Sport hält die Dinge zusammen und gleichzeitig in Bewegung, wir

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Sport hält die Dinge zusammen und gleichzeitig in Bewegung, wir
SONNABEND / SONNTAG, 28. / 29. MAI 2011
21
2011
Unterwegs: Feiern auf der 13. Altonale › Stadtgespräch: Michael Stich bereut nichts › Titel-Thema: Spaß & Spiel – 20 besondere Sportarten
Lokal-Termin: „Das weisse Haus“ › Gestern & Heute: 40 Jahre „Stern“-Aktion „Wir haben abgetrieben!“ › Markenmacher: Lunge Laufschuhe
Der Lauf der Welt
Sport hält die Dinge zusammen
und gleichzeitig in Bewegung,
wir zeigen dabei Charakter und
lernen Teamgeist. YVONNE
WEISS bekennt: Ohne Sport
läuft in ihrem Leben gar nichts
H
allo, mein Name ist Yvonne, und ich bin
Sportaholic. Jeden Tag greife ich zu meinen Turnschuhen, manchmal schon vor
7 Uhr. Ich finde es berauschend, überall
und bei jedem Wetter durch die Gegend zu
rennen und kümmere mich nicht um die
Co-Abhängigen in meinem Team. Meine
beste Freundin und Trauzeugin wurde fast
verrückt, als ich kurz vor der kirchlichen
Trauung noch ins Fitness-Studio verschwand. Meine Schwägerin findet
sich bei Familientreffen durch meine Bewegungssucht tyrannisiert
(„Dabei kann man nicht gemütlich Kuchen essen!“), und mein Mann
reagiert regelmäßig mit Unverständnis, wenn ich auf Reisen im Dunkeln
aufstehe, um fremde Länder und Städte im Dauerlauf zu erkunden. „Hast
du Angst, dass die Sonne nicht aufgeht, wenn du ihr nicht entgegenrennst?“, fragt er dann und dreht sich auf die andere Seite – was nach
seiner Definition übrigens bereits als Bewegung gilt.
Dabei zielt Sport keineswegs auf die bloße körperliche Ertüchtigung
ab. Sport bedeutet mehr als Pulsuhr, Schweißband und Bauch, Beine, Po.
Zuallererst gehört Sport in den Bereich der Kunst, da es darum geht, den
eigenen Körper in die ästhetisch gewünschte Form zu bringen. Die dabei
freigesetzten Botenstoffe Dopamin und Serotonin wirken wie Medikamente – zuzahlungsfrei und homöopathisch obendrein.
Als Teil des Soziallebens trainiert Sport das kollektive Vergnügen. In
Hamburg finden Fitness-Fans dafür ideale Bedingungen. Es gibt fast 800
verschiedene Sportvereine und jede Menge Gleichgesinnte: 540 000
Mitglieder zählt der Hamburger Sportbund, hinzu kommen die Besucher der Fitness-Studios, deren Spektrum vom Ein-Zimmer-Geruchserlebnis bis zum 5-Sterne-Palast mit Bademantel-Service reicht. Laut
einer Studie von 2010 ist Hamburg sogar die sportlichste Stadt Deutschlands. Kein Wunder, verfügt sie doch mit der Alster über eine eingebaute
Joggingstrecke. Nach spätestens drei Metern ist man hier Teil einer
Gemeinschaft, obwohl man gar keinen Gruppen-Sport betreibt. Bei wem es nicht so richtig läuft, der sucht sich einfach eine andere,
für ihn passende Sportart – alles nur eine Frage des Charakters. Wer
diszipliniert ist, tanzt Ballett, wer gerne im Trend liegt, geht klettern.
Nostalgiker greifen zum Rhönrad, Wüteriche zum Baseballschläger.
Ruhige Gemüter treffen sich im Tai-Chi-Kurs, Narzissten im Hantelbereich vor der Spiegelwand. Traditionalisten spielen Hockey, Netzwerker Golf, Draufgänger Polo. Konservative gehen wandern, Menschen
mit Sitzfleisch zum Spinning. Rückwärtsgewandte rudern, Flexible turnen. Kinder von überehrgeizigen Müttern werden Eisprinzessin, übermotivierte Väter hingegen züchten Tennisspieler.
Ich selbst wurde im Alter von sechs Jahren Mitglied eines Tennisklubs. Sonnabends war ich vom Unterricht befreit, um zu Turnieren und
Sichtungen zu fahren, wo dann Legenden wie Ion Tiriac und Niki Pilic
meinen Slice und die Zeit beim Hütchen-Lauf begutachteten. Auf meiner Tennistasche stand „Winners never quit“, als ich noch gar nicht rich-
Duell gegen sich selbst: Auch beim
Jogging sind wir in guter Gesellschaft
FOTO: PLAINPICTURE/ETSA
tig Englisch konnte. Die Ferien verbrachte ich so oft wie möglich in
Wimbledon, und Weiß war für mich die schönste Farbe der Welt. Heute
verstecke ich diese Vorliebe in meinem neuen Nachnamen. (Hier möchte
ich auf Wunsch meines Mannes darauf hinweisen, dass dieser glückliche
Zufall mein Jawort in keiner Weise beeinflusst oder gefördert hat!)
Andererseits standen überehrgeizige Angehörige am Platzrand, die
„schlecht!“ riefen, wenn ich einen Doppelfehler machte. Als ich mal
meinen Arm brach, schlug ich nach drei Wochen wieder auf. Und beim
Finale der Bezirksmeisterschaften 1986 übergab ich mich im dritten
Satz beim Stand von 4:3 in einen Balleimer, um danach keinen Punkt
mehr abzugeben. Gewinnen kann so traurig sein.
Zum Glück aber erlaubt der Sport – und nur der Sport – auch Verlierern, siegreich vom Felde zu ziehen. Wer waren denn die Gewinner
der Herzen bei der Fußball-WM 2006? An diesem Beispiel lässt sich darüber hinaus verdeutlichen, dass es heutzutage fast nur noch Sportveranstaltungen sind, die ein „Wir“-Gefühl ermöglichen und Einheiten zu
bilden imstande sind. Wer einmal im Fanblock von St. Pauli stand, weiß
plötzlich, was regionales Hochgefühl bedeutet. Und Schmerz. Geballte
Emotionen. Das alles jedoch in größtenteils kontrollierbarer Form –
Sport erlaubt kleine Exzesse im Stadion der Regelhaftigkeit. Ja, Sport ist zivilisierte Erregung. Der Soziologe Norbert Elias stellte
1986 die These auf, dass das moderne Sportgeschehen die Unterdrückung von körperlichen Exzessen im Alltagsleben kompensiert. Im Werbedeutsch kann man auch sagen: Lass ihn raus, den Tiger! Wir können
uns nicht permanent zusammenreißen und artig unseren Verpflichtungen nachkommen. Wer mal sehen will, wie Finanzmakler, Chirurgen
oder Journalisten so richtig rumbrüllen, sollte die Fight Class im Meridian Spa Eppendorf (donnerstags, 19 Uhr) besuchen. Der letzte Schrei!
Eine derartige Katharsis bekommt kein Therapeut so schnell und zuverlässig hin. Aristoteles – philosophischer Begründer der SelbstreinigungsTheorie – hätte hier gleich eine Mitgliedschaft abgeschlossen.
Und da wir gerade bei den alten Griechen sind: Sport bedeutet auch
Bildung. Kein anderes Fach vermittelt so eindrücklich, worauf es in einer
Demokratie ankommt: auf Fairness, Gemeinschaftsgeist und Regeln, an
die sich alle halten sollen. Insofern bringt Freizeitsport – gedopte Profis
haben zu diesem Text keine Zugangsberechtigung – auch eine gewisse
Wahrheit mit sich. Ich kann genau messen, wie weit oder wie hoch ich
springe, wie viele Kalorien ich auf dem Crosstrainer verbrenne, wie
lange ich für fünf Kilometer brauche. „Die Politik lügt, auch das Kino, die
Literatur, nicht aber der Sport“, sagt der Regisseur Jean-Luc Godard.
Natürlich gibt es immer wieder Sportmuffel, die sich weder selbst
noch von ihrer Position wegbewegen wollen. Winston Churchill und
Homer Simpson beispielsweise, oder George Orwell, der Sport verächtlich als „Krieg abzüglich der Schießereien“ definierte. Dabei ist es für
die Staaten-Gemeinschaft wesentlich gesünder, sich alle vier Jahre bei
Olympia oder Weltmeisterschaften zu messen. Und wenn man Sport
unbedingt als disziplinierten Zwilling des Krieges betrachten will, sollte
man dabei den kleinen, aber feinen Unterschied beachten: Der eine
tötet, der andere kann Leben verlängern.
Zugegeben: Sport ist kompetitiv. Selbst wenn man allein durch die
Welt joggt, einen Gegner wird man nie los: sich selbst. Ich werde dennoch
weiterlaufen. Irgendwann muss man ja ankommen. Das ist das Ziel.
S. 4/5 – Immer in Bewegung!
Boule, Bowling oder Bogenschießen;
20 Sportarten, die Spaß machen
II
› WOCHENENDE
Sonnabend / Sonntag, 28. / 29. Mai 2011
KARTE: GRAFIKANSTALT
S
19 Uhr Sonntagabends setzt
meine Menschenscheu ein.
Ich möchte keinen Besuch
und gehe auch nicht mehr raus.
Ich setze mich im Wohnzimmer vor den Fernseher und
lasse mich berieseln. Ich mag
französische Spielfilme mit
den Schauspielerinnen Isabelle Huppert und Catherine
Deneuve. In den Filmen passiert zwar nicht so viel, dafür
sind sie aber sehr lebensnah
und gesellschaftskritisch.
23 Uhr Der Film ist zu Ende. Aber es kommt noch „Titel, Thesen, Temperamente“
mit Dieter Moor. Obwohl ich
eigentlich schon todmüde bin,
gehe ich nicht ins Bett. Das
passiert meist erst gegen
1 Uhr nachts. Acht Stunden
später klingelt der Wecker.
3. November 2011
20 Uhr
O2 World Hamburg
Karten € 48,– bis € 89,25
Karten gibt es in allen
Hamburger Abendblatt-Ticketshops
(zzgl. Bearbeitungsgebühr)
Hamburger AbendblattTicket-Hotline
040/30 30 98 98
(zzgl. Versandkosten)
Mo.–Fr. 8–19 Uhr, Sa. 8–13 Uhr
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17.30 Uhr Zurück zu Hause
mache ich mir Spaghetti mit
gebratenen Speckwürfeln und
einer Tomaten-Sahne-Soße.
Die Spaghetti müssen richtig
weich gekocht werden. Währenddessen telefoniere ich
mit meiner Schwester und
meiner Mutter. Wir erzählen
uns, was wir in der Woche so
gemacht haben. Während ich
dann in meiner Old-SchoolKüche esse (ich habe keine
Einbauküche), gucke ich
Fernsehen.
raß
Jetzt steht ein ausgedehnter
Strandspaziergang auf dem
Programm und anschließend
ein Abstecher ins Café Wichtig. Hier trifft sich halb Hamburg. An einem Tag wie diesem
versuche ich mal komplett
abzuschalten und nicht an die
Arbeit zu denken. Ausspannen ist mir wichtig.
2
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14.25 Uhr Angekommen!
Elbchaussee
Kommt in die Tüte! Die
„goodgoods Messe“ zeigt schon
heute die Produkte von morgen
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Reeperbahn
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FOTO: ISTOCKPHOTO
7 Uhr Ich komme jetzt
erst nach einer Partysause
nach Hause. Die beginnt im
Restaurant Tarantella am
Stephansplatz. Das Zwick in
Pöseldorf ist ein Zwischenstopp, bevor ich mich dann
ins Hamburger Nachtleben
wie das Golden Cut stürze.
Oldtimer, den Jaguar E-Type,
aus der Garage und dann geht
es zum Timmendorfer Strand.
ALTONA
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Mein perfekter
Sonntag
13.45 Uhr Ich hole meinen
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Der 45-jährige Scooter-Frontmann
macht die Nacht zum Tag und einen
Ausflug zum Timmendorfer Strand
12 Uhr Mein Handywecker
klingelt. Ich springe unter
die Dusche und hole Brötchen
in Duvenstedt beim Bäcker
Hoisbütteler Mühle (Duvenstedter Damm 66). Ich esse
gerne im Garten auf der Terrasse. Ein Katerfrühstück.
Deftig muss es sein mit Schinken und Leberwurst. Was
nicht fehlen darf: Ostfriesentee mit Milch und Kandis.
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FOTO: PICTURE-ALLIANCE/JAZZ ARCHIV
Stresemannstraße
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H. P.
Baxxter
Auf nach Altona
14 AUSGEH-TIPPS
Eine Wundertüte namens Altonale
TEXT: KIRSTEN RICK
Altona wie es tobt, spielt, tanzt und lacht: Vom 1. bis zum 19. Juni steigt die
13. Altonale, Norddeutschlands größte Kulturveranstaltung und ein gigantisches Straßenfest. In diesem Jahr mit von der Party: das Partnerland Türkei
Shoppen der Zukunft
1 ALTONALE KULTURNACHT Das Fest startet mit einem Spektakel: Das Altonaer
Museum wird in einen „Basar der Künste“ verwandelt. Der 300-köpfige Chor der
türkischen Gemeinde Hamburg tritt auf, Fatma Aydin singt friesische und türkische
Lieder, es gibt eine Kulturdusche und die nächtliche Museumsführung „Die Wahrheit über Altona. Alles muss raus!“. Dabei testen Sven Amtsberg und Michael Weins
jedes Exponat: Ist es nützlich? Ist es schön? Was bringt es auf dem Flohmarkt?
» 1.6., Einlass ab 18 Uhr, offizielle Eröffnung um 19 Uhr, Abendprogramm ab
19.30 Uhr, Eintritt 6 Euro, Altonaer Museum, Museumstr. 23
Jute-Schick und Öko-Strick sind lange Vergangenheit: Die „goodgoods Messe
für nachhaltigen Konsum“ beweist, dass sich Design und Umweltbewusstsein
nicht mehr ausschließen – mit Mode, Elektro-Sportflitzern und Papp-Computern
N
TEXT: VERA ALTROCK
achhaltigkeit ist endlich in der bunten Welt
der Verbrauchermessen angelangt – doch
neben Klassikern wie „Du und Deine Welt“
und „Boote“ wirkt die „goodgoods-Messe für nachhaltigen Konsum“ noch wie ein Exot. Und das ist Absicht: Von Ständen aus Sperrholz bis Bio-Catering –
hier soll alles anders sein als bei herkömmlichen Ausstellungen. Rund 80 Händler aus ganz Deutschland
treten den Beweis an, dass sich Nachhaltigkeit und
Design nicht ausschließen. Da gibt es einen Stuhl von
Werner Aisslinger, der zu 75 Prozent aus Hanf und
Kenaf besteht, einen biologisch abbaubaren Schirm
von The Brelli, einen PC im Recycling-Pappgehäuse
namens Recompute, eine Mikro-Windturbine, entworfen von Philippe Starck für Pramac, einen Prototypen für ein ultraleichtes Elektromotorrad von Ralf
Kittmann und den Tesla Roadster, der weltweit erste
Elektro-Sportwagen (Probefahrten möglich!).
„Die neue Verbindung von Ökologie und Design
gibt der grünen Wirtschaft starken Rückenwind“,
sagt Jutta Nachtwey, die die Exponate zusammengestellt hat, „und sie macht nachhaltigen Konsum auch
für Zielgruppen attraktiv, die bisher keine Überzeugungstäter waren.“ Und so sind nicht nur Anbieter
aus den Bereichen Wohnen, Büro, Reisen, Freizeit
oder Multimedia anwesend – auch die Verbraucherzentrale, der Blaue Engel und der Zukunftsrat sind
vor Ort, um über Umweltsiegel und Entwicklungsperspektiven zu diskutieren.
Ein Schwerpunkt ist „Fair Fashion“, das Motto des
goodgoods Fashion Cubes. In dem acht Meter hohen
Wohnwürfel zeigen Models die Kollektionen „grüner“ Labels, darunter viele Hamburger Kreative. Und
weil das Messe-Konzept auch „gucken und kaufen“
lautet, kann man mit gutem Gewissen an den Ständen
rund um den Fashion Cube zuschlagen. Dazu sucht
das Umweltportal www.umwelthauptstadt.de „das
natürlichste Gesicht Hamburgs“. Die zwölf Finalisten führen als Models nachhaltige Mode von der bekannten Hamburger Designerin Julia Starp vor.
Auch der Selbermachen-Trend wird aufgegriffen:
In der Do-it-yourself-Welt der Offenen Werkstätten
können Gäste gebrauchte Gegenstände recyceln und
mit professioneller Unterstützung in kleine Kunstobjekte verwandeln. Auch für Kinder ist das ein großer Spaß: Fünf- bis Zehnjährige basteln in Workshops
aus Handschuhen kleine Monster oder aus Pappe die
Stadt der Zukunft. Und weil Nachhaltigkeit nichts
anderes als Zukunft bedeutet, können sich Hamburgs
Schüler unter dem Motto „Umwelt soll Spaß machen“
mit einem T-Shirt-Entwurf als „goodgoods“-Designer von morgen bewerben.
2 FLOATING VOLUME #3 Die Kunst Altonale eröffnet mit der Vernissage „Stadt
und Identität in der künstlerischen Forschung“, bei der 21 Künstler aus Hamburg
und Istanbul ihre Ansichten zur Metropole und deren Konstruktion ausstellen.
» Eröffnung am 2.6., 19 Uhr, Mo–Sa 10–19 Uhr, Kulturetage, 1. Stock über der
Galerie KunstNah, Große Bergstr. 160
3 HEIMSPIEL ’11 – DEUTSCH-TÜRKISCHES THEATERFESTIVAL Das erste
binationale Hamburger Bühnenfest zeigt „deutsch-türkisches Leben“ in allen
Facetten: Zur Eröffnung an der „Langen Nacht der Deutschtürken“ gibt es Gastspiele wie „Hacivat und Karagöz in Almanya“, Loungemusik von DJane Ipek u. m.
