Die Frage nach dem Backrezept

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Die Frage nach dem Backrezept
Westfälische Hochschule | Institut für JPR | WS 2012 | Medienproduktion 1
Die Frage nach dem Backrezept
✤
Welche Schrift ist die allerbeste?
✤
Von der ganzen, ganzen Welt?
✤
Kriterien einer guten Schrift?
✤ Lesbarkeit?
✤ Verständlichkeit?
✤ Einfachheit?
✤ Schönheit?
✤ „Look and feel“?
✤ Auffälligkeit?
✤ Dezentheit?
✤ Nonkonformität?
✤ Themenadäquatheit?
Westfälische Hochschule | Institut für JPR | WS 2012 | Medienproduktion 1
Die 100 besten Schriften. Oder?
✤
www.100besteSchriften.de
✤
Rein designerische Entscheidung!
✤
✤
Die Top 5
✤ 1
Helvetica [Arial] (1957)
✤ 2 Garamond (1530)
✤ 3 Frutiger [Segoe] (1977)
✤ 4 Bodoni (1790)
✤ 5 Futura (1927)
Gegenargumente
✤ Helvetica ist ausgelutscht durch Übernutzung. Garamond
ist für moderne Zwecke zu anachronistisch. Frutiger wird
durch Segoe entwertet. Bodoni ist für kleine Schriftgrößen
ungeeignet. Futura wird (noch) mit den 80ern assoziiert.
Westfälische Hochschule | Institut für JPR | WS 2012 | Medienproduktion 1
Die Ambivalenz der Schrift
✤
✤
✤
Schrift als Informations-Transmissent
✤ sollte schlichtweg „funktionieren“
✤ also schnell lesbar sein
✤ und die Info-Aufnahme optimal begleiten
Schrift als Anmutungs- und Emotionsträger
✤ sollte Regungen wecken
✤ sollte die inhaltliche Aussage stützen,
bestenfalls verstärken
✤ sollte allgemein Lust aufs Lesen machen
✤ unterliegt modischen Wechseln
Aber was ist wichtiger?
✤ Lesbarkeit?
✤ Anmutung?
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Dimensionen der Typografie
✤
✤
✤
Formale Ebene
✤ Klassifizierung von schriftlichen Zeichensystemen
✤ Merkmalsbestimmung und -abgrenzung
Funktionale Ebene
Wie effizient ist ein schriftliches Zeichensystem?
✤ Lesegeschwindigkeit
✤ Lesegenauigkeit
✤ Verstehens-Effizienz
Ästhetische Ebene
✤ Kann Schrift Inhalte (persuasiv) verstärken ...
✤ ... oder konterkarieren?
✤ Kann Schrift zum Konsum anregen/von ihm abschrecken?
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Typografie – überschätzte Kunst?
✤
✤
✤
✤
Die meisten Menschen können Schriften kaum unterscheiden
– geschweige denn beim Namen nennen.
Das bedeutet aber nicht, dass sie nicht auf sie reagieren.
Im Gegenteil: Schrift ist neben Bildern ein Initial-Impuls im präattentiven Prozess
Mögliche Reaktionen
✤ Schrift absehbar schwer lesbar: Abbruch
✤ Schrift kontextuell unglaubwürdig: Transfer auf Inhalt droht
✤ Schrift aggressiv (z.B. fett): Abstoßungs-Empfindung
Westfälische Hochschule | Institut für JPR | WS 2012 | Medienproduktion 1
Dimensionen einer Schrift
✤
✤
Eine „Schrift“ ist die Summe aus ...
✤ Schriftart (Font)
✤ Schriftgröße (nicht: Schriftgrad)
✤ Schriftschnitt (Stil, Gewicht)
✤ Schriftfarbe/Schriftgrund
✤ Zeilenabstand (nicht: Durchschuss)
✤ Zeilenbreite
✤ Ausrichtung (Bündigkeit)
✤ Laufweite
✤ Zeichen-Manipulation (meist böse!)
UND, NICHT ZULETZT ...
