für die Überprüfung der Ausführungsqualität geben und die routinemäßigen Kontrollstichproben ergänzen. Die Begehung schlussdesinfizierter
Patientenzimmer vor erneuter Belegung ist sehr effektiv, führt im Ergebnis zu objektiven Verbesserungen
und zu einer höheren Patientensicherheit.
Dabei kommt es darauf an, zunächst das Zimmer zu
inspizieren. Der erste Eindruck vermittelt meist keine Auffälligkeiten. Bei der visuellen Kontrolle müssen Punkte überprüft werden, die nicht offensichtlich
sind. So z. B. die Innenräume der Nacht- und Patientenschränke. Hier ist auf Verkrustungen, Krümel,
Haare und ähnliche Hinweise einer unzureichenden
Schlussdesinfektion zu achten.
Auch die genaue Inspektion der Bettgestelle kann
an schwer zugänglichen Stellen Staubablagerungen
oder angetrocknete Sekretreste feststellen. Fernseher,
Patientenrufanlagen (hier besonders die elektrischen
Kabel), Patiententelefone bieten häufig Grund zu Beanstandungen. In den Sanitärzellen der Patientenzimmer gibt es Bereiche, die häufig vergessen werden. Da
werden z. B. Duschvorhänge nicht gewechselt, WCSitzerhöhungen bleiben fest montiert und die Unterseiten dieser Sitze zeigen extreme Verunreinigungen,
Wandheizkörper für die Trocknung der Patientenhandtücher sind verstaubt, in den Ablagen finden sich
noch Seifenreste.
Wenn Defizite festgestellt werden, muss die Auswertung zeitnah mit dem ausführenden Mitarbeiter und
bei groben Fehlern auch in Anwesenheit eines Vertreters des Stationsteams erfolgen. Die potenziellen
Übertragungswege und die damit verbundenen Risiken für die nachfolgenden Patienten sind bei diesen
Auswertungen anschaulich darzustellen, um die Bedeutung der Schlussdesinfektion hervorzuheben.
Zeigen sich bei den weiteDie Begehung schlussdesinfizierter
ren Überprüfungen erneut
Patientenzimmer vor erneuter
Mängel, können z. B. mikroBelegung ist sehr effektiv,
biologische Abklatschproführt im Ergebnis zu objektiven
ben von Oberflächen, die
Verbesserungen und zu einer
der Patient häufig berührt,
höheren Patientensicherheit.
sehr eindrucksvoll die unzureichende Desinfektion
nachweisen. Die Effektivität dieser Umgebungsuntersuchungen lässt sich durch die Demonstration der
bewachsenen Platten deutlich verbessern. Zeigen die
Ergebnisse dieser Untersuchungen Auffälligkeiten bezüglich Keimzahl oder Keimspektrum, empfiehlt es
sich, eine Schlussdesinfektionsmaßnahme persönlich
zu beobachten und auf die dabei festgestellten Fehler
aufmerksam zu machen.
Durch die Schlussdesinfektion werden Übertragungen
von isolierpflichtigen Erkrankungen effektiv verhindert.
Dieser wichtigen krankenhaushygienischen Maßnahme
muss mehr Aufmerksamkeit und Kontrolle gewidmet
werden, um die Patienten optimal zu schützen. |
8             aseptica 18. Jahrgang 2012 | Heft 2 | Schwerpunkt
Hygienische Aufbereitung von Reinigungstextilien
und -utensilien zur Oberflächendesinfektion
M. Heintz, M. Wehrl, J. Bohnen
Die Aufbereitung der zur Desinfektion verwendeten Reinigungstextilien und -utensilien unterliegt
hygienischen Qualitätsansprüchen. Dazu gehören desinfizierende Waschverfahren und deren
Kontrolle sowie betriebliche und organisatorische Strukturen, um Kreuzkontaminationen und
Keimwachstum in den Materialien zu verhindern.
Um Infektionsketten in hygienisch sensiblen Bereichen
(z. B. Krankenhäuser, Alten- und Pflegeheime) zu unterbinden, hat sich das Multibarrieresystem etabliert.
Neben der Desinfektion von Händen und Instrumentarium müssen daher auch Konzepte zur Desinfektion
von patientennahen und patientenfernen Oberflächen
vorliegen und angewendet werden. Aufgrund des stetig
steigenden Kostendrucks wurden in vielen Krankenhäusern sowohl die Unterhaltsreinigung als auch die
Oberflächendesinfektion an externe Dienstleister ausgelagert. Die so
involvierten Gebäudereiniger sollten intensiv in das Hygienekonzept
einer Klinik eingebunden werden
wfk – Cleaning Technology Institute e. V.
und müssen ebenfalls über eigenes
Dr. Manuel Heintz
Know-how in Hygienebelangen
Campus Fichtenhain 11
verfügen. Qualitätsaufzeichnungen
47807 Krefeld
Tel.: 02151 8210-190
und mikrobiologische UntersuE-Mail: [email protected]
chungen sind sowohl für das Krankenhaus als auch für den externen
Gebäudereiniger unerlässlich, um
haftungsrechtlich abgesichert zu
sein (1). Bei der Gebäudereinigung im Krankenhaus
oder Alten- und Pflegeheim können unterschiedliche Reinigungstextilien verwendet werden. So werden
Reinigungstücher für patientennahe Oberflächen und
Wischbezüge für patientenferne Oberflächen (z. B.
Fußböden) unter anderem aus Polyester, Baumwolle und Viskose-Material eingesetzt. Die Aufbereitung
der verwendeten Reinigungstextilien wird oft noch im
Krankenhaus vor Ort durchgeführt. Eine Alternative
sind externe Wäschereien, die mit einem Hygienemanagementsystem auf der Basis der EN 14065 hygienisch anspruchsvolle Textilien aufbereiten können (2).
| Autor
Das Robert Koch-Institut (RKI) hat in seiner Empfehlung zu Anforderungen an die Hygiene bei der Reinigung und Desinfektion von Flächen Vorgaben an die
Aufbereitung von Reinigungstextilien und -utensilien
definiert (3). Diese Vorgaben wurden der Kategorie IB
zugeordnet und stellen damit nachdrückliche Empfehlungen für alle Krankenhäuser dar.
• Tücher und Wischbezüge zum mehrmaligen Gebrauch sollen maschinell thermisch bzw. chemothermisch desinfizierend aufbereitet werden. Sie müssen
so aufbereitet werden, dass es nach der Aufbereitung
nicht zu einer Vermehrung von Mikroorganismen
kommen kann (z. B. Trocknung im Trockner).
• Die Aufbereitung muss gewährleisten, dass Schmutz
und organische Belastungen aus den Spül-, Reinigungs- und Feuchtwischbezügen sicher entfernt
werden und keine Krankheitserreger mehr nachweisbar sind.
• Zur Aufbereitung von Reinigungsmaterialien und
-utensilien müssen ausreichend groß bemessene und
belüftbare Räume vorhanden sein.
• Es müssen entsprechend dem Bedarf Desinfektions- und Reinigungsgeräte für die Aufbereitung der
Reinigungsutensilien und Möglichkeiten zur Trocknung sowie zur Lagerung von Reinigungs- und Desinfektionsutensilien vorhanden sein.
• Nach der Aufbereitung sind die Reinigungs- und
Desinfektionsutensilien geschützt vor Kontamination durch unsaubere Utensilien (Trennung in unreinen und reinen Bereich) aufzubewahren.
Die Aufbereitung der Reinigungstextilien muss in maschinellen desinfizierenden Waschverfahren erfolgen,
damit keine Weiterverbreitung von Krankheitserregern über die Reinigungstextilien erfolgen kann. Für
die Aufbereitung geeignete Verfahren sind z. B. in der
Desinfektionsmittelliste des Verbundes für Angewandte Hygiene (VAH) oder des RKI angegeben (4, 5). In
diesen Listen sind zu jedem Desinfektionsmittel Verfahrensbedingungen aufgeführt, bei denen eine nachgewiesene Wirksamkeit der Produkte vorliegt. Diese
Verfahrensbedingungen sind Temperatur, Tempera-
aseptica 18. Jahrgang 2012 | Heft 2 | Schwerpunkt             9
turhaltezeit, Dosierung des Wasch- und Desinfektionsmittels und das Flottenverhältnis. Eine Ausnahme stellt
die thermische Desinfektion dar, bei der lediglich die
Temperatur und die Temperaturhaltezeit relevant sind.