» 3.6., Programm ab 18.30 Uhr, Thalia in der Gaußstraße, Gaußstr. 190,
Tel. 32 81 44 44, Eintritt frei
4 KUNST IM SCHAUFENSTER Bummel mal anders: In Boutiquen und Buchhandlungen konkurrieren Werke um den mit 2000 Euro dotierten Altonale-Kunstpreis.
» 1.–19.6., Altona und Ottensen, Rundgang mit dem Künstler Manfred Kroboth
am 4.6., 14 Uhr, Treffpunkt: Mercado Untergeschoss
Service
» goodgoods Messe für nachhaltigen Konsum, 28. / 29.5.,
Hamburg Messe Halle B7, Eingang
Süd an der Karolinenstraße,
geöffnet von 11 – 19 Uhr, Tageskarte
Erwachsene 10 Euro, ermäßigt 7
Euro, Kinder bis 12 Jahre kostenlos,
www.goodgoods.de
5 LYRISCH DUSCHEN MIT AUSSICHT Künstlerin Anja Reimers installiert auf dem
Altonaer Balkon ihre Lyrik-Dusche, aus der Poesie strömt, bereinigend und belebend.
» 1.–19.6., rund um die Uhr, Altonaer Balkon
6 KIOSKLESUNG Zwischen Zeitungen und Süßem treten
die Spoken-Word-Poeten Xóchil A. Schütz (Berlin) und
Toby Hoffmann (Ravensburg) auf, Kioskbesitzer Winnie und
Freunde spielen den Blues. Ein Happening, das schnell auf
die Straße übergreift.
» 4.6., 19 Uhr, Kiosk in der Ottenser Hauptstr. 61, Eintritt frei
7 LITERATUR AHOI! Während das Schiff über die Elbe kreuzt, lesen Anja Dückers,
Jasmin Ramadan und Feridun Zaimoglu aus Romanen und Liebesgeschichten.
» 5.6., 19.30 Uhr, MS Commodore, Anleger Neumühlen/Oevelgönne, Karten:
10 Euro, Tel. 39 80 69 70
DER GRÜNE PUNKT Von Mammutbäumen zu Orchideen und Wüstengewächsen: Die Umwelttour im
Botanischen Garten Klein Flottbek führt zu besonderen und seltenen Pflanzen, zu Schätzen, von denen
manche nur hier bei uns wachsen. Dabei werden auch Schutzmaßnahmen diskutiert. Am 1.6. ab 17 Uhr
8 POETRY NIGHT FERRY Der Poetry-Slam-Star Mischa-Sarim Vérollet liest zu
später Stunde auf der Fahrt nach Finkenwerder und retour aus seinem Debütroman „Warum ich Angst vor Frauen habe“.
» 6.6., 22.15 Uhr, Landungsbrücken, Brücke 3, Linie 62, Mitfahrt mit HVV-Ticket
KULTUR ERLEBEN
9 TÜMATA Das 30-köpfige Ensemble des Musiktherapeuten, Sufimeisters und
Musikers Dr. Oruç Güven erklärt in einer Performance spielerisch türkische Musik.
» 7.6., 19.30 Uhr, Kulturkirche (St. Johanniskirche) Altona, Max-Brauer-Allee/
Ecke Sternbrücke, Eintritt 10 Euro, Karten Tel. 39 80 69 70
10 „IMPRO-ALA-TURKA“ TRIFFT „THEATER IMPROMPTÜ“ Improvisiertes
Theater auf Deutsch und Türkisch, aus München und Hamburg, mit, über und
gegen Vorurteile und Klischees. Jeder hat sein „ü“ zu tragen!
» 11.6., 20 Uhr, Bühne im Bürgertreff, Gefionstr. 3, Infos unter Tel. 42 10 27 10,
Eintritt frei
Wiederhören
macht Freude
11 DIE WAHRHEIT ÜBERS WOHNEN II Wohnraum wird in Hamburg immer knapper, aber Habitat hat Platz. Die größte WG der Welt soll hier zusammenfinden und
lieben lernen. Derweil wird eine Möbelhausoperette erschaffen, in der die Autoren
Sven Amtsberg, Jakob Hein und der Musiker Pascal Finkenauer auftreten.
» 16.6., 20 Uhr, Habitat, Große Elbstr. 264, 7 Euro (Karten an der Abendkasse)
Cock Robin, die Pop-Rock-Barden der
80er, lassen in der Prinzenbar die Ära
der Schulterpolster auferstehen
S
TEXT: ALEXANDER JOSEFOWICZ
ie sind wieder da!“ Ein Satz, der Fans jeder
aufgelösten Band die Freudentränen in die
Augen treibt. Verspricht er doch das Wiederaufleben schöner Momente, vielleicht sogar prägender. Das erste Live-Konzert, die erste Freundin, diese
epochale Feier, die in völligem Chaos endete. Mit
kaum etwas verbindet fast jeder so persönliche Erinnerungen wie mit der Lieblingsband.
So weit der Idealfall. Dass es auch den fast unbemerkten Zerfall gibt, der einer Wiedervereinigung
die Sensation nimmt, zeigen Bands wie Cock Robin.
Die New-Wave-Combo aus Kalifornien enterte 1985
mit ihrem ersten Album samt der Singles „When Your
Heart Is Weak“ und „The Promise You Made“ die Top
Ten in Deutschland, Frankreich und anderen europäischen Ländern, während sie in ihrer Heimat nahezu
unbekannt blieben. Mit „After Here Through Midland“ schloss Cock Robin – mittlerweile zum Duo erodiert – zwei Jahre später an die Erfolge an. Der dritte
Langspieler „First Love/Last Rites“ ging nur noch in
Frankreich in die Charts und leitete das Auseinanderbrechen ein. 1990 gingen Peter Kingsbery und Anna LaCazio auseinander, wirklich vermisst zu haben
scheint sie seitdem niemand. „When Your Heart Is
Weak“ taucht noch ab und zu in den Niederungen
vorgeblich „ewiger“ Top-1000-Listen auf, sonst ist es
still geworden um die Schönwetter-Pop-Barden.
Zeitreisende: Peter Kingsbery
und Anna LaCazio drehen mit
Hits wie „When Your Heart Is
Weak“ die Uhr 25 Jahre zurück
Nur in Frankreich flackert noch die Flamme der
Sehnsucht – und dort wird auch die Reunion 2006
zuerst bemerkt. In Deutschland fällt die Reaktion –
zu Unrecht – bescheiden aus. Dass zwei neue Alben
erschienen sind, ist allenfalls in engsten Fankreisen
bekannt: Noch heute beginnt der deutsche Wikipedia-Eintrag zur Band mit dem Satz: „Cock Robin waren eine US-amerikanische Band der 1980er-Jahre.“
Ihren letzten Auftritt in Hamburg vor der Trennung absolvierte Cock Robin 1990 im Docks. Bei ihrer
Rückkehr 21 Jahre später müssen sie sich mit der
kleinen Schwester, der Prinzenbar, begnügen. Beide
Läden sind untrennbar miteinander verbunden,
räumlich wie historisch. Wo sich heute Konzertgäste
und Partygänger tummeln, entstand vor mehr als
einem Jahrhundert das erste Kino Hamburgs.
Eberhard Knopf holte 1900 die bewegten Bilder
aus den Zelten und Buden der Schausteller, gab ihnen
ein Zuhause in seinem „Konzert- und Automatenhaus“ am Spielbudenplatz. Schnell etablierte sich das
erste ortsfeste Kino der Stadt, Knopf konnte erweitern. Er eröffnete 1906 „Knopf’s Lichtspielhaus“, das
bis in die 1970er-Jahre als reines Kino Bestand hatte.
Danach kombinierten verschiedene Betreiber Kino
und Konzerte, aus Opas Kintopp wurde erst das
„Hollywood“, dann „Knopf’s Music-Hall“.
Seit September 1988 gehören das Docks und die
Prinzenbar zum Hamburger Nachtleben. Ununterbrochen, ganz im Gegensatz zu Cock Robin.
12 CINEMA MUSEAL Im Galionsfiguren-Saal des Altonaer Museums werden
Geschichten ums Meer und Wasser gezeigt: am Nachmittag Kurzfilme wie „Blind
im Wind“, später die Doku „Hafenstraße im Fluss“. Abends läuft in Anwesenheit
des Regisseurs Sven Taddicken der Piratenfilm „12 Meter ohne Kopf“.
» 18.6., 15, 17.30 und 20 Uhr, Altonaer Museum, Museumstr. 23,
Eintritt Gesamtprogramm: 6 Euro
13 ALTONA MUSIZIERT Jeder, der ein Instrument beherrscht, kann mitmachen, alle
Musikrichtungen sind willkommen – denn um 21 Uhr soll der gesamte Stadtteil
erklingen: Überall wird dann der Tüdelband-Song der Gebrüder Wolf gespielt.
» 17.6., 19–22 Uhr, Ottenser Marktplatz, Kemal-Altun-Platz, Mottenburger
Twiete, Motte Innenhof, Alma-Wartenberg-Platz
14 ALTONALE STRASSENFEST Höhepunkt der Altonale: das große Straßenfest mit
Ökomeile, Flohmarkt, Musik, Kinderprogramm und mehr.
» 17.–19.6. in ganz Altona und Ottensen, www.altonale.de
Service
» Cock Robin, So, 29.5., 20 Uhr,
Prinzenbar, Kastanienallee 20
(U St. Pauli), Karten ab 42 Euro
im Vvk.; www.cockrobinmusic.com
Hier hat Kultur noch einen guten Stand: die Altonale
FOTOS: ULRICH GERLACH, PR
III
Sonnabend / Sonntag, 28. / 29. Mai 2011
› STADTGESPRÄCH
Rainer Grünberg trifft Michael Stich
Das Spiel
geht weiter
Als ehemaliger Spitzensportler kennt Michael Stich,42,
Siege und Niederlagen. Ein Gespräch über politische
Ambitionen, Reiseunlust und Bier mit Boris Becker
G
FOTO: THOMAS LEIDIG
leich komme Michael Stich,
heißt es im Vorzimmer. Er
müsse noch telefonieren.
Mitarbeiter seiner Stiftung,
die HIV-infizierten Kindern
und ihren Angehörigen hilft,
haben ihm eine Akte gereicht, die er noch
schnell durchlesen soll. Sponsoren rufen
an, die sich im Juli beim Tennisturnier am
Rothenbaum engagieren wollen. Details
sind zu klären. Welche Weltklassespieler
sind dabei, schlägt er selbst im Rahmenprogramm auf? Fit wäre er. Schließlich
joggt er fast täglich an der Außenalster
entlang, spielt gelegentlich in aller Frühe
Tennis … „Einen Moment bitte noch“, sagt
Stich, und schiebt die schwere Holztür
wieder zu. Michael Stich ist jemand, der
sich viel und gern engagiert. Unserer
Gesellschaft fehlen die Vorbilder, klagt er.
Das fange bei der Politik an, das gehe über
die Wirtschaft bis hin zu den Medien,
„die zu wenig Werte vermitteln“. Größtes
Manko sei, „dass sich Menschen in ihrer
Kommunikation immer weiter voneinander entfernen“. Seine Mitarbeiterin, erzählt
Stich, sei um halb neun im Büro gewesen
und habe zweieinhalb Stunden E-Mails
gelesen. „Für mich ist das verschenkte
Lebenszeit.“ Ein sinnvoller Gedankenaustausch komme so nicht zustande. Er kläre
Dinge lieber im persönlichen Gespräch.
Und er wolle sich wieder angewöhnen,
mehr Briefe zu schreiben. „Ich habe mich
gerade zu einem Essen mit Herrn Warburg
von der gleichnamigen Bank getroffen. Der
berichtete mir von seiner illustren Familiengeschichte. Da gab es vor hundert Jahren eine enge freundschaftliche Beziehung
zwischen seinem Urgroßvater und dem
Reeder Albert Ballin. Die haben sich über
Jahre viel geschrieben. Es gibt einen Fundus von mehr als 500 Briefen. Der hat
Bestand bis heute.“ Wissen Sie noch, fragt
Stich, wer Ihnen gestern alles eine E-Mail
geschickt hat? Nein, antworte ich und
beteure, dass wir das folgende Interview
auf Papier drucken werden.
MAGAZIN: Herr Stich, vor zwanzig Jahren haben Sie das
Tennisturnier in Wimbledon gewonnen. Im Endspiel
haben Sie Boris Becker besiegt. Was ist von diesem großen Triumph geblieben?
MICHAEL STICH: Der Pokal, ein paar schöne Erinnerungen. Für den Erfolg in Wimbledon kann ich mir heute
nur bedingt noch etwas kaufen. Der ist eben zwanzig
Jahre her. Aber er war mit die Basis meines Lebens.
Ich bin dadurch eine Person des öffentlichen Lebens
geworden. Das ist nicht immer nur Segen, manchmal
auch Fluch. Entscheidend ist jedoch, was man selber
daraus macht.
MAGAZIN: Wie schwierig war es für Sie, nach dem Karriere-Ende ein neues Leben zu beginnen?
STICH: Die Karriere als Sportler war ein toller Teil meines Lebens, den ich nicht missen möchte. Ich bin
froh, dass ich sie gehabt habe; aber ich bin auch froh,
dass sie vorbei ist. Die Tenniszeit war ein Ausschnitt
des Lebens – ein sehr kleiner dazu. Danach fängt das
wirkliche Leben erst an. Da kommen vielleicht noch
fünfzig Jahre, und die muss man schließlich auch mit
Inhalt füllen.
MAGAZIN: Das klingt, als hätten Sie etwas vermisst.
STICH: Vermisst wäre das falsche Wort, versäumt träfe
es möglicherweise besser. Als ich Tennis gespielt
habe, sind andere zur Uni gegangen, haben das Leben
genossen und Spaß gehabt.
MAGAZIN: Hatten Sie etwa keinen Spaß als Tennisprofi?
STICH: Sehr viel sogar. Aber ich hätte auch gern studiert,
Medizin zum Beispiel, das war immer mein Traum.
MAGAZIN: Das ist selbst mit 42 Jahren noch möglich. Sie
wären nicht der Erste, der so spät seinen Doktor macht.
STICH: Ein schöner Gedanke, aber unrealistisch. Ich
wäre mit 50 fertig, und dann? Das diente nur der eigenen Befriedigung. Das wäre keine Grundlage, eine
Karriere aufzubauen. Ich habe nicht den geringsten
Grund mich zu beklagen. Das Leben hat es gut mit
mir gemeint. Es war ja meine Entscheidung, Tennisprofi zu werden. Was ich aber sagen will: Die Zeit,
in der Sie einen Lebensweg planen oder versuchen
ihn zu finden, ist die Zeit zwischen 20 und 30. Da war
mein Lebensplan schon vorgegeben, weil ich bereits
einen Beruf ausgeübt habe. Die Findung des eigenen
Ichs, was will ich, was mache ich, was probiere ich
aus, gab es für mich in dieser Form nicht. Das ist nicht
unbedingt schlechter, aber anders. Ich bereue nichts
und habe auch nichts zu bereuen.
MAGAZIN: Weil Sie heute alle Freiheiten des Lebens unbeschwert genießen können.
STICH: Sie verwechseln finanzielle Unabhängigkeit mit
Freiheit. Ich habe auch meine Zwänge, unterliege gewissen Einschränkungen.
MAGAZIN: Zum Beispiel?
STICH: Ich habe zwei Semester Kunstgeschichte studiert. Das ist nicht so einfach an der Uni, mit meinem
Namen, meinen Erfolgen. Jeden Tag sich angucken
zu lassen, bleibt gewöhnungsbedürftig. Ich hätte damit am Ende des Tages wohl leben können, doch die
Abwägung, wie nervig ist das und wie wichtig ist mir
andererseits das Studium, muss jeder für sich treffen.
MAGAZIN: Sie sind dann irgendwann zu Hause geblieben.
Aus Resignation?
STICH: Ich habe auch gemerkt, dass das Hinsetzen, für
eine Prüfung zu lernen, eine Arbeit zu schreiben
nicht unbedingt Dinge sind, die mir wahnsinnig viel
Spaß machen. Ich schließe nicht aus, noch einmal zur
Uni zu gehen. Im Moment bin ich lieber Autodidakt.
Ich lese gerne Bücher und versuche auf diesem Weg,
mich zu informieren, mich weiterzubilden.
MAGAZIN: Inwiefern hat Ihre Tenniskarriere Sie gebildet?
STICH: Das sind schon einzigartige Erfahrungen, im
psychischen Grenzbereich ein Grand-Slam- oder
Daviscup-Finale zu spielen. Für mich war aber immer das größte Geschenk meiner Tenniskarriere,
dass ich unzählige Menschen und Mentalitäten kennenlernen durfte, von denen ich mir stets etwas
abgucken und für mein Leben mitnehmen konnte.
MAGAZIN: Als da wären?
STICH: Der Optimismus der Amerikaner, dieses Irgendwas-geht-immer, kreativ zu sein, aber auch hart
zu arbeiten. Oder die Einstellung der Schweden, die
sind easy, die sind freundlich, höflich. Ich fühle mich
dort stets willkommen. Stockholm ist für mich eine
der schönsten Städte der Welt.
MAGAZIN: Trotzdem wohnen Sie in Hamburg.
STICH: Hamburg ist für mich Heimat. Und mir war immer klar, dass ich hierher zurückkommen werde.
New York ist eine der tollsten Metropolen der Welt,
großartig, aufregend. Dort möchte ich aber für kein
Geld der Welt zehn Jahre leben. In Los Angeles habe
ich viele Freunde, auch hier zieht es mich genauso
wenig hin wie nach Paris oder London. Das ist mir alles viel zu groß, zu urban, zu anonym. Selbst in Hamburg bekomme ich wenig mit. Ich lebe in einem kleinen Stadtteil in einer großen Stadt. Ich weiß nicht,
was in Schnelsen oder Harburg passiert. Ich bin
schon froh, dass ich mich in meiner engeren Umgebung in Pöseldorf halbwegs auskenne.
