Netzplantechnik

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Netzplantechnik
Netzplantechnik
Prof. Dr. rer. nat. Thomas Morgenstern
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26. September 2011
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© nur für den Gebrauch zu Studienzwecken, Vervielfältigung vorbehaltlich
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Normen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2 Projektmanagement
2.1 Projekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.1.1 Definitionen . . . . . . . . . . . . . . . .
2.1.2 Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2 Projekt Phasen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2.1 Projektidee, Initialisierung . . . . . . . .
2.2.2 Projektdefinition . . . . . . . . . . . . .
2.2.3 Projektorganisation . . . . . . . . . . . .
2.2.4 Projektplan . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2.5 Weitere Schritte . . . . . . . . . . . . . .
2.2.6 Erfolgsfaktoren des Projektmanagements
3 Netzplantechnik
3.1 Projektanalyse und Strukturplanung . . . .
3.1.1 Projektstrukturplan . . . . . . . . . .
3.1.2 Arbeitspakete . . . . . . . . . . . . .
3.1.3 Vorgänge . . . . . . . . . . . . . . .
3.1.4 Anordnungsbeziehungen . . . . . . .
3.2 Netzpläne . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.2.1 Gliederung . . . . . . . . . . . . . . .
3.2.2 Darstellung . . . . . . . . . . . . . .
3.3 Zeitrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.3.1 Dauern . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.3.2 Zeitpunkte . . . . . . . . . . . . . . .
3.3.3 Puffer . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.3.4 Kritischer Weg . . . . . . . . . . . .
3.4 Zeitrechnung beim Vorgangsknotennetzplan
3.4.1 Berechnung . . . . . . . . . . . . . .
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INHALTSVERZEICHNIS
3.5
3.6
Output . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
Critical Path Method . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42
3.6.1 CPM-Zeitplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
4 Stochastische Netzpläne
4.1 PERT . . . . . . . . .
4.1.1 Vorgangsdauern
4.1.2 Zeitplanung mit
4.1.3 Interpretation .
4.1.4 Fehlerquellen .
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bei PERT
PERT . .
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A Übungen
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A.1 Abgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57
Kapitel 1
Einleitung
1.1
Normen
Das Projektmanagement, Projektmanagementsysteme und die Netzplantechnik werden normativ durch den Normenausschuss Qualitätsmanagement, Statistik und Zertifizierungsgrundlagen (NQSZ) im DIN geregelt.
• DIN 69900:2009-01, Projektmanagement - Netzplantechnik und weitere
Methoden - Beschreibungen und Begriffe
• DIN 69901-1:2009-01, Projektmanagement - Projektmanagementsysteme - Teil 1: Grundlagen
• DIN 69901-2:2009-02, Projektmanagement - Projektmanagementsysteme - Teil 2: Prozesse, Prozessmodell
• DIN 69901-3:2009-03, Projektmanagement - Projektmanagementsysteme - Teil 3: Begriffe
• DIN 69901-4:2009-04, Projektmanagement - Projektmanagementsysteme - Teil 4: Daten, Datenmodell
• DIN 69901-5:2009-05, Projektmanagement - Projektmanagementsysteme - Teil 5: Begriffe
• DIN EN ISO 9000, Qualitätsmanagementsysteme - Grundlagen und
Begriffe
• DIN EN ISO 9001, Qualitätsmanagementsysteme - Anforderungen
• DIN EN ISO 10007, Qualitätsmanagement - Leitfaden für Konfigurationsmanagement
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KAPITEL 1. EINLEITUNG
• DIN-Fachbericht ISO 10006, Qualitätsmanagementsysteme - Leitfaden
für Qualitätsmanagement in Projekten
• ISO/IEC 19501, Unified Modeling Language (UML)
Kapitel 2
Projektmanagement
Projekte befassen sich mit Vorhaben aller Art. Sie unterscheiden sich nach
Zielen und Produkten, nach Größe, Komplexität, Zeitbedarf und erforderlichem Aufwand, nach der Anzahl der Mitwirkenden und Betroffenen.
Sie werden von Organisationen jeder Größe durchgeführt. Wegen der Vielzahl der von Fall zu Fall gültigen Bedingungen werden zur optimalen Vorbereitung, Planung und Durchführung der Projekte die unterschiedlichsten
Formen und Strukturen des Projektmanagements benötigt.
Eine vollständige, alle Details erfassende Beschreibung der Aufgaben,
Prozesse und Strukturen der Lösungen für das Projektmanagement ist prinzipiell unmöglich (d. h. ebenso unmöglich wie für jeden anderen Realitätsbereich). Was wir benutzen, ist stets ein mehr oder weniger abstraktes Abbild
der Realität: ein Modell.
2.1
Projekte
Ein Projekt zeichnet sich aus durch:
• einen Auftraggeber,
• ein definiertes Ziel,
• einen Projektleiter,
• eine spezielle Organisation (Projektgruppe, Arbeitsgruppen, usw.),
• eine spezielle Planung (Zeitplanung, Ressourcen-, usw.),
• zeitliche Begrenzung,
• eine gewisse Einmaligkeit,
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KAPITEL 2. PROJEKTMANAGEMENT
• es kann in Teilprojekte untergliedert werden,
• es ist i.d.R. mit einem Risiko behaftet,
• es erfordert die Zusammenarbeit mehrerer Spezialisten aus unterschiedlichen Bereichen.
Projekte kann man nach ISO 10006 wie folgt charakterisieren:
• sie sind einzigartige, nicht-wiederholbare Abläufe, die aus Prozessen
und Vorgängen bestehen;
• sie weisen einen gewissen Grad von Risiko und Unsicherheit auf;
• man erwartet von ihnen, dass sie spezifizierte (als Minimum) und quantifizierte Ergebnisse innerhalb vorbestimmter Parameter liefern, wie
zum Beispiel qualitätsbezogener Parameter;
• sie haben geplante Start- und Endtermine, innerhalb klar spezifizierter
Kosten- und Ressourcen-Beschränkungen;
• ihr Personal kann zeitweise der Projektorganisation für die Dauer des
Projekts zugeordnet sein [die Projektorganisation kann durch eine Trägerorganisation eingerichtet werden und im Projektverlauf Änderungen
unterliegen];
• sie können von langer Dauer und im Zeitverlauf wechselnden internen
und externen Einflüssen ausgesetzt sein.
2.1.1
Definitionen
Definition nach Project Management Body of Knowledge des amerikanischen
Projekt Management Institute:
Definition 2.1.1. Ein Projekt ist ein zeitlich begrenztes Unternehmen, das
unternommen wird, um ein einmaliges Produkt, eine Dienstleistung oder ein
Ergebnis zu erzeugen.
Definition nach Competende Baseline der International Project Management Association (IPMA):
Definition 2.1.2. Ein Projekt ist eine einmalige Gesamtheit von koordinierten Aktivitäten mit bestimmten Anfangsund Endpunkten, die von einer Person oder Organisation mit dem Ziel durchgeführt werden, bestimmte
Termin-, Kosten- und Leistungsziele zu erreichen.
2.1. PROJEKTE
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Definition nach Bernd J. Madauss:
Definition 2.1.3. Projekte sind Vorhaben mit definiertem Anfang und Abschluss, die durch die Merkmale
• zeitliche Befristung,
• Einmaligkeit,
• Komplexität und
• Neuartigkeit
gekennzeichnet sind.
Definition nach ISO 10006:
Definition 2.1.4. Ein Projekt ist ein einmaliger Prozess, der aus einem Satz
von abgestimmten und gelenkten Vorgängen mit Anfangs- und Endterminen
besteht und durchgeführt wird, um ein Ziel zu erreichen, das spezifische Anforderungen erfüllt, wobei Beschränkungen in Bezug auf Zeit, Kosten und
Ressourcen berücksichtigt werden.
Bemerkung 2.1.5. Ein Einzelprojekt kann Teil einer größeren Projektstruktur
sein.
Bemerkung 2.1.6. Bei einigen Projekten werden während des Projektverlaufs
die Ziele verfeinert und die Produktmerkmale fortschreitend definiert.
Bemerkung 2.1.7. Das Projektprodukt (siehe ISO 9000:2000, 3.4.2) wird
durch den Projektumfang allgemein definiert. Es kann aus einer oder mehreren Produkteinheit(en) bestehen und konkret oder abstrakt sein.
Bemerkung 2.1.8. Die Projektorganisation ist normalerweise zeitlich begrenzt
und für die Laufzeit des Projekts eingerichtet.
Bemerkung 2.1.9. Die Komplexität von Interaktionen zwischen Projektvorgängen ist nicht notwendigerweise mit der Projektgröße verknüpft.
Definition nach DIN 69901:1987-08:
Definition 2.1.10. Ein Projekt ist ein Vorhaben, bei dem innerhalb einer
definierten Zeitspanne ein definiertes Ziel erreicht werden soll, und das sich
dadurch auszeichnet, dass es im Wesentlichen ein einmaliges Vorhaben ist,
das im wesentlichen gekennzeichnet ist durch:
• die Einmaligkeit der Bedingungen (Einmaligkeit der Aufgabe)
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KAPITEL 2. PROJEKTMANAGEMENT
• eine definierte Zielvorgabe
• Begrenzungen zeitlicher, finanzieller, personeller und anderer Art
• Abgrenzung gegenüber anderen Vorhaben
• eine spezifische Organisation.
Aktuelle Definition nach DIN 69901-5:2009-01:
Definition 2.1.11. Ein Projekt (en: project) ist ein Vorhaben, das im Wesentlichen durch Einmaligkeit der Bedingungen in ihrer Gesamtheit gekennzeichnet ist.
Solche Bedingungen können z.B. sein Zielvorgabe, zeitliche, finanzielle,
personelle oder andere Begrenzungen, projektspezifische Organisation.
2.1.2
Beispiele
Beispiel 2.1.12. Beispiele für Projekte
• Bauprojekt,
• Investitionsprojekt, Organisationsprojekt
• Forschungs- und Entwicklungsprojekt (z.B. Seeweg nach Indien 1492,
Software-Eigenentwicklung, Versuchsprojekt / Prototyp, Flug zum Mars),
2.1. PROJEKTE
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• Wartungsprojekte, Unterstützungsprojekte
• Bachelorarbeit / Studium.
Circa die Hälfte aller Softwareprojekte entfällt auf die Individualentwicklung von IT-Anwendungssystemen. Die restlichen ca. 50 Prozent entfallen
auf die Einführung von Standard-Anwendungssoftware und IT-Projekte zur
Geschäftsprozessoptimierung.
Beispiel 2.1.13 (Gal & Gehring). Bau einer Garage
Vor dem Gießen der Fundamente, was insgesamt 2 Tage erfordert, müssen
die Fundamente ausgehoben werden, was einen Tag dauert. Mit der Verlegung der elektrischen Erdleitungen, was 2 Tage dauert, kann bereits einen
Tag nachdem mit dem Gießen der Fundamenten begonnen wurde angefangen
werden.
Mit der Errichtung der Mauern kann frühestens einen Tag nach der Fertigstellung der Fundamente begonnen werden, was 3 Tage dauert. Auf die
Mauern wird das Garagendach gesetzt. Die Deckung des Dachs erfordert 2
Tage und sollte aus qualitativen Gründen (Nässe) spätestens 2 Tage nach der
Fertigstellung der Mauern erfolgen.
Nach Verlegung der Erdleitungen und der Fertigstellung der Mauern kann
der Boden betoniert werden, was 3 Tage dauert. Allerdings sollten die fertigen
Mauern zuvor mindestens einen Tag trocknen.
Zum Einsetzen des Garagentors braucht man einen Tag und kann direkt
nach der Fertigstellung des Dachs beginnen. Der Innenputz benötigt zwei
Tage und kann nach Fertigstellung des Bodens und dem Einsetzen des Tors
aufgebracht werden. Allerdings sollte der Boden zuvor mindestens einen Tag
geruht haben.
Auch der Außenputz kann auf die Mauern aufgebracht werden, nachdem
das Tor eingesetzt wurde. Es werden dafür 2 Tage benötigt; allerdings sollte
mit dieser Arbeit höchstens 4 Tage nach der Errichtung der Mauern begonnen
werden.
Nach den Putzarbeiten kann zuletzt das Tor gestrichen werden, was einen
Tag dauert.
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KAPITEL 2. PROJEKTMANAGEMENT
Beispiel 2.1.14 (vgl. Neumann & Morlock). Bau einer Brücke
Wir betrachten das Projekt: "Bau einer Brücke über den Rhein".
