Eine regionale Strategie für kleine Unternehmen, Ontario

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Eine regionale Strategie für kleine Unternehmen, Ontario
Ontario, Kanada: Eine regionale Strategie für kleine Unternehmen
Ontario, Kanada: Eine regionale Strategie für kleine Unternehmen 1
(Andy Pike, Vereinigtes Königreich)
Beschreibung der Herangehensweise (Ziele, Durchführung, Budget usw.)
Im Kontext der Entwicklungsstrategie der Provinz, die darauf abzielt, “den Übergang der
Wirtschaft von Ontario in Richtung der Sektoren und Unternehmen zu fördern, die in der Lage sind,
höhere Lohneinkommen, mehr Wertschöpfung und umweltverträgliche Arbeitsplätze hervorzubringen“
, ist Unternehmertum das Schlüsselelement. Eine explizite Strategie für kleine Unternehmen ist
erarbeitet worden, in der die Beiträge des Sektors zu Innovation, Investition und Schaffung von
Arbeitsplätzen in der Provinz Ontario betont werden. Die Strategie knüpft an die Bestandsaufnahme
der föderalen Regierung Ende der 1990er Jahre und den dann vollzogenen Politikwechsel an. Dieser
ist auf die bewusste Förderung von 4% der bestehenden Unternehmen mit Wachstumspotenzial und
weniger auf eine allgemeine Zunahme bei Unternehmensneugründungen ausgerichtet. Verstärkt
durch den Politikwechsel in Ontario während der 1990er Jahre betont die Strategie Steuersenkung,
verringerte Regulierung und Administration, Aktienfinanzierung und eine effizientere Umsetzung von
Programmen und Serviceleistungen. Die Zielbestimmung der Politik ist klar erkennbar, insbesondere
im Hinblick auf Frauen und Ureinwohnergruppen, aber mehr eingegrenzt als bislang. Außerdem
verknüpft die Strategie Unternehmertum und Innovationspolitik mit der Strategie der Provinz zur
Vermarktung von Forschung, darin eingeschlossen Startkapital, um die örtlichen Kapazitäten zu
stärken für die Erprobung von Ideen, wachstumsorientierte Ausgründungen zu fördern und die
Forschungskooperation und Aktivitäten des Technologietransfers zu vertiefen. Unternehmertum und
Innovation sind im Rahmen der Strategien eng gekoppelt.
Innerhalb der Provinz werden die Dienstleistungen differenziert nach Art des Unternehmens und
territorialem Einzugsgebiet gehandhabt. Büros für Unternehmensberatung auf regionaler Ebene sind
in den südlichen, östlichen und zentral gelegenen Zonen tätig und konzentrieren sich auf die
Förderung von bestehenden innovativen und wachstumsorientierten kleinen Firmen mittels ‘Business
Development Consultants’ (Berater für Firmenentwicklung). Die weiter entfernt gelegenen und dünner
bevölkerten westlichen und nördlichen Zonen werden von ihren eigenen regionalspezifischen
Entwicklungsagenturen betreut. Auf subregionaler und lokaler Ebene kümmert sich ein Netzwerk von
‘Small Business Enterprise Centres’ (Zentren für kleine Unternehmen) vorrangig um
Existenzgründungen und die Unternehmensentwicklung in der Frühphase. ‘Enterprise Toronto’ z. B.
sorgt für den Zugang zu Informationsdienstleistungen für neue und bestehende KMU. Dazu zählen
Unternehmensberatungsdienste, Management, Vermarktung und Finanzierung. Geführt vom ‘City of
Toronto Economic Development Office’ (Büro für Wirtschaftsentwicklung der Stadt Toronto) ist
Enterprise Toronto eine Allianz des öffentlich-privaten Sektors, die ‘aus einer Hand’ Dienstleistungen
und Programme für Unternehmer und kleine Firmen in Toronto bereitstellt.
Warum ist der Ansatz für Ostdeutschland relevant?
