Winterbericht 2003-2004
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Winterbericht 2003-2004
Schnee und Lawinen in Vorarlberg Winterbericht des Lawinenwarndienstes Saison 2003 / 2004 Impressum: Verleger und Herausgeber: Land Vorarlberg Landhaus A-6901 Bregenz Redaktion: Ing. Andreas Pecl Landeswarnzentrale / Lawinenwarnung Tel. #43(0)5574/511 DW 21126 Handy: #43(0)664/6255 760 E-Mail: [email protected] unter Mitarbeit von: D.I. Hermann Wirth, Landeswasserbauamt Bregenz Hydrographischer Dienst, Landeswasserbauamt Bregenz Dr. Andreas Rudigier, Montafoner Museen - Schruns Fotos: Titelbild: Christian Burtscher, Nüziders; 21.2.2004 im Faludrigatal; südwestliche Höhenwinde transportierten Saharastaub und sorgten für außergewöhnliche Stimmungen Seite 3: Landespressestelle Seite 8 + 18: Ing. Bertram Klehenz, Schafbergbahnen Gargellen Seite 20 unten: DI Stefan Dönz, Schruns Seite 21: Alpingendarmerie Seite 38 oben und unten: Insp. Karl Schuchter, Gendarmerie alle anderen: Lawinenwarndienst Vorarlberg / Ing. Andreas Pecl Druck: Hecht Druck Ges. m. b. H. & Co KG Industriestraße 7 A-6971 Hard Lawinenwarndienst Vorarlberg – Winterbericht 2003/2004 / Juni 2004 / Seite 2 Vorwort des Landeshauptmannes zum Winterbericht 2003/2004 des Lawinenwarndienstes 50 Jahre nach dem Lawinenwinter 1953/54, welcher in unserem Land über 120 Menschenleben forderte, bietet sich in Vorarlberg heute ein ganz anderes Bild. Dank umfangreicher Investitionen von Bund, Land und Gemeinden wurden in den letzten Jahrzehnten viele durch Lawinen bedrohten Verkehrswege und Siedlungsgebiete gesichert. Neben Aufforstungen und permanenten technischen Verbauungen wurden dabei aber auch raumplanerische Maßnahmen umgesetzt und Warnsysteme eingerichtet. Diese weiter zu verbessern muss auch zukünftig ein Ziel sein. Die Wintersaison 2003/2004 bescherte den Schigebieten und Tourismusregionen zufriedenstellende Umsätze und den Wintersportlern überwiegend gute Bedingungen. Durch die verantwortungsbewusste Arbeit des Lawinenwarndienstes, der örtlichen Lawinenkommissionen, verschiedenen Sicherheitsverantwortlichen, Einsatzkräften und Bereitschaftsdiensten wurden auch die Tage mit örtlich großer Lawinengefahr ohne nennenswerte Schäden überstanden. Diesen sowie auch den Beobachtern des Lawinenwarndienstes sei an dieser Stelle für ihren wertvollen Einsatz im Interesse der Sicherheit der Bevölkerung, Gäste und Wintersportler gedankt. Dr. Herbert Sausgruber Lawinenwarndienst Vorarlberg – Winterbericht 2003/2004 / Juni 2004 / Seite 3 Inhalt: • Einleitung und Allgemeines • Der Witterungsverlauf im Spätherbst und Winter 2003/2004 und sein Einfluss auf das Lawinengeschehen • Lawinenkommissionen und Sicherungspflichtige • Kurswesen Aus- und Weiterbildung für Lawinenkommissionen Unterstützung und Mitwirkung bei externen Kursen und Veranstaltungen Sonstiges • Gefahrenstufenverteilung in der Wintersaison 2003/2004 • Tagung der ARGE österreichischer Lawinenwarndienste in Galtür und Meeting Lawinenwarndienste und IVBV in Zürich • 50 Jahre danach – Lawinenkatastrophe in Vorarlberg im Winter 1953/1954 • Verbreitung der Lawinenlageberichte • Lawinenereignisse und Lawinenunfälle mit Personenbeteiligung in Vorarlberg und Österreich in der Wintersaison 2003/2004 • Auswertung von Lawinenunfällen 1990/91 bis 1999/2000 Lawinenwarndienst Vorarlberg – Winterbericht 2003/2004 / Juni 2004 / Seite 4 Winterbericht Saison 2003/2004 Einleitung und Allgemeines Der vorliegende Bericht stellt wiederum eine Zusammenfassung und Dokumentation der vergangenen Wintersaison 2003/2004 aus der Sicht des Vorarlberger Lawinenwarndienstes dar. Er beinhaltet unter anderem eine Beschreibung des Witterungsablaufes und dessen Einfluss auf das Lawinengeschehen, erlaubt einen Einblick in die Tätigkeit und Arbeitsweise des Lawinenwarndienstes sowie eine Zusammenfassung über Lawinenereignisse und Lawinenunfälle mit Personenbeteiligung. Weiters wird über einige andere spezifische Auswertungen und Kennzahlen informiert. In Gedenken an die Lawinenopfer des Winters 1953/54 sind auch diesen schrecklichen Tagen mehrere Seiten gewidmet. Ebenso wurden Lawinenunfälle aus den 90er Jahren aufgearbeitet. Schematische Darstellung und Kurzbeschreibung der bewährten Arbeitsweise des Lawinenwarndienstes für die überregionale Lawinenwarnung Auf Grundlage von Informationen der über 20 automatischen Messstationen und von speziell ausgebildeten Beobachtern des Lawinenwarndienstes, den Prognosen verschiedener Wetterdienste, eigenen Geländeerkundungen, externen Rückmeldungen zur Schnee- und Lawinensituation und sonstigen Informationen erfolgt in Bregenz täglich die zentrale Verarbeitung, Auswertung und Interpretation der umfangreichen schnee- und wetterspezifischen Daten. Die aktuelle Beurteilung erfolgt sodann in Form des Lawinenlageberichtes mit der Gefahreneinstufung entsprechend der einheitlichen, 5teiligen europäischen Gefahrenstufenskala. Ergänzend wird die Beurteilung in einer Gefahrenkarte (Internet) visualisiert. Wetterdienste eigene Beobachtungen Weitere Informanten Externe Rückmeldungen benachbarte Lawinenwarndienste Autom. Meßstationen Beobachterstationen Sonstige Informationen Landeswarnzentrale / Lawinenwarndienst Auswertung / Interpretation / Beurteilung Erstellung des Lawinenlageberichtes Fax / E-Mail Internet Tonband 1588 Teletext / Radio Lawinenwarndienst Vorarlberg – Winterbericht 2003/2004 / Juni 2004 / Seite 5 Der Witterungsverlauf im Spätherbst und in der Wintersaison 2003/2004 und sein Einfluss auf das Lawinengeschehen Oktober 2003 – kalt und niederschlagsreich Überdurchschnittliche Niederschlagsmengen und insgesamt recht tiefe Temperaturen sorgten bereits im Oktober für eine frühe Schneedecke in mittleren und hohen Lagen. Am 5. 10. fiel Schnee bis unter 1000 m, am 24.10. dann bis in die Täler. Am 8.10. wurde in Zürs mit 63 cm die seit 1961 für 8. Oktober größte Gesamtschneehöhe gemessen. Im zweiten Monatsdrittel blieb es überwiegend trocken, bevor dann ab 20.10. erneut Kaltfronten stellenweise Schnee bis in tiefe Lagen brachten. Gegen Monatsende stiegen die Temperaturen wieder etwas an. Im Oktober 2003 lagen die Temperaturen deutlich unter und die Niederschläge mehr als doppelt über den langjährigen Durchschnittswerten. Besonders in höher gelegenen Schattenhängen und im Hochgebirge blieb die Schneedecke über das Monatsende hinaus erhalten. Da aus Sicht des Lawinenwarndienstes keine außergewöhnliche Situation vorlag war im Oktober keine spezielle Warnung erforderlich. 26.10.2004: Bereits Ende Oktober fiel Schnee bis in tiefere Lagen. Blick vom Hohen Kasten (CH) nach Übersaxen und Laterns November 2003 – recht warm und wenig Niederschlag In hochalpinen Regionen war zu Monatsbeginn bereits eine verhältnismäßig mächtige Schneedecke vorhanden. Niederschlag fiel am 1.11., kurz vor und nach Monatsmitte und gegen Monatsende, wobei dieser im nördlichen Rheintal und nördlichen Bregenzerwald durchschnittlich bis leicht überdurchschnittlich war. In den südlichen Regionen lagen die Monatsniederschlagssummen deutlich unter den langjährigen Mittelwerten. Die höchsten Tagesniederschlagssummen wurden bei den meisten Messstationen des hydrographischen Dienstes am 28.11. gemessen. Sie lagen meist über 20 mm. Der höchste Wert wurde an diesem Tag mit 54,5 mm in Dornbirn / Ebnit registriert. Der Lawinenwarndienst informierte am 28.11. erstmals über die Schnee- und Lawinensituation. Mit weiterer Abkühlung und zeitweise kräftiger Windtätigkeit schneite es bis gegen 600 m. Am 29.11. wurde die Lawinengefahr örtlich als erheblich beurteilt. Dabei wurde besonders auf die oberhalb ca. 2000 m schwache Bindung des Neu- und Triebschnees zur dort in schattseitigen Geländebereichen vorhandenen, großteils verharschten Altschneedecke, hingewiesen. Spontane Lawinenabgänge wurden auf Grund der noch geringen Gesamtschneehöhen nur in kleinem Ausmaß erwartet. Im Hochgebirge war die Situation jedoch bereits etwas kritischer einzuschätzen und die Schneedecke blieb dort durch Windeinfluss und Triebschneebildung störanfällig. Insgesamt wies der November im ganzen Land überdurchschnittliche Temperaturen auf. Eine Ausnahme war Bregenz, wo – bedingt durch mehrere Nebeltage - der langjährige Mittelwert nur um 0,5 Grad überschritten wurde. Lawinenwarndienst Vorarlberg – Winterbericht 2003/2004 / Juni 2004 / Seite 6 Dezember 2003 – relativ mild und unterdurchschnittliche Niederschläge Der Dezember begann recht sonnig und mild. Dies führte in mittleren und sonnseitigen Lagen wiederum zum Abbau der Schneedecke von Ende November. Oberhalb ca. 2300 m trat bereits wieder eine günstige Verfestigung ein, wobei sich besonders in Kammlagen durch verstärkte Windtätigkeit auch vermehrt Triebschneeansammlungen bildeten. Bis zum 14.12. wurde die Lawinengefahr als überwiegend gering beurteilt. Auf den 15.12. brachte eine Nordwestlage besonders den Staulagen der nördlichen Landesteile oberhalb ca. 1200 m 15 bis 40 cm Neuschnee. Mit 65 bis 90 cm Neuschnee innerhalb von 40 Stunden und zeitweise stürmischer Windtätigkeit verschärfte sich die Lawinensituation. Am 16.12. morgens wurden auf den Messfeldern des Lawinenwarndienstes in Zürs 47 cm, am Körbersee 54 cm und auf Faschina 59 cm Neuschnee gemessen. Oberhalb ca. 1900 m wurde die Lawinengefahr sodann in den neuschneereichen Landesteilen als groß beurteilt. Bis zum 20.12. wurde es dann wiederum zunehmend milder und recht freundlich, wodurch sich die Situation allmählich entschärfte. Am 21.12. traf aus Westen die nächste Kaltfront ein und brachte auf den 22.12. Schnee bis in die Niederungen. In Kombination mit zeitweise stürmischen Winden stieg auch die Lawinengefahr wieder auf erheblich an. In weiterer Folge blieb es sonnig und sehr kalt, bevor auf den Weihnachtstag und bis zum 28.12. die Temperaturen wieder deutlich anstiegen. Dies führte wiederum zum Rückgang der Lawinengefahr, wobei speziell Kammlagen und Triebschneebereiche in höheren Lagen noch heikler beurteilt wurden. Mit sonnigen Phasen, wechselnder Bewölkung und zeitweise leichten Schneefällen blieb die Lawinengefahr dann bis Ende 26.12.2003, Aufstieg Güntlespitze, Bregenzerwald: Jahr überwiegend mäßig. Viel Sonne und tiefe Temperaturen ermöglichten in den Weihnachtstagen herrliche Tiefschneeerlebnisse in Vorarlbergs Bergwelt Gefahrenstufen Dezember 2003 - 23 Berichte 9 9 8 Gefahrenstufen Dezember 2003 in ca. % Häufigkeit / Tage 7 7 6 5 4% 6 26% 30% 4 3 2 1 1 40% 0 0 gering mäßig erheblich groß sehr groß Gefahrenstufen lt. 5-teiliger Gefahrenstufenskala gering mäßig erheblich groß sehr groß Der Dezember wies an annähernd 2/3 der Tage recht günstige Bedingungen mit geringer und mäßiger Gefahr auf. An den restlichen Tagen war die Lawinensituation deutlich heikler. Lawinenwarndienst Vorarlberg – Winterbericht 2003/2004 / Juni 2004 / Seite 7 Jänner 2004 – leicht zu warm und in den Staulagen viel Niederschlag Der Neujahrstag war in den Bergen sonnig und kalt. Bis zum 4.1. prägten Sonne, Wolken, unergiebige Schneeschauer und recht tiefe Temperaturen die Witterung. Die Lawinengefahr war vorwiegend gering. Mit 50 cm auf 1200 m, 90 cm auf 2000 m und ca. 150 cm auf 2400 m lagen die Gesamtschneehöhen zu dieser Zeit im Bereich der Mittelwerte der letzten 