✤ ... inhaltlichem Kontext
✤ ... Kombination mit konkurrierender Typografie
Westfälische Hochschule | Institut für JPR | WS 2012 | Medienproduktion 1
Anatomie des Buchstabens (1)
✤
Linien, Höhen, Kegel
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Anatomie des Buchstabens (2)
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Grundlegende Begriffe
✤
Antiqua
✤ Schriftart, die sich in ihrer Form
aus der Capitalis Monumentalis
ableitet – also der römischen Antike.
✤ Mehrzahl: Antiqua, nicht Antiquas
TRAJ
✤
✤
✤
Monotype-Schriftart
✤ Alle Buchstaben sind gleich breit
✤ Beispiel: Schreibmaschinenschriften
illus
Proportionalschriftart
✤ Die Buchstaben sind unterschiedlich breit
✤ Fast alle Schriftarten sind so gebaut
Serifen
illus
Westfälische Hochschule | Institut für JPR | WS 2012 | Medienproduktion 1
Schriftarten: Grobkategorisierung
Hamburgefonts
Hamburgefonts
✤
Serifentragende Schriften
✤
Serifenlose Schriften
✤
Gebrochene Schriften/Fraktur
Hs
✤
Schreibschriften

✤
Symbolschriften
Hamburgefonts
✤
Schmuckschriften
✤
Bildschriften
Hamburgefonts
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Die DIN 16518 (1964)
✤
Deutsche Schriftgruppierung
✤ Gruppe I
Venezianische Renaissance-Antiqua
✤ Gruppe II
Französische Renaissance-Antiqua
✤ Gruppe III
Barock-Antiqua bzw. Übergangs-Antiqua
✤ Gruppe IV
Klassizistische Antiqua
✤ Gruppe V
Serifenbetonte Linear-Antiqua
✤ Gruppe VI
Serifenlose Linear-Antiqua (Groteske)
✤ Gruppe VII
Antiqua-Varianten
✤ Gruppe VIII Schreibschriften
✤ Gruppe IX
Handschriftliche Antiqua
✤ Gruppe X
Gebrochene Schriften
✤ Gruppe XI
Fremde Schriften
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Venezianische Renaissance-Antiqua
✤
✤
✤
✤
Ursprung
✤ 15. und 16. Jahrhundert
Verwendung heute
✤ sehr selten
Typisches Einsatzgebiet
✤ Luther-Bibeln
Merkmale
✤ schwache Strichstärken-Differenzen
✤ massive, rundliche Serifen mit stumpfem Ende
✤ senkrechte Achse linksgeneigt
✤ schräger E-Querstrich
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Französische Renaissance-Antiqua
✤
✤
✤
✤
Ursprung
✤ 16. Jahrhundert
Verwendung heute
✤ gelegentlich
Typisches Einsatzgebiet
✤ Plakatwerbung
Merkmale
✤ etwas stärkere Strichstärken-Differenzen als bei der venezianischen Antiqua
✤ bereits feinere, jedoch stumpf auslaufende Serifen
✤ senkrechte Achse linksgeneigt
✤ gerader E-Querstrich
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Barock-/Übergangs-Antiqua
✤
✤
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✤
Ursprung
✤ 17. und 18. Jahrhundert
Verwendung heute
✤ sehr häufig
Typisches Einsatzgebiet
✤ Zeitungen, Zeitschriften
Merkmale
✤ recht ausgeprägte Strichstärken-Differenzen
✤ starke Balkenstriche
✤ recht feine, eindeutig spitz auslaufende Serifen
✤ senkrechte Achse nur schwach linksgeneigt
✤ gerader E-Querstrich
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Klassizistische Antiqua
✤
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✤
Ursprung
✤ 18. Jahrhundert
Verwendung heute
✤ mittelstark
Typisches Einsatzgebiet
✤ Überschriften
Merkmale
✤ erhebliche Strichstärken-Differenzen
✤ Sehr kräftige Grundbalken
✤ feinste, absolut gerade-horizontale Serifen
✤ senkrechte Achse absolut vertikal
✤ gerader E-Querstrich
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Serifenbetonte Linear-Antiqua
✤
✤
✤
✤
Ursprung
✤ 19. Jahrh. („Egyptienne“)
Verwendung heute
✤ modebedingt gelegentlich
Typisches Einsatzgebiet
✤ Werbung
Merkmale
✤ keine sichtbare Strichstärken-Differenz
✤ massive Serifen (Serifenstärke = Balkenstärke)
✤ alle Achsen geometrisch
✤ gerader E-Querstrich
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Serifenlose Linear-Antiqua
✤
✤
✤
✤
Ursprung
✤ 19./20. Jahrhundert
Verwendung heute
✤ sehr häufig
Typische Einsatzgebiete
✤ Web, Werbung
Merkmale
✤ keine Serifen
✤ fast keine sichtbaren Strichstärken-Differenzen
✤ senkrechte Achse absolut vertikal
✤ gerader E-Querstrich
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Der Kampf um die Groteske
✤
Die ersten serifenlosen Schriften (1820)
nannten die Traditionalisten „grotesk“.