Ontario ist eine alte Industrieregion, die sich an die Deindustrialisierung und
Handelsliberalisierung im Zuge des Nordamerikanischen Freihandelsabkommens (NAFTA) anpasst
und gleichzeitig Innovation und den Übergang zu einer ‘lernenden Wirtschaft’ (Wissensgesellschaft:
Anm. d. Übers.) fördert. Die Erfahrung von Ontario hält bedeutende Lehren für Ostdeutschland bereit,
weil sie demonstriert, wie wichtig es ist, im föderalen und Provinzrahmen kleinen Unternehmen und
ihren institutionellen Förderern strategische Priorität einzuräumen; starke Beziehungen und eine gute
Koordinierung zwischen den Institutionen sowohl vertikal als auch horizontal innerhalb eines föderalen
1
Abgedruckt im Diskussionspapier „Unternehmertum in den Landkreisen Mittweida (Sachsen) und
Altenburger Land (Thüringen)“, in: OECD LEED Local Entrepreneurship Series, Oktober 2006.
Ontario, Kanada: Eine regionale Strategie für kleine Unternehmen
Systems aufzubauen; und dass formalisierte Verbindungen und
Politikmaßnahmen für Innovation und Unternehmertum notwendig sind.
Synergien
zwischen
Gründe für den Erfolg des Ansatzes
Wirtschaftsentwicklung und Förderung von kleinen Unternehmen sind verfassungsmäßige
Zuständigkeiten, in die sich die Föderale Regierung und die Provinzen teilen. Die traditionelle
Ausrichtung auf eine von-oben-herab (‘top-down’), zentralstaatliche Politikgestaltung und -umsetzung
hat sich seit den 1990er Jahren verschoben in Richtung eines mehr dezentralisierten Systems mit
größeren Befugnissen für Provinzen und Kommunen. Die Politikgestaltung wird auf föderaler Ebene
von ‘Industry Canada’ unterstützt, einer Portfolio-Organisation, in die 15 föderale Ministerien und
Einrichtungen einbezogen sind. ‘Industry Canada’ hat auch einen engagierten Bereich für
Kleinunternehmenspolitik, der strategische Politik- und Programmberatung auf der Ebene von
Föderation, Provinzen und Kommunen leistet. Dieser Bereich ist mit der Umsetzung der Politikagenda
für kleine Unternehmen betraut, die darauf gerichtet ist, ein für das Wachstum kleiner Unternehmen
förderliches wirtschaftliches Umfeld zu gewährleisten und staatliche Mittel gezielt und effektiver
einzusetzen, damit die Wettbewerbsfähigkeit und das Wachstum kleiner Firmen in einer globalen
Wirtschaft gesteigert werden können . Deutlich geworden ist auch eine Ansatzverlagerung weg von
direkten Zuwendungen hin zu ‘weicheren’ Formen der Förderung, insbesondere durch einen besseren
Zugang zu Informationen. Die gemeinsame Umsetzung von Politik und Dienstleistungen durch die
Föderation und die Provinz erfolgt durch das ‘Canada-Ontario Business Service Centre’, eine
Einrichtung mit ‘nur einem Schalter’, die gemeinsam von ‘Industry Canada’ und dem Ministerium für
Verbraucher- und Wirtschaftsdienste der Provinz Ontario betrieben wird. Das Zentrum stellt
Informationen über Wirtschaftsförderprogramme, Dienstleistungen und Regelungen bereit, Es wurde
geschaffen, um Barrieren beim Zugang von KMU zu Programminformationen zu verringern und zu
beseitigen und der Regierung Kosten bei der Programmumsetzung zu ersparen .
Die Hindernisse und Herausforderungen, denen man sich gegenübersah
National gesehen erfreut sich Kanada einer dynamischen unternehmerischen Kultur. Das Land
nahm (im Rahmen einer internationalen Bewertung: Anm. d. Übers.) den zweiten Platz unter den G7Staaten
ein und bevorzugt ein von den USA inspiriertes individualistisches Modell von
Unternehmertum. Diese Dynamik des nationalen Unternehmertums tritt in Ontario, besonders in
Toronto zutage. Ontario erreichte beim kürzlich vorgenommenen Provinz-Ranking des Potenzials
kleiner Unternehmen den ersten Platz . Viele neu gegründete kleine Firmen sind jedoch nicht
wachstumsorientiert und bleiben klein; sie beschäftigen üblicherweise weniger als 4 Personen.
Politikmaßnahmen hatten bei solchen Unternehmen nur eine begrenzte Wirkung, wenn diese zu
weiterem Wachstum ermutigt werden sollten, weil diese Politik explizit auf Unternehmen mit starkem
Wachstumspotenzial abzielt. Dies ergibt sich aus der für die Politik gesetzten strategischen Priorität.