Die Einhaltung der Prozessparameter ist daher zum
Erreichen der Desinfektionswirkung entscheidend
und sollte entsprechend überprüft werden. Dies gilt
unabhängig davon, ob die Utensilien vor Ort oder in
der Wäscherei gewaschen werden. Haushaltswaschmaschinen haben sich oft als nicht geeignet erwiesen, um
die geforderten Prozessparameter einzuhalten (6). Gewerbliche Waschmaschinen mit unterschiedlichen Beladungskapazitäten ermöglichen jedoch eine genaue Prozessführung. In regelmäßigen Abständen, mindestens
jedoch einmal pro Jahr, sollte die Desinfektionswirkung
der Waschverfahren validiert werden. Dafür eignen sich
Biomonitore, welche den Anforderungen des VAH
und des RKI entsprechen. Diese bestehen aus kleinen
mit Schafblut und Testkeimen angeschmutzten Baumwollläppchen (i. d. R. 1 cm × 1 cm), welche zusammen
mit dem Waschgut gewaschen werden. Eine Keimreduktion von > 7 log-10-Stufen gilt als Voraussetzung
für den Nachweis der Desinfektionswirkung (6, 7). Biomonitore, welche in einer semipermeablen Membran
eingeschlossen sind, sind als kritisch zu betrachten, da
die Permeabilität solcher Membranen für Aktivsauerstoff eingeschränkt sein kann (7, 8).
Alle Arbeitsschritte, die nach der Desinfektion – welche üblicherweise in der Hauptwäsche der Waschverfahren erfolgt – ausgeführt werden, müssen unter dem
Gesichtspunkt der Rekontamination der Reinigungsutensilien betrachtet werden. So können Mikroorganismen z. B. aus dem Spülwasser, von Oberflächen oder
von den Händen des bearbeitenden Personals auf die
Reinigungstextilien gebracht werden. Deshalb ist es erforderlich, Hygienemaßnahmen in den Arbeitsprozess
zu integrieren, um die Rekontamination mit Mikroorganismen auf ein akzeptables Maß zu verringern. Dazu
ist insbesondere ein Hygienemanagementsystem nach
EN 14065 geeignet. Dieses System enthält alle Elemente, um eine hygienische Aufbereitung in gewerblichen
Wäschereien sicherzustellen, und kann ebenfalls bei
Inhouseaufbereitungen angewendet werden. Darüber hinaus enthält dieses Hygienemanagementsystem
eine Risikoanalyse hinsichtlich Biokontamination der
aufzubereitenden Textilien, weshalb das System auch
RABC(Risikoanalyse und Biokontaminationskontroll)System genannt wird (2).
Das Patientenfeld muss frei von Staub und Verunreinigungen sein
Einen kritischen Punkt der Wiederverkeimung stellt die
Vermehrung von Mikroorganismen in den Reinigungstextilien selbst dar. Daher ist es wichtig, Verfahren anzuwenden, mit denen diese Vermehrung vermieden
wird. Dazu eignet sich z. B. die Trocknung der Materialien direkt nach dem Waschen. Die Qualitätssicherung
der Trocknungsverfahren kann z. B. über Restfeuchtebestimmungen und über Temperaturüberwachungen erfolgen. Auch Materialien mit antimikrobiellen
Eigenschaften, z. B. Silberkomponenten, unterliegen
den gleichen Anforderungen und Aufbereitungsbedingungen. Diese antimikrobiellen Eigenschaften werden
jedoch durch die hohe Schmutzbelastung in den Utensilien während und nach dem Gebrauch inhibiert, sodass diese allenfalls für spezielle Situationen, wie z. B.
lange Lagerung unter feuchten Bedingungen nach der
Aufbereitung, sinnvoll sind. Wie die Anforderungen
des RKI für die räumlichen Gegebenheiten bei der
Durchführung der Aufbereitung zeigen, ist keine bauliche Trennung mit Durchladewaschmaschinen bei der
Aufbereitung von Reinigungstextilien und -materialien
notwendig, wie sie bei der Aufbereitung von Krankenhauswäsche vorgeschrieben ist. Mithilfe eines geeigneten Prozessflusses und organisatorischer Trennungen
zwischen schmutziger und sauberer, aufbereiteter Ware
10           aseptica 18. Jahrgang 2012 | Heft 2 | Schwerpunkt
lässt sich die Rekontamination durch schmutzige Utensilien minimieren.
Das wfk-Institut bietet verschiedene Produkte und
Dienstleistungen zur Überprüfung, Validierung und
Zertifizierung der Aufbereitung von Reinigungstextilien und -utensilien an. Weiterhin wurden verschiedene Forschungsprojekte zu Nachweismethoden der
Flächen- und Wäschedesinfektion durchgeführt und
ein Arbeitskreis zum Thema »Aufbereitung von Reinigungstextilien in der Gebäudereinigung« in der Europäischen Forschungsgemeinschaft Reinigungs- und
Hygienetechnologie e. V. (FRT) gegründet. |
Zur Sicherstellung der
Textilhygiene kann die
DIN EN 14065 genutzt
werden.
Literatur
1. Robert Koch-Institut (RKI): Richtlinie für
Krankenhaushygiene und Infektionsprävention,
Ziffer 5.6. Bundesgesundheitsbl – Gesundheitsforsch – Gesundheitsschutz. 6/93.
2. DIN EN 14065 – Textilien – In Wäschereien
aufbereitete Textilien – Kontrollsystem
Biokontamination. Beuth Verlag; Februar 2003.
3. Anforderung an die Hygiene bei der Reinigung
und Desinfektion von Flächen. Empfehlung der
Kommission für Krankenhaushygiene und
Infektionsprävention beim Robert-Koch-Institut
(RKI). Bundesgesundheitsbl – Gesundheitsforsch – Gesundheitsschutz. 2004; 47: 51–61.
4. Verbund für Angewandte Hygiene e. V. (VAH).
Desinfektionsmittel-Liste des VAH. MHP-Verlag, Wiesbaden.
5. Robert Koch-Institut (RKI). Liste der vom
Robert Koch-Institut geprüften und anerkannten Desinfektionsmittel und -verfahren. 15th
ed. 2009 (www.rki.de).
6. Mitteilung der Desinfektionsmittel-Kommission
im VAH: Aufbereitung von Berufskleidung und
Bettwäsche. Hyg Med. 2011: 36–9, 351.
7. Mitteilung der Desinfektionsmittel-Kommission
im VAH: Gibt es Nachweisverfahren bezüglich
der Keimbelastung von Waschmaschine/
Waschgut? Hyg Med. 2011: 36–7/8, 309–10.
8.Kagemann G, Hilgenberg B, Rech J, Heintz M,
Vossebein L. Use of Biomonitors for the
Validation of Chemo-thermal Disinfecting
Washing Procedures. Tenside Surf Det. 2008;
45 (6): 334–9.
Alles multiresistent, oder was?
T. Steffan
MRSA, VRE, ESBL sind »alte Zöpfe«, kennen wir.
Aber was bitte schön ist MRGN?
Dass Mikroorganismen Resistenzen aus Antibiotika
entwickeln und diese auch weitergeben können, ist bekannt. Zum Problem geworden ist dies erstmals mit
dem Auftreten von MRSA (Methicillin-resistenter Staphylokokkus aureus). Da hat man einen Erreger, der
eigentlich gar nicht so schwer zu therapieren ist, und
»plötzlich« wirkt kaum noch ein Medikament. Menschen, die wir normalerweise gut behandeln können,
sterben an einer »einfachen« Staphylokokkeninfektion.
Die Gefahr, die sich hierin verbirgt, haben wir mittlerweile erkannt und versuchen darauf zu reagieren. Nach
anfänglichem Kleinreden der Problematik kam es zunächst zu einer Überreaktion (die Buchstaben MRSA
lösten nicht gerade selten panikartige »Hygieneattacken«
aus). Dies weicht allmählich einem vernunftbetonten
Umgang, in dem Händedesinfektion und Kontaktisolation die Hauptrolle spielen. Bei allem Verständnis für
die MRSA-Thematik darf man nicht vergessen, dass es
noch andere Mikroorganismen mit Resistenzentwick-
aseptica 18. Jahrgang 2012 | Heft 2 | Infektiologie           11
lungen gibt, die uns vor ebenso große, wenn nicht gar
noch größere Herausforderungen stellen.