✤
1. Blüte: Konstruktivismus (1900/30).
✤
2. Blüte: Schweizer Typografie (1945/65)
✤
✤
Geometrische Groteske
✤ Futura (1927)
✤ Century Gothic (1991)
Humanistische Groteske
✤ Gill (1930)
✤ Frutiger (1978)
✤ Franklin Gothic (1904)
✤ Helvetica (1957)
abg abg
abg abg
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Diese Gruppen sollten Sie kennen
✤
✤
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✤
✤
Serifentragende Schriften
✤ Renaissance-Antiqua
✤ Barock-Antiqua
✤ Klassizistische Antiqua
✤ Egyptienne
Serifenlose Schriften
✤ Geometrische Groteske
✤ Humanistische Groteske
Gebrochene Schriften/Fraktur
Schreibschriften
Symbolschriften
Schmuckschriften
Bildschriften
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Schlüssel-Aspekte einer Schriftart
✤
✤
✤
Serifen – ja oder nein?
✤ Serifen: tendenziell eher
seriös, geerdet, traditionell
✤ Groteske: tendenziell eher
modern, nüchtern, aber nicht
unseriös
Wenn da: Feinheit der Serifen
✤ Faustformel: je feiner, desto
eleganter
✤ Vorsicht: Haar-Serifen werden
im Druck oft „verschluckt“!
Differenzen der Balkenstärke
✤ je ausgeprägter, desto „eleganter“
Hüte
Hüte
Hüte
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Schlüssel-Aspekte einer Schriftart
✤
✤
✤
Grauwert-Aspekt
✤ wie „schwer“ (plump) ist die
Schriftart insgesamt?
✤ „Leichte“ vs. „schwere“
Schriftarten
Traditionsorientiertheit
✤ Schlüsselzeichen „a“, „g“, „1“
Versal- oder Mediävalziffern?
1234567890
1234567890
✤
Formen der Ligaturen
Hüte
Hüte
ag1
ag1
ag1
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Schlüssel-Aspekte einer Schriftart
✤
✤
✤
Gestehungs-Epoche („Schneide-Epoche“)
✤ Warum Garamond nicht zum Brandenburger Tor passt
✤ und Bodoni nicht zu einem 20er-Jahre-Bildband
„Humanistischer“ Aspekt
✤ wie „konstruiert“ wirkt die Schriftart?
✤ wie „handgezeichnet“ wirkt sie?
