Nr.68 – 2014-01 hellblau

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Nr.68 – 2014-01 hellblau
Inhalt Coachingbrief Nr. 68
/ 27. Januar 2014
1. Gute Beziehungen sind die beste Medizin
2. Dem täglichen Zeitdruck elegant entkommen
Nr. 68
3. Dreh die Schuhe einfach um
4. Wie man einen Frosch kocht
5. Mein Gott ist das peinlich!
6. Vorsicht Humor
Dies ist ein Gratis-Coachingbrief für
Kunden und Freunde des Institutes.
Er wird regelmäßig per E-Mail verschickt und ist zudem in ausgedruckter Form auf dem Prospektständer im Institut mitzunehmen.
Hallo lieber Coachingbriefleser,
gestern haben die neuen Kurse begonnen. „Gesunde, dauerhafte Gewichtsreduktion“,
ein 12-wöchiges Verhaltenstraining mit Hypnose und Klopftechnik PEP. Es sind wieder
vier Gruppen und alle bis aus den letzten Platz besetzt. Manchmal kann ich es selbst
kaum glauben, dass ich dies nun schon seit 15 Jahren so machen und sich seit dieser
Zeit schon weit über 3.000 Menschen die Tür meines Institutes in die Hand gegeben
haben. Bitte lege es nicht als Überheblichkeit aus, aber es gibt wahrscheinlich nicht
viele Therapeuten oder Coaches, die auf diesem Gebiet so viel Erfahrung haben wie
ich.
Öfters habe ich schon mal überlegt, ob ich nicht den Titel origineller gestalten sollte,
aber mit mehr Originalität bin ich sehr schnell im Jargon der vielen Abnehm-Aktivitäten,
von denen gerade am Anfang des Jahres die Zeitungen voll sind. Und wer meine
Arbeit kennt, weiss, dass ich weit von solchen Symptombekämpfungsmaßnahmen mit Versprechungen wie 10 Kilo in nur vier
Wochen entfernt bin. In meiner Arbeit geht es nicht darum,
möglichst schnell möglichst viel abzunehmen, in der naiven
Hoffnung, nun wäre alles gut. Viel mehr gilt den Ursachen für das
Übergewicht auf die Spur zu kommen, ungünstige Verhaltensgewohnheiten und Bewältigungsstrategien zu erkennen und andere
Lösungen dafür zu finden. Letztendlich ist dies auf Dauer die
einzige Möglichkeit um dauerhaft mit seinem Problem Übergewicht
eine Lösung zu finden. An dieser Stelle sei noch einmal das
lesenswerte Buch des Lübecker Neurobiologen Prof. Dr. Achim
Peters „Mythos Übergewicht“ empfohlen.
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1. Gute Beziehungen sind die beste Medizin
Wie alt bist du? Ja, ich weiß: man ist so alt, wie man sich fühlt. Ich wünsche dir jedenfalls ein
langes Leben. Die Voraussetzungen dafür sind bestens: die Lebenserwartung hat in den
letzten 130 Jahren in Deutschland mehr als verdoppelt:
Jahr
Männer
Frauen
1880
1910
1930
1950
1980
2011
35,58
47,41
59,86
63,95
69,62
78,07
38,45
50,68
62,81
68,02
76,17
83,01
Jahre
Jahre
Jahre
Jahre
Jahre
Jahre
Die Lebenserwartung steigt jährlich und wird sich bis 2030 weitere 6,1 Jahre erhöht haben.
Die Hauptgründe dafür liegen auf der Hand: bessere medizinische Versorgung, Ernährung,
Arbeitsbedingungen, soziale Absicherung, um die wichtigsten zu nennen.
Trotzdem ereilt auch heute noch jeden früher oder später der Tod. Die häufigste Todesursache sind immer noch Herzerkrankungen. Trotz bester Pharmazie, Geräten und Vorsorge
sterben die Menschen am häufigsten am kaputten Herzen.
Karge Beziehungen können zum frühen Tod führen
Im Betrieb herrscht ständig dicke Luft, von
mangelnder Teamarbeit ganz zu schweigen. In der Familie ist Zank und Streit an
der Tagesordnung. Der Rechtsstreit mit
dem Nachbarn um den Grenzabstand zieht
sich hin. Verwandte waren schon lange
nicht mehr zu Besuch und für Freundschaften bleibt sowieso keine Zeit mehr. So
könnte man sich den Alltag eines missmutigen und total unzufriedenen Menschen
vorstellen.
