Mercats de la Terra
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Mercats de la Terra
Thema der Woche 36 Thema der Woche Costa Blanca Nachrichten I Nr. 1637, 30. April 2015 Bio-Gemüse aus eigenem Anbau: Gonzalo Blanco verkauft auf mehreren Mercats de la Terra. Fotos: Anne Thesing, Ángel García Markt der kurzen Wege Chance für Produzenten und Transparenz für Käufer: „Mercats de la Terra“ bieten Direktverkauf von Waren aus der Nähe A. Thesing/S. Eckert Dénia Eine Familie sitzt am Mittagstisch. In der Mitte steht eine Flasche mit Olivenöl, das Antonio von nebenan aus eigener Ernte hergestellt hat. Der Wein kommt von Miguel, der Käse von María. Die Marmelade hat Familie Bolufer mit Obst aus eigenem Anbau eingemacht. Alles Bio, natürlich. Benjamín Ortolà gerät ins Schwärmen, als er diese Szene beschreibt. Für ihn ist sie ein Ideal, das er sich für die Zukunft wünscht. „Wir sollten wissen, woher die Produkte stammen, die wir konsumieren“, findet der Biolandwirt aus Benissa, der mit seiner Associació de la Terra dazu beitragen will, diesem Szenario einen Schritt näher zu kommen. Und so organisiert der Verband seit vergangenem Jahr in Benissa einen Mercat de la Terra, einen Markt mit Waren aus eigener Pro- duktion, ähnlich den deutschen Bauernmärkten. Es ist einer von mittlerweile sieben Mercats de la Terra, die in der Marina Alta in nur zwei Jahren aus dem Boden geschossen sind. Neben Benissa werden alle zwei bis vier Wochen Märkte in Jalón, Orba, im Vall de Laguar und Vall de Gallinera sowie in Pego veranstaltet, in Jesús Pobre findet er wöchentlich statt (siehe Kasten Seite 37). Gut für Käufer und Verkäufer Die Idee ist bei allen ähnlich: Produzenten aus der nächsten Umgebung, vor allem Landwirte und Kunsthandwerker, sollen ihre Waren direkt und ohne Zwischenhändler verkaufen. Zum Wohl der Produzenten, die sich sonst als letztes und schwächstes Glied in der Verkaufskette kaum noch finanziell über Wasser halten können. Und zum Wohl der Käufer, die wissen, woher ihre Produkte stammen. „Der Verkäufer sollte dem Kunden seine Waren erklären können“, sagt die Deutsche Mechthild Schwan. Sie ist Mitorganisatorin des von dem Verband Eixam ins Leben gerufenen Marktes in Orba. In Benissa werden diese persönlichen Erklärungen der Verkäufer sogar durch Bilder gestützt. „Bei uns müssen an den Ständen Fotos aufgehängt werden, die zeigen, wo, wie und von wem produziert wird“, sagt Ortolà. Die Produkte, die auf den Mercats verkauft werden, kommen zum großen Teil aus Bioanbau. Wenn auch nicht immer offiziell. Statt auf das von den Behörden vergebene, mit Kosten und Bürokratie verbundene Biosiegel setzen die Mercats auf Vertrauen. Bei vielen Märkten schauen sich die Organisatoren die Produktion vor Ort an. „Ich erkenne sofort, ob ein Produkt aus Bioanbau stammt oder nicht“, versichert Ortolà. Noch wichtiger als Bio ist für die meisten, dass die Produzenten Marktklassiker Oliven. aus der Nähe kommen. „Natürlich wollen wir Bioprodukte“, sagt Mechthild Schwan. „Aber bevor wir diese von weit her importieren, ist es doch besser, wenn Leute von hier verkaufen. Auch wenn das nicht immer Bio ist. Wir wollen Einkommen vor Ort generieren.“ Ein weiterer fester Bestandteil aller Märkte ist das Rahmenprogramm. Jesús Pobre bietet Führungen durch den Ort, auf anderen Märkten treten Musikgruppen auf, Workshops zeigen alte Berufskenntnisse oder es werden Bücher vorgestellt. „Wir wollen auch der Kultur eine Plattform bieten“, sagt Sandra Mengual, Organisatorin des Mercats in Pego. Die zündende Idee der Mercats de la Terra hatten Jalón und Jesús Pobre: In Jalón eröffnete der erste im Mai 2013, im Juli des gleichen Jahres folgte der in einem RiurauBogengang untergebrachte Markt in Jesús Pobre. „Wir haben festgestellt, dass Produkte, die seit jeher Thema der Woche 37 Nr. 1637, 30. April 2015 I Costa Blanca Nachrichten Im Riurau: Jesús Pobres Markt hat Charme. Leckerer Käse. Auch Kultur gehört dazu. bei uns hergestellt werden, auch in der Krise funktionieren“, sagt Jalóns Regierungssprecher Gerard Fullana. „Unsere Bodega zum Beispiel konnte ihre Gewinne in den Krisenjahren verdoppeln.