Verschleiß-Aspekt (tatsächlich/potenziell)
✤ Helvetica „Flurschaden der Typografie“
✤ Arial
„Bill Gates‘ Rache“
✤ Verdana
„Die Pest im Web“
✤ Times
„Das ,Word‘-Monster“
✤ Schriftmoden wechseln!
tg tg
Arial
Helvetica
Times
Verdana
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Schlüssel-Aspekte einer Schriftart
✤
✤
✤
Rampensau-Aspekt
✤ Wie viel Aufmerksamkeit zieht
eine Schriftart auf sich selbst
– und damit weg vom Inhalt?
auffallen!
bh bh
Höhe der Mittellänge (x-Höhe)
✤ ... in Relation zu Ober-/Unterlänge
✤ „optische Größe“
✤ große x-Höhe = gut verkleinerbar
✤ kleine x-Höhe = eleganter – vielleicht auch interessanter?
od od
Größe der Punzen (Innenabstände)
✤ große Punzen = gut verkleinerbar
✤ große Punzen = offen, weltläufig
✤ kleine Punzen = gedrungen, aber sachlich, geschäftsmäßig
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Und? Was ist nun am besten lesbar?
✤
Heuristische Thesen
✤ Pro Serife
✤ Serifen betonen die horizontale
Text-Ausrichtung
✤ Serifen-Schriften sind diskreter
(Oberlängen-Vergleich)
✤ In bestimmten Kontexten sind
Serifen als Gewohnheit etabliert
✤ Pro Groteske
✤ Die Zeichen sind weniger komplex,
ergo: rascher erfassbar
✤ Groteske sind beliebter
✤ Durchs Internet sind Groteske zur
„neuen Gewohnheit“ geworden
nimm
agq agq
nimm
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Was sagt die empirische Forschung?
✤
✤
✤
✤
Tachistoskopische Verfahren
✤ Ergebnisse:
Leichte Vorteile für die Serife
Tinker/Paterson-Methode (1928–1954)
✤ Ergebnisse:
Hauchdünne, aber nie signifikante Vorteile für die Serife
Weitere Studien
✤ Mit zunehmender „Humanisierung“ der Grotesken
schwindende/nicht mehr messbare Vorteile für die Serife
✤ Seit 1975 mehrere Studien mit Grotesken als Sieger
Fazit
✤ Erkenntnis, dass die Ausstrahlung/Anmutung einer
Schriftart deren objektive Lesbarkeit eindeutig überlagert
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Die Schriftgröße
✤
✤
✤
✤
Maßeinheit der Schriftgröße
✤ Punkt, kurz „pt“
✤ Mehrzahl: Punkt, nicht Punkte
Was der Punkt NICHT wiedergibt
✤ Die Höhe der Großbuchstaben
✤ Die Gesamthöhe der Buchstaben
Was der Punkt stattdessen beschreibt
✤ Die Höhe des Kegels (= Letter)
✤ Wie groß der Buchstabe auf den Kegel
aufgetragen ist, ist nicht festgelegt
Fazit
✤ 11pt entsprechen selten 11pt in einer anderen Schriftart
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Eine Maßeinheit, viele Maße
✤
✤
✤
✤
✤
✤
Fournier-Punkt (1737)
✤ 0,34882 mm = 1/864 der Fußlänge des französischen Königs
Didot-Punkt (1779)
✤ 0,376065 mm = 1/864 des französischen Fußes
Linotype- oder Pica-Punkt (1886)
✤ 0,351459 Millimeter = nahezu 1/72 des amerikanischen Zolls
Typografischer Punkt der EG (1973)
✤ 0,375 Millimeter = geglätteter Didot-Punkt
DTP-Punkt (1982)
✤ 0,352778 Millimeter = exakt 1/72 des amerikanischen Zolls
Prognose: der DTP-Punkt wird sich weltweit durchsetzen.
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Größenbereiche
✤
✤
✤
✤
Ungeeignete Größen
✤ bis 5pt
✤ „Augenpulver“
Konsultationsgrößen
✤ 5–8pt
✤ für Nicht-Lineares (Börsenkurse, Telefonbuch, Visitenkarte)
Lesegrößen
✤ 8–11pt (manche sagen auch: bis 12pt)
✤ für normale Lesetexte
Akzidenzgrößen
✤ ab 11pt aufwärts
✤ BILD: Headlines bis zu 130pt
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Schriftgrößen-Differenzen
✤
✤
Dass 2 Schriften unterschiedlich groß sind, erkennt das Auge
erst, wenn die Differenz etwa 20%, gerne mehr beträgt.
