Basiswissen Süssungsmittel - BioHandel

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Basiswissen Süssungsmittel - BioHandel
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Basiswissen SüSSungsmittel
Zucker und Sirupe
Vom Agavendicksaft über den Rohrohrzucker bis zum Zuckerrübensirup – die Naturkostbranche stellt sie alle bereit.
Alternative Süßungsmittel bieten mehr als die pure Süße, jedes birgt sein individuelles Aroma. In unserer JuliAusgabe war ausführlich von den Honigen die Rede. Hier stellen wir die anderen vor – von A bis Z. // Gudrun Ambros
Das Besondere an Bio
Wer im Naturkostladen einkauft, schätzt sicherlich zuallererst
die Vielfalt und die Geschmacksvarianten der dort angebotenen Süßungsmittel. Ihre Rohstoffe stammen aus kontrolliert
biologischem Anbau und sie zeichnen sich durch schonende
Verarbeitung aus. Ein Gutteil der Süßungsmittel stammt aus
Entwicklungsländern; Biobauern erzielen dort bessere Preise
und faire und zuverlässige Abnahmebedingungen.
Süßungsmittel im Naturkostladen punkten darüber hinaus
mit ihrer Naturbelassenheit: Im Vergleich zu Weißzucker
durchlaufen alternative Süßungsmittel deutlich weniger
Verarbeitungsschritte, und so kommt es, dass die Alternativen unterschiedliche Geschmacksrichtungen anbieten und
darüber hinaus noch eine gewisse Menge an Mineralstoffen
und hitzeresistenten Vitaminen mitbringen.
©iStockphoto
Manchmal ist es gerade der Mangel, der eine besonders große
Vielfalt hervorbringt. Die Zeiten, in denen die Naturkostbranche nur
Honig und Dicksäfte als Süßungsmittel anbot, sind längst passe. Damals waren Honig und Dicksäfte die einzigen Alternativen zu Weißzucker, der als Inbegriff für stark verarbeitete Nahrungsmittel galt
und damit tabu war. Die Pioniere der Biobranche suchten und fanden
zahlreiche Süßungsmittel, die weniger verarbeitet sind, dafür aber
gerne ihre charakteristischen Eigenheiten zur Verfügung stellen. Heute
bietet die Branche nicht nur die Alternativen an, sondern die gesamte
Bandbreite: Dicksäfte aus Früchten genauso wie hellen Bio-Kristallzucker. Damit erreicht sie die größtmögliche Bandbreite an Kunden:
Solche, die sich noch dem Vollwertanspruch nahe fühlen und andere,
die eher die moderne Genießerklientel vertreten, gleichzeitig aber
nachhaltige Landwirtschaft und fairen Handel unterstützen wollen.
-- Rohrzucker präsentiert sich in verschiedenen Verarbeitungsstufen. Vollrohrzucker ist gekochter, getrockneter und gemahlener Zuckerrohrsaft. Das hellbraune bis hellgraue Pulver schmeckt
nach Karamell und Malz. Seine Süßkraft ist etwas schwächer als
die des Weißzuckers. Drei Prozent Mineralstoffe stecken noch in
ihm. Rohrohrzucker entsteht, wenn eingekochter Zuckerrohrsaft
mit Kristallen geimpft wird. Eine Zentrifuge trennt die Zuckerkristalle von der Melasse ab. In ihnen stecken 98 Prozent Zuckerstoffe.
Um Roh- bzw. Rohrzucker zu erhalten, müssen die bräunlichen
Kristalle nochmals in Wasser gelöst und gereinigt, dann eingedickt
und wieder mit Kristallen geimpft werden. Übrig bleiben 99,6
Prozent Zuckergehalt. – Zum Vergleich: Konventioneller Weißzucker enthält 99,9 Prozent Zucker. – Rohrohrzucker bewahrt einen
leichten Karamellgeschmack, Rohrzucker ist einfach nur süß. Vom
Nährwert her unterscheiden sich beide Zucker kaum. Kunden, die
Bio-Rohrzucker kaufen, unterstützen den Anbau in Entwicklungsländern.