MAGAZIN: Das klingt aber noch nicht überzeugt …
STICH: Hamburg ist von seiner Lebensqualität einer
der schönsten Wohnorte der Welt, vom gesamten Angebot her, sei es Kultur, Sport, Shopping, Restaurants,
Events, das viele Grün, die Alster inmitten der City,
die kurzen Wege. Hier leben Menschen, auf die man
zugehen kann, die verlässlich sind. Jeder, der aus
dem Süden kommt, sagt mir, er habe nirgendwo so
viele freundliche Menschen erlebt wie in Hamburg.
Von Pinneberg nach Pöseldorf:
Michael Stich im Konferenzraum
seines Stiftungs-Büros in Alsternähe
Unsere eigene Wahrnehmung, der Hamburger als
Eisblock, ist da manchmal wohl etwas schräg.
MAGAZIN: Haben Sie von der Welt eigentlich mehr gesehen als Tennisplätze, Hotels und Flughäfen?
STICH: Die Straßen zum Tennisplatz und zum Flughafen. Im Ernst: Natürlich habe ich von den Städten
nicht immer viel mitbekommen. Im zweiten Teil meiner Tenniskarriere bin ich jedoch öfter mal ins Museum oder Theater gegangen und habe mir Ausstellungen angesehen Es gäbe sicher noch viel anzusehen,
doch der Sinn steht mir nicht mehr nach großen
Reisen um die Welt. Das war irgendwann genug.
MAGAZIN: Sie haben längere Zeit in Salzburg gewohnt.
Was hat Ihnen dort missfallen?
STICH: Ich brauche das Meer – nicht die Berge.
MAGAZIN: Vor 14 Jahren mussten Sie wegen einer chronischen Schulterverletzung Ihre Karriere beenden. Wie
viele Freunde sind Ihnen von damals geblieben?
STICH: Nicht viele, John McEnroe, Jim Courier, Henri
Leconte, Mansour Bahrami. Es ist immer schön, wenn
man sich wiedertrifft, weil ich merke, wie viele Gemeinsamkeiten es zwischen uns gibt. Das war auch
das Schwierigste am Ende meiner Tenniskarriere. Du
bist ja mit einer Art Familie um die Welt gereist, und
plötzlich waren sie alle weg. Als ich als Fernseh-Kommentator in den Monaten danach viele wiedergetroffen habe, konnte ich zwar mit jedem reden und auch
überall hingehen, doch spürte ich, dass ich nicht mehr
Teil des Ganzen bin. Das war am Anfang keine einfache Erkenntnis. Ich habe keine bestimmte Person
vermisst, aber meine gewohnte Umgebung schon.
MAGAZIN: Sind langjährige Freundschaften unter Spitzensportlern, unter Konkurrenten überhaupt möglich?
Die Beziehung zwischen den Skirennläuferinnen Maria
Riesch und Lindsey Vonn zerbrach kürzlich, nachdem
Riesch erstmals den Gesamtweltcup gewonnen hatte.
STICH: Diese Freundschaft war ohnehin ungewöhnlich. Für mich ist das zwischen den beiden ein klassisches Kommunikationsproblem. Da glaubt die eine,
dass die andere etwas Böses gesagt hat, die andere
meint, nur falsch verstanden worden zu sein. Das ist
doch typisch Mensch. Wir gehen nicht hin und fragen, wie hast du das gemeint, sondern wir interpretieren erst mal. Damit fängt jedes Missverständnis
Ich mache oft acht Projekte gleichzeitig, weil
ich es spannend finde. Ich bin jedoch nicht
auf der Suche nach der Erfüllung des Lebens
an. Die zwei sollten zusammen ein Glas Wein trinken,
falls sie es ernst mit ihrer Freundschaft meinen.
MAGAZIN: Haben Sie mal mit Boris Becker zusammen
Wein getrunken?
STICH: Ich habe kein Problem, mit ihm Wein oder besser Bier zu trinken. Wenn wir uns sehen, sagen wir
uns freundlich „Hallo“ und reden über dies und das.
Aber wenn ich jetzt in der Stadt wäre, in der er gerade
lebt, würde ich ihn nicht anrufen und sagen: „Hey,
lass uns mal treffen!“ Das handhabe ich jedoch mit
6,6 Milliarden anderen Menschen genauso. Boris und
ich sind zwei grundverschiedene Menschen, vielleicht beide etwas engstirnig, dennoch haben wir
gemeinsam viel erreicht. Wir haben uns gegenseitig
angespornt und sportlich befruchtet. Das war letztlich eine professionelle Beziehung. Wir waren beide
erwachsene Menschen, die das Sportliche von dem
Persönlichen gut trennen konnten.
MAGAZIN: Sie haben nach Ihrer Karriere beruflich die
verschiedensten Projekte angeschoben. Haben Sie eine
Vorstellung, wie Ihr weiterer Lebensweg aussehen
könnte? Wie wäre es zum Beispiel mit Politik?
STICH: Ich finde Politik hochinteressant, ich mag Politiker, dieses komplexe Denken. Aber das ist ein Haifischbecken, in dem nur Weiße Haie schwimmen. Ich
bin kein Suchender. Ich mache oft acht Projekte
gleichzeitig, weil ich es spannend finde. Ich bin jedoch nicht auf der Suche nach der Erfüllung des
Lebens. Mein Leben ist sehr erfüllt, ich bin glücklich,
und dafür bin ich zutiefst dankbar.
MAGAZIN: Einen Wunsch haben Sie dennoch frei.
STICH: Irgendwann sollte unser Tennisturnier am Rothenbaum wieder so etabliert sein, dass ich mich guten Gewissens aus der Turnierleitung zurückziehen
und die Spiele von der Tribüne aus genießen kann.
Kurz-Biografie
» Michael Stich, geboren am 18.
Oktober 1968 in Pinneberg, wuchs in
Elmshorn auf und war einer der besten
Tennisspieler der Welt, 1993 Zweiter
der Weltrangliste. Er gewann 18 Einzelturniere, darunter 1991 Wimbledon,
sowie Titel bei sämtlichen deutschen
Turnieren, wurde 1993 Weltmeister und
Daviscup-Sieger und verdiente bis 1997
als Profi über 12,5 Millionen US-Dollar
Preisgeld. Mit Boris Becker triumphierte
er 1992 bei den Olympischen Spielen
in Barcelona im Doppel. 1994 gründete
er die Michael-Stich-Stiftung für HIVinfizierte Kinder und deren Angehörige.
Dafür erhielt er 2008 das Bundesverdienstkreuz am Bande. Im jetzt dritten
Jahr kämpft Stich als Turnierdirektor
um den Erhalt des Tennisturniers am
Hamburger Rothenbaum, das er 1993
als bislang letzter Deutscher gewann.
Michael Stich ist seit 2005 in zweiter
Ehe mit Alexandra Rikowski verheiratet,
einer Dressurreiterin: „Ich schaue ihr
gern zu, aber für mich ist das nichts.“
IV
› THEMA DER WOCHE
In Bewegung
Tischfußball
Boule
Die Gentlemen bitten zu Tisch
Die entspannte, hanseatische Wegwerfgesellschaft
„Boulespieler brauchen ein hohes Maß an Konzentrationsvermögen und Koordinationsfähigkeit. Technik, Taktik und Psyche bilden das magische Dreieck für einen guten Boulespieler“, erklärt Marius Schilling, der Sportwart
des Hamburger Boule Club. Schilling und seine Mitstreiter spielen Pétanque, die meistverbreitete Art des im
14. Jahrhundert populär gewordenen Boulespiels. Französische Besatzungssoldaten sorgten nach dem Zweiten
Weltkrieg für den Siegeszug des generationsübergreifend
beliebten Pétanque auch in Deutschland, das im Gegensatz zum Boccia, dem z.B. Alt-Bundeskanzler Adenauer
frönte, mit Metallkugeln gespielt wird. Dabei können
Boulespieler – gleichgültig ob Freizeit- oder Leistungssportler – bereits für kleines Geld einsteigen: Starter-Sets
gibt es für 20 Euro, angemessene Sets kosten rund 80 Euro.
Kontakt: Hamburger Boule Club, [email protected]
Training: jeweils Mi 18/19 Uhr, Lohmühlenpark, www.hamburger-bc.de
Termin: 13. Juni, „Waterkant-Cup“, Lohmühlenpark
Speed Badminton
Für alle, denen es nicht schnell genug gehen kann
„Tischfußball ist wie Hochgeschwindigkeitsschach“ erklärt
Rikko Tuitjer, 1. Vorsitzender des Hamburger Tischfußballverbandes TFVHH, auf die Frage nach einer Charakterisierung seiner Sportart. Die sich immer mehr professionalisiert und mittlerweile auch im Fernsehen gezeigt wird. Ab
August wird Hamburg bei dieser Entwicklung sogar bundesweit eine Vorreiterrolle einnehmen. Dann wird hier das größte Tischfußball-Leistungszentrum der Republik eröffnet. Ein
weiterer Schub für die noch junge Sportart, die von Jung und
Alt, Frauen und Männern gespielt wird. Und die davon lebt,
dass Tipps geben, Tricks weiterreichen und Novizen zur Seite
stehen zum sportlichen Selbstverständnis gehört. Ebenso wie
Fairness, denn beim Tischfußball wird unterhalb der GroßEvents ohne Schiedsrichter gespielt. Strittige Fragen werden
gentlemanlike geregelt. Dass Tischfußball übrigens häufig
synonym für Tischkicker verwendet wird, hat einen einfachen Grund: Die beliebtesten Tische der Ursprungszeit
wurden von der Schweizer Firma „Kicker“ gebaut.
Cricket
Ein Stück Commonwealth auch an der Elbe
Kontakt: Elbspeeders, [email protected], Tel. 0178/895 61 58,
www.elbspeeders.de
Training: Di, 20–22 Uhr, Cabrio Sport, Wandsbeker Zollstr. 25,
Wandsbek; Fr, 20–22 Uhr, Burgstr. 35, Borgfelde,
Kontakt: THCC Rot-Gelb Hamburg, Kontakt: [email protected],
Tel. 81 99 29 66, www.thcc-rot-gelb.de
Training: Erwachsene: Fr, 18 Uhr; Kinder und Jugendliche (6–15 J.):
Sa, 10.30–12.30 Uhr, Hemmingstedter Weg 140, Klein Flottbek
Die älteste olympische Mannschaftssportart
„Wasserball ist keine Verschlechterung des Schwimmstiles, sondern eine Verbesserung des Charakters“, bemerkte einst der berühmteste deutsche Wasserballer Hagen Stamm. Denn, so bestätigt es auch Lars Hinkelmann,
Wasserballwart von Poseidon Hamburg, „wir sind absolute Teamsportler“. Starten kann man bei der nassen Kombination aus Handball und Rugby schon im Grundschulalter. Schwimmen können ist die Grundvoraussetzung,
„für alles andere sind die Trainer da“, so Hinkelmann.
Konkret: Da Wasserball ein körperlich fordernder Sport
ist, wird die Physis ebenso trainiert wie Ballbehandlung
und Taktik. So empfiehlt sich Wasserball, die älteste olympische Mannschaftssportart, nicht nur für robuste Naturen, sondern auch für Preisbewusste: denn eine angemessen robuste Badehose kostet rund 30 Euro.
Kontakt: SV Poseidon Hamburg,
[email protected]
Training: www.poseidon-hamburg.de/
wasserball, Freibad im Olloweg, Stellingen
Termin: Tag der offenen Tür, 28. Mai,
12–17 Uhr, Freibad im Olloweg
REDAKTION: MARCO FUCHS & MANU SCHMICKLER
Kontakt: Kickern in Hamburg, [email protected]
Training: Di, 20 Uhr, 3-Zimmer-Wohnung, Talstr. 22, St. Pauli
Geschwindigkeit ist nicht alles, aber doch eine große
Komponente beim Speed Badminton, einer der jüngsten
Racket-Sportarten: Bis zu 290 km/h schnell werden die
gespielten „Speeder“, die kleiner und schwerer sind als
Federbälle. Für eine perfekte Kraftübertragung sorgen
die Squash-ähnlichen Rackets – und für den Spaß sorgt
bei dieser Mischung aus Tennis, Squash und Badminton
das ungewöhnliche Spielfeld: Die Kontrahenten agieren
auf zwei 5,5 Meter großen Flächen, die sich im Abstand
von 12,8 Metern gegenüberliegen. „Super für Koordination und Ausdauer“ ist Speed Badminton, findet die Hamburger Europameisterin Kerstin Klante. Rackets inklusive Speeder sind dabei für 30 bis 100 Euro erhältlich. Ein
Spielfeld für den Strand oder die Wiese, der so genannte
„Easy Court“, kostet rund 25 Euro. Ideal für alle, die selbst
am Strand noch Tempo machen wollen.
Wasserball
Rund 80 Prozent aller Hamburger sind sportlich aktiv.
Ja, es gibt neben Fußball, Tennis, Golf und Joggen noch mehr,
viel mehr. Ob mit Bällen oder Schlägern, Muskelkraft oder
Koordination, auf dem Asphalt oder im Wasser – hier finden
Sie 20 BESONDERE SPORTARTEN, die alle eines gemein
haben: aktiven Spaß in der Gemeinschaft für jede Generation
„1,5 Milliarden Spieler und Fans können sich nicht irren:
Cricket ist die spannendste Sportart der Welt“, ist sich
Mark Richardson, Sportwart Cricket beim THCC, sicher.
Beim Norddeutschen Meister 2010 spielen aber nicht nur gestrandete Spieler aus dem Commonwealth, sondern auch
Deutsche, denen es das Zusammenspiel aus Werfen, Rennen
und britischen Gentlemen-Regeln angetan hat. Der Vorteil:
Mit einer gewissen Grundfitness ist man sofort Teil des
Spiels, sei es als Wicket (Schlagmann) oder Bowler (Werfer).
Der Vorteil für Einsteiger: Das Cricketteam des THCC stellt
Neulingen eine Grundausrüstung zur Verfügung. Und wer
sich vom Cricket-Fieber infizieren lässt, bekommt eine zünftige Ausrüstung aus Schläger, Handschuhen und Pads (Beinschützer) bereits ab 120 Euro.
Frauenrugby
Stand Up Paddle Surfing
Ein Teamsport wider alle Klischees
Auf der Alster paddeln wie ein Polynesier
Um nach vorne zu kommen, muss man zurück spielen. Pässe zur Mitspielerin sind nur nach hinten erlaubt, diese muss
dann mit Geschick, Kraft und Geschwindigkeit die gegnerische Abwehrreihe überwinden. Ganz besonders gut kann das
Johanna Jahnke, Nationalspielerin und siebenfache Deutsche Meisterin mit den Rugby-Frauen des FC St. Pauli. Und
sie räumt auch gleich mit einem Vorurteil auf: „Rugbyspielerinnen sind keine Schränke. Bei uns spielen Frauen mit den
unterschiedlichsten Voraussetzungen und fast jeden Alters.“
Die dennoch einiges gemeinsam haben: Mut, Lust auf sportliche Rangelei und vor allem Aktivität in einer Teamsportart.
Die erste Deutsche Meisterschaft im Frauenrugby wurde übrigens 1988 ausgetragen. Seit Anfang der 2000er-Jahre ist
Hamburg Hochburg für das körperintensive Spiel mit dem Ei.
Und die Zukunft ist gesichert: Auf dem Rugbyplatz an der
Saarlandstraße trainieren sonnabends sogar Nachwuchstalente unter acht Jahren.
Bei den Worldcups 2009 und 2010 konnte man sehen, dass
Hamburg nicht nur ideale infrastrukturelle Voraussetzungen
für das SUP (Stand Up Paddling) bietet, sondern auch eine
große Nachfrage zum Selbermachen besteht. Und auch wenn
2011 kein Worldcup in der Hansestadt stattfindet, erlebt der
Sport jetzt hier seinen Durchbruch dank des neu eröffneten
SUP-Centers. Gleich auf dem Stadtparksee und den Alsterkanälen können Anfänger die ersten Schritte in dieser einfach
zu erlernenden Sportart unternehmen, die auf polynesische
Fischer zurückgeht. Diese bewegten sich wie ihre sportlichen
Nachfolger stehend auf ihrem Board vor der tahitianischen
Küste mittels Paddeln und Muskelkraft fort. Ihnen nachmachen kann man es in der Sommersaison dank Anfängerkursen, geführten Touren und Sportkursen. Angehende
Stand-Up-Paddler bringen eine Boardshorts, ein T-Shirt und
einen Pullover mit, die Boards können direkt vor Ort im
SUP-Center ausgeliehen werden.
Kontakt: FC St. Pauli Rugby, Kontakt: [email protected]
Training: Mo/Mi/Fr, ab 19 Uhr, Rugbyplatz, Saarlandstr. 71
Termin: Sommerfest, 4. Juni, ab 12 Uhr, Saarlandstr. 71 (Stadtpark)
Inline-Skaterhockey
Einradfahren
Vom Zirkusvergnügen zur Trendsportart
Gehörte das Einrad lange nur zum Zirkus-Repertoire, so
hat sich in den letzten 15 Jahren ein Sport in verschiedensten
Ausprägungen rund um das wacklige Fortbewegungsgerät
entwickelt. Kinder und Jugendliche lernen Koordination und
Feinmotorik – das soziale Lernen wird bei regelmäßigen Auftritten gefördert. Der Wettkampfbereich ist variabel: Diverse
Strecken, die zu bewältigen sind, technische Anforderungen
wie Einbeinfahren und Wheelwalk sowie Küren, die nach Ästhetik und Körperbeherrschung bewertet werden. Profis rasen mit speziell gefertigten Einrädern Sandhügel hinunter,
springen von Felsvorsprüngen. Das ist für die Kinder – meist
Mädchen – ab fünf Jahren und Jugendlichen beim Eidelstedter SV noch Zukunftsmusik: Sie trainieren zunächst mit zur
Verfügung gestellten Rädern – das Anfängerrad ab 60 Euro.