Damit sind die Weichen zu einer
drastischen Verkürzung seiner Lebenszeit
gestellt. Nicht etwa weil er übermäßig isst, raucht, trinkt und sich nicht bewegt, sondern weil
ihm etwas elementar Wichtiges zur Erhaltung seiner Gesundheit fehlt: befriedigende soziale
Kontakte und psychischer Rückhalt von Freunden und Verwandten.
Die amerikanische Wissenschaftlerin Julianne Holt-Lunstad hat mit ihrem Team 148 Studien
mit insgesamt 308.000 Menschen ausgewertet. Das Ergebnis zeigt, dass sich die Wahrscheinlichkeit, alt zu werden, um 50 % erhöht, wenn man in Beruf, Familie und Freundeskreis
mit freundlichen Menschen umgeben ist. Das setzt aber auch voraus, selbst etwas dafür zu
tun, dass andere Menschen freundlich zu einem sind. „Dass karge soziale Beziehungen zum
frühen Tod führen können, ist weder den Gesundheitsbehörden noch in der Öffentlichkeit
ausreichend bekannt“, resümiert Holt-Lunstad.
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Der gute Umgang mit sich selbst
Die körperlichen Risikofaktoren durch eine ungesunde Lebensführung sind hinreichend
bekannt. Wer keine Freunde und keine gute familiäre Anbindung hat, ist stärker von
Herzinfarkt, Schlaganfall und anderen Erkrankungen bedroht als Menschen mit guten
sozialen Kontakten.
Wie die Studie ergab, bezieht sich dies keineswegs nur auf ältere Leute. Gute Beziehungen
und Freundschaften schützen in allen Altersgruppen. Insbesondere die Harmonie innerhalb
der Familie hat offenbar große Auswirkungen. Warum ein starker sozialer Rückhalt sich so
positiv auf die Gesundheit auswirkt, ist noch nicht genau erforscht. „Wenn jemand mit einer
Gruppe verbunden ist und sich für andere verantwortlich fühlt, überträgt sich das wohl auf den
Umgang mit sich selbst“, sagt Holt-Lunstad. „Man passt dann besser auf sich auf, lebt
gesundheitsbewusster und geht weniger Risiken ein.“ Schon in der Bibel ist zu lesen: „Es ist
nicht gut, dass der Mensch allein sei.“
Gute Freunde kann niemand trennen
Wissenschaftler plädieren inzwischen dafür, den Mangel an erfreulichen Beziehungen ernster
zu nehmen und in die Liste der großen Gesundheitsgefahren und Risikofaktoren
aufzunehmen. Es gehe nicht nur um Ernährung, Bewegung und Senkung der
Cholesterinwerte. „Gute Freunde kann niemand trennen, gute Freunde sind nie allein“, sang
einst Franz Beckenbauer und bekanntlich hat der Kaiser immer recht. Die Begründung dafür
wird auch gleich im Schlagertext mitgeliefert: „Weil sie eines im Leben können: füreinander da
zu sein.“ Im Freundeskreis geht es oft entspannter zu und es gibt meist seltener Stress als im
engsten Kreis der Familie. Wer sich von seinen Freunden verstanden und bei ihnen
aufgehoben fühlt, stärkt seine Abwehrkräfte, schont Herz und Gefäße und ist weniger anfällig
für Krankheiten.
Der Mensch ist ein Rudeltier
Zufriedenheit und Gesundheit sind ansteckend. Wer von zufriedenen Menschen umgeben ist,
dem wird es in Zukunft wahrscheinlich noch besser gehen. Warum das so ist, wird von
Wissenschaftlern erst nach und nach entschlüsselt. Bei Menschen ohne befriedigende soziale
Netzwerke stellte man höheren Blutdruck und verhärtete Arterienwände fest. Auch im
Speichel und im Urin wurden erhöhte Stressmoleküle wie Kortisol und Noradrenalin
gemessen.
Aus evolutionärer Sicht bietet sich eine sinnvolle Erklärung an: Der Mensch ist ein Rudeltier.
