Es war einmal in Amerika
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Es war einmal in Amerika
Reiseblatt FRANKFU RT ER A L LG EM E I NE Z E I TU NG as erste Mal war wie eine Offenbarung: die weichen Rundungen, die samtenen, makellos weißen Oberflächen, wie geschaffen, um schwerelos auf ihnen hinabzugleiten. Zu unwiderstehlich, um nicht in ihren Bann gezogen zu werden. In immer schnellerem Rhythmus, in Bewegungen, die einfach nur noch fließen, sich verselbständigen und so berauschen, dass die Lust, es gleich noch einmal zu tun, am Endpunkt übermächtig ist. Nicht weniger als eine Begegnung, die das Ego in neue Sphären katapultiert. Zumindest bezogen auf die schönste Sache der Welt, die man angezogen tun kann: Skifahren. So fühlte es sich an, damals im Januar 1993, bei der Abfahrt vom Dercum Mountain in Colorado über den Wild Irishman zum Montezuma Lift. Und auch heute, zwanzig Jahre später, hat die Abfahrt nichts von ihrem Reiz verloren. „Ego Builder“ nennen das die Amerikaner, eine relativ steile Abfahrt, die dank perfekter Pistenpflege dafür sorgt, dass man subjektiv um Klassen besser fährt als gewohnt. Die Berge, die in ihrem Ebenmaß wie aufgepumpte Mittelgebirge erscheinen, sind ebenfalls immer noch die alten, sehr alten Rockies – viel älter als die Alpen und von den extra Millionen Jahren Wind und Wetter so weichgezeichnet, dass sie Pisten mit idealen, gleichmäßigen Profilen erlauben, perfekte Schwungserienträger eben. Für Max und Edna Dercum war es der ideale Ort, um ihren Traum von einem Skigebiet zu erfüllen. Der skibegeisterte Dercum hatte schon 1932 als Zwanzigjähriger das erste Skiteam an der Cornell University gegründet, 1941 ließ ihn die Liebe zum Skisport seine Professur an der Penn State University aufgeben. Mit seiner Frau Edna zog er nach Colorado und verwandelte eine alte Postkutschenstation in ein Bed & Breakfast, die Ski Tip Lodge. Nach dem Zweiten Weltkrieg gründete er mit seiner Frau und fünf weiteren Teilhabern das Skigebiet Arapahoe Basin und übernahm dort die Leitung der Skischule. Parallel dazu entwickelte er Pläne, auf den Bergen vor seiner Haustür ein Skigebiet zu erschließen, das der gottgegebenen Topografie in Sachen Perfektion in nichts nachstehen sollte. Es gelang: Am 21. November 1970 eröffnete Keystone, das spätestens in den neunziger Jahren in die Liga der führenden amerikanischen Skiresorts aufstiegt. Bis in hohe Alter waren die Dercums seinerzeit auf den Pisten ihres Hausbergs unterwegs. Bergauf ging es schon damals ausschließlich in Sessel- und Gondelbahnen, die zum Teil mit High-Speed dafür sorgten, dass Max, Edna und die übrigen Skifahrer noch mehr dieser famosen Runs aneinanderreihen konnten. An den Talstationen empfingen die Besucher stehts lächelnde Sunnyboys und zukünftige Topmodels, deren gute Wünsche für die nächste Abfahrt zuverlässig in Erfüllung gingen. Am Ausstieg warteten dienstbare Geister darauf, die Gäste mit Hot Cider, einem heißen, mit Zimt gewürzten und natürlich kostenlosen Apfeltee, für eventuelles Frieren im Lift zu entschädigen. Mit der „Alpenglow Stube“ stand auf dem North Peak, einem Gipfel hinter dem Dercum Mountain, das am höchsten gelegene Gourmetrestaurant Amerikas, ausgezeichnet mit vier Diamanten, der zweithöchsten Bewertung, die der amerikanische Automobilclub für Restaurants zu vergeben hat. Das war schon was. Das war vor allem besser als der Standard in den Alpen. In Serfaus-Fiss-Ladis, dem Skigebiet, das Ende vergangenen Jahres zum Besten der Alpen gekürt wurde, waren vor zwanzig Jahren noch vier von fünf Aufstiegshilfen unbequeme Schlepplifte. Man stand nicht nur im Lift, sondern auch am Lift und wenn nicht da, dann spätestens in der Endlosschlange an der Selbstbedienungstheke des Restaurants „Komperdell“, einer seelenlosen Kalorientankstelle mit Speisen auf Mensaniveau. Von März an kurvte man auf den südlich exponierten Talabfahrten zwischen braunen Flecken herum, wenn überhaupt noch etwas ging. Kein Wunder also, dass immer mehr solvente Skifahrer den langen Flug in Kauf nahmen, um ins gelobte Land des Wintersports zu reisen: in die Rocky Mountains, in denen der Winter im Pulverschneewonnemonat März erst so richtig auf Touren kommt. DON N E RS TAG , 1 7 . JA N UA R 2 0 1 3 · N R . 