“ Fullana und sein Team, zu dem neben dem Rathaus das Unternehmen Agricología aus Benidoleig gehört, entschieden sich daher, mit einem Mercat de la Terra die Zugkraft heimischer Produkte zu nutzen. Was nicht nur den Konsumenten und den kleinen Produzenten zugute kommt. „Mit dem Markt, der in Jalón an jedem ersten Samstag im Monat stattfindet, wollen wir erreichen, dass die Besucher unseres großen Flohmarkts, der außerhalb veranstaltet wird, auch in den Ortskern kommen“, sagt Fullana. Und so den ein oder anderen Euro in Bars oder Geschäften lassen. Eine Idee, die funktioniere. Zwischen 1.000 und 3.000 Menschen besuchten Jalóns Mercat an einem normalen Samstag. „50 Prozent davon sind Ausländer. Die Dorfbewohner waren zuerst skeptisch, aber mittlerweile wäre es undenkbar, ihnen den Markt wieder zu nehmen“, sagt Fullana. Aus den anfangs 15 Ständen seien mittlerweile um die 50 geworden. Während bei anderen Mercats bewusst auf das offizielle Biosiegel verzichtet wird, tragen es in Jalón 40 Prozent der Produkte. Neben den Waren ist es das Drumherum, das der Stadtrat an „seinem“ Markt liebt. „Wir haben jedes Mal ein Motto – zum Beispiel Wurstherstellung oder Traubentreten – zu dem es auch eine Performance gibt. Das ist dann zugleich eine Werbekampagne für das entspre- chende Produkt.“ Nicht verstehen kann er, warum andere Rathäuser sich bei der Unterstützung der Märkte so schwer tun, teilweise sogar Steine in den Weg legen. „Das bringt doch Leben ins Dorf.“ Bestes Beispiel dafür ist der Markt in Jesús Pobre mit seinem besonderen Ambiente unter dem Riurau-Bogengang, wo sich die Foto: Asun Tarrasó Woche die Stände aufgebaut werden. „Die Mercats de la Terra brauchen Stammkunden. Und da sie dort Nahrungsmittel finden, die man ständig frisch benötigt, müssen sie auch die Möglichkeit zu einem regelmäßigen Einkauf haben“, ist Carlos Hostalet von der Asociación del Mercat del Riurau überzeugt. Diese Möglichkeit nutzten in „Wir haben festgestellt, dass Produkte, die seit jeher hergestellt werden, auch in Krisenzeiten funktionieren“ Kunden um Stände mit Obst und Gemüse, aber auch traditionellen Spezialitäten wie Coca-Gebäck, Gemüsekonserven oder Marmeladen drängen. Die zündende Idee für den Mercat kam vom Anwohnerverein. Das Rathaus bietet zwar keine finanzielle Unterstützung, hilft aber, wo es kann. Der Markt in Jesús Pobre ist bisher der einzige, bei dem jede Jesús Pobre vor allem europäische Residenten. „Sie sind unsere treuesten Kunden.“ Selbst unter den Standbetreibern seien sie vertreten. Mit Limoncello-Likör von einem Italiener, Teegebäck von Briten und an manchen Tagen Raclette von Schweizern – alles hausgemacht. „Die Residenten lieben es, draußen einzukaufen. Sie lieben die Atmosphäre mit Livemusik Kunsthandwerk aus recyceltem Holz. und genießen das Ursprüngliche, das Bunte“, diese Erfahrung hat auch Mechthild Schwan mit dem Markt in Orba gemacht. Und selbst in Pego wurde der erst Ende Februar eröffnete Markt bereits gut von Residenten angenommen. An jedem zweiten und vierten Samstag im Monat werden hier am Paseo de Cervantes die Stände aufgebaut. Hinter einem erläutert Gonzalo Blanco gerade seine Olivensorten, bei ihm scheint es heute gut zu laufen. Hausfrauen stehen Schlange und lassen sich die mit Orangen oder Knoblauch eingelegten Oliven in Tüten füllen. Auch frische