Wer früher, als wir noch täglich Lebensgefahren ausgesetzt waren, alleine, ohne das
schützende Rudel unterwegs war und sich nicht auf die Unterstützung der Gruppe verlassen
konnte, musste deutlich aufmerksamer und angespannter sein. Heute sind wir in aller Regel
nicht mehr ständig lauernden Gefahren für Leib und Leben ausgesetzt, aber wer allein in
seinem Leben unterwegs ist, läuft Gefahr, unter einem erhöhten Anspannungsmodus zu
leiden. Wer einsam seine Kreise zieht, trägt damit höhere Krankheitsrisiken in sich.
Gute Gefühle sind ansteckend
Gemeinsamkeit ist die beste Medizin. Gegenseitige Unterstützung, sei es in der Familie, im
Beruf oder im Freundeskreis, macht uns kurzfristig leistungsfähiger und langfristig gesünder.
Teamwork tut gut und macht glücklich. „Elf Freunde müsst ihr sein!“, sagte schon der
legendäre Bundestrainer Sepp Herberger und hatte damit Erfolg. Gute Gefühle breiten sich
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aus, wenn man mit anderen zusammenkommt und sich dazugehörig und angenommen fühlt.
Gute Gefühle sind ansteckend. Wissenschaftler haben herausgefunden: Wenn ein
befreundeter Mensch oder ein Familienmitglied glücklich ist, erhöht sich die
Wahrscheinlichkeit um 25 %, ebenfalls glücklich zu werden. Für die restlichen 75 % ist
allerdings jeder selbst zuständig.
2. Dem täglichen Zeitdruck elegant entkommen – Verblüffend einfache Lösungen
Kennst du die Geschichte von der Frau, die so damit beschäftigt ist, das Wasser vom Boden
aufzuwischen, dass sie nicht dazu kommt, den Wasserhahn abzudrehen? Oder die von Hein,
der so besessen mäht, dass er auf den gut gemeinten Zuruf „Mensch, Hein, du musst deine
Sense schärfen, die ist total stumpf!“ zurückruft: „Keine Zeit, ich muss mähen!“
„Nette Geschichten“, höre ich dich sagen, „aber im richtigen Leben ist das nicht so einfach.“
Mag sein. „Ich habe viel um die Ohren, es muss ja schließlich alles gemacht werden, ich
bestimme das nicht alleine und außerdem gibt es nun mal Sachzwänge“, erklärst du mir
vielleicht. Das mag alles so sein. Wie wir es auch drehen und wenden, es sind täglich ganz
genau 24 Stunden, die jedem zur Verfügung stehen, da ist das Leben sehr gerecht. Egal ob
jemand viel oder wenig zu tun hat. Und
es werden auch keine 25 Stunden, wenn
wir Frühstück und Mittag durcharbeiten,
wie es in Witzen heißt. Zeit ist kein
Optimierungsproblem, sondern eine sehr
persönliche Sache. Deshalb liegt es an
uns, Zeit so zu nutzen, dass sie uns gut
tut. Wenn es doch so viel Zeit gibt und
täglich Nachschub, was macht dann
unseren Zeitmangel aus?
Warum haben wir das Gefühl, nie genug
Zeit zu haben? Sehen wir uns unsere
Einstellung dazu genauer an.
Nach satt kommt schlecht
„Wo ist denn jetzt die verblüffend einfache Lösung, die in der Überschrift versprochen wird?“,
wirst du vielleicht drängeln. Moment, ich muss dir erst noch etwas verdeutlichen. Unser Tag
mit seinen 24 Stunden und der unendlichen Fülle von Möglichkeiten, was wir daraus machen
können, gleicht einem riesig großen Galabuffet. Greif mit vollen Händen zu! Nimm dir leckere
Garnelen, geräucherte Forellenfilets, Parmaschinken mit Melone, die schmackhaften Salate
und nicht zu vergessen auch noch ein paar von den unwiderstehlichen Hackbällchen. Danach
geht’s weiter mit der Spinatlasagne mit norwegischem Wildlachs, zarten Hühnerbrüstchen mit
Tomatenrisotto, Hirschkalbsbraten mit Preiselbeersoße und zartem Tafelspitz mit Meerrettichsahnetunke. Auf jeden Fall musst du noch das rosa gebratene Roastbeef genießen, das auf
der Zunge zergeht, die Schweinelendchen im Champignonrahm und die Seezungenröllchen
mit Safranreis. Nicht Crème brûlée oder Pfirsich-Mascarpone-Creme mit Cookies ist die
Frage, denn natürlich nimmst du eine große Portion von beidem und Eis mit heißen
Himbeeren sowie Schokoladenmousse sind sowieso unverzichtbar. Manch einem wird schon
vom Lesen schlecht …
Übertrieben? Vielleicht. Aber selbst der hungrigste Esser muss sich irgendwann geschlagen
geben. Natürlich hast du das Gleichnis längst verstanden, du bist ja nicht begriffsstutzig. „Das
kann man so nicht vergleichen“, maulst du? Warum denn nicht? Bietet dir das Leben nicht
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täglich ein gigantisches Buffet aller Möglichkeiten, die man sich nur vorstellen kann? Okay, du
musst es noch selbst zubereiten, aber du hast ja auch 24 Stunden täglich zur Verfügung. Und
hast du nicht letztendlich den Wunsch, in deinem Leben satt zu werden und dabei möglichst
viel zu genießen? Nach „satt“ kommt bekanntlich „schlecht“, dann geht der Genuss flöten.