Die Einschätzung der Politikumsetzung deutet darauf hin, dass die Einwirkung örtlicher Institutionen
auf die Gründung neuer Unternehmen trotz der breiten Palette von Aktivitäten ungewiss ist. Auf
Provinzebene muss die Effektivität der Agentur für kleine Unternehmen von Ontario und der KMUAbteilung noch bewertet werden. Es gibt in der Tat nur eine begrenzte formelle Programmbewertung,
insbesondere auf der Ebene des Zentrums für kleine Unternehmen. Während die ‘weicheren’ Formen
der Förderung durch Nutzung von Informationsquellen und Websites weniger kostenaufwendig sind,
bleibt es unklar, ob sie auch effektiver ausfallen. Das mehrere Ebenen umfassende föderale System
operiert in unterschiedlichen geographischen Größenordnungen: National, sub-national und lokal.
Fragen der Koordination und Integration zwischen den verschiedenen Ebenen bleiben bestehen,
besonders zwischen Ministerien auf föderaler Ebene und zwischen der föderalen Ebene und den
Provinzen. Die Zersplitterung auf der Ebene der Departments bleibt offenkundig .
Die neue Strategie hat die institutionelle Umorganisation zum Zwecke der Politikumsetzung auf
Provinzebene untermauert . Das Gesamtbudget für das Ministerium für Wirtschaftsentwicklung und
Handel der Provinz belief sich 2002/03 auf CAD 264 Mio. (EUR 186 Mio.). Davon wurden CAD 40
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Mio. (EUR 28 Mio.), das entspricht 15% der Gesamtsumme, für die Förderung von
Wettbewerbsfähigkeit und wirtschaftlicher Entwicklung eingesetzt, darin eingeschlossen die
wichtigsten Programme zur Förderung von Unternehmertum. Innerhalb des Ministeriums für
Wirtschaftliche Entwicklung und Handel der Provinz bildet ‘Small Business Central’ die Verbindung
und den Wegweiser zu Dienstleistungen für kleine Unternehmen, Online-Gewerbeanmeldung und verlängerung sowie Berichtsdienste über die Website ‘Ontario Business Connects’. Die ‘Small
Business Agency’ von Ontario ist neu etabliert und führt Vertreter der Geschäftswelt von Ontario und
Mitglieder des Provinzparlaments von Ontario zusammen. Diese Einrichtung zielt darauf ab, die
Agenda zur Förderung von kleinen Unternehmen voranzubringen, der Gestaltung der Politik und der
Entscheidungsfindung auf Provinzebene eine Stimme und direkten Kontakt zu verleihen, die
regulativen und administrativen Bürden zu reduzieren und die Wechselbeziehungen zwischen kleinen
Unternehmen und der Regierung zu verbessern. Eine neue Abteilung für Kleine und Mittlere
Unternehmen beim Ministerium für Wirtschaftsentwicklung und Handel wurde ebenfalls eingerichtet,
die sich der Erfordernisse und Belange von KMU annehmen und sie der Provinzregierung nahe
bringen soll.
Überlegungen zur Übernahme dieses Ansatzes in Ostdeutschland
Die Erfahrung von Ontario weist auf eine Reihe von Handlungsansätzen für den ostdeutschen
Kontext auf. Dazu zählen:
ƒ Strategieaufbau und institutionelle Erneuerung sind nötig, um eine Strategie für kleine
Unternehmen und/oder für Unternehmertum auf nationaler (Bundes-) und subnationaler
(Landes-) Ebene als Institution innerhalb der Regierung zu haben und ihnen strategische
Priorität einzuräumen und sie in den Bundesministerien voranzutreiben;
ƒ Institutionelle Integration und Koordination angesichts der Notwendigkeit, starke Beziehungen
und Koordination zwischen den Ebenen Kreis, Land und Bund zu entwickeln sowie zwischen
den Kreisen innerhalb eines Bundeslandes;
ƒ Kooperation und Koordination in der Politik bei potenziellem Nutzen aus engerer Verknüpfung
von Politiken für Unternehmertum und Innovation.
Kontaktangaben und Internetpräsentation (Website) zu weiteren Informationen
Small Business Central
Ontario Ministry of Trade and Economic Development
900 Bay Street
Toronto
ON M7A 2E1
Tel: +00 1 416 325-6666
Fax: +00 1 416 325-6688
Webseite: http://www.ontariocanada.com/ontcan/en/starting/sb_central/sb_central_home.jsp
Kontakt: [email protected]