Worauf du dein Herz hängst … 4
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Worauf du dein Herz hängst … 4
Worauf du dein Herz hängst … Neben dem kleinen Katechismus Martin Luthers gibt es auch einen großen. Er ist nicht zum auswendig lernen gedacht, sondern zum Studium und zur Information für „Hausväter“ und Pfarrherrn. Genau wie der kleine beschäftigt sich der große Katechismus mit den zehn Geboten, dem Glaubensbekenntnis, dem Vater unser, der Taufe, dem Abendmahl und der Beichte. Zum Thema „woran das Herz hängt“ schreibt Luther im großen Katechismus: Das ist: du sollst mich allein für deinen Gott halten. Was ist das gesagt, und wie versteht man’s? Was heißt, einen Gott haben, oder was ist Gott? Antwort: ein Gott heißt das, dazu man sich versehen soll alles Guten und Zuflucht haben in allen Nöten; also dass einen Gott haben nichts anders ist, denn ihm von Herzen trauen und glauben; wie ich oft gesagt habe, dass allein das Trauen und Glauben des Herzens beide macht, Gott und Abgott. Ist der Glaube und Vertrauen recht, so ist auch dein Gott recht; und wiederum, wo das Vertrauen falsch und unrecht ist. da ist auch der rechte Gott nicht. Denn die zwei gehören zu Haufe, Glaube und Gott. Worauf du nun (sage ich) dein Herz hängst und verlässest, das ist eigentlich dein Gott. … Das muss ich ein wenig grob ausstreichen, dass man’s verstehe und merke an Gemeinden Exempeln des Widerspiels. Es ist mancher, der meint, er habe Gott und alles genug, 4 wenn er Geld und Gut hat, verlässt und brüstet sich darauf so steif und sicher, dass er auf niemand etwas gibt. Siehe, dieser hat auch einen Gott, der heißt Mammon, das ist Geld und Gut, darauf er all sein Herz setzt, welches auch der allergewöhnlichste Abgott ist auf Erden. Wer Geld und Gut hat, der weiß sich sicher, ist fröhlich und unerschrocken, als sitze er mitten im Paradies; und wiederum, wer keins hat, der verzweifelt und verzagt, als wisse er von keinem Gott. Denn man wird ihrer gar wenig finden, die guten Mutes sind, nicht trauern noch klagen, wenn sie den Mammon nicht haben; es klebt und hängt der Natur an bis in die Grube. Also auch, wer darauf traut und trotzt, dass er große Kunst, Klugheit, Gewalt, Gunst, Freundschaf t und Ehre hat, der hat auch einen Gott, aber nicht diesen rechten, einigen Gott. Das siehst du abermal dabei, wie vermessen, sicher und stolz man ist auf solche Güter, und wie verzagt, wenn sie nicht vorhanden oder entzogen werden. Darum sage ich abermal, dass die rechte Auslegung dieses Stückes sei, dass einen Gott haben heißt: etwas haben, darauf das Herz gänzlich traut. aus „Der große Katechismus Martin Luthers“ zum ersten Gebot … da wird auch dein Herz sein „Denn wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz“ – so heißt es in der Bergpredigt im Matthäusevangelium nach der Übersetzung Martin Luthers. Jesus warnt seine Hörer davor, sich Schätze auf Erden zu sammeln, denn die können von Motten und Rost zerfressen werden oder von Dieben und Einbrechern gestohlen werden. Und allzu leicht hängt man mit dem ganzen Herzen an diesen Schätzen, sorgt sich um sie. Und die Gedanken kreisen nur noch darum, wie man all das Schöne, was man hat, bewahren und beschützen kann. Jeder von uns merkt das ja, wie sehr sein Herz an den Dingen hängt, die man hat. Wohl jeder und jede hat etwas, das ganz besonders wertvoll für ihn ist. Manchmal sind es gar nicht einmal die Dinge, die viel Geld wert sind. Aber es sind eben Dinge. Vergänglich und nicht von Dauer. Und wenn mein Herz daran hängt, dann kann es schnell passieren, dass es mir gebrochen wird. … da wird auch dein Herz sein – das Motto des Kirchentags nimmt Jesu Wort aus der Bergpredigt auf. Und ehe man sich versieht, ist aus der Feststellung eine Frage geworden. Woran hängt eigentlich mein Herz? Die Frage ist gar nicht so leicht zu beantworten. Denn es gibt eine Reihe von Dingen, die ich mag. Meine Bücher zum Beispiel. Oder meine Fotoausrüstung. Oder etliche Fotos, die ich gemacht habe. Aber hängt mein Herz daran? Was wäre, wenn sie gestohlen würden? Wenn sie kaputt gingen? Da merke ich schnell, dass sie zu einem großen Teil ersetzbar wären. Anders sieht es mit Lebewesen aus. Denn natürlich gibt es Menschen, an denen mein Herz hängt. Oder auch meine Katze. Wie sehr das Herz zerrissen wird, wenn man plötzlich von einem Menschen verlasen wird – das haben wir auch alle wohl schon einmal erlebt. Aber gerade in diesen Situationen habe ich auch gespürt, dass mein Herz dennoch gehalten ist. Und ich sehe, dass mein Herz an Gott hängt. So ganz ohne mein Zutun. Er hält mich in meiner Traurigkeit. Und langsam, ganz langsam fühle ich, wie mein zerrissenes Herz heilt – weil Gott an mir hängt und an meinem Herzen. Ronald Ilenborg 5