Schnitt im Schritt – ein neuer Krieg gegen Weiblichkeit!

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Schnitt im Schritt – ein neuer Krieg gegen Weiblichkeit!
Schnitt im Schritt – ein neuer Krieg gegen Weiblichkeit!
Die Normierung der Vulva ist auch in Deutschland in vollem Gange.
Autor: am: 18. Jul 2012
Gesundheit und Ernährung
Schnitt im Schritt – ein neuer Krieg gegen Weiblichkeit!
Unter dem Schlagwort „Designer-Vagina“ hat die chirurgische „Verschönerung“ der weiblichen Genitalien ein
beachtliches Medienecho gefunden und erfreut sich zunehmender Beliebtheit. Ist das nicht auch Beschneidung? Leben wir
nicht auch in einer Kultur, die das Weibliche -?so wie es von Natur aus ist, nicht verehrt, sondern verändern möchte?
Wissen Frauen überhaupt, wie einzigartig und vielfältig Vulven aussehen?? Wer gibt die genitalen Schönheitsideale vor,
und warum? Was macht das mit uns Frauen? Was treibt Frauen dazu, ihre Schamlippen beschneiden zu lassen? Haben wir
die Achtung vor dem Wunder „Leben“ verloren?
„Das Tor ins Leben“, von Grit Scholz, ist ein Bilderbuchprojekt über weibliche Genitalien – um ein Tabu zu brechen, dass
Tabu – „Weibliche Genitalien dürfen nicht betrachtet werden.“ Diese kulturelle und gesellschaftliche Haltung, hatte zur
Folge, dass die Unwissenheit so groß wurde, dass kaum mehr eine Frau und auch Mediziner und Medizinerinnen wussten –
wie vielfältig die Natur die weiblichen Genitalien gestaltet hat.
Für die Beschaffenheit der Vulva gibt es KEINE Norm, doch die Pornoindustrie und auch Schönheitschirurgen und
Mediziner und verschiedenste Medien entwickelten einen Trend, hin zur „kleine Mädchen-Vulva“, unbehaart sowie keine
oder nur kleine innere Schamlippen.
Die Vulva ist aber in Wirklichkeit in Form, Farbe und Anatomie sehr, sehr individuell, sie ist wie ein Spiegel und zeigt
durch ihre Gestalt viel vom Wesen der Frau. Früher galten große innere Schamlippen als besonders weiblich und kraftvoll.
Die Vulva ist eine Verwandlungskünstlerin und verändert ihr Aussehen entsprechend dem körperlichen und emotionalen
Befinden der Frau, dies ist jedoch nur einer erwachsenen, gesund entwickelten Vulva möglich, die Vulva eines kleinen
Mädchens besitzt diese Fähigkeiten noch nicht.
In unserer Kultur und Gesellschaft fehlt die liebevolle Aufklärung und Wertschätzung über die Vulva, diesen wundervollen
Körperteil – Das Tor ins Leben – über ihre Gestalt und Funktion fast vollständig.
Stattdessen gibt es eine Tabuisierung und Sexualisierung, die Missbrauch und Scham regelrecht produzierten. Inzwischen
gibt es auch immer mehr Normierungen, sogar von Medizinern, die da heißen, die äußeren Schamlippen müssten die
Inneren umschließen – was bei den wenigsten Frauen im entspannten Zustand der Fall ist.
Immer stärker wurde auch durch die Pornoindustrie ein genitales Ideal von Weiblichkeit geprägt, was mit Weiblichkeit
wenig zu tun hat, sondern an kindliche Unschuld erinnern soll.
Vulven ohne Schamhaare, ohne innere Schamlippen, oder mit nur ganz Kleinen, so wie es bei kleinen Mädchen der Fall ist
– prägen die Bilder der Sexindustrie. Diese ist längst der Schmuddelecke entwachsen und von der Gesellschaft anerkannt,
so dass inzwischen die meisten Jugendlichen glauben, Sexualität wäre das, was sie aus Pornofilmen kennen und sie
versuchen sich diesen Vorbildern anzupassen. Aber natürlich betrifft das nicht nur Jugendliche, denn Pornos werden von
allen Altersstufen konsumiert und seit Internet auch privat produziert und öffentlich gemacht.
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Die Normierung der Vulva ist auch in Deutschland in vollem Gange.
Wirklich bedrohlich für die Menschheit und die liebevolle Sexualität, sowie den respektvollen Umgang mit dem eigenen
Körper und den Körpern anderer Menschen ist, dass diese Art der Darstellung von Sexualität und intimen Umgang – die
EINZIGE ist, die in unserer Kultur präsentiert wird und von allen Massenmedien großzügig unterstützt.