1 4 · S E I T E R 3 D Skifahren in den Rocky Mountains galt vor zwanzig Jahren als das Nonplusultra. Inzwischen können die Gebiete in den Alpen vieles besser. Aber nicht alles. Ein Vergleich zwischen Keystone und Serfaus. Von Christoph Schrahe Schnee in Amerika VEREINIGTE STAATEN NEVADA KALIFORNIEN UTAH COLORADO NEULos Angeles ARIZONA MEXIKO Pazifik COLORADO 70 Y Aspen Boulder Keystone 4401 m UN TA I NS 100 00 km Denver 25 Mt. Elbert MO F.A.Z F.A.Z.-Karte .A.Z.-Karte Karte lev. le 500 km orado Col Vail KANSAS TEXAS MEXIKO CK I Foto Christoph Schahe Es war einmal in Amerika RO Colorado Springs Arkans as Pueblo 쐽 Keystone: Das Skigebiet liegt in it knapp sechs Metern jährlichem Schneefall zählt Keystone zu den weniger schneereichen Skigebieten Colorados. Da kann die weiße Naturware in der Vorsaison schon mal knapp werden, weshalb man hier von Beginn an auf flächendeckende technische Beschneiung gesetzt hat. Das wirkt sich jetzt als Nachteil aus, denn die aus den siebziger und achtziger Jahren stammenden Schneekanonen, die auf vielen Pisten noch im Einsatz sind, entsprechen nicht mehr dem Stand der Technik, verbrauchen Unmengen an Energie und produzieren verhältnismäßig feuchten Schnee. Als man in Serfaus zwanzig Jahre später mit dem Bau großflächiger Beschneiungsanlagen M begann, konnte man bereits auf wesentlich ausgereiftere und vor allem effizientere Schneeerzeuger zurückgreifen. Manchmal bestraft das Leben eben die zu früh Gekommenen. Nun unternehmen die Amerikaner Bildungstouren auf den alten Kontinent und beginnen ihrerseits zu lernen: In den vergangenen Jahren hat Keystone an sieben Abfahrten neue Schneeekanonen aufgestellt. Im Jahr 2010 stattete man die Lifte mit einem elektronischen Zutrittssystem aus, das außer der Kontrolle der Liftkarten auch allen möglichen Social-MediaSchnickschnack ermöglicht; in den Alpen ist so etwas schon lange üblich. Doch wegen neuer Smartphone-Spielereien, sparsamerer Schneemaschinen oder bewährter Serviceannehmlichkeiten fliegt kein Mensch zum Skifahren nach Amerika. Auch der Neidfaktor ist weg, seit man für solche Fernreisen eher als Klimasünder angeprangert und nicht mehr als polyglotter Erfolgsmensch bewundert wird. Warum sollte man sich also eine bis zu zwanzigstündige Anreise, schlaflose Nächte und die Schmähungen der Biosupermarktkunden im Bekanntenkreis antun? Weil man in Keystone einfach phantastisch Skifahren kann – jedenfalls und immer noch besser als in vielen alpinen Gebieten, die zur Reduzierung der Wartezeiten an den Liften ihre Förderkapazitäten so erweitert haben, dass man auf den seltsamerweise nicht mitgewachsenen Pisten den Schnee vor lauter Menschen kaum noch sieht. In Serfaus-Fiss-Ladis ist die Förderleistung seit 1993 von 37 500 auf 90 000 Personen pro Stunde gestiegen, das Angebot an Abfahrten wuchs hingegen um weniger als fünfzig Prozent. In anderen Alpenregionen verlief die Entwicklung noch unproportionaler. Wer Ski fährt um des Skifahrens willen und nicht, um sich sein Hinterteil im beheizten Sessel zu wärmen, will seine eigene Linie zeichnen, seinem eigenen Rhythmus folgen, selbst Tempo, Schwungradien und Stopps bestimmen. Das ist es, worauf es wirklich ankommt. Diese unschätzbare Freiheit bietet Keystone, denn es ist das Produkt passionierter