Beispiel
✤ Ausgangspunkt: Überschrift mit 25pt
✤ 20% von 25pt = 5pt
✤ die nächstkleinere Head sollte also maximal 20pt groß sein
Text 25 Punkt
Text 20 Punkt
[ Größen-Differenz: 20% ]
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Schriftschnitte. Eine Übersicht
✤
Alle Schnitte einer Schriftart bilden die SCHRIFTFAMILIE.
✤
Schnitte sind eigenständige, individuell geschnittene Zeichen
✤
✤
✤
✤
✤
Gewichts-Schnitte
✤ leicht, halbfett, fett, extrafett ...
Form-Schnitte
✤ regulär, kursiv, condensed, extended
Versal-Schnitte
✤ Großbuchstaben, Kapitälchen, Gemeine
Dekor-Schnitte
✤ unterstrichen, durchgestrichen ...
... diese 4 Schnitt-Varianten sind wechselseitig kombinierbar!
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Gewichts-Schnitte – Begriffe
✤
✤
✤
✤
✤
Leichte Schnitte
✤ Thin, Light, Extra Thin,
Extra Light, Ultra Thin,
Ultra Light
Normale Schnitte
✤ Roman, Medium, Regular
Halbfette Schnitte
✤ Bold, Semibold, Medium
Helvetica Neue Extra Thin
Helvetica Neue Thin
Helvetica Neue Regular
Helvetica Neue Medium
Helvetica Neue Bold
Helvetica N. Heavy
Fette Schnitte
✤ Bold, Black, Heavy, Extra Bold, Ultra Bold
Extrafette Schnitte
✤ Black, Extra Black, Ultra Black, Extra Bold, Heavy
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Form-Schnitte – Begriffe
✤
✤
✤
Kursive Schnitte
✤ Italic, Oblige, Oblique
Schmale Schnitte
✤ Narrow, Condensed,
Extra Condensed,
Ultra Condensed
Breite Schnitte
✤ Extended, Wide, Ultra Extended, Ultra Wide
✤
Lesbarkeit potenziell stark herabgesetzt!
✤
Nur zur Auszeichnung verwenden!
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Unechte Form-/Versal-Schnitte
✤
Falsche Kursive
✤
Versal-Schnitte
✤ Großbuchstaben
✤ Kleinbuchstaben
✤ Kapitälchen
✤ Vorsicht: Unechte
Kapitälchen!
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Zeilenabstand (1)
✤
✤
✤
✤
Zeilenabstand
✤ vertikaler Abstand
der Grundlinien
Durchschuss
✤ Differenz zwischen
Schriftgröße und
Zeilenabstand
Zusatz-Durchschuss
✤ Natürlicher Abstand
zwischen Grundlinie oben und x-Höhe in Zeile darunter
Notierung
✤ Zeilenabstand
9,5/11,2 (Schriftgröße/Zeilenabstand)
✤ Durchschuss
9,5/1,7 (Schriftgröße/Durchschuss)
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Zeilenabstand (2)
✤
✤
✤
Faustformel 1
✤ Je größer die Schrift, desto geringer der Zeilenabstand
✤ bis 11pt: 2–3 Punkt Durchschuss
✤ 11 bis 20pt: 1–2 Punkt Durchschuss
✤ ab 20pt: kompress oder negativ (= 0 Punkt Durchschuss)
✤ ab 40pt: negativer Zeilenabstand (< 0 Punkt Durchschuss)
Faustformel 2 (nur für Lesegrößen bis 11pt!)
✤ Je mehr Zeichen pro Zeile, desto höher der Durchschuss
Faustformel 3
✤ Je kleiner die x-Höhe, desto kleiner der Durchschuss
✤ ... weil der natürliche Weißraum zwischen Ober- und
Mittelhöhe bereits „Luft“ schafft.
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Zeilenbreite
✤
✤
✤
✤
✤
Messung in „Zeichen pro Zeile“ (Anschläge)
Wirklich relevant nur für Lesetexte.