In den vergangenen Jahren verzeichnen wir eine Reihe von neu aufgetretenen Resistenzen. Eine kleine
Auswahl bilden neben der oben erwähnten Methicillinresistenz die Extended Spectrum Beta-Lactamasen
(ESBL), die Metallo-Beta-Lactamasen, allen voran die
New Delhi Metallo-Beta-Lactamase (NDM 1), Vancomycinresistenzen und Carbapenemasen. Die neueste Abkürzung, die durch die Fachliteratur geistert, ist
3 MRGN und 4 MRGN. Ausgesprochen sind das multiresistente gramnegative Erreger, die Resistenzen gegen drei oder vier Gruppen von Antibiotika aufweisen.
Was hat es nun damit auf sich?
Aufgrund vermehrter Nachweise resistenter Erreger aus
dem gramnegativen Bereich (z. B. Klebsiellae, E. coli)
stellte die Kommission für Krankenhaushygiene und
Infektionsprävention (KRINKO) am Robert KochInstitut einen Bedarf an Empfehlungen zum Umgang
mit Patienten mit diesen Erregern fest. Im Rahmen der
Erarbeitung dieser Empfehlungen sichteten die Mitglieder der KRINKO die bisher gebräuchlichen Bezeichnungen und Definitionen für Resistenzen und führten
eine eigene, den Bedürfnissen der Infektionskontrolle
angepasste Definition in Deutschland ein (s. Tabelle 1).
Was bedeutet dies nun für die Praxis?
Der Umgang mit multiresistenten Erregern im Krankenhausalltag ist bereits jetzt von einer Vielzahl an
Enterobacteriaceae
unterschiedlichen Regeln und Handlungsanweisungen geprägt. Nach
Ansicht und Erfahrung der Autorin
ist es jedoch in der täglichen Arbeitssituation viel von den Mitarbeitern
verlangt, bei den einzuhaltenden
Hygienemaßnahmen zwischen den
verschiedenen Erregern zu unterscheiden. Die meisten hätten gerne
eine »Eine-für-Alles«-Handlungsanweisung. Auch für die Patienten sind
unterschiedliche Vorgehensweisen
teilweise schwer nachzuvollziehen.
| Autorin
Tania Steffan
Hygienefachkraft
Unritzstraße 23
09117 Chemnitz
Tel.: 0371 832 1341
E-Mail: [email protected]
www.drk-chemnitz.de
Weiterführende Literatur zum
Thema Multiresistenzen:
Natürlich sollte Fachpersonal in der
1.Epidemisches Bullettin. 2011
Lage sein, zwischen den verschiede(Sep 12); 36.
nen Erregern und ihren Besonder2.Kaase M.: Antibiotikaanwenheiten zu unterscheiden. Die Einhaldungen – »neue« Entwicklungen
tung von Hygienemaßnahmen darf
zu mehrfach resistenten gramnegativen Bakterien. Krankenhausjedoch nicht zu einer Senkung der
hygiene up2date. 2011; 6.
medizinischen Versorgungsqualität
führen. Wenn wir alle davon ausgehen, dass jeder Patient prinzipiell als
potenziell infektiös zu betrachten ist, und wenn wir uns
dann weiterhin auch so verhalten (die Maßnahmen der
»Basishygiene« einhalten), dann wären wir einen großen Schritt weiter. Der Umgang mit MRSA, ESBL,
MRGN unterscheidet sich nicht wesentlich voneinander. Die wichtigste Maßnahme ist und bleibt eben
doch die gute alte hygienische Händedesinfektion.
Also frei nach Cato (d. Ä.): »Und im Übrigen bin
ich der Meinung, dass Hände desinfiziert werden
müssen!« |
Antibiotikagruppe
Leitsubstanz
Pseudomonas aeruginosa
3 MRGN¹
4 MRGN²
3 MRGN¹
4 MRGN²
3 MRGN¹
4 MRGN²
Acylureidopenicilline
Piperacillin/
Tazobactam
R
R
nur 1 der 4 Antibitikagruppen wirksam
(sensibel)
R
R
R
Cephalosporine der
3./4. Generation
Cefotaxim und/
oder Ceftazidim
R
R
R
R
R
Carbapeneme
Imipenem und/
oder Meropenem
S
R
R
S
S
Fluorchinolone
Ciprofloxacin
R
R
R
R
R
Tab. 1: Klassifizierung multiresistenter gramnegativer Stäbchen auf Basis ihrer phänotypischen Resistenzeigenschaften
(R = resistent oder intermediär sensibel, S = sensibel
¹ 3 MRGN (multiresistente gramnegative Stäbchen mit Resistenz gegen 3 der 4 Antibiotikagruppen)
² 4 MRGN (multiresistente gramnegative Stäbchen mit Resistenz gegen 4 der 4 Antibiotikagruppen)
Tabelle entnommen aus: Epidemisches Bullettin. 2011 (Sep 12); 36.
Acinetobacter spp.
12           aseptica 18. Jahrgang 2012 | Heft 2 | Klinik und Hygiene
Infektiöse Durchfälle auf der Intensivstation:
Wie werden Ausbrüche verhindert?
H.-T. Panknin
Problemstellung:
Spätestens seit der EHEC-Epidemie im vergangenen Jahr sind infektiöse Durchfallerkrankungen auch auf Intensivstationen ein
Thema. Die Bettlägerigkeit der Patienten und
die hygienische Problematik häufiger Stuhlentleerungen in unmittelbarer Nachbarschaft
zu anderen pflegebedürftigen Patienten führen dabei auf Intensivstationen zu einem
erhöhten Risiko von Keimübertragungen. Wie
können diese verhindert bzw. bei bereits aufgetretenen Ausbrüchen eingedämmt werden?
| Autor
Hardy-Thorsten Panknin
Badensche Straße 49
10715 Berlin
E-Mail: [email protected]
In einer Übersichtsarbeit werteten kürzlich Dr.
Linda Bobo und Mitarbeiter von der Medizinischen
Klinik der Washington Universitätsklinik in St.
Louis, Missouri, die Literaturarbeiten zu DiarrhöAusbrüchen auf Intensivstationen aus (1). Insgesamt konnten sie durch eine Medlineanalyse sieben große Ausbrüche,
die seit 1980 publiziert wurden, auffinden. Es zeigte sich, dass es sich
bei vier dieser sieben Ausbrüche um
Clostridium(C.)-difficile-bedingte
Erkrankungen handelte. Daneben
gab es einen Ausbruch mit Rotaviren, einen mit Noroviren und einen
durch Salmonellen.
Clostridium difficile: häufigster DiarrhöErreger auf Intensivstationen
C. difficile stellt sich damit als häufigster Erreger dar, der auf Intensivstationen zu DiarrhöAusbrüchen führen kann. Dies entspricht auch
der allgemeinen täglichen Erfahrung von Intensivmedizinern. Etwa 75 % aller Intensivpatienten
erhalten Breitbandantibiotika, die eine Selektion
von C. difficile im Darm bewirken. Da Durchfälle
bei Intensivpatienten häufig eine nicht infektiöse
Ursache haben (z. B. Unverträglichkeit des oralen
Nahrungsaufbaus, Nebenwirkungen von Medikamenten), muss zunächst einmal die Diagnose einer
C.-difficile-assoziierten Diarrhö gesichert werden.
Am besten eignet sich hierfür nach neuesten Erkenntnissen der sehr preiswerte und schnell durchführbare Glutamatdehydrogenase-Test im Stuhl. Ist
er mehrfach negativ, kann eine C.-difficile-Erkrankung ausgeschlossen werden. Bei positivem Ausfall
ist er allerdings nicht spezifisch und muss durch
weitere Tests, nämlich den Nachweis der Toxine
A und B des Erregers, bestätigt werden. Neuere
Untersuchungen zeigen, dass die kulturelle Anzüchtung des Erregers aus Stuhl mit nachfolgender
Toxinbestimmung aus dem Kulturmaterial noch
ca. 20 % sensitiver ist als der direkte Toxintest. In
Fällen, in denen der dringende Verdacht einer C.difficile-Erkrankung fortbesteht und die Toxintests
negativ ausfallen, sollte daher eine Kultur angefordert werden (Abbildung 1). Die Ribotypisierung –
die eine Zeit lang durchgeführt wurde, um den neuen Ribotyp 027 nachzuweisen – wird inzwischen im
Normalfall nicht mehr als erforderlich angesehen,
da sich die ursprünglich angenommene Assoziation
des Ribotyps 027 mit schweren Verläufen in vielen
Fällen nicht bestätigen ließ.