-- Rübenzucker: Beim Dämpfen von Bio-Zuckerrüben tritt zuckriger
Saft aus, der gereinigt und eingedickt wird. Eine Zentrifuge trennt
die Zuckerkristalle ab. Die Rohrüben-Zuckerkristalle werden gewaschen, noch einmal aufgelöst, eingedickt und zentrifugiert, so oft,
bis auch störender Beigeschmack verschwunden ist. Bio-Rübenzucker ist praktisch gleich wertvoll wie Bio-Rohrzucker, auch vom
Rohrohrzucker trennt ihn nur ein kleiner Schritt. Er schmeckt mild
neutral und bringt 100 Prozent Süßkraft. Wer Rübenzucker kauft,
fördert heimische Bio-Bauern und unterstützt kurze Transportwege.
-- Würfelzucker wurde mit Wasser befeuchtet und gepresst, Puderzucker ist staubfein vermahlener Kristallzucker. Bio-Gelierzucker
besteht aus Rohrohrzucker und Apfelpektin. Das Pektin lässt Früch- >
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> te oder Fruchtsaft beim Einkochen gelieren. Konventionelle Gelierzucker enthalten oft ein Konservierungsmittel.
-- Zuckerrübensirup/Rübenkraut ist der eingedickte Saft der Zuckerrübe. Die Rüben werden gedämpft, dann ausgepresst. Unter
Hitzeeinwirkung und in Vakuum verliert der Saft Feuchtigkeit. Rübensirup ist sehr dunkel gefärbt, extrem zähflüssig und entwickelt
ein kräftiges Aroma mit leichten Röst-Anklängen. Er süßt würzigen
Teig und lässt sich gut aufs Brot oder auf Pfannkuchen streichen.
-- Ahornsirup: Ahornsaft tropft im Frühjahr aus angezapften Ahornbäumen. In Verdampfungsanlagen konzentrieren 40 Liter Saft zu
einem Liter Sirup. Je heller der Sirup, desto milder sein Aroma. Der
Naturkostfachhandel hat in der Regel mildere Qualität vom Grad A
oder die kräftigere, dunkle C-Qualität im Angebot. Über Vanilleeis
gegossen, auf Waffeln oder Pfannkuchen entwickelt sich sein karamellartiges Aroma besonders gut.
-- Agavendicksaft: Werden die fleischigen Sprossen der Agavenpflanze angeritzt, spenden sie dickflüssigen goldgelben Saft, der
nur noch eingedampft werden muss. Wegen seines hohen Fructosegehalts ist Agavendicksaft als Süßungsmittel für Diabetiker interessant, denn Fructose kann der Körper verarbeiten ohne Insulin
ausschütten zu müssen. 70 Gramm des Dicksafts süßen so stark wie
100 Gramm Weißzucker. Zudem liefert der Dicksaft weniger Kalorien.
Das Aroma des honigfarbenen Saftkonzentrats ist mild, seine Konsistenz sirupartig. Es süßt besonders gut alles Flüssige und Cremige:
Desserts, Joghurt, Getränke, Fruchtaufstriche.
-- Apfel-, Birnendicksaft: Saft aus sieben bis neun Kilo Bio-Äpfeln
oder -Birnen ergibt, unter Vakuum eingedickt, einen Liter Dicksaft.
Der bringt fast die gleiche Süßkraft wie Weißzucker. Mit seinem
fein-fruchtigen Geschmack eignet er sich besonders zum Süßen
fruchtiger Desserts, Getränke und Marmeladen, aber auch von Dressings. Fruchtdicksaft ist dickflüssig und rötlich-braun gefärbt.