Zwiebeln, Bio-Saisongemüse und Eier von glücklichen Hühnern reicht er über den Verkaufstisch. Außer in Pego verkauft Blanco auf den Märkten in Jesús Pobre und Orba. So machen es viele, für einige sind die Mercats de la Terra mittlerweile eine wichtige Einnahmequelle geworden. „Nur fünf Prozent der Waren, die wir im Su- Von Markt zu Markt Mercats de la Terra in der Marina Alta Jalón: 1. Samstag im Monat, 9-15 Uhr, Plaza Major, Facebook: Mercat de la Terra Benissa: 2. Samstag im Monat, 9-14 Uhr, Plaza Jaume I, Facebook: Mercat dels Porxes Pego: 2. und 4. Samstag im Monat, 10-14 Uhr, Paseo Cervantes, Facebook: Terra de Pego, Mercat de la Vila Vall de Gallinera: 2. Sonn- tag im Monat, 10-15 Uhr, jeweils in einem der Dörfer des Vall de Gallinera, Facebook: Mercat de la Foradà. Angrenzend ans Vall de Gallinera: Mercat de Margarida, 1. Sonntag im Monat, 9-14 Uhr. Orba: 3. Samstag im Monat, 9-14 Uhr, Kirchplatz, Facebook: Mercat d’Awraba Vall de Laguar: 4. Sonntag im Monat, ab 10 Uhr, jeweils in ei- Foto: icon panorama nem der Dörfer des Vall de Gallinera, Facebook: Mercat de Laguar Jesús Pobre: Jeden Sonntag, 10 bis 15 Uhr, im Riurau, Facebook: „Mercat del Riurau“ Im Sommer machen einige Märkte Pause, andere werden auf den Nachmittag oder an einen anderen Ort verlegt. Aktuelle Infos auf Facebook. permarkt kaufen, kommen noch aus der Gegend, das ist doch traurig“, sagt Blanco. „Selbst auf den normalen Wochenmärkten verkaufen kaum Produzenten von hier.“ Besser als im Supermarkt Dabei haben sie einiges drauf, die Produzenten von hier. „Das schmeckt besser als im Supermarkt“, sagt Toni Puigserver, die an diesem Markttag in Pego ihre Einkaufstaschen mit Gemüse gefüllt hat. Ein leckerer Duft lockt sie weiter. „Cocas del Forat“, ein herzhaft belegtes Teiggebäck, wird an einem Stand frisch hergestellt. „Das verkaufen wir nur auf den Märkten, es ist das Rezept unseres Großvaters“, sagt Tere Perelló. Vorbei an Ständen mit Uhren aus recyceltem Holz, DVDs mit Dokumentarfilmen zur valencianischen Geschichte und Säckchen mit Bomba-Reis geht es weiter zu Mónica López und ihren verschiedenen Brotsorten, unter anderem aus Dinkel- und Johannisbrotbaummehl. „Einen eigenen Laden könnte ich mir nicht leisten“, sagt sie. Den Mercat schätzt sie nicht nur, weil sie dort ihre Ware an den Mann bringt. „Es ist auch ein soziales Ereignis. Man schließt Freundschaften, knüpft Kontakte.“ Dieser soziale Aspekt steht auch für den Markt im Vall de Gallinera, der von Dorf zu Dorf wandert, ganz oben auf der Prioritätenliste. „Wir wollen damit einerseits die Dörfer wieder zum Leben erwecken, andererseits aber auch die Kontakte zwischen den Menschen aus den verschiedenen Orten fördern“, sagt Majo Puig, die den Markt mit dem Namen 38 Thema der Woche „Mercat de la Foradà“ organisiert und hier und auf anderen Märkten herzhafte Teigtaschen verkauft. „Die Menschen können sich über ihre Produkte austauschen und voneinander lernen“, beschreibt Sandra Mengual, die den Markt in Pego mit dem Wohltätigkeitsverein Alma auf die Beine gestellt hat, die soziale Idee – die sich zur kommerziellen gesellt. „Das soll keine sporadische Fiesta sein, sondern ein Markt für den BasisEinkauf mit erstklassigen Produkten, von denen viele am selben Morgen noch am Baum hängen.“ Rechtslücke füllen Doch ob und wie das Konzept funktionieren kann – das wissen alle Beteiligten – hängt nicht nur von den Organisatoren, Verkäufern und Kunden ab. „Wir brauchen mehr Rückhalt von den Behörden“, sagt Gonzalo Blanco. Das Problem seien fehlende Normen, was die rechtliche Situation der Marktverkäufer und die Hygienevorschriften bei dieser Form des Direktverkaufs betrifft. Um diese „Rechtslücke“, wie Benjamín Ortolà sie nennt, zu füllen, hat sich unter den Marktverkäufern bereits eine Arbeitsgruppe gebildet, die Vorschläge entwerfen und bei den zuständigen Stellen einreichen will. „Zurzeit wird rechtlich nicht zwischen kleinen und großen, industriellen Produzenten unterschieden“, sagt Sandra Mengual. „Das ist doch absurd.