Die Brücke soll den Rhein bei Karlsruhe in Ost-West-Richtung überspannen. Die Brücke soll aus zwei Pfeilern, zwei Seitenteilen und einem Mittelteil
bestehen, die an einer Stahlkonstruktion aufgehängt werden. Bei der Vergabe
wurde die Grobplanung bereits vorgenommen; es muss daher nur noch die
Feinplanung und die Feinspezifikation durchgeführt werden.
Vor den Arbeiten muss der Ablauf des Bauprojekts genau geplant werden,
was 2 Monate dauert.
Gleichzeitig damit kann die Feinspezifikation stattfinden; d.h. die einzelnen Gewerke im Detaille spezifiziert und entworfen werden, was 4 Monate
dauert. Daran unmittelbar anschließend können die Brückenteile (Seiten- und
Mittelteil) in 9 Monaten an Land vorgefertigt und vormontiert werden.
Mit dem Bau der Endlager für die Brückenköpfe kann sofort nach dem
Abschluss der Projektplanung begonnen werden, was für jedes einzelne Endlager 5 Monate beansprucht. Allerdings ist das Gelände auf der Ostseite
schwierig; dort müssen zuerst die Baustraßen angelegt und befestigt werden,
d.h. der Bau des Endlagers EL2 setzt zusätzliche Erschließungsarbeiten von
2 Monaten voraus.
Die beiden Niederlager als Fundament der Betonpfeiler können in 4 Monaten fertiggestellt werden. Der Bau erfolgt unter Wasser vom Schiff aus und
kann nach Ende der Planung parallel zu den Arbeiten an Land begonnen werden. Der Bau eines Pfeilers dauert in der Regel ebenfalls 4 Monate, da der
Pfeiler auf der Ostseite allerdings niedriger ist, kann er in drei-viertel dieser
2.1. PROJEKTE
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Bauzeit errichtet werden. Allerdings sollte mit den Arbeiten zum Bau der
Pfeiler spätestens 2 Wochen nach Fertigstellung der Niederlager begonnen
werden, um schädliche Unterspülungen an den Fundamenten zu vermeiden.
Für die Montage der Seitenteile werden jeweils 3 Monate benötigt und
man kann unabhängig voneinander auf jeder Seite nach Fertigstellung der
Pfeiler, der Endlager und nach Vormontage der Brückenteile beginnen.
Mit Hilfe eines Schwimmkrans kann zuletzt das fertige vormontierte Mittelstück innerhalb zweier Monate montiert und an den Seitenteilen aufgehängt werden. Die montierten Seitenteile sollten allerdings nicht länger als 4
Wochen unbelastet bleiben.
Nach mindestens zwei Monaten Ruhezeit, zum Setzen des Bauwerks, kann
die Fahrbahn in 2 Wochen fertiggestellt werden.
Beispiel 2.1.15 (Neumann & Morlock). Einrichtung einer neuen Küche
Nach dem Ausbau der alten Küchenmöbel wurde festgestellt, dass der Küchenboden zu uneben ist. Deshalb wird als erster Vorgang das Aufbringen
von Estrich auf den Fußboden vorgesehen. Dieser Vorgang, der einen halben
Arbeitstag benötigt, soll sofort nach Projektstart begonnen werden, da der
betreffende Handwerker dringend auf einer anderen Baustelle benötigt wird.
Nach dem Aufbringen des Estrichs ist ein halber Tag Trockenzeit erforderlich, bevor mit den folgenden Arbeiten, der Elektroinstallation (Dauer
1.5 Tage), und den Klempnerarbeiten, d.h. der Verlegung von Wasser- und
Abwasserleitungen (Dauer 1 Tag) begonnen werden kann. Die Klempnerarbeiten sollen aber spätestens 3 Tage nach dem Aufbringen des Estrichs
abgeschlossen sein.
Nach Beendigung dieser beiden Vorgänge können die Malerarbeiten beginnen (Dauer 1.5 Arbeitstage). Auch der Maler wird dringend auf einer
anderen Baustelle benötigt. Deshalb kann er frühestens 2 Tage nach dem
Projektstart mit seiner Arbeit beginnen und muß spätestens 5 Tage nach
Projektbeginn fertig sein.
Damit der neue Fußbodenbelag nicht von den Handwerkern beschädigt
wird, soll er erst nach den Malerarbeiten verlegt werden, jedoch unmittelbar
nach Beendigung dieser Arbeiten. Für diese Tätigkeit wird ein halber Tag
vorgesehen.
Im Anschluss daran können die Küchenmöbel und Elektrogeräte eingebaut werden (Dauer 2 Tage). Die Küchenmöbel und -geräte sind jedoch erst
4 Tage nach Projektbeginn lieferbar.
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KAPITEL 2. PROJEKTMANAGEMENT
2.2
Projekt Phasen
Nach DIN 69901-2:2009-01 lässt sich der gesamte Ablauf eines Projekts (Projektlebenszyklus), in zusammenhängende Abschnitte (Phasen) unterteilen.
Die Phaseneinteilung auf der Ebene des Projektmanagements orientiert sich
hingegen an den logisch zusammenhängenden Aktivitäten des Projektmanagements.
I Initialisierung
D Definition
P Planung
S Steuerung
A Abschluss
Die Projektabwicklung im V-Modell dagegen, wird in die drei großen Projektabschnitte aufgeteilt:
1. den Projektstart,
2. die Projektumsetzung und
3. den Projektabschluss
die in 6 Phasen weiter aufgeteilt werden:
1. Initialisierung: Anforderungsanalyse, möglicher Lösungsalternativen, Lösungsauswahl, Projektklassifizierung, Projektbeantragung
2. Definition: Projektbeauftragung, Erstellung Gesamtprojektplan, Festlegung Projektorganisationsform, Kick-off-Veranstaltung, Projektstartsitzung
3. Planung: Planungsarten, Planungsinstrumente, Planungszuständigkeit,
Planungszeitpunkt, Planungsentscheide
4. Vorgehen: inkrementelle, konzeptionelle, empirische und evaluative Vorgehensmodelle insbesondere für Multiprojekte
5. Kontrolle: Kontrollzeitpunkt, Kontrollsichten, Kontrollverfahren, Kontrollprozess, Kontrollberichte
2.2. PROJEKT PHASEN
Abbildung 2.1: V-Modell
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KAPITEL 2. PROJEKTMANAGEMENT
6. Abschluss: Projektabnahme, Projektabschlussbeurteilung, Projektabschlussbericht, Erfahrungssicherung, Einführungsnachbearbeitung, Projektauflösung.
Projektphasen wiederum, unterteilen den Projektlebenszyklus in zeitlich
zusammenhängende Abschnitte und spiegeln so den Projektverlauf mit den
inhaltlichen Aktivitäten aus Sicht der jeweiligen Organisation wider. Abhängig von den Anforderungen der jeweiligen Projektart, Branche oder Organisation können diese Aktivitäten verschieden unterteilt werden. IT-Projekte
lassen sich beispielsweise in 5 Phasen aufteilen:
1. Vorstudie,
2. Hauptstudie,
3. Detailstudie,
4. Systembau,
5. Einführung.
Beispielsweise die Beschreibung des Anwendungssystems, die fachliche
Strukturierung, der technische Entwurf, die Realisierung und die Überleitung
in die Nutzung.
2.2.1
Projektidee, Initialisierung
Die Idee liefert einen Anstoß, ohne aufzuzeigen, was konkret zu tun ist. Ideen
entstehen im Kopf einer kleinen kreativen Gruppe.
2.2.2
Projektdefinition
Der Gegenstand des Projekts wird festgelegt.
Aus der Projektidee wird eine erste Vorstellung abgeleitet, welche Ziele
mit dem Projekt verfolgt werden und welche Voraussetzungen bzw. Randbedingungen gelten.
Schon zu Beginn eines Projekts ist es wichtig, ein klares Verständnis darüber zu entwickeln, was durch das Projekt erreicht werden sollte. Der Projektleiter initiiert diesen Prozess und bindet den Auftraggeber möglichst eng
ein. So können Missverständnisse und Mehraufwände schon frühzeitig verhindert werden.
2.2. PROJEKT PHASEN
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Auf Basis der freigegebenen Skizze der Projektziele tritt der Projektleiter
in einen intensiven Dialog mit dem Auftraggeber ein und definiert gemeinsam mit diesem die Projektziele. Dabei kommt es vor allem darauf an, die
Ziele möglichst spezifisch und messbar zu formulieren, gegebenenfalls ist eine
vorgegebene Form (z. B. Lastenheft) hilfreich.
• Was ist die Projektaufgabe?
• Welche Ziele müssen erreicht werden?
• Welche Ziele sind ferner wünschenswert?
• Wie könnte der zeitliche Ablauf sein?
• Welche Kosten sind zu erwarten?
• Welche Einsparungen sind zu erwarten?
• Welche personellen und organisatorischen Konsequenzen sind angestrebt bzw. zu erwarten?
2.2.3
Projektorganisation
Projektorganisation ist, entsprechend der DIN 69 901, die Gesamtheit der Organisationseinheiten und der aufbau- und ablauforganisatorischen Regelungen zur Abwicklung eines bestimmten Projektes. Projektorganisation setzt
sich in der Regel aus Elementen der vorhandenen Betriebsorganisation und
ergänzenden projektbezogenen Regelungen zusammen.
• Wer erteilt den Auftrag, mit der Planung anzufangen?
• Wer ist der Projektleiter?
• Wer gehört zur Projektgruppe?
• Wer unterstützt die Projektgruppe?
• Wie arbeitet die Projektgruppe?
• Wer genehmigt den Projektplan?
• Wer überwacht den Projektablauf?
• Welche Methoden und Werkzeuge sind für das Projektmanagement zu
verwenden?
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KAPITEL 2. PROJEKTMANAGEMENT
Allgemein muss eine Projektorganisation die Aufgaben und Pflichten der
Projektbeteiligten regeln, deren Verantwortungen und Kompetenzen festlegen und die Einbindung in die bestehende Organisation des Unternehmens
angeben.
2.2.3.1
Erwartungen der Trägerorganisation
Trägerorganisationen und Projektbeteiligte stellen Erwartungen an das Projektmanagement, zum Beispiel:
1. Die strategischen und operativen Konzepte oder Vorgaben der Trägerorganisation werden durch das Projektmanagement umgesetzt und in
das Projektmanagementsystem eingearbeitet.
2. Es wird gezeigt, wie die Projektziele erreicht werden können (was wie
erreicht und was wie vermieden werden kann).
3. Es ist erkennbar, wie der Zeitrahmen bei der Projektplanung und Projektabwicklung auch für Teilziele / -aufgaben eingehalten werden kann.
4. Es sind Möglichkeiten zur Erfassung und Messung der Aufwandsarten und -größen gegeben, um eine Minimierung oder Optimierung des
Aufwandes sowohl beim Projektmanagement als auch bei der Planung,
Steuerung und Durchführung der Arbeiten an dem Projekt sicherzustellen.
5. Es werden bei der Wahl der technischen, wirtschaftlichen und ablauforganisatorischen Lösungen die Risiken erkannt und Art und Grad der
Gefährdung können reduziert werden. (Entsprechendes gilt auch für die
Chancen.).
6. Die Berichterstattung über den aktuellen Stand des Projekts und die
voraussichtliche Projektentwicklung durch Erfassung und Analyse des
Projektgeschehens wird sichergestellt.
7. Das Projektgeschehen wird so detailliert ausgewiesen, wie es zur Steuerung des Projekts und zur Sicherung und Koordination der Prozesse
und Ziele unerlässlich ist.
8. Informationsfluss und bedarfsgerechte Berichterstattung werden gesichert.
2.2. PROJEKT PHASEN
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9. Es wird gesichert, dass die am Projekt mitwirkenden Behörden und
Ämter sowie die vom Projekt betroffenen Personen und Organisationseinheiten als Projektbeteiligte (Stakeholder) rechtzeitig informiert und
in Planung und Abwicklung eingebunden werden.
10. Es wird sichergestellt, dass die vorhandenen und verfügbaren Ressourcen im Projektmanagement bei dem Projekt effektiv genutzt werden.
11. Es wird sichergestellt, dass frühere und aktuelle Erfahrungen für alle
Projekte einer Trägerorganisation verfügbar sind.
2.2.3.2
Unterstützung durch die Trägerorganisation
Um die Erwartungen zu erfüllen, benötigt das Projektmanagementsystem
von der Trägerorganisation und den Projektbeteiligten als Voraussetzung
verschiedene Maßnahmen und Festlegungen. Zum Beispiel:
1. Auswahl der Prozesse und Aufbau der Struktur entsprechen den Regeln
des Projektmanagements.