15 Jahre. In der Nacht auf 5.1. leitete eine kräftige NordwestWestströmung eine unbeständige Witterungsphase ein. Mit Schneefällen, Wind und deutlicher Erwärmung stieg in den Folgetagen besonders in den nördlichen Regionen die Lawinengefahr auf Stufe 3 – erheblich – an. Die Situation war auf Grund des eher ungünstigen Schneedeckenaufbaues primär für Wintersportler heikel. Die spontane Lawinenaktivität beschränkte sich auf Grund der Erwärmung auf kleinere Locker- und Nassschneelawinen. Dies vor allem in tieferen und mittleren Höhenlagen. Auf 10.1. fielen in allen Landesteilen 30 bis 40 cm Neuschnee. Zunehmend starke bis stürmische Winde führten dabei zu umfangreichen Verfrachtungen des Neu- und lockeren Altschnees und verbreitet zu erheblicher Lawinengefahr. Weitere Schneefälle, zwischendurch Regen bis gegen 2000 m und zeitweise stürmische Windtätigkeit verschärften die Lage zusehends. Während dieser Tage kam es auch zu einigen glimpflich abgelaufenen Lawinenunfällen. Am 14.1., nach erneut kräftigen Niederschlägen wurde sodann vor großer Lawinengefahr gewarnt. Dies auf Grund des oberhalb ca. 2200 m ungünstigen Schneedeckenaufbaus, der Triebschneeansammlungen und der schwachen Bindung des Neu schnees zur Altschneedecke. In tieferen Lagen wurde auf Grund der Schwächung der Schneedecke durch den vorangegangenen Regen vermehrt mit weiteren, spontanen Nassschneelawinen gerechnet. Bereits auf 16.1. brachte die anhaltende Westwetterlage den 14.01.2004, Gargellen: Die ergiebigen Schneefälle Mitte Staulagen der nördlichen Regionen Jänner erforderten auch in den Schigebieten zahlreiche erneut 20 bis 30 cm, in Langen 45 Maßnahmen, wie z. B. künstliche Lawinenauslösungen. cm Neuschnee. Bis zum 20.1. blieb die Lawinengefahr oberhalb der Waldgrenzen auf Grund von wenig Sonne, Wind und immer wieder leichten Schneefällen erheblich. Auf den 21. schneite es anhaltend und zeitweise intensiv. Im Rätikon, der Silvretta und im Verwall 30 bis 45 cm, nördlich des Klostertales und Walgaus 30 bis 50 cm. Die Lawinengefahr wurde erneut als groß beurteilt. Innerhalb von vier Tagen betrug der Neuschneezuwachs verbreitet 65 bis 90 cm. Auf Grund der raschen Setzung, längeren sonnigen Abschnitten und leicht steigenden Temperaturen ging die Lawinengefahr bis zum 24.1. wieder auf überwiegend mäßig –Stufe 2 -, in höheren Lagen auf erheblich – Stufe 3 –zurück. In der Nacht auf 25.1. fielen in den nördlichen Regionen erneut 25 bis 30 cm, im Süden des Landes 5 bis 15 cm Neuschnee, wodurch die Situation oberhalb ca. 2000 bis 2200 m besonders für Wintersportler heikel blieb. Mit Ausnahme des 26.1. dominierte bis zum 30.1. veränderliches und kaltes Winterwetter. In dieser Zeit fielen nördlich des Klostertales und Walgaus 70 bis 100 cm, in den südlichen Regionen 40 bis 60 cm Neuschnee und die Lawinengefahr blieb somit bis zum Monatsende gebietsweise erheblich. In Zürs wurden im Jänner 25 Tage mit Schneefall verzeichnet. Die aufsummierten Neuschneewerte ergaben insgesamt 285 cm. Mit 140 cm lag die Lawinenwarndienst Vorarlberg – Winterbericht 2003/2004 / Juni 2004 / Seite 8 Gesamtschneehöhe um 5 cm über dem Mittelwert (siehe Graphik). Auch bei den restlichen Beobachterstationen des Lawinenwarndienstes waren die Schneehöhen ab etwa der ersten Jännerwoche bis zum Monatsende überdurchschnittlich. Zürs 450 Winter 2003/2004 im Vergleich mit langj. Max, Mit, Min 1960/61-1996/97 400 Maximum Mittel Minimum 2003/2004 350 300 250 200 150 2003/2004 100 50 0 Sept Okt Nov Dez Jan Feb Mär Apr Mai Jun Jul Aug Schneeverlauf Okt 03 bis Jan 04 von Zürs - Winter 2003/2004 - im Vergleich zu Mittel- und Extremwerten (Quelle: Hydrographischer Dienst und Lawinenwarndienst Vlbg) Gefahrenstufen Jänner 2004 - 31 Berichte Gefahrenstufen Jänner 2004 in ca. % 20 18 6% 13% 19 Häufigkeit / Tage 16 19% 14 12 10 8 62% 6 6 4 4 2 0 0 2 gering mäßig erheblich groß gering mäßig erheblich groß sehr groß sehr groß Gefahrenstufen lt. 5-teiliger Gefahrenstufenskala Die zeitweise intensiven und häufigen Schneefälle im Jänner schlagen sich auch deutlich in der Gefahrenstufenverteilung nieder. An 19 Tagen wurde die Lawinengefahr als „erheblich“ und an vier Tagen als „groß“ beurteilt. Lawinenwarndienst Vorarlberg – Winterbericht 2003/2004 / Juni 2004 / Seite 9 Februar 2004 – gebietsweise wenig Niederschlag und warm Der Februar begann recht sonnig und mild. Dies begünstigte vorerst die Setzung und Stabilisierung der Schneemengen von Ende Jänner bis in höhere Lagen. Bis zum 7.2. war die Lawinengefahr überwiegend mäßig bis gering und es herrschten durchwegs günstige Bedingungen für Wintersportler. Besonders in tieferen und mittleren Höhenlagen war jedoch jeweils im Tagesverlauf zunehmend mit Nassschnee- und Grundlawinen zu rechnen. Auf den 8.2. leitete eine Westströmung einen Wetterumschwung ein und bis zum 10.2. viel recht ergiebiger Niederschlag. Mit anfänglichem Regen bis gegen 2000 m gab es in Folge besonders in den Staulagen der nördlichen Regionen bis 60 cm, im Verwall, der Silvretta und im Rätikon 40 bis 50 cm Neuschnee. In Kombination mit starken bis stürmischen Winden stieg die Lawinengefahr verbreitet auf erheblich – Stufe 3 – an. Ein Zwischenhoch am 10.2. brachte nur eine kurze Beruhigung und bis zum 12.2. fielen erneut 15 bis 35 cm Schnee. In den Tagen darauf führten recht viel Sonne und ansteigende Temperaturen wieder zur Entspannung der Situation. Bis zum 20.2. herrschten überwiegend günstige Bedingungen mit geringer, in höheren Lagen mäßiger Lawinengefahr. Föhneinfluss und Erwärmung führten dann einerseits zu neuen Triebschneeansammlungen und andererseits zu einem Festigkeitsverlust der Schneedecke in tieferen Lagen. Vom 23.2. auf 24.2. bewirkten 25 bis 40 cm Neuschnee in den südlichen Regionen und 20 bis 35 cm weiter im Norden, erneut einen leichten Anstieg der Lawinengefahr. Bis zum Monatsende blieb es dann veränderlich und kalt mit leichten Schneefällen am 26.2. und 27.2. Die Lawinengefahr blieb somit vorwiegend gering, oberhalb der Waldgrenze mäßig. Die Schneehöhen an den Messstationen des Lawinenwarndienstes und Hydrographischen Dienstes lagen im Februar großteils über den langjährigen Mittelwerten. 14.02.2004 Valschavieltal, Gaschurn: Mit ausreichend Schnee und immer wieder sonnigen Tagen zeigten sich die Wintersportregionen auch landschaftlich von ihren schönsten Seiten Gefahrenstufen Februar 2004 - 29 Berichte 20 18 19 Gefahrenstufen Februar 2004 in ca. % Häufigkeit / Tage 16 14 12 17% 17% 10 8 6 4 5 5 2 0 0 66% 0 gering mäßig erheblich groß sehr groß gering mäßig erheblich groß sehr groß Gefahrenstufen lt. 5-teiliger Gefahrenstufenskala Im Februar 2004 wurde die Lawinengefahr zu etwa 2/3 als mäßig und jeweils zu 1/3 als gering und erheblich beurteilt. Lawinenwarndienst Vorarlberg – Winterbericht 2003/2004 / Juni 2004 / Seite 10 März 2003 – zeitweise sehr warm und viele Niederschlagstage Veränderlich und kalt begann auch der März. Leichte Schneefälle brachten bis zum 3.3. lediglich 5 bis 15 cm Neuschnee. Die Lawinengefahr war örtlich mäßig und bis 7.2. herrschten recht gute Bedingungen für Aktivitäten abseits gesicherter Pisten. Bis zum 9.2. fielen mit zeitweiligem Windeinfluss erneut 15 bis 35 cm, in der Silvretta 30 bis 60 cm Neuschnee, sodass die Lawinengefahr dort oberhalb ca. 2000 m anstieg und als erheblich beurteilt wurde. Föhneinfluss und eine damit verbundene deutliche Erwärmung führten besonders in den typischen Föhngebieten der südlichen Regionen zur Störanfälligkeit der Schneedecke. In Folge kam es zu mehreren Schneebrettauslösungen durch Wintersportler. Eine Verschüttung am 13.3. endete dabei für einen Tourengeher leider tödlich. In den nördlicheren Regionen blieb während dieser Tage die Lawinengefahr überwiegend mäßig. Vom 16.3. bis 19.3. begünstigten einerseits viel Sonne und für die Jahreszeit teilweise zu milde Temperaturen die Setzung und Verfestigung der Schneedecke bis in hohe Lagen. Anderseits trat mit der Erwärmung in tieferen und mittleren Höhenlagen jeweils im Tagesverlauf eine deutliche Schwächung und zunehmende Durchfeuchtung der Schneedecke ein. Es kam somit zur vermehrten. Lawinenaktivität durch Nassschnee- und Grundlawinen. Nach kurzzeitigen Regenfällen bis gegen 2400 m folgte auf 22.3. eine Kaltfront mit Schnee bis in tiefe Lagen. Vom 21.3. abends bis 24.3. fielen in allen Regionen bis zu 50 cm Neuschnee. Mit mäßigem bis kräftigem Windeinfluss stieg somit die Lawinengefahr wieder auf erheblich – Stufe 3 an. In den Nordweststaulagen der nördlichen Landesteile betrug der Neuschneezuwachs auf den 25.3. erneut 30 bis 55 cm, sodass dort wieder vor großer Lawinengefahr gewarnt wurde. Ein kräftiges Hochdruckgebiet sorgte in den Folgetagen bis 30.3. für 17.03.2004 Faschina: Sehr milde Temperaturen und viel viel Sonne, allmählich wieder steigende Sonne führten zu zahlreichen, größeren Grundlawinen. Temperaturen, einen langsamen Rückgang der Lawinengefahr und wiederum recht günstigen Verhältnissen für Wintersportler. Gleichzeitig war jedoch wieder zunehmend mit Nassschnee- und Grundlawinen zu rechnen. Auflebende Südwinde führten zum Monatsletzten vor allem in Kammbereichen zu neuen Triebschneeansammlungen und stellenweise örtlich erheblicher Lawinengefahr. Gefahrenstufen März 2004 - 31 Berichte 18 16 17 Gefahrenstufen März 2004 in ca. % Häufigkeit / Tage 14 12 13 3% 10 8 42 % 6 55 % 4 1 2 0 0 0 gering mäßig erheblich groß sehr groß gering mäßig erheblich Gefahrenstufen lt. 5-teiliger Gefahrenstufenskala Im März dominierten Tage mit den Gefahrenstufen 2 und 3 Lawinenwarndienst Vorarlberg – Winterbericht 2003/2004 / Juni 2004 / Seite 11 groß sehr groß April 2004 – wechselhaft, recht warm und immer wieder Niederschläge Der April begann recht sonnig und mild. So herrschten am 1.4. und 2.4. recht günstige Bedingungen mit tageszeitlichem Anstieg der Gefahr durch Nassschnee- und Grundlawinen auf „mäßig“ – Stufe 2. Ab 3.4. leitete eine Störung aus Südwesten eine wechselhafte Witterungsphase ein. Diese hielt während der Karwoche an und brachte immer wieder Schauer, einzelne Gewitter und einen merklichen Temperaturrückgang. Schnee fiel dabei erneut bis unter 1000 m Seehöhe. Vom 6.4. bis 8.4. betrug der Neuschneezuwachs oberhalb ca. 1300 m 30 bis 70 cm. Mit gleichzeitig zeitweise kräftigem Westwindeinfluss stieg die Lawinengefahr oberhalb ca. 2000 m wieder auf "„erheblich" - Stufe 3 an. Ein deutlicher Anstieg der Temperaturen verbunden mit sonnigen Abschnitten und Auflockerungen führte auf Karfreitag den 9.4. wiederum zur günstigen Setzung und leichten Verfestigung der Neuschneedecke. Der Ostersamstag und Ostersonntag fielen ebenfalls wechselhaft aus. Die Lawinengefahr blieb somit überwiegend mäßig. Ab Ostermontag, den 12.4. ließen die Schneeschauer allmählich nach und es folgten einige recht freundliche Tage. Kurzzeitiger Föhneinfluss führte wiederum zum Anstieg der Temperaturen und auch zu Verfrachtungen und neuer Triebschneebildung in exponierten Lagen. Auf den 19.4. brachte eine Kaltfront eine deutliche Abkühlung 21.04.2004 Kaltenberg, Verwall: In hohen Lagen war und bis zum 20.4. oberhalb ca. 1000 die Schneelage Ende April noch überdurchschnittlich. m 10 bis 25 cm Neuschnee. Sonnige und milde Tage führten in der Folge einerseits