Worin besteht also die Kunst, das Buffet wirklich zu genießen? Man muss auswählen –
sowohl was einem am besten schmeckt, als auch welche Portionsgröße einem gut tut.
Die neuroemotionale Falle im Gehirn
Wer erfolgreich sein Leben meistern will, im Beruf ebenso wie privat, muss immer auswählen
und klug mit seinen Kräften haushalten. Das ist gar nicht so einfach. Es geht nicht darum,
noch schneller den Boden aufzuwischen oder zu mähen, sondern den Umgang mit seiner Zeit
zu verbessern. Oft klagen wir, keine Zeit zu haben, und Benjamin Franklin redete uns sogar
ein, Zeit sei Geld. Tatsächlich jedoch ist Zeit viel mehr wert als Geld. Das hindert uns nicht
daran, oft nachlässig damit umzugehen. Was ist dir wertvoller: die Ballettaufführung deiner
Tochter, die Geburtstagsfeier bei Freunden, das gemeinsame Abendessen mit der Familie,
sich selbst etwas Gutes zu gönnen? Oder dass die Arbeit termingerecht fertig wird, man dir
kein Fehlverhalten vorwerfen kann, die gute Beurteilung oder das Gefühl, keinem etwas
schuldig geblieben zu sein – außer dir selbst? Das klingt doch alles nach Vernunft und
gesundem Menschenverstand. Das Problem dabei ist allerdings, dass uns das Gehirn einen
Strich durch die Rechnung macht. All unser Tun wird nämlich von Emotionen und damit von
neurologischen Botenstoffen begleitet. Der biologische Mechanismus besteht darin, dass
Dinge, denen wir Aufmerksamkeit schenken, automatisch wichtiger werden. Das hat die
Evolution so eingerichtet, damit wir an etwas dranbleiben. Diese neuroemotionale
Gesetzmäßigkeit kann dir zum Verhängnis werden, wenn du dich in eine Sache so reinkniest,
dass du deine eigentlichen Prioritäten aus dem Auge verlierst.
Hast du nun deine verblüffend einfachen Lösungen gefunden? Oder brauchst du es noch
schriftlich im Klartext? Also dann: Wähle bewusst deine Prioritäten und übernimm die
Zuständigkeit dafür, dass diese in deinem Leben auch stattfinden. Lass nicht zu, dass
angeblicher Zeitmangel dich daran hindert, die Dinge zu tun, die dir wichtig sind, und dass
deine Wünsche und Träume unter der Last von Verpflichtungen begraben werden. Bestimme
selbst über deine Zeit.
3. Dreh die Schuhe einfach um
Es war einmal ein Mann, der seines Lebens überdrüssig war. Er fand keine Freude mehr an
seiner Arbeit, seiner Familie, seiner Gesellschaft. Und so betete er zu Gott, dass er ihn diese
Welt verlassen ließe. „Zeig mir den Weg ins Paradies!“, flehte er ihn an.
Gott fragte ihn: “Bist Du sicher, dass es das ist, was Du willst?“ Der Mann antwortete: Ich bin
mir aus ganzem Herzen sicher.“ „Sehr gut“, erwiderte Gott, der ihm nun den Weg zum
Paradies zeigte.