2. Es ist festgelegt, wie sich das Projektmanagement bereits im Vorfeld des
Vertragsabschlusses organisiert, über wesentliche Fakten informiert und
gegebenenfalls zur beratenden Mitwirkung herangezogen wird. Auch
die weitere Zusammenarbeit zwischen Vertrags- und Projektmanagement während des Projektablaufs ist geregelt, insbesondere für den
Fall von Vertragsabweichungen und Nachforderungen.
3. Es ist festgelegt, wie Kontaktpersonen oder Ansprechpartner der Trägerorganisation und der am Projekt mitwirkenden Organisationseinheiten ausgewählt, eingesetzt und arbeitsfähig gemacht werden und wie
Stellenplanung und Stellenbesetzung im Projektmanagement erfolgen
müssen. (Es sind Anforderungs und Eignungsprofile zu beachten).
4. Da Projekte temporäre Vorhaben sind, ist für die Projektmitarbeiter
ein Übergang in neue Aufgaben nach Abschluss ihrer Projektarbeit
vorgesehen. Es sollte festgelegt werden, wie die Mitarbeit in Projekten
die Personalentwicklung des Mitarbeiters beeinflusst.
5. Es ist geregelt, wie und wann Aufgaben, Verantwortung und Befugnisse
für Planung, Steuerung und Abwicklung des Projekts festgelegt werden
müssen, sowie wie und wann dies den davon Betroffenen verbindlich
mitgeteilt wird.
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KAPITEL 2. PROJEKTMANAGEMENT
6. Es ist geregelt, wie die Ziele und Unterziele festzulegen sind und wer
daran wie mitwirkt.
7. Es ist geregelt, wie und mit welchem Rang welche personellen und
finanziellen Mittel und sonstigen Ressourcen dem Projekt verfügbar
gemacht werden und wie sie zur Erreichung der Projektziele eingesetzt
werden müssen.
8. Es ist geregelt, wie möglichst viele, das Projekt betreffende Hintergrundinformationen dem Projektmanagement zugänglich gemacht werden.
9. Es ist geregelt, auf welche Weise sichergestellt werden muss, dass alle
Konzepte, Entwürfe und durchgearbeiteten Lösungen zum Projektgegenstand, die den technischen, wirtschaftlichen und zeitlichen Bedingungen des Projekts gerecht werden können, auch dem Projektmanagement bekannt gegeben und verfügbar gemacht werden. j
10. Es ist geregelt, dass das Projekt im Projektportfolio der Organisation
entsprechend seiner Bedeutung eingeordnet wird.
11. Es ist geregelt, dass das Projektmanagementsystem durch einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess (KVP) ständig weiterentwickelt wird.
2.2.3.3
Projektaufbauorganisation
Hauptbestandteile einer Projektorganisation sind der Auftraggeber eines Projektes, der Projektleiter und das Projektteam. Der Projektleiter und das Projektteam bilden während der Dauer des Projektes eine Organisationseinheit.
Für die auftragsgerechte Durchführung, die Planung, die Überwachung
und die Steuerung des Projektes ist der Projektleiter zuständig und verantwortlich. Der Auftraggeber erteilt den Projektauftrag und sorgt für Rahmenbedingungen, die eine effektive Projektabwicklung ermöglichen.
Die Projektleitung eines IT-Projektes ist entsprechend der DIN-Norm 69
901 die für die Dauer eines Projektes geschaffene Organisationseinheit, die
für die Planung, die Steuerung und die Überwachung eines Projektes verantwortlich ist. Für die Projektleitung und die Erreichung der Projektziele,
entsprechend dem verabschiedeten Projektauftrag, ist der Projektleiter verantwortlich.
Zu den Kernaufgaben eines Projektleiters gehört die fach- und termingerechte Abwicklung des Projektes entsprechend den festgelegten Projektzielen.
Hierzu plant, steuert und kontrolliert er alle Tätigkeiten des Projektteams
und muss gewährleisten, dass das genehmigte Budget eingehalten wird. Er
2.2. PROJEKT PHASEN
17
nimmt Administrationsaufgaben und Koordinationstätigkeiten bei der Lösungsfindung wahr und muss nur soweit es möglich ist, bei der Lösungsfindung mitarbeiten.
Aufgabe der Projektmitarbeiter ist es, die sich aus dem Projektauftrag
ergebenden Aufgaben unter Leitung des Projektleiters abzuwickeln.
Ein IT-Lenkungsausschuss wird fest in einer Projektaufbauorganisation
als organisationsübergreifendes und projektbegleitendes Gremium verankert,
und plant, steuert und kontrolliert alle IT-Projekte.
2.2.3.3.1 Stab-Linien-Organisation Die Projektgruppe bildet keine selbstständige aufbauorganisatorische Einheit. Der Projektleiter und die Mitglieder
des Projektteams sind während der Dauer des Projektes weiterhin funktionell
und personell dem jeweiligen Linienvorgesetzten unterstellt.
2.2.3.3.2 Linien-Projektorganisation Das Projektteam wird in Form
einer eigenständigen Organisationseinheit in die Linienorganisation des Unternehmens eingebunden. Die Mitglieder des Projektes bilden während der
Dauer des Projektes eine neue eigenständige Organisationseinheit, die von der
bisherigen Unternehmensorganisation unabhängig ist. Hierzu werden interne
Mitarbeiter aus verschiedenen Abteilungen des Unternehmens vollständig aus
der Linienorganisation herausgelöst und von ihren ursprünglichen Aufgaben
befreit. Externe Kräfte werden direkt in die Projektorganisation eingeordnet.
2.2.3.3.3 Matrix-Projektorganisation Die Matrix-Projektorganisation
stellt eine Mischform dar.
2.2.4
Projektplan
In einem Projekt müssen in der Regel zahlreiche Aufgaben bzw. Vorgänge in einer ganz bestimmten Reihenfolge, zu bestimmten Terminen und mit
bestimmten Ressourcen abgewickelt werden. Diese Vorgänge mit ihrem logischen und terminlichen Rahmen und ihren Ressourcen bilden den Projektplan.
• Was muss getan werden?
• Welche Einzelaufgaben gibt es?
• In welcher Reihenfolge muss es getan werden?
• Wer kann es tun?
18
KAPITEL 2. PROJEKTMANAGEMENT
• Wann muss es getan werden?
• Wann kann es getan werden?
• Was kostet es?
Mit dem Projektplan werden wir uns intensiver auseinandersetzen.
2.2.5
Weitere Schritte
Das Projekt wird in der Regel auf der Basis des Projektplanes von der Unternehmensleitung genehmigt.
Nach der Genehmigung des Projektes können die geplanten Aktivitäten
durchgeführt werden. Der Projektleiter muss dafür sorgen, dass die Arbeiten
nach Plan ablaufen.
Die Projektabwicklung muss überwacht werden. Verzögerungen und andere Abweichungen müssen so früh wie möglich erkannt werden, die Auswirkungen müssen analysiert werden, gegebenenfalls müssen Konsequenzen
gezogen werden, z.B. durch die Bereitstellung weiterer Ressourcen.
2.2.6
Erfolgsfaktoren des Projektmanagements
Ein Projekt ist abgeschlossen, wenn das Projektziel erreicht ist und der Auftraggeber das Ergebnis abnimmt. Der Abschluss eines Projektes wird schriftlich dokumentiert.
Um das Ziel zu erreichen, müssen komplexe Abläufe und die daraus resultierenden Tätigkeiten organisiert und koordiniert werden. Dazu müssen die
fachlichen Anforderungen beherrscht werden. Insbesondere die Komplexität
stellt spezielle Anforderungen an die Organisation, Planung, Überwachung
und Lenkung der Aktivitäten. Zum Projekterfolg beitragen können:
• Einbeziehung der Nutzer,
• Klare Vorgaben,
• Erfahrene Projektleitung,
• Qualifikation, Anzahl und Engagement der Projektmitarbeiter,
• Überschaubare Projektgröße,
• (Standardisierte) Software Infrastruktur,
• Anforderungsmanagement,
2.2. PROJEKT PHASEN
19
• Standardisierter / Regulärer Projektverlauf,
• Zuverlässige Aufwandsschätzung,
• Engagement des Top-Management,
• Entsprechende Unternehmensstrategie und Abstimmung mit anderen
Projekten.
20
KAPITEL 2. PROJEKTMANAGEMENT
Kapitel 3
Netzplantechnik
Die Netzplantechnik dient dem Management komplexer Projekte und bedient
dich der Mittel der Graphentheorie.
Definition 3.0.1. Die Netzplantechnik NPT, (en: network technique, network scheduling) ist ein auf Ablaufstrukturen basierende Verfahren zur Analyse, Beschreibung, Planung, Steuerung und Überwachung von Abläufen,
wobei Zeit, Kosten, Ressourcen und weitere Größen berücksichtigt werden
können.
Ein Ablaufplan für ein Projekt strukturiert einen mehrteiligen Projektablauf nach der Zeit. Er ist die Voraussetzung für eine anschließende Terminplanung, bei der die einzelnen Ablaufelemente, in der Regel Vorgänge, mit
Anfangs- und Endterminen versehen werden.
Definition 3.0.2. Ein Ablaufelement (en: element of project flow) ist ein
Element zur Beschreibung von Sachverhalten (Zustände, Geschehen, Abhängigkeiten) eines Ablaufs.
Definition nach DIN 69900 bzw. DIN 69901: Ein Vorgang (en: activity) ist
ein Ablaufelement zur Beschreibung eines bestimmten Geschehens mit definiertem Anfang und Ende. Ein Ereignis ist ein Zeitpunkt, der das Eintreten
eines bestimmten Projektzustandes markiert.
Zu jedem Vorgang gehören ein Anfangs- und ein Endereignis. Ein Projekt beginnt mit einem Startereignis (Projektanfang) und endet mit einem
Endereignis (Projektende). Ereignisse, denen bei der Projektdurchführung eine besondere Bedeutung zukommt, werden als Meilensteine bezeichnet. Bei
einem Bauprojekt ist z.B. die Fertigstellung des Rohbaus ein Meilenstein.
Ein Projekt kann daher auf unterschiedliche Arten beschrieben werden.
21
22
KAPITEL 3. NETZPLANTECHNIK
Definition 3.0.3. Ein vorgangsorientiertes Projekt wird repräsentiert durch
eine Menge von Vorgängen und deren Anordnungsbeziehungen (die Startund Endereignisse der Vorgänge werden ebenfalls berücksichtigt).
Ein ereignisorientiertes Projekt wird repräsentiert durch zugehörige Ereignisse und deren Anordnungsbeziehungen. Ein gemischt-orientiertes Projekt wird sowohl durch Vorgänge wie auch durch Ereignisse repräsentiert.
Heute werden meist EDV-Programme für die Ablauf- und Terminplanung eingesetzt, welche die Abläufe als Kombination von Terminliste und
graphischer Darstellung auf dem Bildschirm zeigen oder sie ausdrucken. Dabei zeigt die Graphik je nach Sichtweise einen vernetzten Balkenplan oder
zeitmaßstäblichen Netzplan. Da kleinere Netzpläne aber manchmal auch von
Hand gezeichnet werden, wird die graphische Darstellung hier ausführlich
behandelt und auch die Berechnung ohne EDV kurz beschrieben. Dies hilft
auch bei der Beurteilung unterstützender EDV-Programme.
Letztendliches Ziel ist die Erstellung einer Terminliste:
• Vorgangs-Nr.;
• Vorgangsbenennung bzw. -beschreibung;
• Anfangstermin;
• Endtermin;
• bei Vernetzung: Vorgangs-Nr. des Vorgängers oder Nachfolgers.
3.1
Projektanalyse und Strukturplanung
Projekte sind in der Regel durch eine hohe Komplexität gekennzeichnet. Sie
beinhalten eine Vielzahl von Aufgaben mit gegenseitigen Abhängigkeiten
bzw. Wechselwirkungen, die oft nicht in ihrer Gesamtheit übersehen werden können. Die Projektstrukturierung dient zur übersichtlichen Darstellung
der Gesamtheit aller Aufgaben eines Projekts mit ihren jeweiligen Abhängigkeiten und unterstützt – durch eine sinnvolle Untergliederung – die Projektplanung und -steuerung.
Die Projektstruktur gibt allen Beteiligten eine klare Orientierung und erleichtert die Kommunikation sowie die Delegation von Arbeitspaketen (intern
wie extern).