Hygienemaßnahmen bei
C.-difficile-Diarrhö
In den von Bobo et al. aus der Literatur aufgefundenen Arbeiten wurden die C.-difficile-Ausbrüche
durch Umstellung der Händehygiene auf mechanisches Händewaschen und Handschuhgebrauch,
durch verstärkte Reinigung der unbelebten Flächen
mit Hypochlorit-haltigen Flächendesinfektionsmitteln sowie durch Behandlung der Patienten (meist
mit oralem Vancomycin oder Metronidazol) zum
Abklingen gebracht. Bei Patienten, bei denen eine
Ileus-Symptomatik aufgetreten ist, muss ggf. intravenös therapiert bzw. sogar eine Kolektomie er-
aseptica 18. Jahrgang 2012 | Heft 2 | Klinik und Hygiene           13
wogen werden (Abbildung 2). Betroffene Patienten
werden im Einzelzimmer bzw. bei Ausbrüchen in
Isolierbereichen kohortiert.
In Deutschland sind statt der international – vor allem im angloamerikanischen Sprachraum – bevorzugten Hypochlorit-Reiniger auch Sauerstoff-Abspalter, die als Granulate im Handel sind, bewährt.
Der Umgang mit diesen Reinigungs-/Desinfektionsmitteln muss durch intensive Schulungen des
Reinigungspersonals und der Pflegekräfte eingeübt
werden. Wichtig ist, dass bei Sauerstoff-Abspaltern
eine unangenehme Geruchsbelästigung auftreten
kann. Das Öffnen der Fenster bei der Reinigung ist
daher erlaubt und auch erforderlich. Masken brauchen aber nicht getragen zu werden, da der Geruch
keine Gefährdung darstellt und die Masken diesen
ohnehin nicht abhalten können.
Wichtig ist auch, dass Lösungen von Sauerstoffabspaltern unmittelbar vor dem Beginn der Reinigung angesetzt werden sollten und nur maximal
24 Stunden haltbar sind. Bei Ausbrüchen von
C.-difficile-Erkrankungen in mehreren Zimmern
sollte die gesamte Intensivstation täglich mit den
Sauerstoff-Abspaltern gereinigt werden. Da die
Stuhlausscheidung noch mehrere Wochen nach Abklingen der Erkrankung andauern kann, empfiehlt
es sich, die wirksamen Flächendesinfektionsmittel
noch ca. eine Woche weiter zu verwenden, bevor
auf den Standardreiniger zurückgegangen wird.
Abb. 1: Clostridium-difficile-Kolonien auf Selektivagar. Von den
gewachsenen Kolonien sollte ein Toxintest (Toxine A und B) durchgeführt werden.
Prävention der C.-difficile-Diarrhö
Wird eine Breitbandantibiotika-Therapie bei Intensivpatienten erforderlich, empfiehlt es sich, von vornherein einen »Begleitschutz« für die Darmflora zu
verordnen. Hier sind Laktobazillen-haltige Joghurt-,
Trinkjoghurt- und Kapselpräparate bewährt. In der
bekannten Studie von Hickson et al. konnte das Auftreten C.-difficile-assoziierter Diarrhö durch Verabreichung eines Laktobazillen-haltigen Trinkjoghurtprodukts (zweimal 100 ml pro Tag) während der gesamten
Antibiotika-Therapiephase und noch eine Woche darüber komplett verhindert werden (2). Bei Patienten, die
nicht trinken können und bei denen eine Magensonde
liegt, können auch Laktobazillen-haltige Kapselpräparate (z. B. Laktobazillus-plusR- oder Pro-BioR-Kapseln) verordnet werden. Die Kapseln werden über einer
Abb. 2: Hochtoxischer Verlauf einer C.-difficile-Colitis.
55-jährige Intensivpatientin mit hohem Fieber und Ileus-Symptomatik nach vorangehender blutiger Diarrhö unter Breitbandantibiotika. Beachte die aufgetriebenen Colonschlingen und die
Spiegelbildungen durch stehendes Sekret.
14           aseptica 18. Jahrgang 2012 | Heft 2 | Klinik und Hygiene
Mörserschale geöffnet, der Inhalt mit etwas Mineralwasser aufgelöst, in eine Spritze aufgezogen und in die
Magensonde appliziert. Da es sich um lebende Bakterien handelt, welche die Umgebung kontaminieren können, sollte diese Arbeit mit Einmalhandschuhen durchgeführt und der Mörser sofort in die Spülmaschine
gestellt werden. Keinesfalls sollten Hefepilzpräparate
verwendet werden, da Hefepilze keine nachgewiesene
Präventionswirkung gegenüber C.-difficile-Diarrhö haben und bei schwerkranken Intensivpatienten im Gegenteil schwere Komplikationen (Pilzsepsis)
Der Umgang mit
verursachen können. Laktobazillen sind daDesinfektionsmitteln muss
gegen, auch wenn einmal ein Hygienefehler
durch intensive Schulungen vorkommen sollte (Verteilung der lebenden
des Reinigungspersonals
Bakterien auf dem Stationstresen), ungefährund der Pflegekräfte
lich und haben nur in extrem seltenen Einzelfällen invasive Infektionen verursacht.
eingeübt werden.
Ausbrüche. Da ab einem Alter von ca. drei Jahren die
Empfänglichkeit gegenüber Rotaviren nachlässt, verursachen diese Erreger auf Erwachsenen-Intensivstationen in der Regel keine Probleme. Die Diagnose
lässt sich rasch und zuverlässig mit einem Antigentest
aus dem Stuhl stellen. Die betroffenen Kinder sollten
rasch kohortiert werden.
Unklar ist, ob generell ein Mund-Nasen-Schutz erforderlich ist. Vermutlich sollten sowohl Besucher als auch
Pflegende einen Mund-Nasen-Schutz tragen, wenn
die Kinder erbrechen. Die meisten normalen alkoholischen Händedesinfektionsmittel sind gegenüber Rotaviren gut wirksam (siehe www.iho-viruzidie-liste.de)
und sollten ausgiebig verwendet werden. Auch die
Flächendesinfektion kann mit VAH-gelisteten Mitteln
vorgenommen werden, sofern diese zusätzlich gegen
Rotaviren geprüft wurden (siehe IHO-Liste).
Norovirus-Ausbrüche
Die Norovirus-Diarrhö unterscheidet sich klinisch
sehr deutlich von der C.-difficile-Erkrankung. Typisch
ist der abrupte Erkrankungsbeginn, bei dem meist zunächst Erbrechen im Vordergrund steht. Die Durchfälle sind wässrig (bei C. difficile meist leicht bis stark
blutig) und haben eine hohe Frequenz. Fieber tritt
eher selten auf. Oft lässt sich in der Umgebung ein
Indexfall (Verwandter, Besucher, Nachbarpatient) ermitteln, von dem die Erkrankung ausging.
Kommt es zu Norovirus-Ausbrüchen auf einer Intensivstation, muss im Unterschied zu C. difficile ein
Mundschutz getragen werden, da Noroviren durch
das bei dieser Erkrankung häufige Erbrechen der Patienten auch leicht als Aerosol in die Luft gelangen. Bei
Noroviren können die Flächen außer mit Sauerstoffabspaltern auch mit Aldehyden desinfiziert werden.
Die Entisolierung der Patienten und die Schlussdesinfektion sollten 72 Stunden nach dem Auftreten des
jeweils letzten Symptoms (Erbrechen oder Durchfall)
bei den Patienten vorgenommen werden. Aufgrund
der Neigung der Noroviren zur Aerosol-vermittelten
Ausbreitung sollten auch Textil- oder Lamellenvorhänge im Patientenzimmer gewechselt werden.