Wie sich herausstellte, war das Paradies nicht weit weg, nur ein paar Tagesreisen weit von
seinem Dorf entfernt. So brach er eines späten Nachmittags auf. Er ging bis zum Einbruch der
Nacht, dann beschloss er, sich unter einem reich belaubten Baum auszuruhen. Noch bevor er
einschlief, kam ihm in den Sinn, dass er womöglich am Morgen durcheinander sein und
vergessen haben würde, welcher Weg zum Paradies und welcher Weg zu seinem Dorf führte.
So ließ er seine Schuhe am Straßenrand stehen und mit den Spitzen Richtung Paradies
zeigen, damit er am nächsten Morgen nur in seine Schuhe zu springen hatte, um seinen Weg
weiterzulaufen.
Aber manchmal geschehen unerwartete Dinge. Die Schuhe machten eine Kehrtwende.
War es ein Teufelchen?
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War es ein Engelchen? War es nur ein Streifenhörnchen? Wer weiß? Jedenfalls hatten sich
die Schuhe des Mannes über Nacht irgendwie umgedreht. In der Früh stand er auf, fühlte sich
vom Schlaf erholt, aß das Obst des
Baumes und bereitete sich darauf vor,
seine Reise fortzusetzen. Er ging zur
Straße, stieg in die Schuhe und fing an zu
laufen, merkte jedoch nicht, dass er
eigentlich nach Hause lief.
Mittags konnte er ein Dorf auf dem
nächsten Hügel erblicken und sein Herz
machte einen Hüpfer. „ Ich bin im Paradies
angekommen!“, dachte er.
„Mein Dorf war immer so überfüllt, so laut.
Dieses hier ist anders, so durchdrungen
von Leben und Freude!“ Er setzte sich auf
eine Bank im Park nieder und beobachtete das Leben im Dorf. Er hörte die Lieder, die die
Kinder in der Schule sangen, und die Geräusche der Erwachsenen bei der Arbeit. Er spürte
die Lebendigkeit, die Energie und die Liebe, die das Dorf erfüllten. Er saß den ganzen Tag im
Park. Am Abend hörte er die freudigen Klänge der Familien, die zu Hause zusammensaßen,
und roch die Gerichte, die jede Familie gerade genoss. Und auch er begann, sich hungrig zu
fühlen.
Er dachte: “Weil das Paradies meinem Dorf so ähnelt, möchte ich gern wissen, ob es auch
eine Straße im Paradies gibt, die wie meine Straße ist.“ Und so ging er schauen. Gerade, als
er dachte, das könnte sie sein, fand er sie. Dann dachte er weiter: „ Ich möchte wissen, ob es
im Paradies auch ein Haus gibt wie mein Haus.“ Und gerade als er dachte, das könnte es
sein, stand es vor ihm!
Während er sich noch über den unglaublichen Zufall wunderte, kam eine Frau an die Tür –
eine Frau, die eine auffällige Ähnlichkeit mit seiner Frau hatte. Die Frau nannte seinen Namen
und bat ihn, zum Abendessen hineinzukommen.
Sein Herz machte einen Sprung. „Sie kennen mich im Paradies!“ Es gibt einen Platz extra für
mich hier im Paradies!“ „Ich weiß nicht, was es im Paradies gibt“, antwortete die Frau, „aber
deine Suppe wird im Haus kalt. Komm rein!“ Er trat ein. Dieses Haus im Paradies hatte nichts
mit seinem Haus im Dorf zu tun. Jenes Haus war immer überfüllt gewesen, voller Unordnung
und Tumult. Dieser Ort war gemütlich und heimelig und voller Leben. Er aß am Tisch und aß
seine beste Mahlzeit, die er jemals gegessen hatte.
Er gratulierte der Frau für Ihre himmlische Suppe. Danach ging er in sein Schlafzimmer hinauf
und fiel in den tiefsten, erholsamen Schlaf, den er je gekannt hatte. In der Früh reichte ihm die
Frau, die seiner Frau sehr ähnelte, seine Werkzeuge und schickte ihn zur Arbeit. Zunächst
war der Mann ungläubig.