Kontakt: Eidelstedter SV, [email protected],
Tel. 55 20 49 20, www.sv-eidelstedt.de
Training: Mi 17–18.25, Do 16.30–17.25 Uhr, Sporthalle Gesamtschule
Eidelstedt, Lohkampstr. 145
Termin: Familienfest, 21.8., 11–16 Uhr, Sportgelände, Redingskamp 25
Kontakt: SUP Center, Stadtparksee, Mi–Fr 16–20, Sa/So 10–20 Uhr,
[email protected], www.supcenter-hamburg.de
Training: Schnupperkurse, Mi, 18–20 Uhr, Kursgebühr: 20 Euro
Gut geschützt im Rausch der Geschwindigkeit
Parkour
Hangeln durch den Hamburger Großstadtdschungel
Bei Parkour geht es darum, ohne Hilfsmittel Hindernisse
so effizient wie möglich zu überwinden. Könner erinnern dabei an Panther, die sich geschmeidig durch ihr Revier bewegen. Davor steht jedoch langes Üben. Am besten trainieren
Anfänger erst einmal an Geräten in der Halle, bevor es über
Mauern am Dammtor oder Brücken im Hafen geht. Nichts für
übermütige Angeber, sondern für besonnene Menschen, die
ihre Grenzen kennen. Parkour steigert Kondition und Körpergefühl. Bei uns ist dieser Sport noch nicht lange bekannt.
Der französische Schauspieler David Belle gilt als ihr Begründer, als er Ende der 80er-Jahre mit Freunden in der Pariser
Vorstadt mit akrobatisch-spielerischen Verfolgungsjagden
über Treppen, Zäune, Mauern und Baugerüste begann.
Kontakt: ETV, Turnhalle Helene-Lange-Gymnasium, Bogenstr. 32,
Mi 16.30–18 Uhr, ab 13 Jahre, www.etv-hamburg.de
Training & Termine: http://parkour-hamburg.blogspot.com
FOTOS: ISTOCKPHOTO (13), FOTOLIA.COM (2), JULIA WAGNER, PICTURE ALLIANCE/DPA, PR (5). ALLE ANGABEN: STAND 25. MAI 2011
Sonnabend / Sonntag, 28. / 29. Mai 2011
Capoeira
Bogenschießen
Improvisation ist fast alles
Robin Hoods Nachfahren in Eimsbüttel
Capoeira ist eine Mischung aus Kampfkunst, Tanz, Akrobatik, Musik und Rhythmusgefühl. Kein Wunder, dass dieser
Sport aus Brasilien stammt, wo ihn afrikanische Sklaven ausübten. Der Tanz war Tarnung – eigentlich ging es darum, sich
für den Befreiungskampf zu stärken. Seit etwa 30 Jahren gibt
es Capoeira auch in Europa, er trainiert gleichermaßen Körper und Geist, stärkt das Selbstbewusstsein ebenso wie das
Verantwortungsgefühl, schließlich möchten die Sportler einander nicht weh tun, sondern Spaß haben. Man braucht dazu
nichts als bequeme Sportkleidung. „Capoeira kann man auch
noch anfangen, wenn man über 30 ist und vorher lieber auf
dem Sofa gesessen hat! Einfach vorbeikommen und ausprobieren!“, sagt Joel Dias, der Contramestre des Hamburger Vereins. Die Jüngsten im Club sind übrigens erst fünf Jahre alt.
Früher war Bogenschießen das Mittel der Wahl bei Jagd
und Krieg – seit 1972 ist es olympische Disziplin. Heute werden mit Pfeil und Bogen weder Tier noch Gegner zur Strecke
gebracht, es geht um Konzentration, innere Ruhe. Atmen, anvisieren, zielen, loslassen. Eine entspannende Anstrengung
ist das. Für Interessierte bietet der Eimsbütteler Turn-Verein
Schnupperkurse an (45 Euro für 5 Trainingseinheiten), Bögen und Ausrüstung werden komplett gestellt. Fortgeschrittene mit eigenem Equipment können jederzeit den Bogensportplatz nutzen. In der Bogenschule Stellmoor können
auch Nichtmitglieder beim offenen betreuten Schießen teilnehmen (12 Euro inkl. Leihbogen). Wer selbst Bogen bauen
möchte, findet bei Hanno Börner Material und Anleitung.
Kontakt: Capoeira Hamburg, Aikido Schule, Barnerstr. 16,
Tel. 0170/321 93 53 (Joel Dias), Anfragen: [email protected]
Termin: 1st United Capoeira Meeting HH, 10.–13. Juni; weitere Infos
über www.capoeirahamburg.de
Kanu-Polo
Dynamischer Sport unter falscher Flagge
Der neben dem großen Bruder Eishockey schnellste Mannschaftssport der Welt ist eine Mischung aus Eis- und Rollhockey und schwappte in den 1980er-Jahren von den USA nach
Deutschland. Anfangs wurde der Sport noch mit Rollschuhen
gespielt, seit Mitte der 1990er-Jahre mit Inlinern. Die größten Unterschiede zum Eishockey: Die Zeit wird fast durchgängig laufen gelassen, es gibt kein Abseits und das Spielgerät
ist ein Hartkunststoffball. Wer in den rasanten Sport hineinschnuppern möchte: Aus Sicherheitsgründen ist das Tragen
von Schutzausrüstung für alle Trainingsteilnehmer Pflicht.
Also am besten vorher Kontakt aufnehmen, in begrenztem
Rahmen sind Leihausrüstungen vorhanden. Beim Kauf eines
eigenen Equipments, bestehend aus Inlineskates, Brust-, Ellbogen-, Schienbeinschutz sowie Schutzhose, Helm, Handschuhen und Schlägern, stehen Mitspieler und Offizielle gerne beratend zur Seite. Bis zu 300 Euro müssen für eine einfache Erwachsenenausrüstung investiert werden.
Fünf Spieler pro Mannschaft versuchen auf einem 23 × 35
Meter großen Spielfeld in 2 × 10 Minuten Tore zu erzielen.
Einen Torwart gibt es nicht, der Körperkontakt ist limitiert.
Dennoch kentert immer mal wieder einer der zehn Spieler,
dank der umfassenden Ausrüstung und der Physis der Spieler
ist Kanupolo aber ein sicherer Sport. Der im Laufe seiner Geschichte immer mehr schrumpfte: Angelehnt an den populären Fußball waren die Spielfelder einst viel größer, und es
kämpften jeweils elf Spieler in einem Team. Erst Ende der
1980er-Jahre einigte man sich auch in Deutschland auf die
international gültigen Regeln eines Kleinfeldes. Da neben der
taktischen Flexibilität vor allem eine starke Physis gefragt ist,
wird Kanupolo hauptsächlich im Alter von 18 bis 40 betrieben. Und das nach wie vor unter falscher Flagge: Gespielt wird
gar nicht in Kanus, sondern in Einerkajaks.
Kontakt: HNT Flames, [email protected], Tel. 701 74 43,
www.hnt-flames.de
Training: Do, 18.30 Uhr (Herren/Junioren), Sa, 13 Uhr (Junioren/
Schüler), Uwe-Seeler-Halle, Cuxhavener Str. 540
Kontakt: Alster Canoe Club, Ludolfstr. 15, [email protected]
oder [email protected], www.kanupolo-hamburg.de
Training: Mo/Do ab 18.30 Uhr (Herren), Mo/Do ab 19 Uhr (Damen),
Do ab 17 Uhr (Schüler/Jugend)
Kontakt: ETV, Anfragen an Trainer Marc Hackelbörger unter
[email protected], www.etv-hamburg.de
Training: Bogenparcours der Bogenschule Stellmoor, Schemmannstr. 56,
Sa 16–18 Uhr, www.stellmoorbogen.de – Hanno Börner, Schierenberg 45,
Tel. 66 85 42 96 (Mi 15–19, Fr 15–18, Sa 10–14.30 Uhr)
Bahnengolf
Vom Volkssport zum Traum Olympia
Rund 4000 Minigolfanlagen gibt es in Deutschland. Ob auf
kleinen Eternit- oder großen Betonbahnen – an Hindernissen
wie Salto, Netz, Vulkan oder Blitz hat sich wohl jeder schon
einmal versucht. Deutschlandweit lochen 11000 Bahnengolfer in 300 Vereinen von der Kreisklasse bis hoch in die 1. Bundesliga ein. Auf lange Sicht möchte man Minigolf als olympische Disziplin ausüben. Bis es soweit ist, kann man in einem
der sieben Vereine Hamburgs trainieren. Wetterunabhängig:
Indoor-Minigolf bei Gilde Bowling (Wandsbeker Zollstr.
25–29) und im Schwarzlichtviertel von Funtastic-Minigolf
werden 18 ½ Bahnen bei optischen Illusionen bewältigt. Abgehoben: Im Volkspark wird Pit-Pat-Billard ausgeübt, da wird
der Ball mit einem Queue um Hindernisse herum gespielt.
Kontakt: HHer Bahnengolf Verband, hbv-vorsitzender@minigolf
hamburg.de, Vereine, Anlagen, Termine: www.minigolfhamburg.de
Tipp: Schwarzlichtviertel, Kieler Str. 561, Mo–Do 14–20, Fr 14–24,
Sa 10–24, So 10–20 Uhr, www.schwarzlichtviertel.de
Frisbee
„Unsere Welt ist eine Scheibe“
„Wer den Schweiß meidet, sollte es sich zweimal überlegen zu kommen“, sagt Andreas Runte, Vorsitzender der
Fischbees. Jeden Dienstagabend wird im Schanzenpark
trainiert. Auch bei Regen. Aber nicht nur das unterscheidet wettkampferprobte Vereinssportler von SchönwetterFrisbeespielern. Beim Ultimate, das 1968 von Studenten
in New Jersey erstmals der Öffentlichkeit vogestellt wurde,
treten auf einem rechteckigen Spielfeld zwei Mannschaften zu je 3 bis 7 Spielern gegeneinander an. Jedes Mal,
wenn die angreifende Mannschaft einen Wurf in der Endzone des Gegners fängt, bekommt sie einen Punkt. Körperkontakt gilt als Foul, laufen darf man mit der Scheibe
nicht, sie muss ständig abgespielt werden. Zur Ausrüstung
gehören Fußballschuhe und eine Flugscheibe (ab 10 Euro)
– und natürlich Geschicklichkeit und Bewegungsdrang.
Kontakt: 1. Ultimate Club Hamburg Fischbees 00 e. V.,
Anfragen an [email protected], www.fischbees.de
Training: Sportplatz Schanzenpark, Di, 19.30 Uhr
Bowling
Die Kopie – auch in HH erfolgreicher als das Original
Alpin-Klettern
Dass Bowling in den USA so populär ist, verdankt es süddeutschen Einwanderern und einem Verbot: Die Immigranten brachten im 19. Jahrhundert das Kegelspiel mit, aber es
wurde als Glücksspiel verboten. Daraufhin stellten clevere
Spieler zu den neun Kegeln einfach einen zehnten dazu –
fertig war die neue Sportart: Bowling. Hierzulande ist die
Sehnsucht nach den zehn perfekten Durchgängen à zwei
Würfen weniger ausgeprägt als jenseits des Atlantiks. Doch
ein Hamburger ist nahe dran am amerikanischen Traum: Stephan Unger vom BV Hanseat ist Deutscher Bowling-Meister
und Nationalspieler. Spitzensportler wie er führen bis zu
neun speziell angefertigte Bälle (nicht Kugeln!) mit sich, Einsteigern genügt das Angebot in den Bowlingcentern. Das A
und O des Bowlingsports: Koordination und Konzentration.
Die Bowler gehören in Deutschland übrigens neben den
Aktiven in den Bereich Schere, Asphalt und Bohle zu den vier
Bereichen des nationalen Kegelsportverbands.
Der Alpenverein hat eine Dependance in Hamburg, das
klingt seltsam, ist für Kletterfreudige aber ein Glücksfall.
Denn hier kann man lernen, wie es sicher nach oben geht.
Voraussetzung ist ein Kurs (55 Euro). Expressschlingen,
Gurt, Kletterschuhe und Seil werden gegen Gebühr ausgeliehen (13 Euro). So können Hobbygemsen testen, ob Ehrgeiz und Kondition ausreichen, um den Sport als Vereinsmitglied zu betreiben (24 Euro/Monat). Erst wer den Kletterschein hat, darf das Gelände ohne Trainer benutzen.
Anders als beim Bouldern, das in Fitness-Studios angeboten wird, benötigt man zum Klettern einen Partner, der
wird im DAV vermittelt. Klettern ist eine Risikosportart,
die aber relativ ungefährlich ist, wenn man sich auskennt.
Kontakt: Verein HHer Kegler, Kegelhalle Barmbek, Tel. 20 97 53 11 (Mi
16–18 Uhr), Adolph-Schönfelder-Str. 49, www.kegelhalle-barmbek.de
Kontakt: Deutscher Alpenverein (DAV), Sektion Hamburg,
Döhrnstr. 4, Tel. 600 88 88, www.kletterzentrum-hamburg.de
Auch ohne Berge hoch hinaus
Dart
Footbag
Buschball
Zeigen, was eine Hacke ist
Ein Ball, eine Fahne, ein Trend
Als der US-Amerikaner John Stahlberger vor etwa 40 Jahren nach einer Operation sein Knie trainieren wollte, kam er
auf die Idee, eine sandgefüllte Socke möglichst lange mit den
Füßen in der Luft zu halten. Aus innovativer Reha wurde ein
veritabler Sport, der seit 1984 mit regelmäßigen Weltmeisterschaften ausgetragen wird. Da beweist dann die inzwischen
weltweit aktive Footbag-Elite, dass es kein Kinderspiel ist.
Footbag ist geeignet für Solisten und Teamplayer, die damit
auch über Badmintonnetze spielen, oder gar Golf. Die Ausstattung: ein Footbag (8–30 Euro) und Schuhe, die eine feste,
gerade Sohle haben. „Der Einstieg erfordert Ehrgeiz. Aber es
wird nicht langweilig, weil es immer noch einen Trick gibt,
den man lernen oder erfinden kann. Voraussetzung ist ein gutes Ballgefühl. Alles andere ist Übung“, sagt Christian Bock,
1. Vorsitzender des Hamburger Footbag-Clubs.
Hätte Andreas Oligmöller 1977 in den Sommerferien genügend Fußballkumpels gefunden, gäbe es Buschball gar nicht.
So aber musste er sich ein Spiel ausdenken, das auch mit wenigen Mitspielern Spaß macht: Zieltreffen mit dem Fußball.
Was einst auf sauerländischen Dorfstraßen begann, hat inzwischen in den Parkanlagen der Großstädte Einzug gehalten, 2010 wurden die ersten Deutschen Meisterschaften ausgetragen und ein exaktes Regelwerk gibt es natürlich auch.
Eine Pole-Fahne (um 20 Euro), ein Fußball, Block, Stift und
zwei bis sechs Spieler sind dazu notwendig. Wie beim Crossgolf bestimmen die Spieler das Ziel, das heißt hier nicht Hole
sondern Pole, steht für Anfänger gut erreichbar auf der Wiese
und hängt für Fortgeschrittene schwer erkennbar in Büschen.
Wer zum Schluss des Parcours die geringste Schusszahl vorweisen kann, ist Sieger.
Kontakt: 1. FC Hamburg Footkings e. V., [email protected],
Tel. 0172/4472929 (Christian Bock, 1. Vors.), www.hamburg-footbag.de
Training: über die Stadt verteilt in Parks (Sommer) und Hallen (Winter)
Kontakt: 1. Hamburg Poppenbütteler Buschball Club 09 e. V.,
Anfragen unter [email protected], www.hpbc09.de
Training: Spielstätten von Poppenbüttel bis zum Volkspark
Wie im Flug die Grenzen ausloten
Britische Besatzungssoldaten brachten das Dartspiel
nach Deutschland. Vom spontanen Freizeitspaß zur organisierten Vereinssportart wurde es erst Ende der 1970erJahre. Nach wie vor sind die Grenzen zwischen Darten in
der Kneipe und Wettbewerbssport fließend. „Wir haben
zahlreiche Mannschaften, da ist für Sportler jeder Leistungsstärke etwas dabei“, erklärt Arne Sell, Abteilungsleiter bei der HSV-Dartabteilung. Angetreten wird in gemischten Mannschaften, Frauen und Männer kämpfen
gemeinsam in diversen Einzeln und Doppeln im 501erWettbewerb gegeneinander, die
Einzelleistungen addieren sich
zum Team-Ergebnis. Arne Sell:
„Mein Ergebnis liegt nur an mir, es
ist unabhängig vom Gegner. Und
das spornt einen immer wieder an,
Höchstleistungen zu erbringen.“
Kontakt: HSV Dart, Arne Sell, [email protected], Tel. 299 33 56
Termin: Darten für Jedermann, Mo, 6. Juni,
ab 18 Uhr, Aula der Schule Rhiemsweg, Horn
V
IV
› THEMA DER WOCHE
In Bewegung
Tischfußball
Boule
Die Gentlemen bitten zu Tisch
Die entspannte, hanseatische Wegwerfgesellschaft
„Boulespieler brauchen ein hohes Maß an Konzentrationsvermögen und Koordinationsfähigkeit. Technik, Taktik und Psyche bilden das magische Dreieck für einen guten Boulespieler“, erklärt Marius Schilling, der Sportwart
des Hamburger Boule Club. Schilling und seine Mitstreiter spielen Pétanque, die meistverbreitete Art des im
14. Jahrhundert populär gewordenen Boulespiels. Französische Besatzungssoldaten sorgten nach dem Zweiten
Weltkrieg für den Siegeszug des generationsübergreifend
beliebten Pétanque auch in Deutschland, das im Gegensatz zum Boccia, dem z.B. Alt-Bundeskanzler Adenauer
frönte, mit Metallkugeln gespielt wird. Dabei können
Boulespieler – gleichgültig ob Freizeit- oder Leistungssportler – bereits für kleines Geld einsteigen: Starter-Sets
gibt es für 20 Euro, angemessene Sets kosten rund 80 Euro.