“ Das findet offenbar auch Dacian Ciolo, bis 2014 war er EUKommissar für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung. Die Behörden sollten sich die Frage stellen, wie sie für einwandfreie Hygiene und Lebensmittelsicherheit sorgen können, ohne Hindernisse für die Schaffung kleiner Betriebe aufzubauen. Solche Betriebe haben nicht dieselbe Investitionskraft wie die großen Unternehmen“, sagte er in seiner Eröffnungsrede einer im April 2012 in Brüssel veranstalteten Konferenz, die das wirtschaftliche Potenzial verkaufsortsnaher Landwirtschaft und kurzer Vertriebswege unter die Lupe nahm. Untersuchungen zeigten, dass die Nachfrage nach Produkten aus der Umgebung bei Verbrauchern sehr groß sei, so Ciolo. Darüber hinaus fördere die ortsnahe Versorgung „neben der Vermeidung langer Transportwege auch die wirtschaftliche Entwicklung der Regionen und gibt den Verbrauchern die Möglichkeit, aktiv zur Entwicklung der lokalen Wirtschaft beizutragen“, sagte er weiter und nannte als Beispiel die Bauernmärkte in Großbritannien. Der erste wurde hier 1997 gegründet, mittlerweile finden jährlich über 7.500 statt. Und auch Deutschland ist Vorreiter: Hier Costa Blanca Nachrichten I Nr. 1637, 30. April 2015 Arbeitsplätze und Gesundheit Moreno Torregrosa sieht die Mercats de la Terra als vielversprechendes neues Wirtschaftsmodell Valencia – se. Der Agraringenieur Pascual Moreno Torregrosa ist der Koordinator des Lehrstuhles Tierra Ciudadana an der Universidad Politécnica de Valencia. Er steht damit an der Spitze eines Teams von Wissenschaftlern im Umfeld der Universität, die sich auf internationalem Niveau mit den Themen Landwirtschaft, Ernährung und ländliche Entwicklung befassen. Die CBN traf ihn bei einem Vortrag über die Mercats de la Terra in Dénia. Plantagen, wo junge Leute, die man zunächst aber ausbilden müsste, auf großer Skala anbauen könnten. Die Rathäuser müssen dafür sorgen, dass einheimische Obst- und Gemüsesorten nicht aussterben und wieder angebaut werden. Und sie müssen anregen, dass sich Produzenten zusammenschließen und gemeinsam ihre Interessen vertreten. Wie kann ein Rathaus die Mercats de la Terra fördern? Jeder Ort muss einen haben, die Rathäuser müssen für Infrastrukturen sorgen, sie bei Bedarf selbst gut verwalten und für sie werben. CBN: Hat der Aufstieg der Supermärkte die Lebensmittelqualität ruiniert? Moreno Torregrosa: Vor 25 Jahren erlebten die großen Supermärkte in Spanien einen Boom, weil sie billiger waren, Parkmöglichkeiten und auf den ersten Blick mehr Hygiene und Lebensmittelsicherheit boten. Heute aber sind sie in der Krise. Sie können den Arbeitsablauf nicht weiter rationalisieren, die Handelsmarken bringen viel Geld ein, vertreiben aber auch viele Kunden. Mit der Wirtschaftskrise ist ein Preiskampf entbrannt, was zur Folge hat, dass die Qualität besonders von Fleisch und Fisch sowie Obst und Gemüse stark sinkt. Und der soziale Aspekt? Supermärkte funktionieren wie Fabriken, die übertriebene Spezialisierung auf einen Arbeitsablauf frustriert aber Angestellte wie Kunden. Der Käufer redet mit niemandem, er findet kaum einen Angestellten, der ihn beraten kann. Die füllen nämlich nur die Regale auf und wissen selbst kaum über ihre Produkte Bescheid. Die langen Öffnungszeiten beeinträchtigen nicht nur das Familienleben der Mitarbeiter. Sie führen auch da- gibt es allein in Berlin jede Woche über 200 Bauernmärkte. Spanien hinkt hinterher Die Aufgabe der EU ist es laut