wieder zu günstigen Bedingungen mit jeweils geringer Lawinengefahr in den Vormittagsstunden. Andererseits trat jeweils im Tagesverlauf ein Festigkeitsverlust der Schneedecke ein, wodurch besonders an Sonnenhängen sowie in tieferen und mittleren Höhenlagen die Gefahr durch Nassschneeund Grundlawinen leicht erhöht war. Zudem förderte die Witterung dieser Tage den weiteren Schneedeckenabbau. Vom 26.4. bis zum 30.4. war es mit zunehmendem Föhneinfluss überwiegend sonnig. Nach jeweils klaren Nächten mit Abkühlung und Abstrahlung war die Lawinengefahr jeweils von einem deutlichen Tagesgang geprägt. Die Gesamtschneehöhen auf den Messfeldern des Lawinenwarndienstes gingen in diesen Tagen um 20 bis 30 cm zurück und lagen somit mit Ausnahme der hochgelegenen Stationen Bielerhöhe und Silvretta Nova unter den langjährigen Durchschnittswerten. Gefahrenstufen April 2004 - 30 Berichte Gefahrenstufen April 2004 in ca. % 25 30 % 20 Häufigkeit / Tage 21 15 70 % 10 9 5 0 0 0 gering mäßig erheblich groß sehr groß 0 gering mäßig erheblich groß sehr groß Gefahrenstufen lt. 5-teiliger Gefahrenstufenskala Der April bot mehrheitlich günstige Bedingungen mit überwiegend mäßiger und geringer Lawinengefahr. Lawinenwarndienst Vorarlberg – Winterbericht 2003/2004 / Juni 2004 / Seite 12 Arbeitsweise des Vorarlberger Lawinenwarndienstes Für die tägliche Lawinenlageberichterstellung und die Gefahrenbeurteilung in der Saison 2003 / 2004 stützte sich der Lawinenwarndienst wiederum auf Informationen aus dem Mess- und Meldestellennetz (8 Beobachterstationen und 20 automatische Messstationen), auf die Wetterdienste, auf eigene Erhebungen und schneespezifische Auswertungen im Zuge von Geländebegehungen und Erkundungsflügen sowie verschiedene externe Rückmeldungen zur Schnee- und Lawinensituation. Messnetzübersicht mit Beobachterstationen und einer Auswahl von automatischen Stationen Kennzahl 001 003 005 006 007 008 (088 009 010 Beobachterstation Langen am Arlberg Mittelberg / Baad Damüls Faschina Körbersee Zürs Trittkopf Vermunt/Bielerhöhe Silvretta Nova Seehöhe 1250 m 1305 m 1400 m 1500 m 1675 m 1720 m 2430 m 2030 m 1960 m Beobachter Manfred Santer Alois Hilbrand Mathias Bischof Alfred Schäfer Fritz Schlierenzauer Walter Reiter Walter Reiter) Mitarbeiter der VIW Klaus Mattle Nachstehend finden sich einige Angaben und Graphiken von den Beobachterstationen über den vergangenen Winter 2003/2004. Lawinenwarndienst Vorarlberg – Winterbericht 2003/2004 / Juni 2004 / Seite 13 Beobachterstation Langen am Arlberg, 1250 m Seehöhe Die Betreuung erfolgte auch in dieser Saison wiederum durch den langjährigen Beobachter Herrn Santer Manfred. Schneehöhen, Temperaturverlauf, Windwerte, beobachtete Lawinenabgänge und persönliche Einschätzung des Beobachters von der Station Langen vom 12.12.03 - 30.4.04 Beobachterstation Mittelberg / Baad, 1305 m Seehöhe Die Beobachterstation wurde in dieser Saison erneut von Alois Hilbrand betreut. 3 Mittelberg /Baad Dez 2003 - April 2004 Schneehöhe [cm] - - - Einsinkt.u.Neuschneeh.[cm] 200 \/ 100 0 10 Lufttemperatur [°C] - - - Schneetemperatur[°C] 0 -10 -20 -30 Wind [Bft] mit Verfrachtung 4 0 -4 9 6 3 0 Abgänge Gefahrenstufe Gefahrenstufe(Tourengelände) 5 3 1 01.12. 03 15.12. 03 01.01. 04 15.01. 04 01.02. 04 15.02. 04 01.03. 04 15.03. 04 01.04. 04 15.04. 04 01.05. 04 LWD VBG Schneehöhen, Temperaturverlauf, Windwerte, beobachtete Lawinenabgänge und persönliche Einschätzung des Beobachters von der Station Mittelberg/Baad vom 12.12.03 - 30.4.04 Lawinenwarndienst Vorarlberg – Winterbericht 2003/2004 / Juni 2004 / Seite 14 Beobachterstation Damüls, 1400 m Seehöhe Die Station in Damüls wird seit 1978 von Herrn Matthias Bischof betreut. 5 Damuels Dez 2003 - April 2004 Schneehöhe [cm] - - - Einsinkt.u.Neuschneeh.[cm] 200 100 0 Lufttemperatur [°C] 10 - - - Schneetemperatur[°C] 0 -10 -20 -30 Wind [Bft] mit Verfrachtung 4 0 -4 Abgänge 9 6 3 0 Gefahrenstufe Gefahrenstufe(Tourengelände) 5 3 1 01.12. 03 15.12. 03 01.01. 04 15.01. 04 01.02. 04 15.02. 04 01.03. 04 15.03. 04 01.04. 04 15.04. 04 01.05. 04 LWD VBG Schneehöhen- und Temperaturverlauf, Windwerte, beobachtete Lawinenabgänge und persönliche Einschätzung des Beobachters von der Station Damüls vom 12.12.03 – 30.4.04 Beobachterstation Faschina, 1500 m Seehöhe Seit dem Winter 89/90 erfolgt die Betreuung durch Herrn Alfred Schäfer. 6 Faschina Dez 2003 - April 2004 Schneehöhe [cm] - - - Einsinkt.u.Neuschneeh.[cm] 200 \/ 100 0 10 Lufttemperatur [°C] - - - Schneetemperatur[°C] 0 -10 -20 -30 Wind [Bft] mit Verfrachtung 4 0 -4 9 6 3 0 Abgänge Gefahrenstufe Gefahrenstufe(Tourengelände) 5 3 1 01.12. 03 15.12. 03 01.01. 04 15.01. 04 01.02. 04 15.02. 04 01.03. 04 15.03. 04 01.04. 04 15.04. 04 01.05. 04 LWD VBG Schneehöhen- und Temperaturverlauf, Windwerte, beobachtete Lawinenabgänge Einschätzung des Beobachters von der Station Faschina vom 12.12.03 - 30.4.04 und Lawinenwarndienst Vorarlberg – Winterbericht 2003/2004 / Juni 2004 / Seite 15 persönliche Beobachterstation Zürs, 1720 m Seehöhe Die Beobachterstation in Zürs wird seit 1981 von Herrn Walter Reiter betreut. 8 Zuers Dez 2003 - April 2004 Schneehöhe [cm] - - - Einsinkt.u.Neuschneeh.[cm] 200 \/ 100 0 10 \/ Lufttemperatur [°C] - - - Schneetemperatur[°C] 0 -10 -20 -30 Wind [Bft] mit Verfrachtung 4 0 -4 9 6 3 0 Abgänge Gefahrenstufe Gefahrenstufe(Tourengelände) 5 3 1 01.12. 03 15.12. 03 01.01. 04 15.01. 04 01.02. 04 15.02. 04 01.03. 04 15.03. 04 01.04. 04 15.04. 04 01.05. 04 LWD VBG Schneehöhen- und Temperaturverlauf, Windwerte, beobachtete Lawinenabgänge Einschätzung des Beobachters von der Station Zürs vom 11.12.03 - 30.4.04 und persönliche Beobachterstation Körbersee, 1675 m Seehöhe Die Betreuung erfolgt seit mehr als 25 Jahren durch Herrn Fritz Schlierenzauer. 7 Koerbersee Dez 2003 - April 2004 Schneehöhe [cm] - - - Einsinkt.u.Neuschneeh.[cm] 300 200 100 0 10 Lufttemperatur [°C] - - - Schneetemperatur[°C] 0 -10 -20 -30 Wind [Bft] mit Verfrachtung 4 0 -4 9 6 3 0 Abgänge Gefahrenstufe Gefahrenstufe(Tourengelände) 5 3 1 01.12. 03 15.12. 03 01.01. 04 15.01. 04 01.02. 04 15.02. 04 01.03. 04 15.03. 04 01.04. 04 15.04. 04 01.05. 04 LWD VBG Schneehöhen- und Temperaturverlauf, Windwerte, beobachtete Lawinenabgänge Einschätzung des Beobachters von der Station Körbersee vom 12.12.03 - 30.4.04 und Lawinenwarndienst Vorarlberg – Winterbericht 2003/2004 / Juni 2004 / Seite 16 persönliche Beobachterstation Vermunt / Bielerhöhe, 2030 m Seehöhe Die Betreuung erfolgt jeweils ab den Weihnachtstagen durch verschiedene Mitarbeiter der Vorarlberger Illwerke AG. 9 Vermunt Dez 2003 - April 2004 Schneehöhe [cm] - - - Einsinkt.u.Neuschneeh.[cm] 200 100 0 10 Lufttemperatur [°C] - - - Schneetemperatur[°C] 0 -10 -20 -30 Wind [Bft] mit Verfrachtung 4 0 -4 9 6 3 0 Abgänge Gefahrenstufe Gefahrenstufe(Tourengelände) 5 3 1 01.12. 03 15.12. 03 01.01. 04 15.01. 04 01.02. 04 15.02. 04 01.03. 04 15.03. 04 01.04. 04 15.04. 04 01.05. 04 LWD VBG Schneehöhen- und Temperaturverlauf, beobachtete Lawinenabgänge und persönliche Einschätzung der Beobachter von der Station Vermunt / Bielerhöhe vom 27.12.03 - 18.4.04 10 Silvretta Nova Dez 2003 - April 2004 Schneehöhe [cm] - - - Einsinkt.u.Neuschneeh.[cm] 200 100 0 10 Lufttemperatur [°C] - - - Schneetemperatur[°C] 0 -10 -20 -30 Wind [Bft] mit Verfrachtung 4 0 -4 9 6 3 0 Abgänge Gefahrenstufe Gefahrenstufe(Tourengelände) 5 3 1 01.12. 03 15.12. 03 01.01. 04 15.01. 04 01.02. 04 15.02. 04 01.03. 04 15.03. 04 01.04. 04 15.04. 04 LWD VBG Lawinenwarndienst Vorarlberg – Winterbericht 2003/2004 / Juni 2004 / Seite 17 01.05. 04 Schneehöhen- und Temperaturverlauf, Windwerte, beobachtete Lawinenabgänge und persönliche Einschätzung des Beobachters von der Station Silvretta Nova vom 13.12.03 - 13.4.04 Beobachterstation Silvretta Nova, 1960 m Seehöhe Seit der Saison 02/03 erfolgt die Betreuung der Station durch Herrn Klaus Mattle, Mitarbeiter der Silvretta Nova AG. Lawinenkommissionen und Sicherungspflichtige Viele der im Land tätigen Lawinenkommissionen und sonstigen Sicherungspflichtigen kamen auch im vorangegangenen Winter auf zahlreiche Einsatzstunden. Neben regelmäßigen Beratungen waren besonders Mitte Dezember, an mehreren Tagen im Jänner sowie gegen Ende März verantwortungsvolle Beurteilungen und Entscheidungen notwendig. Durch die gute und verantwortungsbewusste Arbeit aller örtlichen Lawinenkommissionen, Sicherheitsverantwortlichen, Einsatzkräfte und Bereitschaftsdienste wurden auch die heiklen Tage mit Stufe 4 im Winter 2003/2004 ohne nennenswerte Schäden überstanden. Dank rechtzeitig veranlassten Maßnahmen - wie z. B. Sperren oder künstliche Lawinenauslösungen - kam es weder auf Verkehrswegen und in Siedlungsgebieten noch im organisierten Schiraum zu ernsthaften Zwischenfällen mit Personen- oder Sachschäden. Mit ihrer Tätigkeit leisteten die Lawinenkommissionen und Sicherungspflichtigen sowie die Beobachter des Lawinenwarndienstes während des Winter 2003 / 2004 wiederum einen wesentlichen Beitrag im Interesse der Sicherheit der Bevölkerung, Gäste und Wintersportler. Die Lawinenkommissionen werden bei Bedarf in ihrer Tätigkeit vom Vorarlberger Lawinenwarndienst beratend unterstützt. 14.1.2004, Gargellen: künstliche Lawinenauslösung im Bereich der Gargellner Köpfe zur Pistensicherung durch das Sprengteam der Schafbergbahnen Gargellen Lawinenwarndienst Vorarlberg – Winterbericht 2003/2004 / Juni 2004 / Seite 18 Kurswesen Aus- und Weiterbildung für Mitglieder von Lawinenkommissionen Der Grundkurs, bei welchem die Schwerpunkte jeweils bei der Vermittlung der grundlegenden theoretischen und praktischen Kenntnisse über Wetter, Schnee- und Lawinenbildung sowie der Aufgaben und Tätigkeit von Lawinenkommissionen liegen, wurde mangels der erreichten Mindestteilnehmer erstmals seit 15 Jahren nicht durchgeführt. Beim Fortbildungskurs am 15. und 16.12.2003 auf dem Hochjoch in Schruns referierte Dr. Franz Pflanzner vom Landesgericht Feldkirch aus der Sicht der Staatsanwaltschaft zum Thema „Lawinen & Rechtsfragen“. Weiters präsentierten Herr DI Stefan Dönz als Vertreter der Lawinenkommission Schruns und Herr Hartwig Mangeng, Betriebsleiter der Hochjochbahnen Schruns, deren Organisation, Rechtsgrundlagen, Arbeitsweise und Hilfsmittel zum Schutz von gefährdeten Verkehrswegen, Siedlungsbereichen und Pisten vor Lawinen. Im Rahmen einer kurzen Exkursion erfolgte auch die Besichtigung und Präsentation der verschiedenen Sicherheitseinrichtungen im Schigebiet der Hochjochbahnen. Dabei konnten wertvolle Erfahrungen ausgetauscht werden. Das Fachseminar fand am 17.12.2003 in der Landesfeuerwehrschule in Feldkirch Altenstadt statt. • Herr Bernhard Kiener von der Landeswarnzentrale stellte das „Digitale Informationssystem für Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben“ (DIBOS) vor. Dieses im Aufbau befindliche Informations- und Kommunikationssystem soll künftig auch den Lawinenkommissionen als Instrument und Hilfsmittel zur Verfügung gestellt werden. • Herr Dr. Richard Werner vom Umweltinstitut des Landes Vorarlberg referierte über Wetterlagen mit massiven Lawinenereignissen. • Herr Prof. DI Dr. Karl Kleemayr, Arbeitsbereichsleiter Schnee- und Lawinen beim Institut für Alpine Naturgefahren und forstliches Ingenieurwesen der Universität