Kontakt: Hamburger Boule Club, [email protected]
Training: jeweils Mi 18/19 Uhr, Lohmühlenpark, www.hamburger-bc.de
Termin: 13. Juni, „Waterkant-Cup“, Lohmühlenpark
Speed Badminton
Für alle, denen es nicht schnell genug gehen kann
„Tischfußball ist wie Hochgeschwindigkeitsschach“ erklärt
Rikko Tuitjer, 1. Vorsitzender des Hamburger Tischfußballverbandes TFVHH, auf die Frage nach einer Charakterisierung seiner Sportart. Die sich immer mehr professionalisiert und mittlerweile auch im Fernsehen gezeigt wird. Ab
August wird Hamburg bei dieser Entwicklung sogar bundesweit eine Vorreiterrolle einnehmen. Dann wird hier das größte Tischfußball-Leistungszentrum der Republik eröffnet. Ein
weiterer Schub für die noch junge Sportart, die von Jung und
Alt, Frauen und Männern gespielt wird. Und die davon lebt,
dass Tipps geben, Tricks weiterreichen und Novizen zur Seite
stehen zum sportlichen Selbstverständnis gehört. Ebenso wie
Fairness, denn beim Tischfußball wird unterhalb der GroßEvents ohne Schiedsrichter gespielt. Strittige Fragen werden
gentlemanlike geregelt. Dass Tischfußball übrigens häufig
synonym für Tischkicker verwendet wird, hat einen einfachen Grund: Die beliebtesten Tische der Ursprungszeit
wurden von der Schweizer Firma „Kicker“ gebaut.
Cricket
Ein Stück Commonwealth auch an der Elbe
Kontakt: Elbspeeders, [email protected], Tel. 0178/895 61 58,
www.elbspeeders.de
Training: Di, 20–22 Uhr, Cabrio Sport, Wandsbeker Zollstr. 25,
Wandsbek; Fr, 20–22 Uhr, Burgstr. 35, Borgfelde,
Kontakt: THCC Rot-Gelb Hamburg, Kontakt: [email protected],
Tel. 81 99 29 66, www.thcc-rot-gelb.de
Training: Erwachsene: Fr, 18 Uhr; Kinder und Jugendliche (6–15 J.):
Sa, 10.30–12.30 Uhr, Hemmingstedter Weg 140, Klein Flottbek
Die älteste olympische Mannschaftssportart
„Wasserball ist keine Verschlechterung des Schwimmstiles, sondern eine Verbesserung des Charakters“, bemerkte einst der berühmteste deutsche Wasserballer Hagen Stamm. Denn, so bestätigt es auch Lars Hinkelmann,
Wasserballwart von Poseidon Hamburg, „wir sind absolute Teamsportler“. Starten kann man bei der nassen Kombination aus Handball und Rugby schon im Grundschulalter. Schwimmen können ist die Grundvoraussetzung,
„für alles andere sind die Trainer da“, so Hinkelmann.
Konkret: Da Wasserball ein körperlich fordernder Sport
ist, wird die Physis ebenso trainiert wie Ballbehandlung
und Taktik. So empfiehlt sich Wasserball, die älteste olympische Mannschaftssportart, nicht nur für robuste Naturen, sondern auch für Preisbewusste: denn eine angemessen robuste Badehose kostet rund 30 Euro.
Kontakt: SV Poseidon Hamburg,
[email protected]
Training: www.poseidon-hamburg.de/
wasserball, Freibad im Olloweg, Stellingen
Termin: Tag der offenen Tür, 28. Mai,
12–17 Uhr, Freibad im Olloweg
REDAKTION: MARCO FUCHS & MANU SCHMICKLER
Kontakt: Kickern in Hamburg, [email protected]
Training: Di, 20 Uhr, 3-Zimmer-Wohnung, Talstr. 22, St. Pauli
Geschwindigkeit ist nicht alles, aber doch eine große
Komponente beim Speed Badminton, einer der jüngsten
Racket-Sportarten: Bis zu 290 km/h schnell werden die
gespielten „Speeder“, die kleiner und schwerer sind als
Federbälle. Für eine perfekte Kraftübertragung sorgen
die Squash-ähnlichen Rackets – und für den Spaß sorgt
bei dieser Mischung aus Tennis, Squash und Badminton
das ungewöhnliche Spielfeld: Die Kontrahenten agieren
auf zwei 5,5 Meter großen Flächen, die sich im Abstand
von 12,8 Metern gegenüberliegen. „Super für Koordination und Ausdauer“ ist Speed Badminton, findet die Hamburger Europameisterin Kerstin Klante. Rackets inklusive Speeder sind dabei für 30 bis 100 Euro erhältlich. Ein
Spielfeld für den Strand oder die Wiese, der so genannte
„Easy Court“, kostet rund 25 Euro. Ideal für alle, die selbst
am Strand noch Tempo machen wollen.
Wasserball
Rund 80 Prozent aller Hamburger sind sportlich aktiv.
Ja, es gibt neben Fußball, Tennis, Golf und Joggen noch mehr,
viel mehr. Ob mit Bällen oder Schlägern, Muskelkraft oder
Koordination, auf dem Asphalt oder im Wasser – hier finden
Sie 20 BESONDERE SPORTARTEN, die alle eines gemein
haben: aktiven Spaß in der Gemeinschaft für jede Generation
„1,5 Milliarden Spieler und Fans können sich nicht irren:
Cricket ist die spannendste Sportart der Welt“, ist sich
Mark Richardson, Sportwart Cricket beim THCC, sicher.
Beim Norddeutschen Meister 2010 spielen aber nicht nur gestrandete Spieler aus dem Commonwealth, sondern auch
Deutsche, denen es das Zusammenspiel aus Werfen, Rennen
und britischen Gentlemen-Regeln angetan hat. Der Vorteil:
Mit einer gewissen Grundfitness ist man sofort Teil des
Spiels, sei es als Wicket (Schlagmann) oder Bowler (Werfer).
Der Vorteil für Einsteiger: Das Cricketteam des THCC stellt
Neulingen eine Grundausrüstung zur Verfügung. Und wer
sich vom Cricket-Fieber infizieren lässt, bekommt eine zünftige Ausrüstung aus Schläger, Handschuhen und Pads (Beinschützer) bereits ab 120 Euro.
Frauenrugby
Stand Up Paddle Surfing
Ein Teamsport wider alle Klischees
Auf der Alster paddeln wie ein Polynesier
Um nach vorne zu kommen, muss man zurück spielen. Pässe zur Mitspielerin sind nur nach hinten erlaubt, diese muss
dann mit Geschick, Kraft und Geschwindigkeit die gegnerische Abwehrreihe überwinden. Ganz besonders gut kann das
Johanna Jahnke, Nationalspielerin und siebenfache Deutsche Meisterin mit den Rugby-Frauen des FC St. Pauli. Und
sie räumt auch gleich mit einem Vorurteil auf: „Rugbyspielerinnen sind keine Schränke. Bei uns spielen Frauen mit den
unterschiedlichsten Voraussetzungen und fast jeden Alters.“
Die dennoch einiges gemeinsam haben: Mut, Lust auf sportliche Rangelei und vor allem Aktivität in einer Teamsportart.
Die erste Deutsche Meisterschaft im Frauenrugby wurde übrigens 1988 ausgetragen. Seit Anfang der 2000er-Jahre ist
Hamburg Hochburg für das körperintensive Spiel mit dem Ei.
Und die Zukunft ist gesichert: Auf dem Rugbyplatz an der
Saarlandstraße trainieren sonnabends sogar Nachwuchstalente unter acht Jahren.
Bei den Worldcups 2009 und 2010 konnte man sehen, dass
Hamburg nicht nur ideale infrastrukturelle Voraussetzungen
für das SUP (Stand Up Paddling) bietet, sondern auch eine
große Nachfrage zum Selbermachen besteht. Und auch wenn
2011 kein Worldcup in der Hansestadt stattfindet, erlebt der
Sport jetzt hier seinen Durchbruch dank des neu eröffneten
SUP-Centers. Gleich auf dem Stadtparksee und den Alsterkanälen können Anfänger die ersten Schritte in dieser einfach
zu erlernenden Sportart unternehmen, die auf polynesische
Fischer zurückgeht. Diese bewegten sich wie ihre sportlichen
Nachfolger stehend auf ihrem Board vor der tahitianischen
Küste mittels Paddeln und Muskelkraft fort. Ihnen nachmachen kann man es in der Sommersaison dank Anfängerkursen, geführten Touren und Sportkursen. Angehende
Stand-Up-Paddler bringen eine Boardshorts, ein T-Shirt und
einen Pullover mit, die Boards können direkt vor Ort im
SUP-Center ausgeliehen werden.
Kontakt: FC St. Pauli Rugby, Kontakt: [email protected]
Training: Mo/Mi/Fr, ab 19 Uhr, Rugbyplatz, Saarlandstr. 71
Termin: Sommerfest, 4. Juni, ab 12 Uhr, Saarlandstr. 71 (Stadtpark)
Inline-Skaterhockey
Einradfahren
Vom Zirkusvergnügen zur Trendsportart
Gehörte das Einrad lange nur zum Zirkus-Repertoire, so
hat sich in den letzten 15 Jahren ein Sport in verschiedensten
Ausprägungen rund um das wacklige Fortbewegungsgerät
entwickelt. Kinder und Jugendliche lernen Koordination und
Feinmotorik – das soziale Lernen wird bei regelmäßigen Auftritten gefördert. Der Wettkampfbereich ist variabel: Diverse
Strecken, die zu bewältigen sind, technische Anforderungen
wie Einbeinfahren und Wheelwalk sowie Küren, die nach Ästhetik und Körperbeherrschung bewertet werden. Profis rasen mit speziell gefertigten Einrädern Sandhügel hinunter,
springen von Felsvorsprüngen. Das ist für die Kinder – meist
Mädchen – ab fünf Jahren und Jugendlichen beim Eidelstedter SV noch Zukunftsmusik: Sie trainieren zunächst mit zur
Verfügung gestellten Rädern – das Anfängerrad ab 60 Euro.
Kontakt: Eidelstedter SV, [email protected],
Tel. 55 20 49 20, www.sv-eidelstedt.de
Training: Mi 17–18.25, Do 16.30–17.25 Uhr, Sporthalle Gesamtschule
Eidelstedt, Lohkampstr. 145
Termin: Familienfest, 21.8., 11–16 Uhr, Sportgelände, Redingskamp 25
Kontakt: SUP Center, Stadtparksee, Mi–Fr 16–20, Sa/So 10–20 Uhr,
[email protected], www.supcenter-hamburg.de
Training: Schnupperkurse, Mi, 18–20 Uhr, Kursgebühr: 20 Euro
Gut geschützt im Rausch der Geschwindigkeit
Parkour
Hangeln durch den Hamburger Großstadtdschungel
Bei Parkour geht es darum, ohne Hilfsmittel Hindernisse
so effizient wie möglich zu überwinden. Könner erinnern dabei an Panther, die sich geschmeidig durch ihr Revier bewegen. Davor steht jedoch langes Üben. Am besten trainieren
Anfänger erst einmal an Geräten in der Halle, bevor es über
Mauern am Dammtor oder Brücken im Hafen geht. Nichts für
übermütige Angeber, sondern für besonnene Menschen, die
ihre Grenzen kennen. Parkour steigert Kondition und Körpergefühl. Bei uns ist dieser Sport noch nicht lange bekannt.
Der französische Schauspieler David Belle gilt als ihr Begründer, als er Ende der 80er-Jahre mit Freunden in der Pariser
Vorstadt mit akrobatisch-spielerischen Verfolgungsjagden
über Treppen, Zäune, Mauern und Baugerüste begann.
Kontakt: ETV, Turnhalle Helene-Lange-Gymnasium, Bogenstr. 32,
Mi 16.30–18 Uhr, ab 13 Jahre, www.etv-hamburg.de
Training & Termine: http://parkour-hamburg.blogspot.com
FOTOS: ISTOCKPHOTO (13), FOTOLIA.COM (2), JULIA WAGNER, PICTURE ALLIANCE/DPA, PR (5). ALLE ANGABEN: STAND 25. MAI 2011
Sonnabend / Sonntag, 28. / 29. Mai 2011
Capoeira
Bogenschießen
Improvisation ist fast alles
Robin Hoods Nachfahren in Eimsbüttel
Capoeira ist eine Mischung aus Kampfkunst, Tanz, Akrobatik, Musik und Rhythmusgefühl. Kein Wunder, dass dieser
Sport aus Brasilien stammt, wo ihn afrikanische Sklaven ausübten. Der Tanz war Tarnung – eigentlich ging es darum, sich
für den Befreiungskampf zu stärken. Seit etwa 30 Jahren gibt
es Capoeira auch in Europa, er trainiert gleichermaßen Körper und Geist, stärkt das Selbstbewusstsein ebenso wie das
Verantwortungsgefühl, schließlich möchten die Sportler einander nicht weh tun, sondern Spaß haben. Man braucht dazu
nichts als bequeme Sportkleidung. „Capoeira kann man auch
noch anfangen, wenn man über 30 ist und vorher lieber auf
dem Sofa gesessen hat! Einfach vorbeikommen und ausprobieren!“, sagt Joel Dias, der Contramestre des Hamburger Vereins. Die Jüngsten im Club sind übrigens erst fünf Jahre alt.
Früher war Bogenschießen das Mittel der Wahl bei Jagd
und Krieg – seit 1972 ist es olympische Disziplin. Heute werden mit Pfeil und Bogen weder Tier noch Gegner zur Strecke
gebracht, es geht um Konzentration, innere Ruhe. Atmen, anvisieren, zielen, loslassen. Eine entspannende Anstrengung
ist das. Für Interessierte bietet der Eimsbütteler Turn-Verein
Schnupperkurse an (45 Euro für 5 Trainingseinheiten), Bögen und Ausrüstung werden komplett gestellt. Fortgeschrittene mit eigenem Equipment können jederzeit den Bogensportplatz nutzen. In der Bogenschule Stellmoor können
auch Nichtmitglieder beim offenen betreuten Schießen teilnehmen (12 Euro inkl. Leihbogen). Wer selbst Bogen bauen
möchte, findet bei Hanno Börner Material und Anleitung.
Kontakt: Capoeira Hamburg, Aikido Schule, Barnerstr. 16,
Tel. 0170/321 93 53 (Joel Dias), Anfragen: [email protected]
Termin: 1st United Capoeira Meeting HH, 10.–13. Juni; weitere Infos
über www.capoeirahamburg.de
Kanu-Polo
Dynamischer Sport unter falscher Flagge
Der neben dem großen Bruder Eishockey schnellste Mannschaftssport der Welt ist eine Mischung aus Eis- und Rollhockey und schwappte in den 1980er-Jahren von den USA nach
Deutschland. Anfangs wurde der Sport noch mit Rollschuhen
gespielt, seit Mitte der 1990er-Jahre mit Inlinern. Die größten Unterschiede zum Eishockey: Die Zeit wird fast durchgängig laufen gelassen, es gibt kein Abseits und das Spielgerät
ist ein Hartkunststoffball. Wer in den rasanten Sport hineinschnuppern möchte: Aus Sicherheitsgründen ist das Tragen
von Schutzausrüstung für alle Trainingsteilnehmer Pflicht.
Also am besten vorher Kontakt aufnehmen, in begrenztem
Rahmen sind Leihausrüstungen vorhanden. Beim Kauf eines
eigenen Equipments, bestehend aus Inlineskates, Brust-, Ellbogen-, Schienbeinschutz sowie Schutzhose, Helm, Handschuhen und Schlägern, stehen Mitspieler und Offizielle gerne beratend zur Seite. Bis zu 300 Euro müssen für eine einfache Erwachsenenausrüstung investiert werden.
Fünf Spieler pro Mannschaft versuchen auf einem 23 × 35
Meter großen Spielfeld in 2 × 10 Minuten Tore zu erzielen.
Einen Torwart gibt es nicht, der Körperkontakt ist limitiert.
Dennoch kentert immer mal wieder einer der zehn Spieler,
dank der umfassenden Ausrüstung und der Physis der Spieler
ist Kanupolo aber ein sicherer Sport. Der im Laufe seiner Geschichte immer mehr schrumpfte: Angelehnt an den populären Fußball waren die Spielfelder einst viel größer, und es
kämpften jeweils elf Spieler in einem Team. Erst Ende der
1980er-Jahre einigte man sich auch in Deutschland auf die
international gültigen Regeln eines Kleinfeldes. Da neben der
taktischen Flexibilität vor allem eine starke Physis gefragt ist,
wird Kanupolo hauptsächlich im Alter von 18 bis 40 betrieben. Und das nach wie vor unter falscher Flagge: Gespielt wird
gar nicht in Kanus, sondern in Einerkajaks.
Kontakt: HNT Flames, [email protected], Tel. 701 74 43,
www.hnt-flames.de
Training: Do, 18.30 Uhr (Herren/Junioren), Sa, 13 Uhr (Junioren/
Schüler), Uwe-Seeler-Halle, Cuxhavener Str. 540
Kontakt: Alster Canoe Club, Ludolfstr. 15, [email protected]
oder [email protected], www.kanupolo-hamburg.de
Training: Mo/Do ab 18.30 Uhr (Herren), Mo/Do ab 19 Uhr (Damen),
Do ab 17 Uhr (Schüler/Jugend)
Kontakt: ETV, Anfragen an Trainer Marc Hackelbörger unter
[email protected], www.etv-hamburg.de
Training: Bogenparcours der Bogenschule Stellmoor, Schemmannstr. 56,
Sa 16–18 Uhr, www.stellmoorbogen.de – Hanno Börner, Schierenberg 45,
Tel. 66 85 42 96 (Mi 15–19, Fr 15–18, Sa 10–14.30 Uhr)
Bahnengolf
Vom Volkssport zum Traum Olympia
Rund 4000 Minigolfanlagen gibt es in Deutschland. Ob auf
kleinen Eternit- oder großen Betonbahnen – an Hindernissen
wie Salto, Netz, Vulkan oder Blitz hat sich wohl jeder schon
einmal versucht. Deutschlandweit lochen 11000 Bahnengolfer in 300 Vereinen von der Kreisklasse bis hoch in die 1. Bundesliga ein. Auf lange Sicht möchte man Minigolf als olympische Disziplin ausüben. Bis es soweit ist, kann man in einem
der sieben Vereine Hamburgs trainieren. Wetterunabhängig:
Indoor-Minigolf bei Gilde Bowling (Wandsbeker Zollstr.