Rotaviren auf Intensivstationen
Diese unbehüllten Viren verursachen vor allem auf
neonatologischen und pädiatrischen Intensivstationen
Bakterielle Durchfallerreger einschließlich EHEC
Salmonellen, Campylobacter jejuni/coli und Yersiniae
werden durch Schmierinfektionen übertragen. Häufungen von Salmonellosen traten gelegentlich auf
Intensivstationen auf, wenn ganze Krankenhäuser
von nahrungsmittelassoziierten Infektionsausbrüchen
betroffen waren. Übertragungen von Patient zu Patient auf der Intensivstation sind jedoch die Ausnahme. Sind die Patienten kooperativ und in der Lage,
die Toilette geordnet aufzusuchen und sich danach die
Hände sorgfältig zu desinfizieren, ist nicht unbedingt
ein Einzelzimmer erforderlich. Gleiches gilt, wenn ein
Patient mit Salmonellen-Enteritis auf der Intensivstation gepflegt wird. Hier sind Barrieremaßnahmen
ausreichend. Diese beinhalten das Tragen von langärmeligem Kittel und Einmalhandschuhen beim unmittelbaren Kontakt mit dem Patienten (Körperpflege,
Körperwaschung) und die sofortige Entsorgung von
Windeln und Reinigungstüchern in geschlossene Behälter am Bett.
Die EHEC-bedingte Diarrhö ist allerdings ein Sonderfall, da hier geringste Erregermengen für eine Ansteckung ausreichen! Aus diesem Grund sollten Patienten mit EHEC-Enteritis im Einzelzimmer oder in
der Kohorte betreut werden. Normale alkoholische
Händedesinfektionsmittel reichen bei bakteriellen Enteritis-Erregern für die Händehygiene aus.
aseptica 18. Jahrgang 2012 | Heft 2 | Klinik und Hygiene           15
Endpunkt der Hygienemaßnahmen
Diese Frage ist bei allen vorgenannten infektiösen Enteritiden besonders schwer zu beantworten. Nach dem
Sistieren der klinischen Symptome werden die Erreger
oft noch Tage bis Wochen ausgeschieden. Bei Noroviren ist ein Überleben der Erreger in der unbelebten
Umgebung über viele Monate gesichert. An RotavirusEnteritis erkrankte Säuglinge scheiden die Erreger noch
wochenlang aus, ohne Symptome zu haben. Auch für
EHEC-Keime ist eine Ausscheidungsdauer von mehreren Tagen bis zu maximal 60 Tagen nach Abklingen der
Erkrankung nachgewiesen worden. Die Hygienemaßnahmen können allerdings unter praktischen Gesichtspunkten nicht wochenlang aufrechterhalten werden.
Sinnvoll erscheint es daher, bei den oben genannten
Erkrankungen noch einige Tage über die Entisolierung
des Patienten hinaus die intensivierte Flächenreinigung
mit den in Tabelle 1 genannten wirksamen Produkten
fortzuführen. Evidenzbasierte, präzise Aussagen zu
dieser Frage sind allerdings nicht möglich. |
Weiterführende Literatur:
1. Bobo L.D. et al.: Recognition and prevention of
hospital-associated enteric infections in the
intensive care unit.
Crit Care Med. 2010; 38: 324–34.
2. Hickson M. et al.: Use of probiotic Lactobacillus
preparation to prevent diarrhoea associated with
antibiotics: randomised double blind placebo
controlled trial.
Brit Med J. 2007; 335 (7610): 80 (Onlineausgabe:
doi: 10.1136/bmj.39231.599815.55).
3. Panknin H.T., Trautmann M.: Diarrhoe durch EHEC
– Gute Basishygiene ist die wichtigste Prävention.
Die Schwester/Der Pfleger. 2011; 50: 660–2.
Danksagung:
Herrn Prof. Dr. med. Matthias Trautmann, Institut für
Krankenhaushygiene, Klinikum Stuttgart, danke ich für
die Begutachtung und Diskussion dieser Übersicht.
Erreger
Patientenisolierung
Schutzausrüstung
Händehygiene
Flächenreinigung
C. difficile
Einzelzimmer, Kohorte
langärmeliger Schutzkittel,
Einmalhandschuhe
Einmalhandschuhe und Händewaschen mit Flüssigseife
nach dem Ablegen
Hypochlorit oder Sauerstoffabspalter; keine quaternären
Verbindungen, Biguanide
oder Aldehyde verwenden!
Noroviren
Einzelzimmer, Kohorte
langärmeliger Schutzkittel,
Einmalhandschuhe, MundNasen-Schutz (OP-Maske
reicht aus)
mit viruzidem Händedesinfektionsmittel
Aldehyde oder Sauerstoffabspalter; keine quaternären
Verbindungen verwenden!
Rotaviren
Einzelzimmer, Kohorte
langärmeliger Schutzkittel,
Einmalhandschuhe, MundNasen-Schutz (OP-Maske
reicht aus)
mit viruzidem Händedesinfektionsmittel*
bevorzugt Aldehyde; geprüfte
Desinfektionsmittel auf
anderer Wirkstoffbasis s.
IHO-Liste*
Salmonellen
Einzelzimmer, Kohorte; bei kooperativen, gehfähigen Patienten
auch Mehrbettzimmer
langärmeliger Schutzkittel,
Einmalhandschuhe
normales alkoholisches
Händedesinfektionsmittel
reicht aus
VAH-gelistetes Flächendesinfektionsmittel
EHEC
Einzelzimmer, Kohorte
langärmeliger Schutzkittel,
Einmalhandschuhe
normales alkoholisches
Händedesinfektionsmittel
reicht aus
VAH-gelistetes Flächendesinfektionsmittel
Tabelle 1. Hygienemaßnahmen bei Diarrhö-Erregern auf der Intensivstation
EHEC, enterohämorrhagische Escherichia coli
VAH, Verbund für Angewandte Hygiene e. V.
* Einige konventionelle, begrenzt viruzide Händedesinfektionsmittel sind gegen Rotaviren begutachtet und bei normaler Einwirkzeit (30 Sekunden) wirksam.
Unter den Flächendesinfektionsmitteln sind auch Biguanid- und Glucoprotamin-basierte Mittel wirksam (siehe IHO-Liste unter www.iho-viruzidie-liste.de).
16           aseptica 18. Jahrgang 2012 | Heft 2 | Technik und Hygiene
Die Geschichte des »ebro-Thermologgers« –
vom Nobody zum Marktführer
W. Klün
| Autor
Wolfgang Klün
ebro Electronic GmbH
Peringerstr. 10
85055 Ingolstadt
Tel.: 0841 95478-10
E-Mail: [email protected]
Unternehmen
Ebro Electronic GmbH ist Teil der Xylem
Inc. Xylem ist ein weltweit führender
Technologie-Anbieter mit Schwerpunkt auf
Pumpen, Wasseraufbereitung und der
instrumentellen Analytik. Xylem ist in
mehr als 150 Ländern durch eine Reihe
von marktführenden Produktmarken
vertreten. Gestartet ist das Unternehmen
im Jahr 2011 aus dem Spin-Off der ITT
Corporation wird Xylem und hat seinen
Hauptsitz in White Plains, NY. Mit 12.500
Mitarbeitern weltweit wurde 2011 ein
Umsatz von 3,8 Mrd. USD erwirtschaftet.
Der erste mir bekannte Datenlogger kam aus den USA
von der Firma Gould Instruments, das war ein 16-KanalTemperaturerfassungssystem
mit einem PDP-8-Rechner,
einer Telexmaschine sowie
einem Temperaturverstärker.
Die Daten wurden per PhilipsECMA-34-Digitalkassette aufgezeichnet, allein das Laden
der Betriebssoftware über
Lochstreifen hat damals zwei
Stunden gedauert. Das ganze
Equipment passte gerade in
den Kofferraum meines Ford
Taunus Turnier, mit dem ich im
Jahr 1974 durch ganz Europa
fuhr, um diesen Datenlogger
in der Industrie bzw. bei Automobilherstellern vorzustellen.
Der Preis für diesen Datenlogger war damals übrigens unglaubliche 200.000 DM.
Der erste handliche Datenlogger kam vor ca. 30 Jahren aus England und hieß »Squirrel«, das Eichhörnchen. Das Gerät erfasste Temperaturen und arbeitete
mit einem 8-Bit-Rechner. Abnehmer hierfür waren
meist namhafte Pharmahersteller, die die Lager- und
Transporttemperaturen von Medikamenten überwachten. In dieser Zeit war die Datenakquisition per
elektronischer Speicherung revolutionär, denn bis
dato kannte man eigentlich lediglich Punktdrucker
und Mehrkanalschreiber, die die Temperaturwerte
aufzeichnen konnten.