Ciolo, „ein klares Signal zu geben, dass wir bereit sind, die ortsnahen Produktionszweige zu unterstützen“. Den Mitgliedsstaaten sollten laut damaliger Aussage Ciolos ab 2013 Fördermaßnahmen zuteil werden, um den Unternehmensgeist in ländlichen Gebieten zu stärken. Zumindest in der Marina Alta, das zeigen die neuen Mercats de la Was kann der Staat tun? Spanien muss sich etwas von der EU unabhängig machen und selbständig denken. Nicht nur das Land, sondern sogar die Regionen und Gemeinden sollten sich so weit wie möglich autonom versorgen. Und man muss die Konsumenten zum bewussten Einkauf erziehen. Sie dürfen nicht nur auf den Preis schauen, sondern müssen auf Qualität und Inhaltsstoffe achten. Sonst drohen schwere Folgen für die Gesundheit. Pascual Moreno nimmt die Politik in die Verantwortung. Foto: S. Eckert zu, dass viele Kunden keinen langfristigen Plan mehr aufstellen, was Lagerhaltung oder Speisefolge betrifft. Da haben die verantwortlichen Politiker versagt. der Bergbau und andere Sektoren sind praktisch verschwunden und haben unzählige Arbeitslose hinterlassen. Langfristig und mit großen Kosten muss das Land wieder industrialisiert werden. Inzwischen kann der Agrarsektor einspringen. Sind diese Märkte eine Mode oder ein neues Wirtschaftsmodell? In Spanien gibt es sechs Millionen Arbeitslose und nur in der Landwirtschaft – einschließlich der industriellen – kann man kurzfristig und ohne große Investitionen Stellen schaffen. Seit dem Eintritt in die EU wurde Industrie abgebaut. Die Stahlindustrie, der Schiffsbau, Wie können da die Gemeinden helfen? Sie haben generell wenig Möglichkeiten Stellen zu schaffen, doch dieser Sektor bietet eine. Erstens müssten sie Banken für Agrarflächen einrichten. Es gibt tausende Hektar brachliegende Äcker und Sie zeigen, dass bewusster lebende Konsumenten die Diktatur der Supermärkte und den Lebensmittelhandel im Fabrikstil satt haben. Es ist die Geburt eines neuen Wirtschaftsmodells – bisher stehen wir am Anfang, aber es könnte schnell wachsen. Die Markthändler sollten sich zusammenschließen und für ihre Interessen kämpfen, denn umso erfolgreicher sie werden, desto mehr Widerstand ist von den Supermärkten zu erwarten. Terra, gibt es diesen Unternehmergeist. Nur an den Fördermaßnahmen scheint es zu fehlen. „Die spanische Gesetzgebung sieht keinerlei spezielle Regelung zu kurzen Vertriebswegen im landwirtschaftlichen Ernährungssektor vor“, wird in einer Studie des spanischen Landwirtschaftsministeriums vom April 2013 festgestellt. Obwohl die EU-Mitgliedsstaaten aufgefordert seien, beispielsweise die industriellen Hygienevorschriften an die kleinen Produzenten anzupassen, sei dies in Spanien bisher – also bis 2013 – nur in Andalusien, Katalonien und Navarra geschehen. Bis heute scheint sich da nicht viel verändert zu haben. „Wir wollen fähig sein, unsere Nahrung selbst zu produzieren und uns selbst zu versorgen“, erklärt Joan Ortolà, Gründer des Mercats im Vall de Laguar, das Konzept, das hinter den Märkten steht. Die sich übrigens nicht als Konkurrenten, sondern als Verfechter eines gemeinsamen Zieles sehen. „Aber in Spanien werden leider nach wie vor große Lebensmittelunterneh- men gegenüber den kleinen Produzenten bevorteilt, damit liegt auch unsere Gesundheit in den Händen der Industrie“, so Ortolà. Noch deutlicher spricht es sein Namensvetter Benjamín aus Benissa aus. „Die Menschen essen Müll und wissen es nicht“, so der Biolandwirt. Doch es scheint sich was zu tun. Gerard Fullana aus Jalón ist optimistisch, wenn er an die vielen Märkte denkt, die sich in kurzer Zeit allein in der Marina Alta etabliert haben. „Offenbar setzt langsam ein Umdenken ein“, sagt er. Können die Mercats de la Terra Arbeitsplätze schaffen?