Ausgangspunkt für die Projektstrukturierung ist ein klares Verständnis
der vielfältigen Anforderungen sowie die Formulierung von klaren Projektzielen bzw. -ergebnissen. Die Projektergebnisstruktur (bei einem Produkt
3.1. PROJEKTANALYSE UND STRUKTURPLANUNG
23
spricht man auch von Produktstruktur) bildet diese Vielfalt und das Projektergebnis in geeigneter Form ab.
Auf dieser Basis kann dann eine Projektstruktur abgeleitet werden. Diese unterscheidet sich insbesondere durch die Aufgabenorientierung und die
Berücksichtigung von Management-Tätigkeiten wie z. B. das Projekt und
Qualitätsmanagement von der Projektergebnisstruktur.
Die Projektstruktur kann als Projektstrukturplan entweder visualisiert
oder in Form einer Liste abgebildet werden. Einen Projektstrukturplan erstellt man durch Gliederung der Gesamtaufgabe in Teilaufgaben bis zu den
plan und kontrollierbaren Arbeitspaketen.
Je nach Strukturierungsstrategie sind verschiedene Methoden zur Gliederung praktikabel:
Bei der Zerlegungsmethode beginnt man mit der 1. Ebene, welche den Namen des Projekts darstellt. Dann wird das Projekt nach einem bestimmten
Gliederungskriterium in verschiedene Teile zerlegt. Diese bilden dann die 2.
Ebene. Der Projektstrukturplan ist fertig gestellt, wenn alle Teile des Projekts in Arbeitspakete zerlegt wurden.
Bei der Zusammensetzungsmethode werden mit Hilfe von Kreativitätsmethoden die Arbeitspakete eines Projekts gesammelt und nach der Analyse
der Beziehungen der Pakete wird eine entsprechende Struktur erstellt.
3.1.1
Projektstrukturplan
Ziel ist die Erstellung eines Projektstrukturplans (PSP). Der PSP zeigt - möglichst übersichtlich - die Bestandteile eines Projekts sowie die Beziehungen
zwischen diesen Teilen auf. Damit kann einerseits die Vollständigkeit überprüft werden, andererseits dient der Projektstrukturplan auch zur Orientierung für die Beteiligten und hilft das Risiko einer nachträglichen Erweiterung
bzw. Änderung zu verringern.
Definition 3.1.1. Der Projektstrukturplan (PSP) (engl.: work breakdown
structure, WBS) ist eine Gliederung des Projekts in planbare und kontrollierbare Teilaufgaben.
Im Rahmen des PSP wird die gesamte Projektaufgabe in Arbeitspakete /
Teilaufgaben (engl. work packages) zerlegt und die Beziehung zwischen den
Arbeitspaketen beschrieben.
Die vorliegende Grobstruktur wird systematisch verfeinert und (wo nötig)
erweitert. Je nach Strukturierungsmethode (z. B. nach Phasen oder nach Objekten) und Darstellungsform (z. B. Baum-Struktur) werden die Teile dann
in einem Projektstrukturplan sinnvoll angeordnet.
24
KAPITEL 3. NETZPLANTECHNIK
Dabei werden die Ablaufinformationen (Elemente und Struktur) erstellt:
• Vorgang bzw. Ereignis (Text und/oder Nummer),
• Vorgänger und/oder Nachfolger,
• Art der Anordnungsbeziehung:
– Normalfolge (NF) oder alternativ Ende-Anfang-Folge (EA);
– Anfangsfolge (AF) oder alternativ Anfang-Anfang-Folge (AA);
– Endfolge (EF) oder alternativ Ende-Ende-Folge (EE);
– Sprungfolge (SF) oder alternativ Anfang-Ende-Folge (AE).
Der PSP kann nach mehreren Gesichtspunkten aufgebaut sein. Man unterscheidet drei Arten von Projektstrukturplänen:
Bei einem objektorientierten Projektstrukturplan richtet sich die Definition der Arbeitspakete nach der (technischen) Struktur des Objekts; d.h. am
Sachziel.
In einem funktionsorientierten Projektstrukturplan werden die Arbeitspakete nach unterschiedlichen Funktionen (z. B. Vertrieb, Entwicklung, Versuch, Fertigung) gegliedert.
In einem phasen- bzw. ablauforientierten Projektstrukturplan orientiert
sich die Ordnung der Aufgaben an dem jeweiligen Vorgehensmodell (z. B.
Planung, Entwicklung, Realisierung, Abnahme).
In der Praxis treten jedoch häufig Mischformen aus den drei beschriebenen Typen auf.
Definition 3.1.2. (nach DIN 69901) Der Projektstrukturplan ist eine Darstellung der Projektstruktur. Die Darstellung kann nach
• dem Aufbau (Aufbaustruktur),
• dem Ablauf (Ablaufstruktur),
• den Grundbedingungen (Grundstruktur, Wahlstruktur),
• nach sonstigen Kriterien (z.B. Mischformen)
erfolgen.
3.1. PROJEKTANALYSE UND STRUKTURPLANUNG
3.1.2
25
Arbeitspakete
Arbeitspakete stellen die kleinste Einheit im Projektstrukturplan dar, können aber wiederum eine Reihe von Aktivitäten bzw. Vorgängen umfassen.
Mit der Arbeitspaketbeschreibung wird festgelegt, was, bis wann, mit welchen Ressourcen (Mitarbeitern, Budget usw.) erarbeitet werden muss. Jedes
Arbeitspaket kann dann später an einen bzw. mehrere Mitarbeiter des Projektteams delegiert werden.
Die im Projektstrukturplan definierten Bestandteile des Projekts werden im ersten Schritt bis auf Arbeitspaketebene herunter gebrochen und
anschließend auf Basis eines vorliegenden Standards bzw. nach projektspezifischen Gesichtspunkten (mit den Verantwortlichkeiten, Terminen, Budgets,
Ressourcen, Randbedingungen usw.) beschrieben.
3.1.3
Vorgänge
Einzelne Arbeitspakete werden in Vorgänge aufgeteilt und in der hierfür geeigneten Form (mit den Verantwortlichkeiten, Terminen, Budgets, Ressourcen, Randbedingungen usw.) beschrieben.
Der Detaillierungsgrad wird abhängig vom Projektumfang und der Anzahl der Beteiligten sein.
Definition 3.1.3. Ein Vorgang (en: activity) ist ein Ablaufelement zur Beschreibung eines bestimmten Geschehens mit definiertem Anfang und Ende.
Definition 3.1.4. Die Netzplanverfeinerung (en: detailing a network), entspricht der Verfeinern der Informationen durch Vermehren der Anzahl der
Vorgänge, Ereignisse bzw. Anordnungsbeziehungen eines Netzplans bei gleich
bleibender Ablaufstruktur des Projekts.
Dabei können Vorgänge / Teilaufgaben solange in Teilaufgaben / Arbeitspakete aufgeteilt werden, bis keine weiteren Steuerungsinformationen mehr
gewonnen werden können, oder genau eine bestimmte Ressource je Vorgang
zum Einsatz kommt, oder nur eine einzige bestimmte Tätigkeit ausgeführt
wird.
Sachlich unterschiedliche Tätigkeiten, oder unterschiedlicher Einsatz von
Ressourcen führt dabei zu getrennten Vorgängen. Insbesondere sollte bei zeitlichen Unterbrechungen Vorgänge geteilt werden.
Von besonderer Bedeutung sind der Projektstart und das Projektende.
Definition 3.1.5. Der Projektstart (en: project start), ist der Termin, Zeitpunkt oder Zeitabschnitt, mit dem das Projekt anläuft.
Das Projektende (en: project finish), ist der Termin oder Zeitpunkt des
formalen Endes eines Projekts.
26
KAPITEL 3. NETZPLANTECHNIK
Vorgang Nr. i Vorgangsbeschreibung
0
START
1
Aushub Fundamente
2
Gießen Fundamnete
dir. Vorgänger
0
1
3
4
5
elektr. Erdleitungen
Mauern errichten
Dach decken
2
2
4
6
7
8
Boden betonieren
Garagentor einsetzen
Innenputz
3, 4
5
4, 6, 7
9
10
11
Außenputz
Tor streichen
ENDE
4, 7
8, 9
10
Tabelle 3.1: Vorgangsliste Garagenbau
Bemerkung 3.1.6. Der Projektstart wird in der Regel mit einem KickoffMeeting und einem Start-up-Workshop vollzogen.
Es wird oft vergessen das Projektende in besonderer Weise zu vollziehen.
Beides lässt sich durch Vorgänge ausdrücken:
Definition 3.1.7. Der Startvorgang (en: start activity), ist ein Vorgang, zu
dem es im betrachteten Netzplan keinen Vorgänger gibt.
Der Zielvorgang (en: goal activity), ist ein Vorgang, zu dem es im betrachteten Netzplan keinen Nachfolger gibt.
Demgegenüber stehen die Ereignisse.
Definition 3.1.8. Ein Ereignis (en: event) ist ein Ablaufelement, das das
Eintreten eines bestimmten Zustands beschreibt.
Definition 3.1.9. Das Startereignis (en: start event), ist ein Ereignis, zu
dem es im betrachteten Netzplan kein Vorereignis gibt.
Das Zielereignis (en: goal event), ist ein Ereignis, zu dem es im betrachteten Netzplan kein Nachereignis gibt.
Definition 3.1.10. Ein Meilenstein / Schlüsselereignis (en: milestone, key
event), ist ein Ereignis besonderer Bedeutung.
Beispiel 3.1.11 (Garagenbau Bsp. 2.1.13). Vorgangsliste siehe Tabelle 3.1.
3.1. PROJEKTANALYSE UND STRUKTURPLANUNG
3.1.4
27
Anordnungsbeziehungen
Nachdem die Vorgänge festgelegt und beschrieben sind, werden diese zueinander in Beziehung gebracht.
Definition 3.1.12. Eine Anordnungsbeziehungen (en: relationship) sind quantifizierbare Abhängigkeiten zwischen Ereignissen oder Vorgängen.
Definition 3.1.13. Ein Vorgänger (en: predecessor activity), ist ein einem
Vorgang A unmittelbar vorgeordneter Vorgang B.
Ein Nachfolger (en: successor activity), ist ein einem Vorgang B unmittelbar nachgeordneter Vorgang A.
Vorgänge A1 , . . . , A3 sind Vorgang B unmittelbar vorgeordnet:
Vorgänge B1 , . . . , B3 sind Vorgang A unmittelbar nachgeordnet:
Definition 3.1.14. Eine Normalfolge NF (en: end-to-start relationship), ist
die Anordnungsbeziehung vom Ende eines Vorgangs zum Anfang seines Nachfolgers.
28
KAPITEL 3. NETZPLANTECHNIK
Bemerkung 3.1.15. Dabei handelt es sich um den häufigsten Typ von Anordnungsbeziehung.
Definition 3.1.16. Eine Anfangsfolge AF (en: start-to-start relationship),
ist die Anordnungsbeziehung vom Anfang eines Vorgangs zum Anfang seines
Nachfolgers.
Beispiel 3.1.17. Dies können zwei Vorgänge sein, die wechselseitig auf Informationen des anderen Vorgangs angewiesen sind.
Definition 3.1.18. Eine Endfolge EF (en: finish-to-finish relationship), ist
die Anordnungsbeziehung vom Ende eines Vorgangs zum Ende seines Nachfolgers.
Definition 3.1.19. Eine Sprungfolge SF (en: start-to-finish relationship),
ist die Anordnungsbeziehung vom Anfang eines Vorgangs zum Ende seines
Nachfolgers.
Oder anders ausgedrückt, der Vorgang B folgt auf den Vorgang A im
Sinne der:
3.2. NETZPLÄNE
29
Ende-Start-Beziehung B kann erst begonnen werden, wenn A beendet wurde.
Start-Start-Beziehung B kann erst begonnen werden, nachdem A
begonnen hat.
Start-Ende-Beziehung B kann erst beendet werden, nachdem A begonnen wurde.
Ende-Ende-Beziehung B kann erst beendet werden, nachdem A beendet wurde.
3.2
Netzpläne
Der Projektstrukturplan kann jedoch auch mit den Mitteln der Graphentheorie veranschaulicht werden.
Definition 3.2.1. Ein Netzplan NP (en: network, alternativ en: network
schedule), ist eine graphische oder tabellarische Darstellung einer Ablaufstruktur, die aus Vorgängen bzw. Ereignissen und Anordnungsbeziehungen
besteht.