Headlines nicht betroffen!
Ziel: Das Auge muss am Zeilenende zurückfinden zum
Beginn der Folgezeile.
Forschungsergebnisse sehr uneinheitlich!
Tipps (... auf schwankendem Boden und nur für Lesetexte)
✤ minimal 25 Anschläge
✤ optimal 40–60 Anschläge („doppeltes Alphabet“)
✤ maximal 80 Anschläge
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Satzarten
✤
✤
Flattersatz
✤ ohne Trennungen
✤ linksbündig
✤ zentriert
✤ rechtsbündig
✤ wirkt fortschrittlich,
locker, unkonventionell
Rausatz
✤ mit Trennungen
✤ linksbündig
✤ zentriert
✤ rechtsbündig
✤ wirkt elegant
✤
✤
Blocksatz
✤ durchgehend, mit oder
ohne Trennungen
✤ „letzte linksbündig“
✤ ... oder komplett auf Block
✤ wirkt kompakt, seriös,
vertrauenswürdig
Zentrierter Satz
✤ Schriftachse auf Mittelachse orientiert
✤ wirkt feierlich, elegant
Westfälische Hochschule | Institut für JPR | WS 2012 | Medienproduktion 1
Laufweite
✤
Der Abstand zwischen den Buchstaben bzw. den Wörtern
✤
Buchstaben-Abstand erhöht: „Sperren“
✤
Buchstaben-Abstand verringert: „Stauchen“
Normale Laufweite
Gesperrte Schrift
Gestauchte Schrift
Westfälische Hochschule | Institut für JPR | WS 2012 | Medienproduktion 1
Schriften mischen (1)
✤
✤
Gründe für Mischungen
✤ Attraktivitätssteigerung
✤ Orientierung
✤ Herausstellung
feineMischung
feineMischung
Schriftgruppen-Kontrast
Klassiker: Serife–Groteske
feine
Mischung
Gewichts-Kontrast
Klassiker: regulär–fett
feineMISCHUNG
✤
✤
✤
✤
✤
Form-Kontrast
✤ Klassiker: regulär–kursiv
Größen-Kontrast
feine
MISCHUNG
Westfälische Hochschule | Institut für JPR | WS 2012 | Medienproduktion 1
Schriften mischen (2)
✤
✤
Laufweiten-Kontrast
Farbkontrast
✤ Klassiker: bunt–unbunt
✤ Schwarze Schrift auf weißem Grund
ist besser lesbar als
weiße Schrift auf schwarzem Grund.
BERLUSCONI
Abgang eines Hochstaplers
schwarz
weiß
Westfälische Hochschule | Institut für JPR | WS 2012 | Medienproduktion 1
Schriften mischen (3)
✤
✤
Für ein ansehnliches Produkt ...
✤ ... reichen fast immer 2, maximal 4 Schriftarten
✤ ... in insgesamt 3, maximal 5 Schnitten
✤ ... in insgesamt 2, höchstens 3 Farben
✤ ... in insgesamt 3, maximal 9 Schriftgrößen (je nach Objekt)
Gute Produkte sind typografisch klar organisiert. Z.B.:
✤ Hauptüberschrift: Immer Palatino, 37pt, fett, zentriert
✤ Unterzeile dazu: Immer Myriad, 20pt, zentriert
✤ Fließtext: Immer Palatino, 9,3pt, schwarz
✤ Bildunterzeile: Immer Myriad, 9,1pt, fett, 80% schwarz
✤ Rubrikentitel: Immer Myriad, 9,1pt, Großbuchstaben, blau,
fett, gesperrt
✤ Autorenzeile: Immer Myriad, 9,1pt, Großbuchstaben
Westfälische Hochschule | Institut für JPR | WS 2012 | Medienproduktion 1
Vorbildlich: Die „Zeit“
Westfälische Hochschule | Institut für JPR | WS 2012 | Medienproduktion 1
Vorbildlich: die „Welt kompakt“
Westfälische Hochschule | Institut für JPR | WS 2012 | Medienproduktion 1
Vorbildlich: „faz.net“
Westfälische Hochschule | Institut für JPR | WS 2012 | Medienproduktion 1
Kurz angerissen: Schrift im Web
✤
Das Runde muss ins Eckige. Kurven und Pixel im Streit.