Wer hat schon vom Arbeiten im Paradies gehört? Aber dann kam ihm in den Sinn, dass es
sogar im Paradies Aufgaben gab, die gemacht werden mussten. Und er merkte, dass diese
Arbeit anders war als die, die er vorher getan hatte. Nicht langweilig oder mühsam, sie erfüllte
ihn eher mit dem Gefühl von Sinn und Zweck. Und in dieser Nacht kam er zu dem gleichen
warmen und liebevollen Heim zurück, zu der gleichen Frau, und aß auch wieder von der
wunderbaren Suppe.
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Wissen Sie, dass in all den folgenden Jahren niemand den Mann davon überzeugen konnte,
dass er nicht im Paradies war! Für ihn jedoch war von nun an jeder Tag erfüllt mit mehr
Wundern, Sinn, mehr Freude und mehr Lebendigkeit als der vorherige Tag.
Übersetzt aus dem Englischen “Capturing the Moon: Classic and Mordern Jewish Tales“ by Edward Feinstein
– Auszug aus der Zeitschrift: natur&heilen März 2011
4. Wie man einen Frosch kocht
Schlechte Gewohnheiten bekommt man nicht von heute auf morgen. Sie kommen
schleichend, man gewöhnt sie sich an oder sie reißen ein; abends naschen, vorm Fernseher
einschlafen oder Lauffaulheit. Die Folgen gefallen uns nicht: Übergewicht, schlechte
Gesundheit, schlechte Lebensqualität. Manche Gewohnheiten werden uns auch aufgedrückt:
permanent steigende Belastungen durch mehr Arbeit, mehr Kosten oder mehr Verantwortung.
Dies alles schafft uns, schlimmstenfalls kommt es zum Zusammenbruch. Warum lassen wir
zu, was uns an die eigenen Grenzen bringt?
Folgendes Gleichnis macht es deutlich: Wirft man einen Frosch in kochendes Wasser, hüpft
er sofort wieder heraus. Setzt man ihn jedoch in kaltes Wasser und erhöht langsam die
Temperatur, bleibt er drin und wird langsam gar gekocht. Natürlich ist das nur ein Vergleich,
der nicht ganz der Realität entspricht. Aber er dient dazu, sich bewusst zu machen, wie kleine
Veränderungen zu unseren Ungunsten zu untragbaren Zuständen werden können – und wie
wir das zulassen.
Wir allein sind für alles verantwortlich: was wir tun, was wir nicht tun oder was wir uns gefallen
lassen. Seien Sie achtsam und lassen Sie nichts einreißen. Ziehen Sie rechtzeitig die Bremse
und nicht erst die Notbremse, denn dann ist schon zu viel kaputt gegangen. Schon der
römische Dichter Ovid wusste:
Wehret den Anfängen!
5. Mein Gott, ich das peinlich!
Wem ist das nicht schon passiert: Sie sind voll ins Fettnäpfchen getreten oder Sie haben sich
ganz schön blamiert. Peinlich, peinlich, aber Sie können es nicht mehr rückgängig machen.
Am liebsten möchte man alles ganz schnell vergessen, aber das geht nicht. Vielmehr
begleitet einen das unangenehme Gefühl viel länger, als einem lieb ist. Plagt Sie manchmal
Ihr schlechtes Gewissen oder ärgern Sie sich über sich selbst?
Fakt ist: Alle Menschen kommen mal in eine peinliche Situation. Ein falsches Wort zur
falschen Zeit oder ein volles Glas Rotwein macht sich selbstständig: Es gibt unendlich viele
Gelegenheiten, sich heftig zu blamieren. Ein kleiner unüberlegter Moment, ein Auftritt geht voll
in die Hose, eine peinliche Situation im Rampenlicht der Öffentlichkeit, oder, oder, oder …
Sie denken jetzt vielleicht, dass Sie künftig Peinlichkeitsfallen allein mit mehr
Selbstbeherrschung umgehen können? Falsch! Pleiten, Pech und Pannen sind einfach
menschlich. Das gilt auch für Ihre eigenen. Setzen Sie sich nicht selbst unnötig unter Druck,
sondern nehmen Sie das Geschehene an, als Beweis dafür, dass auch Sie nur ein Mensch
sind. So kommen Sie gestärkt aus dem Dilemma heraus. Sie können peinliche Situationen
nicht gänzlich verhindern, aber Sie können lernen, damit souverän umzugehen.
Das war's mal wieder für heute.
Ganz liebe Grüße
und - laß es dir gut gehen!
Elmar
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