3.2.1
Gliederung
Es kann sinnvoll sein einen Netzplan auf unterschiedlichen Ebenen zu strukturieren. Wichtig ist auch die Gliederungstiefe, auf der das Projekt bzw. Teile
des Projekts dargestellt werden.
Definition 3.2.2. Der Gesamtnetzplan (en: total network), ist der Netzplan,
der das gesamte Projekt umfasst.
Ein Teilnetzplan (en: partial network), ist ein Netzplan, der nur einen Teil
des Projekts umfasst und mit mindestens einem anderen Teilnetzplan oder
dem Rahmennetzplan desselben Projekts strukturell in Verbindung steht.
Durch Netzplanzerlegung (en: network separation), d.h. die Zerlegen eines
Netzplans in Teilnetzpläne kann eine Netzplanverdichtung (en: network compression), d.h. Verdichten der Informationen durch Verringern der Anzahl der
Vorgänge, Ereignisse bzw. Anordnungsbeziehungen eines Netzplans bei gleich
bleibender Ablaufstruktur des Projekts erreicht werden. Dabei hat jeder Sammelvorgang einen Anfang und ein abgeschlossenes Ende. Vorgänge innerhalb
des Sammelvorgangs werden entsprechend der Projektlogik verknüpft, aber
dürfen nicht über den Sammelvorgänge hinweg verknüpft werden (müssen).
Definition 3.2.3. Ein Grobnetzplan (en: rough network), ist ein Netzplan
mit einer Struktur, die einen groben Überblick über den Projektablauf gibt.
Ein Feinnetzplan (en: detailed network), ist ein Netzplan mit einer Struktur, die einen Einblick in viele Details des Projektablaufs zulässt.
30
3.2.2
KAPITEL 3. NETZPLANTECHNIK
Darstellung
Netzpläne werden mit Hilfe der Graphentheorie dargestellt, d.h. mit Knoten
und Pfeilen.
Definition 3.2.4. Ein Knoten (en: node), ist ein Darstellungselement zur
Beschreibung eines Verknüpfungspunktes.
Ein Pfeil (en: arrow) ist ein Darstellungselement zur Beschreibung des
Sachverhalts zwischen zwei Knoten.
Bemerkung 3.2.5. Je nach Netzplanverfahren symbolisiert einen Vorgang
bzw. ein Knoten ein Ereignis und ein Pfeil eine Anordnungsbeziehung und/oder
einen Vorgang.
Definition 3.2.6. Ein Netzplanverfahren (en: network procedure) ist die
grundsätzliche Form der Zuordnung von Ablaufelementen zu Darstellungselementen.
Den Vorgängen eines Projekts können Pfeile oder Knoten zugeordnet werden.
Beispiel 3.2.7. Bei der Pfeildarstellung entsprechen den Vorgängen Pfeile.
Aufeinanderfolgende Vorgänge enden / beginnen in demselben Knoten. Die
Bewertung eines Pfeils erfolgt mit der Länge des Vorgangs.
Bei der Knotendarstellung werden den Vorgängen des Projekts Knoten
des Netzplans zugeordnet. Die Pfeile repräsentieren die Anordnungsbeziehungen. Die Bewertung der Pfeile ergibt sich aus den minimalen und maximalen
Zeitabständen unter Berücksichtigung der Vorgangsdauern.
Je nach Verfahren entstehen dabei die Netzplanarten Ereignisknoten-,
Vorgangsknoten- oder Vorgangspfeil-Netzplan.
Definition 3.2.8. Die Netzplanart (en: network type), ist eine durch einheitliches Darstellungsprinzip bestimmte Gattung von Netzplänen.
3.2. NETZPLÄNE
31
Beispiel 3.2.9. Ein Vorgangspfeil-Netzplan ist ein vorgangsorientierter Netzplan in Pfeildarstellung (z.B. CPM). Ein Ereignisknoten-Netzplan ist ein ereignisorientierter Netzplan in Pfeildarstellung (z.B. PERT). Ein VorgangsknotenNetzplan ist ein vorgangsorientierter Netzplan in Knotendarstellung (z.B.
MPM).
Definition 3.2.10. Ein Vorgangsknoten-Netzplan VKN (en: activity-on-node
network), ist ein Netzplan, bei dem vorwiegend Vorgänge beschrieben und
durch Knoten dargestellt werden.
Ein Vorgangspfeil-Netzplan VPN (en: activity-on-arrow network), ist ein
Netzplan, bei dem vorwiegend Vorgänge beschrieben und durch Pfeile dargestellt werden.
Ein Ereignisknoten-Netzplan EKN (en: event-on-node network), ist ein
Netzplan, bei dem vorwiegend Ereignisse beschrieben und durch Knoten dargestellt werden.
Ein Meilenstein-Netzplan (en: milestone network), ist ein Netzplan, in
dem vorwiegend Meilensteine dargestellt und durch Anordnungsbeziehungen
miteinander verknüpft sind.
Definition 3.2.11. Eine Netzplan-Methode (en: network method), ist die
Art und Weise des Vorgehens nach detaillierten Regeln der Darstellung, der
Berechnung usw. von Netzplänen, z. B. Program Evaluation and Review
Technique (PERT), Metra Potential Methode (MPM) und Critical Path Method (CPM).
32
KAPITEL 3. NETZPLANTECHNIK
Legende
Dauer
MinZ
Aufgabenname
2
3
0
3 Erdleitungen
2
1
6 Boden
8 Innenputz
-1
1
0
0 START
0
1 Aushub
0
2
0
1
2 Fundamente
1
0
10 Streichen
1
0
0
11 ENDE
0
3
2
0
4 Mauern
5 Dach
1
0
2
0
7 Tor
9 Außenputrz
-7
-9
Abbildung 3.1: Vorgangsknoten-Netzplan Garagenbau
Beispiel 3.2.12 (Garagenbau Bsp. 2.1.13). Vorgangsknoten-Netzplan siehe
Abbildung 3.1.
3.3
Zeitrechnung
Nachdem die Vorgänge festgelegt, beschrieben und zueinander in Beziehung
gebracht worden sind, werden die benötigten Zeiten für jeden Vorgang abgeschätzt.
Die jeweiligen Anfangs-, End- und Pufferzeiten werden im Ablaufplan
festgelegt und ein optimaler Ablauf des Projekts geplant. Dabei werden Gesamtlaufzeiten, Pufferzeiten und kritische Abläufe bestimmt. Diese Informationen fließen anschließend in den Terminplan ein.
3.3.1
Dauern
Bei der Zeitrechnung ist insbesondere die Dauer der Vorgänge wichtig.
Definition 3.3.1. Die Dauer D (en: duration) ist die Zeitspanne vom Anfang
bis zum Ende eines Vorgangs bzw. vom Start bis zum Ziel eines Projekts.
33
3.3. ZEITRECHNUNG
Definition 3.3.2. Die maximale Dauer MAXD (en: maximum duration), ist
der höchstzulässige Wert für eine Dauer.
Die minimale Dauer MIND (en: minimum duration), ist der geringste
Wert, auf den eine Dauer verkürzt werden kann.
Ist die Dauer stochastisch bzw. unsicher, so wird sie geschätzt:
Definition 3.3.3. Die optimistische Dauer OD (en: optimistic duration),
ist die Dauer eines Vorgangs, die unter besonders günstigen Bedingungen
vorkommen kann.
Die häufigste Dauer HD (en: most frequent duration), ist die Dauer eines
Vorgangs, die unter üblichen Bedingungen zu erwarten ist.
Die pessimistische Dauer PD (en: pessimistic duration), Dauer eines Vorgangs, die unter besonders ungünstigen Bedingungen vorkommen kann
Die mittlere Dauer MD (en: middle duration) ist dann ein aus den Schätzwerten errechneter Erwartungswert für die Dauer eines Vorgangs
OD + 4HD + P D
6
Bemerkung 3.3.4. Da der Begriff häufigste Dauer nur bei Schätzungen unter
großer Unsicherheit (Netzplan-Methode PERT) relevant ist, meint er eigentlich die am häufigsten geschätzte Dauer. Bei der Schätzung der pessimistischen Dauer sind Fälle von höherer Gewalt auszuschließen.
Bei Vorgangsknotennetzen können auch Zeitabstände angegeben werden:
MD =
Definition 3.3.5. Ein Zeitabstand Z (en: time interval), ist ein Zeitwert einer
Anordnungsbeziehung.
Ein minimaler Zeitabstand MINZ (en: minimum time interval), ist der
Zeitwert einer Anordnungsbeziehung, der nicht unterschritten werden kann.
Ein maximaler Zeitabstand MAXZ (en: maximum time interval), ist der
Zeitwert einer Anordnungsbeziehung, der nicht überschritten werden darf.
Bemerkung 3.3.6. Zeitabstände können größer als, kleiner als oder gleich null
sein.
Bemerkung 3.3.7. Bei Vorgangsknotennetzen wird ein minimaler Zeitabstand
zwischen zwei Vorgängen A und B auf dem Pfeil von A nach B notiert; ein
maximaler Zeitabstand zwischen den Vorgängen A und B unter dem Pfeil.
Bemerkung 3.3.8. Alle maximalen Zeitabstände M AXZij (bei Normalfolge)
lassen sich in minimale Zeitabstände (bei Normalfolge) mit Hilfe der Gleichung:
M IN Zji := −M AXZij − Di − Dj
transformieren und werden über einem (eventuell gepunktet dargestellten)
Pfeil in Rückrichtung von B nach A notiert.
34
KAPITEL 3. NETZPLANTECHNIK
Nr. i Vorgangsbeschreibung
0
START
1
Aushub Fundamente
2
Gießen Fundamnete
Di [d] P (i)
0
1
0
2
1
MINZ
-
MAXZ
-
3
4
5
elektr. Erdleitungen
Mauern errichten
Dach decken
2
3
2
2
2
4
-1
1
-
2
6
7
8
Boden betonieren
Garagentor einsetzen
Innenputz
3
1
2
3, 4
5
6, 7
-,1
1, -
-,-,-
9
10
11
Außenputz
Tor streichen
ENDE
2
1
0
4, 7
8, 9
10
-,-,-
4, -,-
Tabelle 3.2: Vorgangsliste Garagenbau
Beispiel 3.3.9 (Garagenbau Bsp. 2.1.13). Vorgangsliste siehe Tabelle 3.2.
3.3.2
Zeitpunkte
Definition 3.3.10. Ein Zeitpunkt (en: time), ist ein im Ablauf festgelegter Punkt, dessen Lage durch Zeiteinheiten (z. B. Minuten, Tage, Wochen)
beschrieben und auf einen Nullpunkt bezogen ist.
Ein Termin (en: date), ist ein durch Kalenderdatum und/oder Uhrzeit
ausgedrückter Zeitpunkt.
Definition 3.3.11. Der Projektstart (en: project start), ist der Termin, Zeitpunkt oder Zeitabschnitt, mit dem das Projekt anläuft.
Der Projektstarttermin (en: project start date), ist der Termin bzw. Zeitpunkt, mit dem die Zählung der Projektdauer beginnt.
Das Projektende (en: project finish), ist der Termin oder Zeitpunkt des
formalen Endes eines Projekts.
Bemerkung 3.3.12. Der Projektbeginn kann mit dem Projektstart, aber auch
mit dem Anfang von Vorbereitungsarbeiten zusammenfallen.
Definition 3.3.13. Die zeitliche Lage (en: time related position) ist das Ergebnis der Einordnung von Ereignissen bzw. Vorgängen im Zeitablauf unter
Beachtung aller gegebenen Bedingungen (z.B. Für Zeit, Kosten und Ressourcen).
3.3. ZEITRECHNUNG
35
Tabelle 3.3: Zuordnung von Ereignissen bzw. Vorgängen zur Lage
Die früheste Lage (en: early position) ist die unter Berücksichtigung der
im Netzplan enthaltenen Bedingungen nicht weiter nach vorn verschiebbare
Lage eines Vorgangs oder Ereignisses.
Die späteste Lage (en: late position) ist die unter Berücksichtigung der im
Netzplan enthaltenen Bedingungen nicht weiter nach hinten verschiebbare
Lage eines Vorgangs oder Ereignisses.
Definition 3.3.14. Der früheste Zeitpunkt FZ (en: early time), ist der unter
Berücksichtigung der im Netzplan enthaltenen Bedingungen nicht weiter nach
vorn verschiebbare Zeitpunkt eines Ereignisses.
Der früheste Termin FT (en: early date), ist der unter Berücksichtigung
der im Netzplan enthaltenen Bedingungen nicht weiter nach vorn verschiebbare Termin eines Ereignisses.