für Bodenkultur in Wien zeigte die heutigen Möglichkeiten und Grenzen computerunterstützter Lawinenprognose auf. • Gleichzeitig wurde dabei auch gemeinsam mit Herrn Markus Amann das Pilotprojekt „ARIS Lech 2004“ vorgestellt. aris avalanche risk information system system . Lawinenwarndienst Vorarlberg – Winterbericht 2003/2004 / Juni 2004 / Seite 19 Unterstützung und Mitwirkung bei externen Kursen und Veranstaltungen Der Lawinenwarndienst unterstützt auch präventive Maßnahmen zur Vermeidung und Reduzierung von Lawinenunfällen. Lawinengefahr ist immer Lebensgefahr! Oberstes Ziel für alle Wintersportler - seien es Snowboarder, Variantenfahrer oder Schitourengeher – sollte es sein, Lawinenauslösungen und Verschüttungen durch den Verhältnissen angepasstes Verhalten zu vermeiden. Einer fundierten Ausbildung und Sensibilisierung des Risikobewusstseins kommt daher höchste Bedeutung zu. Auch in der vergangenen Saison wurden von der Initiative „Sichere Gemeinden“ in Zusammenarbeit mit dem Vorarlberger Lawinenwarndienst, dem Vorarlberger Bergführerverband, der Alpingendarmerie und dem Österreichischen Bergrettungsdienst wieder mehrere Lawinenkurse veranstaltet. In Theorie und Praxis wurden dabei Grundkenntnisse zu • Stellenwert und Interpretation des Lawinenlageberichtes • Tourenplanung • Lawinenbildenden Faktoren • Umgang mit dem LawinenverschüttetenSuchgerät • Strategien zur Entscheidungsfindung im Gelände • Erste Hilfe beim Lawinenunfall sowie • Grund- und Notfallausrüstung vermittelt. Insgesamt konnten sich dabei ca. 170 Personen ein wichtiges Basiswissen aneignen. „LOW RISK – ALSO FUN“ Winterwanderführer Immer mehr gefragt – geführtes Wandern im Winter Vorarlbergs Wanderführer/innen haben die Möglichkeit eine Zusatzausbildung zum „Winterwanderführer“ zu absolvieren. Dieses Ausbildungsmodul wird vom Vorarlberger Bergführerverband - Pflichtverband und Interessensvertretung der Bergund Wanderführer - angeboten und veranstaltet. Dabei werden u. a. auch Grundkenntnisse über Schnee- und Lawinen vermittelt. Im Rahmen des Kurses in Gargellen im Dezember 2003 konnte der Lawinenwarndienst seine Arbeitsweise vorstellen und den Teilnehmer/innen den Stellenwert und die Interpretation des Lawinenlageberichtes näher bringen. Lawinenwarndienst Vorarlberg – Winterbericht 2003/2004 / Juni 2004 / Seite 20 Alpingendarmerie Die Zusammenarbeit mit der Alpingendarmerie ergibt sich immer wieder im Rahmen der Kurse für Lawinenkommissionen oder den Ausbildungstagen der Alpingendarmerie. Oft auch nach Lawinenunfällen. Gemeinsame Erhebungen und gegenseitige Unterstützung erleichtern dabei die Dokumentation. Besonders wertvoll sind für den Lawinenwarndienst aber auch der Informations- und Erfahrungsaustausch mit den fachkundigen Beamten im Hinblick auf die aktuelle Schnee- und Lawinensituation und die regelmäßigen Rückmeldungen zur Verifikation der Gefahrenbeurteilung. Weiters natürlich die Möglichkeit von Erkundungsflügen mit dem Hubschrauber des BMI (Bundesministerium für Inneres). 14.1.2004, Damüls: Alpingendarmen bei einer Übung in unterhalb der Ugaalpe Sonstiges • Anlässlich der Sondertage der INATURA am 11. und 12. März 2003 in Dornbirn standen die Experten des Lawinenwarndienstes Interessierten für Fragen und Informationen rund um das Thema „Lawinen“ zur Verfügung. Im Rahmen einer Ausstellung wurden dabei auch die Organisation und Arbeitsweise sowie die Aufgaben des Lawinenwarndienstes präsentiert. • Beim Sicherheitstag für Lehrlinge der Landes- und Gemeindeverwaltung am 29. März 2003 in der Landesfeuerwehrschule in Feldkirch / Altenstadt wurde unter dem Titel „Gefahren im Wintersport“ u. a. der Lawinenwarndienst und seine Aufgaben vorgestellt. Im Interesse der Prävention erfolgte dabei auch ein Appell an die Jugendlichen hinsichtlich Gefahren- und Risikobewusstsein sowie Verhalten bei ungünstiger Schnee- und Lawinensituation. Weiters wurden auch diesbezügliche Informations- und Ausbildungsmöglichkeiten aufgezeigt. Eine solide Grundausbildung über Schnee und Lawinen bietet Wintersportlern eine wichtige Basis für eigenverantwortliche Aktivitäten außerhalb des organisierten Schiraumes. Lawinenwarndienst Vorarlberg – Winterbericht 2003/2004 / Juni 2004 / Seite 21 Gefahrenstufenverteilung in der Wintersaison 2003 / 2004 Witterungsbedingt erfolgten am 28. und 29. November 2003 die ersten Mitteilungen zur Schnee- und Lawinensituation. Weitere Informationen wurden jeweils am 3., 5. und 9. Dezember 2003 herausgegeben. Vom 12. Dezember 2003 bis zum 30. April 2004 wurde sodann täglich ein aktueller Lagebericht erstellt. Am 20. Jänner wurde mittags ein Sonderlagebericht erstellt. Außergewöhnliche Niederschläge in der ersten Maiwoche erforderten am 5. und 7. Mai 2004 erneut eine Information. Insgesamt wurden somit in der Saison 2003 / 2004 149 Lawinenlageberichte herausgegeben. Dabei ergab sich folgende Gefahrenstufenverteilung (Dez – April): Stufe 1 Stufe 2 Stufe 3 Stufe 4 Stufe 5 an 22 Tagen an 72 Tagen an 44 Tagen an 6 Tagen an 0 Tagen Gefahrenstufenverteilung Winter 2003/2004 (144 Berichte bis 30.4.04) 80 72 70 Häufigkeit / Tage 60 50 44 40 30 22 20 6 10 0 0 gering mäßig erheblich groß sehr groß Gefahrenstufen lt. 5-teiliger Gefahrenstufenskala Gefahrenstufenverteilung Winter 2003/2004 in % groß 4% erheblich 31% gering 15% mäßig 50% gering mäßig erheblich groß sehr groß Lawinenwarndienst Vorarlberg – Winterbericht 2003/2004 / Juni 2004 / Seite 22 Gefahrenstufenverteilung seit dem Winter 93/94 60 in Prozent 50 40 30 20 10 0 Winter Winter Winter Winter Winter Winter Winter Winter Winter Winter Winter 93/94 94/95 95/96 96/97 97/98 98/99 99/00 00/01 01/02 02/03 03/04 Stufe 1 Stufe 2 Stufe 3 Stufe 4 Stufe 5 nach der 5-teiligen europäischen Lawinengefahrenskala In der Wintersaison 2003 / 2004 wurde in 50 % aller Berichte die Lawinengefahr als überwiegend mäßig eingestuft. Vor erheblicher Gefahr (31 %) wurde im Vergleich zu den vorangegangenen zwei Wintern wieder etwas öfter gewarnt. Der Anteil von Tagen mit geringer Gefahr ist mit 15 % deutlich niedriger wie im Vorwinter. Große Lawinengefahr herrschte insgesamt an sechs Tagen (4 %). Vor sehr großer Lawinengefahr, Stufe 5, musste seit dem Winter 1998 / 1999 nicht mehr gewarnt werden. durchschnittliche Verteilung der Gefahrenstufen in % Winter 93/94 bis 02/03 7,7% 0,9% 11,5% gering mäßig erheblich groß sehr groß 36,1% 43,8% Der Vergleich des Winters 2003/2004 mit der durchschnittlichen Gefahrenstufenverteilung der vorangegangenen zehn Winter (93/94 bis 02/03) zeigt einen um knapp 10 % höheren Anteil der unteren Gefahrenstufen „gering“ und „mäßig“ zugunsten der höheren Gefahrenstufen von „erheblich“ bis „sehr groß“. Der Anteil „erheblich“ ist dabei gegenüber dem langjährigen Durchschnitt um ca. 5 % geringer. Lawinenwarndienst Vorarlberg – Winterbericht 2003/2004 / Juni 2004 / Seite 23 Tagung der ARGE österreichischer Lawinenwarndienste Die Expertenkonferenz 2004 der ARGE der österreichischen Lawinenwarndienste sowie der benachbarten Lawinenwarndienste aus Südtirol und Bayern fand heuer am 26. und 27. Mai im ALPINARIUM in Galtür statt. Teilgenommen haben die Vertreter der Lawinenwarndienste aus den Bundesländern Salzburg, Niederösterreich, Oberösterreich, Steiermark, Tirol, Kärnten und Vorarlberg sowie der Leiter der Lawinenwarnzentrale Bayern. Dabei wurden u. a. folgende interessante Themen und Projekte diskutiert bzw. präsentiert: • • • • • • • Länderberichte und Besonderheiten zum abgelaufenen Winter 2003/2004 Anwendung von WISKI – Alpin und WISKI – Web beim LWD Tirol Interaktive Karten im Internet – Ein Pilotprojekt des LWD Tirol mit dem Institut für Kartographie in Wien Meteo Risk – Extremwertstatistik; Präsentation und Information zum Stand des EU Interreg IIIb Projektes durch die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG), Regionalstelle Tirol Auswertung von Lawinenunfällen in Vorarlberg 1990/91 bis 1999/00; LWD Vorarlberg Umsetzung der Ergebnisse der Tagung der europäischen Lawinenwarndienste vom Mai 2003 in München (Lawinenwarnzentrale Bayern) Weitere Harmonisierung der Lawinenlageberichte und Optimierung der gemeinsamen Internetplattform www.lawinen.at. Zudem fand eine Podiumsdiskussion zum Thema „Lawinenwarndienste – gegenwärtiger Stand und zukünftige Entwicklung“ statt. Teilgenommen haben u. a. VertreterInnen des Bundesheeres, der Alpenvereine, der Staatsanwaltschaft Innsbruck, des Österreichischen Bergrettungsdienstes, der Bergführerverbände, des ASI Tirol und des Alpinariums Galtür. Meeting Lawinenwarndienste / IVBV (Internationale Vereinigung der Bergführerverbände) in Zürich Beim zweiten Meeting der europäischer Lawinenwarndienste und der internationalen Vereinigung der Bergführerverbände (IVBV) am 1. Juni 2004 an der ETH in Zürich wurden die künftig intensivere Zusammenarbeit angestrebt und Möglichkeiten zum verbesserten Informationsfluss und Erfahrungsaustausch diskutiert. Lawinenwarndienst Vorarlberg – Winterbericht 2003/2004 / Juni 2004 / Seite 24 50 Jahre danach – Lawinenkatastrophe in Vorarlberg im Winter 1953/54 Der Winter Lawinenwinter 1953/54 hat in Vorarlberg viele Menschenleben und Sachschäden gefordert. 50 Jahre danach wurde dieser traurigen Tage gedacht. Dazu fanden mehrere Gedenkveranstaltungen und Ausstellungen statt. Nachstehende, lediglich etwas gekürzte und unwesentlich geänderte Zusammenfassung der Ereignisse und Dokumentation wurde mit freundlicher Genehmigung der Montafoner Museen, Herrn Dr. Andreas Rudigier, zur Verfügung gestellt. Die Bilder dazu – sofern nicht anders angeführt - stammen aus dem Archiv der Wildbach- und Lawinenverbauung, Bludenz. Vorarlberg versinkt im Schnee Die Wettersituation im Lawinenwinter 1953/54 war geprägt durch einen sehr milden Herbst, in welchem die Bauern sogar schon einige Frühjahrsarbeiten durchführen konnten. Erst gegen Weihnachten hin, gab es die ersten Schneeflocken, die sich in den Tälern aber nicht sehr lange halten konnten. Nach der Jahreswende kam dann der Wintereinbruch mit ergiebigen Schneefällen. Die Schneehöhe wuchs stetig (Neuschneemenge von 100 bis 170 Zentimeter innerhalb von 24 Stunden) und mit der Windtätigkeit verschärfte sich die Situation zusehends. Der lockere Neuschnee wurde durch den Wind stark verfrachtet, wodurch es gerade in höheren Lagen oberhalb der Waldgrenze zu umfangreichen Triebschneeansammlungen kam. Auch die tiefen Temperaturen, welche im Tal bei -5 °C bis -7 °C lagen, ließen keine optimale Verbindung der Schneeschichten zu. Im ganzen Land herrschte daher große Lawinengefahr. Bereits um den 9. Jänner 1954 wurden im Radio Meldungen über Lawinenabgänge aus den verschiedensten Talschaften des Landes gebracht. Bregenzerwald Am schlimmsten wurde im Bregenzerwald die Gemeinde Mellau heimgesucht. Es wurde von insgesamt 19 Lawinen berichtet. 