Was völlig fehlt, ist ein Gegengewicht dazu – die Darstellung von Natürlichkeit, emotionaler Verbundenheit, liebevoller,
achtsamer und spiritueller Intimität und Sexualität. Was völlig fehlt ist, Kinder und Jugendliche zu begleiten und zu
unterstützen, dass sie Erfahrungen sammeln können und somit Wissen erwerben, welches sie zu einem gesunden und
natürlichen Körpergefühl führt. Das gilt für Jungen genauso wie für Mädchen, auch wenn ich hier besonders die weibliche
Seite anspreche.
Diese völlig einseitigen Informationen mit einer tabulosen und oft körper- und seelenfeindlichen Sexualität – haben
schwere Folgen in der Psyche der Menschen und dem Umgang zwischen Mann und Frau hinterlassen.
Immer mehr Menschen versuchen ein Gegengewicht zu schaffen, durch therapeutische und künstlerische Ansätze,
Bewusstseinsarbeit und Körperarbeit, doch werden diese Initiativen kaum unterstützt. Es scheint, als hätten Medien und
öffentliche Stellen kein Interesse an dieser Art Aufklärung, weshalb diese vielen kleinen Bemühungen bisher nur wenige
Menschen erreichten.
Seit über fünf Jahren ist Grit Scholz bemüht, durch ihre Arbeit mit Frauen, ihr Buch, Fotoausstellungen, Vorträge und
Diashows dieser einseitigen Informationsflut etwas entgegen zu setzen, aber dieses Anliegen fand bisher in den
öffentlichen Medien ebenfalls kaum Unterstützung.
Also bleibt die Vulva für die meisten Frauen ein weißer Fleck auf der Landkarte ihres Körpers, oder sie schauen sich
Pornos an und bekommen ein Ideal serviert, was sie an ihrem eigenen Körper zweifeln lässt und sie oft völlig verunsichert.
Gerade Frauen haben kaum Möglichkeiten, die Vulven von anderen Frauen zu betrachten, es sei denn sie haben intime
Beziehungen mit Frauen. Die eigene Vulva wirklich zu kennen, ist auch nicht leicht, denn Frau sieht sich selbst aus einer
Perspektive, die es ihr nur mit Spiegel oder Kamera erlaubt – wirklich das gesamte eigene Genital zu betrachten.
Durch die Mode, die Schambehaarung zu entfernen, die in den letzten Jahren nicht nur die Jugendlichen, sondern auch alle
anderen Altersstufen erfasst hat, wurden die meisten Frauen erstmalig mit dem Anblick ihrer Vulva konfrontiert, denn Frau
kann sich nicht rasieren, ohne dabei hinzuschauen. Selbst wenn sie es nicht selber tut, sondern eine der vielen
Dienstleistungen im Sektor „Körperhaarentfernung“ in Anspruch nimmt – sieht sie danach ihre nackte Vulva – die doch
viel mehr sichtbar macht, als eine Behaarte.
Es ist zu vermuten, dass durch das Rasieren der Schamhaare und die durch die Pornografie dargestellten kindlichen
Vulven, die genitalen Schönheits-OPs in den letzten Jahren so dramatisch angestiegen sind.
Denn die meisten Frauen finden längere innere Schamlippen unästhetisch, eklig und hässlich.
Doch warum empfinden sie das so? Weil es inzwischen eine Prägung in ihnen gibt, die dieses Empfinden auslöst. Diese
Prägung geht am Ende so weit, dass Weiblichkeit mit unrein und eklig in Verbindung gebracht wird – dies hat die Kirche
tief in das kollektive Bewusstsein der Frauen geprägt, Kindlichkeit dagegen wird mit Reinheit, Schönheit und Unschuld in
Verbindung gebracht.
Die Folgen von diesen Fehlinformationen und Manipulationen sind schwerwiegend.
Viele Frauen fühlen sich völlig verunsichert im eigenen Körper und spalten den genitalen Bereich vollkommen ab – dies
geschieht schon seit vielen hunderten Jahren, seit die Weiblichkeit als solches nicht mehr verehrt, sondern verteufelt und
sexualisiert wird.
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Die Normierung der Vulva ist auch in Deutschland in vollem Gange.
Eine Frau, die ihre eigenen Genitalien hässlich findet und abspaltet, verliert den Zugang zu den Energien und Gefühlen aus
diesem Bereich. Viele Frauen versuchen sexuell zu funktionieren und wundern sich, warum sie keinen Genuss dabei haben.
Viele Frauen glauben sogar Sex zu genießen, weil sie sich am Mann orientieren und gar keine Ahnung haben, was ihr
eigener weiblicher Zugang zu Sexualität eigentlich ist.