Skifahrer und nicht technokratischer Seilbahnbauer. In Colorado ist es genau wegen der maßvollen Modernisierung der Liftkapazitäten immer noch die Regel und nicht die Ausnahme, eine Abfahrt ganz allein für sich zu haben, wenn man es will, ganz gleich, ob es eine Buckelpiste sein soll, eine Abfahrt zwischen den Bäumen oder eine glattgebügelte Carving-Piste. Packen&WEG Specials Rio de Janeiro Johannesburg Hongkong Los Angeles Los Ange les 449 ab € 589 ab € 589 ab € 589 ab € 599 ab € 649 ab € New York Mexiko-Stadt Jetzt bis 06.02. buchen! Weitere Angebote auf klm.de Hongkong Leben jetzt erst anfangen, hat die Entwicklung des Resorts fast von Beginn an miterlebt. „Als ich nach Keystone kam, bestand das Skigebiet nur aus einem Berg“, sagt Herbel, „doch das änderte sich schnell.“ Bis Anfang der neunziger Jahre kamen die Rückseite des Dercum Mountain, der North Peak und The Outback, mit 3641 Metern Keystones höchster per Lift erreichbarer Skiberg, hinzu. Seitdem aber ist beim Bau neuer Lifte nicht mehr viel passiert. Die Sechserkabinen der River Run Gondola wichen geräumigeren Achtergondeln, und zwei langsame Sesselbahnen ersetzte man durch schnelle, kuppelbare Anlagen – allerdings ohne Hauben oder Heizung. Das Gros der Lifte ist heute älter als zwanzig Jahre, einige haben schon 35 Jahre auf dem Buckel. Auch am Pistenrand fallen einige Defizite auf: Der Skiverleih ist in einem besseren Zelt untergebracht, das Personal ist überfordert. Die hochdeko- voll Verrückter, die zumeist mit günstigen Saisonpässen unterwegs sind, gigantische Mengen teuren technischen Schnees erzeugt werden. „Der fehlt uns Skifahrern dann auf den Pisten.“ York 2829 bis 3633 Meter Höhe, verfügt über 14 Seilbahnen, sieben Übungslifte, 100 Kilometer Pisten und 29 Kilometer Skirouten. 쐽 Anreise: Tägliche Nonstopverbindungen von Frankfurt nach Denver, Flugzeit 10,5 Stunden, Transfer vom Flughafen per Shuttlebus (www.ridecme.com) oder per Mietwagen nach Keystone in knapp zwei Stunden. 쐽 Reiseveranstalter: Wingert Reisen, Telefon: 0 74 31/13 46 60, E-Mail: [email protected], www.wingert.de oder Faszination Ski, Telefon: 0 62 01/59 29 76, E-Mail: [email protected], www.faszinationski.de; eine Woche mit Flug, sieben Übernachtungen, sechs Tagen Skipass und Mietwagen kostet ab 1499 Euro. 쐽 Die Reisen wurden unterstützt von den genannten Veranstaltern und Vail Resorts. rierte „Alpenglow Stube“ serviert die Consommé fast kalt und leistet sich auch sonst einige Patzer. Die Zimmer im erst vor einigen Jahren direkt an der Talstation errichteten „River Run Village“ sind zwar herrlich geräumig und mit allerlei Annehmlichkeiten versehen, aber die Kakophonie diverser Brummtöne erschwert das Einschlafen erheblich – als ob die Höhe von mehr als 2800 Metern dabei nicht schon Herausforderung genug wäre. Keystone gelang es, sein Pistenterrain auch ohne kostspielige Bahnen zu neuen Hängen zu erweitern – allerdings nur für jene, die bereit sind, die Ski zu schultern und von den Bergstationen aus weiter aufzusteigen oder nochmals in die Tasche zu greifen und per Schneekatze ungewalztes Gebiet anzusteuern. Die preiswerte Variante ist die Outback Snowcat. Bis zu zwölf Passagieren fährt sie für jeweils fünf bar zu zahlende Dollar vom Outback zum 3766 Meter hohen Wapiti Peak. Ein ganzer Tag Cat-Skiing in der anspruchsvollen Independence Bowl kostet dann schon 240 Dollar inklusive Mittagessen in einer kleinen Berghütte und extrabreiten Tiefschneeski. Aufstiegswillige können vom Keystone Mountain aus außerdem zu den Windows gelangen, einer Batterie von elf schmalen und ziemlich steilen Schneisen durch die Wälder aus mächtigen Ponderosa-Kiefern, Engelmann-Fichten, Douglasien und Weißtannen. Von der Outpost Lodge auf dem North Peak erreicht man nach etwa zwei Meilen den Keystone Peak. Er ragt knapp über die Waldgrenze hinaus, so dass die ersten Schwünge in der Erickson oder Bergman Bowl durch offenes Gelände führen, bevor man wieder in die Bäume eintaucht. Zwischen denen ist Dennis Herbel am liebsten unterwegs. „Der Schnee wird hier nicht verblasen und verharscht nicht, man findet auch Tage nach dem letzten Schneefall noch tiefen, leichten Pulverschnee.