Der späteste Termin ST (en: late date), ist der unter Berücksichtigung der
im Netzplan enthaltenen Bedingungen nicht weiter nach hinten verschiebbare
Termin eines Ereignisses.
Der späteste Zeitpunkt SZ (en: late time), ist der unter Berücksichtigung
der im Netzplan enthaltenen Bedingungen nicht weiter nach hinten verschiebbare Zeitpunkt eines Ereignisses.
Definition 3.3.15. Der früheste Anfang FA (en: early start), ist der unter
Berücksichtigung der im Netzplan enthaltenen Bedingungen nicht weiter nach
vorn verschiebbare Anfang eines Vorgangs.
Der früheste Anfangszeitpunkt FAZ (en: early start time), ist der unter
Berücksichtigung der im Netzplan enthaltenen Bedingungen nicht weiter nach
vorn verschiebbare Anfangszeitpunkt eines Vorgangs.
Der frühester Anfangstermin FAT (en: early start date), ist der unter
Berücksichtigung der im Netzplan enthaltenen Bedingungen nicht weiter nach
vorn verschiebbare Anfangstermin eines Vorgangs.
36
KAPITEL 3. NETZPLANTECHNIK
Der späteste Anfang SA (en: late start), ist der unter Berücksichtigung der
im Netzplan enthaltenen Bedingungen nicht weiter nach hinten verschiebbare
Anfang eines Vorgangs.
Der späteste Anfangszeitpunkt SAZ (en: late start time), ist der unter
Berücksichtigung der im Netzplan enthaltenen Bedingungen nicht weiter nach
hinten verschiebbare Anfangszeitpunkt eines Vorgangs.
Der späteste Anfangstermin SAT (en: late start date), ist der unter Berücksichtigung der im Netzplan enthaltenen Bedingungen nicht weiter nach
hinten verschiebbare Anfangstermin eines Vorgangs.
Definition 3.3.16. Das früheste Ende FE (en: early finish), ist das unter
Berücksichtigung der im Netzplan enthaltenen Bedingungen nicht weiter nach
vorn verschiebbare Ende eines Vorgangs.
Der früheste Endzeitpunkt FEZ (en: early finish time), ist der unter Berücksichtigung der im Netzplan enthaltenen Bedingungen nicht weiter nach
vorn verschiebbare Endzeitpunkt eines Vorgangs.
Der früheste Endtermin FET (en: early finish date), ist der unter Berücksichtigung der im Netzplan enthaltenen Bedingungen nicht weiter nach vorn
verschiebbare Endtermin eines Vorgangs.
Das späteste Ende SE (en: late finish), ist das unter Berücksichtigung der
im Netzplan enthaltenen Bedingungen nicht weiter nach hinten verschiebbare
Ende eines Vorgangs.
Der späteste Endzeitpunkt SEZ (en: late finish time), ist der unter Berücksichtigung der im Netzplan enthaltenen Bedingungen nicht weiter nach
hinten verschiebbare Endzeitpunkt eines Vorgangs.
Der späteste Endtermin SET (en: late finish date), ist der unter Berücksichtigung der im Netzplan enthaltenen Bedingungen nicht weiter nach hinten
verschiebbare Endtermin eines Vorgangs.
3.3.3
Puffer
Definition 3.3.17. Der Puffer (en: buffer), ist die Teilmenge eines Zeitoder Ressourcenvorrats, die über den geplanten Verbrauch hinaus verbraucht
werden kann.
Die Pufferzeit P (en: float), ist die Zeitspanne, um die, unter bestimmten
Bedingungen, die Lage eines Ereignisses bzw. Vorgangs verändert oder die
Dauer eines Vorgangs verlängert werden kann.
Bemerkung 3.3.18. Negative Werte eines Puffers zeigen an, dass der Vorrat
den geplanten Verbrauch nicht deckt.
3.4. ZEITRECHNUNG BEIM VORGANGSKNOTENNETZPLAN
37
Definition 3.3.19. Die gesamte Pufferzeit GP (en: total float), ist die Zeitspanne zwischen frühester und spätester Lage eines Ereignisses bzw. Vorgangs.
Die freie Pufferzeit (en: free float), ist die Zeitspanne, um die ein Ereignis
bzw. Vorgang gegenüber seiner frühesten Lage verschoben werden kann, ohne
die früheste Lage anderer Ereignisse bzw. Vorgänge zu beeinflussen.
Die freie Rückwärts Pufferzeit, ist die Zeitspanne, um die ein Ereignis bzw.
Vorgang gegenüber seiner spätesten Lage verschoben werden kann, ohne die
späteste Lage anderer Ereignisse bzw. Vorgänge zu beeinflussen.
Die unabhängige Pufferzeit UP (en: independent float), ist die Zeitspanne, um die ein Ereignis bzw. Vorgang verschoben bzw. verlängert werden
kann, wenn sich seine Vorereignisse bzw. Vorgänger in spätester und seine
Nachereignisse bzw. Nachfolger in frühester Lage befinden.
Bemerkung 3.3.20. Bei Ereignissen gilt:
GP = SZ − F Z
Bei Vorgängen gilt:
GP = SAZ − F AZ = SEZ − F EZ
3.3.4
Kritischer Weg
Definition 3.3.21. Ein Weg (en: path), ist ein durch einen oder mehrere
aufeinander folgende Pfeile hergestellte Verbindung von Knoten.
Ein kritischer Weg (en: critical path), ist ein Weg in einem Netzplan, der
für die Gesamtdauer des Projekts (bzw. des Netzplans) maßgebend ist.
Bemerkung 3.3.22. Die Pufferzeiten der Ereignisse bzw. Vorgänge auf dem
kritischen Weg sind die kleinsten im ganzen Netzplan - im Normalfall sind
sie gleich null.
3.4
3.4.1
Zeitrechnung beim Vorgangsknotennetzplan
Berechnung
Die Berechnung läuft bei einem Netzwerk ohne Zyklen nun in folgenden
Schritten:
1. Für alle Vorgänge die Vorgangsdauer D ermitteln.
2. Vorwärtsrechnung:
38
KAPITEL 3. NETZPLANTECHNIK
• Beim 1. Vorgang des Netzplans (der Quelle) wird F AZ = 0 eingesetzt.
• Dann ist F AZ + D = F EZ.
• Falls in den nächsten Vorgang j (Nachfolger) keine andere Anordnungsbeziehung eingeht, ist der FEZ des Vorgängers i der FAZ
dieses Vorgangs F EZ(i) = F AZ(j).
• Falls mehrere Pfeile in j einmünden, ist der höchste FEZ-Wert der
Vorgänger als F AZ(j) zu nehmen.
3. Rückwärtsrechnung:
• Beim letzten Vorgang des Netzplans (der Senke) wird F EZ =
SEZ eingesetzt.
• Dann ist SAZ = SEZ − D.
• Falls vom nächsten vorhergehenden Vorgang i kein anderer Pfeil
ausgeht, ist SAZ des folgenden Vorgangs j der SEZ dieses Vorgangs i SAZ(j) = SEZ(i).
• Falls mehrere Pfeile von i ausgehen, ist der niedrigste SAZ-Wert
der Nachfolger als SEZ(i) zu nehmen.
4. Die gesamte Pufferzeit für jeden Vorgang wird berechnet als:
GP = SAZ − F AZ = SEZ − F EZ .
Alle kritischen Vorgänge haben die Pufferzeit GP = 0.
5. Nun können noch Pufferzeiten aufgeteilt, geplante oder vorgegebene
Zeitpunkte für die Vorgänge festgelegt und andere ergänzende Überlegungen in den Plan eingebracht werden.
6. Letzter Schritt ist in jedem Fall das Umwandeln der relativ auf den
Nullpunkt am Projektanfang bezogenen Zeitpunkte in absolute, auf
den Kalender bezogene Termine.
Beispiel 3.4.1 (Garagenbau Bsp. 2.1.13). Zeitrechnung ohne Maximalabstände (d.h. ohne Zyklen) siehe Tabelle 3.4.
Für den MPM Algorithmus für Netzpläne mit Zyklen nicht-negativer Länge siehe (Tabellen 3.6 und 3.7).
Beispiel 3.4.2 (Garagenbau Bsp. 2.1.13). MPM Zeitrechnung mit Maximalabständen (d.h. mit Zyklen) siehe Tabelle 3.5 und den zugehörigen MPMNetzplan in Abbildung 3.2.
39
3.5. OUTPUT
i
F AZi
F EZi
SEZi
SAZi
0
0
0
0
0
1
0
1
1
0
2
1
3
3
1
3
2
4
8
6
4
4
7
7
4
5 6
7 8
9 11
11 11
9 8
7 8
9 12
10 14
12 14
11 12
9
10
12
14
12
10
14
15
15
14
11
15
15
15
15
10
14
15
15
14
0
11
15
15
15
15
0
Tabelle 3.4: Zeitrechnung Garagenbau
i
F AZi
F EZi
SEZi
SAZi
GPi
0
0
0
0
0
0
1
0
1
1
0
0
2
1
3
3
1
0
3
2
4
8
6
4
4
4
7
7
4
0
5 6
7 8
9 11
10 11
8 8
1 0
7 8
9 12
10 14
11 14
10 12
1 0
9
10
12
13
11
1
Tabelle 3.5: MPM Zeitrechnung Garagenbau
3.5
Output
• Allgemeine Informationen
– Projekt- bzw. Netzplanbezeichnung;
– Projektstand (Datum);
– Berechnungsdatum.
• Ablaufinformationen (Elemente und Struktur)
– Vorgang bzw. Ereignis (Text und/oder Nummer);
– Vorgänger und/oder Nachfolger;
– Art der Anordnungsbeziehung(en).
• Zeitinformationen
– Dauer;
– Zeitabstand;
– errechnete Zeitpunkte und/oder Termine;
– freie und/oder gesamte Pufferzeiten;
– Kennzeichnung der kritischen Vorgänge bzw. Ereignisse;
– geplante Zeitpunkte und/oder Termine;
– vorgegebene Zeitpunkte und/oder Termine.
40
KAPITEL 3. NETZPLANTECHNIK
MPM Zeitrechnung
Datenstrukturen:
S(i), P (i) i = 0, . . . , n Mengen/Listen;
Q eine Schlange; K eine Menge;
FAZ, FEZ, SAZ, SEZ, GP Felder der Länge n + 2;
Input:
Knoten 0 ist der Projektbeginn und Knoten n + 1 das
Projektende; ggf. ein vorgegebener Projektendtermin T
(sonst T = ∞). P (i), i = 1, . . . , n + 1 die Vorgängermengen.
Di , i = 1, . . . , n die Dauer eines Vorgangs und Zij der
zeitliche Mindestabstand zwischen Vorgang i und Vorgang j
bei Normalfolge.
Schritt 1 Bestimmung der Nachfolgermengen:
for i = 0, . . . , n + 1 setze S(i) := ∅;
for i = 1, . . . , n + 1
for all k ∈ P (i) setze S(k) := S(k) ∪ { i };
end for;
Schritt 2 Bestimmung von F AZi i = 1, . . . , n + 1:
Setze F AZ0 := 0; D0 := Dn+1 := 0; Q := { 0 };
for i = 1, . . . , n + 1 setze F AZi := −∞;
while Q 6= ∅
Entferne i vom Kopf von Q;
for all j ∈ S(i) mit F AZj < F AZi + Di + Zij
Setze F AZj := F AZi + Di + Zij ;
if j 6∈ Q, füge j am Ende von Q ein;
end for;
end while;
if T < F AZj terminiere: „der vorgegebene Projektendtermin
ist nicht zu halten“.
Tabelle 3.6: MPM Algorithmus Vorwärtsrechnung
3.5. OUTPUT
Schritt 3 Bestimmung von SAZi :
if T = ∞, setze T := F AZn+1
Setze SAZn+1 := T , Q := { n + 1 }
for i = 0, . . . , n, setze SAZi := ∞
while Q 6= ∅
Entferne i vom Kopf von Q;
for all k ∈ P (i) mit SAZk > SAZi − Zki − Dk
Setze SAZk := SAZi − Zki − Dk ;
if k 6∈ Q, füge k am Ende von Q ein;
end for;
end while;
Schritt 4 Bestimmung von F EZi , SEZi , GPi und kritischen Vorgänge:
Setze K = ∅;
for i = 0, . . . , n + 1
Setze F EZi := F AZi + Di ;, SEZi := SAZi + Di ;
GPi := SAZi − F AZi ;
if GPi = SAZ0 , setzte K := K ∪ { i };
F Pi = minj∈S(i) { F AZj − Zij } − F EZi ;
F RPi = SAZi − maxk∈P (i) { SEZk + Zki };
U Pi = minj∈S(i) { F AZj − Zij } − maxk∈P (i) { SEZk + Zki } − Di ;
end for;
Output:
F AZn+1 die kürzesten Projektdauer, FAZ die frühesten Anfangszeiten und FEZ, die früheste Endzeiten, GP die Gesamtpuffer, K die kritischen Vorgänge, FP der freie Puffer, FRP
der freie Rückwärtspuffer und UP der unabhängige Puffer.