25–29) und im Schwarzlichtviertel von Funtastic-Minigolf
werden 18 ½ Bahnen bei optischen Illusionen bewältigt. Abgehoben: Im Volkspark wird Pit-Pat-Billard ausgeübt, da wird
der Ball mit einem Queue um Hindernisse herum gespielt.
Kontakt: HHer Bahnengolf Verband, hbv-vorsitzender@minigolf
hamburg.de, Vereine, Anlagen, Termine: www.minigolfhamburg.de
Tipp: Schwarzlichtviertel, Kieler Str. 561, Mo–Do 14–20, Fr 14–24,
Sa 10–24, So 10–20 Uhr, www.schwarzlichtviertel.de
Frisbee
„Unsere Welt ist eine Scheibe“
„Wer den Schweiß meidet, sollte es sich zweimal überlegen zu kommen“, sagt Andreas Runte, Vorsitzender der
Fischbees. Jeden Dienstagabend wird im Schanzenpark
trainiert. Auch bei Regen. Aber nicht nur das unterscheidet wettkampferprobte Vereinssportler von SchönwetterFrisbeespielern. Beim Ultimate, das 1968 von Studenten
in New Jersey erstmals der Öffentlichkeit vogestellt wurde,
treten auf einem rechteckigen Spielfeld zwei Mannschaften zu je 3 bis 7 Spielern gegeneinander an. Jedes Mal,
wenn die angreifende Mannschaft einen Wurf in der Endzone des Gegners fängt, bekommt sie einen Punkt. Körperkontakt gilt als Foul, laufen darf man mit der Scheibe
nicht, sie muss ständig abgespielt werden. Zur Ausrüstung
gehören Fußballschuhe und eine Flugscheibe (ab 10 Euro)
– und natürlich Geschicklichkeit und Bewegungsdrang.
Kontakt: 1. Ultimate Club Hamburg Fischbees 00 e. V.,
Anfragen an [email protected], www.fischbees.de
Training: Sportplatz Schanzenpark, Di, 19.30 Uhr
Bowling
Die Kopie – auch in HH erfolgreicher als das Original
Alpin-Klettern
Dass Bowling in den USA so populär ist, verdankt es süddeutschen Einwanderern und einem Verbot: Die Immigranten brachten im 19. Jahrhundert das Kegelspiel mit, aber es
wurde als Glücksspiel verboten. Daraufhin stellten clevere
Spieler zu den neun Kegeln einfach einen zehnten dazu –
fertig war die neue Sportart: Bowling. Hierzulande ist die
Sehnsucht nach den zehn perfekten Durchgängen à zwei
Würfen weniger ausgeprägt als jenseits des Atlantiks. Doch
ein Hamburger ist nahe dran am amerikanischen Traum: Stephan Unger vom BV Hanseat ist Deutscher Bowling-Meister
und Nationalspieler. Spitzensportler wie er führen bis zu
neun speziell angefertigte Bälle (nicht Kugeln!) mit sich, Einsteigern genügt das Angebot in den Bowlingcentern. Das A
und O des Bowlingsports: Koordination und Konzentration.
Die Bowler gehören in Deutschland übrigens neben den
Aktiven in den Bereich Schere, Asphalt und Bohle zu den vier
Bereichen des nationalen Kegelsportverbands.
Der Alpenverein hat eine Dependance in Hamburg, das
klingt seltsam, ist für Kletterfreudige aber ein Glücksfall.
Denn hier kann man lernen, wie es sicher nach oben geht.
Voraussetzung ist ein Kurs (55 Euro). Expressschlingen,
Gurt, Kletterschuhe und Seil werden gegen Gebühr ausgeliehen (13 Euro). So können Hobbygemsen testen, ob Ehrgeiz und Kondition ausreichen, um den Sport als Vereinsmitglied zu betreiben (24 Euro/Monat). Erst wer den Kletterschein hat, darf das Gelände ohne Trainer benutzen.
Anders als beim Bouldern, das in Fitness-Studios angeboten wird, benötigt man zum Klettern einen Partner, der
wird im DAV vermittelt. Klettern ist eine Risikosportart,
die aber relativ ungefährlich ist, wenn man sich auskennt.
Kontakt: Verein HHer Kegler, Kegelhalle Barmbek, Tel. 20 97 53 11 (Mi
16–18 Uhr), Adolph-Schönfelder-Str. 49, www.kegelhalle-barmbek.de
Kontakt: Deutscher Alpenverein (DAV), Sektion Hamburg,
Döhrnstr. 4, Tel. 600 88 88, www.kletterzentrum-hamburg.de
Auch ohne Berge hoch hinaus
Dart
Footbag
Buschball
Zeigen, was eine Hacke ist
Ein Ball, eine Fahne, ein Trend
Als der US-Amerikaner John Stahlberger vor etwa 40 Jahren nach einer Operation sein Knie trainieren wollte, kam er
auf die Idee, eine sandgefüllte Socke möglichst lange mit den
Füßen in der Luft zu halten. Aus innovativer Reha wurde ein
veritabler Sport, der seit 1984 mit regelmäßigen Weltmeisterschaften ausgetragen wird. Da beweist dann die inzwischen
weltweit aktive Footbag-Elite, dass es kein Kinderspiel ist.
Footbag ist geeignet für Solisten und Teamplayer, die damit
auch über Badmintonnetze spielen, oder gar Golf. Die Ausstattung: ein Footbag (8–30 Euro) und Schuhe, die eine feste,
gerade Sohle haben. „Der Einstieg erfordert Ehrgeiz. Aber es
wird nicht langweilig, weil es immer noch einen Trick gibt,
den man lernen oder erfinden kann. Voraussetzung ist ein gutes Ballgefühl. Alles andere ist Übung“, sagt Christian Bock,
1. Vorsitzender des Hamburger Footbag-Clubs.
Hätte Andreas Oligmöller 1977 in den Sommerferien genügend Fußballkumpels gefunden, gäbe es Buschball gar nicht.
So aber musste er sich ein Spiel ausdenken, das auch mit wenigen Mitspielern Spaß macht: Zieltreffen mit dem Fußball.
Was einst auf sauerländischen Dorfstraßen begann, hat inzwischen in den Parkanlagen der Großstädte Einzug gehalten, 2010 wurden die ersten Deutschen Meisterschaften ausgetragen und ein exaktes Regelwerk gibt es natürlich auch.
Eine Pole-Fahne (um 20 Euro), ein Fußball, Block, Stift und
zwei bis sechs Spieler sind dazu notwendig. Wie beim Crossgolf bestimmen die Spieler das Ziel, das heißt hier nicht Hole
sondern Pole, steht für Anfänger gut erreichbar auf der Wiese
und hängt für Fortgeschrittene schwer erkennbar in Büschen.
Wer zum Schluss des Parcours die geringste Schusszahl vorweisen kann, ist Sieger.
Kontakt: 1. FC Hamburg Footkings e. V., [email protected],
Tel. 0172/4472929 (Christian Bock, 1. Vors.), www.hamburg-footbag.de
Training: über die Stadt verteilt in Parks (Sommer) und Hallen (Winter)
Kontakt: 1. Hamburg Poppenbütteler Buschball Club 09 e. V.,
Anfragen unter [email protected], www.hpbc09.de
Training: Spielstätten von Poppenbüttel bis zum Volkspark
Wie im Flug die Grenzen ausloten
Britische Besatzungssoldaten brachten das Dartspiel
nach Deutschland. Vom spontanen Freizeitspaß zur organisierten Vereinssportart wurde es erst Ende der 1970erJahre. Nach wie vor sind die Grenzen zwischen Darten in
der Kneipe und Wettbewerbssport fließend. „Wir haben
zahlreiche Mannschaften, da ist für Sportler jeder Leistungsstärke etwas dabei“, erklärt Arne Sell, Abteilungsleiter bei der HSV-Dartabteilung. Angetreten wird in gemischten Mannschaften, Frauen und Männer kämpfen
gemeinsam in diversen Einzeln und Doppeln im 501erWettbewerb gegeneinander, die
Einzelleistungen addieren sich
zum Team-Ergebnis. Arne Sell:
„Mein Ergebnis liegt nur an mir, es
ist unabhängig vom Gegner. Und
das spornt einen immer wieder an,
Höchstleistungen zu erbringen.“
Kontakt: HSV Dart, Arne Sell, [email protected], Tel. 299 33 56
Termin: Darten für Jedermann, Mo, 6. Juni,
ab 18 Uhr, Aula der Schule Rhiemsweg, Horn
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› BROT & SPIELE
Sonnabend/Sonntag, 28./29. Mai 2011
Samurai-Sudoku
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man im „Weissen
Haus“ first class
LOKAL-TERMIN
Kulinarische Supermacht
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Beim Samurai-Sudoku sind vier
Eck-Sudokus so um ein ZentralSudoku angeordnet, dass jedes
der vier Eck-Sudokus sich je
Kurz-Biografie
Boris Kasprik, 26, zog es
nach seiner Kochlehre im
„Jena Paradies“ 2005 ins
Ausland, u. a. ins 3-SterneRestaurant „De Karmeliet“
im belgischen Brügge.
Danach unterstützte er das
Team von Sternekoch Alain
Ducasse im Pariser Eiffelturm-Restaurant „Jules
Verne“, ehe er in seine Heimat Hamburg zurückkehrte
und als Küchenchef ins
„Weisse Haus“ einzog.
» Das weisse Haus, Neumühlen 50, Tel. 390 90 16, Mo–Sa
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1 bis 9 aufzufüllen. Dabei darf
jede Zahl in jeder Zeile und jeder
Spalte sowie in jedem 3 × 3 Feld nur einmal vorkommen.
Lösung: siehe unten …
FOTO: GRAFIKANSTALT
An jeder der drei Seiten des säulenartigen Klinkermonuments steht eine Kriegerfigur – das „31erDenkmal“ von 1925. In Auftrag gegeben von Mitgliedern des Infanterie-Regiments Nr. 31, blenden
sie Tod und Leid aus. Die Kirchengemeinde, auf
deren Boden sie stehen, beauftragte 1996 den
Altonaer Künstler Rainer Tiedje – und der stellte
den „31ern“ drei Tafeln aus Acryl entgegen mit
Männern, die sich im Schmerz winden. Gelungen:
Als stumme Protestierer stören sie seitdem
kriegsverherrlichende Gedenkveranstaltungen.
Für scharfe Denker
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ab 18, Do u. So ab 12 Uhr, www.das-weisse-haus.de
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» YOGURU, Eppendorfer Landstr. 32,
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» LA PLAZA, Bahrenfelder Str. 160,
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Lars Bogdahn liebt eiskalte Desserts
und heißen Kaffee. Letzterer kommt von
der Rösterei Elbgold, erstere stellt er aus
Milchprodukten der Bio-Meierei Wohldorfer Hof selbst her: Frozen Yoghurt.
Zu Standardcremes wie Natur, Mango
und Erdbeere kommen saisonabhängige
Specials. Allesamt lassen sie sich nach
Geschmack der Kunden mit Brownies
oder Frischobst verfeinern.
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Wenn die große Glasfront geöffnet
ist und ein Sommerregen auf den AlmaWartenberg-Platz prasselt, hat das
etwas von einem Gewitter im Urlaub.
Weil auf den dunklen Holztischen Salzkrustenkartoffeln duften, Krebsfleischbällchen, Schafskäse in Serrano oder
Camembert mit Honig. Liebevoll dekoriert und sehr gut. Sogar der Hauswein
ist ein wuchtiger Begleiter. Schnörkellos
wirkt hier nur das Interieur.
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Yoguru
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La Plaza
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EIS-CAFÉ
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RESTAURANT
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Senkrecht:
1 Typische Eigenschaft des jungen Alters. 2 Gattung der Vereinten Nationen. 3 Sie beginnen mit
Sonnenaufgang und enden mit deren Untergang.
4 Aale will man damit fangen. 5 Bleibt lieber im
Keller, sie liebt es nicht heller. 6 Eine Lagune
nennt man so in Frankreich, doch nicht anderswo.
7 1957 wurde die Goldküste als ... selbstständig.
8 Arbeit an Stöcken. 9 Alexander der Große erinnerte sich gerne an diese Stadt in Kilikien. 10
Tragische Gestalt im Chaos deutsch-italienischer
Vergangenheit. 11 Mit fünf Mark waren Sie dabei!
12 Wer versteht die Literatur von Franz schon
ganz? 13 Pa zählt zu seinen Anhängern. 14 Er
schrieb die Oper „Angelique“. 15 Animiert in
einem Heißgetränk. 24 Biblische Stadt; war für
Laster nicht gesperrt. 25 Elektronenhirns Futter.
27 Zu ihr eilt mancher, der nächtens etwas läuten
hört. 29 Dieser französische Fluss ist nicht der
meine. 30 Im Sternbild „Schwan“ trifft man ihn
an. 32 Ausdrucksweise der Katzen. 33 Kurzform
einer ungarischen Helene. 34 Kleine Konkurrentin
der Lunge. 35 „Der Scharfsinnige“ hieß dieser
Kalif. 36 In Städten gurren sie zuhauf, hier endlos.
37 Herms hat viele Lieder und den Fliegerkuss
komponiert. 38 Was für uns eine Billion, ist für
Griechen ein Ungeheuer. 40 Der mündliche Teil
einer Moralpredigt. 41 Macht fast die ganze
Netzhaut des Auges aus. Na?
Auflösungen:
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1 Oliven entkernen, 2 Std. im Ofen bei 80 °C trocknen,
mit Öl pürieren. Filet halbieren, salzen und übereinanderlegen. Alufolie mit Püree einpinseln. Steinbuttfilets darin wie ein Bonbon einrollen.
2 Fischfond aufkochen, mit Lorbeer, Thymian, Pfeffer
und Knoblauch 20 Min. zugedeckt ziehen lassen. Öl,
gekochte Kartoffeln, Butter hinzugeben und pürieren.
3 Tomaten teilen. Gehackte Zwiebeln mit Knoblauch,
Thymian, Lorbeer anschwitzen. Alle Tomaten zugeben, salzen, mit Backpapier abdecken, bei niedriger
Hitze 2,5 Std. einkochen. Zuletzt Butter einrühren.
4 Artischocken halbieren, im Topf anschwitzen. Garnitur dazu, mit Wein ablöschen. Abdecken, gar dünsten.
5 Steinbuttrolle scharf anbraten, im Ofen bei 60 °C
ca.10 Min. ziehen lassen. Artischocken braten, alles
wie links anrichten. Dazu passt Kartoffelstampf.
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Tomatenschmelz:
5 gepellte Strauchtomaten
je 1 Zwiebel, Knoblauchzehe
5 Zweige Thymian
1 Zweig frischer Lorbeer
100 g Dosentomaten
50 g Butter, 30 ml Olivenöl
Poveraden:
4 St. Mini-Artischocken
200 ml Weißwein
Garnitur:
Karotte, Zwiebel, Lorbeer,
Thymian, Knoblauch
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Für 4 Personen
240 g Steinbuttfilet
150 g schwarze Oliven
50 ml Olivenöl
Sauce Brandade:
200 ml Fischfond
50 ml Olivenöl
30 g Butter
1 Zweig frischer Lorbeer
4 Zweige Thymian
2 Knoblauchzehen
1 TL weiße Pfefferkörner
100 g mehlige Kartoffeln
49
Waagerecht:
1 Die ist beizeiten sehr vorteilhaft. 16 Sie versetzt
uns in den Zustand der Empfindungslosigkeit. 17
Friedenssymbol füllt kopflos die Seine. 18 Jazzstil
in den Vereinigten Staaten. 19 Gilt nicht nur unter
italienischen Musikern als genug. 20 Das ist
leider nur die halbe Freiheit. 21 Meistens stehen
Barhocker davor. 22 Beim Bowling würde es
„Zehne“ heißen. 23 Sogar ein blindes Huhn findet
es. 24 Alias Stängel, auch am Besen zu finden.
26 Sie muss für Jäger den Bart lassen. 28 IbsenDrama ohne Kopf, algerischer Hafen ohne Fuß.
29 Eine verkürzte Stunde. 31 Superpower ist,
was Casanova war. 39 Mittelloses Gemüse im
Südosten Smålands. 42 Verhandlungskunst, die
niemanden in den Regen stellt. 43 Was Opernfreunde entzückt, ist für Franzosen überwiegend
nichts. 44 Organization of African Unity geht
auch kürzer. 45 Sonderling mit Raute im Herzen.
46 In Holteis „Ein Trauerspiel in Berlin“ war er der
Eckensteher. 47 So nennt der Grammatiker d, t,
p, b, c und g – auch ohne Tion. 48 Lachender,
auch wenn er weinen muss. 49 Lokales Netzwerk
als Kernstück einer Bilanz. 50 Essen und Trinken
hält das und Seele zusammen.
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Steinbutt im Olivenmantel
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REZEPT VON BORIS KASPRIK
Essen und ausgehen
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Irgendwo in Hamburg. Nur wo?
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avon kann sich Barack Obama noch eine
Scheibe abschneiden: Im „Weissen Haus“ regiert bereits seit neun Jahren der Münchner
Christian Senkel, und die Macht am Herd hat Boris
Kasprik, der nach Sterne-Stationen von Paris bis Tokio jetzt wieder an der Elbe kocht. „Yes, we can“, das
Motto des US-Präsidenten, gilt auch im kleinen
45-Plätze-Lokal in Neumühlen: Ja, wir können – und
zwar kochen auf Spitzenniveau.