“ Wo, das weiß er nach all den Jahren ganz genau. Zum Glück kennt Dennis auch zahlreiche Runs zwischen den Bäumen, die weder Aufstieg noch Ausgaben erfordern: The Grizz und The Stadium am Outback oder die Bullet Glades am North Peak etwa. Seine Begeisterung für den Slalom zwischen den Tannen wirkt sofort ansteckend. Im Gegensatz zu den Alpenländern sind die Abfahrten durch den Wald hier völlig legal, und das, obwohl Keystone keinesfalls auf Privatgelände, sondern auf Flächen der staatlichen Forstverwaltung liegt. Treeskiing ist allerdings nur etwas für Könner, sonst kann das Ende sehr unsanft sein. Und einen Helm zu tragen ist sowieso obligatorisch. Das gilt auch für die Area 51, Keystones riesigen Terrain Park. Ihn nach dem mutmaßlichen Landeplatz extraterrestrischer Flugobjekte in der Wüste Nevadas zu benennen, zeugt von feinem Humor. Denn die Freestyler wirken mit ihren akrobatischen Sprüngen und ihrer körperformenauflösenden Kluft tatsächlich wie Wesen von einem anderen Stern. Viele verlieren sich allerdings nicht zwischen den monströsen Rampen und Sprunghügeln. Dennis quittiert es mit einem Zähneknirschen, dass für eine Hand- N ew rgendwann kamen einige Bergbahnchefs aus den Alpen auf die Idee, ihren Gästen nachzureisen, um einmal zu schauen, was denen dort drüben so gut gefiel. Das tat auch Georg Mangott, seinerzeit Geschäftsführer der Seilbahnen Komperdell in Serfaus. Mit fünf Kollegen reiste er 1996 nach Colorado. Danach wussten die Serfauser, was sie zu tun hatten, und brachten ihr Skigebiet auf Vordermann. Sie verbanden es mit jenen der Nachbarorte Fiss und Ladis, statteten es über die Jahre mit 26 neuen Gondelund Sesselbahnen aus, die nicht nur schnell sind, sondern auch Wetterschutzhauben und Sitzheizungen haben, stellten mit Solarenergie versorgte Bergrestaurants an die Pisten, die, wie in der „Zirbenhütte“ oder dem „Crystal Cube“, richtig gutes Essen auf den Teller bringen, rüsteten die Pisten mit Beschneiungsanlagen aus, so dass heute auf den Schnee Verlass ist, und hoben den Service auf ein neues Niveau: mit vorbildlichen Kindereinrichtungen, komfortablen Verleihzentren und über das ganze Areal verteilten Wohlfühlstationen, an denen man in Sitzecken am offenen Kamin, in Strandkörben oder Hängematten ausspannen kann. Und in Keystone? Dennis Herbel arbeitet seit den siebziger Jahren als Skilehrer auf den Pisten von Colorado. Der Sechsundsechzigjährige, der mit seinen lebendigen blauen Augen und seinem gewinnenden Lächeln trotz des graumelierten Haares tatsächlich so aussieht, als würde sein Was nicht passt, wird passend gemacht: In amerikanischen Skigebieten wie Keystone hat sich die Natur dem Menschen anzupassen – nicht umgekehrt. Reisen, die inspiriere n Buchungszeitraum: ab sofort bis 06.02.2013. Reisezeitraum: ab sofort bis 15.06.2013 (Nordamerika & Mexiko vom 16.01. bis 20.03.2013 und 25.03. bis 26.04.2013). Die Preise sind gültig bei Buchung auf www.klm.de für einen Hin- und Rückflug ab Hamburg inkl. Verpflegung, Gepäckmitnahme, Steuern, Gebühren und Ticket Service Charge zzgl. einer Gebühr bei Zahlung mit Kreditkarte. Preisabweichungen möglich ab anderen Abflughäfen sowie bei Buchung im Reisebüro bzw. unter 01805 254 750 (0,14 €/Min. aus d. Festnetz, Mobilfunk max. 0,42 €/Min.). Weitere Bedingungen und Informationen auf www.klm.de. Änderungen vorbehalten. Stand: 10.01.2013.