Tabelle 3.7: MPM Algorithmus Rückwärtsrechnung
41
42
KAPITEL 3. NETZPLANTECHNIK
Legende
Früher Beginn
Frühe
Fertigstellung
Dauer
Aufgabenname
Später Beginn
Pufferzeit
Späte
Fertigstellung
2
2
4
8
0
3 Erdleitungen
6
4
8
3
11
12
1
6 Boden
8
0
2
14
8 Innenputz
11
12
0
14
-1
0
0
0
0 START
0
0
0
0
0
1
1
0
1 Aushub
0
0
1
1
2
0
3
14
2 Fundamente
1
0
1
0
1
15
3
14
1
0
15
0
10 Streichen
15
0
15
11 ENDE
15
0
15
0
4
3
7
7
0
4 Mauern
4
0
7
2
9
0
5 Dach
8
1
9
10
1
10
0
7 Tor
10
1
10
11
2
12
9 Außenputrz
11
1
13
-7
-9
Abbildung 3.2: MPM Netzplan Garagenbau
3.6
Critical Path Method
Den Vorgängen (Ak ) eines Projekts werden Pfeile (ek ) zugeordnet, die mit der
Dauer des Vorgangs bewertet werden. Den Anfangs- (αk ) und Endereignissen
(ωk ) eines Vorgangs werden den Knoten ik , jk zugeordnet (ek = hik , jk i).
ik
ek
-
jk
Die Anordnung der Vorgänge erfolgt nach Ende-Start-Beziehung. Die Konstruktion des Vorgangs-Pfeilnetzes erfolgt aufgrund der Regeln:
1. Die Vorgänge A3 und A4 folgen den Vorgängen A1 und A2 unmittelbar,
dann setze: j1 = j2 = i3 = i4
i1 H e1
e3 * j3
HH
HH
j
H
HH
*
H
HH
e
j
H
e
i2
j4
2
4
2. Gilt i1 = i2 und j1 = j2 , dann führe einen Scheinvorgang (Hilfspfeil) e0
ein:
43
3.6. CRITICAL PATH METHOD
* j1 H
H e0
e 1 H
H
H
j
H
- j2
i1
e2
3. Der Vorgang A4 folgt den Vorgängen A1 und A2 unmittelbar, und der
Vorgang A5 folgt den Vorgängen A1 , A2 und A3 unmittelbar:
i1 H e1
HH
H
i2 e2
i3
H
j
H
*
j4
e0
?
e3
e4
e5
-
j5
4. Kann A2 bereits begonnen werden, wenn ein Teil von A1 beendet wurde,
dann wird A1 in entsprechende Teilvorgänge A01 und A001 zerlegt.
5. Können mehrere Vorgänge direkt zu Projektbeginn gestartet werden,
dann kann (unter Umständen durch Einfügen von Scheinvorgängen)
erreicht werden, daß es nur eineen Knoten q für den Projektbeginn
(Quelle) gibt. Das gleiche glit für das Projektende s (Senke).
6. Soll zwischen zwei Vorgängen ein zeitlicher Mindestabstand τ eingehalten werden, so muß ein zusätzlicher Vorgang mit Vorgangsdauer τ
zwischen diesen Vorgängen eingefügt werden. Analog geht man vor, soll
ein Vorgang erst eine bestimmte Zeit nach dem Projektbeginn starten
oder eine bestimmte Zeit vor Projektende enden.
Bemerkung 3.6.1. Zeitliche Maximalabstände zwischen aufeinander folgenden Maximalabständen können jedoch nicht abgebildet werden.
Bemerkung 3.6.2. Die Zahl der eingefügten Scheinvorgänge ist nicht eindeutig
bestimmt – beispielsweise können Scheinvorgänge nach Regel (5) eliminiert
werden.
Definition 3.6.3. Ein CPM-Netzplan ist ein nach obigen Regeln konstruiertes Netzwerk ohne Zyklen und genau einer Quelle und genau einer Senke.
Die Vorgangsdauern / Pfeilbewertungen werden mit Dij bezeichnet. (Scheinvorgänge haben die Dauer 0.)
44
KAPITEL 3. NETZPLANTECHNIK
Abbildung 3.3: CPM-Netzplan Garagenbau
Bemerkung 3.6.4. Für einen CPM-Netzplan läßt sich eine Numerierung der
Knoten finden, so daß für jeden Pfeil hi, ji gilt i < j (topologische Sortierung).
Der Projektbeginn (die Quelle) hat dann die Nummer 1, das Projektende (die
Senke) hat dann die Nummer n. Wir nehmen an, alle betrachteten Netzpläne
seien topologisch sortiert.
Definition 3.6.5. Ein Vorgang hk, ii heißt Vorläufer des Vorgangs hi, ji.
Ein Vorgang hj, ki heißt Nachläufer des Vorgangs hi, ji.
Beispiel 3.6.6 (Garagenbau Bsp. 2.1.13). CPM-Netzplan (ohne Maximalabstände) siehe Abbildung 3.3.
Beispiel 3.6.7. (FernUni Hagen) Die Softwarefirma SOFT hat sich am neuen Markt etabliert und möchte die Ansprechpartner einiger interessierter Anwender gemeinsam mit bereits gewonnenen Kunden zu einer Werbeveranstaltung einladen. Neben der Präsentation der neusten Produkte ist an Fachreferate kompetenter Praktiker und Hochschullehrer zum Thema e-Commerce
gedacht. Die Werbeabteilung von SOFT besteht z.Z. aus drei Personen: Herrn
Müller als Leiter, der Vollzeitkraft Frau Hübner und die Auszubildende Frau
Schubert. Sie werden beauftragt, dieses kleine Projekt so vorzubereiten, dass
die Einladungen mit Tagesordnung und Informationen zum Veranstaltungsort bei der Druckerei in Auftrag gegeben werden können.
45
3.6. CRITICAL PATH METHOD
Tätgkeit
Dauer Name Vorläufer Nachläufer
Terminabsprache mit
10
KR
–
OR, PP
Kunden und Referenten
Festlegung von Ort
4
OR
KR
VV
und Räumlichkeiten
in einem erstklassigen
Hotel
Detaillierte Planung
14
PP
KR
EV
der Präsentation der
Palette der eigenen
Produkte
Vorbereitung und Ver6
VV
OR
EV
sand der Einladungsmappen
Eröffnungsveranstal1
EV
PP, VV
–
tung
3.6.1
CPM-Zeitplanung
Wir gehen im Folgenden davon aus, der Netzplan sei topologisch sortiert.
Definition 3.6.8. Jeder längste Weg von der Quelle bis zur Senke des Netzwerks heißt kritischer Weg. Jeder Vorgang auf einem kritischen Weg heißt
kritischer Vorgang. Die länge dieser Wege heißt kürzeste Projektdauer.
Bemerkung 3.6.9. Dauert ein kritischer Vorgang länger als geplant, dann
schiebt sich das Projektende um diese Zeitdauer nach hinten.
Zur Berechnung werden folgend Größen bestimmt:
1. kürzeste Projektdauer
(
T
SZn :=
F Zn
Projektendtermin gegeben,
sonst,
2. kritische Vorgänge hi, ji (d.h. GPij = min),
3. Anfangs- und Endtermin aller Vorgänge (bei fest gegebenen Vorgangsdauern) bestimmt durch:
46
KAPITEL 3. NETZPLANTECHNIK
F AZij
:
F EZij
:
SAZij
:
SEZij
:
F Zi = F AZij
:
SZi = SEZij
:
Frühest möglicher Anfangszeitpunkt des Vorgangs
hi, ji nach dem gegebenen Projektbeginn,
Frühest möglicher Endzeitpunkt des Vorgangs
hi, ji nach dem gegebenen Projektbeginn,
Spätest möglicher Anfangszeitpunkt des Vorgangs
hi, ji ohne Verzögerung des Projektendes,
Spätest möglicher Endzeitpunkt des Vorgangs
hi, ji ohne Verzögerung des Projektendes,
Frühest möglicher Zeitpunkt des Eintritts des Ereignisses i nach festgelegtem Projektbeginn,
Spätest möglicher Zeitpunkt des Eintritts des Ereignisses i ohne Verzögerung des Projektendes.
4. Pufferzeiten aller Vorgänge
GPij
F Pij
F RPij
U Pij
:
Maximale Zeitspanne, um die der Beginn des Vorgangs hi, ji verschoben werden kann, ohne den Projektendtermin zu gefährden,
: Maximale Zeitspanne, um die der Beginn des Vorgangs hi, ji verschoben werden kann und alle Nachläufer hj, li zum frühest möglichen Zeitpunkt F AZjl
begonnen werden können,
: Maximale Zeitspanne, um die der Beginn des Vorgangs hi, ji verschoben werden kann und alle Vorläufer hk, ii zum ihrem spätest möglichen Zeitpunkt
SEZki beendet werden können,
: Maximale Zeitspanne, um die der Beginn des Vorgangs hi, ji verschoben werden kann und alle Vorläufer hk, ii zum ihrem spätest möglichen Zeitpunkt
SEZki beendet werden können und alle Nachläufer
hj, li zum frühest möglichen Zeitpunkt F AZjl begonnen werden können,
Lemma 3.6.10. Nach den Bellmanschen Gleichungen berechnen sich die
frühesten und spätesten Ereignisszeiten rekursiv aus:
F Zi =
SZi =
max (F Zk + Dki )
k∈P (i)
min (SZj − Dij ) .
j∈S(i)
Beispiel 3.6.11 (Garagenbau Bsp. 2.1.13). CPM-Zeitrechnung (ohne Maximalabstände) siehe Tabelle 3.8.
47
3.6. CRITICAL PATH METHOD
1
0
0
i
F Zi
SZi
2
1
1
3 4
3 4
3 4
5
2
6
6 7
7 8
7 8
8
11
11
9 10
9 10
11 12
11 12
12 14
12 14
13
15
15
Tabelle 3.8: CPM-Zeitrechnung Ereignisse Garagenbau
Lemma 3.6.12. Wenn diese Zeiten bestimmt sind, dann lassen sich die restlichen Anfangs- und End-Zeiten berechnen:
F AZij
F EZij
SAZij
SEZij
=
=
=
=
F Zi
F Zi + Dij
SZj − Dij
SZj
Lemma 3.6.13. Aus den Anfangs- und End-Zeiten lassen sich die Puffer
bestimmen:
GPij
F Pij
F RPij
U Pij
=
=
=
=
SAZij − F AZij = SZj − F Zi − Dij
F Zj − F EZij = F Zj − F Zi − Dij
SAZij − SZi = SZj − SZi − Dij
max(0, F Zj − SZi − Dij )
Beispiel 3.6.14 (Garagenbau Bsp. 2.1.13). CPM-Zeitrechnung (ohne Maximalabstände) siehe Tabelle 3.9.
i
F AZi,j
F EZi,j
SEZi,j
SAZi,j
GPi,j
<1,2>
0
1
1
0
0
i
F AZi,j
F EZi,j
SEZi,j
SAZi,j
GPi,j
<9,10>
9
10
12
11
2
<2,3>
1
3
3
1
0
<4,6> <5,7>
4
2
7
4
7
8
4
6
0
4
<10,12> <11,12>
10
12
12
14
14
14
12
12
2
0
<6,9>
7
9
11
9
2
<7,8>
8
11
11
8
0
<12,13>
14
15
15
14
0
Tabelle 3.9: CPM-Zeitrechnung Vorgänge Garagenbau
48
3.6.1.1
KAPITEL 3. NETZPLANTECHNIK
Algorithmen
Die CPM-Zeitplanung läßt sich mit einem an das Bellman-Verfahren angelehnten Algorithmus der Zeitkomplexität O(|E|) lösen.
Wird vorausgesetzt, dass das Netzwerk topologisch sortiert ist, dann lassen sich die Bellmannschen Gleichungen für die F Zi einfach in Vorwärtsrechnung i = 1, 2, . . . lösen und die SZi in Rückwärtsrechnung i = n, n − 1, . . ..