Früher war das Restaurant, in dem Senkel bis 2008
mit Fernsehkoch Tim Mälzer wirkte, eine Pilgerstätte für TV-Touristen – auf Monate ausgebucht, weil
ganz Deutschland „einmal beim Mälzer essen“ wollten. Erst jetzt, da es wieder leichter ist, einen der
schlichten Holztische im Gastraum und Wintergarten zu ergattern, erreicht die „klassische Küche mit
französischem Einfluss“ endlich auch die Hamburger. „Wir setzen nicht auf Fusion-Food, werfen also
nicht Asien und Südamerika in einen Topf, sondern
legen Wert auf richtig gutes Handwerk und regionale
Produkte.“ Das zeigt sich in der kleinen (nur zwei
Hauptgänge), aber sehr feinen Karte, die etwa alle
zehn Wochen wechselt. Die einzelnen Gerichte kann
sich der Gast nach „Baukasten-Prinzip“ zum Menü
zusammenstellen, zwei Gänge kosten 30 Euro, drei
Gänge 36, vier Gänge 44 und fünf Gänge 52 Euro.
Als Appetithäppchen bietet sich die junge Frühjahrs-Makrele an, säuerlich eingelegt mit Tomaten-
mousse und Petersiliencoulis – auf dem Teller ein
Gemälde, auf der Zunge ein Gedicht. „Im Prinzip handelt es sich um einen edlen Bismarck-Hering“, erklärt
Christian Senkel und empfiehlt „für Kerle“ vorweg
die gebackene Praline vom Kalbsbäckchen, Bries, mit
französischem Gemüse und Speckvinaigrette. „Unser
Chicken McNugget deluxe“, wie er augenzwinkernd
erklärt. Eine anschauliche Untertreibung für diese
perfekte Praline aus Fleisch. Ein Hochgenuss ist auch
der grüne Spargel vom Stampe-Hof, der mit pochiertem Landei und einer traumhaften Sauce Albufera als
Zwischengang auftritt. „Gerade auf die Saucen achten
wir sehr“, sagt Senkel. Die ist beim Fisch-Hauptgang
französisch inspiriert, denn der gebratene Loup de
Mer ist verfeinert mit Bouillabaisse-Sud, PoveradeArtischocken und Auberginenkaviar.
Ebenfalls ein Volltreffer ist das rosa gebratene
Kalbsfilet mit braisierten Frühzwiebeln und Pommes
Anna, einer Art Kartoffelgratin. Bei der Auswahl der
flüssigen Begleitung darf man sich getrost auf Christian Senkels Empfehlungen verlassen. Das gilt auch
beim Dessert – das Mille-feuille von Erdbeeren und
Vanille mit Rhabarbersorbet schmeckt zauberhaft –
auch wenn es nur aus zwei und nicht etwa aus 1000
Blättern besteht, wie der Name suggeriert. Das macht
aber überhaupt nichts: Die Wiederwahl beim nächsten Abendessen ist garantiert.
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einen Block mit dem ZentralSudoku teilt! Dabei gelten für
jedes der 5 Sudoku-Diagramme
die klassischen Spielregeln: Alle
Diagramme sind mit den Zahlen
Irgendwo in
Hamburg:
Gegendenkmal
zum „31er-Denkmal“, St. Johanniskirche,
Max-Brauer-Allee
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TEXT: VANESSA SEIFERT • FOTOS: THOMAS LEIDIG
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„Das weisse Haus“, einst Pilgerort für Mälzer-Fans, ist besser denn je – und man ergattert jetzt sogar einen Tisch
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IMPRESSUM
Chefredaktion: Claus Strunz (V.i.S.d.P.)
Redaktion: Anika Riegert (verantwortlich)
Art Direction: Julia Wagner
Mitarbeiter dieser Ausgabe: Vera Altrock,
Albrecht Barke, Simone Buchholz, Arne Dettmann,
Marco Fuchs, Rainer Grünberg, Oliver vom Hofe,
Nina Holley, Alexander Josefowicz, Thomas Leidig,
Karin Lübbe, Julia Marten, Peter Maus, Norman Raap,
Kirsten Rick, Caroline Rudelt, Manu Schmickler,
Armgard Seegers, Vanessa Seifert, Josephine
Warfelmann, Yvonne Weiß
Konzeption & Realisation:
mar10 media GmbH
Geschäftsführer: Nikolas Marten
Anzeigen (verantwortlich): Dirk Seidel,
Tel. 040/34 72 25 56
Verlag & Druck: Axel Springer AG,
Axel-Springer-Platz 1, 20350 Hamburg
Ausgezeichnet mit fünf „European
Newspaper Awards 2010“
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Sonnabend / Sonntag, 28. / 29. Mai 2011
› GESTERN & HEUTE
Stern des Anstoßes: 1971 war
das Bekenntnis von 374 Frauen
ein ungeheuerlicher Tabubruch
FOTO: STERN
40 JAHRE AKTION GEGEN § 218
Frauen
Aufstand der
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ls am 6. Juni 1971 eine Titelgeschichte des „Stern“ mit dem
Slogan „Wir haben abgetrieben!“
374 prominente und weniger
prominente Frauen präsentierte, die bekannten, gegen das im
Paragrafen 218 des Strafgesetzbuchs verankerte Abtreibungsverbot verstoßen zu haben, brach eine neue Zeit an.
Es war für viele Frauen das Startsignal, sich vom Monopol der Männer übers Kinderkriegen und den Körper der Frau zu befreien. Es war der Anfang vom Ende
einer mindestens seit dem Mittelalter verbindlichen
Vorstellung von der Familie – 1274 hatte die katholische Kirche die Ehe zu einem der sieben Sakramente
erhoben. Der Anfang vom Ende des Unterschieds zwischen unehelichen Kindern – gern auch als Bastard
oder Kegel bezeichnet – und den ehelichen, die rechtlich bessergestellt waren. Unverheiratete Mütter
wurden jahrhundertelang verfolgt, verachtet, verspottet. Heute werden mehr als 32 Prozent aller Kinder unehelich geboren. Das Bekenntnis „Wir haben
abgetrieben!“ war der Anfang einer Ära, in der Frauen
weiter reichende Forderungen nach Solidarität,
Selbstbestimmung und Autonomie stellten.
Zu den bekannten Unterstützerinnen der von Alice Schwarzer initiierten „Stern“-Aktion gehörten Romy Schneider, Senta Berger, Sabine Sinjen, die Publizistin Carola Stern und das Fotomodell Veruschka
Gräfin von Lehndorff. Aber vor allem unterschrieben
Hunderte Unbekannte – Studentinnen, Sekretärinnen, Hausfrauen, die meisten zwischen 20 und 30
Jahre alt. Einige von ihnen erklärten später, sie hätten niemals abgetrieben, hätten aber die Idee einer
selbstbestimmten Schwangerschaft unterstützen
wollen. Im „Stern“-Appell hieß es: „Jährlich treiben
in der Bundesrepublik eine Million Frauen ab. Hunderte sterben, Zehntausende bleiben krank, weil der
Eingriff von Laien vorgenommen wird“ und „Frauen
ohne Geld zwingt der Paragraf 218 auf die Küchentische der Kurpfuscher“.
All diese unwürdigen, lebensbedrohlichen Umstände wollten die Unterzeichnerinnen beenden.
Recht hatten sie. Aber dass mit jeder Abtreibung auch
Konflikte entstehen, Gewissensbisse und Schuldgefühle, schob man beiseite: dass man niemals den Gedanken los wird, werdendes Leben zerstört zu haben,
dass man noch Jahrzehnte später überlegt, wie das
Kind wohl aussähe. Erst später begriffen viele Frauen,
dass sie sich mit dem Recht auf Abtreibung vielleicht
neue Freiheiten erobert hatten, dass sie nun aber zuweilen der Willkür ihrer männlichen Partner erst
recht ausgesetzt waren, wenn diese das Kind nicht
wollten: „Lass es doch wegmachen.“ Früher ließen
solche Männer die Frauen einfach sitzen, jetzt bürdeten sie ihnen zusätzlich die Entscheidung über Leben
oder Nicht-Leben auf.
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achdem der „Stern“ mit seiner Titelgeschichte erschienen war, unterschrieben 3000 Frauen bundesweit Selbstanzeigen, binnen weniger Wochen gingen mehr als 86 000 Solidaritätserklärungen ein. Mit dem Protest gegen den Abtreibungsparagrafen wurde ein Prozess der Selbstorganisation
in Gang gesetzt, aus dem eine soziale Bewegung hervorging, die mit ihren Forderungen und Aktionen die
Protestgeschichte der Bundesrepublik für etwa ein
Jahrzehnt mit prägte. Mit ihrem Tabubruch wagten
sich die Frauen aus der Illegalität. Sie machten Sexualität und Schwangerschaft zum Politikum – bis dahin
war es ihr privates Problem. Nun wurde gestritten
über Mutterschaft, den Beginn des Lebens und um die
Würde des Ungeborenen.
Bis 1958 hatte der Ehemann das alleinige Bestimmungsrecht über Frau und Kinder, er konnte sogar,
wenn es ihm beliebte, den Anstellungsvertrag seiner
Frau ohne deren Zustimmung fristlos kündigen. Ohne Zustimmung durften Frauen bis 1962 kein eigenes
Bankkonto führen. Erst nach 1969 wurde eine verheiratete Frau als geschäftsfähig angesehen. Kein Wunder, dass die 68er gegen Muff und Spießbürgerlichkeit in Deutschland revoltierten. Die Frauenfrage war
FOTO: PICTURE-ALLIANCE/DPA
Das Thema Schwangerschaft hatte für Frauen zu
allen Zeiten – zumindest wenn sie unverheiratet oder
sehr jung oder schon Mutter mehrerer Kinder waren
– mit Angst zu tun. Selbst diejenigen, die verheiratet
waren und Jahr um Jahr schwanger, mussten bei jeder Geburt mit Komplikationen, Kindbettfieber und
Tod rechnen. Zwischen vier und zehn Prozent der
Mütter starben früher im Wochenbett. Noch heute
zählen Schwangerschaften und die sich aus ihr ergebenden Komplikationen zu den häufigsten Todesihnen allerdings dabei gar nicht wichtig, die Unursachen von Frauen in Ländern der Dritten Welt.
gleichheit zwischen Männern und Frauen galt allenKinder zu bekommen war noch bis vor 40 Jahren
falls als „Nebenwiderspruch“ und damit als zweitrangottgewollt, so zumindest die Meinung von Staat und
gig beim Kampf für soziale Gerechtigkeit. Heute mag
Kirche. Und es gab nichts, was man legal dagegen
man es kaum glauben, aber 1971 schrieb das Bürgerlihätte unternehmen können. Doch die Geschichtsche Gesetzbuch noch vor, dass eine Frau, die arbeiten
bücher sind voll von Schauergeschichten über Abtreiwollte, die Erlaubnis ihres Ehemannes einholen
bungsversuche mit Laugen und Giften, Nadeln und
musste. Auch das muss man zugrunde legen, wenn
Hieben, Stürzen von Treppen, Besuchen bei sogeman die Protestaktionen gegen den Paragrafen 218
nannten „Engelmacherinnen“. Andere Todesursabetrachtet, die nach Erscheinen des „Stern“-Titels
chen eingerechnet, mussten im 19. Jahrhundert die
noch jahrelang folgten. „Mein Bauch gehört mir“
Kinder aus jeder dritten Ehe mit dem Verlust eines
stand damals auf den Plakaten oder „Ob Kinder oder
Elternteils leben – eine Größenordnung, die dem Ankeine, entscheiden wir alleine“. Gefordert wurde eine
teil heutiger Scheidungswaisen entspricht.
Selbstbestimmung über den eigenen Körper und die
Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisafreie Entscheidung darüber, ob man ein Kind großtion werden jedes Jahr etwa 210 Millionen Frauen
ziehen wollte oder nicht.
schwanger und etwa 130 Millionen Kinder lebend geboren. Die übrigen 80 Millionen Schwangerschaften
chleichend hat diese Revolution in den verganenden mit Totgeburten, Spontanaborten oder durch
genen Jahren stattgefunden. Eigentlich ein PaAbbruch. Etwa ein Drittel aller Schwangerschaften
radox, denn kann eine Revolution überhaupt
ist ungeplant und etwa ein Fünftel aller schwangeren
leise und unaufgeregt ablaufen? Aber wie könnte man
Frauen entscheidet sich zu einem Abbruch. Dies enteine gesellschaftliche Veränderung anders bezeichspricht jährlich etwa 42 Millionen
nen, die alles, was bis dahin galt,
Schwangerschaftsabbrüchen, dakomplett auf den Kopf gestellt hat.
von etwa 22 Millionen legal. Der
Zumindest beim Kinderkriegen.
Großteil der 20 Millionen illeWar es jahrhunderte-, ja jahrtaugalen Abbrüche wird von Laien
sendelang so, dass Schwangerund meist unter medizinisch preschaften ungeplant und damit oft
kären Bedingungen durchgeführt,
auch ungewollt waren, ist es derdie häufig zu lebensbedrohlichen
zeit eher so, dass das KinderkrieKomplikationen führen. Nach
gen akribisch vorbereitet wird.
Schätzung der WHO sterben jährMan denkt nicht mehr darüber
lich etwa 70 000 Frauen infolge
nach, wie man Kinder nicht beillegaler Schwangerschaftsabbrükommt, sondern vielmehr, wie
„Es ging nicht um
che. In Deutschland werden etwa
man Kinder bekommt. Und das oft
viel zu lange.
individuelle Schicksale, es 14 Prozent der Schwangerschaften abgebrochen.
Europaweit hat inzwischen jewar eine Provokation“
Zu viele Frauen hatten sich
des sechste Paar Schwierigkeiten
Senta Berger, 70, Unterzeichnerin der
1971 der Abtreibung bezichtigt, als
mit der Erfüllung des KinderwunAktion „Wir haben abgetrieben!“
dass Staatsanwälte waren, sie alle
sches. Immer mehr Männer sind
zu verfolgen. Keine einzige Frau
unfruchtbar, immer mehr Frauen
wurde verurteilt. Ihrem Mut ist es
zu alt, um problemlos Nachwuchs
mit zu verdanken, dass das Gesetz 1974 geändert wurzu bekommen. Immer mehr Paare haben Bedenken,
de. Das Bundesverfassungsgericht setzte die Regeweil es gerade nicht passt oder der Partner nicht dem
lung zwar kurz darauf außer Kraft, fünf Jahre nach
Idealbild entspricht. Wann ist also der richtige Zeitder Kampagne wurden Schwangerschaftsabbrüche
punkt? Wer ist der beste Partner? Wie gesichert ist
dann aber doch straffrei – bis zur zwölften Woche
die Existenz? Vor lauter Zögern und Ängsten, Unwägnach der Befruchtung und bei „sozialer Indikation“,
barkeiten und Bedenken bekommen junge Paare
einer Notlage der Schwangeren. Die hatte ein Arzt
heute oft gar keine Kinder mehr. Oder sie bekommen
festzustellen. Praktisch bedeutete dies, dass jede Frau
zu wenige, weil sie viel zu spät damit anfangen. Sex
abtreiben konnte, die fand, ein Kind passe nicht in ihr
hingegen haben sie meist schon früh. Nicht nur Sex
Leben. In den 90ern wurde das Gesetz reformiert,
und Liebe sind heute vielfach entkoppelt. Es scheint
seit 1995 können Frauen bis zur zwölften Woche abgeradezu so, als habe Sex und Kinderkriegen rein gar
treiben, ohne eine Notlage nachweisen zu müssen –
nichts mehr miteinander zu tun. Das ist für eine Gesofern sie sich vorher beraten lassen.
sellschaft eine absolut neue Erfahrung.
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FOTO: PICTURE-ALLIANCE/RTN
„Wir haben abgetrieben!“: Am 6. Juni 1971 begann mit der
„Stern“-Aktion ein Kampf für ein Recht auf Abtreibung, der
die Familie revolutionierte, meint ARMGARD SEEGERS
Flammender Protest: Am
Mönckebrunnen verbrennen
30 Frauen am 3. März 1972
ihre Ermittlungspapiere
wegen Abtreibung
Stimme des Volkes: 1976 waren
Schwangerschaftsabbrüche
endlich straffrei – bis zur zwölften
Woche und bei sozialer Indikation
FOTO: ULLSTEIN BILD – WERNER OTTO
SERVICE
» Die Filmdokumentation „Wir
haben abgetrieben!“ erzählt, wie
sich Tausende Frauen in den 70erJahren von den althergebrachten
Rollen als Hausfrau und Mutter
emanzipierten und ein neues
Selbstbewusstsein entwickelt
haben. Dazu hat die Filmemacherin
Birgit Schulz 40 Jahre nach dem
mutigen Bekenntnis im „Stern“
am 6. Juni 1971 einige der 374
Bekennerinnen von damals aufgesucht. Zu Wort kommen unter
anderem Alice Schwarzer, die
damals als junge Journalistin den
Stein ins Rollen brachte, und Senta
Berger, die unter dem Risiko, ihre
Schauspiel-Karriere zu ruinieren,
teilgenommen und der Aktion
besondere Publizität verliehen hat.
Arte sendet den 52-minütigen Film
am Mittwoch, 8. Juni, 21.05 Uhr.
» Alice Schwarzer, Initiatorin der
Aktion von 1971, hat in der FebruarAusgabe 2011 ihrer Zeitschrift
„Emma“ unverblümt-detailliert
beschrieben, wie es zur Kampagne
„Wir haben abgetrieben!“ kam:
von der publizistischen Vorlage im
linksliberalen französischen Wochenblatt „Nouvel Observateur“ über das
„zähe Gefeilsche“ (Schwarzer) mit
dem „Stern“ bis zur Tatsache, dass
nicht alle der 374 Bekennerinnen
tatsächlich abgetrieben hatten. Der
kämpferisch-amüsante Artikel ist
nachzulesen auf:
» Männer bekennen „Wir haben
abgetrieben“: Bereits 2009 hat
die „Zeit“ acht Männer zu Wort
kommen lassen, deren Partnerin
einen Schwangerschaftsabbruch
vornehmen ließ. Zwischen Schamgefühlen, Schuld, Schmerz und
Erleichterung pendelt der Schicksalsbericht eines Mannes, dessen
Frau ungewollt von ihm schwanger
wurde und nach drei Kindern kein
viertes mehr wollte. Die ganze
Geschichte unter: www.zeit.de/
2009/08/Abgetrieben-Paar-08
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› STIL & LEBEN
Sonnabend / Sonntag, 28. / 29. Mai 2011
MARKENMACHER
FOTOS: ISTOCKPHOTO, PRIVAT
Langer
Atem
Sie starteten als Hobby-Jogger. Heute fertigen
Lars und Ulf Lunge Laufschuhe, führen sechs
Läden – und sind längst noch nicht am Ziel
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ARNE DETTMANN, 35, Journalist,
lebt seit 2005 in Santiago de Chile.