35 Häuser mit 42 Haushalten mussten evakuiert werden, obwohl diese Häuser bereits 300 bis 500 Jahre alt waren und schon so manchen schneereichen Winter überstanden hatten. Das Lawinenjahr 1954 ging mit seinen 15 Todesopfern als eines der schlimmsten in die Geschichte des Bregenzerwaldes ein. „Hirschau-Boden-Lawine“ in Schnepfau (Archiv WLV) Lawinenwarndienst Vorarlberg – Winterbericht 2003/2004 / Juni 2004 / Seite 25 Großes Walsertal Im Großen Walsertal gab es keine Gemeinde, die nicht Lawinenabgängen betroffen war. Ganze Streifen im Landschaftsbild wurden verwüstet und zerstört. Am schwersten wurde die Gemeinde Blons vom „weißen Tod“ heimgesucht. Hier waren bis zum 20. Jänner 50 Todesopfer zu beklagen. „Mont Calf-Lawine“, Blons: Blick talauswärts gegen den erhalten gebliebenen Ortsteil von Blons. Rechts die zerstörte Sennerei und die zerstörte Seilbahn (Archiv WLV), Bei den Rettungsmaßnahmen standen sieben Hubschrauber zur Verfügung. Ein solcher Flugeinsatz war in der Geschichte des österreichischen Rettungswesens noch nicht da gewesen, was die Situation für die beteiligten Personen erschwerte. Es fehlte an Erfahrung und an den speziellen Flugfähigkeiten, die man im hochalpinen Raum benötigte. Die Hubschrauber leisteten wertvolle Dienste, indem sie Verletzte, Medikamente und Lebensmittel transportierten. Landung eines amerikanischen Hubschraubers im Großen Walsertal (Archiv WLV) Lawinenwarndienst Vorarlberg – Winterbericht 2003/2004 / Juni 2004 / Seite 26 Montafon Die Lawinensituation im Montafon war wie überall sehr angespannt, da auch hier die Neuschneemengen sehr rasch zunahmen und durch den starken Wind große Schneeverfrachtungen erfolgten. Nachstehend die Chronologie der Ereignisse. Samstag, 9. Jänner 1954 Einsetzen der intensiven Schneefälle Sonntag, 10. Jänner 1954 Erste kleinere Schneerutsche werden beobachtet. Montag, 11. Jänner 1954 11:00 Uhr Abgang der Wanglawine vom Kapellhang über das Bargustobel nach Gamprätz. Die Lawine verschüttete zwei Personen, die jedoch beide lebend geborgen werden konnten. 11: 00 Uhr In der Parzelle Lutt, Bartholomäberg, geht eine erste Staublawine ab, die das kleine Feuerwehrhaus zerstört. 12:00 Uhr Abgang der zweiten „Luttlawine“; diese zerstört das Haus der Familie Bitschnau. Obwohl die Nachbarn so schnell als möglich zu Hilfe eilten, konnte nur mehr der kleine Tilbert (mit schweren Verletzungen) lebend geborgen werden. 20:45 Uhr Die Montjolalawine löst sich in einer Breite von etwa 500 Metern direkt am Grat auf über 2000 Meter am „Ruha Egg“ und stürzt mit ungeheurer Zerstörungskraft bis ins Schrunser Tobel. Dabei wurden sechs Wohnhäuser und sieben Ställe vollständig zerstört. Von den 37 verschütteten Personen konnten 13 nur noch tot geborgen werden. Drei Personen starben infolge ihrer schweren Verletzungen. 21:00 Uhr Die Rettungsmannschaften treffen an den Unglücksorten ein und beginnen sofort mit der Suche nach Verschütteten. Die ersten Überlebenden werden geborgen. 21:50 Uhr Major Kobbe vom Landesgendarmeriekommando trifft mit 20 Mann der Gendarmerieschule Gisingen an der Unglücksstelle ein. Die Hangatobel-Drilliszug-Lawine in Partenen zerstört die Säge und den Stall des Franz Flöry. Ebenso wird das Haus Märk stark in Mitleidenschaft gezogen. Dienstag, 12. Jänner 1954 02:30 Uhr Die Rettungsaktion muss abgebrochen werden, da eine Nachlawine befürchtet wird und es daher für die Rettungsmannschaften zu gefährlich wird, sich weiter in der Lawinenschneise aufzuhalten. Das weitere Vorgehen für die frühen Morgenstunden wird besprochen, die bereits geborgenen und teils schwer verletzten Menschen werden auf Schlitten, Tragen und Bahren nach Schruns ins Krankenhaus St. Josefsheim gebracht, wo sie von Dr. Nemeczek ärztlich versorgt werden. Weitere Einsatzkräfte werden angefordert. 08:00 Uhr Die Bergungsarbeiten werden in verstärktem Umfang wieder aufgenommen, nachdem unter der Leitung von DI Rhomberg zusätzlich etwa 400 Arbeiter von den Vorarlberger Illwerken zu den Hilfsmannschaften dazugestoßen sind. Weiters treffen auch noch die Ortsfeuerwehren von Schruns, Tschagguns und Gantschier mit etwa 80 Mann an der Unglücksstelle ein. Die Schrunser Ärzte Hermann Sander und Herbert Sprenger errichten im Lawinengebiet eine Notfallstation zur Erstversorgung der Verletzten. 16:00 Uhr In den späten Nachmittagsstunden wird Hermann Salzgeber noch lebend aus den Trümmern geborgen. Dank dem Einsatzeifer der Hilfsmannschaften und deren Führung war es zu verdanken, dass die Bergung der Opfer bis zum Abend des 12.01.1954 beinahe vollständig abgeschlossen und dass vor allem eine große Zahl von Verschütteten lebend geborgen werden konnte. Leider kam für 16 Menschen jede Hilfe zu spät. Bild: Archiv Heimatmuseum Montafon Lawinenwarndienst Vorarlberg – Winterbericht 2003/2004 / Juni 2004 / Seite 27 Klostertal Im Klostertal wurde am 11. Jänner kurz nach Mitternacht das Bahnhofsgebäude in Dalaas von der „Muttentobellawine“ zerstört Eine Zuggarnitur, bestehend aus vier Schnellzugwaggons, einem Packwagen und einer E-Lok (119 t), wurde teilweise in die Tiefe gerissen. Weder auf der Bahnlinie noch auf der Bundesstraße war es möglich, Hilfskräfte nach Dalaas zu bringen. Wie durch ein Wunder waren alle Leute in den Waggons unverletzt geblieben, ebenso die Gäste aus dem Gasthof: Im Warteraum des zerstörten Bahnhofs fanden jedoch zehn Menschen den Tod. Bild links: „Muttentobel-Lawine“, Dalaas: Blick von der Gleisseite (Bergseite) auf den zerstörten Bahnhof von Dalaas mit dem erhalten gebliebenen westlichen Teil Bild rechts: Blick vom Bahnhof Dalaas talauswärts; im Vordergrund der aus den Gleisen geschleuderte Schellzugwaggon (Archiv WLV) Gesamtsituation Vorarlberg In Vorarlberg wurden insgesamt 388 Lawinen, Schneerutsche und Schneebretter registriert. Jene Lawinen und Schneerutsche, die nur die Bundesbahn betrafen (immerhin 154) sind hier nicht einmal berücksichtigt. Die hier abgebildete Karte mit den Lawinenabgängen beinhaltet nicht alle Lawinen, da besonders die abgelegenen Hochtäler während diesen gefährlichen Tagen gar nicht betreten und somit erfasst werden konnten. Lawinenkarte Vorarlberg 1954 (Archiv WLV) Lawinenwarndienst Vorarlberg – Winterbericht 2003/2004 / Juni 2004 / Seite 28 Schadensbilanz des Lawinenwinters 1953/54 Verluste an Menschenleben Die Gemeinde Blons wurde vom Lawinenunglück am schwersten getroffen. Insgesamt forderte der „weiße Tod“ allein in dieser Gemeinde 57 Menschenleben. Wie aus den Obduktionsberichten von Professor Franz Holzer (Universitätsklinik Innsbruck) hervorging, waren schwerste Körperverletzungen die häufigste Todesursache. Die mechanischen Verletzungen resultierten aus Einsturz der Häuser und übereinander geschobenen Balken, Trümmern und Mauerresten. Daneben dürften von den Lawinen mitgebrachte Baumstämme und Äste die Opfer verletzt haben. Auch örtliche Erfrierungen waren festzustellen. Bei Leichen, an denen keine Verletzungen nachzuweisen waren, ist der Tod offensichtlich durch Ersticken oder Erfrieren eingetreten. Gemeinde Anzahl Verschüttete Tot Bartholomäberg Blons Dalaas Fontanella St. Gerold Schruns Sonntag Andelsbuch Hittisau Mellau Schnepfau Total 37 118 30 18 5 4 23 5 9 15 4 268 16 57 10 10 3 3 13 1 7 2 3 125 Einige Opfer hatten auch schwerste Lungenschäden durch den starken Luftdruck der Staublawinen, welcher den Menschen förmlich die Lunge zerriss. Gebäudeschäden Die Gebäudeschäden waren enorm und würden nach heutiger Bewertung auf etwa 20 Millionen Euro geschätzt. In den Bezirken Bludenz, Bregenz und Feldkirch wurden insgesamt etwa 600 Gebäudeschäden gemeldet Verluste an Tieren Von den verschütteten Tieren konnte nur ein geringer Teil lebend geborgen werden. Es wurden 4 Pferde, 100 Kühe, 60 Rinder, 35 Kälber, 1 Ochse, 1 Zuchtstier, 28 Ziegen, 25 Schafe, 49 Schweine, 209 Hühner und 64 Bienenvölker von den Lawinen zerstört. Mit gebrochenen Gliedern, tödlichen Verletzungen oder erwürgt an der Kette wurden sie während den Grabungs- und Bergungsarbeiten gefunden. Die höchsten Tierverluste hatte die Gemeinde Blons zu verzeichnen. Es folgten die Gemeinden Hittisau, Andelsbuch, Sonntag, Mellau, Bartholomäberg und Fontanella. Bild: Archiv WLV Lawinenwarndienst Vorarlberg – Winterbericht 2003/2004 / Juni 2004 / Seite 29 Zu den technischen und organisatorischen Folgen Die Katastrophenwinter 1950/51 und 1953/54 bildeten den Beginn einer intensiven Diskussion über die Gefahren des hochalpinen Lebensraumes. Zwei wichtige Institutionen auf dem Gebiet der Lawinenprävention wurden im Rahmen der Ausstellung im Montafoner Heimatmuseum vorgestellt. Die Wildbach- und Lawinenverbauung (WLV) Bereits seit dem Jahre 1884 nimmt der Staat in Form des Forsttechnischen Dienstes für Wildbach- und Lawinenverbauung den Schutz vor Lawinen als öffentliche Aufgabe wahr. Das Forsttechnische System besteht aus der koordinierten Anwendung von bautechnischen und forstlich - biologischen Maßnahmen und beruht auf der Erkenntnis, dass ein stabiler Waldgürtel den besten Schutz vor dem Abbruch von Lawinen darstellt. Die Kombination von Hochlagenaufforstung, Schutzwaldbewirtschaftung und technischen Bauwerken bedeutet eine ökonomisch sinnvolle Umsetzung ökologischer Erkenntnisse. Im Rahmen der Raumordnung leistet die Wildbach- und Lawinenverbauung mit Hilfe der Gefahrenzonenpläne auch einen entscheidenden Beitrag zur sinnvollen Steuerung der Besiedlungs- und Bewirtschaftungstätigkeit in lawinengefährdeten Gebieten. Beim Neubeginn der Lawinenverbauung nach 1954 konnte einerseits auf die langjährigen, praktischen Erfahrungen bei den Bundesbahnen und auf die bescheidenen Erfahrungen im eigenen Bereich zurückgegriffen werden. Andererseits hatten die Schweizer Nachbarn am Eidgenössischen Institut für Schnee- und Lawinenforschung am Weißfluhjoch in Davos seit 1940 die theoretischen Grundlagen für die Entwicklung neuer Bautypen erarbeitet. Die technischen Richtlinien für die Bemessung von Schneestützwerken wurden vor allem von der damaligen Österreichischen Alpine - Montagegesellschaft übernommen. Danach wurden vorgefertigte Stahl-Schneebrücken entwickelt, die zu einer Standardisierung der Lawinenstützverbauung in Österreich und darüber hinaus auch im übrigen Alpengebiet geführt hat. In den ersten 15 Jahren lagen die Schwerpunkte der Verbauungstätigkeit der Lawinenverbauung verständlicherweise in Zentren der Katastrophengebiete. Seit dem Winter 1950/51 wurde die Verbauungstätigkeit zum Schutze von gefährdeten Verkehrswegen und Siedlungsräumen auf das ganze Land ausgedehnt. Verbauung Zamangspitze, St. Gallenkirch (Bild: Archiv LWD Vlbg) Lawinenwarndienst Vorarlberg – Winterbericht 2003/2004 / Juni 2004 / Seite 30 Der Vorarlberger Lawinenwarndienst (LWD) Im Jahre 2003 feierte der Vorarlberger Lawinenwarndienst sein 50-jähriges Bestehen. Er wurde 1953 als erster derartiger Warndienst in Österreich eingerichtet. Der Anlass war ein schweres Lawinenunglück im Dezember 1952. Nachstehend kursiv dargestellter Beitrag entstammt den Tafeltexten der Montafoner Museen, Schruns. Am 22. Dezember 1952, etwa um 17 Uhr, riss die „Passürtobel-Arlensatz-Lawine“ bei Langen am Arlberg ein mit ausländischen Wintersportgästen voll besetztes Postauto in die Tiefe, wobei 23 Personen den Tod fanden, vier schwer und sieben leicht verletzt wurden. Die durch dieses Unglück offenbar gewordene allgemeine Unkenntnis stellte den Startpunkt für die Schaffung eines wissenschaftlich fundierten Lawinenwarndienstes nach dem bewährten Vorbild des Schweizer Lawinenwarndienstes dar. Aufgeschlossen für die Notwendigkeit geeigneter Maßnahmen zur Bekämpfung der Lawinengefahr veranstaltete das Amt der Vorarlberger Landesregierung am 15. Jänner 1953 