Wird jedoch nicht vorausgesetzt, daß das Netzwerk topologisch sortiert
ist; lediglich, daß 1 die Quelle und n die Senke ist, dann geben wir einen Algorithmus in Tabelle 3.10 wieder. Gleichzeitig wird auf Zyklenfreiheit geprüft
um Fehler zu erkennen.
Das Projektende T ist vorgegeben.
3.6. CRITICAL PATH METHOD
49
CPM-Zeitplanung
Eingabedaten:
Der Netzplan wird in Form einer Vorgängerliste gegeben; d.h. gegeben ist
n und für alle i = 2, . . . , n sind die Eingangasgrade δ − (i), die Vorgänger
k ∈ P (i) und die Dauern Dkj der Pfeile hk, ii gegeben. Zudem ist der Projektendtermin T gegeben.
Initialisierung:
• M := {1};
• Für i = 1, . . . , n setze F Zi := 0;
Schritt 1 (Nachfolgerliste erzeugen):
• für i = 1, . . . , n − 1 setze S(i) := ∅ und δ + (i) := 0;
• Für i = 2, . . . , n
Für alle k ∈ P (i) setze S(k) := S(k) ∪ {i} und δ + (k) := δ + (k) + 1;
Schritt 2 (Vorwärtsrechnung):
• Wähle ein k ∈ M ;
• M := M \ {k};
• Für alle i ∈ S(k)
δ − (i) := δ − (i) − 1;
Falls δ − (i) = 0, setze M := M ∪ {i};
Falls F Zk + Dki > F Zi , setze F Zi := F Zk + Dki ;
• Falls es kein i ∈ S(k) mit δ − (i) = 0 gibt, dann gibt es Zyklen: Fehlermeldung und Abbruch;
• Falls M 6= ∅, gehe zu Schritt 2;
• Falls M = ∅ gebe die F Zi und F Zn aus;
• Falls T < F Zn gebe Meldung aus, daß der Projektendtermin nicht
gehalten werden kann und Abbruch;
Tabelle 3.10: CPM-Zeitrechnung Vorwärtsrechnung
50
KAPITEL 3. NETZPLANTECHNIK
Neu-Initialisierung:
• M := {n}
• für alle i = 1, . . . , n setze SZi := T
(beziehungsweise SZi := F Zn , falls kein Projektende vorgegeben ist);
Schritt 3 (Rückwärtsrechnung):
• Wähle ein k ∈ M ;
• M := M \ {k};
• Für alle i ∈ P (k)
δ + (i) := δ + (i) − 1;
Falls δ + (i) = 0; setze M := M ∪ {i};
Falls SZk − Dik < SZi , setze SZi := SZk − Dik ;
• Falls M 6= ∅, gehe zu Schritt 3;
• Falls M = ∅ gebe die SZi aus;
Schritt 4 (Pufferzeiten):
• Für i = 1, . . . , n − 1
Für alle j ∈ S(i)
F AZij := F Zi ;
F EZij := F Zi + Dij ;
SAZij := SZj − Dij ;
SEZij := SZj ;
GPij := SAZij − F AZij ;
F Pij := F Zj − F EZij ;
• Ausgabe: alle Vorgänge hi, ji mit Gij = SZ1 − F Z1 sind kritisch.
Ende
Tabelle 3.11: CPM-Zeitrechnung Rückwärtsrechnung
Kapitel 4
Stochastische Netzpläne
4.1
PERT
Die Netzplantechnik Program Evaluation and Review Technique (PERT)
wird primär bei Forschungs- und entwicklungsprojekten eingesetzt, bei denen
die Vorgangsdauern oft nur mit großer Unsicherheit bekannt sind.
Bei PERT wird das Projekt ereignisorientiert beschrieben, d.h. bei der
Projektstrukturplanung wird eine Ereignisliste erzeugt. Ereignisse stellen dabei in der Regel den Abschluss; manchmal auch den Beginn von Vorgängen
dar.
Das Ereignisknotennetz wird konstruiert, indem jedem Ereignis genau
ein Knoten zugeordnet wird. Geht das Ereignis i dem Ereignis j unmittelbar
voraus, so wird der Pfeil < i, j > eingefügt.
Ordnungspfeile < i, j > sind Pfeile, bei denen i dem Abschluss eines
Vorgangs entspricht und j den Beginn eines unmittelbar anschließenden Vorgangs. Ordnungspfeile werden gestrichelt dargestellt. (Ordnungsvorgänge entsprechen analog Scheinvorgängen.)
Das so konstruierte Ereignisknotennetz ist eindeutig bestimmt, schwach
zusammenhängend und zyklenfrei.
4.1.1
Vorgangsdauern bei PERT
Die Wahrscheinlichkeitsverteilungen der Vorgangsdauern sind babei i.A.
• stetig,
• beschränkt; insbes. nicht negativ,
• um einen Wert konzentriert (unimodal).
51
52
KAPITEL 4. STOCHASTISCHE NETZPLÄNE
Beispiel 4.1.1. Die Wahrscheinlichkeitsdichte f der Betaverteilung mit 0 ≤
a < b und den Parametern α, β > 0 wird gegeben durch:
(
(t−a)α ·(b−t)β
für a ≤ t ≤ b
(b−a)α+β+1 ·B(α+1,β+1)
f (t) :=
0
sonst.
wobei die Betafunktion definiert ist durch
B(x, y) :=
Γ(x)Γ(y)
Γ(x + y)
für x, y > 0
und die Gammafunktion durch
Z ∞
Γ(x) :=
sx−1 e−s ds
für x > 0
0
und Γ(n) = (n − 1)! für n ∈ N.
Wir erhalten für den Modalwert:
m=
βa + αb
α+β
den Erwartungswert, die mittlere Dauer (MD):
M D = E(T ) =
(β + 1)a + (α + 1)b
α+β+2
und die Varianz (VD):
V D = V (T ) =
(α + 1) · (β + 1)
(b − a)2 .
(α + β + 2)2 · (α + β + 3)
PERT verwendet die Betaverteilung. Da die Parameter a, b, α, β jedoch
nicht bekannt sind, werden die Werte gesetzt:
a := OD, m := HD, b := P D
und zusätzlich α + β = 4 gewählt. Daraus ergibt sich:
OD + 4HD + P D
6
2
2
(b − a)
4
a+b
(P D − OD)2
VD =
−
·
−m ≈
28
63
2
36
MD =
53
4.1. PERT
4.1.2
Zeitplanung mit PERT
Das Ergebnis der Zeitplanung bei stochastischen Netzplänen müssen Wahrscheinlichkeitsverteilungen sein. Dabei werden insbes. die Verteilungen der
kürzesten Projektdauer, der Pufferzeiten und somit die kritischen Ereignisse
und Wahrscheinlichkeit einer Terminüberschreitung berechnet.
Bei PERT werden allerdings nur der Erwartungswert und die Varianz
approximativ bestimmt.
Wir gehen bei den konkreten Berechnungen davon aus, dass V = {0, 1, . . . , n}
die Knotenmenge ist, das Netzwerk topologisch sortiert ist, das Start-Ereignis
0 die Quelle und das End-Ereignis n die Senke des Netzwerks ist. Das Projekt
starte immer zum Zeitpunkt 0.
Bei der Projektplanung wird davon ausgegangen, dass die einzelnen Vorgangsdauern paarweise unkorreliert sind; dies ist insbesondere der Fall, wenn
die Vorgänge voneinander unabhängig sind (was in der Praxis nicht unbedingt der Fall ist).
Wir verwenden den Algorithmus von Bellman (längste Wege vom Knoten 0 zum Knoten n) zur Bestimmung der kürzesten Projektdauer. Bei der
Bestimmung der Varianzen und Erwartungswerte wird dabei in unzulässiger
Weise die Reihenfolge der Operationen zur Bildung des Erwartungswerts und
der Berechnung des maximalen Wegs vertauscht.
Vorwärtsrechnung
Wir setzen:
M F Z0 = V F Z0 := 0 .
Für i = 2, . . . , n setzen wir
M F Zi = max (M F Zk + M Dki )
k∈P (i)
und für Ki ⊆ P (i), die Menge der Indices k in denen das Maximum angenommen wird
V F Zi = max(V F Zk + V Dki )
k∈Ki
Rückwärtsrechnung
(
MT
M SZn :=
M F Zn
falls der zu erwartende Endzeitpunkt des Projekts vorgegeben wurde
.
sonst
und
V SZn := 0
54
KAPITEL 4. STOCHASTISCHE NETZPLÄNE
Für i = n − 1, . . . , 1 setzen wir
M SZi = min (M SZj − M Dij )
j∈S(i)
und für Ji ⊆ S(i), die Menge der Indices j in denen das Minimum angenommen wird
V SZi = max(V SZj + V Dij )
j∈Ji
Ereignispuffer
vgl. CPM Von praktischer Bedeutung ist allerdings vor allem der gesamte
Ereignispuffer GPi , der auch Schlupf des Ereignisses i heißt:
M GPi = M SZi − M F Zi
V GPi = V F Zi + V SZi
(obwohl F Zi und SZi nicht unkorreliert sind).
Die kritischen Ereignisse sind die, bei denen
M GPi = M GP0 = M GPn
gilt.
4.1.3
Interpretation
Es wird angenommen, dass die für Ereignis i (insbesondere bei hohen Werten)
berechneten Größen näherungsweise normalverteilt sind mit Mittelwert µi =
M Zi und Varianz σi2 = V Zi .
Dann kann die Wahrscheinlichkeit von Terminüberschreitungen mit Hilfe
der Normalverteilung berechnet werden:
x−µ
P (X ≤ x) = Φ
σ
Insbesondere
P (SZi ≤ θ) = Φ
4.1.4
θ − M SZi
√
V SZi
Fehlerquellen
• Betaverteilung (einfacher z.B. Dreiecksverteilung),
• Schätzfehler,
• korrelierte Ereignisse,
4.1. PERT
55
• Vertauschung Mittelwert / Max führt zu systematischen Unterschätzungen (30% und mehr),
• zentraler Grenzwertsatz gilt nicht,
• kritische Wege sind stochastisch.
Alternative: stochastische Simulation.
56
KAPITEL 4. STOCHASTISCHE NETZPLÄNE
Anhang A
Übungen
A.1
Abgabe
Aufgabe A.1.1. Führen Sie die Projektanalyse, -strukturplanung und Zeitanalyse für das Beispielprojekt 2.1.14 durch.
1. Erstellen Sie eine Vorgangsliste mit Anordnungsbeziehungen,
2. stellen Sie die Projektstruktur mit Hilfe eines MPM-Netzplans dar und
3. führen Sie die MPM-Zeitrechnung unter Angabe der Rechenschritte
durch.
4. Stellen Sie die Projektstruktur mit Hilfe von MS-Project dar und führen
Sie die Zeitrechnung durch.
5. Stellen Sie die Projektstruktur mit Hilfe eines CPM-Netzplans mit möglichst wenigen Scheinvorgängen dar und
6. führen Sie die CPM-Zeitrechnung unter Angabe der Rechenschritte
durch.
7. Vergleichen Sie die Zeitrechnungen, insbesondere auch die Pufferzeiten.
Diskutieren Sie die Unterschiede.
Aufgabe A.1.2. Führen Sie die Projektanalyse, -strukturplanung und Zeitanalyse für ein eigenes Beispielprojekt durch. Das Projekt sollte mindestens
11 Vorgänge und mindestens 18 Anordnungsbeziehungen enthalten; darunter
sollen mindestens 2 Maximalzeiten sein.
1. Beschreiben Sie das Projekt verbal.
57
58
ANHANG A. ÜBUNGEN
2. Erstellen Sie eine Vorgangsliste mit Anordnungsbeziehungen,
3. stellen Sie die Projektstruktur mit Hilfe eines MPM-Netzplans dar und
4. führen Sie die MPM-Zeitrechnung unter Angabe der Rechenschritte
durch.
5. Stellen Sie die Projektstruktur mit Hilfe von MS-Project dar und führen
Sie die Zeitrechnung durch.
6. Stellen Sie die Projektstruktur mit Hilfe eines CPM-Netzplans mit möglichst wenigen Scheinvorgängen dar und
7. führen Sie die CPM-Zeitrechnung unter Angabe der Rechenschritte
durch.
8. Vergleichen Sie die Zeitrechnungen, insbesondere auch die Pufferzeiten.
Diskutieren Sie die Unterschiede.

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