Leserbrief D. Fortmann

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Leserbrief D. Fortmann
„Donaustrand - wie wär´s mal mit ein paar Tatsachen?
Der Donaukies muss in periodischen Abständen auch an der Friedrichsau ausgebaggert werden.
Wenn man ihn nun auf hundert Meter Länge an einer eh vorhandenen Bucht abgelagert, anstatt
ihn auf Lastwagen zu laden und dann mit Lärm und Abgasen durch Ulm zu abtransportieren, so
kostet das praktisch dasselbe oder kaum mehr - in Nullsummenspiel!
Hundert Meter zugängliches Donauufer für Kinder und Erwachsene und eine schon vorhandene
Liegewiese - das ist der Kern des Vorhabens der Stadt. Das geht beim wohlinszenierten
Theaterdonner um den Donaustrand völlig unter.
Und die hohen Kosten? Das sind alles sekundäre Maßnahmen, die damit nur indirekt in
Verbindung stehen, gestreckt oder auch gestrichen werden können! Hier wäre detaillierte bessere
Information der Öffentlichkeit statt geschürter Empörung angebracht. Die Bildungsoffensive Ulm
muss jedenfalls wegen der hundert Meter Kiesstrand nicht ins Stocken geraten.
Alle Städte an Flüssen entdecken heute diese neu und planen, wie sie ihre Flüsse den Bürgern
besser zugänglich machen können. Seit Jahren grübeln die Wasserbehörden des
Regierungspräsidiums darüber nach, wie man auch in Ulm das Donauufer naturnaher und offener
gestalten könnte. Jetzt soll durch die geplante Leistungserhöhung des Donaukraftwerks Böfingen
der Wasserspiegel der Donau um einen halben Meter angehoben werden. Das passt doch
hervorragend zusammen!
Mit Naturschutz hat das Vorhaben nichts zu tun. Dafür empfehlen sich ruhigere Bereiche weiter
flussaufwärts. Aber auch nicht mit dem Gegenteil. Die eh reichlich vorhandenen Stockenten und
Schwäne werden sich nicht weit verscheuchen lassen. Mit dem Erleben von Natur und Landschaft
mitten in Ulm aber hat es sehr viel zu tun. Ein naturnaher Zugang zu unserer Donau, mehr nicht.
Seit Jahrtausenden hat der Homo Sapiens seine Flüsse auch zum Baden entdeckt. Die Ulmer
waren schon vor 200 Jahren dafür bekannt, dass sie früher und besser als Andere das
Schwimmen erlernt hatten: in der Donau! Noch bis zum 2.Weltkrieg konnte man in den
schwimmenden Holztrögen der Firma Hailbronner Schwimmen lernen. Nicht wenige Ulmerinnen
und Ulmer können sich daran noch erinnern.
Und heute könnte Ulm einmal im Jahr am Europäischen Flussbadetag „Big Jump“
mitmachen, wenn Hunderttausende an Rhein, Weser, Elbe, Oder, Neckar, aber auch andernorts
an der Donau ihren Fluss ganz neu erleben.
Und wer sich geniert, sich nur mit dem Handtuch umzuziehen: das SSV-Bad gegenüber bietet
jeden Komfort. Also allen Entenfüßen, Hasenfüßen, Nichtschwimmern und Kopfschüttlern zur
Beruhigung: Niemand soll in die Donau gescheucht oder gelockt werden! Aber was spricht
dagegen, dass manche lieber in der natürlichen Strömung eines Flusses baden als im gechlortem
Wasser eines Betonviereck? Die Wasserqualität jedenfalls nicht, der das Regierungspräsidium
ausdrücklich Badequalität bescheinigt hat.
Also fangen wir doch mal klein an und sehen, ob unsere Kinder und Enkel nicht doch die Schuhe
ausziehen und im Wasser planschen, stochern und bauen werden, wenn ihnen die
Donau so hautnah entgegen kommt. Der neue Neckarstrand in Ladenburg (siehe Foto) ist
jedenfalls ein großer Erfolg geworden.
Dr. Dieter Fortmann
Vorsitzender des BUND Ulm