eine Enquete der an der Lawinenbekämpfung in erster Linie interessierten öffentlichen und privaten Körperschaften. Die Versammlung begrüßte die Schaffung des vorgeschlagenen Lawinenwarndienstes und bestellte zur Organisation desselben einen Fachausschuss, der noch am gleichen Tage zusammentrat. Auf Grund der von diesem Ausschuss ausgearbeiteten Richtlinien ordnete die Vorarlberger Landesregierung in ihrer Sitzung vom 27. Jänner 1953 an, den „Lawinenwarndienst für Vorarlberg“ in Zusammenarbeit mit dem Eidgenössischen Institut für Schnee- und Lawinenforschung Weißfluhjoch-Davos als Einrichtung des Landes zu bilden. Die Ausrüstung der Vergleichsstationen wurde im Sommer 1953 sorgfältig vorbereitet und so wurden sämtliche Versuchsfelder (Brand, Faschina, Vermunt, Riezlern, Zürs) in der Zeit vom 23. bis 26. November 1953 noch vor Bildung der Dauerschneedecke eingerichtet. Die Lage der Vergleichsstationen wurde so gewählt, dass die Wetter- und Schneeverhältnisse in den am meisten lawinengefährdeten Landesteilen gleichzeitig in 1000 bis 2000 Metern Seehöhe beobachtet werden konnte. Der Lawinenwinter 1953/54 wurde für den Lawinenwarndienst in Vorarlberg zur Nagelprobe und nur durch das umsichtige und bestens organisierte Netzwerk konnte noch weit schlimmeres Unheil verhindert werden. Die Frage, ob man diese Institution überhaupt benötigt, erledigte sich nach diesem Katastrophenwinter von selbst. Seit der Gründung 1953 hat sich auch beim Lawinenwarndienst einiges geändert. Zusätzlich zu den eigentlichen Kernaufgaben fand in den letzten Jahrzehnten entsprechend den steigenden Anforderungen und Bedürfnissen eine laufende Erweiterung und Verbesserung des Dienstleistungsangebotes statt. Dabei sind besonders die Entwicklungen im Bereich der automatischen Messstationen hervorzuheben. Diese, in Vorarlberg meist privat betriebenen Messeinrichtungen, ermöglichen praktisch rund um die Uhr die Abfrage schnee- und witterungsspezifischer Daten, welche bei der Gefahrenbeurteilung berücksichtigt werden. Die wichtigsten Informationen aus den jeweiligen Regionen des Landes liefern jedoch heute wie früher die Beobachter des Lawinenwarndienstes. Zudem wurde innerhalb der europäischen Lawinenwarndienste eine Harmonisierung in der Lageberichterstattung und der Gefahrenstufenskala erreicht. Natürlich ist in diesem Zusammenhang auch die wertvolle und oft schwierige Arbeit der örtlichen Lawinenkommissionen aufzuzeigen. Deren Beurteilungen für lokale Gefährdungsbereiche bilden meist die Grundlage für Entscheidungen diverser Verantwortungsträger, wie z. B. Bürgermeister, Straßenerhalter oder Betreiber von Schigebieten. Lawinenwarndienst Vorarlberg – Winterbericht 2003/2004 / Juni 2004 / Seite 31 Verbreitung der Lawinenlageberichte Die Ausgabe der aktuellen Lawinenlageberichte erfolgte witterungsbedingt sporadisch ab Ende November 2003. Ab 12. Dezember 2003 dann täglich in der Regel zwischen 7:30 und 7:45 Uhr. Verbreitet wurde er wiederum über das Internet, per Telefax (60 Kunden) und Email (85 Kunden), das Telefontonband sowie bei Bedarf über verschiedene Radiosender. Internet Über die Homepage des Lawinenwarndienstes wurde in der Saison 2003 /2004 insgesamt über 205.000 mal auf den Lawinenlagebericht zugegriffen. Dies ist eine erfreuliche Steigerung von über 10 % gegenüber dem Vorjahr und bestätigt einerseits das Informationsbedürfnis von Wintersportlern, Gästen und Einheimischen – anderseits aber auch die zunehmende Nutzung des Mediums Internet. Lageberichtzugriffe im Internet 99/00 bis 03/04 185400 150000 0 111550 69940 100000 50000 205100 200000 60000 Gesamtzugriffe 250000 11/99 - 04/00 12/00 - 04/01 11/01 - 04/02 11/02 - 04/03 11/03 - 04/04 Zeitraum durchschnittl. / Tag Tägliche Zugriffe im Internet 1400 1200 1000 800 600 400 200 0 ca. 1100 349 11.11.99 1.5.00 489 7.12.00 1.5.01 ca. 1300 668 16.11.01 1.5.02 Zeitraum Mitte 11/02 - Ende 11/03 1.5.03 1.5.04 Lawinenwarndienst Vorarlberg – Winterbericht 2003/2004 / Juni 2004 / Seite 32 Telefontonbanddienst Das rund um die Uhr verfügbare Telefontonband 05522-1588 mit dem aktuellen Lawinenlagebericht wurde in der Saison 2003/2004 wie nachstehend dargestellt in Anspruch genommen. Anzahl Anrufe Telefontonbandfrequentierung Saison 03/04 1800 1600 1400 1200 1000 800 600 400 200 0 1704 1401 1171 679 583 86 11/03 12/03 01/04 02/04 03/04 04/04 Vergleich mit den Werten der Vorsaison: Telefontonbandfrequentierung Saison 02/03 1600 Anzahl Anrufe 1400 1349 1200 1135 1000 800 600 738 571 400 473 200 0 130 11/02 12/02 01/03 02/03 03/03 04/03 Vergleich der Saisonen 99/00 bis 03/04: Telefontonbandfrequentierung 99/00 bis 03/04 Anzahl Anrufe 9000 8000 7000 8403 6000 5000 4000 3000 5162 5624 5016 4396 2000 1000 0 11-99 bis 04-00 11-00 bis 04-01 11-01 bis 04-02 11-02 bis 04-03 11-03 bis 04-04 Lawinenwarndienst Vorarlberg – Winterbericht 2003/2004 / Juni 2004 / Seite 33 Lawinenereignisse und Lawinenunfälle mit Personenbeteiligung in Vorarlberg in der Wintersaison 2003 / 2004 Tabelle 1 stellt eine kurze Übersicht von bekannt gewordenen Lawinenereignissen und Unfällen mit Personenbeteiligung dar. Die Angaben dazu stammen aus Erhebungen des Lawinenwarndienstes, der Alpingendarmerie, des Österreichischen Bergrettungsdienstes, der WLV oder aus sonstigen Quellen. Tabelle 1: Übersicht der bekannt gewordenen Lawinenereignisse mit einigen spezifischen Angaben Datum Ort Region / Tour Gebirge Auslöseart Expo / ca. Höhe Verschütt. LLB 03.04.2004 Mittelberg Elfer / Wildental Allgäuer A. spontan NE / 2000 m keine 2 13.03.2004 Gargellen Gafierjoch Rätikon 2 Tourengeher / Abfahrt NE / 2300 m 1 P ganz 3 12.03.2004 Tschagguns Aufstieg 3 Türme Rätikon 1 Tourengeher / Aufstieg NNE / 2300 m 1 P teilweise 2 12.03.2004 Tschagguns Aufstieg 3 Türme Rätikon 1 Tourengeher / Aufstieg NNE / 2300 m 1 P teilweise 2 25.02.2004 Brand Leibersteig Rätikon 1 Tourengeher / Aufstieg N / 2600 m 1 P teilweise 2 13.02.2004 Schoppernau Diedamskopf Lechtaler A. spontan S / 1670 m keine 3 30.01.2004 Warth Wartherhorn Lechquellen 1 Schifahrer / Abfahrt NW / 2150 m keine 3 26.01.2004 Schröcken Tannberg Lechquellen spontan NW / 1550 m Dorfabfahrt 3 25.01.2004 Mittelberg Hofstatt Allgäuer A. spontan SE / 1250 m Piste 3 14.01.2004 Zürs a. A. Hexenboden Lechtaler A. 2 Schifahrer bei Querung W-NW / 2180 m 1 P ganz 4 12.01.2004 Lech a. A. Steinmännli Lechtaler A. 1 Snowboarder / Abfahrt 2060 m 1 P ganz 3 12.01.2004 Lech a. A. Oberlech Lechquellen spontan SE / 1510 m Straße 3 08.01.2004 Lech a. A. Schafberg Lechquellen 1 Tourengeher / Aufstieg 2400 m 1 P teilweise 3 08.01.2004 Lech a. A. Zuger Hochlicht Lechquellen 2 Schifahrer / Querung S / 2300 m 2 P teilweise 3 Rätikon 1 Snowboarder / Abfahrt NW / 2080 m keine 2 29.12.2003 Tschagguns Golm LLB: Gefahrenstufe des Lawinenlageberichtes Im vergangenen Winter 2003 / 2004 wurden in Vorarlberg zehn Lawinenunfälle mit 13 beteiligten Personen bekannt (6 Schitourengeher, 5 Schifahrer / Variante; 2 Snowboarder / Variante). Dabei wurden drei Personen ganz, sechs Personen teilweise und vier Personen nicht verschüttet. Neun Personen blieben dabei unverletzt, drei Personen wurden leicht bis schwer verletzt und eine Person wurde dabei getötet. Auch im Nahbereich von Pisten wurden auf Grund von Lawinenabgängen mehrmals Suchaktionen erforderlich. Nachfolgend werden die in der Tabelle angeführten Ereignisse näher beschrieben. Die Unfälle vom 25.2.2004 und 13.3.2004 sind ab Seite 37 etwas ausführlicher dargestellt. 3. April 2004, Lawinenereignis „Elfer“ Wildental / Kleinwalsertal: Eine Schitourengruppe beobachtete unterhalb des „Elferkopfes“ einen Lawinenabgang und eine Person die um Hilfe winkte. Daraufhin wurden gegen 10.15 Uhr die Rettungskräfte alarmiert. Auf Grund dichten Nebels konnte die Flugrettung das vermeintliche Unglücksgebiet nicht näher absuchen. Folglich wurden Bergretter abgesetzt, welche sich zu Fuss bzw. Schiern auf die Suche machten. Widrige Witterungsbedingungen und lokal erhöhte Lawinengefahr verzögerten vorerst die Lawinenwarndienst Vorarlberg – Winterbericht 2003/2004 / Juni 2004 / Seite 34 Bemühungen der Einsatzkräfte. Erst gegen Nachmittag konnte das Gebiet dann abgeflogen werden. Es stellte sich heraus, dass offenbar ein Felsblock mit einer Person verwechselt wurde. Somit wurde durch den Lawinenabgang niemand verletzt bzw. verschüttet. Bei der Lawine handelte es sich um eine Selbstauslösung einer Nassschneelawine aus einem sehr steilen (ca. 40-45 Grad), felsdurchsetzten, nordostexponierten Grashang auf ca. 2000 m Seehöhe. 12. März 2004, Lawinenunfälle Anstieg Richtung „Drei Türme“ / Tschagguns: Ein einzelner Tourengeher löste im Aufstieg in Richtung „Drei Türme“ auf ca. 2300 m ein Schneebrett aus. Er wurde mitgerissen, teilverschüttet und blieb glücklicherweise nach wenigen Metern im Bereich eines Felsens liegen. In Folge konnte er sich selbst aus den Schneemassen befreien und blieb unverletzt. Kurze Zeit später kam es noch vor dem ersten Anbruchbereich zu einer weiteren Auslösung durch einen Schitourengeher. Dieser wurde ca. 30 m mitgerissen und wurde ebenfalls teilverschüttet. Auch er hatte Glück und blieb unverletzt. Bergrettungsleute, die zufällig in der Region unterwegs waren, konnten die Lawinenabgänge beobachten und alarmierten die Rettungskräfte. Kurze Zeit später trafen zwei Hubschrauber mit drei Lawinenhunden und acht Bergrettungsmännern ein. 13. Februar 2004, Lawinenereignis Diedamskopf / Schoppernau: Um die Mittagszeit kam es aus einem steilen Südhang, ca. 1670 m ü. A. zu einer spontanen Nassschneelawine, welche in Folge den Zubringerweg zur Breitenalpbahn verschüttete. Mitarbeiter der Bergbahnen sowie alarmierte Bergrettungsmänner und Lawinenhunde führten rasch eine Sicherheitssuche durch. Es wurde weder jemand verschüttet noch verletzt. 30. Jänner 2004, Lawinenereignis Warther Horn / Warth: In der Abfahrt löste ein Schifahrer gegen 16.00 Uhr im freien Gelände (Wartherhornmulde) ein ca. 30 m breites und 80 m langes Schneebrett aus (NW-Hang, ca. 2150 m ü. A.). Nachdem Mitarbeiter der Skilifte Warth auf den Lawinenabgang aufmerksam wurden und vorerst keine Klarheit hinsichtlich einer eventuellen Verschüttung herschte, erfolgte eine Sicherheitssuche mit Bergrettern, Schilehrern und Mitarbeiter der Bergbahnen. Auch vier Lawinenhunde sowie zwei Hubschrauber waren schnell vor Ort. Die Suchaktion wurde gegen 17.30 Uhr abgebrochen nachdem feststand, dass keine Personen verschüttet wurden. 26. Jänner 2004, Lawinenereignis “Dorfabfahrt” / Schröcken: Gegen 15.30 Uhr löste sich auf ca. 1550 m, in einem 38 Grad steilen Nordwesthang ein ca. 30 m breites Schneebrett, das im Bereich “Bockstein” die Dorfabfahrt Nr. 6 (vom Körbersee Richtung Schröcken) bis zu 1,5 m verschüttete. Mit insgesamt 25 Mann, zwei Hubschraubern und vier Lawinenhunden suchten die Einsatzkräfte der Bergrettung Schröcken-Warth, der Bergbahnen und der Alpingendarmerie das Gelände ab. Nach zweimaliger Sondierung wurde die Suche gegen 17.30 Uhr abgeschlossen. Es wurde niemand verschüttet. 