Mit seiner chilenischen Partnerin Valentina, 39, hat er zwei kleine Kinder.
Chile bedeutet in der IndianerSprache: das Land, wo die Welt zu
Ende ist. Dabei fühle ich mich gar
nicht so weit weg. Denn dank der
deutschen Einwanderungstradition gibt es hier viele deutsche
Schulen, Sportvereine und die
deutschsprachige Zeitung Cóndor,
bei der ich als Redakteur arbeite.
TEXT: CAROLINE RUDELT
er Vater war schuld – mitsamt einiger Kilos, die er
loswerden musste. Da Sport in der Gemeinschaft
mehr Vergnügen bereitet, verpflichtete er kurzerhand seine beiden Söhne zu ausgedehnten abendlichen Joggingrunden. Das Ergebnis: Die Anzeige der Waage sorgte bei
dem Weinhändler nicht länger für Unmut – und Lars und
Ulf Lunge, inzwischen 45 und 50, fanden ihre Berufung.
Denn regelmäßige Kurzstrecken, Steigerungsläufe und
Marathons wurden nicht nur zur Freizeitbeschäftigung der
Brüder: 1979 gründete Ulf Lunge, damals noch Schüler, sein
Geschäft für Laufartikel in Rahlstedt, neun Jahre später
stieg Lars Lunge mit ein. Heute betreiben sie sechs Läden in
Hamburg und Berlin, führen zudem seit Herbst 2008
Deutschlands einzige Laufschuhfabrik in Düssin, einem
200-Seelen-Dorf in Mecklenburg. Der Entschluss, Turnschuhe nicht nur zu verkaufen, sondern selbst zu produzieren, entstand Schritt für Schritt. „Der Fuß ist in unserem
Sport zentral, denn ohne ihn geht nichts“, erzählt Lars Lunge, der ungefähr 15 Marathons absolvierte. Sein Bruder Ulf
feierte 1983 als Hamburger Marathon-Meister seinen größten sportlichen Erfolg. „Wir haben als Läufer häufig schlechte Erfahrungen gesammelt. Man wird dadurch sein kritischster Kunde.“ Deshalb wollten sie selbst Einfluss nehmen, auf Sohle, Dämpfung und perfekte Passform. Zunächst
probierten sie es in Asien, wie all die anderen Hersteller von
Adidas bis Nike. Doch das Ergebnis war nicht wie erhofft.
„Dort stellen sie vornehmlich nach dem Kostenaspekt her“,
sagt Lars Lunge. „Uns geht es aber um mehr.“
Bislang haben sie einen guten Lauf: 2006 entdeckten sie
einen 100 Jahre alten Kuhstall, verwittert, sanierungsbedürftig – und doch perfekt. Heute steht hier die Lunge Manufaktur. 2007 wurden die Brüder mit dem Gründerpreis
ausgezeichnet, liefern an Kunden deutschlandweit, beschäftigen 50 Mitarbeiter. 2009 stellen sie etwa 4000 Paare
her. Umsatzzahlen wollen sie nicht nennen. Nur so viel: „Es
geht uns gut.“ Ein Selbstgänger war das Geschäft der Brüder
Lunge, beide Autodidakten in kaufmännischen Belangen,
Wegstrecke: Der erste Laden
öffnete 1979 in Rahlstedt, die
Produktion liegt in Mecklenburg-Vorpommern (o.). Links:
die Einzelteile eines Laufschuhs
Die Hafenstädte Valparaíso und
Hamburg verbinden alte und
neue Handelsbeziehungen . Als
Valentina zum ersten Mal in der
Hansestadt war, machten wir
natürlich ein Foto von ihr vor dem
Chilehaus mit dem steinernen
Kondor darüber, Chiles
Wappentier. Umgekehrt
besuchten meine Eltern
mit mir das Restaurant
„Hamburg“ in Valparaíso, wo es importierten
Matjes gibt. Echt lecker!
Weggefährten: Die Brüder Ulf
(l.) und Lars Lunge, 50 und
45, stecken ihre persönliche
Erfahrung als Marathonläufer
in ihre hochwertigen Schuhe
aber nicht. Um ein Unternehmen hochzuziehen, sagt Lunge, benötige man einen langen Atem. Ihr Sport, den sie nach
wie vor ausüben, hilft ihnen dabei – weniger konditionell als
mental. „Laufen ist eine Lebenseinstellung. Beim Marathon
geht es zwischendurch mal besser, mal schlechter. Das Ziel
verlierst du trotzdem nie aus den Augen.“
Die Lunges erwischten zunächst einen Stolperstart: Nähmaschinen funktionierten nicht, wie sie sollten, Stoffteile
wurden nicht korrekt geschnitten, die Entwicklung der ersten Modelle zog sich hin. Trotzdem blieben sie dran, glaubten an sich. Ähnlich wie beim Marathon am berüchtigten
Kilometer 30, wenn „der Mann mit dem Hammer“ droht:
der gefürchtete Einbruch mit Muskelkrämpfen und Schwächegefühlen. Mittlerweile sind sie auf einem guten Weg. In
solchen Situationen sei es wertvoll, dass die Brüder gemeinsame Sache machen könnten, erzählt Lars Lunge. „Wir
haben uns eigentlich nie gestritten. Als Kinder nicht – und
heute klären wir Meinungsverschiedenheiten auf die
brüderliche Art.“ Während Lars Lunge sich um Personal,
Einkauf und Produktion kümmert, ist der fünf Jahre ältere
Ulf für die Finanzierung und den Vertrieb zuständig. Ihr
Vorteil sei das Urvertrauen zueinander. „Es fällt mir schwer,
abzuschalten. Da ist es gut, wenn mein Bruder da ist.“
Durchaus wahrscheinlich, dass Lunges Manufaktur in
der Familie bleibt. Seine 13-jährige Tochter, sagt Lars Lunge, hätte bereits Interesse angekündigt, ihr älterer Bruder
ebenso. „Das wäre natürlich schön. Doch bis dahin ist es ja
noch etwas hin.“ Sie wollen weitere Modelle entwickeln, immer auf der Suche nach dem Bestmöglichen. Aber auch nach
Trends müssen sie sich bisweilen richten, wenngleich nur
ungern: „Die Funktionalität steht natürlich im Fokus. Allerdings spielen Moden durchaus eine Rolle.“ Besonders kräftige Farben sind bei den Läufern beliebt. Für einen Lunge
Laufschuh müssen die tiefer in die Tasche greifen, durchschnittlich 200 Euro kostet ein Paar. Leidenschaftliche Jogger würden das gern zahlen, so lang das Ergebnis stimme.
„Qualität hat ihren Preis“, sagt Lars Lunge. Qualität, die sie
auf unzähligen Kilometern erlaufen haben.
Kontakt
» Lunge Lauf- und Sportschuhe
GmbH, Lämmersieth 1, Tel. 297728,
und drei weitere Filialen in Hamburg,
www.lunge.de
SIMONES
STADTGEFLÜSTER
Für Schwermetaller
Auf die Plätze ...
Männer und Schmuck – wie halten Sie es?
Ich bin ein absoluter Fan von Silberschmuck und liebe außergewöhnliche Ledersachen wie Mäntel usw. Bei Pyrate
Style habe ich nicht nur ein schweres Silberarmband gefunden, sondern auch „nicht typische“ Western-Kleidung und
weitere Accessoires für meinen Auftritt als „Buttler“ bei
den Karl-May-Festspielen in Bad Segeberg („Der Ölprinz“).
Freizeit, Freiheit und
Abenteuer: Was fällt
Ihnen dazu ein?
„Harley Hamburg
Nord“: Wenn’s um diese Bikes geht, kommt
hier keiner dran vorbei. Legendär und
Kult. Klamotten und
alles, was das Bikerherz begehrt. Die
Jungs und Mädels sind
auch immer fester
Bestandteil der Harley
Days in Hamburg.
Heißer Dampf: Espressomaschine Technika IV von
ECM, Cucinaria, Straßenbahnring 12, um 1850 Euro
Glänzendes Sterling:
Panzerarmband aus Silber,
Pyrate Style, Große Bleichen
21, um 700 Euro
Easy Rider: „Fat Boy Bike“
von Harley Davidson, Harley
Hamburg Nord, Nedderfeld 96,
ca. 125 Euro Mietgebühr
pro Tag
Die Wochenvorschau
MONTAG
ZEITREISE: „Trippin’ the 60s“ –
mit den beiden Folk-Ikonen John
York (Gitarrist bei den Mamas &
Papas u. Byrds) und Barry McGuire
zurück ins Flower-Power-Jahrzehnt.
Fliegende Bauten, 20 Uhr.
KONZERT: Edo Zanki, Pate der
deutschen Soulmusik, meldet sich
mit Band und dem Programm „Zu
viele Engel“ zurück. Knust, 20 Uhr.
DIENSTAG
AUSSTELLUNG: „Der gute Ort
– 400 Jahre Jüdischer Friedhof
Altona“ wird eröffnet. Staats- und
Unibibliothek, 18 Uhr, bis 17.7.
LIEDER: „Hört ihr die Frösche
quaken“ ist ein literarisch-musikalischer Streifzug durch Kultur und
Landschaften über die Liebe zu
Mensch und Natur – mit Eva
Mattes, Peter Franke u. a. Ernst
Deutsch Theater, 19.30 Uhr.
K
lar mache ich Sport. Wie eine
Wahnsinnige. Denn wenn ich keinen Sport mache, bin ich total
unausgeglichen. Es geht um 6 Uhr 30
los: Rolle vorwärts aus dem Bett. Ab
dann mit effektiver Beinarbeit und nie
mit leeren Händen durch die Wohnung
laufen. Milch aufrühren, Kaffee machen, Tassen jonglieren. 6 Uhr 45: Wasserballett I. 7 Uhr 10: erster Kampf mit
sehr starkem Dreijährigen, Wasserballett II. 7 Uhr 45: brüllenden Dreijährigen anziehen. 8 Uhr 10: einhändig
Make-up auflegen, dabei mit der anderen Hand tobenden Dreijährigen von
der Wimperntusche fernhalten. 8 Uhr
40: Dreijährigen im Kinder-Bootcamp
abliefern, erster Schwindelanfall.
9 Uhr: Hardcore-Espresso-Cooking
wegen drohendem Kaffee-Ast. 9 Uhr 15
bis 10 Uhr, Zehnkampf: Betten machen,
Wäsche waschen, abwaschen, staubwedeln, Rennautos, Polizeiautos, Feuerwehrautos, Bagger, Jeeps und Traktoren einfangen. 10 Uhr: Hirn anwerfen,
an den Rechner setzen, schreiben. Haltungsnote: nur 2,5 wegen hängender
Schulterblätter. 14 Uhr: Hunger-Ast.
Pappiges Spielplatzbrötchen vom Vortag reinwürgen. 14 Uhr 30, Zirkeltraining: Wechselklamotten, Apfelschorle,
Spielplatzbrötchen, Bagger, Schaufel
und Fußball einpacken, runter aufs
Fahrrad, Kopfsteinpflasterrennen. 15
Uhr: aufgedrehten Dreijährigen von
Budapester Straße ziehen, bevor der
ILLUSTRATION: JOSEPHINE WARFELMANN
Schauspieler Frank Kessler, 49, (Karl-MaySpiele, ab 25.6.) fischt Schätze im Silbersee,
fährt Harley und findet Espresso stylisch
Doch beim Asado, dem langen
Grillen als wichtiges soziales Ereignis, klopfen Chilenen dann zu
einem vorzüglichen chilenischen
Rotwein dem Ausländer freundlich auf die Schulter und fragen
neugierig: Und was hat dich ans
Ende der Welt verschlagen?
LKW kommt, gut, dass der rechte Arm
Superkräfte hat. 15 Uhr 30: Dreijähriger spielt mit anderem Dreijährigen an
der Matschpumpe Pillermann vergleichen. Mutterseele geht in innere Emigration, ab jetzt folgt die Yogaphase.
18Uhr:Abendessen.HärtesterKampf
des Tages, Dreijähriger mobilisiert
nochmal alle Kräfte für den KäsebrotWeitwurf. 19 Uhr: bettfein machen.
Härtester Kampf des Tages geht in die
Verlängerung, ein Psychoduell. 20 Uhr:
Fünfkampf! Abwaschen, Wäsche aufhängen, bügeln, Brot in der Küche zusammenfegen, merkwürdiges, schleimiges Etwas aus Rucksack von Dreijährigem entfernen. Ab 21 Uhr: Regeneration, Massagen, Ermüdungsbecken.
Ich bin Iron Woman. Und Rennfahrerblut ist keine Buttermilch.
MADE IN HAMBURG
Kolumne
» Hier schreiben im wöchentlichen
KONZERT: Herbert Grönemeyer
ist mit seinem Album „Schiffsverkehr“ auf großer Fahrt. Die Bühne
wurde von Fotograf Anton Corbijn
gestaltet. Imtech Arena, 19 Uhr.
THEATER: In „Kundendienst“
von Curth Flatow gibt sich ein
Kosmetik-Vertreter etwas zu sehr
dem Service-Ideal hin. Komödie
Winterhuder Fährhaus, 19.30 Uhr.
DONNERSTAG
FREITAG
KONZERT: Die Heavy Metal
Legende Iron Maiden mit Sänger
und Jet-Pilot Bruce Dickinson
landen während ihrer „Final Frontier
World Tour“ auch in Hamburg.
O² World, 20 Uhr.
LITERATUR: Beim Poetry Slam
Finale kämpfen zehn der besten
Bühnenpoeten mit Lyrik, Prosa und
viel Leidenschaft um die Teilnahme
an den deutschen Meisterschaften.
Schauspielhaus, 20 Uhr.
REITEN: Beim Deutschen Spring& Dressur-Derby, dem Klassiker
im Turniersportkalender, trifft sich,
was Ross und Reiter ist. Derbypark
Klein Flottbek, bis 5.6.
BEACHVOLLEYBALL: Bei der
smart beach tour kämpfen je 16
Frauen- und Männerteams auf drei
Courts um 20 000 Euro. Strandkai /HafenCity, bis 5.6., ab 9 Uhr.
Fast zu schön, um sie zu
schlagen. Aber auch die
Hamburger „Generation
Golf“ wird mit diesen
Bällen ihr Handicap
sicher verbessern. Und
mit dem Wappen der
schönsten Stadt der
Welt sieht man auf dem
Grün garantiert rot.
Wechsel Maike Schiller – zur
Zeit in Babypause und vertreten von
der Hamburger Autorin Simone
Buchholz – und Joachim Mischke.
30. MAI–5. JUNI
MITTWOCH
Viel Sehenswertes oder gar
Charmantes hat Chiles aufstrebende Hauptstadt Santiago leider
nicht zu bieten. Gesichtslose
Häuser, Smog im Winter, Hitze
im Sommer, eine hoffnungslos
überlastete U-Bahn, Staus … Keine größere Stadt in Chile ist als
schön zu bezeichnen. Urlauber
zieht es meist nur in die AtacamaWüste, auf die Osterinsel oder zu
den Gletschern nach Patagonien.
Wer es sich leisten kann, flüchtet
am Wochenende in die wundervolle Natur.
Dass ausgerechnet ich als Norddeutscher hier beim Deutschen
Andenverein bis zu 6000 Meter
hohe Gipfel erklimmen und auch
noch Skifahren lernen würde,
dürfte Ironie des Schicksals sein.
Gegensätze ziehen sich eben an:
Valentina hat Hamburg sehr gut
gefallen, so dass sie sich vorstellen kann, mit ihrem Alemán und
unseren beiden Söhnen in der
Hansestadt zu leben. Dann müsste sie sich allerdings an Pünktlichkeit gewöhnen, bei der es die
Chilenen nicht so genau nehmen.
Auch bringen mich mangelndes
Verantwortungsbewusstsein, wenig Eigeninitiative und Verlässlichkeit ab und zu auf die Palme.
MEIN STYLE-TRIO
Sie richten sich gerade neu ein: Was darf keinesfalls fehlen?
Eine stylische Espressomaschine, die ich mit viel Geschick
und Verhandlungsstrategie als günstiges Vorführgerät ergattert habe. Auch viele Geschenke habe ich bei Cucinaria
gekauft. Eine Schauspielerkollegin, mit der ich in Bregenz
auf der Seebühne spielte, gab mir mal ein „Geheimrezept“
für einen Käsekuchen namens „Tränenerle“. Genau diesen
Kuchen habe ich bei Cucinaria entdeckt!
Santiago de Chile
3er Golfball-Set mit Hamburg-Wappen,
www.city-souvenir-shop.de, 9,50 Euro
SONNABEND
SONNTAG
FEST 1: Beim 30. Eppendorfer
Landstraßenfest gibt es endlos
viel zu feiern – und das legendäre
Kellner-Rennen, Sa /So 11 –22 Uhr.
KINO: Das 13. KinderKurzFilmFestival „Mo & Friese“ zeigt 50
Kurzfilme aus 25 Ländern. Bis
12.6., u. a. in B-Movie, Zeise Kinos.
FEST 2: Das Harburger Binnenhafenfest lockt mit Action zu
Wasser und an Land. Bis So.
SHOW: „Tap Stars“, die neue
Tanzshow des Choreografen Rasta
Thomas und seines Ensembles „Bad
Boys of Dance“, begeistert mit
neuen Stepptanz-Interpretationen.
Premiere, St. Pauli Theater, 20 Uhr.
FEST 3: „(K)ein Dorn im Auge“,
das Motto des 10. Straßenfestes
im Münzviertel. Sa, 11 –22 Uhr.

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