In den 80er-Jahren produzierte ebro Electronic
hauptsächlich Steckernetzgeräte und Handmessgeräte für Temperatur, pH sowie für relative Luftfeuchtigkeit. 1989 entwickelte ebro gemeinsam mit
ihrem langjährigen Geschäftspartner Willem Geul
den ersten batteriebetriebenen ebro-Temperaturlogger namens Temptimem. Ausschlaggebend für die
Entwicklung war die gestiegene Nachfrage von Lebensmittelherstellern nach batteriebetriebenen Datenloggern zur Temperaturüberwachung während
des Transports und der Lagerung von tiefgekühlten
Waren. Ein großer Kunde war damals McDonald‘s
mit seinen Tiefkühllagern in ganz Europa.
Fast zeitgleich, im Jahr 1990, suchte die Lebensmittelindustrie ein kabelunabhängiges Temperaturerfassungssystem für die Prozessüberwachung bei
der Pasteurisation bzw. Sterilisation. Der Stand der
Technik war zu dieser Zeit, die Prozesstemperatur
mittels drahtgebundener Thermoelemente zu messen. Die Platzierung der Thermoelemente in den zu
pasteurisierenden Lebensmitteln war sehr aufwendig, zeitraubend und teuer und konnte so nur bedingt zur Routineüberwachung der Prozesse verwendet werden. Das war sozusagen die Geburtsstunde
des ersten ebro-Thermologgers mit dem Namen
EBI 85. Innerhalb eines Jahres wurde dieser Logger
gemeinsam mit dem Ingenieurbüro Franz Knopf in
Offenburg, Mitglied im Stuttgarter Transferzentrum,
entwickelt. Der EBI 85 konnte Temperaturen im Bereich von –40 bis +85 °C aufzeichnen und arbeitete
mit einem eigens dafür entwickelten Computer des
Typs »Andropan«, denn der damals bereits bekannte PC mit dem DOS-Betriebssystem wurde als nicht
manipulationssicher eingestuft und durfte damit als
Auswertesystem nicht verwendet werden. Im Dezember 1992 erfolgte schließlich die Zertifizierung
des Loggers durch die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) Berlin.
Der Temperaturbereich des Datenloggers EBI 85
eignete sich hervorragend, um die Pasteurisationsprozesse bis +85 °C überwachen zu können. Allerdings
war der Datenlogger noch nicht zur Überwachung
von Sterilisationsprozessen geeignet. Es musste also
ein neuer, leistungsstärkerer Datenlogger mit einem
höheren Mess- und Arbeitsbereich entwickelt wer-
aseptica 18. Jahrgang 2012 | Heft 2 | Technik und Hygiene           17
den. Eine sehr enge Zusammenarbeit mit Texas Instruments, dem Hersteller für elektronische Bauteile,
ermöglichte es, in kurzer Zeit eine neue Elektronik zu
entwickeln, die für den Einsatz im Sterilisationsprozess geeignet war. Texas Instruments entwickelte für
ebro die Prozessoren TSS 400 für einen neuen Datenlogger mit einem Messbereich von bis zu +125 °C.
Mit dem neu entwickelten Datenlogger EBI 125 war
es jetzt möglich, alle Sterilisationsprozesse in der
Lebensmittelindustrie zu messen und zu überwachen. Der Datenlogger wurde zur Validierung und
Routineüberwachung von verschiedenen Pasteurisations- und Sterilisationsprozessen von Fleisch-, Gemüse- und Obstkonserven eingesetzt. Mithilfe von
Datenloggern konnte nun erstmalig eine Validierung
sowie die tägliche Routinekontrolle von Nahrungsmittel-Herstellungsprozessen durchgeführt werden,
ohne auf ein Validierungssystem mit kabelgebundenen Thermoelementen angewiesen zu sein.
Der Erfolg des EBI-125-Datenloggers wurde schnell
auch außerhalb der Lebensmittelindustrie bekannt.
Durch den universalen Mess- und Arbeitsbereich
von –40 bis +125 °C konnte der Datenlogger auch
in der Pharmaindustrie erfolgreich eingesetzt werden. So konnten die Sterilisationstemperaturen, aber
auch die Prozesstemperaturen während des Tiefkühltransportes bzw. der Lagerung dokumentiert
werden. Dieser neue Datenlogger war mit seinem
großen Messbereich ideal für viele Anwendungen in
der Lebensmittel- und Pharmaindustrie und damit
seiner Zeit weit voraus.
Ein weiterer Meilenstein der Geschichte der ebroDatenlogger war die 1998 entwickelte ebro-Software
Winlog 2000, die erste Software in Europa, die den
Food and Drug Administration Pharma Standard,
FDA CFR 21 Part 11, vollständig erfüllte. Der TÜV
Süd zertifizierte bzw. validierte 1998 erstmalig ein
Logger-System nach diesem Standard.
1999 wurde mir bewusst, dass nicht nur die Lebensmittel- und Pharmahersteller Autoklaven benutzen,
sondern dass diese auch in der ZSVA, der Zentralen
Sterilgutversorgungsabteilung, in Krankenhäusern
zum Einsatz kommen. Deshalb habe ich in diesem
Jahr unseren Vertriebsleiter Iven Kruse gebeten,
auf der Medica in Düsseldorf – der größten Veran-
staltung für die Medizinbranche weltweit – herauszufinden, ob Interesse an unseren Thermologgern
zur Routinekontrolle der ZSVA-Prozesse besteht.
Nach einem anstrengenden Messetag teilte er mir
mit, dass niemand unseren Thermologger benötigte. Der Grund dafür war, dass zu dieser Zeit ausschließlich chemische oder biologische Indikatoren
zur Routinekontrolle der Prozesse in Dampfsterilisatoren bzw. Reinigungs- und Desinfektionsgeräten
(RDGs) eingesetzt wurden. Die Validierungsnotwendigkeit von Dampfsterilisationsprozessen war
1999 in den meisten Krankenhäusern trotz der Validierungsnorm EN 554 weitgehend unbekannt und
wurde nur sehr langsam und zögerlich umgesetzt.
Eine Validierung von RDG-Prozessen war damals
undenkbar. Hier fehlten die entsprechenden gesetzlichen Voraussetzungen sowie das technische Bewusstsein, um die Prozesse näher zu hinterfragen.
Die ZSVA vertraute den Maschinen sowie deren
Prozessen.
Das hat mich zwar erst einmal verunsichert, aber
auch herausgefordert. Ich wollte mich mit dieser
Aussage nicht abfinden und selbst herausfinden, ob
es nicht eine Möglichkeit
gibt, unsere Thermologger
Die Validierungsnotwendigkeit
in der ZSVA vorzustellen.
von Dampfsterilisationsprozessen
Also plante ich, unsere Prowar 1999 in den meisten Krankendukte auf der Medica vorhäusern […] weitgehend unbezustellen. In Zusammenkannt. Eine Validierung von RDGarbeit mit der Firma H+P
Sterilisatoren aus München
Prozessen war damals undenkbar.
und der Zustimmung von
Dr. Herz habe ich im Jahr 2000 auf der Medica erstmalig Thermologger, auf einem sehr kleinen Messestand von gerade einmal 2 m² auf dem H+P Stand in
der Messehalle 12 ausgestellt. Die Messehalle 12 war
die richtige Halle und wurde gut durch Mitarbeiter
der ZSVA besucht, aber keiner wollte unsere Thermologger kennenlernen. Ich musste die Mitarbeiter
der ZSVA regelrecht auf meinen kleinen Messestand
»zerren« und ihnen die neue Technologie vorführen.
Aber das Interesse blieb aus. Ich erkannte, dass sich
zwar die Prozesse in der Pharma- und Nahrungsmittelindustrie nicht sonderlich von den Prozessen in
der ZSVA unterschieden, aber die Anwender verhielten sich anders. Ohne Gesetze, Normen und Richtlinien war es quasi unmöglich, die Thermologger in
der ZSVA zu etablieren.
18           aseptica 18. Jahrgang 2012 | Heft 2 | Technik und Hygiene
EBI 85
EBI 125
EBI 125
Mit Öse
EBI 125
Druck und Temperatur
EBI 125
Mit flexiblen Fühlern
1992
1993
1996
1998
2002
Mit den 1,2 mm dünnen
Kabelfühlern wird in
Endoskopen oder Kapillaren die Desinfizierungsoder Sterilisierungstemperatur mit 0,1 °C
Genauigkeit festgestellt.