✤
Der Nutzer muss die Schriftart haben. Nicht der Gestalter.
✤
Übrig bleiben: die „web-echten“ Fonts.
✤
Abhilfe ist teilweise in Sicht.
Westfälische Hochschule | Institut für JPR | WS 2012 | Medienproduktion 1
Wo bekomme ich Schriften her?
✤
Schriften herzustellen erfordert Zeit, Wissen und Technik.
✤
Deswegen kosten Schriften meistens Geld.
✤
✤
Kostenpflichtige Quellen (Auswahl)
✤ fontshop.de
✤ linotype.de
Kostenlose Quellen (Auswahl)
✤ dafont.com
✤ schriftarten-fonts.de
✤ myfont.de
✤ fontsquirrel.com
✤ noupe.com/fonts
✤ praegnanz.de/essays/freie-schriften-anspruch-und-wirklichkeit
Westfälische Hochschule | Institut für JPR | WS 2012 | Medienproduktion 1
Wie werden Schriften hergestellt?
✤
Schriften werden heute als Vektoren definiert und geschützt.
✤
Herstellung: in Illustrator
✤
Implementierung: via Font-Software (z.B. „FontMaker“)
Westfälische Hochschule | Institut für JPR | WS 2012 | Medienproduktion 1
Warum kosten Schriften so viel? (1)
✤
✤
1 kompletter „Latin“-Zeichensatz: 166 Zeichen
✤ 26 Großbuchstaben A–Z
✤ 26 Kleinbuchstaben a–z
✤ 10 Ziffern 0–9
✤ 47 Satz-, Währungs-, Anführungs- und Sonderzeichen
✤ ? ; ¤ % & @ ≠ § + # » ∑ ¿ £ { usw.
✤ 28 großbuchstabige länder-/sprachenspezifische Zeichen
✤ Ä Ö Ü Ç Á Å Ø Ñ usw.
✤ 29 kleinbuchstabige länder-/sprachenspezifische Zeichen
✤ ä ö ü ß å ç é à â ñ usw.
Das Ganze „nur“ in Regular, Italic, Bold und BoldItalic ...
✤ ... macht 664 Zeichen
Westfälische Hochschule | Institut für JPR | WS 2012 | Medienproduktion 1
Warum kosten Schriften so viel? (2)
✤
Partnerstadt in der Tschechischen Republik?
✤
Geschäftskontakte nach Spanien?
✤
Broschüre für Brasilien?
✤
Formulare für türkischstämmige Deutsche?
✤
Sie benötigen den vollen Schriftsatz – und vielleicht mehr!
✤ Die Bundesregierung verwendet die „Neue Demos Turk“
✤ ... für Anschreiben an türkischstämmige Bundesbürger
✤ ... und wieder ist eine Schriftart mehr notwendig
✤ ... in kursiv, fett und fett-kursiv
✤ ... oder vielleicht noch in echten Kapitälchen?
✤ ... alternativ mit Mediävalziffern?
✤ ... usw.
Westfälische Hochschule | Institut für JPR | WS 2012 | Medienproduktion 1
Fazit
✤
✤
✤
✤
Schrift determiniert – nach dem Bild – den Ersteindruck.
✤ seriös?
✤ vertrauenswürdig?
✤ glaubhaft?
Schrift muss lesbar sein.
✤ Das gilt für die meisten eingeführten Antiqua-Schriften.
✤ Wichtig sind die Innenräume und die Serifen-Stärken.
Schrift muss passen.
✤ Unterstützt die Schrift die Mitteilung?
Schrift kennt hunderte Konstellationen
✤ Nehmen Sie erst einmal nicht Arial, Verdana oder Times
✤ Es gibt dutzende interessante, tolle Schriftarten.