-- Reissirup, Dinkelsirup: Das Getreide wird vermahlen, mit
Wasser vermengt und gekocht. Natürliche Enzyme werden zugegeben. Sie knacken die Stärke und zerteilen sie in Zuckerstoffe.
Es entsteht eine süße Flüssigkeit, die zu Sirup eingedampft wird.
Reissirup ist bräunlich, rötlich oder gelblich gefärbt. Er
schmeckt mild und leicht nussartig und süßt nicht so stark wie
Zucker. Die enthaltenen 21 Prozent Mehrfachzucker werden im
Körper langsamer verstoffwechselt und halten deswegen länger
satt. Reissirup ist glutenfrei.
-- Apfel-, Birnenkraut: Bis zu sieben Kilo Früchte ergeben in der
Bio-Branche ein Kilo Apfel- oder Birnenkraut. Gesetzlich vorgeschrieben wären zwischen 2,7 und 4,2 Kilogramm. Das Obst wird
Das wollen Kunden wissen
Ist Bio-Zucker gesünder? Viele Kunden glauben es, aber das
stimmt so nicht. Selbst bei Vollrohrzucker liegt der Zucker­
anteil bei über 90 Prozent. Auch Bio-Zucker und die anderen
alternativen Süßungsmittel liefern viel Energie, sättigen vergleichsweise kurz und fördern Karies. Aber: Süßes rundet Aromen ab, hebt den Fruchtgeschmack und macht Gebäck braun,
knusprig und aromatisch. Nebenbei hilft Zucker Früchte und
andere Lebensmittel zu konservieren. Zu den Vorteilen von
Bio-Zucker vgl. Kasten „Das Besondere an Bio.“
Manche erkundigen sich auch nach dem Unterschied zwischen Rüben- und Rohrzucker. Vielen ist der Rübenzucker suspekt, weil sie ihn mit dem stark raffinierten konventionellen
Weißzucker gleichsetzen. Zwei Argumente sprechen dennoch
für Bio-Rübenzucker: Die Zuckerrüben wurden umweltschonend angebaut. Und Rübenzucker hat vergleichsweise kurze
Transportwege hinter sich.
gekocht, sein Saft herausgepresst und unter Hitze eingedickt. Die
Süßkraft des dunklen Krauts kommt nicht an die von Weißzucker
heran. Dafür bietet es fruchtig-feinsäuerliches Aroma. Birnen machen das Kraut milder.
-- Reismalz, Gerstenmalz: Gekeimte Gerste produziert Enzyme, die
Stärke zu Zucker umbauen. So entsteht Gerstenmalz. Um Reismalz
herzustellen, kommt zum Vollkornreis gekeimte Gerste. Reismalz
schmeckt nussig-karamellartig und ist nicht glutenfrei. Gerstenmalz
entwickelt Karamellaroma. Beide Malze sind dunkel und zähflüssig
und aromatisieren Gebäck genauso wie Saucen und herzhafte Gerichte. Aufs Brot gestrichen schmecken sie auch.
[ Präsentation ] Das Angebot an Süßungsmitteln ist im Naturkostladen so umfang- und variationsreich, dass ihm ein eigener Regalbereich gebührt, am besten in Nachbarschaft zu den Backzutaten.
Nach Zuckerrüben- und Ahornsirup, Apfel- und Birnenkraut suchen
Kunden allerdings zuerst bei den süßen Brotaufstrichen.
[ Lagerung ] Kühl und trocken gelagert hält sich Zucker fast unbegrenzt. Wichtig ist, ihn von starken Gerüchen fernzuhalten. Sirup,
Dicksäfte und Malz benötigen kühle Lagerung und Lichtschutz. Sie
halten sich lange, aber nicht unbegrenzt. <
©Fotos: Fotolia
Alternative Süßungsmittel bieten
eine Vielfalt an Aromen. Ahornsirup
passt geschmacklich gut zu Pfannkuchen, Rübenkraut zu Roggenbrot,
Vollrohrzucker zum Kaffee oder
Schwarztee.
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