Mittels Druckaufnehmer
mit Luer-Lock-Verbinder
wird der Spüldruck im
RDG mit 10 mbar Genauigkeit nachgewiesen.
aseptica 18. Jahrgang 2012 | Heft 2 | Technik und Hygiene           19
EBI 11
Temperatur
EBI 10
Flexible Fühler, Druck und
Temperatur
2006
EBI 15
Bowie Dick Logger
2008
EBI 100
Druck und Temperatur
2009
EBI 11
Druck
2010
EBI 10
Kabelfühler und Druck
2011
Bild oben:
Validierung des Dampfsterilisationsprozesses
mit EBI 10 Kabellogger.
Bild links:
Der elektronische Bowie
Dick Tester EBI 15.
20           aseptica 18. Jahrgang 2012 | Heft 2 | Technik und Hygiene
Parallel dazu hat mein alter Freund Albert Bosch,
damals noch bei der Firma Getinge beschäftigt, erkannt, dass wir mit dem Datenlogger etwas Besonderes für die Anwendungen in der ZSVA hatten. Er
führte an der Universität Aachen verschiedene Routinekontrollmessungen im Dampfsterilisator durch
und konnte dort erstmalig einen Servicemitarbeiter
eines Dampfsterilisatorherstellers überzeugen, dass
man mit Datenloggern die Prozesse hervorragend
dokumentieren kann. Im Hintergrund wurden die
beiden vom damaligen ZSVA-Leiter beobachtet und
danach befragt, um
was für ein MessOhne Gesetze, Normen und Richtlinien
gerät es sich hanwar es quasi unmöglich, die
delte. Albert Bosch
Thermologger in der ZSVA zu etablieren. erklärte ihm genau,
wie der Datenlogger
Temperatur und Druck im Dampfsterilisator im Sekundentakt aufzeichnen und damit die einzelnen Phasen
des Sterilisationsprozesses genau dokumentierten
kann – von der Evakuierungsphase über die Ausgleichzeit und die Haltephase bis zur Abkühlungsphase. Er demonstrierte die Auswertung der Daten
mit seinem PC und überzeugte damit den ZSVA-Leiter, der ebro anschließend mit der ersten größeren
Datenlogger-Lieferung beauftragte.
Das war der Anfang in der ZSVA mit unserem Thermologger. Iven Kruse wurde zum Produktmanager
für den Medizin- und ZSVA-Markt ernannt und
wurde im gleichen Jahr Mitglied im DIN-Ausschuss
NAMed NA063 sowie Mitglied in der DGSV. Ein
Jahr später folgte die Mitgliedschaft in der EFHSS,
später WFHSS, und ein weiteres Jahr später trat Iven
Kruse der Redaktion der aseptica bei.
Es folgten eine Reihe fruchtbarer Kooperationen
mit verschiedenen Beratern sowie Herstellern von
Dampfsterilisatoren und RDGs. An dieser Stelle ist
die sehr gute und langjährige Zusammenarbeit mit
Herrn Dr. Thomas Fengler und seinem Mitarbeiter
Herrn Helmut Pahlke (= 2010) sowie Herrn Toni Zanette von der Universität Tübingen zu nennen. Sie
erkannten frühzeitig, dass die Validierung und auch
die Routinekontrolle einfacher mit Thermologgern
umzusetzen ist.
Schützenhilfe kam auch von Herrn Dr. Jatzwauk von
der Universität Dresden, der unseren Thermologger
erstmalig 1998 bei der Routinekontrolle von RDGProzessen mit der damals vollkommen unbekannten
Bestimmung des A0-Wertes einsetzte. Hier folgte
dann die Veröffentlichung in der Zentralsterilisation:
Thermische Desinfektionswirkung von Reinigungsund Desinfektionsautomaten. ZentralSteril 2001;
9: 14–16. Auch Herr Dr. Yushi Uetera von der Universität Tokio, heute Beirat bei der »Zentralsterilisation«, erkannte den Nutzen des ebro-Thermologgers
im fernen Japan. Dazu kamen auch viele Hersteller,
wobei ich einen besonders hervorheben möchte,
nämlich die Firma Miele mit Herrn Dr. Winfried
Michels, der ebro immer mit Rat und Tat zur Seite
stand.
Im Jahr 2002 wurde die gesetzliche Grundlage für
die Aufbereitung von Medizinprodukten in Deutschland mit dem Medizinproduktgesetz (MPG), der
Medizinprodukt-Betreiberverordnung (MP-BetreibV)
sowie der Empfehlung des RKI »Anforderungen der
Hygiene bei der Aufbereitung von Medizinprodukten« geschaffen. Diese forderten geeignete validierte
Verfahren, um sicherzustellen, dass für Patienten,
Anwender und Dritte keine gesundheitlichen Gefahren von aufbereiteten Medizinprodukten ausgehen.
Durch die damals noch nicht veröffentlichte Norm
pr EN DIN ISO 15883-1/2/3 sowie die Leitlinie
der DGSV, DGKH und AKI wurde die Validierung
von maschinellen Reinigungs- und Desinfektionsprozessen für thermostabile Medizinprodukte festgelegt. Mit den Normen DIN EN 285/554 bzw.
DIN 58946-6, später ISO 17665 wurden die Routinekontrolle und die Validierung beim Betrieb von
Großsterilisatoren im Gesundheitswesen definiert.
Besonders durch die neuen Richtlinien und Gesetze,
aber auch durch Kontrollen der Gesundheitsbehörde
wurde das Personal in der ZSVA vor neue Herausforderungen gestellt.
Das war die Chance für das ebro-Team um Iven
Kruse. Es nahm Kontakt mit Mitarbeitern der ZSVA
sowie allen Herstellern von Dampfsterilisatoren und
Reinigungs- und Desinfektionsgeräten auf. Temperaturprüfungen in RDGs wurden bei der Routineüberwachung sowie bei der Validierung mit Temperaturdatenloggern durchgeführt, um nachzuweisen,
dass die Temperatur in der Kammer und in der Beladung während des Prozesses erreicht wurde. Hatten
die eingesetzten RDGs keine Registriergeräte mit
aseptica 18. Jahrgang 2012 | Heft 2 | Technik und Hygiene           21
fest installiertem Temperaturfühler, so mussten die
Temperaturen der Beladung durch zusätzliche Datenlogger aufgezeichnet werden. Die Auswertungen
der Datenlogger zeigten die Temperaturkurven im
Gesamtprozess und ermöglichten die Berechnung
des A0-Wertes. Das A0-Wertkonzept wurde durch
die ISO 15883 erfolgreich eingeführt und löste die
biologischen Indikatoren bei der Validierung bzw.
bei der Routinekontrolle von RDG-Prozessen komplett ab.
Bei Medizinprodukten, die mit hitzeresistenten
Viren, z. B. Hepatitis-B-Viren, kontaminiert sind,
wurde ein A0-Wert von mindestens 3000 angesetzt.
Die Verwendung von biologischen Indikatoren anstelle der Thermologger war nicht mehr vertretbar
(DIN EN 15883-1, Pkt. 6.8.1.). In Dampfsterilisatoren wurden die Druck- und die Temperaturwerte jeder Charge mittels des integrierten Aufzeichnungssystems dokumentiert. Zu dieser Zeit hatten jedoch
viele Sterilisatoren noch kein Aufzeichnungssystem, sodass auch hier der ebro-Thermologger zur
Druck- und Temperaturüberwachung zum Einsatz
kam. Die Softwarelösung Winlog.med wurde speziell für die Benutzer in der ZSVA entwickelt, um
die Möglichkeit einer einfachen Routinekontrolle zu
schaffen.
Die ebro Electronic GmbH entwickelte sich innerhalb von fünf Jahren in Europa zum Marktführer
in der ZSVA für Thermologger. Viele ZSVA-Mitarbeiter sprachen von »dem ebro« und meinten damit
einen Thermologger.