25. Jänner 2004, Lawinenereignis Mittelberg / Kleinwalsertal: Um die Mittagszeit kam es im Nahbereich der Verbindung Maisäßlift und Walmedingerhornbahn zur spontanen Auslösung eines Schneebrettes. Dieses ging auf einem bis zu 40 Grad steilen südostexponierten Grashang bis auf Grund ab. Die Standardabfahrt zur Walmedingerhornbahn war dadurch jedoch nicht betroffen. Da zunächst nicht sicher war, ob eventuell Schifahrer verschüttet wurden, erfolgte eine rasche Kontrollsuche durch 55 Einsatzkräfte des örtlichen Bergrettungsdienstes und auch freiwilligen Helfern. Diese wurden durch zwei Hubschrauber sowie fünf Lawinenhundeführer unterstützt. Der Einsatz konnte nach ca. drei Stunden beendet werden. Es kam niemand zu Schaden. Lawinenwarndienst Vorarlberg – Winterbericht 2003/2004 / Juni 2004 / Seite 35 14. Jänner 2004, Lawinenunfall Hexenboden / Schigebiet Zürs: Drei Schifahrer fuhren von der Bergstation Hexenboden ins freie Gelände. Nachdem der Vorausfahrende auf einer Kuppe wartete, lösten vermutlich die beiden in Abständen nachfahrenden Personen bei der Querung einer steilen west – nordwestexponierten Mulde auf ca. 2180 m, ein Schneebrett aus. Während eine Person rechtzeitig aus den abgleitenden Schneemengen ausfahren konnte, wurde die am Rand der Mulde befindliche Person mitgerissen und ganz verschüttet. Die ca. 40 – 50 cm tief verschüttete Person konnte von den Beteiligten mittels LVS-Gerät rasch geortet und ausgegraben werden. Der alarmierte NAH “Christophorus 8” flog die mittels Tau geborgene und unverletzte Person vom Lawinenkegel auf die darunterliegende Schipiste. Von dort setzten alle drei Beteiligten ihre Abfahrt fort. 12. Jänner 2004, Lawinenunfall “Steinmännli” / Lech a. A.: Eine 8-köpfige Snowboardgruppe fuhr gegen 14.15 Uhr von der Rüfikopf – Bergstation Richtung “Schwarzwandabfahrt” um abermals die dortigen Hänge abzufahren. Dabei löste die drittletzte Person auf ca. 2060 m ü. A. bei der Querung in den noch unverspurten Bereich ein Schneebrett aus und wurde ca. 50 bis 70 m mitgerissen und ca. 1,5 m tief verschüttet. Der Verschüttete konnte rasch von seinen Kollegen geortet und ausgegraben und beatmet werden. In der Folge wurde der leicht Verletzte mit dem Hubschrauber “Gallus 1” ins Krankenhaus Bludenz geflogen. 12. Jänner 2004, Lawinenereignis Oberlech / Lech a. A.: Gegen 21.20 Uhr wurde im Bereich „Lehmeggli“ der Gemeinde Lech die dortige Strasse auf eine Länge von ca. 25 m und eine Höhe von ca. 4 m verschüttet. Das Schneebrett löste sich spontan infolge Erwärmung und leichtem Regen aus einem Südosthang auf ca. 1250 m Seehöhe. Der Lawinenkegel wurde von der örtlichen Bergrettung und einem Lawinenhund abgesucht. Es kam weder zu Sach- noch zu Personenschäden. 8. Jänner 2004, Lawinenunfall „Unterer Schafberg“ / Lech a. A.: Beim Aufstieg mit Tourenschiern vom Stierlochjoch in Richtung Mehlsack löste der Vorausgehende einer Dreiergruppe gegen 13.00 Uhr auf ca. 2400 m ein Schneebrett aus. Er wurde ca. 100 m mitgerissen und dabei leicht bzw. teilweise verschüttet. Er konnte sich selbst befreien und wurde auf Grund einer Knieverletzung (Kreuzbandriss) später mit dem Hubschrauber „Gallus 1“ abtransportiert. 8. Jänner 2004, Lawinenunfall „Zuger Hochlicht“ / Lech a. A.: Zwei Schifahrer querten gegen 12.30 Uhr im Bereich der Bergstation Steinmähder, auf ca. 2300 m einen südexponierten Steilhang und lösten dabei ein Schneebrett aus. Beide wurden ca. 160 m mitgerissen und teilverschüttet. Während sich eine Person selbst befreien konnte, steckte die zweite Person bis zum Hals in den Schneemassen. Sie wurde jedoch vom Mitbeteiligten ausgegraben. Glücklicherweise kamen beide mit dem Schrecken davon. Eine eingeleitete Suchaktion konnte somit bald wieder beendet werden. 29. Dezember 2003, Lawinenereignis Golm / Tschagguns: Gegen 13.00 Uhr kam es zwischen der Bergstation der Hüttenkopfbahn und dem Golmerjoch zu einem Schneebrettabgang. Dadurch wurde der Verbindungsweg zum Aussergolm verschüttet. Vermutlich wurde die Lawine durch einen Snowboarder, welcher trotz Absperrung im obersten Hangbereich einfuhr, ausgelöst. Da nicht ausgeschlossen werden konnte, dass sich Skifahrer auf dem darunterliegenden Skiweg (Piste 5) befanden und Augenzeugen “etwas Gelbes” während dem Lawinenabgang beobachtet hatten, wurde der Lawinenkegel fast drei Stunden lang nach möglichen Verschütteten abgesucht. Insgesamt waren rund 80 Helfer und fünf Lawinenhundeteams des ÖBRD bei der Suchaktion im Einsatz. Die Suche wurde gegen 15.30 Uhr abgebrochen. Es kam niemand Lawinenwarndienst Vorarlberg – Winterbericht 2003/2004 / Juni 2004 / Seite 36 zu Schaden. Das “etwas Gelbe” stellte sich später als Absperrtafel heraus. Sie wurde von den Schneemassen mitgerissen. Bericht zum Lawinenunfall am „Leibersteig“ / Brand vom 25. Februar 2004 Unfallhergang: Am 25.2.2004 gegen 12.00 Uhr stieg ein Tourengeher alleine von Brand durch das Zalimtal Richtung Oberzalimhütte auf. Anschließend ging er von der Oberzalimhütte, teils zu Fuß und teils mit Schiern und Harscheisen in einer steilen, nordexponierten Rinne Richtung Mannheimerhütte. Etwa 10 m unterhalb des Grates zum Brandner Gletscher, auf knapp 2600 m, löste er ein kleines, ca. 7 – 8 Meter breites Schneebrett aus. Der Tourengeher wurde von der Lawine mitgerissen und stürzte über steil abfallendes, felsdurchsetztes Gelände ca. 360 Meter in die Tiefe und blieb etwa 60 m unterhalb des Wandfußes schwer verletzt liegen. Zwei weitere Tourengeher haben den Absturz von der Oberzalimhütte beobachtet. Sie verständigten unmittelbar nach dem Unfall mittels Handy die Rettungskräfte. Einer der Tourengeher stieg sofort zur Unfallstelle auf. Der abgestürzte Tourengeher wäre aufgrund seiner Verletzungen nicht mehr in der Lage gewesen, die Rettungskräfte zu verständigen. Der Verletzte konnte ca. 30 Minuten nach dem Absturz an der Unfallstelle durch den Notarzt erstversorgt und anschließend mittels Taubergung zum Zwischenlandeplatz geflogen werden. Der Tourengeher erlitt bei dem Absturz schwere Verletzungen und musste sechs Tage auf der Intensivstation und anschließend weitere 19 Tage im LKH Feldkirch verbringen. Gefahrenbeurteilung des Lawinenwarndienstes am Unfalltag: Auszug aus dem Lagebericht vom 25.2.2004: „..Es besteht verbreitet eine mäßige Lawinengefahr – Stufe 2. Gefahrenstellen finden sich dabei besonders oberhalb ca. 1800 m, bevorzugt in südwest bis nordostexponierten Steilhängen. Besonders zu beachten sind dabei alte Triebschneeablagerungen welche nun von frischem Schnee überdeckt werden und bevorzugt hinter Geländerücken und Kämmen, sowie in Rinnen und Mulden anzutreffen sind. Diese sind störanfällig und Schneebrettauslösungen können in solchen Bereichen bei großer Zusatzbelastung ausgelöst werden. In hochalpinen Kammlagen und extremen Steilhängen ist die Lawinengefahr noch etwas kritischer einzuschätzen.“ Bemerkung: Beim Unfallgelände handelt es sich um relativ selten begangenes, extremes und felsdurchsetztes Steilgelände. Gerade im sehr steilen Ausstiegsbereich wird bei entsprechender Windtätigkeit über die relativ flache Gletscherfläche die Triebschneebildung begünstigt. Obwohl das eigentliche Schneebrett verhältnismäßig klein war konnte es den Tourengeher mitreißen. In diesem Gelände führte dies natürlich zu einem hohen Absturz bis in das schneebedeckte Kar unterhalb des Wandfußes. Trotz der recht schweren Verletzungen hatte der Verunglückte einen gnädigen Schutzengel. Quelle: - Informationen des ÖBRD und der Gendarmerie / Flugretter - Fotos & Graphiken: Insp. Karl Schuchter / Gendarmerie Lawinenwarndienst Vorarlberg – Winterbericht 2003/2004 / Juni 2004 / Seite 37 Brandner Gletscher Bild oben und unten: Übersicht mit ca. Aufstiegsspur, Auslösebereich und Absturzbereich ca. Aufstiegsroute ca. Absturzlinie Bericht zum Lawinenunfall am Gafierjoch / Gargellen vom 13. März 2004 Unfallhergang: Am 13.3.04 gegen 10.15 Uhr fuhren zwei Tourengeher (Vater und Tochter) über das Gafierjoch kommend Richtung Schigebiet Gargellen ab. Beim ersten Übergang in den Steilhang löste vermutlich der vorausfahrende Vater im konvexen Nordosthang ein Schneebrett aus. Sowohl er als auch seine ca. 10 m hinter ihm fahrende Tochter wurden sodann von den Schneemassen mitgerissen. Während der Vater ganz verschüttet wurde Lawinenwarndienst Vorarlberg – Winterbericht 2003/2004 / Juni 2004 / Seite 38 (ca. 70 cm), konnte sich die Tochter mit Glück auf einer grösseren Schneescholle halten. Sie entging dadurch einer Verschüttung und konnte kurze Zeit später per Mobiltelefon und Euronotruf Hilfe anfordern. Der Vater konnte von den Einsatzkräften rasch per LVS-Gerät und Lawinenhund geortet und gegen 11.10 Uhr ausgegraben werden. Trotz intensivsten Reanimationsbemühungen kam für den Verschütteten jede Hilfe zu spät. Er starb an inneren Verletzungen durch die mechanischen Belastungen der recht grossen Schneeschollen. Beide Personen waren mit Schaufel, Sonde und LVS-Gerät ausgerüstet. Angaben zur Lawine: Art der Lawine: trockenes Schneebrett Anrisshöhe: ca. 25 – 70 cm Länge: ca. 200 m, Breite ca. 50 m; Anrissbereich: Frischer, spröder Triebschnee mit Zwischenschicht (vermutlich Oberflächenreif) Sturzbahn: flächig und muldenförmig Ablagerungsbereich: flache Mulde mit Staubereich auf Stirnseite Ablagerungen: harte Schollen mit teilweise mehr als 2 m² und bis zu 70 cm Dicke Angaben zum Gelände: Höhenlage ca. 2300 m; eingewehter, konvexer Nordosthang; Neigung im Einfahrtsbereich 34 Grad, steilste Stelle im unmittelbaren Abfahrtsbereich 38 Grad; Gefahrenstufe des Lawinenlageberichtes am Unfalltag: „erheblich – Stufe 3“ Auszug aus dem Lagebericht: „…..Oberhalb ca. 2000 m sind durch kräftige Winde aus südlichen Richtungen mit stürmischen Böen besonders in steilen Schattenhängen und Kammlagen neben älteren, überdeckten Triebschneepaketen auch neue störanfällige Triebschneeablagerungen entstanden und zu beachten. …Besonders in kammnahen, triebschneebeladenen Steilhängen und eingewehten Mulden oberhalb etwa 1800 m ist eine erhebliche Lawinengefahr - Stufe 3 zu beachten. Kritisch sind weiterhin hochalpine Steilhänge in der Silvretta und im Rätikon, wo der Neuschneezuwachs in den letzten Tagen von zusammen 40 bis 70 cm nur eine geringe Bindung zur Altschneedecke aufweist. Hier können Lawinen bereits durch geringe Zusatzlast ausgelöst werden.