Eine Frau, die auf der genitalen Ebene nicht liebevoll mit ihrem Körper verbunden ist, hat oft vielfältige psychische
Probleme (nicht NEIN sagen können, sich als Opfer fühlen, sich nicht gut genug fühlen, etwas beweisen müssen auf der
materiellen Ebene, kein Selbstvertrauen, Verunsicherung, Scham oder auch sexuelle Abhängigkeit und Überbewertung des
Sexuellen, Verwechslung von Liebe und sexuell benutzt werden, Hilflosigkeit, und vieles mehr) – doch kaum ein
Psychologe erkennt die Wurzel der Symptome. Auch sexueller Missbrauch ist nur dann möglich, wenn eine Frau nicht
weiß, wie wunderbar und wertvoll sie ist, gerade auch an dieser Stelle – die Vulva ist auch das Tor zur Selbstermächtigung.
Für viele Frauen scheinen die Angebote der Schönheitschirurgen so etwas wie eine Rettung zu sein. Die Angebote sind
sehr vielfältig und werden oft unter dem Begriff „Designer Vagina“ angeboten. Manche nennen es auch
Schamlippenkorrektur. Vergrößerung der Klitoris, Verengung der Vagina, Modellierung des Schamhügels und
Aufspritzung des G-Punktes für mehr Lustempfinden, sind nur einige Dienstleistungen, die Frauen in Anspruch nehmen
können. Nicht zuletzt bestimmt die Nachfrage das Angebot, was zeigt, dass viele Frauen das Bedürfnis haben, bestimmte
Korrekturen an ihren Genitalien vornehmen zu lassen. Sie gehen dafür bereitwillig verschiedenste Risiken ein, die von den
Medizinern oft heruntergespielt werden. Denn Narben hinterlassen immer Störfelder und in diesem sensiblen Bereich
können dann chronische Schmerzen und Empfindungsstörungen auftreten. Bis hin, dass eine natürliche Geburt behindert
wird – je nachdem, um welchen Eingriff es sich handelt.
Die Frage ist – warum wünschen die Frauen diese Korrekturen, warum lassen sich Frauen an ihrem „Tor ins Lebens“
freiwillig Narben und Schmerzen zufügen? Warum lassen Mütter in der s.g. dritten Welt ihre Mädchen beschneiden?
Diese beiden Dinge zu vergleichen ist zwar gewagt – aber ich tue das, weil ich sehe, dass es da eine Verbindung gibt.
Denn in beiden Fällen existiert in Kultur und Gesellschaft kein verehrendes und respektvolles Bild von Weiblichkeit,
existiert keine Aufklärung zu den wesentlichen Dingen, die Form und Funktion der weiblichen Genitalien
ausmachen. Sondern es wird eine Norm vorgegeben, an die sich die Frauen halten, weil es keine Alternativen gibt.
Warum sind Frauen bereit, ihren gesunden Körper zu verstümmeln und das auch in der westlichen Welt, die angeblich so
aufgeklärt ist? Weil sie glauben, dass mit ihrem Körper, so wie ihn die Natur, oder Gott geschaffen hat, etwas nicht stimmt.
Und warum glauben sie das? Weil es ihnen von Kultur, Religion und Gesellschaft seit hunderten Jahren eingeredet wird –
so dass bei den Meisten das Selbstverständnis, der Stolz und die Achtung vor der Vulva – der heiligen Pforte und vor sich
selbst und ihrem Körper – völlig verloren gegangen ist.
Es passiert oft, dass Frauen psychische und sexuelle Probleme als Grund für diese schönheitschirurgischen Eingriffe
angeben, bis hin zu körperlichen Problemen und Schmerzen beim Sport und beim Tragen von bestimmter Kleidung,
weshalb nicht selten Schamlippenverkleinerungen dann sogar von Gesundheitskassen bezahlt werden.
Die Reaktion von hunderten Menschen auf eine Sendung bei RTL (30Minuten Deutschland,
http://www.bild.de/video/clip/plastische-chirurgie/operation-intimbereich-20762752.bild.html) „Schnitt im Schritt“, bei
welcher meine Arbeit und meine Gedanken zu Weiblichkeit, denen einer jungen Frau gegenüber gestellt wurden, die sich
ihre Schamlippen verkleinern lassen hat – zeigte deutlich wie groß das allgemeine Interesse an diesem Thema ist.
Jeder Mensch sollte frei entscheiden können, wie er mit seinem Körper um geht, wie er Sexualität lebt. Doch um eine freie
Entscheidung treffen zu können, brauchen Menschen Wahlmöglichkeiten, Alternativen – und keine einseitigen
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Schnitt im Schritt – ein neuer Krieg gegen Weiblichkeit!
Die Normierung der Vulva ist auch in Deutschland in vollem Gange.
dogmatischen und normierten Vorgaben, seitens der Kultur und Medien.
Grit Scholz (www.lebensgut-verlag.de)
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