Trotz unseres Erfolges konnten wir noch nicht alle
Validierer und großen Hersteller von unseren Datenloggern überzeugen. Was fehlte, waren flexiblere
Temperatursensoren und natürlich eine Möglichkeit
der Echtzeitmessung wie bei einem Validierungssystem mit Thermoelementen. Bedenkt man aber den
hohen Aufwand bei der Kalibrierung der Thermoelementsensoren sowie deren Platzierung im RDA
oder Dampfsterilisator, was nur über den Anschlussstutzen von außen möglich ist, erkennt man sehr
schnell, dass mit einem neuen Funklogger ein großes
Einsparungspotenzial zu erreichen ist.
Die neue innovative Funk-Thermologger-Familie
EBI 10 von ebro Electronic ermöglichte es, mit
der EBI-10-Funk-Technologie die Routinekontrolle
und die Validierung von RDA- sowie Dampfsterilisationsprozessen drahtlos in Echtzeit durchzuführen. Der EBI 10 funkt seine Messdaten aus dem
geschlossenen RDA oder Dampfsterilisator, wodurch der Verantwortliche den Prozess live auf dem
Monitor verfolgen und einen eventuell fehlerhaften
Prozess sofort abbrechen kann. Das spart viel Arbeit und Zeit. Der absolut wasser- und dampfdichte
EBI 10 (IP 68) hat einen Temperaturmessbereich
von –80 bis +400 °C und einen Druckmessbereich
von 1 bis 4000 mbar. Die Speicherkapazität beträgt
100.000 Messwerte, damit lassen sich Prozesse bis
zu zehn Stunden mit einem Messtakt von 250 Millisekunden aufzeichnen. Die Temperatur- und Druckgenauigkeit ist mit ±0,1 °C bzw. ±10 mbar sehr hoch
und wird im dazugehörigen ISO-Zertifikat dokumentiert.
Die Datenlogger werden mit dem speziellen EBI10-Interface mit integrierter Antenne betrieben.
Er funkt auf der weltweit zugelassenen Frequenz
2,4 GHz und entspricht dem IEEE-Funkstandard
802.15.4, wodurch der Logger problemlos eingesetzt
werden kann. Zeitgleich wurden schnelle, flexible
und dampfdichte Pt-1000-Temperaturfühler entwickelt, die die gleiche Ansprechzeit (t90) wie Thermoelemente haben.
Abgerundet wurde unser EBI-10-System mit der
neuen Validierungssoftware Winlog.validiation, die
die Anforderungen von ISO 15883 und ISO 17665
erfüllt. Auch vom TÜV Süd wurde unser Validierungssystem im Jahr 2008 erfolgreich zertifiziert.
Parallel entwickelte ebro für die ZSVA einen preiswerten elektronischen Bowie-Dick-Test (EBI 15)
nach ISO 11140-4. Mithilfe moderner elektronischer
Datenerfassung liefert der EBI 15 ein eindeutiges
Resultat (»bestanden«/»nicht bestanden«). Die Funktionalität des EBI-15-Loggers wurde ebenfalls durch
den TÜV Süd sowie durch die Firma SMP nach EN
ISO 11140-4 geprüft.
Vom Nobody zum Marktführer für Thermologger in
der ZSVA war es ein langer Weg, aber es hat uns bis
heute angespornt und treibt uns auch weiterhin an,
Lösungen zu finden, die die Prozesse in der ZSVA
sicherer gestalten. |
22           aseptica 18. Jahrgang 2012 | Heft 2 | Diverses/Impressum
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18. Jahrgang 2012
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aseptica 18. Jahrgang 2012 | Heft 2 | Diverses / Impressum           23
Meldung
Entdeckung der Forschergruppe um den Chemieprofessor Bartosz
A. Grzybowski, Department of Chemical and Biological Engineering,
Northwestern University, Illinois, USA: Mechanische H2O2-Freisetzung
Durch mechanische Belastung von Polymeren in wässriger Umgebung entsteht
Wasserstoffperoxid, wie die Gruppe um Grzybowski zeigte. Sie wies dies durch
spektroskopische Methoden und chemische Reaktionen nach. Flexible Hohlröhrchen aus Poly(dimethylsiloxan), Tygon und Poly(vinylchlorid) wurden mit Wasser
befüllt und mechanisch komprimiert, wonach in Abhängigkeit von der mechanischen Energie und der Größe der Polymer-Wasser-Grenzfläche bis zu 20 mg
H202 pro Quadratmeter freigesetzt wurden. Der Grund dafür ist, dass in den Polymerketten Radikale entstehen, die bei Kontakt mit Wasser die Wasserstoffperoxidbildung bewirken. Der Wirkungsgrad für die Umsetzung von mechanischer
Energie in freigesetzte chemische Energie erreicht für poröse Polymere bis zu
30 Prozent. Das gebildete H202 kann verschiedene chemische Reaktionen antreiben, etwa das Bleichen von Farbstoffen. Wichtig ist darüber hinaus der Hinweis,
dass die mechanische Belastung von polymeren Biomaterialien über denselben Mechanismus möglicherweise Sauerstoffradikale im menschlichen Körper freisetzt.
ATN [Angew. Chem. 2012, 124, 3656]
16. Würzburger Infektiologie- und Hygienekongress am
18. und 19.09.2012
Stichpunkte:
– Netzwerkbildung im Zeichen zunehmender Resistenzbildung
– Infektionskrankheiten in der heutigen Zeit am Beispiel der Tuberkulose und des
Keuchhustens
– intensivmedizinische Herausforderungen beim Beatmungspatienten
– europaweite Bestrebungen zur Senkung nosokomialer Infektionen
– Geschichte der Impfung am Beispiel der Pocken
13 Fortbildungspunkte der Landesärztekammer Baden-Württemberg können erworben werden.
Veranstalter: Deutsches Beratungszentrum für Hygiene (BZH GmbH), Freiburg
Veranstaltungsort: Saalbau Luisengarten, Würzburg
Wissenschaftliche Leitung:
Dr. med. Wolfgang Gärtner, Ärztlicher Leiter BZH GmbH
Prof. Dr. med. Markus Dettenkofer, Leiter Sektion Krankenhaushygiene am Institut für
Umweltmedizin und Krankenhaushygiene (IUK) am Universitätsklinikum Freiburg
Anmeldung und Info:
Susanne Opitz, Assistentin der Ressorts – Kongressorganisation
BZH GmbH, Deutsches Beratungszentrum für Hygiene
Schnewlinstr. 10, 79098 Freiburg
Telefon: +49 761 202678-0, Telefax: +49 761 202678-28
E-Mail: [email protected], Internet: www.bzh-freiburg.de
| Impressum
Wissenschaftlicher Beirat:
H. Biering, Düsseldorf
Diana Bijl, Beuningen (Niederlande)
D. Bremer, Harderberg
S. Fuhrmann, Chemnitz
A. Hartwig, Berlin
U. Junghannß, Köthen
S. Kauertz, Dortmund
T. Miorini, Graz
M. Pietsch, Mainz
E. Schott, Essen
B. Wilbrandt, Berlin
Herausgeber:
Medienfabrik Gütersloh GmbH
Carl-Bertelsmann-Str. 33
33311 Gütersloh
Telefon: 05241/23480-50
Fax: 05241/23480-61
ISDN: 05241/23480-64
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Internet: www.aseptica.com
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Verantwortlich für den Inhalt:
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Stephan Dittmar, Ulrich Borghardt
Titelbild: ERproductions Ltd/Blend Images/Corbis
Auflage: 9.500
Erscheinungsweise: viermal jährlich
Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier
Nachdruck nur mit Genehmigung der Redaktion.
Namentlich gekennzeichnete Beiträge können von
der Meinung der Redaktion abweichen. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos wird
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90 % Limonen), gereinigtes Wasser. Anwendungsgebiet: Hygienische und chirurgische Händedesinfektion. Gegenanzeigen: Nicht für die Antiseptik
von Schleimhäuten geeignet. Nicht in unmittelbarer Nähe der Augen anwenden. Überempfindlichkeit gegen Inhaltsstoffe. Nebenwirkungen: Selten
(weniger als 1 von 1.000, aber mehr als 1 von 10.000 Behandelten) können Hautirritationen wie Rötungen und Brennen, sowie Kontaktallergien
auftreten. Bitte jede Nebenwirkung, die nicht in der Gebrauchsinformation aufgeführt ist, dem Arzt oder Apotheker mitteilen. Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung: Entzündlich! Produkt von offenem Feuer fernhalten. Flammpunkt (nach DIN 51755) 13 °C. Vor Anwendung elektrischer
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