“ Bemerkung: Beim Unfallgelände handelt es sich um eine Standardtour. Auf Grund der Passlage und Geländeformation wurde die Triebschneebildung begünstigt. Wie das Unglück gezeigt hat, kann bei ungünstigen Bedingungen (stürmischer Wind, starke Verfrachtung, ungünstige Altschneedecke und Zwischenschicht) auch eine bekannte Standardtour zur Falle werden, in welche der Verunglückte leider hineingetappt ist. Quelle: - Lokalaugenschein vom 14.3.2004 mit Insp. Roland Mattle / Gendarmerie - Informationen des Einsatzleiters Josef Braunger / Bergrettungsdienst - Fotos & Graphiken: Andreas Pecl / Lawinenwarndienst Lawinenwarndienst Vorarlberg – Winterbericht 2003/2004 / Juni 2004 / Seite 39 A V Übersichtsfoto vom 14.3.2004 mit Auslösebereich (A) und Verschüttungsstelle (V) E V Unfalllawine mit ca. Umriss, Einfahrtsbereich (E) und Verschüttungsstelle (V) Lawinenwarndienst Vorarlberg – Winterbericht 2003/2004 / Juni 2004 / Seite 40 E ca. 34 ° A ca. 38 ° Einfahrtsstelle (E) und vermutlicher Auslösebereich (A) V Bild oben und unten: Auslauf- und Ablagerungsbereich mit Auffindestelle (V) und Triebschneeschollen Lawinenwarndienst Vorarlberg – Winterbericht 2003/2004 / Juni 2004 / Seite 41 Anbei finden sich einige Auswertungen, welche die Relation zu vorangegangenen Wintern aufzeigen. Lawinentote in Vorarlberg Winter 72/73 bis 03/04 14 12 12 Anzahl 10 8 7 6 5 4 4 4 3 5 4 4 3 3 4 4 3 3 3 3 2 2 1 2 1 11 0 1 3 2 2 1 1 0 0 200 2/0 3 200 0/0 1 199 8/9 9 199 6/9 7 199 4/9 5 199 2/9 3 199 0/9 1 198 8/8 9 198 6/8 7 198 4/8 5 198 2/8 3 198 0/8 1 197 8/7 9 197 6/7 7 197 4/7 5 197 2/7 3 0 Im Vergleich mit vorangegangenen Jahren liegt Vorarlberg in der heurigen Saison 03/04 mit einem Lawinentoten unter dem langjährigen Durchschnittswert. Das arithmetische Mittel liegt seit der Saison 1972 / 1973 bei drei Todesopfern pro Jahr. Österreichweit sind in der vergangenen Wintersaison bei Lawinenunfällen insgesamt 8 Personen ums Leben gekommen (Vlbg: 1; T: 3, Stmk: 2, Ktn: 2). Lawinentote Österreich Wintersaison 1981/82 bis 2003/04 60 Anzahl Todesopfer 50 40 30 50 40 20 43 37 36 33 39 37 34 31 27 23 10 23 20 14 22 19 15 14 12 11 9 8 03 /04 02 /03 01 /02 00 /01 99 /00 98 /99 97 /98 96 /97 95 /96 94 /95 93 /94 92 /93 91 /92 89 /90 90 /91 88 /89 87 /88 86 /87 85 /86 84 /85 83 /84 82 /83 81 /82 0 Winter Der Winter 2003/04 forderte in Österreich acht Todesopfer – ein Wert der seit über 20 Jahren nicht erreicht wurde und wahrscheinlich mehrere, vorerst nicht genau zuzuordnende Gründe hat. Lawinenwarndienst Vorarlberg – Winterbericht 2003/2004 / Juni 2004 / Seite 42 Auswertung von Lawinenunfällen in Vorarlberg Winter 1990/1991 bis 1999/2000 Folgende Unfallauswertung beinhaltet den Zeitraum Winter 90/91 bis Winter 99/00 und umfasst insgesamt 62 gemeldete bzw. bekannt gewordene Lawinenunfälle mit Personenbeteiligung. Lawinenunfälle 90/91 - 99/00 (62 gemeldete bzw. bekannt gewordene) 40 196 35 200 41 30 122 150 100 50 61 40 Anzahl Personen 250 Lawinenunfälle 90/91 - 99/00 45 21 25 20 28 26 15 21 10 0 Personen betroffen tatsächlich erfasst nicht verletzt verletzt 5 getötet 6 0 selbst Folgen Kameraden Augenzeugen Bergrettung keine Angabe Art der Rettung bzw. Befreiung Lawinenunfälle 90/91 - 99/00 Anzahl Personen 50 Aus diesen Fakten lassen sich nachstehende Tendenzen ableiten bzw. Schlüsse ziehen: 40 47 41 30 20 24 10 10 0 ganz teilweise keine Verschüttung keine genauen Angaben Erfassungsort: VARIANTENGELÄNDE: Der Anteil der Variantenfahrer (Schi- und Snowboard) ist mit annähernd 60 % am höchsten. TOURENGELÄNDE: Die Schitourengänger haben einen Anteil von 23 %. STRASSEN: Nur 6 % wurden auf Straßen erfasst. FREIES GELÄNDE: Im freien Gelände, d.h. auf Wanderungen oder beim Spielen hinter dem Haus, wurden 5 % von einem Lawinenabgang betroffen. ANDERES: Darunter fällt mit einem Anteil von 6 %, ein Unfall auf einer gesperrten Schiroute, ein Unglück auf einer Rodelbahn (Straße) und ein Lawinenabgang auf ein Gebäude. In Einzelfällen weicht der Erfassungsort vom Ort der Auslösung der Lawine ab. Hier beziehen sich die Angaben in der Statistik auf den Erfassungsort. Lawinenunfälle nach Erfassungsort 90/91 bis 99/00 6% 6% 5% 23% Variante 60% Tour freies Gelände Strasse anderes Lawinenwarndienst Vorarlberg – Winterbericht 2003/2004 / Juni 2004 / Seite 43 Erfasste Personengruppe – Snowboarder und Schifahrer: Mit insgesamt zunehmender Anzahl an Wintersportlern erhöhte sich im Laufe der Jahre die auch die Zahl an Varianten- und Tourenfahrern. Die erhöhte Frequentierung von ungesicherten Bereichen äußert sich dort in einer steigenden Zahl an Lawinenunfällen. Dass diese jedoch nicht proportional ansteigen ist wiederum Resultat aus verbesserten Schutzmaßnahmen und Warnsystemen. Das Verhältnis der Unfälle Variantenabfahrten zu Schitouren hat sich geändert. In den letzten Jahren nahm die Zahl der Lawinenunglücke beim Tourengehen ab. Dies kann als Folge verbesserter Ausrüstung, Akzeptanz und Beachtung von Warnungen, erhöhtes Risikobewusstsein und erfolgreicher Bewusstseinsbildung im Rahmen von Schulungen und Ausbildungen angesehen werden. Demgegenüber sind Personenschäden bei Variantenfahrern gestiegen. Diese sind öfters leider nur mangelhaft ausgerüstet und missachten Warnungen eher. Die vielfache Behauptung, dass Snowboardfahrer die größte Risikogruppe darstellen ist nicht belegt. Stellt man bei den Lawinenunfällen bei Variantenfa hrten die Schifahrer den Snowboardern gegenüber, so sind etwa ¾ der Unfälle auf Schifahrer zurückzuführen. Lawinenauslösung durch Schi- bzw. Snowboardfahrer 90/91 bis 99/00 Anzahl der Unfälle 30 25 20 15 10 5 0 Snowboard Schi (Anzahl von 35 Unfällen beim Variantenfahren) Obige Graphik ist dahingehend zu relativieren, dass der Anteil der Snowboardfahrer erst Mitte der 90er Jahre stark zugenommen hat. Dies spiegelt sich in einem Zeitreihenvergleich wider. Es wird deutlich, dass vor Mitte der 90er Jahre der Anteil der Snowboarder zu vernachlässigen ist – es wurde nur ein Unfall bekannt. Ab dem Winter 1995/1996 bis heute hat sich der Anteil auf mehr als 1/3 erhöht. Anzahl der Unfälle Verhältnis Schi- zu Snowboardfahrern als Auslöser von Lawinen 6 5 4 3 2 1 0 90/91 91/92 92/93 93/94 94/95 95/96 96/97 97/98 98/99 99/00 Auswertung von 35 Unfällen beim Variantenfahren Snowboard Schi Lawinenwarndienst Vorarlberg – Winterbericht 2003/2004 / Juni 2004 / Seite 44 Anzahlmäßig liegen die Snowboardfahrer zwar weiterhin hinter den Schifahrern, e j doch muss dieses im Hinblick auf die Relation Anzahl Schifahrer/Anzahl Snowboarder bei Variantenabfahrten insgesamt interpretiert werden. Hangrichtung/Expositionen: Die Auswertung der Unfälle nach Hangrichtungen ergab einen prozentualen Anteil von 62 % auf nördliche (NW-NE)und 18 % auf südliche (SO-SW) Richtungen, 10 % entfallen auf die Exposition West und 10 % auf Ost. Lawinenunfälle nach Hangexposition 90/91 - 99/00 SO 5 SW 13 W 10 O 10 NW 5 NO 21 N 36 0 5 10 15 20 25 30 35 40 in Prozent ( Auswertung von 39 Ereignissen) Die Angaben decken sich gut mit einer Studie aus der Schweiz. Hier entfiel ein Anteil von 59 % auf nördliche Richtungen, 18 % auf südliche, 8 % auf West und 15 % auf Ost. Der hohe Anteil der nördlichen Expositionen ist auf einen allgemein meist schlechteren Schneedeckenaufbau zurückzuführen. Die Schneedecke kann sich hier durch die geringere Sonneneinstrahlung nur langsam setzten und verfestigen. Die fehlende Sonneneinstrahlung verzögert den Abbau von Oberflächenreifschichten, sodass solche bei erneutem Einschneien potentielle Schwachschichten darstellen. Zudem wird durch einen großen Temperaturgradienten zwischen Boden und Luft die Bildung von Schwimmschnee oder kantigen Schneekristallen innerhalb der Schneedecke gefördert – oftmals weitere, heikle Gleithorizonte. Eine Schwächung der Schneedecke in südlichen Expositionen tritt vor allem im Frühling durch die verstärkte Einstrahlung auf. Nassschneelawinen sind in diesen Expositionen charakteristisch. → schattige Steilhänge im Sektor Nord (NW-N-NE) sind am gefährlichsten Neigung: Die Hangneigung stellt wohl eine Schlüsselgröße dar. Sie konnte jedoch wurde statistisch nicht ausgewertet, da bei über der Hälfte der Unfälle eine Angabe zu diesem Parameter fehlte und somit insgesamt keine repräsentativen Werte vorliegen. Betrachtet man allerdings die Angaben, welche vorliegen, wies das Anrissgebiet immer eine Neigung von über 30°, in den meisten Fällen sogar über 40° auf. → die Lawinenauslösewahrscheinlichkeit steigt mit zunehmender Hangneigung Auslösungsart: Die meisten Lawinenopfer lösten „ihre Lawine“ selber – d.h. durch ihre Zusatzbelastung – aus. Dies meist in schattigen, kammnahen Rinnen und Mulden sowie an extremen Steilhängen. Lawinenwarndienst Vorarlberg – Winterbericht 2003/2004 / Juni 2004 / Seite 45 Vorherrschende Gefahrenstufen laut Lawinenlagebericht: Die Einteilung der Unfälle nach den jeweiligen Gefahrenstufen des Lawinenlageberichtes ergibt einen Anteil von 61 % bei der Stufe 3, 21 % bei der Stufe 4, 13 % bei der Stufe 2, 3 % bei der Stufe 5 und 2 % bei der Stufe 1 (siehe Graphik unten). Gefahrenstufenverteilung (Unfallstatistik der 90iger Jahre) 3% 2% 13% 21% 61% Stufe 1 Stufe 2 Stufe 3 Stufe 4 Stufe 5 Unter anderem muss man diese Aufstellung im Hinblick auf die Gefahrenstufenverteilung sehen (siehe Graphiken Seite 23). So wurde die Gefahrenstufe 5 vom Winter 93/94 (Einführung der einheitlichen europäischen Gefahrenstufen) bis Winter 02/03 nur an knapp 1 %, Stufe 4 an 8 %, Stufe 3 an 36 %, Stufe 2 an 44 % und Stufe 1 an 11 % der Tage herausgegeben. Zudem spielt die Stabilität der Schneedecke bzw. das Schwachstellenpotential und das menschliche Einschätzungsvermögen (Risiko bzw. Gefahrenbewusstsein) eine weitere Rolle. Sind bei den Stufen 4 und 5 Anzeichen von Gefahren recht offensichtlich, wie z.B. extreme Neuschneesummen und hohe Windgeschwindigkeiten, ist bei den Stufen 2 und 3 eine Beurteilung relativ schwieriger. Vielmals fehlen dabei offensichtliche bzw. typische Gefahrenzeichen. Das tatsächlich vorhandene Schwachstellenpotential wird somit häufig unterschätzt, da oft günstigere Anzeichen der Stabilität der Schneedecke überwiegen. Der Durchschnitt der Lawinenopfer pro Winter liegt in Vorarlberg seit dem Winter 1972/73 bis 2002/03 bei drei. In den 90er Jahren lag der Wert im Schnitt bei 2 Lawinentoten; einzeln betrachtet lag nur der Winter 1995/1996 mit 4 Personen knapp darüber. Im Extremwinter 1998/1999 kamen zwei Personen in einer Lawine ums Leben. Diese löste sich spontan und erfasste die Verunglückten in einem Gebäude. Die Zahl der durch Wintersportler ausgelösten Lawinen während der Extremsituation war verhältnismäßig gering, was u. a. auch auf ein sensibilisiertes bzw. erhöhtes Gefahrenbewusstsein aufgrund der eindringlichen Warnungen zu solchen Zeiten zurückgeführt werden kann. Betrachtet man die Entwicklung der Lawinentoten in Vorarlberg (siehe Graphik Seite 42 oben) wird ersichtlich, dass die Anzahl der Todesopfer dank vielseitiger Bemühungen insgesamt leicht rückläufig ist. In Vorarlberg ist diese Entwicklung durch besonderes Engagement der alpinen Vereine, des Bergführerverbandes, der „Initiative Sichere Gemeinden“, der Safety-Camps für Freerider und Snowboarder, des Lawinenwarndienstes und der Wildbach- und Lawinenverbauung, des Bergrettungsdienstes sowie sonstiger Sicherungspflichtiger besonders erfreulich. Quelle: Lawinenwarndienst Vorarlberg: Antonia Zeidler / Hermann Wirth / Andreas Pecl Lawinenwarndienst Vorarlberg – Winterbericht 2003/2004 / Juni 2004 / Seite 46 Unter www.vorarlberg.at/lawine finden sich täglich aktuelle Informationen zur Schnee- und Lawinensituation in Vorarlberg und natürlich weitere Angebote und Serviceleistungen. • Aktueller Lawinenlagebericht • Gefahrenkarte • Messstellen • Glossar / Interpretationshilfe • Lageberichtarchiv • Informationen zu Lawinenereignissen • Winterberichte • Aufgaben und Arbeitsweise des Lawinenwarndienstes • NEWS • Veranstaltungshinweise • Links zu weiteren Informationsquellen Der Lawinenlagebericht kann auch per Email oder Fax bezogen, und über das Telefontonband (05522-1588) rund um die Uhr abgehört werden. Lawinenwarndienst Vorarlberg – Winterbericht 2003/2004 / Juni 2004 / Seite 47 Amt der Vorarlberger Landesregierung Landeswarnzentrale – LAWINENWARNDIENST / Ing. Andreas Pecl Landhaus A-6901 Bregenz Tel: #43(0)5574/511-0 Fax: DW 21195 E-Mail: [email protected]